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Auf dem Weg zur nationalsozialistischen Polizei

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Die Ordnungspolizei 1945–1959Die Hamburger <strong>Polizei</strong> nach KriegsendeDie Geschichte der Hamburger <strong>Polizei</strong> nach Kriegsendewird in zwei wissenschaftlichen Darstellungen als„Neuanfang, der keiner war“ (Norbert Steinborn undKarin Schanzenbach, 1990) und als „verschenkte Reform“(Erwin Boldt, 2002) charakterisiert.Zunächst leitete die britische Militärverwaltung im Mai 1945eine konsequente Entnazifizierung der <strong>Polizei</strong> ein. Hierzugehörte die automatische Inhaftierung aller An gehörigender Gestapo und die Entlassung ehemaliger Nationalsozialistenebenso wie die Dezentralisierung der <strong>Polizei</strong>strukturen,die <strong>Auf</strong>lösung geschlossener <strong>Polizei</strong>verbände,die Beschränkung der <strong>Auf</strong>gaben auf für die <strong>Auf</strong>rechterhaltungvon Sicherheit und Ordnung und für die <strong>Auf</strong>klärungvon Straftaten notwendige Bereiche, eine nicht militärischeUniformierung der <strong>Polizei</strong>kräfte sowie deren weitgehendeEntwaffnung. Zugleich ließ die britische Militärverwaltungzahlreiche Schlüssel positionen mit <strong>Polizei</strong>beamten besetzen,die im Frühjahr 1933 als Gegner des Nationalsozialismusentlassen worden waren. Alle <strong>Polizei</strong>kräfte wurdenunmittelbar <strong>dem</strong> britischen Colonel Barnes als Senior PublicOfficer unterstellt. Ranghöchster Hamburger Polizist war deram 26. Mai 1945 zum „<strong>Polizei</strong>chef“ ernannte Bruno Georges.Die eingeleiteten Reformen wurden nach der Übergabe derVerantwortung für die <strong>Polizei</strong> an den Hamburger Senat am15. November 1947 nach und nach rückgängig gemacht. DieEntwicklung der <strong>Polizei</strong> in den 1950er-Jahren knüpfte dabeian Traditionen und Strukturen aus der Zeit der WeimarerRepublik an. Ideologisch begleitet wurden diese Maßnahmenwährend des Kalten Krieges von der Propagierungeines links von der SPD stehenden politischen Feindes.Die personelle Entnazifizierung des öffentlichen Dienstesund damit auch der <strong>Polizei</strong> scheiterte endgültig mit <strong>dem</strong>vom Deutschen Bundestag verabschiedeten „Gesetz <strong>zur</strong>Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Artikel 131 desGrundgesetzes fallenden Personen“ vom 11. Mai 1951.Danach hatten nahezu alle im Zuge der Entnazifizierungentlassenen <strong>Polizei</strong>beamten das Recht auf Wiedereinstellungoder auf ein Übergangsgehalt; eine Ausnahmebildeten lediglich die wenigen wegen ihrer Beteiligungan <strong>nationalsozialistischen</strong> Gewaltverbrechen zu Freiheitsstrafenverurteilten Beamten. Fast 1600 Beamte kehrtenzwischen 1951 und 1959 als sogenannte „131er“ in denHamburger <strong>Polizei</strong>dienst <strong>zur</strong>ück.Brief Walter Abrahams an den ZweitenBürgermeister Hamburgs, Christian Koch,vom 5. September 1947, Auszüge.Walter Abraham, geboren am 25. Oktober 1896in Malente/Holstein, war von Mai bis Oktober1933 Leiter der Hamburger Staatspolizei und indieser Funktion für zahlreiche Gewaltverbrechenverantwortlich. 