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5. Sitzung - Bayerischer Landtag

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17. Wahlperiode 12.11.2013 Plenarprotokoll 17/5<strong>5.</strong> <strong>Sitzung</strong>am Dienstag, dem 12. November 2013, 14.00 Uhr,in MünchenGeschäftliches....................................................... 104Geburtstagswünsche für die AbgeordnetenAndreas Lotte, Bernhard Seidenath und EvaGottstein .............................................................. 104Regierungserklärung des Herrn Ministerpräsidenten"Bayern. Die Zukunft."Ministerpräsident Horst Seehofer....................... 104Markus Rinderspacher (SPD)............................ 116Thomas Kreuzer (CSU)...................................... 128Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER)........... 134 136Margarete Bause (GRÜNE)........................ 140 146Josef Zellmeier (CSU)........................................ 149Bestellung der Mitglieder für den Rundfunkrat (s.a. Anlage 1)Beschluss............................................................... 151Bestellung der Mitglieder für den Medienrat (s. a.Anlage 1)Beschluss............................................................... 151Mitteilung gem. §§ 26 Abs. 2 und 27 Abs. 2 Satz 6betr. Mitglieder der Ausschüsse, Namen der Ausschussvorsitzendenund deren Stellvertreter (s. Anlage2) ................................................................... 151Schluss der <strong>Sitzung</strong>............................................... 151Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unterwww.bayern.landtag.de – Dokumente abrufbar. Die aktuelle <strong>Sitzung</strong>sübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/<strong>Sitzung</strong>en zurVerfügung.


104 <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> – 17. Wahlperiode Plenarprotokoll 17/5 v. 12.11.2013(Beginn: 14.03 Uhr)Präsidentin Barbara Stamm: Verehrte Kolleginnenund Kollegen! Ich eröffne die <strong>5.</strong> Vollsitzung des Bayerischen<strong>Landtag</strong>s. Presse, Funk und Fernsehensowie Fotografen haben um Aufnahmegenehmigunggebeten. Die Genehmigung wurde erteilt. Hörfunk undFernsehen des Bayerischen Rundfunks übertragendie Regierungserklärung und die anschließende Aussprachelive. Wir gehen davon aus, dass viele Bürgerinnenund Bürger Bayerns dieses Angebot in Anspruchnehmen. Dafür sage ich ein herzlichesDankeschön.Ich darf ehemalige Kolleginnen und Kollegen desHauses auf der Besuchertribüne sehr herzlich begrüßen.– Vorweg darf ich, meine sehr verehrten Damenund Herren, einige Glückwünsche aussprechen. Am3. November feierte Herr Kollege Andreas Lotte einenrunden Geburtstag. Herzlichen Glückwunsch imNachhinein und alles Gute!(Allgemeiner Beifall)Herr Kollege Bernhard Seidenath hatte am 8. Novembereinen halbrunden Geburtstag. Herr Kollege, meinenGlückwunsch, alles Gute und Gesundheit!(Allgemeiner Beifall)Heute hat Frau Kollegin Eva Gottstein Geburtstag.Auch Ihnen einen herzlichen Glückwunsch!(Allgemeiner Beifall)Ganz besonders freue ich mich, einen Gast zu begrüßen,der eigentlich auf der Ehrentribüne Platz nehmensollte, aber in seiner Bescheidenheit sich mitten unterdie Besucherinnen und Besucher gesetzt hat. Ich darfim Hohen Haus sehr herzlich die Beauftragte der BayerischenStaatsregierung für die Belange von Menschenmit Behinderung, Frau Irmgard Badura, begrüßen.Herzlich willkommen!