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Hilpold: Das Kosovo-Problem – ein Testfall für das Völkerrecht

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<strong>Das</strong> <strong>Kosovo</strong>-<strong>Problem</strong> <strong>–</strong> <strong>ein</strong> <strong>Testfall</strong> <strong>für</strong> <strong>das</strong> <strong>Völkerrecht</strong> 7873. Resolution 1244 vom 10. Juni 1999Der Sicherheitsrat hat die NATO-Intervention niemals abgesegnet. Er hat abermit der Resolution 1244 <strong>ein</strong>en Neuanfang gesetzt, die problematische Rechtsgrundlagedieser Maßnahme ausgeblendet und gleichzeitig ihre Konsequenzen zurKenntnis genommen. Die NATO-Intervention hat die Umsetzung zahlreicher Aspektevorheriger Friedenspläne (bzw. von Forderungen gegenüber Serbien) erstermöglicht und damit die Grundlage <strong>für</strong> die Implementierung, Weiterentwicklungund Konsolidierung dieser Modelle geschaffen.Gänzlich ignorieren lassen sich diese Zusammenhänge aber dennoch nicht. Die<strong>Völkerrecht</strong>swidrigkeit der Basis dieser Friedensregelung kommt immer wiederzum Vorsch<strong>ein</strong> und insbesondere dann, wenn <strong>–</strong> wie gerade in diesem Augenblick <strong>–</strong>Eigenstaatlichkeit an die Stelle von Autonomie treten soll, wird <strong>ein</strong> neues, unvorteilhaftesLicht auf die Intervention des Jahres 1999 geworfen und die all<strong>ein</strong> überdeckte,aber bei weitem nicht ausgestandene Diskussion über die Rechtswidrigkeitdieser Maßnahme erwacht zu neuem Leben.Die Resolution 1244 stellt in vielem <strong>ein</strong>en Meilenst<strong>ein</strong> in der jüngsten <strong>Völkerrecht</strong>sgeschichtedar. Sie rezipiert die vergangenen Bemühungen zur Schaffung <strong>ein</strong>ersubstantiellen Autonomie und entwickelt sie fort. Sie enthält <strong>ein</strong>e umfassendeStatusregelung <strong>für</strong> den <strong>Kosovo</strong>, will aber gleichzeitig nicht mehr als <strong>ein</strong> Provisoriumdarstellen. Sie schafft mit enormem Aufwand <strong>für</strong> die Staatengem<strong>ein</strong>schaft <strong>ein</strong>eRegelung ähnlich jener <strong>für</strong> <strong>ein</strong> Treuhandschaftsgebiet, bietet aber k<strong>ein</strong>e Anhaltspunkte<strong>für</strong> die Entwicklung, die dieses Territorium langfristig nehmen soll.In rechtlicher Hinsicht lässt Resolution 1244 die territoriale Souveränität Serbiensüber den <strong>Kosovo</strong> unberührt; die Gebietshoheit üben hingegen die Ver<strong>ein</strong>tenNationen in treuhändischer Form aus. Diesbezüglich wurde auch von <strong>ein</strong>em “Vormundschaftsverhältnis”der Ver<strong>ein</strong>ten Nationen gesprochen. 25Wie schon im Rambouillet-Abkommen angedacht, wird zwischen <strong>ein</strong>er Zivilund<strong>ein</strong>er Sicherheitspräsenz unterschieden, wobei die erstgenannte unmittelbarvon den Ver<strong>ein</strong>ten Nationen ausgeübt werden sollte, während die Sicherheitspräsenzim Delegationswege auf die KFOR übertragen wurde. 26 Technisch stellt sichdieses Regime als UN-verwaltetes Krisengebiet dar; <strong>ein</strong>e Materie, in welcher dieVer<strong>ein</strong>ten Nationen mittlerweile breite Erfahrung gesammelt haben (letzthin insbesonder<strong>ein</strong> Namibia, Kambodscha, Bosnien-Herzegowina und Ostslawonien),wobei aber die Aufgabenstellung im <strong>Kosovo</strong> bislang unbekannte Dimensionen er-25Vgl. B. K n o l l , Legitimacy Through Defiance: The UN and Local Institutions in <strong>Kosovo</strong>, in:Helsinki Monitor 4/2006, 313-326 (314), unter Bezugnahme auf Strobe T a l b o t t .26Zumindest politisch nicht unbedenklich ist die Tatsache, <strong>das</strong>s die Truppenkontingente derKFOR zu <strong>ein</strong>em beachtlichen Teil von Staaten gestellt werden, die an der Intervention des Jahres 1999beteiligt waren, wobei diese Friedensmission nun unter die Schirmherrschaft der Ver<strong>ein</strong>ten Nationengestellt wurde. Vgl. E.E. T r i a n t a f i l o u , Matter of Law, Question of Policy: <strong>Kosovo</strong>’s Current andFuture Status under International Law, in: 5 Chicago Journal of International Law 1/2004, 355-368(363).ZaöRV 68 (2008)http://www.zaoerv.de/© 2008, Max-Planck-Institut <strong>für</strong> ausländisches öffentliches Recht und <strong>Völkerrecht</strong>

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