04.12.2012 Aufrufe

Zum Lesen hier klicken

Zum Lesen hier klicken

Zum Lesen hier klicken

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Kann man dies alles in einem „halben“ Le -<br />

ben „gebacken“ kriegen? Vom Roadie zum<br />

Werftarbeiter, über den Job als Kurier fahrer<br />

zum Koch, danach, mit etwas „Kohle“ in der<br />

Tasche, Weltenbummler – und heute erfolg-<br />

reicher Kunstmaler? Kann man, wenn man<br />

beispielsweise Andreas Ohlendorff heißt, den<br />

Freunde und Bekannte „Ole“ nennen und<br />

der vor all dem von 1975 bis 1982 sogar<br />

ein „ordentliches und verantwortungsvolles“<br />

Leben als Polizeibeamter in Hamburg führte:<br />

Der am 26. Februar 1958 in Winsen an der<br />

Luhe geborene Norddeutsche, mit dem<br />

Luther Allison<br />

unverkennbaren hanseatischen Slang ausgestattet,<br />

war wie viele von uns recht früh von<br />

Vaters Röhrenradio begeistert. Der hölzerne,<br />

lackierte Kasten, mit dem von Stoff ummantelten<br />

türkisgrünen Auge zog magisch an.<br />

Die ehemals weißen, bald elfenbeinfarbenen<br />

UKW- oder MW-Tasten wurden gedrückt und<br />

Radio Luxemburg oder RIAS Berlin (bei uns<br />

in Oberfranken auch noch AFN) eingestellt.<br />

Oft gegen Proteste der Eltern, denn auf diesen<br />

Stationen erklang diese „neue“ Musik,<br />

die sich Beat nannte, die plötzlich Fluchtwe -<br />

ge aufzeigte vor Roy Black, Lolita oder Heint -<br />

����������������<br />

„Er will das Feuer weiterreichen“<br />

Der Maler Andreas „Ole“ Ohlendorff<br />

Von Roland Hermsdörfer, Fotos: Ohlendorff<br />

Ohlendorff in seinem Atelier<br />

je. Ohlendorff zog sich Rock ’n ’ Roll und<br />

Beat regelrecht ein, war erschüttert über die<br />

Todesnachrichten von Brian Jones, Jimi Hen -<br />

drix oder Janis Joplin, erlebte als die populäre<br />

Musik ihre Unschuld verlor, progressiver<br />

wurde, rebellischer, und avantgardistischer.<br />

T-Rex und Slade hießen die Heroen der Sieb -<br />

ziger, aber auch Led Zeppelin oder Deep Pur -<br />

ple. Mit 17 sah er in Barcelona Clapton, „der<br />

den Sheriff erschoss“. Trotzdem wollte der<br />

Spätteenie „die Welt retten“ und ging zur<br />

Polizei. Er landete in Hamburg, auch auf der<br />

Davidswache, dort auf der Reeperbahn, wo<br />

es brodelte, das Leben heute noch prall wa -<br />

bert, wo zwischen dem Milieu sich auch Mu -<br />

siker bewegten und noch bewegen. Der<br />

Dienst am „Kiez“, in St. Pauli, in der bekannten<br />

Davidswache, weckte in ihm Freiheits ge -<br />

lüste. „Ole“ wollte und musste raus, suchte<br />

den totalen Gegensatz zum Polizeidienst,<br />

warf sich in Leder und hängte sich an die Ro -<br />

ckerfamilie. Ein halbes Jahr später war damit<br />

allerdings auch wieder Schluss und „Ole“<br />

tourte durch die Weltgeschichte.<br />

In den achtziger Jahren griff er erstmals<br />

zu Malstiften, zwischen unzähligen Jobs<br />

streif te er durch Museen, studierte Maltech -<br />

niken alter und junger Meister. Eine lebhafte,<br />

intensive und selbstzerstörerische Zeit fordert<br />

unter Umständen Tribut. 1990 traf es „Ole“,<br />

er brach zusammen, in seiner „standesgemäßen“<br />

Bude (Mietvertrag auf Bierdeckel)<br />

über der Kneipe in Lüneburg, wo er inzwischen<br />

„hauste“.<br />

Einigermaßen erholt stieg er endgültig in<br />

die Malerei ein, der zehn Jahre zuvor ermordete<br />

John Lennon war Ohlendorffs, nach<br />

einer London-Beatles-Erkundungstour, erstes<br />

Motiv.<br />

