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Leistung der Windmühlenflügel - Mühle Nenndorf

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<strong>Mühle</strong>nfreunde Holtriem e. V.<strong>Leistung</strong> <strong>der</strong> <strong>Windmühlenflügel</strong>Datum: 24. Februar 2013Verfasser:Erich Böhm, <strong>Nenndorf</strong>Quellen: Werner Schnelle; Windmühlenbau (1. Auflage 1991)Böge: Das Techniker Handbuch (8. Auflage)Wikipedia; Windenergie (Stand: 24.02.2013)Fotos:Erich Böhm, <strong>Nenndorf</strong>Aufgabe:Berechnung <strong>der</strong> Flügelleistung einerHollän<strong>der</strong> Windmühle und die sich darausergebenden Schlussfolgerungen für die Praxis.Nachstehend werden unter Bezugnahme auf die angegeben Quellen vereinfacht dieWindverhältnisse an den Flügeln <strong>der</strong> <strong>Nenndorf</strong>er Windmühle (www.mühlenenndorf.de)behandelt und daraus resultierend die Flügelleistung <strong>der</strong> Windmühle amAchskopf <strong>der</strong> Flügelachse berechnet.1. Kurzbeschreibung <strong>der</strong> WindmühleBei <strong>der</strong> <strong>Nenndorf</strong>er Windmühle aus dem Jahre 1850 und nach einem Brand 1872 wie<strong>der</strong>aufgebaut, handelt es sich um einen zweistöckigen Galerie-Hollän<strong>der</strong> mit zwei Mahlgängenund einem Peldegang. Die <strong>Mühle</strong> hat eine Windrose.1.1. BauhöheDie Höhe des Flügelkreuzesvon <strong>der</strong> Erde aus beträgt 18 m(mittlere Höhe <strong>der</strong> Flügel).Die beson<strong>der</strong>en Einflüsse desWindes in dieser Höhe durchTurbulenzen o<strong>der</strong> Unstetigkeitdurch Böen bleibenunberücksichtigt.Eine gleichmäßige (laminare)Anströmung <strong>der</strong> Flügel vonvorn wird unterstellt.1Bild: 1


1.2. FlügelDie Flügelruten (Hausrute, Feldrute) <strong>der</strong> <strong>Nenndorf</strong>er <strong>Mühle</strong> sind aus Stahl.Die vier Flügel sind am Vorheck mit flachen Wind- und Sturmbrettern aus Holzausgestattet und das Achterheck mit Segel (Segeltuch) bespannbar.Bei <strong>der</strong> Berechnung werden <strong>der</strong> komplette Einbau von Wind- und Sturmbrettern sowiedie vollständige Segelbespannung (Vull Lien) <strong>der</strong> vier Flügel unterstellt.1.2.1. FlügelbelegungA1. Vull Seil2. Half Seil(Half Lien)3. Hooch-LienA. je 2 WindbretterB. je 1 SturmbrettB1.2.2. Maße eines FlügelsDer einzelne Flügel wird als vollständig geschlossene Fläche betrachtet.Halbe Rutenlänge (Radius <strong>der</strong> Flügelkreisfläche):r = 10,5 mAbstand des oberen Heckscheites vomAchskreuz:Breite des Vorhecks (bis Mitte Rute)Breite des Achterhecks (bis Mitte Rute)l 1 = 2,3 ml2 = 0,57 ml3 = 1,55 mAus den technischen Abmessungen <strong>der</strong> Flügel lassen sichberechnen:a. Flügelkreisfläche Akreis :(1) Akreis = r² [ in m² ]Akreis = 10,5 m * 10,5 m * 3,14Akreis = 346,2 m²b. Flügelfläche Aflügel (1 Flügel):(2) Aflügel = (r – l1) * (l2 + l3) [ in m² ]Aflügel = (10,5 m – 2,3 m) * (0,57 m + 1,55 m)Aflügel = 17,4 m 2 Bild: 22Bild: 3


