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Seite 12 ����������������<br />

Wie es früher einmal war . . . . Vasa Sacra et Patene<br />

Von Dieter Geyer<br />

Um eine Kostbarkeit besonderer Art, welche<br />

bei festlichen Abendmahlsfeiern in unserer<br />

St. Oswald-Kirche manchmal noch Verwen -<br />

dung findet, handelt es sich bei einem<br />

Abend mahlskelch und einem Hostienteller<br />

aus dem Jahre 1684.<br />

Um eine direkte Schenkung an unsere<br />

St. Oswald Kirche handelte es sich mit an<br />

Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit<br />

nicht. Es war wohl eine Gabe dreier nicht<br />

regierender markgräflicher Brüder an die<br />

Plassenburg-Kapelle. Die Buchstabenfolge<br />

auf dem Rand der Patene legt zumindest die -<br />

se Annahme nahe. Unter anderem sind die<br />

Wörter „BLASENB“ sowie „KIRGEN“ zu le -<br />

sen, was darauf hindeutet. Ob das eingravierte<br />

Datum, der 12.August 1684, in diesem<br />

Zusammenhang einen besonderen Stel -<br />

lenwert besitzt, ist mir nicht bekannt.<br />

Auch der Kastellan der Plassenburg, Herr<br />

Harald Stark, ist der Meinung, dass es sich<br />

höchstwahrscheinlich um Stücke aus dem<br />

verschollenen Kirchenschatz der Plassenburg-<br />

Kirche handelt.<br />

Dies ist ebenfalls die Sichtweise von Frau<br />

Gertrud Voll, von der „Betreuungsstelle für<br />

kirchliches Kunstgut“, die am 14.07.1998<br />

darüber ein Gutachten anfertigte. Sie schrieb:<br />

„Jedoch lässt sich aus Inschrift und Initialen<br />

schließen, dass es sich um eine Markgrafen -<br />

stiftung in die Schlosskapelle auf der Plas sen -<br />

burg handeln dürfte.“<br />

In einer Abhandlung von Herrn Harald<br />

Stark, welche im Archiv für Geschichte in<br />

Oberfranken, Band 84, erschienen ist, findet<br />

man unter dem Jahre 1747 folgenden Titel:<br />

„Dies ist das Kirchlein zu geweiht der heiligen<br />

Dreifaltigkeit – von der Schlosskirche<br />

auf der Plassenburg.“ Dort kann man nachlesen,<br />

dass der Kulmbacher Goldarbeiter Jo -<br />

hann Meister verschiedene, in die Schloss -<br />

kirche der Plassenburg gehörige, silberne Ge -<br />

fäße gereinigt, ausgebessert und neu vergoldet<br />

hat. Darunter war – „auch eine alte<br />

Patena, worauff unterschiedliche hochfürstliche<br />

Namen befindlich gewesen, auff welchen<br />

ich die Namen repariert und oben wieder<br />

neu vergoldet, davon ich der Kirche zu<br />

liebe nichts angesetzet.“ Harald Stark und<br />

ich gehen davon aus, dass es sich dabei um<br />

unseren Hostienteller aus dem Jahre 1684<br />

handelte. Dieser wurde dann offensichtlich<br />

mit dem Kelch – in Folge der Säkularisation<br />

bzw. im Umfeld der napoleonischen Wirren<br />

– um 1808 verkauft.<br />

Unter König Maximilian I. und seinem<br />

Minister Montgelas kam es unter anderem<br />

auch zu einschneidenden Neugliederungen<br />

der Verwaltung. Da das Staatssäckel zu dieser<br />

Zeit recht leer war, wurden viele Kunst -<br />

gegenstände – auch im Frankenland – verhökert,<br />

verschachert und verscherbelt. Edel -<br />

metallkleinode einfach eingeschmolzen und<br />

zu Geld gemacht. Unwiederbringliches ging<br />

ver loren. Laut Harald Stark wurde die Plas -<br />

senburg geplündert und ganze Wagenla dun -<br />

gen weggefahren. Manches nach Forchheim,<br />

Kronach, München oder in verschiedene<br />

ober bayerische Festungen und Schlösser ge -<br />

bracht. Rüstungen sowie andere Eisenteile<br />

gingen den Weg zum Alteisenverwerter.<br />

In dieser Wirrnis kamen die beiden<br />

Abend mahlsgeräte durch Kauf dann nach<br />

Untersteinach an unsere St. Oswald-Kirche.<br />

„Gott sei Dank“, möchte man ausrufen,<br />

sonst wären sie der Nachwelt sicherlich auch<br />

verloren gegangen.<br />

