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Zivilrechtlicher Gewaltschutz A ... - Anwaltsinstitut

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<strong>Zivilrechtlicher</strong> <strong>Gewaltschutz</strong>Gesetz zur Verbesserung des zivilgerichtlichen Schutzes bei Gewalttaten undNachstellungen sowie zur Erleichterung der Überlassung der Ehewohnung beiTrennungA: Wohnungszuweisung gem. § 2 <strong>Gewaltschutz</strong>gesetzMateriellrechtliche Anspruchsgrundlage, die zuvor für nicht verheiratete undnicht eingetragene Lebenspartner fehlte.§2 GewSchG und § 1361 b BGB schließen sich nicht gegenseitig aus.Das <strong>Gewaltschutz</strong>verfahren dient vorrangig der Gewährung von Sicherheit,das Wohnungsüberlassungsverfahren der Herbeiführung einer einvernehmlichenRegelung bis zur Scheidung.I. Voraussetzungen:1. Rechtsgutsverletzung- Verletzung von Körper, Gesundheit oder Freiheit durch eine Handlungdes Anspruchsgegners (s.u. zu § 1 GewSchG)oder- Drohung mit Verletzung von Leben, Körper, Gesundheit oder Freiheitund Notwendigkeit der Wohnungszuweisung zur Vermeidung einer unbilligenHärte2. auf Dauer angelegter gemeinsamer Haushaltzum Tatzeitpunkt muss ein auf Dauer angelegter gemeinsamer Haushaltgeführt 1 worden sein; es ist nicht erforderlich, dass die Tat einen Bezugzur Wohnung aufweistII.III.RechtsfolgenAnspruch auf Wohnungsüberlassung (greift als Nutzungsbefugnisnicht in bestehende Rechtsverhältnisse ein), die zeitlich zu befristenist, wenn das Opfer an der Wohnung nicht allein berechtigt ist;ggf. ist eine Nutzungsvergütung nach Billigkeitsgesichtspunkten zuleistenAusschlussgründe (§ 2 Abs. 3 GewSchG)Abschließende Aufzählung von Ausschlussgründen1 Lebensgemeinschaft, die auf Dauer angelegt ist und keine weiteren Bindungen gleicher Artzulässt und sich durch innere Bindungen auszeichnet, die ein gegenseitiges Füreinandereinstehenbegründen, und die über eine reine Wohnungs- und Wirtschaftsgemeinschaft hinausgeht– entnommen aus dem Mietrecht § 563 BGBKoordinierungsstelle gegen häusliche Gewalt – Ministerium für Justiz, Gesundheit und Soziales des Saarlandesbasierend auf „Zivilrechtliche Schutzmöglichkeiten bei häuslicher Gewalt“ –GewSchG, S. Kräuter-Stockton, August2003


3b ZPO); nach mündlicher Verhandlung Antrag gemäß § 620b ZPO oder sofortige Beschwerde zum OLG (§ 620 c ZPO)b.) Allgemeine Abteilung des Amtsgerichts – ZPODas Amtsgericht entscheidet nach mündlicher Verhandlungdurch Urteil, ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss(1) Einstweiliger Rechtsschutzdurch einstweilige Verfügung gem. §§ 935, 940 ZPO,§ 940 a ZPO wurde 2001 durch die „konkrete Gefahr fürLeib oder Leben“ ergänzt(2) Rechtsmittelbei Entscheidungen ohne mündliche Verhandlung sofortigeBeschwerde (§§ 936, 922, 567 I ZPO); nach mündlicher VerhandlungBerufung (§511 f ZPO)V. Vollstreckung- die Vollstreckung ist (zur Verhinderung neuerlicher Gewalt) vor Zustellungan den Antragsgegner möglich, § 64 b III S. 3 FGG-Gericht soll die Vollstreckung vermitteln, § 64 b III S. 6 FGG-nach §§ 64 b IV, 885 I ZPO ist mehrfache Vollstreckung aus demselbenTitel möglich-Gerichtsvollzieher kann mittels unmittelbarem Zwang vollstreckenKoordinierungsstelle gegen häusliche Gewalt – Ministerium für Justiz, Gesundheit und Soziales des Saarlandesbasierend auf „Zivilrechtliche Schutzmöglichkeiten bei häuslicher Gewalt“ –GewSchG, S. Kräuter-Stockton, August2003


