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2012/2<strong>Jesuiten</strong>ISSN 1613-3889Bildung


Inhalt Ausgabe 2012/2<strong>Jesuiten</strong>1 Editorial2012/2Titelbild sowie weitereBildmotive zumThemenschwerpunkt„Bildung“:Leopold Stübner SJSchwerpunkt2 Was ist Bildung?4 Da lehrte Gott ihn wie ein Kind6 Impulse aus der Schulseelsorge8 Ein Lob der zweckfreien Bildung9 Gerechtigkeit bilden – in der Jugendpastoral10 Bildung lohnt12 Inklusion14 <strong>Jesuiten</strong>schule, einmal anders15 Wie das Geld die Bildung verändert17 Von Helden und Langweilern18 Die Klugheit des Bildungsfriedens20 Vom Umgang mit dem pädagogischen Erbe21 Bildungssatt? Erwachsenenbildung heuteGeistlicher Impuls22 Weisheit als LebensbildungNachrichten24 Neues aus dem <strong>Jesuiten</strong>ordenPersonalien28 JubilareMedien29 Der Mensch ist gut, nur die Leute sind schlechtRückblick30 Abschied aus Aachen, Essen und St. Kunigund(Nürnberg)33 Autoren dieser Ausgabe34 Die besondere BitteHochschulen suchen Freunde37 Standorte der <strong>Jesuiten</strong> in Deutschland


EditorialLiebe Leserinnen und Leser,haben Sie sich heute schon gebildet? Nochnicht? Dann wird es aber Zeit! Zeit, die Sienicht verlieren sollten.„Bildung“, das klingt verheißungsvoll. Das Versprechenund die Aufgabe der Bildung ist dasunangefochtene Mantra vieler gegenwärtigerDiskussionen – sei es um den Wert der Familie,um die Aufgabe der Integration oder um denSinn des Altwerdens.Doch die Bildungseuphorie hat auch ihreSchattenseiten: Jedes Lebensalter, jede frei verfügbareZeit wird ihr untergeordnet und drohtfunktionalisiert zu werden. Und: Wer hat teil andieser Bildung, wer bleibt außen vor?Zwischen funktionaler Ausbildung und umfassenderBildung der Persönlichkeit, zwischendem Ideal der Universalbildung und der Realitätmodularisierter Weiterbildungszwänge istdas Bildungsthema vielleicht auch deswegen sopopulär, weil „Bildung“ verspricht, dass ichmein Leben selbst in der Hand habe und michimmer neu selbst gestalten kann. Der PhilosophPeter Sloterdijk bringt es auf den prägnantenTitel: „Du musst Dein Leben ändern!“Nun kann man diese Formel durchaus miteinem christlichen Zungenschlag aussprechen:Du bist nicht ein für allemal festgelegt, dukannst umkehren und dein Leben gestalten, dubist wertvoll und verantwortlich zugleich – alldies sind Grundlagen der „Bildung“ undzugleich durchaus Bausteine dessen, was mangerne „christliches Menschenbild“ nennt.So verwundert es nicht, dass der <strong>Jesuiten</strong>ordenvon den Anfängen an Bildung als Ideal undAufgabe ansah, von den inneren Prozessen derExerzitien bis zu den großen Institutionen derSchulen und Universitäten.Dennoch besteht gerade in Deutschland keinGrund dazu, die Verbindung von Bildung und<strong>Jesuiten</strong>orden nur als eine Erfolgsgeschichte zuerzählen. Die Erfahrung der sexuellen Gewaltund der missbrauchten Macht, die Schüler undSchülerinnen in Schulen und Jugendverbändender <strong>Jesuiten</strong> gemacht haben, stellt die Fragenach den Schattenseiten jesuitischen Engagementsin der Bildung. Die Redakteure habensich bewusst entschieden, dieses Heft nicht zueiner Auflistung von Präventionsmaßnahmenund dessen, „was wir gelernt haben“, zumachen. Ersteres wäre geschmacklos, zweiteszu früh. In zwei Artikeln soll das Thema desMissbrauchs explizit angesprochen werden.Abgeschlossen ist es keineswegs und die Frage,was es für den Orden bedeutet, ist noch nichteinmal anfänglich ausgelotet.Insgesamt gibt es also Grund genug zu fragen,welche Aspekte das jesuitische Verständnis vonBildung aufweist. Drei Themen stehen dabeiim Vordergrund: Das erste fragt nach der Verbindungvon Spiritualität und Bildung undbietet so die Grundlagen. Das zweite versucht,„Bildung“ und „Gerechtigkeit“ zusammenzubringen– eine Verbindung, die der Orden nachdem II. Vatikanischen Konzil in besondererWeise entdeckt hat und zu fördern versuchte.Der dritte Aspekt widmet sich explizit aktuellenSpannungsfeldern. Also: Haben Sie sichheute schon gebildet? Wir wünschen Ihnen,dass Sie dies mit diesem Heft tun – und dabeiauch einige Freude finden können.Holger Adler SJTobias Specker SJTobias Zimmermann SJJuni 2012/2 <strong>Jesuiten</strong> 1


SchwerpunktWas ist Bildung?Ein Mensch kann einen anderen nicht bilden.Er kann ihn nur ausbilden. Bilden kann mansich nur selbst. „Sich zu bilden, ist tatsächlichetwas ganz anderes, als ausgebildet zu werden.Eine Ausbildung durchlaufen wir mit demZiel, etwas zu können. Wenn wir uns dagegenbilden, arbeiten wir daran, etwas zu werden –wir streben danach, auf eine bestimmte Artund Weise in der Welt zu sein“, schreibt derPhilosoph Peter Bieri. Es geht bei der Bildungalso um mehr als informiert zu sein. Ein andererPhilosoph, Alfred N. Whitehead, konstatiert:„Ein bloß gut informierter Mensch istder nutzloseste Langweiler auf Gottes Erde.“Er meint, dass die in Bildungseinrichtungenvermittelten Ideen nicht bloß passiv sein dürfen.Sie müssen „in Beziehung stehen zu demStrom aus Sinneswahrnehmungen, Gefühlen,Hoffnungen, Wünschen und geistigen Aktivitäten,der unser Leben ausmacht.“Gelingt es der jesuitischen Pädagogik, nichtnur passive Ideen einzutrichtern, sondernMenschen hervorzubringen, die sich aktivselbst bilden? Mitunter schon, bedenkt man,dass zum Beispiel Descartes, Voltaire und Molière<strong>Jesuiten</strong>schüler waren. Am Beispiel vonDescartes kann man gut ablesen, was einen gebildetenMenschen ausmacht. Die Einführungin die klassischen Sprachen und die Mathematik,die er bei <strong>Jesuiten</strong> erfuhr, machte ihn zumGegenteil eines Fachidioten. Sie machte ihnzu einem Menschen, der klar denken und sichklar artikulieren konnte. Obwohl er zunächstJura studierte, bereicherte er später auch dieMathematik und die Naturwissenschaften umbedeutende Entdeckungen, wurde schließlichder Vordenker der Moderne. Er verkörpertBildung. Der gebildete Mensch kennt die Geschichteund die Tradition. Nicht detailverliebtund rückwärtsgewandt, sondern um sie als festenBoden zu benutzen, von dem er sich in derGegenwart zu neuen Ufern abstoßen kann. Erschafft kreativ Neues, nicht verengt in einemkleinen Bereich, sondern verwoben mit demGanzen seiner Zeit und Kultur.Wie wird man ein solcher Mensch? Zunächstbraucht man ein Umfeld, in dem aktives Lernenund schöpferisches, auch kritisches Nachdenkengeschätzt und gepflegt wird. Die geistige Liberalität,die Descartes in den Niederlanden fand, istnur ein konkretes historisches Beispiel dafür. Ineinem Milieu der Enge, der Kontrolle und derpassiven Ideen kann Bildung als Selbst-Bildungkaum entstehen. Externe Kontrolle und Passivitätsind die größten Feinde intrinsischer Motivation.Mit dem Philosophen Kierkegaardkönnte man sagen, dass das Sich-Bilden damitzusammenhängt, „sein wahres Selbst“ zu entwickeln.Diese Aufgabe kann mir niemand abnehmen.Ich kann mich daher nicht davon bestimmenlassen, in welche Kultur ich hineingeborenwurde. Wer geistige „Bildungsreisen“ in andereKulturen unternimmt, der wird sich fragen: Wiewäre es, wenn ich im alten Rom oder im heutigenChina geboren worden wäre? Gerade weilBildung mich über den Horizont der vertrautenLebensformen, der Gewohnheiten, ja sogar dertradierten Religion erhebt, gerade deshalb erlaubtsie mir, meine Lebensform, meinen Glaubenselbstbestimmt zu wählen. Erst wenn mirAlternativen offen stehen, kann ich frei entscheiden.Bildung schützt daher gegen Totalitarismusund die Verabsolutierung partikulärerPerspektiven. Sie erfordert daher auch den ständigenProzess, sich selbst kritisch zu hinterfragen.Das unhinterfragte Leben ist nicht wert gelebtzu werden, sagt Sokrates.Bildung heißt daher gerade nicht, dass man seineQuellen vergessen hat. Der Gebildete wird2 <strong>Jesuiten</strong> Schwerpunkt: Bildung


seine Quellen ständig kritisch hinterfragen:„Wie ist es gekommen, dass ich so denke, wieich denke? Will ich eigentlich denken, was ichdenke?“ Bildung beginnt mit dem Appell „Erkennedich selbst!“, der den Apollo-Tempel inDelphi schmückte. Und damit hängt der Leitspruchder Aufklärung zusammen: „Wage es,deinen eigenen Verstand zu benutzen!“ DieGeschichte europäischer Aufklärung beginntnicht in der Moderne, sondern in der Antike.Der vielbeschriebene Übergang vom Mythoszum Logos ist auch die Geburtsstunde der Ideeder Bildung. Die Hebammenkunst des Sokratesist es gerade, dem anderen beim Gebärenseiner ureigenen Gedanken zu helfen, sich zulösen vom Hörensagen und dem Geplapper aufdem Marktplatz der Meinungen. Es geht dabeinicht um passives Faktenwissen, sondern umdas Erlernen der begrifflichen Werkzeuge, umdas Leben zu prüfen: naive Überzeugungenkritisch zu hinterfragen, sei es naiver Glaube anesoterische Erlösungslehren oder naive Wissenschaftsgläubigkeit.Bildung heißt also, innerlichwach zu sein, nicht leicht verführbar, sondernsogar im guten Sinne skeptisch zu sein.Die Motivationsforschung hat gezeigt, dassunabhängig von der Kultur fast alle Menschennach drei Zielen streben: mehr Autonomie,mehr Kompetenz, mehr Einbettung in einenSinnzusammenhang. Menschen wollen selbstbestimmt,frei und ohne Bevormundung leben.Menschen wollen kompetent sein undlernen. Schließlich wollen Menschen, dass ihrTun und Handeln einen Zweck hat, dass eseingebunden ist in einen größeren Zusammenhang.Alle drei Ziele lassen sich nur durchBildung erreichen. Bildung erlaubt Selbstbestimmung,Bildung vermittelt Kompetenz,Bildung eröffnet einen größeren Sinnzusammenhang.Aber wenn das so ist, dann bestehtdie Aufgabe der jesuitischen Pädagogik eigentlichnur darin, dieses dreifache Verlangenim Schüler zu stärken und zu nähren. Der Pädagogeist eben eine „Hebamme“ im sokratischenSinne. ■Godehard Brüntrup SJJuni 2012/2 <strong>Jesuiten</strong> 3