Nach Durchsicht des Findbuches unseres<br />

Pfarrarchives, entdeckte ich auf der Seite 29<br />

unter Punkt 380 folgenden Eintrag: „Vasa<br />

Sacra 1807-1811, Darin: Kirchenraub<br />

1807“. Nun nahm ich Kontakt mit dem<br />

Landeskirchlichen Archiv in Nürnberg auf, wo<br />

sich unser Pfarrarchiv befindet. Die Antwort<br />

von der Archivamtfrau Annemarie Müller lautete<br />

wie folgt:<br />

„Wegen des Diebstahls der meisten Vasa<br />

Sacra aus der Sakristei in Untersteinach im<br />

Jahr 1807 bat der Gotteshausadministrator<br />

Wernlein im Juli 1811 um die Genehmigung,<br />

vom Goldarbeiter Hübschmann jun. in Kulm -<br />

bach einen silbernen vergoldeten Kelch im<br />

Gewicht von 17 3/4 Lot und Wert von 35<br />

Gu lden 4 1/2 Kreuzer und eine Patene im<br />

Ge wicht von 4 3/8 Lot und Wert von 9 Gul -<br />

den ankaufen zu dürfen. (PfA Untersteinach<br />

380). Bei diesen Stücken könnte es sich um<br />

zwei der im Inventar der Plassenburger<br />

Gemeinde (LAELKB, Sup. Kulmbach 605)<br />

genannten Vasa Sacra der vormaligen<br />

Schloss- und Garnisonspfarrei Plassenburg<br />

handeln, die wohl nach 1808 vom Staat verkauft<br />

worden waren, und laut Quittung über<br />

einen Herrn Messerez (oder Mescherez) in<br />

Kulmbach am 11. Juli 1811 vom Goldar bei -<br />

ter Hübschmann angekauft wurden. Die Kir -<br />

chenstiftung Untersteinach erhielt die Geneh -<br />

migung zum Ankauf zum Preis von 36 Gul -<br />

den. Ob das Bayerische Hauptstaatsarchiv,<br />

Abt. Kriegsarchiv, Leonrodstr. 57, 80636<br />

München Unterlagen über die Abwicklung<br />

der Vermögensgegenstände der Garnison<br />

Plassenburg nach 1808 verwahrt, ist uns leider<br />

nicht bekannt.“<br />

Da zu der damaligen Zeit ein bayerisches<br />

Lot 15,6 Gramm hatte, kann man das alte<br />

Gewicht umrechnen. 4 3/8 Lot sind 68<br />

Gramm. Tatsächlich wiegt der Hostienteller<br />

63 Gramm. Die 17 ¾ Lot des Kelches ergeben<br />

277 Gramm. Das Istgewicht beträgt<br />

272 Gramm. Da beide Teile schon einige<br />

Male überarbeitet wurden, ist diese Differenz<br />

(die jeweils etwas über ein Quentchen, also<br />

3,9 Gramm beträgt) durchaus akzeptabel.<br />

Seltsamerweise haben weder der Kelch<br />

noch der Hostienteller „Marken“, aus denen<br />

man Rückschlüsse auf die Goldschmiede -<br />

Anzeigen<br />

werkstatt ziehen könnte. Frau Voll schrieb in<br />

dem vor genannten Gutachten: „Arbeiten ei -<br />

nes – <strong>hier</strong> vermuteten – Hofgoldschmieds<br />

mussten für Hof-interne Aufträge nicht so ge -<br />

markt werden wie für den freien Markt. Man<br />

kannte ja seine „Pappenheimer“, die ihre<br />

seriösen Silberlegierungen nicht bei jedem<br />

Stück nachweisen mussten.“<br />

Zur Amtszeit von Pfarrer Pretzer sahen<br />

diese Renaissance- Arbeiten ziemlich verkratzt,<br />

unansehnlich und stumpf aus. Die<br />

Ver goldung war abgescheuert, und das Sil -<br />

ber-Grundmaterial kam an vielen Stellen zum<br />

Vorschein. Auch waren sie in früheren Zeiten<br />

unsachgemäß repariert worden. Es bestand<br />

dringender Handlungsbedarf. Daraufhin<br />

wurde im Kirchenvorstand beschlossen, sie<br />

überarbeiten und herrichten zu lassen. So<br />

wurden sie Ende 1998 vom Würzburger<br />

Goldschmiedemeister Engert für insgesamt<br />

rund 2300 DM restauriert, feuervergoldet<br />

und wieder auf Hochglanz gebracht. Leider<br />

sind sie schon wieder angelaufen und fleckig<br />

geworden.<br />

Die Patene hat einen Durchmesser von<br />

11,8 cm. Man erkennt auf dem Rand eine<br />

sc<strong>hier</strong> unglaubliche Fülle von Buchstaben -<br />

grup pen eingraviert. Da ich diese nur zu<br />

einem geringen Teil entziffern konnte, wendete<br />

ich mich an den Kastellan der Plassen -<br />

burg, sowie an Norbert Sack, der dort im<br />