2. WindDer Wind wird durch die Wahrnehmung <strong>der</strong> sich verän<strong>der</strong>nden Umgebung beschriebenund seine Geschwindigkeit mit Windmessern gemessen.Durch Böen und plötzliche Richtungsän<strong>der</strong>ungen kann sich <strong>der</strong> Wind in seiner Wirkung aufWindmühlen zeitlich begrenzt verstärken o<strong>der</strong> auch abschwächen.2.1. Windstärken und Windgeschwindigkeiten:Tabelle 1WindstärkeBeaufortkm/hm/sBezeichnungKennzeichen des Windes0


Für Windmühlen gelten folgende maximale Windstärken, mit denen noch ein gutbeherrschbarer Betrieb möglich ist:Kornwindmühlen Mahlgang 5 bis 6 Beaufort (maximal 7 Beaufort)Peldegang 6 bis 7 BeaufortWasserschöpfmühlen bis 8 Beaufort (maximal 9 Beaufort)Für den Betrieb von Kornwindmühlen durch Freiwillige Müller gelten folgende Richtwerte:1. Holland: bis 7 Beaufort2. Deutschland: bis 6 BeaufortFür den Betrieb <strong>der</strong> <strong>Nenndorf</strong>er <strong>Mühle</strong> liegt diegut beherrschbare Windgeschwindigkeit bei 8 bis 10m/s,(Windstärke 5 Beaufort)Für die Beurteilung, welche maximale Windstärke für die jeweils eigene Windmühlegeeignet bzw. zulässig ist, ist die Bauart Kappe mit Windrose o<strong>der</strong> Steert mit entscheidend.Windmühlen mit Windrose stehen immer voll im Wind.Windmühlen mit Steert können dosiert in die jeweilige Windrichtung gekröjt werden, sodass auch bei höheren Windstärken gearbeitet werden kann.2.2. Windverhältnisse:Aus langjährigen sorgfältigen Beobachtungen kennt man die Dauer des Windes mitnahezu gleichbleiben<strong>der</strong> Windgeschwindigkeit und die vorherrschende Windrichtung.Dauer des WindesTabelle 2Im JahrTageGeschwindigkeitm/s250 bis 290 3,0 bis 4,0170 bis 180 5,0110 bis 120 6,060 bis 70 7,02.3. WindrichtungTabelle 3WindrichtungTageSüd-West 67West 72Nord-West 48Nord-West 30Nord-Ost 35Ost 43Süd-Ost 32Süd 35Anmerkung:Die Tabellenwerte sind Durchschnittswerte, die ausBeobachtungen an windigen Standorten in Deutschlandgewonnen wurden.Die Werte sind für die weitere Berechnung nicht von Bedeutungson<strong>der</strong>n dienen lediglich <strong>der</strong> Orientierung, sie sind für <strong>Nenndorf</strong>nicht repräsentativ.4


3. Physikalische Eigenschaften <strong>der</strong> LuftDie Luft ist ein Gemisch verschiedener Gase, <strong>der</strong>en Moleküle eine von Druck undTemperatur abhängigen Abstand zu einan<strong>der</strong> haben.Bei steigendem Luftruck verringert sich <strong>der</strong> Molekülabstand, während er sich beisteigen<strong>der</strong> Temperatur zu vergrößert.Die wesentliche Abstandsverän<strong>der</strong>ung wird allerdings durch die sich än<strong>der</strong>ndeLufttemperatur hervorgerufen, weniger durch den sich än<strong>der</strong>nden Luftdruck.Aus dieser Erkenntnis folgt, dass das Volumen von 1 m 3 Luft bei tiefen Temperaturen imWinter am schwersten und bei hohen Temperaturen im Sommer am leichtestenist (siehe: Gesetz von Boyle-Mariotte und Gay Lussac).3.1. Richtwerte für die Luftdichte in Abhängigkeit von <strong>der</strong>Lufttemperatur in BodennäheDie Tabelle 4 gibt Richtwerte für dieLuftdichte ϱ in kg/m³ in Abhängigkeitvon <strong>der</strong> Lufttemperatur ϑ in °C unterstellt ingeringer geodätischer Höhe, wie es für dieBerechnung <strong>der</strong> Flügelleistung <strong>der</strong><strong>Nenndorf</strong>er <strong>Mühle</strong> näherungsweise undmit ausreichen<strong>der</strong> Genauigkeit angenommenwerden kann.Für die Berechnung wird näherungsweise eineLuftdichte vonϱ = 1,247 kg/m³bei einer Lufttemperatur vonϑ = 10 °Cunterstellt.Anmerkung:Auf die Auswirkungen <strong>der</strong> sich verän<strong>der</strong>ndenLuftdichte durch die schwankendenLufttemperaturen (z. B. Sommer und Winter)wird im Weiteren noch eingegangen. (siehe Diagramm 1)Tabelle 4Temperatur Luftdichteϑ in °C ϱ in kg/m³35 1,14630 1,16425 1,18420 1,20415 1,22510 1,2475 1,269±0 1,292−5 1,316−10 1,341−15 1,367−20 1,394−25 1,4223.2. LuftdruckDer Luftdruck hat Einfluss auf die Dichte <strong>der</strong> Luft. Allerdings ist <strong>der</strong> Einfluss im Verhältnis zurTemperatur für diese Berechnung gering, er wird deshalb bei <strong>der</strong> Flügelkreuzhöhe von 18 mvernachlässigt und nicht beson<strong>der</strong>s berücksichtigt.Mit <strong>der</strong> Festlegung <strong>der</strong> Luftdichte ϱ = 1,247 kg/m³ in Bodennähe ist <strong>der</strong> Luftdruck hinreichendgenau berücksichtigt.5Wichtig für den Müller:Der sich verän<strong>der</strong>nde Luftdruck hat Einfluss auf die bevorstehendenWindverhältnisse, z.B. bei schnell fallendem Luftdruck sind starkerWind, Sturm o<strong>der</strong> Orkan (Unwetter) und dadurch eine schnell zunehmendeWindgeschwindigkeit die Folge.


4. Windverhältnisse an den Flügeln <strong>der</strong> <strong>Mühle</strong>Wie je<strong>der</strong>mann beobachten kann und weiß, dass eine flache Holzplatte, die an einer drehbarenAchse dem Wind im rechten Winkel entgegengestellt wird, keine Drehbewegung ausführt,son<strong>der</strong>n eher umfällt. Erst wenn die Platte eine Verdrehung zum Wind erhält und <strong>der</strong> Windschräg zur Platte einfällt, kommt eine Drehbewegung zustande.<strong>Windmühlenflügel</strong> sind schräg gestellt und so geformt, dass <strong>der</strong> Wind vom unteren Flügelendezur Flügelachse und zusätzlich hinter den in <strong>der</strong> Drehbewegung kommenden Nachbarflügel,ohne auf Hin<strong>der</strong>nisse zu stoßen und Turbulenzen zu verursachen, gelenkt wird. Somit istgewährleistet, dass <strong>der</strong> Winddruck auf die gesamte Flügelfläche wirken und ungehin<strong>der</strong>tabströmen kann bzw. die Flügel sich in den Wind drehen können.Die Schrägstellung <strong>der</strong> Flügelachse um 10 Grad aus <strong>der</strong> Horizontalen begünstigt ebenfalls dieAusnutzung des einfallenden Windes. Je nach Windmühlentyp kann die Neigung <strong>der</strong>Flügelachse bis zu 17 Grad aus <strong>der</strong> Horizontalen betragen.Bild: 4Der Wind wird durch die Schrägstellung <strong>der</strong> Flügelhinter die sich drehenden Folgeflügel gelenkt,was das Abströmen des Windes begünstigt und denFolgeflügel nicht bremst.Auch die Kappe ist von <strong>der</strong> Form so gebaut, dass <strong>der</strong>Wind optimal abströmen kann. Gleiches gilt auchfür den hölzernen Achtkant, wobei die Ausdehnungdes hölzernen Achtkant im Bereich desUntertafelments