1934 setzte er seine Karriereaußer halb Hamburgs in der Ordnungspolizeifort, u. a. als Amtsleiter im Berliner Hauptamt derOrdnungs polizei. Mitte Mai 1944 beorderte derChef der Ordnungspolizei den inzwischen zumGeneral major der <strong>Polizei</strong> und SS-Brigadeführeraufgestiegenen Abraham nach Hamburg <strong>zur</strong>ück.Hier wurde er zunächst Kommandeur der HamburgerSchutzpolizei und ab Anfang Januar 1945Befehlshaber der Ordnungspolizei im Wehrkreis Xund damit einer der wichtigsten Mitarbeiterdes Reichsstatthalters Kaufmann. Von Mai 1945bis Mai 1947 befand sich Abraham in britischerInternierungshaft. Nach seiner Entlassung kehrteer nach Hamburg <strong>zur</strong>ück. Im Entnazifizierungsverfahrenwurde er 1949 in die Kategorie V(„entlastet“) eingestuft. (StA HH, 331-8 596)Schreiben Walter Abrahams, vermutlich an denZweiten Hamburger Bürgermeister, ChristianKoch, vom 23. September 1947, Auszüge.Walter Abraham strebte die Rückkehr in den<strong>Polizei</strong> dienst bzw. eine seinem letzten Rang entsprechendeVersorgung an. Er wurde zwar nichtwieder eingestellt, erhielt aber eine hohe Pension,die 1954 monatlich über 1000 DM betrug – mehrals das Doppelte des damaligen durchschnittlichenMonatseinkommens eines verheiratetenArbeiters mit zwei Kindern von rund 450 DM. WalterAbraham starb am 24. Juni 1963 in Hamburg;seine Witwe bezog noch bis 1985 das Witwengeld.(StA HH, 331-8 596)Bruno Georges, 1945.Bruno Georges, geboren am15. Dezember 1892 in Hamburg,gehörte seit Juni 1920 der HamburgerOrdnungspolizei an. Der 1927zum <strong>Polizei</strong>hauptmann beförderteGeorges war seit 1918 Mitgliedder SPD und einer der bekanntestenFunktionäre und Redner des„Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold“.Am 7. März 1933 beurlaubte SenatorAlfred Richter den aktiven Gegnerdes Nationalsozialismus, im Juni1933 erfolgte seine Entlassung.Bruno Georges ging daraufhineiner kaufmännischen Tätigkeitnach und hielt Kontakt zu ebenfalls1933 entlassenen Kollegenund politischen Freunden. EndeMai 1945 wurde er wieder inden <strong>Polizei</strong>dienst eingestellt.Die britische Militärverwaltungveranlasste seine Ernennungzum Hamburger „<strong>Polizei</strong>chef“.Von April 1952 bis März 1958 warBruno Georges Hamburger <strong>Polizei</strong>präsident.Er starb am 31. Mai1968 in Reinselen/Kreis Soltau.(StA HH, 131-15 C 709)Schreiben des ehemaligen Gestapo häftlingsDr. Eduard Uterharck an das HamburgerPersonalamt vom 14. August 1954.Der in <strong>dem</strong> Schreiben erwähnte Walter Bielefeld,geboren am 30. März 1899, gestorben am 27. Mai1957, gehörte während des Zweiten Weltkriegeszu den leitenden Beamten der Hamburger GeheimenStaatspolizei. 1938 zum <strong>Polizei</strong>oberinspektorund 1939 zum <strong>Polizei</strong>rat ernannt, war Walter Bielefeldgegen Kriegsende in der Verwaltung derGestapo tätig. Nach Kriegsende war er zunächstin britischer Internierungshaft, konnte anschließendaber als Regierungsinspektor beim BezirksamtHamburg-Nord in den öffentlichen Dienst<strong>zur</strong>ückkehren. Seine Beförderungen 1938 und1939 blieben in der Besoldung bei seiner Wiedereinstellungunberücksichtigt, die Dienstzeit beider Gestapo wurde jedoch angerechnet.(StA HH, 131-11, Nr. 389)1 6 2 6 3 6 4 6 5 6 6 6 768 6

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