(Allgemeiner Beifall)Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich rufeTagesordnungspunkt 1 auf:Regierungserklärung des HerrnMinisterpräsidenten"Bayern. Die Zukunft."Das Wort hat der Herr Ministerpräsident. Bitte schön,Herr Ministerpräsident.Ministerpräsident Horst Seehofer: Frau Präsidentin,liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Ergebnis der<strong>Landtag</strong>swahl war eine eindrucksvolle Bestätigungder bayerischen Regierungspolitik und ein klarer Auftragan die Christlich-Soziale Union, die Zukunft fürBayern zu gestalten. Ich möchte deshalb an allerersterStelle unserer Bevölkerung für diesen Vertrauensbeweisdanken.(Beifall bei der CSU)Nun geht es um die Richtschnur für die Gestaltungunserer gemeinsamen Zukunft. Politik kann ohneZweifel dazu viel beitragen. Entscheidend sind aberdie Menschen, die in unserem Lande leben. Sie, dieMenschen, prägen die erfolgreiche bayerische Lebensartund machen sie weltweit unverwechselbar.Für mich war es ein bewegendes Erlebnis, wie großartigdie Menschen in diesem Jahr während der Hochwasserkatastrophezusammengerückt sind. Ich nennenur als Beispiel die Studenten in Passau und Deggendorf:geeint im Willen zu helfen, vernetzt über das Internet,raus aus der Bude und gemeinsam angepackt.Das ist nur ein Beispiel, liebe Kolleginnen und Kollegen,für die millionenfach gelebte Menschlichkeit inBayern.Bayern ist das Land des wertorientierten, aktiven Bürgersinns.Deshalb sage ich: Andere sehen in der Gesellschaftmillionenfach Probleme, die der Staat lösensoll; wir sehen in der bayerischen Bevölkerung millionenfachLösungen. Genau deshalb kämpfe ich so leidenschaftlichdafür, Politik für die Menschen und gemeinsammit den Menschen zu gestalten; denn ichbin zutiefst davon überzeugt: Anders werden wir inder heutigen Zeit der Wissensgesellschaft die Zukunftnicht gewinnen. Koalition mit den Bürgerinnen undBürgern - das ist für mich das Fundament und derAuftrag unserer Regierungspolitik.Bayern ist daran gewöhnt, im Bundesvergleich regelmäßigSpitzenpositionen einzunehmen. Das ist zwarschön, aber das genügt nicht. Gerade wenn man soerfolgreich ist, muss man sehr achtsam sein, dasssich nicht wohliges Besitzstandsdenken breitmacht.Liebe Kolleginnen und Kollegen, wer das Beste erhaltenwill, der muss Landeplätze für die Zukunft bauenstatt Bunker zur Verteidigung der Vergangenheit.Die Zukunftsherausforderungen für Bayern spiegelnsich in vier prägenden Entwicklungen wider. Dabeihandelt es sich um die zunehmende Internationalisierung,die digitale Revolution, die demografische Entwicklungund schließlich die kulturellen Auswirkungen,die diese Veränderungen mit sich bringen.Ich beginne mit der zunehmenden Internationalisierung.Die Welt wächst immer stärker zusammen. Deshalbmuss unser Maßstab über die nationalen Grenzenhinausgehen. Dieser globale Weitblick ist fürunsere erfolgreichen bayerischen Unternehmen


Plenarprotokoll 17/5 v. 12.11.2013 <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> – 17. Wahlperiode 105längst Normalität. Sie müssen sich dem Wettbewerbmit der ganzen Welt stellen, um erfolgreich zu sein.Und sie tun es mit Erfolg. 1990 erwirtschaftete dasverarbeitende Gewerbe in Bayern knapp ein Drittel imExport, 2012 mehr als die Hälfte – Tendenz steigend.Der Export bayerischer Güter und Dienstleistungen istein Hauptpfeiler unseres Wohlstandes. Der Zukunftsatlas2013 hat deshalb ein klares Ergebnis: Bei denZukunftsregionen in Deutschland dominieren die bayerischenKreise. Die Schlagzeilen verkünden inDeutschland überall: Die Zukunft liegt in Bayern. Sostand es zuletzt in der "BILD". Das ist der Erfolg unsererArbeitnehmer und unserer bayerischen Wirtschaft,denen ich dafür danke. Bayerische Unternehmen stehenfür weltweit gefragte Spitzenprodukte und ehrlicheArbeit. Sie stehen für Produktion statt Spekulationum das schnelle Geld. Diese nachhaltige Wirtschaftsethikleitet auch unsere Politik. Die katastrophale Finanzkrisemüsste eigentlich allen vor Augen geführthaben: Geld