SchwerpunktDa lehrte Gott ihnwie ein KindBildung als spirituelle AufgabeWenn ich bei der Einführung in die ignatianischenExerzitien versuche, die „Unterscheidungder Geister“ zu erklären, beginne ichgerne mit der Biographie des Ignatius. Wie er,nach der verlorenen Schlacht um die FestungPamplonas stark verwundet, sich auf demKrankenbett in seinem Elternhaus in Loyolawiederfindet, um zu genesen. Nun gilt es, dieLangeweile zu vertreiben: Ignatius verlangtnach Lesestoff. Ritterromane wären ihm amliebsten gewesen, doch man kann ihm nurdie Heilige Schrift und eine Sammlung vonHeiligenlegenden reichen. Die Heiligengeschichtenkönnen Ignatius inspirieren und erverbringt Stunden in selbstverliebten Vorstellungeneines Minnedienstes für eine Damehohen Standes. Aber auch die Lebensgeschichteeines heiligen Franziskus oder Dominikusfaszinieren ihn. Langsam beginnt erwahrzunehmen, dass die eine Faszination ihnzunächst wie ein Strohfeuer begeistert, amkommenden Tag jedoch vergangen ist, währenddas Leben eines Franziskus eine bleibendeFaszination auf ihn ausübt. Es ist auf diesemKrankenlager, dass Ignatius beginnt, die Verschiedenheitder Geister zu entdecken und zuunterscheiden. Eine Parallele zu unserer Weltder modernen Medien ist nicht schwer zu ziehen:Welche Bücher, Filme, Fernsehsendungenoder Internetseiten inspirieren uns und welchelassen uns leerer zurück, mit einem schalenNachgeschmack?Die Geistlichen Übungen des Ignatius bergeneinen ganzen Schatz von Beobachtungen füreine Unterscheidung der Geister. „Sein Lebenordnen“, lautet es schon in der Überschrift.Doch was ist das Ordnungsprinzip? Es ist sichernicht die Leistung. Dies zu lernen ist eine dergrößten Herausforderungen für die Menschen,die zu uns nach Bad Schönbrunn kommen,um einen der spirituellen Wege zu vertiefen.Das Leistungsdenken dominiert unsereGesellschaft und kann ganz sublime Formenannehmen. Erst wenn Gefühle der Enttäuschungin uns darüber auftauchen, dass die Tageder Stille nicht so verlaufen, wie wir es wollten,erst dann merken wir, wie oft wir etwas zuerreichen suchten, anstatt in einer Haltung derAufmerksamkeit und Dankbarkeit zu wachsen.In den Geistlichen Übungen fordert Ignatiusuns auf, beim Gebet „Gott, unseren Herrn, zubitten, was ich will und wünsche“. Ignatiuswill in uns eine Spiritualität der Sehnsucht wecken.Und ähnlich wie für Jesus in den Heilungsgleichnissendes Neuen Testamentes ist esauch für Ignatius ganz wichtig, dass wir lernen,unsere Wünsche und Sehnsüchte auszusprechen.Sicher, Gott weiß, was wir brauchen,noch bevor wir es formulieren. Aber das In-Worte-Fassen verändert uns. Dieses Ins-Wort-Fassen ist ein zentraler Aspekt bei der spirituellenAnamnese, im Rahmen unseresLehrgangs „Spiritual Care“. Ärzte lernen darin,Patienten zu ermutigen, davon zu sprechen,was ihnen in ihrem Leben bisher Sinngegeben hat und was ihnen jetzt in ihrerKrankheit Trost und Unterstützung gebenkönnte.„Mit Gott sprechen, wie ein Freund zu seinemFreund spricht“, ein weiterer Hinweis desIgnatius: Unser menschenfreundlicher Gottwill uns auf Augenhöhe begegnen. Er lädt unsein zum Dialog. Vorstellungen von Gott, die4 <strong>Jesuiten</strong> Schwerpunkt: Bildung


uns unter Druck setzen, kontrollieren, kleinmachen, sind nicht vom guten Geist. DieseEinladung zum Dialog ist eng mit einem weiterenSchwerpunkt des Lassalle-Hauses verbunden:dem interreligiösen Dialog. Ein Dialoghat seinen Namen nur dann verdient,wenn er wirklich auf Augenhöhe stattfindet,bereit dem anderen zuzuhören, ja vom anderenzu lernen. Es ist kein Dialog, wenn das Interesseim Vordergrund steht, den anderen zubelehren. Dies war eine Bitte von muslimischenFreunden zu Beginn unseres Pilgerprojektesnach Jerusalem. Auch wenn wir Christenin den vergangenen 20 Jahren das Pilgernwieder entdeckt haben – für die Muslime gehörtder Pilgerweg schon immer zu den zentralenreligiösen Pflichten.Schließlich ermahnt uns Ignatius, dass nichtdas Vielwissen die Seele sättigt, sondern dasVerspüren und Verkosten. Bei unseren Lehrgängenzur christlichen Spiritualität, aber auchbei Führungsseminaren in der Wirtschaft istdie Wissensvermittlung das eine, das andere istimmer wieder das Hineinfinden in die Stilleund das Erspüren, was uns während der Diskussioneines Themas bewegt hat. So ist dasFühren eines geistlichen Tagebuches wesentlicherBestandteil unserer Bildungsveranstaltungen.Es geht darum, in dieser Achtsamkeitauf das, was unsere Seele bewegt, zu wachsen.„Da lehrte Gott ihn wie ein Kind“ – vielleichtist dieses Wort aus dem Pilgerbericht des Ignatiusauch eine Einladung an uns, immer wiederzu dieser Offenheit eines Kindes zu findenund uns vom guten Geist führen zu lassen. ■Tobias Karcher SJJuni 2012/2 <strong>Jesuiten</strong> 5


SchwerpunktImpulse aus derSchulseelsorgeBerlin: „Darf ich malkurz reinkommen?“„Darf ich mal kurz reinkommen?“, so höreich es immer wieder an meiner Bürotür. Meistverbergen sich dahinter die kleineren undgrößeren Sorgen, die der Schulalltag so mitsich bringt. Es ist nicht immer leicht, diesenSchritt zu wagen, doch manchmal braucht eseinfach jemand, der da ist und zuhört. Einanderes Mal genügt auch schon der Griff indie Schale mit Gummibärchen, ein paarSchläge auf den Boxsack oder ein ermutigendesWort.Was erleben Menschen, die an die Tür derSchulseelsorge klopfen?Es tut gut, Belastendes zu teilen. Diese Erfahrungkann jeder machen, der ein schweresErlebnis mit jemand geteilt hat. Es ist fürSchüler nicht selbstverständlich, eine solcheErfahrung im schulischen Umfeld zu machen.Manchmal braucht es ein ermutigendes Wortnach einer schlechten Note, weil z.B. zuhausehohe Erwartungen Angst machen.„Wenn Du einen Fehler machst, dann feiereein Fest“. Dieses Zitat von Virginia Satir klingtbeim ersten Lesen vielleicht ein wenig fremd.Doch wenn Schüler etwas „verbockt“ habenund wir gemeinsam darüber reden, dann kanndaraus manchmal eine wichtige Erkenntnisentstehen.Mit jemandem im Hintergrund schaffe ich esdoch alleine. Schüler haben manchmal denEindruck: „Das schaff ich selber nicht!“ Da istein Konflikt. Sie fühlen sich ungerecht behandeltund bitten um Unterstützung. Imgemeinsamen Gespräch entdecken sie plötzlich,dass es eine ganze Reihe Schritte gibt, diesie selber unternehmen können, bevorjemand von außen eingreifen muss. Gestärktdurch diese Erfahrung wagen sie den nächstenSchritt und oftmals ergibt sich eine guteLösung, die sie so nicht erwartet hatten. Dasmacht stolz und ermutigt auch andere Konfliktezu lösen.Auch mit kleinen Schritten kommt man demZiel näher. Das eine oder andere Problem lässtsich eben nicht gleich beim ersten Anlauflösen. Aber in regelmäßigen Treffen kann eineStrategie entwickelt werden, mit der manLand gewinnt und so dem Ziel näher kommt.Mal braucht es eine Ermutigung, mal einenHinweis. Ein anders Mal ist es eine Hilfe zurZeiteinteilung, weil das Chaos gerade vollzuschlägt.Es sind viele kleine Konflikte und Probleme,die sich so lösen lassen. Auch mancher Ärgeroder Trauer findet Raum und kann losgelassenwerden. Es sind Erfahrungen, die auch fürsspätere Leben wichtig sind. Und wer will danoch behaupten: „Man lernt in der Schulenichts fürs Leben!“? ■Claus Pfuff SJ6 <strong>Jesuiten</strong> Schwerpunkt: Bildung


Schulbücher in einem Klassenzimmer im St. Benno-Gymnasium in DresdenHamburg: „Klar Schiff!“„Und zum Abschluss bitte mit den Putztüchernin die Fernsehkamera winken!“ Mit dieserRegieanweisung endete am Gründonnerstagauf dem Hof der Sankt-Ansgar-Schule in Hamburgdie von einiger Medienpräsenz begleiteteReinigungsaktion „Klar Schiff!“, bei der dieSchüler während der Fastenzeit Impulse zumäußeren wie innerlichen Aufräumen erhielten.Insbesondere der spekta kuläre Abschluss alsflashmob-ähnlicher Open-Air-Event mit religiöserGrundierung (gemeinsames Putzen, Singen,Beten, Bedenken der Schrift) darf alsjugendgemäß an gesehen werden, nimmt mandie auf dem Würzburger Symposion für IgnatianischePä da gogik („iPäd“) dargebotenenErgebnisse der Jugendsoziologie zum Maßstab:Jugendliche mögen posttraditionelle Vergemeinschaftungsformen,die ihnen anlass- underlebnisbezogen das Gefühl vermitteln, Teileines größeren Ganzen zu sein: „Ich wardabei!“ Sie lieben ungewöhnliches Inszenierenals Steigerung von Erlebnisqualität ebenso wiedas „gechillte“ Ankommen.Die von der Kamera eingefangene Momentaufnahmeeiner bewegenden Aktion ließe sichzum Sinnbild für das nötige Nachdenken überBildung vergrößern. Der maritime Appell„Klar Schiff!“: ein Aufruf, sich um die „Ge -fechts bereitschaft“ von Schule in stürmischerSee zu sorgen.Wie nah oder wie fern ist eine nunmehr imGanztagsmodus (G8) auftretende Schule dersich dynamisch entwickelnden Lebensweltihrer Schüler? Wie erfahrungs- und erlebnisbezogenwird in ihr gelernt? Wie verschlanktsie ihre Lehrpläne, so dass der Schüler als Subjektdes Lernens den Stoff noch sinnvoll verarbeitenkann? Wie viel Zeit räumt sie ein, umüber das Gelernte nachzudenken? Mit wieviel Sorgfalt betrachtet sie die Lernentwicklungdes Einzelnen? Wie fördert und fordertsie soziales Lernen? Wie viele Inseln fürunverzwecktes Dasein hält sie vor? Wie vielGeborgenheit und Heimat vermittelt sie demSchüler, der das Gelände morgens betritt undnachmittags wieder verlässt? Wie gelingt esihr, die Fliehkräfte ihrer vielen Aktivitäten ineinem Gravitationszentrum zusammen zuhalten? Religiös ausgedrückt: Wie sehr sorgtsich Schule um die Mitte all dessen, was in ihrsinnvoll angeboten wird?Eine gute Schule im Sinne einer ignatianischgeprägten Pädagogik wird diesen Appell nichtüberhören. ■Jürgen BrinkmannJuni 2012/2 <strong>Jesuiten</strong> 7


SchwerpunktEin Lob der zweckfreienBildungAnna Eilemann (66) hat an der Uni ein Seniorenstudiumin Philosophie begonnen, FriedhelmMoser (72) verbringt fast jede freie Minuteentweder im Schwimmbad oder in derVolkshochschule, um sich gegen Alzheimer zuschützen. Und auch viele Kinder wie etwa diezehnjährigen Mädchen Steffie und Isabellmüssen heutzutage nahezu rund um die Uhrihre Talente entfalten: Nach sechs StundenSchule, nach Ballett- und Musikunterricht amfrühen Nachmittag, schaffen sie es gegen 17Uhr erschöpft und abgehetzt noch gerade so indie Kinder-Gruppenstunde der Gemeinde.Erstaunlich, wer und auf welche Weise sich daalles so bildet in unserem Land der Bildungsoffensive.Bildung ist in unseren Tagen fast zumKampfbegriff mutiert, weil sie viele Menschenfür unser wahres Kapital halten. „Non scholae,sed vitae discimus“ – „Nicht für die Schule,sondern für das Leben lernen wir“ standüber dem Portal meiner Schule. Heute appellierenPolitiker an dieBürger, dass man sich einLeben lang bilden müsse,weil das gut sei für diementale Fitness und gutausgebildete Menschendarüber hinaus den WirtschaftsstandortDeutschlandstärkten.Davon war meine TanteNannerl noch nicht infiziert.Es war urgemütlich,wenn wir als Kinderam Morgen noch einwenig in ihrem Bett kuschelnkonnten und fasziniert ihren Geschichtenvon früher lauschten. Einfach so. Und eineder tiefsinnigsten chassidischen Geschichtenerzählt von dem bildungshungrigen RabbiSchmelke, der, um nicht zu viel Zeit zu verschlafen,nur sitzend ruhen wollte und einebrennende Kerze zwischen den Fingern hielt,die ihn wecken sollte, sobald die Flamme seineHand berührte. Ein befreundeter Rabbi überredeteihn dann doch einmal, sich richtig schlafenzu legen. Er schlief bis zum hellen Morgenund als er danach vor die Gemeinde trat undden Gesang vom Schilfmeer sang, waren dieZuhörer so tief berührt, dass sie den Saum ihrerKaftane rafften, um nicht von den Wellenbenetzt zu werden. Im Schlaf hatte der Rabbizu seiner wahren inneren Stärke und Heiligkeitgefunden. Einfach so.Ich selber nehme manchmal zwischendurcheinen Gedichtband zur Hand und lese ohneAbsicht – mitten am Tag von „Sternenstaub“oder verliere mich abends in „Birkenhainen“.Nicht für eine Predigt, nicht für einen Vortrag,nicht um mein Gedächtnis zu trainieren, sonderneinfach so. ■Werner Holter SJ8 <strong>Jesuiten</strong> Schwerpunkt: Bildung