im Wesentlichen von <strong>der</strong> Größedes Stirnrades und <strong>der</strong> einzurückenden Spillsbestimmt wird.Ist das ungestörte Abströmen des Windes über und hinter die Folgeflügel nicht gewährleistet,kommen z. B. Segel ins Flattern und damit Flügel in Schwingung. Das führt zu<strong>Leistung</strong>sverlusten und zusätzlich zu erhöhten, unzulässigen Materialbelastungen in denFlügeln, die sich auf die Kappe und den Achtkant übertragen.5. Einfluss <strong>der</strong> Flügelgröße(siehe Werner Schnelle, Windmühlenbau, Seite 22 ff.)„Wegen <strong>der</strong> besseren Windverhältnisse in den Küstenlän<strong>der</strong>n wurden um die Wende desvorletzten Jahrhun<strong>der</strong>ts (um 1900) in Dänemark umfangreiche Untersuchungen über die<strong>Leistung</strong>sfähigkeit des Windes durchgeführt. Die dänische Regierung beauftragte den Professorla Cour mit diesen Arbeiten.Die Untersuchungen wurden mit unterschiedlichen Versuchswindrä<strong>der</strong>n durchgeführt. Beidiesen Windrä<strong>der</strong>n bedeckte die Flügelfläche z. B. ein Drittel, ein Sechstel und ein Zwölftel <strong>der</strong>gesamten Kreisfläche, die die Flügel durchlaufen.So brachte das Flügelkreuzmit einer Flügelfläche von 11 m 2 eine <strong>Leistung</strong> von 1,8 PS,mit einer Flügelfläche von 30 m 2 eine <strong>Leistung</strong> von 1,7 PS,und mit einer Flügelfläche von 75 m 2 eine <strong>Leistung</strong> von 1,6 PS.6


Dies bedeutet, je offener ein Flügelwerk ist, umso besser wird <strong>der</strong> Wind ausgenutzt.Die Schlussfolgerungen von Professor la Cour waren, dass die alte Windmühlenform mit den vierFlügeln die <strong>Leistung</strong>sfähigkeit des Windes am besten ausnutzt.“Die Flügelform, Flügelgröße und Schrägstellung von Vor- und Achterheck an den Windmühlenergab sich aus den Beobachtungen und Erfahrungen <strong>der</strong> Müller, die ihre Erkenntnis an den<strong>Mühle</strong>nbauer weitergaben. Der setzte sie dann beim Bau neuer Windmühlen um. So ergabensich über die Jahrhun<strong>der</strong>te eine optimierte Flügelform und damit verbunden auch dieSchrägstellung <strong>der</strong> Flügelachse um 10° gegenüber <strong>der</strong> Horizontalen.Traditionell wurden die <strong>Mühle</strong>n mit 4 Flügeln gebaut, <strong>Mühle</strong>n mit 5 Flügeln sind die selteneAusnahme.Setzt man bei <strong>der</strong> <strong>Nenndorf</strong>er <strong>Mühle</strong> die Flügelfläche ins Verhältnis zur Flügelkreisfläche, sieheRechnungen (1)und (2) ergibt sich einVerhältnis von 1 : 20also ein strömungstechnisches günstiges Verhältnis.Die Flügel <strong>der</strong> <strong>Nenndorf</strong>er <strong>Mühle</strong> sind in <strong>der</strong> Vergangenheit mehrfach umgebaut worden(Jalousien – Segel, Holzruten mit Bruststücken und Flügelrute, heute Stahlruten aus Corten-Stahl). Da die <strong>Mühle</strong> nicht mehr gewerbsmäßig betrieben wird, kann man davon ausgehen, dassdie Flügelform und –konstruktion nicht unbedingt optimiert wurde. Trotzdem weist dasFlügelverhältnis ein günstiges aus.6. Berechnung <strong>der</strong> <strong>Leistung</strong> des