LANDESGESCHÄFTSSTELLE TIROLÖSK - Ausgabe 2/2013 • 46Kriegsgräb- ein Bericht der LandÖSK-Kurator Dr. Franz Birkfellner mit russischen TeilnehmernGedenkfeier für sowjetischeGefallene am Amraser FriedhofDie diesjährige, von einem orthodoxen Priester zelebrierteGedenkfeier für die im Zweiten Weltkrieg gefallenen oderin Gefangenschaft umgekommenen sowjetischen Soldatenund Soldatinnen fand am Mittwoch, dem 8. Mai 2013, um10.00 Uhr, an der Sowjetischen Gedenkstätte des MilitärfriedhofsAmras statt.Auf Einladung nahm in Vertretungdes LandesgeschäftsführersHermann Hotter derKurator des <strong>Österreichische</strong>n<strong>Schwarze</strong>n <strong>Kreuz</strong>es, LandesgeschäftsstelleTirol, Dr. FranzBirkfellner, an dieser Gedenkfeierteil. Er legte als Zeichender Ehrerbietung ein Blumengesteckan der GedenkstätteRussische Gedenkstätte am Amraser Friedhofnieder. Von den anwesendenPersonen wurden das Engagementund die Teilnahmeeines Vertreters des <strong>Österreichische</strong>n<strong>Schwarze</strong>n <strong>Kreuz</strong>es,Landesgeschäftsstelle Tirol,an der Gedenkfeier in höchstemMaße gelobt.Dr. Franz Birkfellner,ÖSK-KuratorBilder: Dr. BirkfellnerÖsterreich war der erste und einzige Staat, der nochwährend des Krieges (Erster Weltkrieg) eine Organisationschuf, die sich mit den Schlachtfeldern beschäftigte.Es gab die sogenannte „Schlachtfeldaufräumung“. Diesführte auch im Dezember 1915 zur Aufstellung einer eigenenKriegsgräberabteilung im k. u. k. Kriegsministerium.1916 wurde des Weiteren unter dem Protektorat von KaiserFranz Josef die „Aktion zum Schutz und zur Pflege derKriegsgräber“ geschaffen. Die neu eingerichtete Kriegsgräberabteilungim Kriegsministerium sollte, generell gesehen,entsprechende Bestimmungen schaffen und Kontaktemit den in- und ausländischen, militärischen Stellen(Verbündete) pflegen, sowie letztlich Verhandlungen zurAnlage von Soldatenfriedhöfen führen.Daraus ergab sich als weitererSchritt, dass per Erlass dieGrundsätze und Maßnahmenfür die Kriegsgräberfürsorgefestgelegt wurden.Nach dem Zerfall der österreichisch-ungarischenMonarchiefanden jedwede Aktionenim Sinne der Kriegsgräberfürsorgeein Ende. Im Jahre1919 jedoch wurde durch denUnterstaatssekretär für HeerwesenDr. Erwin Weihs mitUnterstützung von Nationalratsabgeordnetenund ehemaligenOffizieren das „<strong>Österreichische</strong><strong>Schwarze</strong> <strong>Kreuz</strong>“ gegründet.Dr. Erwin Weihs warbis zu seinem Tode im Jahre1959 dessen Präsident.Zur gleichen Zeit, d. h. imJahre 1919, wurde auch dieLandesgeschäftsstelle Tirolgegründet, deren Leiterder Gymnasialprofessor Dr.Reinhold Reinalter war. Wirerlauben uns in der Folge ausder hervorragenden Dissertationzum Dr. phil. von Mag.phil. Thomas Reichl aus demJahre 2007 mit dem Titel „<strong>Das</strong>Kriegsgräberwesen Österreich– Ungarn im Weltkriegund die Obsorge in der RepublikÖsterreich" auszugsweisezu zitieren: „Anders als inden übrigen Bundesländernbefinden sich in Tirol weitmehr Gefallene aus der Zeitvor 1914 als aus der Zeit desErsten Weltkriegs. In insgesamt78 Kriegsgräberanlagenbefinden sich 11.804 Gefalleneaus der Zeit vor und lediglich7.329 aus der Zeit des ErstenWeltkriegs, gesamt also 19.133Soldaten. Nordtirol war imGegensatz zu Ost- und Südtirolaber gleich der meistenanderen Bundesländer auchwährend des Ersten Weltkriegsnicht Frontgebiet. Aus diesemGrund befanden sich in Nordtirollediglich Lazarett- undKriegsgefangenenfriedhöfe.