SchwerpunktGerechtigkeitbilden – in derJugendpastoralEin schöner, lauwarmer Sommerabend brachteuns vor bald zwei Jahren zusammen. Ichführte die älteren Herrschaften in die Kryptaunserer Kollegskirche. Sie waren tief beeindrucktvon der Kraft, die sich in diesem Raumbündelt und vom Geist, den die Mauern dortatmen. Zwei Wege hatten sich gekreuzt, dievielleicht unterschiedlicher nicht hätten seinkönnen – und doch, es war uns, als wäre es bestimmtgewesen, dass wir uns trafen.Beim gemeinsamen Essen erzählte ich vonmeiner Arbeit als Schulseelsorger, von der offenenTür zu meinem Büro und wer so alles hereinschaut,von unseren Schulgottesdienstenund Besinnungstagen und nicht zuletzt davon,warum wir <strong>Jesuiten</strong> Schule machen und unsum Jugendliche kümmern – eben weil es unsein Anliegen ist, „Männer und Frauen für andereund mit anderen zu bilden“. Sie interessiertensich sehr für unser Mentorenprogramm,wie also ältere Schüler den Neuen helfen,sich im großen Kolleg zurechtzufinden. Sielauschten gespannt meinem Bericht vom Sozialpraktikum,bei dem unsere Oberstufenschülerfür gut vier Wochen einen Dienst in AltenundPflegeheimen, in Krankenhäusern undBehinderteneinrichtungen tun, um dort Menschen,denen es nicht so gut wie ihnen geht,ganz nahe sind und ihnen den Alltag erleichtern.Und sie wurden hellhörig, als ich vonProCura erzählte, einer neuen Form sozialerJugendarbeit: Jugendliche engagieren sich fürein Projekt im Ausland, sie informieren sichüber die Not, sammeln Gelder, besuchen dasProjekt und packen vor Ort zusammen miteinheimischen Jugendlichen an. So erfahrensie, dass sie helfen können und dass sie gebrauchtwerden. Sie erleben sich als Subjekteder Hilfsbereitschaft.Erst Wochen später offenbarten mir die beiden,dass sie eine Stiftung gründen wollten: Für sozialeZwecke mit Jugendlichen im kirchlichenBereich. Über Monate nahm die Idee immerkonkretere Gestalt an. Unser gegenseitigesRingen – hier das Seelsorgerische, dort dasUnternehmerische – war vom gemeinsamenGeist beseelt, „den Seelen zu helfen“, und demWunsch, diejenigen zu unterstützen und zufördern, die sich für andere einsetzen. Anfang2012 wurde die „Stiftung Ignatianische Jugendpastoral“gegründet zu dem Zweck, „Jugendlichedabei zu unterstützen, ein engagiertesLeben aus dem christlichen Glauben zuführen. Sie sollen erfahren, dass ihr Einsatzwertvoll ist und dass sie selber – gerade auch alsjunge Menschen – viel bewegen können.“Das Spannende für mich an dieser Stiftung bestehtdarin, dass es uns allen um Bewegung undum Dienst geht: Da sind Jugendliche, die sichvon der Not anderer bewegen lassen, sie engagierenund solidarisieren sich und lassen sich inDienst nehmen. Das wiederum bewegte diebeiden älteren Herrschaften, die in ihrem Lebenschon viel bewegt und geleistet haben. Siewollen etwas von dem, was ihnen gegebenwurde, zurückgeben und weitergeben und dabeiselber eine aktive und zugleich dienendeRolle spielen. Diese Reihe ließe sich mühelosfortsetzen, denn dort, wo sich jemand bewegenlässt und sich bewegt, da bewegt er etwas undandere – und so soll diese Initiative der HilfsundDienstbereitschaft weite Kreise ziehen.■Philipp Görtz SJJuni 2012/2 <strong>Jesuiten</strong> 9


SchwerpunktBildung lohntGerechtigkeit als Ziel mitWirkung im AlltagGerechtigkeit fällt nicht vom Himmel, sondernwird immer wieder neu bestätigt und angewandt.Der Gerechtigkeitsdiskurs kreist umFragen wie: Was ist gerecht? Worauf beziehensich Gerechtigkeitsforderungen? Wie ist Gerechtigkeitam ehesten herzustellen? Wie könnenMenschen in schwierigen Situationenhandlungsfähig bleiben und welche Bedingungensind erforderlich? An diesen Fragenorientiert sich auch der Bildungsauftrag desHeinrich-Pesch-Hauses in Ludwigshafen.Ein Schwerpunkt unserer Arbeit liegt in derSchulung von Führungskräften aus dem medizinischenBereich, in Banken, Schulen oderder Privatwirtschaft. Der klassische Abendvortragmit Diskussion nimmt dabei an Bedeutungab, ist aber immer noch unverzichtbar.Pater Hengsbach zeigt das in seiner neuenReihe „Friedhelm Hengsbach SJ fragtnach...“, in der er u.a. mit MinisterpräsidentBeck zum Thema „Christen in politischer Verantwortung“diskutierte. Zusätzlich zu den öffentlichausgeschriebenen Veranstaltungenwendet sich heute ein Teil unseres Bildungsangebotesim Rahmen von Kooperationen mitArbeitgebern an nicht öffentlich beworbeneKreise verschiedener Berufsgruppen. DieseKurse vermitteln etwa die Einsicht, dass man,um als Führungskraft akzeptiert zu werden, als„gerecht handelnd“ angesehen werden muss.Gerechtes Handeln setzt wiederum eine entsprechendeKompetenz voraus, die man nichtin der Ausbildung erwirbt. Nach Überzeugungvon Wirtschaftswissenschaftlern wie JürgenWeibler und Marcel Feldmann bestehtGerechtigkeitskompetenz bei Führungskräftenaus der Fähigkeit, Mitarbeiter/innen anVerfahrens- und Entscheidungsabläufen angemessenpartizipieren zu lassen und sie in dersozialen Interaktion mit Würde, Respekt undAnstand zu behandeln. Dies bedarf der Einübungund der ständigen praxisnahen Reflexion.Unsere Ausbildungskurse der innerkirchlichenGewerkschaftsvertreter/innen, der so genanntenMAVen, vermitteln in einer Mischungaus Theorie und Praxis umfangreichesWissen auf arbeitsrechtlichen Gebieten undgeben konkrete Handlungsempfehlungen.Wer sich auskennt, hat etwas zu sagen. Daskann auch stören! Das mögen auch Schulleiter/innensagen, die ihre Schülervertreter/innenbei uns qualifizieren lassen. Wir achten jedochdarauf, dass diese Ausbildungen nicht gegenLeitung gerichtet sind, sondern zum Gesprächbefähigen, zur Interessensvertretungund zum fairen Konflikt. Als Teile unserer demokratischenGesellschaft brauchen auchSchule und Kirche eine angemessene Konflikt-und Partizipationskultur.Wie geht das, ein Kind erziehen? Wie kann ichmein Kind im Lernen unterstützen? Wie leseund verstehe ich Texte? Wie bereite ich einReferat vor? Wie lerne ich Lernen? Wie teileich meine Zeit ein? Die Arbeit unserer Familienbildungim Heinrich-Pesch-Haus unterstütztKinder jenseits klassischer Bildungsmilieusbeim Übergang der verschiedenenSchulformen. Familienarbeit bedeutet in unsererStadt aber auch Unterstützung in der Erziehung,gerade auch für ärmere und allein erziehendeMenschen.Akademie im Wandel: In einem neuen Projektsind wir in Zusammenarbeit mit kommunalen10 <strong>Jesuiten</strong> Schwerpunkt: Bildung


Atrium der Phil.-Theol. Hochschule Sankt Georgen, FrankfurtStellen mitten in der Stadt in den Sozialräumenpräsent und gestalten dort Lernfelder. Esgilt Brücken zu bilden bzw. dabei zu helfen,Hürden zu überwinden, die Bildung verhindern,und Zugänge zu eröffnen. Hierfür stehtu.a. ein bereichsübergreifendes Projekt mit einerGrundschule in Ludwigshafen. Vernetzung,Austausch und Bildung sind Grundpfeilervon Toleranz und sozialer Selbstbestimmtheit,weshalb sich der Erfolg dieses Projektesweit über einzelne und schulische Erfolge hinausauf den ganzen Stadtteil auswirken kann.Mit verschiedenen Maßnahmen wie Hip-Hop-Tanzgruppen für Schüler/innen, BegleitetesSpielen, Leseförderung und qualifizierteHausaufgabenhilfe mit Kommunikationstrainingfür Erst- bis Viertklässler mit Migrationsbiographiesollen günstigere Voraussetzungenfür Lernen, persönliche wie soziale Entwicklungund Miteinander geschaffen werden.Akademische Fachtagungen zur Reflexiondieser Tätigkeiten bringen Ministerien, kommunaleund freie Träger wie Fachkräfte zusammen.Das rheinlandpfälzische Ministeriumfür Integration, Familie, Kinder, Jugend undFrauen hat das Netzwerk Familienbildung inunserem Haus angesiedelt, um diese Vernetzungsarbeitzu koordinieren und zu unterstützen.Viele Mitarbeiter/innen und eine Handvoll<strong>Jesuiten</strong> suchen gemeinsam danach, wie sichBildungsarbeit heute entwickeln kann und imAlltag Wirkung hat. Für alle Beteiligten zeigtsich bisher, dass sich in den neuen LernwegenPotential entfaltet. „Klavier vierhändig? Ichträume von viel mehr: Von einer tausendhändigenMusik, von einer Harmonie der ganzenWelt“, so der Poet und damalige ErzbischofDom Hélder Camara aus Brasilien. ■Ulrike GentnerJohann Spermann SJJuni 2012/2 <strong>Jesuiten</strong> 11


SchwerpunktInklusionGerechtigkeit in der SchuleDer Begriff der Inklusion zielt im Umfeld vonBildung und Schule stets auf eine möglichstumfassende gemeinsame Beschulung allerKinder und Jugendlichen. Häufig geht esdarum, dass Unterschiede in den Lernausgangslagenoder Leistungsfähigkeiten, beispielsweisedurch körperliche Einschränkungenoder geistige und seelische Krankheiten,nicht länger durch eigene Schul- oder Unterrichtsformenkompensiert werden. Das bedeutetden weitestgehenden Verzicht auf Sonderbzw.Förderschulen. Diese Tendenz lässt sichgegenwärtig in vielen deutschen Bundesländernbeobachten. Stattdessen gibt es innerhalbeiner Schule und einer Klasse unterschiedliche,individuell angepasste Formen der Unterstützungund der Anforderungen, die an dieeinzelnen Schüler/innen gerichtet werden.Der Begriff umfasst aber ebenso die Überwindungder Unterschiede und Grenzen, diesich aus der Wohngegend, der ethnischenHerkunft, dem sozialen Milieu, dem Bildungsgradoder der wirtschaftlichen Situationder Eltern ergeben. Entsprechend ist das Zieldie Umwandlung von „Problemschulen“ebenso wie von „Eliteschulen“.Diese zwei unterschiedlichen Akzente habenihren Ursprung in den beiden Quellen, diedem Begriff der Inklusion dazu verholfenhaben, ungewöhnlich schnell aus der öffentlichenDebatte in die gesetzgeberische Realitätüberführt zu werden: Zum einen der engagierteund nachhaltige Protest betroffenerEltern und Elternverbände, die sich unterBerufung auf sonderpädagogische Forschungsergebnisseebenso wie auf ihr sicheresGespür als Eltern gegen separierte Bildungswegeeinsetzen, die sie zunehmend als Diskriminierungihrer Kinder empfinden. Zumanderen waren es die Ergebnisse der PISA-Studie aus dem Jahr 2000, durch die deutlichwurde, dass es in Deutschland einen außerordentlichhohen Zusammenhang gibt zwischendem sozialem Hintergrund der Schüler/innenund ihrem realen Schulerfolg.Ob sonderpädagogische oder soziale Inklusion:Es geht immer um die Überwindung vonAusgrenzungserfahrungen und Benachteiligungen,die Schüler und Schülerinnen unverschuldeterleiden müssen. Wie kommt esdann, dass eine eigentlich so gute und gerechteSache vielerorts, auch an <strong>Jesuiten</strong>schulen,Skepsis und Ängste auslöst? Schnell stellensich Befürchtungen ein: Das allgemeine Bildungsniveaukönnte sinken oder eine Überforderungaller Beteiligten eintreten.Wer das Anliegen der Inklusion kritisiert,muss sich darum zunächst eingestehen, dass erdies zumeist aus der Perspektive dessen tut, derim Sinne der Inklusion bereits „drin“ ist. Under muss sich prüfen, ob bei seiner Kritik Angstmitschwingt, zukünftig Nachteile zu erfahren,weil dann zu viele oder die Falschen ebenfallsmit eingeschlossen werden: Die, die jetzt nochausgeschlossen, „draußen“ sind, erscheinenden anderen als Bedrohung.Doch diese Sicht birgt für beide Seiten großeNachteile. Die scheinbaren Profiteure dergegenwärtigen Exklusion, die sich vor denweniger Leistungsstarken schützen, sind inWahrheit mit sich selbst eingeschlossen:Indem sie ausschließen, bleiben sie unter sichund bringen sich um viele Anregungen undChancen, die sich aus der Verschiedenheit derMenschen ergeben. Die bislang Ausgeschlossenenhingegen werden mit dem Makel derZweitrangigen versehen. Sie sind aus der Sicht12 <strong>Jesuiten</strong> Schwerpunkt: Bildung