ist keine Ware. Geld hat eine dienendeFunktion für die Realwirtschaft, nicht umgekehrt. Bayernist so erfolgreich, weil wir gemeinsam anpackenfür eine soziale und nachhaltige Marktwirtschaft, dieden Menschen dient.Die Konsequenz aus der zunehmenden Internationalisierungist klar: Bayern muss sich weltweit mit derSpitzengruppe der leistungsfähigsten Länder messen.Das ist unser Maßstab. Uns, liebe Kolleginnen undKollegen, treibt dabei nicht blinder Eifer, sondern unstreibt die Sorge um die Menschen in Bayern. Nurwenn wir im Wettbewerb mit den anderen hoch entwickeltenStaaten und mit den Konkurrenten von morgenSchritt halten, können wir die Arbeitswelt humangestalten, gute Lebensbedingungen garantierensowie die soziale Sicherheit und unsere natürlicheUmwelt bewahren. Die Verantwortung für eine humaneLebens- und Arbeitswelt verpflichtet uns, die Bildungund den wissenschaftlichen Fortschritt noch weitervoranzubringen. Deshalb gilt für diese Regierungauch in der Zukunft: Der Fortschritt spricht bayerisch.Diesen Weg gehen wir weiter. Unser Ziel für den Arbeitsmarktist Vollbeschäftigung bis 2018 und keineJugendarbeitslosigkeit in unserem Land.Was müssen wir nun tun, um dauerhaft an der Spitzezu bleiben? – Ich beginne mit dem Ersten und Wichtigsten:der Bildung. Die Menschen sind es, die mitihren Fähigkeiten, mit Kopf, Hand und Herz die Zukunftschaffen. Deshalb entscheiden Bildung und Ausbildungüber die Zukunft jedes Einzelnen und damitüber die Zukunft unseres Landes. Bildung und Ausbildungsind Grundlage für Arbeit, Wohlstand und sozialeSicherheit. Aber mir ist wichtig, auch am heutigenTag zu betonen: Es geht auch in der Bildung in allerersterLinie um Persönlichkeitsentwicklung. Wir bildenunsere Kinder nicht nur für die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt.Bildung ist Wissens- und Herzensbildung.Junge Menschen müssen befähigt werden, sich ineiner ständig komplexer werdenden Welt zurechtzufinden.Das Fundament dafür, dass Bildung gelingt, legt dasElternhaus. Unsere Bildungs- und Familienpolitik vertrautauf die Kompetenz der Eltern. Wir vertrauen denEltern. Wir trauen ihnen etwas zu, und wir fördern dieganze Vielfalt der Familienmodelle, weil Eltern selberam besten wissen, meine Damen und Herren, was fürsie und ihre Kinder gut ist.(Beifall bei der CSU)Unsere Bildungseinrichtungen stellen das Kind undnicht irgendeine Ideologie in den Mittelpunkt. Wir förderndie besonderen Fähigkeiten jedes einzelnen Kindes.Daher belegen Bildungstests seit Jahren: Bayernbietet nicht nur Bildungschancen, sondern auch besteBildungsergebnisse. Lernen vom Besseren heißt lernenvon Bayern!Mir ist wichtig, heute der bayerischen Bevölkerungdrei Garantien zu geben. Erstens. Unsere Schulensollen nach Jahren der ständigen Veränderungen jetztin Ruhe arbeiten können. Deshalb wird es in dennächsten Jahren keine neuen Schulreformen geben.(Beifall bei der CSU)Zweitens. Grundschulgarantie:(Zuruf des Abgeordneten Volkmar Halbleib(SPD))Jede rechtlich selbstständige Grundschule bleibt bestehen,wo Eltern und Gemeinden dies wünschen.Das ist nicht nur gut für unsere Kinder, sondern auchfür die Zukunft des ländlichen Raumes.Drittens. Ganztagsgarantie: Bis 2018 gibt es in allenSchularten für jede Schülerin und jeden Schüler bis14 Jahre ein bedarfsgerechtes Ganztagsangebot.Wir wollen die Inklusion von Kindern mit Behinderung,meine Damen und Herren. Die Eltern kennen ihr Kindmit seinen Fähigkeiten am besten. Deshalb soll ihnendas Wahlrecht zwischen Förderschule und allgemeinerSchule mit Inklusion zustehen.Mit einem Gesamtkonzept der Begabtenförderung fürSchulen und Hochschulen fördern wir die Talente unabhängigvon ihrer Herkunft. Das ist ein Gebot der sozialenGerechtigkeit.