4B: Wohnungszuweisung gemäß § 1361 b BGBI. Voraussetzungen- Opfer und Täter sind verheiratet und zumindest ein Ehegatte beabsichtigtdie Trennung- die Zuweisung der Ehewohnung an Antragsteller ist notwendig, um eineunbillige Härte für Antragsteller zu vermeiden; (früher § 1361 b BGB(alt): ‚schwere Härte’, jetzt: Herabsetzung der Eingriffsschwelle). Beispielfür ‚unbillige Härte’: Abs. II Verletzung von... (wie § 1 GewSchG)- Ausschluss des Anspruchs nur, wenn keine Wiederholungsgefahr besteht(nach Begehung einer Gewalttat besteht tatsächliche Vermutung derWiederholungsgefahr), Widerlegung durch den Anspruchsgegner möglich,aber schwierig.(Substantiierter Vortrag des Härtetatbestands erforderlich: einzelne Vorfälle(oder einzelner Vorfall) genau darzulegen, damit dem Gericht diegebotene Interessenabwägung möglich ist)II.RechtsfolgenKeine endgültige Zuweisung oder sonstige Umgestaltung der Rechtslagean der Wohnung; gerichtliche Benutzungsregelung ist vorübergehendbis zum endgültigen Scheitern der Ehe (Scheidung) oder Versöhnung.III.VergütungspflichtDer weggewiesene Ehegatte kann von dem in der Wohnung verbliebenenEhegatten eine der Billigkeit entsprechende Vergütung verlangen- dabei kommt es auf die Rechtslage an der Wohnung an (Alleineigentümer/-besitzer)- in die Abwägung einzustellen sind außerdem die Leistungsfähigkeit desin der Wohnung verbleibenden Ehegatten, wer die Versorgung der Kinderleistet, Aufrechnung mit Unterhaltsansprüchen; ortsübliche Miete istObergrenzeIV.VerfahrenZuständigkeit des Familiengerichts, das nach FGG verhandelt, §§ 18 a,11 HausratsVO.Im Gegensatz zum Verfahren gemäß § 2 GewSchG hat das Gericht hier(§ 13 II HausratsVO) auf eine gütliche Einigung hinzuwirken, eine Vollziehungvor Zustellung und eine Vermittlung der Vollziehung durch das Gerichtsind nicht vorgesehen.Koordinierungsstelle gegen häusliche Gewalt – Ministerium für Justiz, Gesundheit und Soziales des Saarlandesbasierend auf „Zivilrechtliche Schutzmöglichkeiten bei häuslicher Gewalt“ –GewSchG, S. Kräuter-Stockton, August2003