„Dead Rock Heads“ nennt der von Musik<br />

und seinem Leben inspirierte Künstler seine<br />

Reihe der Portraits von uns gegangener Rock-,<br />

Pop-, Jazz-, Blues und auch Punkikonen, die<br />

er neorealistisch, im Format 80 mal 130 cm,<br />

auf Leinwand bannt.<br />

Festgehalten für die Fans, die heutigen<br />

und die von morgen, hat er in den letzten<br />

zwanzig Jahren alle: Elvis, Hendrix, Zappa,<br />

aber auch Falco oder Danzer, in Acryl, Ölfarbe<br />

mit Kohle, oder Röthel, mal benutzte er<br />

auch Gartenerde und für Kurt Cobain knallte<br />

der Fußballanhänger zum Abschluss noch mit<br />

der Schrotflinte aus elf Metern aufs Bild. „Da<br />

musste ich noch was zu Ende bringen,“ so<br />

Ohlendorff, der seitdem keine Waffe mehr<br />

in die Hand nahm. Wie er erzählt, wühlt er<br />

Easy Rider-Ole „Born to be child“, Selbstbildnis als Geschenk zum 50.<br />

sich, vor dem Malen, durch Erinnerungen<br />

über die jeweiligen Musiker, stöbert in Ar -<br />

chiven, liest und vor allem hört während der<br />

Arbeit nur deren Songs. Die <strong>hier</strong> vermittelte<br />

Melancholie, Sentimentalität, manchmal<br />

auch Rebellenromantik, Härte, Wut oder De -<br />

pression, spiegelt sich in den Ergebnissen je -<br />

weils wider.<br />

Ob dies die Betrachter gleich merken,<br />

oder später ist nicht von Interesse, wichtig ist<br />

ihm das persönliche Erlebnis, der sich selbst<br />

an frühere Zeiten erinnernden Besucher seiner<br />

Ausstellungen. 108 solcher Bilder sind es<br />

bislang, die „Ole“ erschuf.<br />

Aufgrund eines Ankaufs von zehn Ge -<br />

mälden für den Neubau der Musikschule Lü -<br />

ne burg, welcher im November ansteht, verließ<br />

Ohlendorff seine bisherige Linie der auf<br />

Leinwand festgehaltenen Protagonisten. An -<br />

ge sprochen auf die Tatsache, dass an diesem<br />

seriösen Institut Kinder und Jugendliche auch<br />

und vor allem klassischen Unterricht erhalten,<br />

nahm er Bach und Beethoven in die Rie -<br />

ge der „Dead Heads“ mit auf. „Heute würde<br />

der gute Ludwig van... eh bei AC/DC einsteigen.“<br />

Als „Bulle“ im Kiez (rechts)<br />

Die Erdmann-Hendrix-Jacke<br />

„Dead Rock Heads“ in memoriam by Andreas „Ole“ Ohlendorff<br />

Ronnie Lane<br />

Duane Allman<br />

Janis Joplin<br />

Mariska Veres<br />

Kurt Cobain<br />

Seite 11<br />

Obgleich im Norden sehr erfolgreich ist<br />

Süddeutschland noch eher unbestelltes Land<br />

für den Künstler, der neben seinen Musiker -<br />

köpfen auch, in Anlehnung seines früheren<br />

Lebens, eine Easy Rider Bilderserie verwirklichte<br />

und unterschiedliche ihn bewegende<br />

Motive im Crossoverbereich, mal plakative in<br />

Öl, dann wieder in Verbindung mit Collagen<br />

erarbeitet. Seinen bundesweiten Bekannt -<br />

heits grad steigern könnte die Zusammenar -<br />

beit mit Erdmann, dem Kult-Lederwarenher -<br />

steller, mit dem er in limitierter Auflage ein<br />

Jacken-Innendesign entwarf: Das Abbild Jimi<br />

Hendrix’.<br />

Nach Jahren der Ruhe- und Rastlosigkeit,<br />

nach mehr Tiefen als Höhen, einer regelrechten<br />

Achterbahn des Lebens, hat „Ole“ seinen<br />

Weg, seine Aufgabe, den Sinn für seine<br />

Existenz für sich gefunden: Diese Malerei,<br />

denn:<br />

„Es geht um Identität.<br />

Um Leben. Um Musik. Um Tanz.<br />

Um Vergänglichkeit. Um Gefühle.<br />

Es geht um Dich. Um mich. Um uns…<br />

…und um das Weiterreichen des Feuers.“<br />

Sid Vicious

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!