106 <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> – 17. Wahlperiode Plenarprotokoll 17/5 v. 12.11.2013(Volkmar Halbleib (SPD): Die CSU, die Studiengebühreneingeführt hat!)Wir werden die Schulen landesweit internationalerausrichten und mehr Schulen mit internationalem Profilschaffen, übrigens auch in der beruflichen Bildung.In der vergangenen Legislaturperiode habe ich hierbei der Regierungserklärung das Mittagessen für bedürftigeKinder angekündigt. Wir haben es realisiert.Diesen Weg setzen wir fort. In Ergänzung zu unserembestehenden Schulobstprogramm werden wir gemeinsammit dem Verein "brotZeit" ein betreutes Frühstücksangebotan Grund- und Förderschulen einrichten.Wir fördern alle Talente; auch das ist mir wichtig. Beruflicheund akademische Bildung sind für uns gleichwertig.Unsere duale Ausbildung ist weltweit anerkannt.Zusammen mit der bayerischen Wirtschaftwerden wir eine Lehrstellengarantie geben. Ich dankedem Handwerk und allen Betrieben in Bayern, die dieJugendlichen ausbilden. Sie ermöglichen den jungenMenschen einen gelungenen Start ins Berufsleben,und sie schaffen die Voraussetzung dafür, dass wirauch morgen noch die Fachkräfte haben, die wir brauchen.Danke insbesondere an den Mittelstand und andas Handwerk!(Beifall bei der CSU)Wir brauchen die besten Köpfe für Bayern. Unserebayerischen Hochschulen sind ein Magnet für jungeMenschen aus Deutschland und der ganzen Welt. Wirwerden die weltweite Zusammenarbeit der bayerischenHochschulen zum Markenzeichen in Bayernmachen.Die bayerische Hochschulpolitik setzt Maßstäbe: BisMitte 2014 werden deutlich über 50.000 neue Studienplätzegeschaffen sein. Wir treiben die Sanierungunserer Hochschulbauten weiterhin mit Milliardenaufwandvoran. Wir stärken die Exzellenz an unserenHochschulen in Forschung, Lehre und Administration.Wir wollen den Pakt für Forschung und Innovationzwischen Bund, Ländern und den deutschen Wissenschaftsorganisationenverlängern, und wir bieteneinen bayerischen Pakt für Forschung und Innovationan.Das Universitätsklinikum in Augsburg wollen wir bis2018 aufbauen. Dazu werden wir die Lehr- und Forschungsflächeneiner Medizinischen Fakultät undauch die laufenden Kosten von Forschung und Lehresichern.Wir wirken bei den Koalitionsverhandlungen in Berlindarauf hin, dass mit einer Steuergutschrift für Aufwendungenbei Forschung und Entwicklung der hoch innovativeMittelstand gefördert wird. Neue Ideen, kreativeLösungen, weltweit gefragte Produkte – nur sowerden unsere Unternehmen im globalen Wettbewerbdie Zukunft gewinnen.Wir starten eine neue Initiative für Existenzgründer.Ich habe dazu bereits eine Expertengruppe eingesetzt.In Bayern ist der Existenzgründer und UnternehmerVorbild, nicht Feindbild. Der Weg von derIdee zum Produkt muss noch kürzer werden. Dafürwollen wir zusätzliche Fraunhofer-Einrichtungenschaffen. Und wir schreiben in Bayern die Erfolgsgeschichteder Technologietransferzentren fort. Das istin vielen Landesteilen eine außerordentliche Erfolgsgeschichte.Wir stärken den Medienstandort Bayern. Wie für dieBiotechnik in Martinsried geschehen, brauchen