Windes6.1. GrundlagenDie aus dem Windangebot umsetzbare <strong>Leistung</strong> lässt sich aus dem kinetischen<strong>Leistung</strong>sangebot des Massenstromes (Wind) errechnen.Bei <strong>der</strong> anfänglichen Betrachtung bleibt <strong>der</strong> Wirkungsgrad <strong>der</strong> Flügel unberücksichtigt.Kinetisches <strong>Leistung</strong>sangebot des Windes:(3) P = ½ ṁ v 2Es sindP <strong>Leistung</strong> in W (Watt)ṁ Massenstrom in kg/s (Kilogramm pro Sekunde)v Windgeschwindigkeit in m/s (Meter pro Sekunde)Der Massenstrom (in Kilogramm pro Sekunde) beschreibt die Luftmasse, die pro Zeiteinheit aufdie Flügelfläche trifft.Für den Massenstrom gilt:(4) ṁ = ϱ v A7Es sind:ṁ Massenstrom in kg/s (Kilogramm pro Sekunde)ϱ Luftdichte in kg/m 3 (Kilogramm pro Kubikmeter)v Windgeschwindigkeit in m/s (Meter pro Sekunde)A Flügelfläche, auf die <strong>der</strong> Wind trifft, in m (Quadratmeter)


Aus (3) und (4) ergibt sich die theoretische kinetische <strong>Leistung</strong> P theoretisch des Windes, <strong>der</strong> aufdie Flügelfläche A mit <strong>der</strong> Windgeschwindigkeit v trifft:(5) P theoretisch = ½ ϱ A v 3Es sind:P theoretisch theoretische Flügelleistung in W (Watt)ϱ Luftdichte in kg/m 3A Flügelfläche, auf die <strong>der</strong> Wind trifft, in m 2v Windgeschwindigkeit in m/s6.2. WirkungsgradBei <strong>der</strong> weiteren Betrachtung <strong>der</strong> Windleistung muss <strong>der</strong> Wirkungsgrad η <strong>der</strong> Flügelberücksichtigt werden. Reibungsverluste des Windes an den Flügeln, die Umlenkverluste desWindstromes an den Flügeln und Strömungsverluste an den rauen Kanten verringern die<strong>Leistung</strong>, die tatsächlich an <strong>der</strong> Flügelwelle als nutzbare Flügelleistung zur Verfügung steht.Der Wirkungsgrad ist das Verhältnis von nutzbarer Flügelleistung P nutz und theoretischerFlügelleistung P theoretisch .(6) η =Es sind: η WirkungsgradP nutz nutzbare Flügelleistung in W (Watt)theoretische Flügelleistung in W (Watt)P theoretischDer Wirkungsgrad η ist eine dimensionslose Zahl und kleiner als 1!Die Untersuchungen des dänischen Wissenschaftlers Professor la Cour haben ergeben, das einWirkungsgrad vonη = 0,53beim Versuchsobjekt gegeben war.(siehe Werner Schnelle, Windmühlenbau, Seite 23, ff.)Im Versuchsfall war die nutzbare Flügelleistung nur 53% von <strong>der</strong> theoretischen Flügelleistung.6.3. Nutzbare FlügelleistungAus (6) ergibt sich:P nutz = η P theoretischZur Bestimmung <strong>der</strong> nutzbare Flügelleistung P nutz ist die Formel (5) um den Wirkungsgrad η zuerweitern. Somit ergibt sich aus (5) und (6):(7) P nutz = ½ η ϱ A v 3Es sind:P nutz nutzbare Flügelleistung in W (Watt)η Wirkungsgrad <strong>der</strong> Windflügelϱ Luftdichte in kg/m 3A Flügelfläche, auf die <strong>der</strong> Wind trifft, in m 2v Windgeschwindigkeit in m/s8