der Ausschließenden für die erste Liga des Bildungswesensnicht gut genug.Deshalb ist die Forderung nach mehr Inklusionein Gebot der Gerechtigkeit ebenso wieder Einsicht, dass sich in menschlicher Heterogenitätviel mehr Lehr- und Lernmöglichkeitenergeben als in bildungstechnischerHomogenität – ohne Auswirkungen auf dieUmsetzung der Bildungspläne. Das konnteninzwischen zahlreiche Studien, gerade auch ineinem bildungspolitisch bislang eher konservativenBundesland wie Bayern, nachweisen.Selbstverständlich gibt es unverzichtbareVoraussetzungen für eine gelingende Inklusion.Als erstes denke ich dabei aber nicht anStrukturen oder Ausstattungsmerkmale, sondernan die aufrichtige Bereitschaft allerBeteiligten, sich einzugestehen, in welchemUmfang zu unserem konventionellen Schulwesengegenwärtig Formen aktiver Ausgrenzunggehören, und zwar zur Verbesserung derAufstiegschancen derer, die jetzt innerhalbdieses Systems beschult werden. Ich persönlichhalte diese Voraussetzung, die auch alseine Form von Umkehr betrachtet werdenkann, für schwerer erreichbar als diejenigen,die darüber hinaus für eine verantwortlicheInklusion auch noch notwendig sind. Damitmeine ich all jene pädagogischen Instrumente,ohne die ein gemeinsamer, aber nicht gleicherUnterricht weder zu realisieren noch zuverantworten ist. Das sind beispielsweise professionelleStandards in der Erhebung derunterschiedlichen Lernausgangslagen, einesolide pädagogische Diagnostik und individuelleFörderplanung; ebenso alle Formender Unterstützung wie Unterrichtsbegleiter,Trainer und heilpädagogische oder psychologischeFachkräfte. Spätestens hier wird deutlich,dass die Umsetzung von mehr Inklusionnicht ausschließlich in der Verantwortungder Schulträger liegen kann. Denn diewirtschaftlichen Konsequenzen lassen Inklusionnatürlich ebenso eine bildungspolitischeAngelegenheit sein. Sind die politischenRahmenbedingungen aber gegeben, so kanndies Schulen radikal verändern. Das St. Aloy -sius College der <strong>Jesuiten</strong> auf Malta beispielsweiseist in den zurückliegenden Jahren diesenUmwandlungsprozess mit eindrucksvollerKonsequenz gegangen. So könnte der Einsatzfür mehr Gerechtigkeit auch in Deutschlandzur Schleifung unserer Schulhofmauern undzur Öffnung der Klassenzimmer führen – mitäußerst weitreichenden Konsequenzen. ■Axel Bödefeld SJJuni 2012/2 <strong>Jesuiten</strong> 13


Schwerpunkt<strong>Jesuiten</strong>schule,einmal andersDie Cristo Rey-Schulenin den USAEs war das Jahr 1995, als John P. Foley SJ nach34 Jahren in seine Heimatstadt Chicagozurückkehren sollte. All die Jahre hatte er vorallem in der Bildung der armen BevölkerungPerus gearbeitet. Sein Provinzial wollte nuneine qualitativ gute, katholische Highschoolgründen – und dies in Pilsen, einem ChicagoerStadtviertel von lateinamerikanischen Arbeiterfamilien.Diese hatten kaum Möglichkeiten,ihren Kindern die Bildung zukommen zu lassen,die andere Milieus für selbstverständlichhalten. Andere <strong>Jesuiten</strong> hatten die Straßen vonPilsen geradezu abgeklappert, um zu fragen,was die Bewohner am meisten brauchten.„Eine College-Prep-school“ war ihre Antwort:Ein privates Gymnasium, das auf die Universitätvorbereitet.Pater Foley kehrte also zurück, um diese Ideefaktisch ohne Geld zu entwickeln. Nach etlichenRückschlägen und Umwegen entwickeltener und sein Team einen gewagten Plan:In jedem Monat sollten die Schüler fünf Tagean einer einfachen, aber doch professionellenArbeitsstelle arbeiten und das Gehalt dazu verwenden,das Schulgeld aufzubringen. Gegenpessimistische Stimmen setzte sich die unkonventionelleIdee durch: 1996 öffnete in Chicagodie Cristo Rey Jesuit High School mitPater Foley als Gründer und erstem Rektor.Die Kombination aus Arbeit und Schule liefgut – sogar besser als erwartet. Der Erfolg derCristo Rey-Schule und ihres innovativenFinanzierungsmodells sprach sich im Landherum. 2001 wurde das Cristo Rey-Schul-Netzwerk gegründet – neue Schulen in Denver,Portland und Los Angeles öffneten in Folge.Heutzutage umfasst das Cristo Rey-Netzwerk24 Schulen in 16 Bundesstaaten. 6900 Schülerprofitieren von ihm, alle aus sozial schwachenFamilien: 95% der Schüler haben einen latino-,afro-amerikanischen oder ähnlichen Hintergrund.Die Schulen nehmen Kinder aller religiösenBekenntnisse auf.Die Unterrichtstage und das Schuljahr sindbewusst länger gestaltet, das Bildungsmodell istherausfordernd und die Schüler werden mitprofessioneller Hilfe in die Lage versetzt, ihreFähigkeiten für das College zu entwickeln.Auch wenn Cristo Rey-Schulen nicht das Allheilmittelfür die gravierenden Bildungsproblemein den Großstädten der USA sind, so istes doch ein nachhaltig erfolgreiches Modell.Wesentlich für seinen Erfolg ist die Starthilfeund die andauernde Unterstützung durch dasnationale Cristo Rey-Büro. Es leistet die Qualitätssicherung,zum Beispiel durch:• Datenbankgestützte Informationen für dieLehrer• Weitere Begleitung der Bildungsbiographieder Absolventen• Zusammenarbeit mit lokalen Gruppen imUmfeld der Schulen• Unterstützung spiritueller Bildung• Best-practice Austausch im NetzwerkSchon über zehn Jahre nun hat das CristoRey-Netzwerk Schülern, die eine College-Bildung für einen unerreichbaren Traum hielten,Hoffnung und Zukunft gegeben. Dasinnovative und kreative Engagement von PaterFoley und seinem Team hat nicht nur denLebensweg so mancher Schüler geprägt, sondernauch das katholische Bildungsengagementinmitten der Großstadt neu belebt. ■Übersetzung und Redaktion:Tobias Specker SJ14 <strong>Jesuiten</strong> Schwerpunkt: Bildung


SchwerpunktWie das Geld dieBildung verändertVon der Wirtschaft lernen heißt siegen lernen.Solche Slogans inspirierten die Politik in denvergangenen 15 Jahren, eine Hochschulreformin Gang zu setzen, die nicht primär von pädagogischenoder wissenschaftlichen Zielengeleitet war, sondern von der Vision, dass Universitätendann am besten ihre gesellschaftlicheAufgabe erfüllen, wenn sie wie ein Wirtschaftsunternehmengeführt werden. In diesemZusammenhang wurde ein Bündel von Maßnahmenumgesetzt:• Leistungsbezogene Bezahlung der Professoren.• Permanente Evaluation von Lehre, Forschungund Dienstleistungen mit dem Zieleiner nachhaltigen Qualitätskontrolle.• Umstellung der Forschungsförderung aufantragsbasierte Projektförderung.• Abbau dauerhafter Planstellen zugunstendrittmittelfinanzierter Projektstellen.• Relativierung der universitären Selbstverwaltungzugunsten der Kontrolle durchextern besetzte Hochschulräte.Die direkten Zuweisungen der Länder an dieHochschulen steigen bis heute nicht linear mitden Studierendenzahlen. Die Regierungen lassendie Hochschulen trotzdem nicht im Regenstehen. Für die Forschung ist ein sattes Geldpolstervorhanden, das für erfolgreiche Einrichtungenjederzeit abrufbar ist. Kurz und ohneÜbertreibung: Das Geld für Forschung „liegtauf der Straße“. Wissenschaftler müssen sichjedoch der Mühe unterziehen, ihre Projektideenin die Form respektabler Anträge zu bringen,damit sie von den anonym mitlesenden„peers“ ihres Fachs akzeptiert werden. Professorenklagen weniger über die Mechanismender Forschungsförderung als über den Druckin Folge des permanenten Evaluiertwerdens.Beim Kollegenranking zählen oft nur messbareKennzahlen (Summe der eingeworbenenDrittmittel, Zahl der Publikationen, Zahl derStudienabschlüsse). An dieser Stelle rächt sich,dass die Steuerung einer Hochschule denBetriebswirten überlassen wird.Wie nehmen die vom Orden getragenenHochschulen an den Veränderungen hin zumehr Marktorientierung teil? Wir möchten ander Idee einer sich selbstverwaltenden Hochschule,die allen Gruppen, auch den Studierenden,Mitspracherechte einräumt, festhalten. Ichkann dem Gedanken eines extern besetztenAufsichtsrats, der die strategischen Grundlinienvorgibt und jederzeit in das operative Geschäfteingreifen kann, nichts abgewinnen. Mir istaber bewusst, dass sich unsere Professoren nochstärker an den heute üblichen Modellen derForschungsförderung beteiligen, Drittmitteleinwerben und die Bereitschaft mitbringenmüssen, sich evaluieren zu lassen. Unsere Studierendensehen wir auch in Zukunft nicht alsKunden, sondern als Junior-Partner auf dergemeinsamen Suche nach Wahrheit. ■Heinrich Watzka SJJuni 2012/2 <strong>Jesuiten</strong> 15


16 <strong>Jesuiten</strong> Schwerpunkt: Bildung


SchwerpunktVon Helden undLangweilernDer Held meines Noviziates war Bobadilla(1511-1590) – ein Querkopf unter den frühenGefährten des Hl. Ignatius, der den Gehorsamrecht weit fasste und von der beglückendenKraft seiner Originalität so überzeugt war, dasser gerne gegen den Strom schwamm. KeinZweifel, die anderen Gefährten sahen nebenihm etwas angepasst und langweilig aus.Allerdings war die Sympathie für Bobadillanicht teuer bezahlt. Sowohl in der Selbst- alsauch in der Fremdwahrnehmung der <strong>Jesuiten</strong>ist der Weg gegen den Strom die Hauptstraße,auf der einem wenige entgegenkommen. Dasvorherrschende Bild des <strong>Jesuiten</strong> der letztenfünfzig Jahre ist sicherlich nicht mehr derkadavergehorsame Soldat in der gleichförmigenTruppe des Papstes, sondern eher der vielfachbegabte Solitär, der mit seinem individuellenCharisma auf der tapfer verteidigtenScholle seines Werkes Menschen an sich ziehtund prägt. In der Bildung schlägt sich dies indem Vorbild des „Paters“ nieder, der „den jungenLeuten etwas zu sagen hat“, sie um sichschart und in unkonventioneller Weise führt.Dieses Bild ist natürlich ein Klischee. Es ist niemalsin Reinform da, und es ist auch nichtungebrochen. Gebrochen ist es durch die Missbrauchsfälle.Allerdings stehen wir <strong>Jesuiten</strong> erstam Beginn einer Reflexion darüber. So wenigman sie alle über einen Kamm scheren kann, sodeutlich ist der Zusammenhang von ausgeprägtemindividuellen Charisma und missbrauchterMacht zumindest in einigen Fällen erkennbar.Dies macht es so schwierig – unter den <strong>Jesuiten</strong>– und möglicherweise noch viel mehr in derWahrnehmung derer, die missbraucht wurden.Es waren eben oft keine deformierten und verklemmtenSonderlinge, sondern begabte undfür viele faszinierende Gestalten, die tatsächlichMenschen geprägt haben. Für viele waren esHelden, keine Langweiler.Nun führt keine direkte Straße von Bobadillazur Jugendarbeit des 20. Jahrhunderts und vonder charismatischen Individualität zum Missbrauch.Aber trotzdem sind die Fragen an dasSelbstbild der <strong>Jesuiten</strong> sowie an ihr Verständnisvon Bildung noch nicht anfänglich ausgelotet.Zugegeben, die Fragen sind immer in derGefahr, die Erfahrung des Missbrauchs, dieeine Erfahrung der Opfer und nicht der <strong>Jesuiten</strong>ist, zu vereinnahmen und in einer narzisstischenSelbstreflektion zu funktionalisieren.Und dennoch ist diese Reflexion wichtig,gerade weil die abnehmende Zahl der <strong>Jesuiten</strong>in den Bildungseinrichtungen umso mehrErwartungen an die prägende Kraft des Einzelnenmit sich bringt. Wie also ist es möglich,mit der ganzen Persönlichkeit und individuellenBegabung Bildung zu vermitteln, ohneMenschen auf ungute Weise zu binden? Wiekann weiterhin eine Nähe von erziehenderPerson und Jugendlichen gelebt werden, diedie Bildungssituation davor bewahrt, nun inder Gegenreaktion zum Missbrauch zu einemfunktional bestimmten und bis ins letztehinein reglementierten Rollenverhalten zuverkommen? Wie ist es möglich, das Charismades einzelnen <strong>Jesuiten</strong> oder Mitarbeiters zurespektieren, ohne Intransparenz und abgeschotteteZirkel um eine Erziehungspersonzuzulassen? Und schließlich: Wie ist es um dasLob von Dissidenz, Originalität und Unkonventionalitätbestellt? Braucht es heute vielleichtdoch weniger Helden und einige Langweilermehr? ■Tobias Specker SJJuni 2012/2 <strong>Jesuiten</strong> 17