wir einGründerzentrum von Weltrang für Informationstechnologie,Medien und Filmwirtschaft. Auch das neueZentrum für Kultur- und Kreativwirtschaft Nürnbergwird wesentliche Impulse geben.Wir wollen Spitzenpositionen auf den Feldern der Zukunft:Das sind insbesondere Gesundheit und Ernährung,natürliche Ressourcen und Neue Materialien,Energie und Umwelt, Mobilität und vernetzte Infrastruktur,Luft- und Raumfahrt, Information und Kommunikation.Unsere Generation hat die Aufgabe, liebe Kolleginnenund Kollegen, vor allem beim digitalen Aufbruch undbeim Umbau der Energieversorgung Bleibendes zuschaffen und Bayern an die Spitze der Welt zu führen.Bayern ist Verkehrsdrehscheibe Europas. Die Verkehrsinfrastrukturgenügt aber nicht mehr den Anforderungender Zeit. Nachhaltige Verkehrspolitik heißtdeshalb mehr Geld für die Sanierung von Straße undSchiene. Hier kann man nicht nur auf Berlin zeigen.Wir werden mehr in den Erhalt unserer Staatsstraßeninvestieren.(Beifall bei der CSU)Wir werden auch den Aus- und Neubau wichtiger Verkehrsprojektevorantreiben. Dazu gehört die internationaleSchienenanbindung Bayerns nach Osteuropaentlang der Transversale Paris – Budapest überAugsburg und München, hier insbesondere die Lückezwischen Augsburg und Ulm.(Beifall bei der CSU)Zu einer modernen Infrastruktur gehören die zeitgemäßeErschließung der ländlichen Räume, aber auchzentrale Projekte für die Ballungsräume wie zum Bei-


Plenarprotokoll 17/5 v. 12.11.2013 <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> – 17. Wahlperiode 107spiel die zweite S-Bahn-Stammstrecke in Münchenoder der Ausbau des Frankenschnellwegs in Nürnberg.Bayern hat Verkehrsprojekte in Höhe von rund30 Milliarden Euro in Berlin angemeldet. Es gibt alsoeinen gigantischen Investitionsbedarf. Der Bund – darüberreden wir derzeit fast jeden Tag – muss seineVerkehrsmittel dauerhaft aufstocken. Ich bin sicher:Die Pkw-Maut für ausländische Kraftfahrzeuge wirdTeil des Koalitionsvertrags. Sie wurde lange gefordert,oft belächelt, und sie wird jetzt bald erreicht. LiebeFreunde, das ist Nachhaltigkeit in Bayern.(Beifall bei der CSU – Widerspruch bei der SPD)- Ich verhandle in Berlin. Deshalb weiß ich über denStand der Verhandlungen Bescheid. Der wesentlicheUnterschied zwischen Ihnen und uns ist: Wir haben inder letzten Legislatur alles realisiert, was wir angekündigthaben. Von Ihren Prophezeiungen ist überhauptnichts eingetreten. Das ist der Unterschied zwischenIhnen und uns.(Beifall bei der CSU – Volkmar Halbleib (SPD):Das war eine humoristische Bemerkung, Herr Ministerpräsident!)Die zweite Herausforderung ist die digitale Revolution.Die Möglichkeiten der digitalen Technik verändern alleLebensbereiche. Wer wollte das bestreiten? Mit demdigitalen Aufbruch stehen wir vor historischen Chancenfür die Verbindung von lokalem Mittelstand undglobalen Märkten, Arbeit und Familie, Stadt und Land.Die digitale Erschließung ist dabei genauso wichtigwie die offensive Gestaltung der damit einhergehendenVeränderungen – rechtlich, sozial und ökonomisch.Deshalb ist auf diesem Feld des digitalen Aufbruchs,der