6.4. Wirkungsgrad <strong>der</strong> <strong>Windmühlenflügel</strong> <strong>der</strong> <strong>Nenndorf</strong>er <strong>Mühle</strong>Für die weitere Berechnung <strong>der</strong> nutzbaren Flügelleistung P nutz wird für die <strong>Nenndorf</strong>er <strong>Mühle</strong>ein Wirkungsgrad vonη = 0,5unterstellt.Der genaue Wirkungsgrad <strong>der</strong> <strong>Nenndorf</strong>er <strong>Mühle</strong> lässt sich nur durch einen Versuchsaufbauund Messungen an <strong>der</strong> Flügelachse bestimmen.6.5. RechnungDie physikalischen Werte des Windes, die in den vorstehenden Ausführungen angenommenwurden, sind fürη Wirkungsgrad <strong>der</strong> Windflügel : 0,5ϱ Luftdichte in kg/m 3 : 1,247 kg/m 3A Flügelfläche, auf die <strong>der</strong> Wind trifft, in m 2 : 17,4 m 2 pro Flügelv Windgeschwindigkeit in m/s : 8 m/swerden diese Werte in die Formel (7) eingesetzt, ergibt sich:P nutz = ½ x 0,5 x 1.247 kg/m 3 x 4 x 17,4 m 2 x (8 m/s) 3als Ergebnis die nutzbare Flügelleistung in Watt (W)o<strong>der</strong>P nutz = 11.109,3 WP nutz = 11,1 kW6.6. ErgebnisDie nutzbare kinetische Windleistung an <strong>der</strong> Flügelachse beträgt unter den angenommenenphysikalischen Windbedingungen11,1 kW.(Die <strong>Leistung</strong>sangaben wurde früher in Pferdestärken (PS) angegeben. Die nutzbare kinetischeWindleistung an <strong>der</strong> Flügelachse beträgt 15,1 PS.)Die Rechnung ergibt nur einen Arbeitspunkt <strong>der</strong> <strong>Mühle</strong> wie<strong>der</strong>. Der Wind weht aber an denverschiedenen Tagen mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten (siehe Tabellen 2 und 3).Somit ist die nutzbare Flügelleistung bei höheren Windgeschwindigkeiten größer.Die Abhängigkeit <strong>der</strong> nutzbaren Flügelleistung von <strong>der</strong> Windgeschwindigkeit lässt sich ambesten in einem Diagramm veranschaulichen.9


Flügelleistung P nutz in kW7. Diagramm (in kW)Das Diagramm 1 zeigt die Abhängigkeit <strong>der</strong> nutzbaren Flügelleistung P nutz in kW von <strong>der</strong>Windgeschwindigkeit v in m/s bei unterschiedlichen Lufttemperaturen.Erklärung:Die Tabelle 4 zeigt die Abhängigkeit <strong>der</strong> Luftdichte von <strong>der</strong> Lufttemperatur.So liegt im Diagramm 1 für dieKennlinie ϑ = 30 °C eine Lufttemperatur von ϑ = 30 °C mit einer Luftdichte ϱ mit 1,164 kg/m³Kennlinie ϑ = 5 °C eine Lufttemperatur von ϑ = 5 °C mit einer Luftdichte ϱ mit 1,269 kg/m³Kennlinie ϑ = -20 °C eine Lufttemperatur von ϑ = -20 °C mit einer Luftdichte ϱ mit 1,394 kg/m³zugrunde.Diagramm 190,080,070,0Flügelleistung P nutz in Abhängigkeit von <strong>der</strong>Windgeschwindigkeit v60,050,040,030,0Lufttemperaturϑ = 30 °Cϑ = 5 °Cϑ = - 20 °C20,010,00,00 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15Windgeschwindigkeit v in m/sBei einer Windgeschwindigkeit von 10 m/s (Windstärke 5-6) und einer Lufttemperatur von 5 °Cbeträgt die <strong>Leistung</strong> <strong>der</strong> <strong>Windmühlenflügel</strong> 22,1 kW.10