“Während in Nordtirol dieSoldatenfriedhöfe in ihremursprünglichen Zustand belassenwurden, kam es beiden Friedhöfen entlang derehemaligen Südfront, nunitalienisches Staatsgebiet,zu Verlegungen und Umbettungenund auch dazu, dassSoldatenfriedhöfe aufgelöstwurden. Diese Aktionen warenpolitisch begründet undwaren auch ein Versuch, dieneue Grenzziehung historischzu untermauern.UmbettungsphasenAn der ehemaligen russischenFront, im polnischen und galizischenRaum, kam es aufGrund der großen Anzahlvon Soldatenfriedhöfen derdeutschen, österreichischungarischenund russischenArmeen zu drei Umbettungsphasenin der Zeit zwischen1916 und 1939. In der ersten
LANDESGESCHÄFTSSTELLE TIROLerfürsorgeesgeschäftsstelle TirolWiedereinweihung des Friedhofes Cherneve: Die ukrainische und dieösterreichische Delegation auf dem Weg zur KranzniederlegungPhase von 1916 bis 1918 hatdie Kriegsgräberinspektionder k.u.k. MilitärkommandenLemberg und Przemyśl z. B.im Bezirk Grodek Jagiellonski(heute Horodok) verstreutliegende kleine Friedhöfe nachMöglichkeit in die damalsfertig gestellten 39 Soldatenfriedhöfeüberführt. Hervorzuhebenwären in diesemZusammenhang außer GrodekJagiellonski noch Kiernica,Zuszyce, Cuniow undJanow.In den genannten Friedhöfenwaren jeweils österreichischungarische,deutsche undrussische Soldaten bestattetworden. 1920 hatte alle vorhandenenUnterlagen (Katasterblätter,Evidenzblätter,Skizzen etc.) die polnische Behörde„Urząd opieki nad grobamiwojennymi“ im Kriegsministeriumübernommenund im Jahre 1923 dem Referatin der Woiwodschaft LwiwWiedereinweihungderGrablageder Offizieredurch VaterOleh Sherdaund VaterStepan Kolodka(Lemberg) übergeben.1928 wurden von diesemReferat noch 901 Soldatenfriedhöfegemeldet, auf denen76.671 Soldaten und Offizierealler Armeen aus dem ErstenWeltkrieg bestattet wurden.Es sind dies zum großen TeilAngehörige der k.u.k. Armee,der deutschen und russischenArmeen, aber auch der türkischenArmee und italienischeKriegsgefangene.Reduzierung der Anzahl derSoldatenfriedhöfeIn den Jahren 1926 bis 1930wurde vom polnischen Referat„grobownictwa wojennego“die sogenannte „Komasation“,d. h. Reduzierung der Anzahlder Soldatenfriedhöfe ausdem Ersten Weltkrieg durchgeführt.Diese Aktion hat bewirkt,dass im Powiat GrodekJagiellonski die Anzahl von39 Friedhöfen auf nur noch5 gemeinsame Kriegerfriedhöfereduziert wurde. Zu dembereits genannten in Grodekkamen noch die RuhestättenFerdynandowka, WiszenkaWielka, Zuszyce und Zalesiedazu. Zalesie oder auch „Zalesieneben Janow“ genannt,ist der heutige Friedhof IvanoFrankove. Im Jahre 1930 wurdeder Friedhof in Kiernicaaufgelöst, die Gefallenen