digitalen Revolution, ein umfassenderpolitischer Ansatz erforderlich.Was müssen wir tun, um mit einem digitalen Aufbruchin die Weltspitze vorzustoßen? Denn das ist unserAnspruch. Mit unserer Strategie BAYERN DIGITALmachen wir Bayern zur Leitregion für den digitalenAufbruch. Wir investieren bis 2018 massiv in das digitaleZeitalter. Damit sichern wir gleichzeitig die Arbeitsplätzevon morgen und Chancen überall imLande. Ich nenne als Beispiel das "Zentrum für digitalisierteProduktion" in Nürnberg mit weiteren Standortenin ganz Bayern. Ich nenne das "Zentrum für vernetzteMobilität" in Garching, ebenfalls mitAußenstellen und Kooperationen im ganzen Land.Wir schaffen bis 2018 ein digitales Hochgeschwindigkeitsnetz,und zwar flächendeckend. Das Geld dafürstellen wir bereit. Wir müssen aber – das ist die Erkenntnisder letzten Jahre – Strukturen ändern, damitwir unsere bereitgestellten Mittel für den Ausbau auchinvestieren können. Wir brauchen hier eine grundsätzlichneue politische Weichenstellung in der Bundespolitik.Auch darüber reden wir gerade. Das schnelle Internetdarf nicht mehr vom Wohnort abhängen, und esdarf auch kein Zufall sein. Das modernste Breitbandnetzmuss überall in Bayern Standard werden. MeineDamen und Herren, dafür werden wir alles tun.(Beifall bei der CSU)Der digitale Aufbruch umfasst aber viel mehr als denBreitbandausbau. Die digitalen Möglichkeiten verändernalle Zukunftsfelder - Lernen und Arbeiten, Mobilitätund Gesundheit, Wohnen und sicheres Datenmanagement.Wir nutzen die neue Technik für dendigitalen Unterricht, zum Beispiel mit einem virtuellenBildungsmedienzentrum.Unsere rund 6.100 Schulen werden wir an ein zentralesBildungsnetz anbinden. Unsere jungen Menschensollen die Neuen Medien von Anfang an mit altersentsprechenderKompetenz und Fertigkeit nutzen könnenund nicht umgekehrt von den Neuen Medien beherrschtwerden. Wir wollen sie in unserenBildungseinrichtungen von Anfang an dafür fit machenund damit die Medienkompetenz der Schülerinnenund Schüler weiter ausbauen.In Medizin und Pflege eröffnen wir für unsere Patientenund Pflegebedürftigen ganz neue Möglichkeitender Behandlung und Betreuung. Ich nenne als Beispieldie Modellregion Digitale Gesundheitswirtschaftin Franken. Wir bauen die Telemedizin aus und nutzendie digitalen Chancen in Krankenhäusern undPflegeeinrichtungen.Eine weitere große Aufgabe: Wir wollen die gesamteStaatsverwaltung umstellen und für das digitale Zeitalterfit machen. Dafür schaffen wir auch eine zentraleServiceplattform für staatliche und kommunale digitaleDienstleistungen. Das digitale Bayern muss ein sicheresBayern sein. Private Daten der Bürger, Daten derWirtschaft und Verkehrsnetze, der Telekommunikationund der Energieversorgung sind verletzlich, wiewir alle wissen. Um den staatlichen Schutzauftrag inder digitalen Welt zu gewährleisten, greifen wir zuneuen Maßnahmen. Neben einer entsprechendenAusstattung der Polizei gehören dazu eine bessereKoordination der Maßnahmen und neue Einrichtungenwie das Cyber-Allianz-Zentrum. Mit einem Forschungszentrumfür IT-Sicherheit von europäischerBedeutung wollen wir die wirtschaftlichen Chancen indiesem wachsenden Markt für Bayern sichern.Für uns gibt es beim Leitbild für die Informationsgesellschafteinen Dreiklang: Freiheit, Datenschutz undKriminalitätsbekämpfung. Sicherheitsinteressen dürfenniemals dazu führen, dass rechtswidrig Datenausgespäht und Bürger überwacht werden. Hier ist