Flügelleistung Pnutz in PS8. Diagramm (in PS)Für die Vorstellung <strong>der</strong> Flügelleistung kann die Angabe in PS (alte gebräuchliche Maßeinheit)hilfreicher sein.Das Diagramm 2 zeigt die Abhängigkeit <strong>der</strong> nutzbaren Flügelleistung P nutz in PS von <strong>der</strong>Windgeschwindigkeit v in m/s bei unterschiedlichen Lufttemperaturen.(PS ist eine alte, für die Müller verständlichere <strong>Leistung</strong>sangabe: 0,735 kW entsprechen einerPferdstärke PS)Erklärung:Die Tabelle 4 zeigt die Abhängigkeit <strong>der</strong> Luftdichte von <strong>der</strong> Lufttemperatur.So liegt im Diagramm 2 für dieKennlinie ϑ = 30 °C eine Lufttemperatur von ϑ = 30 °C mit einer Luftdichte ϱ mit 1,164 kg/m³Kennlinie ϑ = 5 °C eine Lufttemperatur von ϑ = 5 °C mit einer Luftdichte ϱ mit 1,269 kg/m³Kennlinie ϑ = -20 °C eine Lufttemperatur von ϑ = -20 °C mit einer Luftdichte ϱ mit 1,394 kg/m³zugrunde.Diagramm 2120,0Flügelleistung P nutz in Abhängigkeit von <strong>der</strong>Windgeschwindigkeit v100,080,0Lufttemperaturϑ = 30 °C60,0ϑ = 5 °Cϑ = -20 °C40,020,00,00 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15Windgeschwinigkeit v in m/sBei einer Windgeschwindigkeit von 10 m/s (Windstärke 5-6) und einer Lufttemperatur von 5 °Cbeträgt die <strong>Leistung</strong> <strong>der</strong> <strong>Windmühlenflügel</strong> 30,0 PS.11


129. DiskussionIn <strong>der</strong> Folge soll <strong>der</strong> Versuch unternommen werden, die Ergebnisse <strong>der</strong> Rechnung mit denangenommenen physikalischen Windeigenschaften für den praktischen Gebrauch nutzbar zumachen. Dabei wird die <strong>Nenndorf</strong>er <strong>Mühle</strong> mit ihrer anlagentechnischen Ausgestaltung alsGrundlage genommen.WindrichtungDie <strong>Nenndorf</strong>er <strong>Mühle</strong> hat eine Windrose, die die Kappe und damit die Flügel automatischimmer in die volle Windrichtung stellt und damit für den größtmöglichen Antrieb durch dieFlügel sorgt.Bei <strong>Mühle</strong>n mit Steert werden die Flügel von Hand in den Wind gedreht. Damit ist eineDosierung des Winddruckes auf die Flügel, also auch eine Vermin<strong>der</strong>ung, möglich.Der Betrieb einer Windmühle mit Windrose und Segel auf den Flügeln setzt Weitsicht bei <strong>der</strong>Wetterbeurteilung und unverzügliche Reaktion durch den Müller bei schnellenWindän<strong>der</strong>ungen voraus.WindgeschwindigkeitDie optimale Windgeschwindigkeit liegt bei Windstärke 5 bis maximal 6 Beaufort, die gutbeherrschbare Windgeschwindigkeit bei 10 Meter pro Sekunde. Darüber hinaus ist <strong>der</strong> Betrieb<strong>der</strong> <strong>Nenndorf</strong>er Windmühle mit Segelbespannung sehr kritisch.Die Windgeschwindigkeit beeinflusst die Flügelleistung mit <strong>der</strong> dritten Potenz, das heißt eineZunahme des Windes um 15 % von 7 auf 8 m/s hat eine <strong>Leistung</strong>ssteigerung um 50 % zur Folge(siehe Formel (6).Umdrehungszahl <strong>der</strong> FlügelachseDie Umdrehungszahl <strong>der</strong> Flügelachse ist abhängig von <strong>der</strong> Belastung <strong>der</strong> <strong>Mühle</strong>. Mitzunehmen<strong>der</strong> Last verringert sich die Umdrehungszahl.Bei zunehmenden Wind und gleich bleiben<strong>der</strong> Last erhöht sich die Drehzahl <strong>der</strong> Flügel.Die Umdrehungszahl <strong>der</strong> Flügelachse sollte 20 Umdrehungen pro Minute, das sind 15Flügelschläge pro 15 Sekunden, nicht überschreiten.Der Müller zählt die Flügelschläge, weil er den Flügelschatten beim