5C: <strong>Gewaltschutz</strong> nach § 1 GewSchG-Normierung der gerichtlichen Befugnis zu Schutzanordnungen-Anspruchsgrundlage für diese Schutzanordnungen:§823 I BGB iVm § 1004 I BGB analog (quasinegatorischer Unterlassungsanspruch)Gerichte hätten also schon vorher dieselben Schutzanordnungen aussprechenkönnen, haben das aber zu selten getan. § 1GewSchG soll daher vorallem Unsicherheiten und Zurückhaltung in der Rechtspraxis beseitigen.I. Voraussetzungen1. Vorsätzliche Rechtsgutverletzung oder gleichgestellte Handlungen1.1 RechtsgutverletzungDurch eine Handlung des Anspruchsgegners wurde der Anspruchstelleran Körper, Gesundheit oder Freiheit verletzt.- Kausalität: es genügt eine vom Täter veranlasste, zu erwartendeSelbstschädigung des Opfers, das dabei auch fahrlässig handeln kann.Bsp: Opfer verletzt sich auf der Flucht vor dem Täter, indem es aus Hasteine Treppe herabstürzt. (Kommentierung zu § 823)- auch psychische Gesundheit: durch Einwirkungen des Täters auf dasOpfer wird eine psychische Erkrankung (medizinisch nachweisbar)hervorgerufen:Depression, Neurose, Psychose...- Verletzung der Freiheit: nicht die allgemeine Handlungsfreiheit (ähnlich239 StGB)1.2 Gleichgestellte Handlungen-Drohung mit einer Verletzung wie oben (Unterschied zu § 241 StGB)-Eindringen in Wohnung des Opfers (§ 123 StGB)-Belästigung gegen den ausdrücklichen Willen des Opfers (‚Stalking’)Verfolgen, Überwachen, Beobachten, demonstrative Anwesenheit,Versuche körperlicher oder verbaler Kontaktaufnahme, Anrufen, Sendenvon Briefen, Faxen, Emails...Kein umfassender Schutz des allgemeinen PersönlichkeitsrechtsBsp: Kleben diskriminierender Plakate, Einrichten einer das Opfers sexuelldiskriminierenden Webpage im Internet, Projizieren mit Laser...Hier ist 823 I, 1004 I (Quasineg. UA) analog anzuwenden.1.3 VorsatzBei Fahrlässigkeit: Quasinegatorischer Unterlassungsanspruch1.4 Schuldfähigkeit-wenn sich der Täter durch Alkohol oder Drogen in einen die freie Willensbestimmungausschließenden Zustand versetzt: § 1 III GewSchGKoordinierungsstelle gegen häusliche Gewalt – Ministerium für Justiz, Gesundheit und Soziales des Saarlandesbasierend auf „Zivilrechtliche Schutzmöglichkeiten bei häuslicher Gewalt“ –GewSchG, S. Kräuter-Stockton, August2003


6-psychisch kranker und deswegen schuldunfähiger Täter: QuasinegatorischerUnterlassungsanspruch2. WiederholungsgefahrAus mindestens einmaliger Verletzung folgt tatsächliche Vermutung fürdas Vorliegen einer Wiederholungsgefahr (gefestigte Rspr. zu § 1004BGB).Dem Anspruchsgegner obliegt es, diese zu widerlegen (hohe Anforderungen)II.Rechtsfolge-Opfer ist zur Stellung bestimmter Anträge verpflichtet-Gericht trifft in Anwendung des Verhältnismäßigkeitsprinzips Auswahlan Schutzmaßnahmen: mildestes geeignetes Mittel-Maßnahmen sollen, müssen aber nicht befristet sein, Frist ist mehrfachverlängerbarWahrnehmung eigener Interessen des Täters: in Frage kommt bspw. der Umgangmit gemeinsamen Kindern. Hier kann vorbeugend geregelt werden,dass Dritte (Großeltern, Kindergartenerzieherinnen) als „Puffer“ eingesetztwerden , um Interessenkollision zu vermeiden.Beispielhafte Aufzählung „insbesondere“:- Verbot, Orte aufzusuchen, „an denen sich das Opfer regelmäßig aufhält“:erforderlich ist nicht, dass sich das Opfer zwingend an diesen Orten aufhaltenmuss, also nicht nur Arbeitsplatz, sondern auch Sportverein oder Stammlokaldes Opfers, Umkreis der Wohnung des neuen Partners des Opfers...-Erweiterung: Bannmeile, also Abstandszone zwischen Täter und Opfer auchfür zufälliges Zusammentreffen an beliebigen OrtenIII.VerfahrenSiehe Ausführungen zur Wohnungsverweisung nach § 2 GewSchGIV. VollstreckungNach § 892 a ZPO kann aus demselben Titel mehrfach vollstreckt werden (Gerichtsvollzieher,Anwendung unmittelbaren Zwangs möglich: § 758 III ZPO),wenn der Anspruchsgegner mehrfach gegen die UnterlassungsanordnungverstößtKoordinierungsstelle gegen häusliche Gewalt – Ministerium für Justiz, Gesundheit und Soziales des Saarlandesbasierend auf „Zivilrechtliche Schutzmöglichkeiten bei häuslicher Gewalt“ –GewSchG, S. Kräuter-Stockton, August2003

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