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Recht und Revolution in Italien im 19. Jahrhundert - wana.at

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<strong>in</strong> 2. Instanz bei e<strong>in</strong>em Appell<strong>at</strong>ionsgericht angefochten werden, dessen Urteile wiederum <strong>in</strong> 3. Instanzbe<strong>im</strong> Kass<strong>at</strong>ionsgerichtshof. Der Appell<strong>at</strong>ionsgerichtshof h<strong>at</strong>te die Möglichkeit, die Entscheidung desKass<strong>at</strong>ionsgerichtshofs aufgr<strong>und</strong> von Auffassungsunterschieden h<strong>in</strong>sichtlich der Auslegung e<strong>in</strong>esGesetzes zu annullieren, wonach die Partei wiederum das Kass<strong>at</strong>ionsgericht anrufen konnte. Lehntedas Appell<strong>at</strong>ionsgericht auch nach der zweiten Annullierung die Entscheidung des Kass<strong>at</strong>ionsgerichtesab, so wurde das Gesetz als „zweifelhaft“ e<strong>in</strong>gestuft, <strong>und</strong> die Entscheidung authentisch der politischenGewalt überlassen. Die Befürworter des alten Systems, des „doppelt konformen Urteils“, sahen dar<strong>in</strong>e<strong>in</strong>e unzulässige E<strong>in</strong>mischung des Gesetzgebers <strong>in</strong> die <strong>Recht</strong>sprechung. 26 Nach dem System des„doppelt konformen Urteils“ war e<strong>in</strong>e Berufung erst dann nicht mehr möglich, wenn zweivollkommen konforme Urteile erlangt worden waren. Solange die Berufungs<strong>in</strong>stanz mit dem Urteilder niedrigeren Instanz nicht konform g<strong>in</strong>g, konnte die andere Partei neuerlich berufen, <strong>und</strong> e<strong>in</strong>eandere Kammer h<strong>at</strong>te zu entscheiden. Dies führte zu erheblichen Verfahrensverlängerungen, bei denendie wirtschaftlich stärkere Partei den „längeren Atem“ behielt, was zu großen Ungerechtigkeitenführte. Als noch schl<strong>im</strong>mer wurde die Auslieferung an die Willkür der Richter empf<strong>und</strong>en, da sie <strong>in</strong>diesem Modell vollkommen unabhängig von der regierenden Gewalt waren. 27Die Regierung Neapels hielt am französischen Modell fest, das bis zur italienischen E<strong>in</strong>heit <strong>im</strong>Jahr 1861 nicht mehr verändert wurde. 28d.) ZivilrechtDas von Napoléon wesentlich mitgestaltete französische Zivilgesetzbuch, der Code Civil oderCode Napoléon von 1804, stellte e<strong>in</strong>e Art Ausgleich zwischen den Gewohnheitsrechten, demRömischen <strong>Recht</strong>, den sozioökonomischen Anforderungen jener Zeit <strong>und</strong> den Gr<strong>und</strong>sätzen der<strong>Revolution</strong> dar, weshalb er sich auch verhältnismäßig e<strong>in</strong>fach <strong>in</strong> das italienische <strong>Recht</strong> e<strong>in</strong>fügen ließ. 29Er gelangte <strong>in</strong> allen Teilen <strong>Italien</strong>s ebenso wie der „Code de Commerce“ zur Anwendung, wodurchNapoléon zur Kont<strong>in</strong>uität des italienischen <strong>Recht</strong>s e<strong>in</strong>en wesentlichen Beitrag leistete. Der CodeNapoléon war <strong>in</strong> <strong>Italien</strong> fast ohne Protest übernommen <strong>und</strong> bis zum Entstehen des italienischen„Codice civile“ von 1865 beibehalten worden. Die historische Entwicklung des italienischen <strong>Recht</strong>swurde durch ihn nicht unterbrochen, sondern vielmehr fortgesetzt, da beides – französisches wieitalienisches Zivilrecht – auf e<strong>in</strong>er geme<strong>in</strong>samen Basis fußen, nämlich dem römischen <strong>Recht</strong>. 3026 Ebd., S. 293.27 Ebd., S. 294.28 Ebd., S. 295.29 BENEDUCE, Pasquale, "Traduttore-traditore". Das französische Zivilrecht <strong>in</strong> <strong>Italien</strong> <strong>in</strong> den Handbüchernder <strong>Recht</strong>swissenschaft <strong>und</strong> -praxis, <strong>in</strong>: Schulze (Hrsg.), Französisches Zivilrecht <strong>in</strong> Europa während des <strong>19.</strong>Jahrh<strong>und</strong>erts, Berl<strong>in</strong> 1994, S. 224.30 Ebd., S. 214-215.<strong>Recht</strong> <strong>und</strong> <strong>Revolution</strong> - Risorg<strong>im</strong>ento Seite 8

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