Mahlen in <strong>der</strong> <strong>Mühle</strong> sehenkann.WirkungsgradDer Wirkungsgrad <strong>der</strong> Flügel und des Flügelachsensystems ist ohne Messung nicht zubestimmen. Als Näherung dienen Annahmen, die dem tatsächlichen Wirkungsgrad sehr nahekommen. Bei <strong>der</strong> <strong>Nenndorf</strong>er <strong>Mühle</strong> wurde ein Wirkungsgrad von η = 0,5 unterstellt.Allerdings ist <strong>der</strong> Wirkungsgrad über den gesamten <strong>Leistung</strong>sbereich keine konstante Größe, ernimmt mit steigen<strong>der</strong> Drehzahl <strong>der</strong> Flügel und damit bei hohen Windgeschwindigkeiten ab, dadie Strömungsverluste des Windes über die Flügel größer werden.<strong>Leistung</strong> <strong>der</strong> FlügelEntscheidend wird die <strong>Leistung</strong> von <strong>der</strong> Flügelfläche bestimmt, die sich dem Windentgegenstellt.


Die Flügelfläche <strong>der</strong> <strong>Nenndorf</strong>er <strong>Mühle</strong> wird von <strong>der</strong> Art <strong>der</strong> Segelbespannung (z. B. Half Lien,Vull Lien) o<strong>der</strong> dem Einlegen <strong>der</strong> Sturmbretter bestimmt.Während des Betriebes mit Segeltuch kann die Flügelfläche, wie es bei Jalousien <strong>der</strong> Fall ist,nicht verän<strong>der</strong>t werden. Eine Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Segelbespannung ist nur im Stillstand möglich.Das hat zur Folge, dass <strong>der</strong> Müller bei aufkommenden Böen o<strong>der</strong> Gewitter unverzüglich und imVoraus handeln muss.Da die Flügelfläche linear in die Berechnung <strong>der</strong> Flügelleistung eingeht, bedeutet dieVerringerung <strong>der</strong> Flügelfläche um die Hälfte durch Einholen <strong>der</strong> Segel auch eine Reduzierung<strong>der</strong> Flügelleistung auf die Hälfte.Dichte <strong>der</strong> LuftDie Dichte <strong>der</strong> Luft wird durch die Lufttemperatur bestimmt (siehe Tabelle 4).Die Dichte <strong>der</strong> Luft ist im Winter bei tiefen Temperaturen wesentlich höher als beisommerlichen Temperaturen. Die höhere Luftdichte im Winter von 1,37 kg/m 3 gegenüber demSommer von 1,20 kg/m 3 (Zunahme um 15 %) hat auch eine <strong>Leistung</strong>ssteigerung von 15 % zurFolge.Kalte Ostwinde sind in <strong>der</strong> Regel gleichmäßig und weniger böig als die Winde im Sommer.Der Winter mit kräftigen kalten Ostwinden war bei den Müllern zum Pellen von Getreidebeliebt und das aus zwei Gründen.Erstens: Die Flügelleistung war höher, was beim Pellen von Vorteil ist.Zweitens: Der Pellvorgang erwärmte das gepellte Getreide, die Grütze.Die warmen Säcke mit <strong>der</strong> Grütze waren für den Müller in <strong>der</strong>kalten <strong>Mühle</strong> so gut wie heute eine Rheumadecke, auf die erseinen kalten Körper während des Pellvorganges erwärmenkonnte.10. SchlußbemerkungFür Anregungen, Verbesserungen o<strong>der</strong> Korrekturen ist <strong>der</strong> Verfasser dankbar.Email an: muehlenfreunde@mühle-nenndorf.deCopyright: Erich Böhm, <strong>Mühle</strong>nfreunde Holtriem e. V.13

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