exhumiertund in Ferdynandowkaneben Stawczany wiederbestattet. Dazu erfolgte imJahre 1935 eine bemerkenswerteAktion: „Generalexhumierung“des SoldatenfriedhofsFerdynandowka nachGrodek Jagiellonski.Keine Unterlagen aufösterreichischer SeiteDiese geschilderten Bewegungensind auch die Erklärungdafür, dass auf österreichischerSeite keineUnterlagen dazu vorhandensind, und wir erst durch dieZusammenarbeit mit Historikernder Universität und demstaatlichen Archiv Lemberg(Lwiw) Informationen dazuerhalten hatten. Diese warenbesonders für die erst jüngstfertig restaurierten FriedhöfeIvano Frankove und Chernevevon Bedeutung, worauf späternoch eingegangen wird.Die letzte Phase der Komasation,angesetzt für die Zeit1935 bis 1939, also vor Beginndes Zweiten Weltkriegs,brachte folgende Situation:im Powiat Grodek zwei Friedhöfe,Jagiellonski und Zalesie;im Powiat Lviv (Lemberg)Glinna und Zaschkiw sowieim Powiat Mosciska (ukr.Mostyska) zwei Friedhöfein Cherneve. Zalesie, heuteSoldatenfriedhof Ivano Frankove,ist ein gemeinsamerösterreichisch-deutscher undrussischer Friedhof. Nach denneuesten Unterlagen sind hierursprünglich zirka 60 österreichisch-ungarischeund 43russische Soldaten begrabenund im März 1929 sind weitereSoldaten von den FriedhöfenLelechowka, Domazyr,Rottenhahn, Stawki, Lozinaund Zielow hierher überführtÖSK - Ausgabe 2/2013 • 47worden. Im Jahre 1938 wurdenauch 3 ukrainische Soldaten,Angehörige der ukrainisch-galizischenArmee, ausZorniska hier bestattet undim Jahre 2012 (!) fand ein Soldatdieser Armee, dessen Grabim Wald des Gebietes IvanoFrankove gefunden wordenwar, anlässlich der Feier zurWiedereinweihung ebenfallshier seine letzte Ruhestätte.Gemäß der Liste über Verlusteund Kriegsgräber des DeutschenZentralnachweisamteswaren im Jahre 1936 insgesamt1.531 österreichisch-ungarische,297 deutsche, 1.040russische, 6 bulgarische und13 unbekannte Soldaten undOffiziere auf diesen Soldatenfriedhofverlegt worden. Dazugibt es leider nur mehr wenigeUmbettungsprotokolle.Auf dem kürzlich wieder eingeweihtenSoldatenfriedhofCherneve (polnisch Czerniawa)im Powiat Mostyska fanden196 österreichisch-ungarische,60 deutsche und 157russische Soldaten ihre letzteRuhestätte. In der etwas vomFriedhof entfernt gelegenenGrabstätte, in den polnischenUnterlagen fälschlich alsFriedhof bezeichnet, liegen 9deutsche Offiziere und Unteroffiziere.Bei diesen gemeinsamenNachforschungen wurdenauch Evidenzblätter von TirolerKaiserjägern, die imRaum Przemyśl und RawaRuska (Uhnow, Staje) begrabenwurden, gefunden. Wirwerden weiter daran arbeiten,denn damit kommt die LandesgeschäftsstelleTirol des<strong>Österreichische</strong>n <strong>Schwarze</strong>n<strong>Kreuz</strong>es nicht nur dem AuftragSoldatenfriedhöfe ausdem Ersten Weltkrieg zu erhaltenund zu restaurierennach, sondern erfüllt auch dasBedürfnis dazu historischeGeschehnisse in den Zusammenhangzu bringen.Bei dieser Gelegenheit möchtenwir auch Ostap Kozak ausLemberg für seine Hilfe in derAuffindung der verschiedenenUnterlagen aus den Archivenin Lemberg danken.