SchwerpunktDie Klugheit desBildungsfriedensDeutschland will den Bildungsfrieden. DieGesellschaft selbst soll über ihre Bildung entscheiden.So könnte man die politische Bilanznach zehn Jahren Aufklärung über die neuedeutsche Bildungskatastrophe zusammenfassen.Die klugen Bildungspolitiker in fast allenParteien haben erkannt, dass man mit einerReform des Bildungswesens, die sich über dieSorgen und Ängste in den Mittelklassen derdeutschen Gesellschaft hinwegsetzt, nichtserreicht. Ausschlag gebend dafür war dieHamburger Entscheidung vom Sommer2010, als durch einen Volksentscheid das mitder größtmöglichen parlamentarischenMehrheit unterstützte Projekt einer für alleKinder verpflichtenden Primarschulbildungbis zum 6. Schuljahr gekippt wurde.Das war ein Schlag ins Kontor der seinerzeitigenschwarzgrünen Koalition, die die sozialmoralischsensible „Mehrheitsklasse“ auf ihrerSeite wähnte. Die Vernunft des Vorschlagseiner verpflichtenden Verlängerung derBeschulung aller Kinder lag doch auf derHand. Denn je länger die Kinder gemeinsamlernen, umso größer ist die Chance, dass sievoneinander lernen: Die aus bildungsreichengenauso wie die aus bildungsarmen Elternhäusern,weil sie gemeinsam mit einer Sachebeschäftigt sind. Außerdem können die Lehrerinnenund Lehrer sich mehr Zeit lassen, umTalente zu fördern und Schwächen auszugleichen.Irgendwie muss doch der Teufelskreis zudurchbrechen sein, der die einen in der Schuleerfahren lässt, dass sie wie von selbst immerbesser und die anderen, dass sie von vornehereinimmer schlechter abschneiden. Wenn soeine wohlmeinende und gut begründete Initiativeschief geht, dann müssen interessierteGruppen am Werke gewesen sein.Heute kann man nüchtern feststellen, dass diesprichwörtlichen Chefärzte, Steueranwälteund Unternehmensberater aus den besserenBezirken für den Bürgerentscheid nichtgereicht hätten. Die haben zweifellos zur Herstellungvon Öffentlichkeit beigetragen, aberdie vielen stillen Teilhaber und Teilhaberinnen,die dem Bürgerbegehren zu kritischerGröße verholfen haben, sind durchaus nichtdiesem Oberklassensegment zuzuordnen.Man kann sie eher zur „neuen Mitte“ dererzusammenfassen, die von der Bildungsexpansionder 1970er und 1980er Jahre profitierthaben. Die Allermeisten von ihnen sind, wasBildung, Beruf und Einkommen betrifft, relativprivilegiert, aber sie hegen stille Zweifel,ob ihre Kinder es genauso weit bringen werden.Dafür machen sie weniger die mangelndeMotivation der Nachkommen verantwortlichals die Ungewissheit über die großegesellschaftliche Entwicklung und die Unsicherheitüber das, was in zwanzig oder dreißigJahren noch gilt und wichtig ist. Man erwartetnicht, dass die Kinder besser dran sein werden.Man wäre schon zufrieden, wenn dererreichte Status der Familie in der Generationenfolgegehalten werden könnte.Diese letztlich defensive Gestimmtheit istdafür verantwortlich, dass sie von der Vorstellung,ihre Kinder könnten mit Kindern ausFamilien, denen Bildung nichts wert ist unddie die grundlegenden Voraussetzungen fürein diszipliniertes Verhalten in der Schulenicht selbstverständlich mitbringen, wildzusammengewürfelt werden, in Panik versetztwerden. Viele dieser zwischen Mitte der fünf-18 <strong>Jesuiten</strong> Schwerpunkt: Bildung


ziger und Mitte der sechziger Jahre Geborenenwaren die ersten Akademiker aus ihrenFamilien und wissen daher, was sie sich selbstabverlangt haben und wie sich vor allem dieMütter krummgelegt haben, damit der Sohnoder die Tochter aufs Gymnasium gehenkonnte. Sie können daher nicht nachvollziehen,dass es Eltern aus bildungsfernen Milieusoffenbar ziemlich gleichgültig ist, was ausihren Kindern wird. Jedenfalls sehen sie nichtein, dass sie ihre eigenen Nachkommen alsMotivationsvehikel für die Nachkommenanderer zur Verfügung stellen sollen. Es ist einesozialmoralische Ansteckungsangst, die sie zueinem bildungsprotektionistischen Verhaltentreibt.Es geht um das Familienmotiv und den Vererbungswillen.Denn die Mitglieder der „neuenMitte“, die bisher oft Grün in der Kombinationmit Rot oder Schwarz gewählt haben,haben nicht Vermögen und Besitz, sondernBildung und Wissen zu vererben. Besondersfür die Virtuosen zweiter Bildungswegekommt es deshalb einer Katastrophe gleich,wenn die Tochter oder der Sohn unterdem Bildungsabschlussder Eltern bleibt. Daskönnen Familien mitBildungsadel in der drittenund vierten Generationviel lockerer sehen:Am Ende entscheidetnicht der Bildungstitel,sondern das Weltwissenüber die Zukunft derSprösslinge.um die Zukunft der eigenen Kinder flieht,doch auch etwas zu bieten. Denn in einerSchule, in der man mehr oder minder untersich ist, kann man nicht lernen, mit Menschenzurechtzukommen, die ganz andere Vorstellungendavon haben, was im Leben wichtigist. Die Pluralität einer Gesellschaft ist dochnur dann belastbar, wenn man mit Respektauch jenen begegnet, die einem fremd undunheimlich sind. Sonst regiert nur noch dasPrinzip der Selbstähnlichkeit, das übergeschlossene Beziehungs- und Heiratsmärkte,über gereinigte Bildungsinstitutionen unddistinktive Sportclubs, die Gesellschaft aufDauer spaltet.Ein anspruchsvoller Begriff von Bildung verstehtBildung auch nicht als eine Ressourceengherziger Selbstdurchsetzung, sondern alsBereitschaft, sich dem Anderen auszusetzenund sich für allgemeine Gesichtspunkte offenzu halten. Darin steckt ein Sinn für Verschuldung,die den Narzissmus der unbedingtenSelbsterhaltung in Frage stellt. ■Heinz BudeSolche Ruhe würde vielhelfen. Vielleicht habendie Anderen, die man sovoller Angst und SorgeJuni 2012/2 <strong>Jesuiten</strong> 19


SchwerpunktVom Umgangmit dem pädagogischenErbeAmüsiert erlebe ich den Alltag der Jugendarbeit,wenn die „Kleinen“ Fünftklässler sichschelmisch erkundigen, wie es denn der liebeGott nun halte mit dem Fußballspiel. Im Speziellen:Während der zwei Wochen des Sommerlagersim Juni und Juli, mit den 80 anderenFünftklässlern? Ob er wohl wolle, sie die Fußball-EMschauen zu lassen? Und da der liebeGott ja die Kinder liebe und den Fußball … !Oder ob die Gruppenleiter und der Pater dieseEntscheidung lieber ohne den lieben Gotttreffen wollten – und wie sie dies dann verantworteten?Anders erfrischend erlebe ich diedichte Atmosphäre in den beiden Wochen umOstern, in der insgesamt 32 jugendliche Teilnehmerund deren jugendliche Begleiter sichin die Abgeschiedenheit eines Klosters zurückziehen,um sich in aller Ernsthaftigkeit denGeistlichen Übungen zuzuwenden. Die Gründungstextedes Ordens mögen dann doch einwenig trockener daher kommen.Aus der „Formula Instituti“ von 1540:„Und namentlich sollen sie sich die Unterweisungvon Kindern (…) anempfohlen seinlassen, die je nach den Umständen vonPersonen, Orten und Zeiten für sie angebrachterscheinen. Denn es ist in höchstemMaß notwendig, dass der Obere und derRat mit Eifer über die diesbezügliche Sorgewachen, weil (…) bei den Unseren die Gefahrbesteht, dass einer, je gelehrter er ist, diesesGebiet als auf den ersten Blick wenigerauffallend abzulehnen versucht“ (Nr. 6).Dennoch verrät ein Blick in die „Quellen“ des<strong>Jesuiten</strong>ordens auf beflügelnde Weise dieBedeutung, die Ignatius der „Sorge um dieJugend“ beimisst. Aus der Grundverfassung desOrdens von 1540 geht der Auftrag für denOberen und seine Berater bezüglich dieser„Sorge um die Jugend“ unmissverständlich hervor.Denn: Genau dieses Feld drohe eher in Vergessenheitzu geraten, weil andere Aufgabenbereichemit mehr Prestige verbunden seien. FürIgnatius geht es in dieser besonderen Sorge fürdie Jugend also um die geistliche Verfasstheit desOrdens. Er sieht jeden seiner Mitbrüder dieserAufgabe verpflichtet und betrachtet sie somitimmer auch als „Pädagogen“. Die Besinnungauf die Geistlichen Übungen kann helfen, eineangemessene Haltung als Pädagoge zu finden:Der, der diese Übungen gibt, soll Zurückhaltungdemjenigen gegenüber wahren, der dieÜbungen macht. Und gleichzeitig soll er zugewandtund aufmerksam für jede Bewegung beisich und beim Übenden sein. Mit Abwandlungenist dies auch anwendbar auf den Beziehungszwischenraumdes <strong>Jesuiten</strong> zur Jugend.Eine wie immer geartete Verletzung diesesRaumes – wenn also ein Jesuit die Haltung derIndifferenz aufgibt – zerstört, verletzt und bleibtvielen Betroffenen eine dunkle Last.Seit Januar 2010 ist offenkundig, dass dieGesellschaft auf beschämende Weise hinterihren diesbezüglichen Ansprüchen gebliebenist. Diese tiefe Ernüchterung mag dazu bewegen,sich neu den Geistlichen Übungen zuzuwenden,die alles Notwendige für ein angemessenesVorangehen im (pädagogischen)Alltag bereit halten. Die Besinnung auf dieQuellen des Ordens können den Blick dazuöffnen, das Menschenbild eines freien, unbedingtzu schützenden Individuums, neu zuentdecken und zu fördern; auch und geradewenn es dieser 10-jährige Fünftklässler ist, dermit einer gewissen Schläue, Gottes Hilfebemühend, die Frische des Sommers mit derFußball-EM ein wenig frischer möchteerscheinen lassen. ■Marco Mohr SJ20 <strong>Jesuiten</strong> Schwerpunkt: Bildung