Museum der Staatlichen Sammlungen arbeitet.<br />

Ich möchte mich auf diesem Wege bei<br />

beiden Herren ganz herzlich für alle Mühe<br />

und Hilfe bedanken.<br />

Das Ausgangs- und gleichzeitiges End -<br />

sym bol ist ein ineinander liegender Dop -<br />

pelkreis, in welchem sich das Kreuzzeichen<br />

befindet. Hier beginnen nach dem Uhr zei -<br />

gersinn die nachfolgenden Buchstaben und<br />

Zeichen:<br />

Gravur Bedeutung<br />

CH . M . Z . B . Christian Heinrich<br />

Markgraf zu Brandenburg<br />

(1661-1708)<br />

nicht regierend<br />

CA . M . Z . B . Carl August<br />

Markgraf zu Brandenburg<br />

(1663-1731)<br />

nicht regierend<br />

GA . M . Z . B . Georg Albrecht<br />

Markgraf zu Brandenburg<br />

(1666-1703)<br />

nicht regierend<br />

Diese vorgenannten drei Markgrafen waren<br />

Brüder. Ihr Vetter Christian Ernst (1644-<br />

1712) regierte von 1661 bis zu seinem To -<br />

de anno 1712. Er versorgte seine Cousins<br />

finanziell durch Apanagen, damit sie ein<br />

standesgemäßes hochfürstliches Leben führen<br />

konnten.<br />

VE .<br />

Hierbei handelt es sich um eine „Ligatur“;<br />

einer sogenannten Buchstabenverbin dung.<br />

Dabei steht „VE“ für „Quinta Essenzia“, was<br />

das „Wesentliche“ bzw. die „Hauptsache“<br />

betreffend bedeutet.<br />

D . K . S . D . B .<br />

Z . G . A . D . D .<br />

Vielleicht handelt es sich <strong>hier</strong>bei um die An -<br />

fangsbuchstaben eines Liedverses, oder einer<br />

Psalmenstelle, mit Bezug auf die Abend -<br />

mahls handlung, die für die Stifter besonders<br />

wichtig war. Wahrscheinlich sogar in Latein.<br />

Die Blätter fallen<br />

- unsere Preise auch!<br />

z. B. Dekostoffe ab 1,– €<br />

Es wird wohl unmöglich sein, dies noch zu er -<br />

gründen.<br />

BLASENB; Plassenburg<br />

KIRGEN . Kirche<br />

S . G .<br />

Wofür diese Abkürzung stehen könnte, ist leider<br />

nicht ersichtlich.<br />

d; 12 Augu; Wohl der Stiftungstag.<br />

B . G . B . D .<br />

Auch <strong>hier</strong> ist uns ein einigermaßen realistischer<br />

Deutungsversuch nicht möglich. Da die -<br />

se Buchstaben jedoch zwischen dem Tag und<br />

der Jahreszahl stehen, dürfte es sich um ein<br />

diesbezügliches verbindendes Wortgebilde<br />

handeln.<br />

Anno . 16.84 .<br />

Wahrscheinlich die Jahreszahl der Stiftung.<br />

Nun sind wir wieder beim Doppelkreis mit<br />

Kreuz angekommen.<br />

Die Vasa Sacra hat leider keinerlei In -<br />

schrift, die eindeutig darauf hinweisen<br />

würde, dass sie unzweifelhaft zum vorgenannten<br />

Hostienteller gehört. Ihre Höhe<br />

beträgt 18,1 cm, der Fußdurchmesser ist<br />

10,6 cm und der Becherrand 9,4 cm.<br />

Anlässlich einer Tagung Ende 1992, bei<br />

welcher Metall-Restauratoren, Denkmalpfle -<br />

ger und Inventarisatoren usw. anwesend wa -<br />

ren, hat das Technische Referat der Landes -<br />

kirche beide Teile restauratorisch begutachten<br />

lassen. Laut der diesbezüglichen Stel -<br />

lung nahme vom 14. Januar 1993 waren<br />

sich alle Fachleute sicher, dass der Kelch zur<br />

Patene gehört und mit ihr eine Einheit bildet.<br />

Möglicherweise könnte eine Hostiendose<br />

und eine Weinkanne dazu gehört und somit<br />

das Abendmahlsensemble vervollständigt<br />

haben.<br />

Auch wenn ich das Geheimnis der<br />

Inschrift und die Geschichte dieser Kleinodien<br />

nicht endgültig lüften konnte, bleiben sie –<br />

vielleicht sogar gerade deshalb – faszinierende<br />

Relikte aus einer längst vergangenen Zeit.<br />

Mögen sie noch viele Jahrhunderte in unserer<br />

St. Oswald Kirche beim heiligen Abendmahl<br />

Verwendung finden und Segen in Form von<br />

Brot und Wein spenden.

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