FORSCHUNGInnovation durch Akademie-Praxis-Partnerschaft in der Alterspflege undBetreuungDomicil Bern betreut betagte pflegebedürftige Menschen und ist bei dieser komplexenAufgabe mit zahlreichen Herausforderungen konfrontiert. Der Fachbereich <strong>Gesundheit</strong>verfügt über das Know-how, die evidenzbasierte Praxis zu unterstützen. Eine Zusammen -arbeit mittels Akademie-Praxis-Partnerschaft bietet ideale Voraussetzungen, umdas Wohle der Bewohnenden zu fördern.Prof. Dr. Sabine HahnLeiterin angewandteForschung & EntwicklungPflegesabine.hahn@bfh.chDr. Heinz HänniVorsitzenderder Direktion Domicilheinz.haenni@domicilbern.chDomicil: Ein Zuhause im AlterDomicil ist Lebens- und Wohnraum für 1500Seniorinnen und Senioren und bietet Arbeitsplätzefür 1200 qualifizierte Mitarbeiterinnenund Mitarbeiter. Wer in einem Haus vonDomicil an einem der 18 Standorte in derStadt und Region Bern lebt, bleibt in seinemangestammten Lebensumfeld.Die Domicil Alterseinrichtungen bietenden sich verändernden Pflege- und Aufenthaltsbedürfnissenangepasste Wohnformenan. Die fachliche und soziale Kompetenz derMitarbeitenden wird durch ständige AusundWeiterbildungsmassnahmen gefördertund die Qualität der Häuser wird regelmässigmit einem anerkannten Qualitätsmanagementsystemüberprüft. Jeder der 18 Standorteverfügt über ein hohes Mass an Autonomie– ist aber einer gemeinsamen, sichan den Bedürfnissen von älteren Menschenmessenden Philosophie verpflichtet.Eine erprobte Zusammenarbeitstrategisch ausrichtenDomicil Bern und der Fachbereich <strong>Gesundheit</strong>der <strong>Berner</strong> <strong>Fachhochschule</strong> (BFH) arbeitenseit mehreren Jahren erfolgreich imBereich der Pflegeentwicklung und derQualitätssicherung zusammen. Die im Auftragvon Domicil Bern durchgeführten, teilsmehrjährigen, Projekte wie Skill- und Grademix(Entwicklung / Implementation / Evaluation),Entwicklung Qualitätsmanagement mitEinführung und Auswertung des evidenzbasiertenStandards FreiheitsbeschränkendeMassnahmen sowie eines Standardszur Sturzprävention und die Evaluation vonVerpflegungsmodellen wurden in engerZusammenarbeit zwischen den Mitarbeitendenvon Domicil Bern und den Mitarbeitendendes Fachbereichs <strong>Gesundheit</strong> geplantund um gesetzt. Im Projekt Skill- und Grademixbeispielsweise, wurde die Aufgaben-22FREQUENZ Januar 2013
verteilung entsprechend den Kompetenzenund der Berufserfahrung (Skills) und derQualifikationen bzw. Bildungsabschlüsse(Grades) der Mitarbeitenden der Pflege- undBetreuung im Sinne einer effizienten undeffektiven Arbeitsorganisation neu geregelt.Auch ein gemeinsamer Auftritt am Jahreskongress2012 des Schweizer Berufsverbandesder Pflegefachfrauen und Pflegefachmännern(SBK) war erfolgreich.Beidseits werden in diesen gemeinsamenProjekten das Wissen und die Kompetenzenoptimal und ressourcen orientiert zur Weiterentwicklungder Praxis, von Lehrinhaltenund der Forschung genutzt. Bisher fand dieZusammenarbeit in Einzelprojekten statt. InAnbetracht der grossen Herausforderungen,welche sich der Betreuung und Pflege imAltersbereich stellen, ist eine gemeinsameStrategie von Akademie und Praxis im Bereichder Alterspflege dringend notwendig.Herausforderungen wie der drohende Engpassvon gut ausgebildetem Pflegepersonal,limitierten Arbeitsplätzen, Lebensqualitätund Sicherheit der Bewohnerinnen undBewohner, Multimorbidität und chronischeKrankheiten sowie die Zunahme von PsychogeriatrischenErkrankungen im Alter(Demenz, Sucht, Angst und Depressionen)sollen erfolgreich und zukunftsorientiertangegangen werden und dafür braucht eseine nachhaltige Zusammenarbeit. NeueBehandlungs- und Pflegemöglichkeiten könnenso effizient evaluiert, eingeführt undumgesetzt werden.Mittels Akademie-Praxis-Partnerschaft den HerausforderungenstrategischbegegnenUm diese strategische Ausrichtung umzusetzen,wird die Akademie-Praxis-Partnerschaft empfohlen. Das Institut fürPflege wissenschaft Basel beschreibt, dassakademische Praxispartnerschaften einstrategisches Instrument sowohl für <strong>Gesundheit</strong>sorganisationenals