SchwerpunktBildungssatt?ErwachsenenbildungheuteIch habe lange Phasen meines Arbeitslebens alsJesuit im Kontext von Bildung gearbeitet. Studentengemeinden,in einer katholischenBegabtenförderung, in einer Schule und nunals Geistlicher Rektor in der KatholischenAkademie Hamburg. Alle diese Erfahrungenauf den berühmten einen Nenner bringen zuwollen, wäre vermessen und falsch, denn die„Orte und Zeiten“ haben sich verändert. Deshalbnur einige Farbtupfer, die sich bei meinernachdenkenden „Arbeitslektüre“ als Überzeugungendurchgehalten haben.Die europäische Tradition der Bildung seitihren Anfängen hatte immer auch etwas„Unnützes“ und „Übernützliches“ im Sinn.Sie wollte nie nur Ausbildung sein, sondernführte immer auch einen Aspekt des Anarchischen,des Ungeplanten, ja des Antipädagogischenmit sich. Bei aller Orientierung aufZiele und Curricula waren für sie die Neugierde,das Ungeplante, das Überraschendeohne Absicht wesentlich. Christlich gewendetkönnte man sagen: Es gibt das Unzerstörbareim Menschen, ob jung oder alt, das es in derBildung zu respektieren und zu pflegen gilt.Bildung war für die katholische Mentalitäteigentlich nie rein bürgerliche Bildung. Im 19.Jahrhundert war das Bildungswesen protestantischdominiert und geprägt. In dieser Zeithatte die katholisch geprägte Bildung einen„handwerklichen“ Charakter, auch als Chancezum gesellschaftlichen Aufstieg in einer nichteben freundlichen Umgebung.Die Zeiten haben sich geändert. Heute stecktdie Bildung in der Gefahr, nur noch zu einemElement der Statusverteidigung zu werdenund dem Statuserhalt zu dienen.Dennoch: Ein Zug zum „Handwerklich-Praktischen“ im Sinne der Frage: Wie lebt mandenn das? sollte auch heute nicht untergehen.Ich würde es die Frage nach dem Elementarenund Wesentlichen des Lebens nennen, verbundenmit der Kompetenz, Einsichten und Wissenauch im praktischen Leben zu bewährenund ihnen eine Stil- und Verkörperungsformzu geben. Man könnte das wohl eine Kompetenznennen, auch in widersprüchlichen, unsicherenund zerrissenen Situationen und Zeitenein verantwortliches Leben mit Anstand zuführen. Da das nicht allein unter der Leselampeim Sessel geschehen kann, bedarf es derMitmenschen und der Pflege der Institutionen,die einen Halt und eine Orientierungauch für andere geben.Bei aller Betonung individueller Bildungsprozessegehört für mich der Sinn für die Bedeutungvon Institutionen zu einem wichtigenBestandteil von Bildung in der Kirche. Fürwen? Und mit wem? – Diese beiden Fragenbleiben für mich zentral im Zusammenhangauch heutiger kirchlicher Bildung. Derzeitleben wir auf einem großen Bildungsmarktund müssen uns oft wie Konsumenten verhalten.Aber: auch wenn wir die Buchstaben derZielsetzungen und des Erfolgs recht gutgelernt haben, ob wir damit auch gelernthaben, das Leben und dessen Zeit zu lesen, istdamit noch nicht gesagt. Ob es nicht einengebildeten Dilettantismus gibt oder gebensollte – eine spannende Frage? Ernst Bloch hateinmal gesagt: „Religion hat selten vorDummheit bewahrt, immer aber vor Banalität.“Kein schlechtes Motto für eine kirchlicheBildungsarbeit heute. ■Hermann Breulmann SJJuni 2012/2 <strong>Jesuiten</strong> 21


Geistlicher ImpulsWeisheit alsLebensbildungWeisheit scheint ziemlich gerecht verteilt zusein. Jedenfalls beschwert sich kaum jemanddarüber, dass es ihm daran mangelt. Wer gibtschon zu, dass er wenig Ahnung hat? Weisheitbeginnt allerdings erst mit der Einsicht, dassman wenig weiß. Gerade auf die drängendenFragen des Lebens bringen wir oft nichtsanderes als ein Gestammel als Antwort hervor.Ein Beispiel: Ihnen begegnet eine Bekannteund berichtet von einer schweren Krankheit,die viele berufliche und private Pläne zu zerstörendroht. Was soll man da sagen? „Wirdschon wieder!“ klingt peinlich unangemessenund verdrängt zu unverhohlen die grausameRealität. Die unausgesprochene Frage lautet ja:Ist das eine gut eingerichtete Welt, in der solchsinnloses Leiden möglich ist? Ist Gott in dieserWelt überhaupt anwesend? Vor dieser Frageverstummt das leichte Daherreden. Wie könnteaber eine weise, eine von Erfahrung gedeckteAntwort auf diese Lebensfrage lauten?Lassen Sie mich mit einer wahren Geschichteeinen Antwortversuch unternehmen. VictorKlemperer, ein Vetter des berühmten Komponistengleichen Namens, war ein von denNazis verfolgter jüdischer Gelehrter in Dresden.Sein Herzenswunsch war es, eine großeGeschichte der französischen Literatur des 18.Jahrhunderts zu schreiben. Die Nazis verbotenihm aber den Zugang zu Universität undBibliothek. Er war tief enttäuscht und verzweifelt.Das wissen wir aus einem Tagebuch,das er in den folgenden Kriegsjahren schrieb.Es wurde erst viel später, vor kaum mehr alseinem Dutzend Jahren, veröffentlicht. Es istein bemerkenswertes Werk deutscher Prosa,das ihm nun als Schriftsteller mehr Anerkennunggebracht hat als seine Studien über französischeLiteratur. Aber das blieb ihm verborgen.In diesen Tagebüchern selbst beklagt ersich, dass es ihm unter den widrigen Umständenverwehrt bliebe, etwas Großes zu schreiben.Aber für ihn unbemerkt sind gerade dieseSeiten das Größte, das er je schrieb. Erbeschreibt dort auch das ausweglose Grauender Bombenangriffe auf Dresden. Aber geradedas Chaos nach der Feuersbrunst ermöglichtihm, sich dem Zugriff der Gestapo zu entziehenund zu überleben.Durch den Tunnelblick auf die Bedrohungwird der Mensch oft unwissend und ahnungslos,spürt nicht mehr, dass auch in der Katastropheeine Chance verborgen sein kann.Unsere Welt ist ein offener Prozess, es werdenin jeder Situation immer wieder neue, oftüberraschende Möglichkeiten angeboten. Wirerreichen die Ziele, die uns bewegen undbeflügeln, oft auf einem ganz unvorhergesehenen,ja verborgenen Weg. Hätte sich Klempererträumen lassen, dass sein Ziel, ein großesBuch zu schreiben auf diese völlig andersartigeWeise in Erfüllung gehen sollte? DasErstaunliche ist nun, dass wir oft diese unbekanntenMöglichkeiten trotzdem gleichsamblind ergreifen. Wir laufen nicht an ihnen vorbei,obwohl wir gar nicht wissen, was wir datun. Erst nachher wird uns klar, dass wir einen22 <strong>Jesuiten</strong> Geistlicher Impuls


Weg beschritten haben, der die tiefstenBedürfnisse unseres Herzens zum Ziel hatte.Das ist ein merkwürdiger Befund. Währendunser Verstand und auch unser Gemüt noch inder Schreckstarre der Katastrophe verweilen,gibt es da doch etwas in uns, das sich leitenund auf einen Ausweg führen lässt. Der geistlicheMensch wird in diesem stummen Ruf,diesem kaum wahrnehmbaren Locken dieStimme seines Schöpfers erahnen. Er ist es, deruns in jeder Situation eine Zukunft eröffnetund anbietet – selbst im Tode. Wir aber bleibendemgegenüber oft in Unwissen undUnglauben. Der große <strong>Jesuiten</strong>dichter GerardM. Hopkins beschreibt Gott einmal als Weber.Ein Mensch tritt an den Webstuhl heran undfragt: „Was webst du da?“ Gott antwortet:„Das Gewebe deines Lebens.“ Der Menschzweifelt: „Das sieht ja wie ein wildes Durcheinandervon Fäden aus!“ Worauf Gott erwidert:„Du siehst es von hinten. Von meinerSeite her kannst du ein schönes Mustersehen.“ Man kann sich denken, dass derMensch nun schweigsam wurde. Und mit diesemSchweigen drückte er sein Nichtwissenaus. Dies ist aber die Geburtsstätte seiner Weisheit:nämlich der Ahnung, dass Gott immernoch ein „Mehr“ anbietet, auch wo menschlichesPlanen scheinbar an ein Ende gekommenist. Darin, dass Menschen selbst in völligerDunkelheit mit fast traumwandlerischerSicherheit ihren Weg nicht verlieren, obwohlihnen alles weglos erscheint, zeigt sich der, dermit uns wie schon mit den Jüngern vonEmmaus auf dem Weg ist. ■Godehard Brüntrup SJJuni 2012/2 <strong>Jesuiten</strong> 23


NachrichtenFoto: NaortangarNeues aus dem<strong>Jesuiten</strong>ordenDiakonweiheChristian Modemann SJ wurde am 22. April2012 von Bischof Terbartz van Elst (Limburg)in Sankt Georgen zum Diakon geweiht.Nguyen Quoc Trieu SJ wurde am 14. April2012 in der Kirche Sacred Heart in Wimbledonvon Erzbischof Peter Smith von Southwark,London, zum Diakon geweiht.Heinemann-Bürgerpreis anPater Klaus Mertes SJDer Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz,Erzbischof Robert Zollitsch, hat PaterKlaus Mertes SJ zur Auszeichnung mit demGustav-Heinemann-Bürgerpreis 2012 gratuliert.Er freue sich mit Mertes, dass dessen Beitragzur Aufklärung der Missbrauchsfälle mitdem Bürgerpreis der SPD gewürdigt werde.Die SPD begründete den Preis besonders mitdem Hinweis darauf, dass Mertes als Rektordes Berliner Canisius-Kollegs Verantwortungfür die Schule und für den Orden gegenüberden Missbrauchsopfern übernommen und dafürvielfältige Anfeindungen in Kauf genommenhabe. In seiner Laudatio würdigte derSPD-Parteivorsitzende Siegmar Gabriel auchden Beitrag der betroffenen ehemaligen Schüler,die durch ihr Sprechen die Mauer desSchweigens als erste durchbrochen hatten. Verliehenwurde der Preis am 26. April in Berlin.<strong>Jesuiten</strong> beim Katholikentagin MannheimFoto: MoraisDiakonweihe Christian Modemann SJDiakonweihe Nguyen Trieu SJ„Einen neuen Aufbruch wagen“ war das Mottodes 98. Deutschen Katholikentags vom 16. bis20. Mai in Mannheim. Auf den Straßen undPlätzen der multikulturellen Rhein-Neckar-Metropole präsentierten sich rund 250 Organisationenauf der so genannten Kirchenmeile inkleinen und großen weißen Pagodenzelten deninsgesamt 80.000 Teilnehmer/innen dieses traditionellenkatholischen Laientreffens. DieDeutsche Provinz der <strong>Jesuiten</strong> ist seit Jahren regelmäßigmit einem eigenen Stand bei Katholikentagen– und seit 2001 auch bei den evangelischenKirchentagen – vertreten. Wie bereits2009 in Osnabrück und 2010 beim Ökumeni-24 <strong>Jesuiten</strong> Nachrichten


Foto: BuschBernhard Heindl SJ im Gespräch mit Besuchern beim <strong>Jesuiten</strong>stand auf der Kirchenmeile in Mannheimschen Kirchentag in München, kam es zu einerKooperation mit ignatianisch geprägten Frauengemeinschaften:So präsentierten sich gemeinsammit den <strong>Jesuiten</strong> und der Nürnberger<strong>Jesuiten</strong>mission die Congregatio Jesu (CJ), dieMissionarinnen Christi (MC) und die Kongregationder Helferinnen (sa). Darüber hinaus warendie Gemeinschaft Christlichen Lebens(GCL) und die Brüdergemeinschaft der Canisianermit dabei. Verantwortlich für den <strong>Jesuiten</strong>standwaren Thomas Busch (Öffentlichkeitsreferat)und Bernhard Heindl SJ (Berufung undBegleitung), die zusammen mit einem Teamkommunikativ engagierter Mitbrüder über denOrden informierten. Unterstützung bekamensie von fünf Schüler/innen aus dem Kolleg St.Blasien, die hoch motiviert den neuen Folderder <strong>Jesuiten</strong> im Zentrum der Stadt verteilten.Gut nachgefragt waren auch die Angebote derINIGO Medien GmbH. Aber nicht nur im etwasabseits gelegenen Areal der Ordensgemeinschaftenwaren <strong>Jesuiten</strong> zu finden: Auch RadioVatikan mit Bernd Hagenkord SJ sowie dasHeinrich-Pesch-Haus aus Ludwigshafen warenmit einem Stand bzw. mit eigenen Angebotenpräsent. Dazu kamen schließlich zahlreiche weiterebekannte <strong>Jesuiten</strong>patres, darunter auch ProvinzialStefan Kiechle, die das Programm mitgeistlichen Angeboten oder als gefragte Diskussionspartnerauf Podien und in Gesprächskreisenbereicherten.<strong>Jesuiten</strong> in der StatistikDie Gesellschaft Jesu hat ihre weltweiten Mitgliederzahlenzum 01.01.2012 veröffentlicht.Zu diesem Zeitpunkt gab es insgesamt 17.637<strong>Jesuiten</strong>, von denen 12.526 Priester, 1.470Brüder, 2.896 Scholastiker – das sind <strong>Jesuiten</strong>in der Ausbildung – und 745 Novizen sind.Die Deutsche Provinz der <strong>Jesuiten</strong> zählte zumStichtag am 01.11.2011 insgesamt 390 <strong>Jesuiten</strong>,davon 338 Priester, 24 Brüder und 27Scholastiker.Juni 2012/2 <strong>Jesuiten</strong> 25


