8entgegenwirkt. Kirchen, die <strong>von</strong> diesem konkreten Ort des Dreieinigen Gottes fern bleiben, können nicht <strong>von</strong> sichbehaupten, treue Kirchen zu sein.Im Kontext der neoliberalen <strong>Globalisierung</strong> sind die Kirchen aufgerufen, ihren Glauben ausdrücklich <strong>und</strong> öffentlichin Wort <strong>und</strong> Tat zu bekennen. Die Kirchen können ihre Glaubenstreue zum Ausdruck bringen, indem sie:♦ ihre Nachfolge Jesu mit dem hohen Preis des Märtyrertums bezahlen;♦ mit einer klaren Glaubensverpflichtung reagieren, wenn die Integrität des Evangeliums durch die Mächte derUngerechtigkeit <strong>und</strong> der Zerstörung auf dem Spiel steht; ihren Glauben durch ein klares „NEIN!“ gegenüberMächten <strong>und</strong> Gewalten bekennen;♦ an der Gemeinschaft (koinonia) des Dreieinigen Gottes für ein Leben in Fülle teilnehmen;♦ in der Gegenwart <strong>von</strong> Gottes Geist, der mit der Schöpfung seufzt (Röm 8,22-23), die Nöte <strong>und</strong> Schmerzen <strong>von</strong><strong>Menschen</strong> <strong>und</strong> <strong>Erde</strong> mitleiden;♦ mit den Völkern <strong>und</strong> allen Geschöpfen Gottes einen B<strong>und</strong> der Gerechtigkeit <strong>und</strong> des Lebens schließen;♦ sich mit den notleidenden <strong>Menschen</strong> <strong>und</strong> der <strong>Erde</strong> solidarisieren <strong>und</strong> gegen die Mächte der Ungerechtigkeit <strong>und</strong>der Zerstörung Widerstand leisten.Als treues Volk Gottes werden die Kirchen gemeinsam zu einer Bewegung, welche die Spiritualität des Lebens um derganzen <strong>Erde</strong>ngemeinschaft willen ann<strong>im</strong>mt. Dazu ist es notwendig, vom dynamischen <strong>und</strong> kreativen Geist Gottes in derWelt Zeugnis abzulegen.Doch zu jedem Zeitpunkt in der Geschichte können wir einer solchen Berufung nur treu bleiben, wenn wir Selbstkritiküben. Dort wo wir Komplizen unterdrückender <strong>und</strong> ungerechter Systeme sind, müssen wir Buße tun. Verkündigung <strong>und</strong>Sakrament sind kompromittiert, wenn die Kirche Komplize ungerechter Herrschaftssysteme <strong>und</strong> der Zerstörung desLebens ist. Insofern geht es bei der Rolle der Kirchen angesichts der neoliberalen <strong>Globalisierung</strong> nicht nur umWortverkündigung <strong>und</strong> soziale Gerechtigkeit <strong>im</strong> <strong>Dienst</strong>e des Lebens. Ihre Aufgabe berührt vielmehr den Kern desbiblischen Auftrags an die Kirchen, nämlich Gottes Ruf zur Abkehr <strong>von</strong> Sünde <strong>und</strong> Tod zu verkünden <strong>und</strong> Gottes Reichder Gerechtigkeit <strong>und</strong> des Lebens für alle selbst zu verkörpern.Die Kirchen sind aufgerufen, sich dem Kampf um Gerechtigkeit anzuschließen, indem sie gegen ungerechte <strong>und</strong>destruktive Mächte Widerstand leisten <strong>und</strong> mit anderen Glaubensgemeinschaften, Kulturen <strong>und</strong> sozialen Bewegungeneine AGAPE-Gesellschaft aufbauen, ganz gleich ob der Kampf auf lokaler, regionaler, kontinentaler oder globaler Ebenestattfindet.Wollen wir unseren Glauben treu leben, so müssen wir unsere Ängste überwinden <strong>und</strong> versuchen, aus der Gefangenschaftauszubrechen. Kirchen müssen Gemeinschaften der Hoffnung sein, die eine neue Vision des Lebens anbieten <strong>und</strong> mitHilfe der Geisteskraft Gottes die Verzweiflung unter den <strong>Menschen</strong> vertreibt. Werden wir mit Gottes Gnade zur treuenGemeinschaft der Heiligen, welche die gute Nachricht der Liebe, der Gerechtigkeit <strong>und</strong> der Befreiung <strong>von</strong> Schulden <strong>und</strong>Zwangsarbeit für die ganze Welt verkündigt.Überall auf der Welt gibt es <strong>Menschen</strong>, die sich vom Neoliberalismus nicht haben vereinnahmen lassen; <strong>Menschen</strong>, dieneue Wege gef<strong>und</strong>en haben, um die <strong>von</strong> der neoliberalen <strong>Globalisierung</strong> verursachten Krisen zu überleben; <strong>Menschen</strong>,die das <strong>von</strong> Gott gegebene Recht, „Nein“ zu sagen, in Anspruch genommen haben <strong>und</strong> wieder Herr über ihr eigenesLeben sind. Diese blühende Vielfalt des Wirtschaftens steht <strong>im</strong> krassen Gegensatz zum einheitlichen Muster dermarktorientierten <strong>Globalisierung</strong>.Eine Wirtschaft, die auf Zusammenarbeit, Gegenseitigkeit <strong>und</strong> Solidarität beruht, ist eine Wirtschaft des Lebens, dennsie:♦♦♦♦überwindet soziale Spaltungen;verbindet <strong>Menschen</strong> <strong>und</strong> Ressourcen zum Wohle jedes Einzelnen <strong>und</strong> jeder Gruppe in der Gesellschaft;verlangt eine rechenschaftspflichtige Solidarität <strong>und</strong> anerkennt damit, dass wir untereinander <strong>und</strong> mit der ganzenSchöpfung aufs engste verb<strong>und</strong>en sind;schlägt Brücken, wo Gräben entstanden sind, <strong>und</strong> vereint was getrennt wurde;
9♦♦♦♦verlässt sich darauf, dass die <strong>Menschen</strong> selbstverantwortlich <strong>und</strong> fähig genug sind, um für ihren eigenenLebensunterhalt <strong>und</strong> den ihrer Gemeinschaft zu sorgen, ihre eigene Geschichte zu schreiben <strong>und</strong> ihre eigenenBegabungen <strong>und</strong> Potenziale zu entwickeln;ersetzt Kapital durch Arbeit, Wissen <strong>und</strong> Kreativität als treibende Kraft der wirtschaftlichen Tätigkeit;beruft sich bei der Entwicklungsplanung <strong>und</strong> –verwirklichung auf individuelle <strong>und</strong> soziale Rechte;ermöglicht es Einzelpersonen, Gemeinschaften <strong>und</strong> Nationen, gemeinsam eine <strong>Globalisierung</strong> auf der Basis derSolidarität aufzubauen.Die Wirtschaft des Lebens ist kein Selbstzweck, sondern ein Mittel zur Heilung <strong>und</strong> zur Weiterentwicklung desEinzelnen, der Gesellschaften <strong>und</strong> der <strong>Erde</strong>. Mit einer solchen Wirtschaft wird agape in die Praxis umgesetzt.