auch für Hochschulendarstellen, um proaktiv den sichändernden Gegebenheiten und Herausforderungenim <strong>Gesundheit</strong>swesen zubegegnen. Die akademischen Praxispartnerschaftensollen zudem die Implementierungvon evidence-based Practice und die Verbesserungvon Management- und Leadershipkompetenzenvorantreiben. Die vorhandenenRessourcen beider Partner sollenbestmöglich eingesetzt werden, indemversucht wird, Synergien und Ressourcenzu nutzen. Dies sind ebenfalls wichtigeMassnahmen, um dem drohenden Engpassvon Lehrkräften und Pflegepersonal entgegenzuwirken.Domicil sucht für eine strategischeAusrichtung bezüglich der zukünftigenHerausforderungen einen Partner, der Fachwissen,methodische Kenntnisse, Leadershipkompetenzenmitbringt und einen aktivenfachlichen Austausch ermöglicht. Die BFHmit dem Fachbereich <strong>Gesundheit</strong> und demInstitut Alter bietet die nötige Praxisnäheund das gesuchte Potenzial für die innovativeEntwicklung auf partnerschaftlicherEbene. Domicil stellt im Gegenzug Lern-,Entwicklungs-, Forschungsfelder für die BFHund die dafür nötigen Ressourcen bereit.Die strategische Ausrichtungbenötigt Zeit und RessourcenDer Aufbau einer Akademie-Praxis-Partnerschaftbenötigt Zeit und den Willen, gemeinsamneue Wege zu gehen. Zu Beginn einerPraxispartnerschaft wird eine Arbeitsgruppeeingesetzt, um eine gemeinsame Vision undeine Strategie zu entwickeln. Die Mitgliederder Arbeitsgruppe sollten Personen sein,welche die Gesamtsituation überblicken undmit der entsprechenden Entscheidungskompetenzausgestattet sind, Beschlossenesumzusetzen.In einem ersten Arbeitsschritt identifiziertdie Arbeitsgruppe die jeweiligen Bedürfnisseund Zielsetzungen der Partner sowie möglicheFinanzierungsmodelle. Der Umgangmiteinander muss geklärt werden. In einemzweiten Arbeitsschritt wird der PlanungsundImplementierungsprozess festgelegt.Dies kann längere Zeit in Anspruch nehmen,da hier Organisation und Finanzierung festzulegensind und zu entscheiden ist, wie derProzess der Partnerschaft in die Strukturender jeweiligen Institution integriert werdenkann. Als letzter Arbeitsschritt wird überprüft,ob das Vorgehen zur Erreichung derZielsetzungen geeignet ist. Auch nach demAufbau der Partnerschaft ist die Arbeitsgruppewichtig, denn das Weiterbestehender Partnerschaft muss gepflegt werden.So sollen zum Beispiel jährliche Meetingsveranstaltet werden, in welchen die Zusammenarbeitreflektiert und die Zielerreichungüberprüft wird.Geleitet wird die Zusammenarbeit zwischenDomicil und dem Fachbereich <strong>Gesundheit</strong>durch folgende Zielsetzungen:− Vertiefter Austausch zwischen Lehre –Praxis – Forschung− Praxisnahe Forschung und Entwicklungzur Evidenzbasierung der Pflege undBetreuung im Altersbereich− Managemententwicklung zur Optimierungvon Leadership− Einbezug von Betroffenen und pflegendenAngehörigen zur Weiterentwicklung derPflege und der ForschungErste konkrete Themen zur Umsetzungkonnten bereits skizziert werden. Diesesind entsprechend den bereits erwähntenHerausforderungen:− Demenz− Psychogeriatrische Pflegeund herausforderndes Verhalten− Wohnen mit Dienstleistung− Palliative Care− Diversitäts-ManagementDie Partnerschaft zwischen Domicil unddem Fachbereich <strong>Gesundheit</strong> befindet sichin der Anfangsphase, in der die Arbeitsgruppekonstituiert wird, welche sich nun denHerausforderungen der Umsetzung widmenmuss. Die interdisziplinäre Arbeitsgruppewird durch Heinz Hänni und Sabine Hahngeleitet. Für die ersten Arbeitsschritte wirdmit einer Zeitspanne von sechs bis achtMonaten gerechnet. Da bislang noch keinevergleichbare Partnerschaft bekannt ist,betreten beide Parteien Neuland. Umsowichtiger ist es, die Schritte auf dem Weg derAkademie-Praxis-Partnerschaft sorg fältig zuplanen und zu Beginn genügend Zeit fürdie gegenseitige Abstimmung einzuplanen.Schliesslich bildet diese Partnerschaft eineChance zur nachhaltigen Gestaltung vonBetreuung und Pflege betagter Menschen.Literatur:1. 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