Foto: StübnerFestmesse in der Bürgersaalkirche in München mit Erzbischof Reinhard Kardinal Marx25. Jahrestag der Seligsprechung vonPater Rupert Mayer SJZum 25. Jahrestag der Seligsprechung von PaterRupert Mayer SJ (1876-1945) hat derMünchner Erzbischof Reinhard KardinalMarx am 3. Mai einen Festgottesdienst in derMünchner Bürgersaalkirche gefeiert. Mit ihmzelebrierte der Provinzial der Deutschen Provinzder <strong>Jesuiten</strong>, Pater Stefan Kiechle SJ. In derUnterkirche des Bürgersaals befindet sich seit1948 das Grab von Pater Rupert Mayer.In der Heimatdiözese des Seligen, Rottenburg-Stuttgart,zelebrierte Bischof GebhardFürst am 6. Mai in der Spaichinger Stadtpfarrkircheein Pontifikalamt. Rupert Mayer hattedort seine Kaplanszeit verbracht.<strong>Jesuiten</strong> in FacebookSeit einem Jahr ist die Deutsche Provinz auchin Facebook zu finden. Viele weitere Werke desOrdens stehen ebenfalls über diesen Weg mitihren Freunden und Förderern in Kontakt. ViaFacebook sind wir in einer neuen Weise verbundenmit den am Orden Interessierten, undbieten aktuelle Informationen über <strong>Jesuiten</strong> inaller Welt. Bei Facebook verweisen wir auchauf die Internetangebote einzelner <strong>Jesuiten</strong>,wie die Blogs von deutschen Scholastikern inAfrika, die aus erster Hand von ihrer Arbeit inFlüchtlingslagern berichten. Wir freuen uns,wenn Sie mit uns über Facebook in Verbindungbleiben.Mehr unter www.facebook.com/jesuiten26 <strong>Jesuiten</strong> Nachrichten


Foto: KSJPersonalnachrichten• P. Holger Adler SJ ist zum hauptamtlichenGeistlichen Leiter der Katholischen StudierendenJugend (KSJ) auf Bundesebene gewähltworden.• P. Klaus-Henner Brüns betreut seit Anfang Maifür ein Jahr die deutschsprachige katholischeGemeinde in Gran Canaria.• P. Rainer Carls hat das Gebetsapostolat inSchweden übernommen.• P. Wolfgang Felber ist seit Anfang Juni Dekanatskrankenseelsorgerin Berlin und wird darüberhinaus Seelsorger im neuen Berliner Flughafen,sobald dieser seinen Betrieb aufnimmt.• Stefan Hengst wird ab Herbst als Kaplan in derCanisius-Pfarrei in Berlin und in der Jugendseelsorgemitarbeiten.• P. Matthias Huber übernimmt im Juni in Münchendie Seelsorge bei den CJ-Schwestern inNymphenburg.• P. Bernhard Knorn wird nach dem Sommersemesterneuer Subregens im PriesterseminarSankt Georgen.• P. Hans-Joachim Martin hat die Aufgabe desPfarrers von St. Sebastian in Mannheim abgegeben• P. Nguyen Ngoc The wurde neben seiner Mitarbeitin der Pfarrei in Aarhus zum Nationalsekretärfür das Gebetsapostolat in Dänemark ernannt.• Nguyen Quoc Trieu wird ab Herbst in Göttingenals Kaplan in der Pfarrei St. Michael mitarbeiten.• P. Georg Maria Roers übernimmt im Sommerdie Leitung der Glaubensinformation in Hamburg.• P. Felix Schaich übernimmt im Herbst dieISG/KSJ-Jugendarbeit am Canisius-Kolleg inBerlin.• P. Christof Wolf wurde zum Geistlichen Beiratder „Gesellschaft katholischer Publizisten“ gewählt.Zusammengestellt von Thomas BuschJuni 2012/2 <strong>Jesuiten</strong> 27


PersonalienJubilare05.06.P. Heribert Skirde80. Geburtstag06.06.P. Helmut Schmitt75. Geburtstag20.06.P. Wolfgang Abeler75. Geburtstag22.06.P. Josef Bencsik65. Priesterjubiläum27.06.P. Gerhard Sanders75. Geburtstag15.07.P. FriedhelmHengsbach75. Geburtstag24.07.P. Norbert Baumert80. Geburtstag27.07.P. Alfons Höfer75. Geburtstag30.07.P. Lothar Groppe85. Geburtstag31.07.P. Eugen HillengassP. Norbert MuldeP. Bernhard SchererP. Horst WernetP. Hans Wisgickl50. Priesterjubiläum03.08.P. Gerrit König60. Priesterjubiläum03.08.P. Alfons Deeken80. Geburtstag08.08.Br. Christian Schmidt80. Geburtstag14.08.P. Franz Jalics65. Ordensjubiläum16.08.P. Karl Weich80. Geburtstag21.08.P. Alois Parg80. Geburtstag22.08.P. Paul GreifP. Werner HerbeckP. Dieter Thiel50. Priesterjubiläum24.08.P. Wim Schellekens60. Priesterjubiläum27.08.P. JohannesBezikofer65. Priesterjubiläum27.08.Br. Günter Gattung75. Geburtstag03.09.P. Peter Kegebein50. Ordensjubiläum04.09.P. Raimund BaeckerP. Peter Fresmann50. Priesterjubiläum06.09.P. Antonio Ponsetto60. Ordensjubiläum10.09.P. Bernhard Dietrich80. Geburtstag13.09.P. Peter EhlenP. Ludwig GleißnerP. Karl WeichP. Wolfgang ThammP. Gundikar Hock50. Ordensjubiläum15.09.P. Wolfgang HundeckP. PeterLeutenstorfer65. Ordensjubiläum18.09.P. Karl Edmund Prier75. Geburtstag21.09.P. Rüdiger Funiok50. OrdensjubiläumVerstorbeneP. Hans L. Martensen* 07.08.1927+ 13.03.2012Von 1965 bis 1995Bischof vonKopenhagenP. Friedrich Kretz* 19.06.1927+ 22.05.2012SeelsorgerWir gedenken imGebet auch derVerstorbenen ausdem Kreis unsererLeserinnen und Leser.R.I.P.28 <strong>Jesuiten</strong> Personalien


MedienMartin Maier:Der Mensch istgut, nur die Leutesind schlechtMartin Maier, langjähriger Chefredakteur der„Stimmen der Zeit“, hat im Herder-Verlagein Buch über den Münchner HumoristenKarl Valentin (1882-1948) vorgelegt: „DerMensch ist gut, nur die Leute sind schlecht“,heißt es und will auf 119 Seiten Sinn undUnsinn des großen Humoristen entschlüsseln.Akribisch durchforstet Maier dessen Werkund hält viele Zitate aus markanten Stückenbereit, die er in Themenwelten einzuordnenversucht. Da sind z.B. die Betrachtungen überdas Wetter („Besser ein schlechtes als gar keines“).Gesprächsstoff bietet es ständig, auchwenn nichts daran zu ändern ist.Valentins bewusste Satz-Verdrehungen undWort-Zerlegungen mögen einen in den Wahnsinntreiben, sind zugleich aber legendär. Inder „Orchesterprobe“ mit seiner PartnerinLiesl Karlstadt als Dirigent erzählt Valentinvon der „Siebnerbahn“ auf dem Oktoberfestund meint damit die „Achterbahn“, die nochnicht ganz fertig war. Immer wieder entleerter in Sketchen die Sprache aller Sinne oderkonkretisiert sie. Denn der Mensch wohntnicht „in der Sendlinger Straße“, sondern ineinem der Häuser, wo eine Treppe hinaufgehtund natürlich auch wieder hinunter.Hinter Valentins Kampf mit der Sprache steckeder Kampf mit der Wirklichkeit, ist MartinMaier überzeugt. Wenn nach Martin Heideggerdie Sprache das Haus des Seins sei,dann sprenge der Komiker dieses in die Luft.„Deshalb leuchtet ein, dass er sein Haus verkaufenund dafür aus Angst vor einem Meteoriteneinschlagin ein Bergwerk ziehen möchte.“Mit seiner Begeisterung für Karl Valentinsteht der Jesuit im katholischen Klerus nichtallein da. Sogar Papst Benedikt XVI. schätztden Witz des Querdenkers und ist bekanntlichTräger des Karl-Valentin-Ordens.Die „metaphysische Kurzformel“ lautet fürKarl Valentin: „Jedes Ding hat drei Seiten, einepositive, eine negative und eine komische.“Auch das Nachdenken über die letzten Dingemachte der Komiker zum Programm. So hältsein „Weltuntergang“ die Überraschungbereit, dass die Luft wie Schweinssulz zittert,die Vesuve Honig und Sauerkraut speien.Dann zerplatze auf einmal panikartig ein alterLeberkäse – „und am Ende des Vortrags tratplötzlich der Schluss ein“. Für den Leser bleibtda nur noch der Trost: „Hoffentlich wird esnicht so schlimm, wie es schon ist.“ ■Barbara JustFreiburg 2012, 120 SeitenDas Buch kann online bestellt werdenunter www.inigomedien.orgJuni 2012/2 <strong>Jesuiten</strong> 29


RückblickAbschied ausAachen, Essenund St. Kunigundin NürnbergFoto: SJ-ArchivAachenIn Absprache mit den Verantwortlichen desBistums Aachen hat der Provinzial der DeutschenProvinz der <strong>Jesuiten</strong>, Stefan Kiechle SJ,die Auflösung der Aachener <strong>Jesuiten</strong>niederlassungzum Ende des Jahres 2012 verfügt, in derzur Zeit vier Patres wohnen (Josef Bill, JohannesGünter Gerhartz, Heinz-Walter Hammes,Hans-Theodor Mehring).Damit geht eine mehr als 400-jährige Geschichtedes Ordens in Aachen vorerst zu Ende.Sie war schon mehrfach unterbrochen worden:durch das Verbot des Ordens durch denPapst (1773-1814), die Ausweisung aus demDeutschen Reich im Kulturkampf (1872-1917), die Vertreibung durch die Nazis (1941-1945).Ab 1962 waren und sind <strong>Jesuiten</strong> in Aachen wiebistumsweit tätig in der Jugendarbeit (KatholischeStudierende Jugend/KSJ-ND, Haus Eich,Jugendwerk für internationale Zusammenarbeit,Bleiberger Fabrik, Schulseelsorge), in derErwachsenenbildung (Männerseelsorge, SozialeSeminare, Katholische Akademie), im diözesanenund internationalen Kolpingwerk, in derKarls-Gilde, in geistlicher Begleitung wie Exerzitien,in der Seelsorge an den Kirchen SanktAlfons und Sankt Peter, in der Klinikseelsorge,am Missionswissenschaftlichen Institut vonMissio wie als Mitarbeiter von Misereor, in derKatholischen Glaubensorientierung.Aachener SJ-Residenz bei der Marienkirche (1851-1872)Als „Stadtnomaden“ wohnten die <strong>Jesuiten</strong> indiesen Jahren zur Miete an verschiedenen Orten:in der Kleinmarschierstraße, der EupenerStraße, der Lothringer Straße, der Leonhardstraße,der Jägerstraße.Der Satzung des Ordens folgend: „es ist unsereBerufung, in jedweder Gegend der Welt unterwegszu sein und das Leben zu führen, wo mehrDienst für Gott und Hilfe für die Seelen erhofftwird“, haben wir Patres in der Stadt wie im Bistumgern unsere Schuldigkeit getan. Leidermusste der Provinzial aus Personal- und finanziellenGründen jetzt die oben genannte Entscheidungtreffen, die nicht nur von Seiten desBistums bedauert wird.Dankbar sind wir <strong>Jesuiten</strong> für alles Wohlwollenund Wohltun von Seiten der Menschen, die unsihr Vertrauen geschenkt haben und schenken. ■Hans-Theodor Mehring SJ30 <strong>Jesuiten</strong> Vorgestellt


Abschied aus dem RuhrgebietFoto: PohlMit einem feierlichen Gottesdienst werden sichdie polnischen <strong>Jesuiten</strong> am 1. Juli 2012 von derResidenz an St. Ignatius in Essen verabschiedenund die Stadt verlassen. Damit nimmt eine fast400-jährige Tätigkeit der <strong>Jesuiten</strong> in der Mittedes Ruhrgebiets ihr Ende. Viele Bürger sehendarin ein Signal, dass die Gesellschaft Jesu diedrittgrößte Metropollandschaft Europas mitrund acht 8 Millionen Bewohnern abgeschriebenhat. Das ist umso bedauerlicher, als dasRuhrbistum selbst um seine Existenz kämpft,obwohl die katholische Kirche bislang die einzigewirklich erkennbare Klammer dieser Landschaftist. Nicht ohne Stolz hat es sich nach derGründung des Bistums eingebürgert, den Bischof„Ruhrbischof“ zu nennen.Der Vertrag, den die deutsche Provinz mit dersüdpolnischen über ein gemeinsames Projekt inEssen vor mehreren Jahren geschlossen hat, wargleichfalls ein deutliches Zeichen, dass die jahrzehntelangeVerbindung zu Polen klar im Bewusstseinder Kirche stand und die Einbürgerungund Arbeit von polnischen Landsleutenwesentlich zur Gestaltung der von Kohle undStahl geprägten Industrieregion beigetragen haben.Es spricht von Ratlosigkeit, wenn vieleGläubige glaubten, von polnischer Seite denRuf nach einem „neuen Projekt“ heraushörenzu können.Vor 25 Jahren erschien ein Artikel „Fünfmal gerufen,viermal vertrieben“, der die wechselvolleGeschichte der <strong>Jesuiten</strong> in Essen beschrieb. Inder Zeit der Gegenreformation rief die Fürstäbtissinsie nach Essen. Die lange Zeit führendeSchule im Schatten des heutigen Doms, dasBurggymnasium, ging auf ein <strong>Jesuiten</strong>gymnasiumzurück. In der Zeit des KulturkampfesGnadenbild in der <strong>Jesuiten</strong>kirche in Essenmachten <strong>Jesuiten</strong> ihren Dienst in einer altenKupferschmiede unter den Arbeitern und bewiesen,dass der Kirche die sozialen Fragen sehrbewusst waren. Die Nationalsozialisten vertriebendie <strong>Jesuiten</strong> erneut. Nach dem Krieg blühtedie schulische Jugendarbeit, brach auch ein PaterLeppich von Essen auf, um auf öffentlichenPlätzen landesweit für Christus zu werben.Wenn die <strong>Jesuiten</strong> dieses Mal Essen verlassen,geht das wesentlich auf die Schwäche der heutigendeutschen Kirche zurück, die es nicht mehrversteht, hinreichend viele junge Menschen fürdas Ordensleben und den Dienst in der Kirchezu begeistern. Lange Jahre war das Ruhrgebietauch eine Region, aus der sich der Ordensnachwuchsrekrutierte. Die Hoffnung, dass die Arbeitder <strong>Jesuiten</strong> in dieser Landschaft nicht fürimmer gestorben ist, bleibt. ■Hans Waldenfels SJJuni 2012/2 <strong>Jesuiten</strong> 31


90 Jahre St. Kunigund in NürnbergFoto: SuchyDie Geschichte der <strong>Jesuiten</strong> in St. Kunigund begannmit einer Bitte von sechs Religionslehrernaus Nürnberg an das Erzbischöfliche OrdinariatBamberg. In dem Brief vom 10. August 1920heißt es: Man möge <strong>Jesuiten</strong> nach Nürnbergsenden, um „die Schüler höherer Lehranstaltenreligiös weiterzubilden und Marianische Kongregationenzu gründen.“Diese Bitte wurde von Bistum und Orden positivbeschieden und schon am 21. Januar 1921kam mit P. Schalk der erste Jesuit nach Nürnberg.Ihm folgten im Laufe desselben Jahres siebenweitere <strong>Jesuiten</strong>.Am 27. März 1922 wurde St. Kunigund offiziellals Pfarrei errichtet. Im Pfarrgebiet, einem derältesten Industriegebiete von Nürnberg, lebtenfast nur Arbeiter. Die Zahl der Katholiken betrug3.500 neben 10.000 Andersgläubigen imselben Sprengel. Gottesdienste fanden erst in derNotkirche – einem ehemaligen Geräteschuppen– statt. Die Patres lebten anfangs in einerehemaligen Wirtschaft, die man notdürftig renovierthatte.Man begann mit der Gründung von Vereinen fürFrauen und Jugendliche, vor allem den MarianischenKongregationen. Es folgte der SportvereinDJK Falke. Für die Schwestern der Pfarrei wurdebald ein Schwesternhaus gebaut, dann einKindergarten, und erst 1934 die neue Kirche.Gottesdienst der Englisch sprachigen Gemeinde in St. KunigundZur Ausstrahlung: Ausgehend von St. Kunigundwurde 1960 das Caritas-Pirckheimer-Haus imZentrum der Stadt errichtet. Auch die Missionsprokurverdankt ihren heutigen Standort PaterDeichstetter, der damals Pfarrer von St. Kunigundwar.Am 6. Mai 2012 begehen die <strong>Jesuiten</strong> vonNürnberg zusammen mit den MarianischenKongregationen, die von St. Kunigund aus gegründetwurden, das 90-jährige Jubiläum. Damitgeht das langjährige Engagement der <strong>Jesuiten</strong>in St. Kunigund, das anfangs nur als„vorläufig“ geplant war, zu Ende. ■Joe Übelmesser SJBis 2012 haben etwa 90 <strong>Jesuiten</strong> in St. Kunigundgearbeitet. Die offiziellen Pfarrer waren zugleichSuperioren der Niederlassung: P. HugoAman, P. Ludwig Weikl, P. Anton Stricker, P. GeorgDeichstetter, P. Karl Hofer, P. Hans Wisgickl,P. Markus Franz und P. Hans-Otto Husmann.32 <strong>Jesuiten</strong> Vorgestellt


Autoren dieser AusgabeHolger Adler SJHamburg. GeistlicherLeiter der Kath. StudierendenJugend (KSJ)Axel Bödefeld SJSt. Blasien.InternatsleiterHermannBreulmann SJHamburg. GeistlicherRektor der KatholischenAkademieJürgen BrinkmannHamburg. Beauftragterfür die Seelsorgean der Sankt-Ansgar-SchuleGodehardBrüntrup SJMünchen. Professoran der Hochschulefür PhilosophieHeinz BudeKassel. Professor fürMakrosoziologie an derUniversität KasselThomas BuschMünchen. ÖffentlichkeitsreferentimProvinzialat der<strong>Jesuiten</strong>John P. Foley SJUSA. Cristo Rey JesuitHigh SchoolUlrike GentnerLudwigshafen.Referentin imHeinrich-Pesch-HausPhilipp Görtz SJBad Godesberg.Kollegsseelsorger imAloisiuskollegWerner Holter SJKöln. Pfarrer inSt. PeterBarbara JustMünchen. Redakteurinder KatholischenNachrichten AgenturTobias Karcher SJBad Schönbrunn (CH).Direktor imLassalle-HausHans-TheodorMehring SJAachen. KatholischeGlaubensorientierungKlaus Mertes SJSt. Blasien. KollegsdirektorundChefredakteurJESUITENMarco Mohr SJBerlin. GeistlicherLeiter ISG/KSJ amCanisius-KollegRichard Müller SJMünchen.BildredaktionJESUITENClaus Pfuff SJBerlin. Schulseelsorgeim Canisius-KollegTobias Specker SJFrankfurt. Studium derislamischen TheologieJohann Spermann SJLudwigshafen.Direktor des Heinrich-Pesch-HausesJoe Übelmesser SJNürnberg. SeelsorgerHans Waldenfels SJEssen. EmeritierterProfessor derFundamentaltheologieHeinrich Watzka SJFrankfurt. Rektor derPhil.-Theol. HochschuleSankt GeorgenTobiasZimmermann SJBerlin. Rektor desCanisius-KollegsJuni 2012/2 <strong>Jesuiten</strong> 33


Die besondere BitteFoto:Hochschulensuchen FreundeDie beiden Hochschulen des <strong>Jesuiten</strong>ordens inDeutschland sind heute nahezu die einzigenakademischen Einrichtungen der katholischenOrden Deutschlands. Fast alle Anderen habenihre Tore geschlossen. Wir führen die Philosophisch-TheologischeHochschule in Frankfurt/Mainund die Hochschule für Philosophiein München. An ihnen studieren Frauenund Männer, die später in ganz verschiedenenBerufen tätig sein werden.Fast alle katholischen Orden kamen nicht umhin,ihre akademischen Einrichtungen wegenMangels an Studenten zu schließen. Wir <strong>Jesuiten</strong>betreiben sie weiterhin – sogar mit einigemErfolg –, weil wir der Überzeugung sind, dassdie wissenschaftliche Reflexion auf derGrundlage des christlichen Glaubens gerade inder heutigen Zeit außerordentlich nötig ist.Wir wollen mit Philosophie und Theologie einenBeitrag dazu leisten, dass Europa auch im21. Jahrhundert nicht nur technokratisch führendbleibt, sondern auch in Fragen der Weltanschauung,der wissenschaftlichen Reflexionund des christlichen Glaubens.Dieser Einsatz kostet sehr viel Kraft und Geld.Wenn Sie mit uns der Meinung sind, dass dieseEinrichtungen fortgeführt werden sollen, dannsind Sie sicher auch bereit, nach Ihren Möglichkeitenzu helfen. Dafür danken wir Ihnenjetzt schon ganz herzlich. Die Leitung desOrdens führt einen Fonds zur Erhaltung undFörderung der beiden Hochschulen. Wirschicken Ihnen gerne auf Anfrage genauere Informationen.Herzlichen DankEberhard von Gemmingen SJFreunde der Gesellschaft Jesu e.V.Ligabank BLZ 750 903 00Konto 2 121 441Tel. 089/38185213 Fax 089/38185252Für Spenden ab 10 Euro erhalten Sie aufWunscheine steuerwirksame Zuwendungsbestätigung.34 <strong>Jesuiten</strong> Freunde der Gesellschaft Jesu


Bitte an der Perforation abtrennenÜberweisungsauftrag / Zahlschein(Name und Sitz des beauftragten Kreditinstituts) (Bankleitzahl)Benutzen Sie bitte diesen Vordruckfür die Überweisung des Betrages vonIhrem Konto oder zur Bareinzahlung.Den Vordruck bitte nicht beschädigen,knicken oder bestempeln.Empfänger (max. 27 Stellen)FREUNDE GESELLSCHAFT JESU E.V.Konto-Nr. des EmpfängersBankleitzahl2121441 LIGA Bank eG75090300S P E N D ESpendefür den <strong>Jesuiten</strong>ordenName des Spenders: (max. 27 Stellen) ggf. VerwendungszweckPLZ und Straße des Spenders: (max. 27 Stellen)Kontoinhaber / Spender: Name, Ort (max. 27 Stellen)E U RBetragKonto-Nr. des Kontoinhabers19Bitte geben Sie fürdie Spendenbestätigungdeutlich lesbarIhren Namen undIhre Anschrift an.Datum UnterschriftBitte geben Sie auf dieser ZuwendungsbestätigungIhren Namen mit Anschrift an.Beleg für Kontoinhaber / SpenderKonto-Nr. des AuftraggebersEmpfängerFreunde der Gesellschaft Jesu e.V.Konto Nr. bei2 121 441 LIGA Bank eGVerwendungszweck EURKontoinhaber / SpenderDatumDer Beleg gilt als Spendenbescheinigungfür Zuwendungen bis zu EUR 200,00 nur in Verbindungmit Ihrem Kontoauszug oder dem Kassenstempeldes Geldinstituts.(Quittung des Kreditinstituts bei Bareinzahlung)I


BestätigungDer Verein „Freunde der Gesellschaft Jesu“ist durch Bescheinigung des FinanzamtesMünchen vom 23.07.2009 (St.Nr. 143/240/20676) als ausschließlich und unmittelbarreligiösen Zwecken dienend anerkannt.Wir bestätigen, dass wir den uns zu gewen -deten Betrag ausschließlich zur Förderungder Deutschen Provinz der <strong>Jesuiten</strong> und ihrerProjekte verwenden.Bei Spenden ab EUR 10,00 erhalten Sie vonuns unaufgefordert eine Spendenbescheini -gung.Freunde der Gesellschaft Jesu e.V.Seestraße 1480802 München


<strong>Jesuiten</strong>ImpressumStandorte der <strong>Jesuiten</strong>in DeutschlandJESUITENInformationender Deutschen Provinzder <strong>Jesuiten</strong>an unsere Freundeund Förderer63. Jahrgang 2012/2ISSN 1613-3889Herausgeberund Copyright:© Deutsche Provinzder <strong>Jesuiten</strong> K.d.ö.R.Redaktionsleitung:Klaus Mertes SJRedaktion:Dr. Thomas Busch(Chef vom Dienst)Holger Adler SJBernd Hagenkord SJBernhard Knorn SJSimon Lochbrunner SJRichard Müller SJ(Bildredaktion)Tobias Specker SJMartin Stark SJJohann Spermann SJTobias Zimmermann SJPatrick Zoll SJAnschrift:Redaktion JESUITENSeestraße 1480802 MünchenTel 089 38185-213Fax 089 38185-252redaktion@jesuiten.orgwww.jesuiten.orgLayout:Margot KrottenthalerLeporello Company,DachauSatz und Reproduktionen:Martina Weininger, MünchenDruck:Gebrüder GeiselbergerGmbH, AltöttingPrinted in GermanyErscheinungsweise:Viermal im JahrAbonnement kostenlosNachdruck nach Rücksprachemit der Redaktion


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