108 <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> – 17. Wahlperiode Plenarprotokoll 17/5 v. 12.11.2013das Vertrauen in den Rechtsstaat und die internationaleFreundschaft auf europäischer und internationalerEbene schwer erschüttert worden. Die BayerischeStaatsregierung wird darauf hinwirken, dass das Datenschutz-Grundrechtsichergestellt wird.(Beifall bei der CSU)Unsere dritte Zukunftsaufgabe ist der demografischeWandel. Die steigende Lebenserwartung und die signifikantenVeränderungen in der Bevölkerungsentwicklung- eine sehr unterschiedliche Entwicklung inden verschiedenen Regionen Bayerns - prägen nichtnur die innere Entwicklung unserer Gesellschaft, sondernauch die räumliche Entwicklung unseres Landes.Mir kommt es heute sehr darauf an, dass wir festhalten:Wenn wir auf diese demografische Entwicklungdie richtige Antwort geben, liegt darin für unser Landund unsere Menschen eine große Chance und keineGefährdung Bayerns.Was müssen wir tun, damit die Demografie für unserLand ein Gewinn wird? - Unser Ziel sind gleichwertigeLebensverhältnisse in allen Regionen. Wie Sie wissen,ist dies mittlerweile auch das Ziel unserer Verfassung.Pulsierende Zentren und attraktive ländlicheRäume, beides macht Bayern lebenswert. Wir werdenalso unseren Aktionsplan "Demografischer Wandel"konsequent weiterführen. Gleichwertige Lebensbedingungenbedeuten für uns aber vor allem: Wir bringenBeschäftigung zu den Menschen überall im Land. Dasmuss für uns der Kompass für die nächsten fünf Jahresein. Wir wollen nicht verstärkt Menschen zu den Arbeitsplätzenbringen, sondern umgekehrt die Beschäftigungzu den Menschen, und zwar überall im Land.(Beifall bei der CSU)Bei der Arbeitslosigkeit hat sich in den letztenzehn Jahren der Abstand zwischen den bayerischenBezirken um fast zwei Drittel verringert. Das bedeutetChancen für alle. Diesen erfolgreichen Weg gehen wirgemeinsam mit der Wirtschaft weiter. Ich habe diesbezüglichin dieser Woche ein sehr bedeutsames Gesprächmit "Siemens".Mit dem demografischen Wandel gewinnt die VerantwortungsgemeinschaftFamilie noch mehr an Bedeutung.Starke, vitale Familien sind das Rückgrat unsererGesellschaft und die Brücke zur Zukunft. Wirmachen unser Bayern für Familien noch attraktiver.Deshalb hat die bayerische Familienpolitik das Vertraueneiner klaren Mehrheit in der Bevölkerung.Wir setzen weiter gleichermaßen auf den Krippenausbauund das Betreuungsgeld. Fast 70 % der berechtigtenEltern in Bayern haben sich für die neue Familienleistungdes Betreuungsgeldes entschieden. – Fast70 %!(Beifall bei der CSU)Das Betreuungsgeld ist also schon heute ein vollerErfolg.(Volkmar Halbleib (SPD): Sie wissen auch, wiedie Rahmenbedingungen sind!)Wir fördern weiterhin den Krippenausbau. Wir werdenden Betreuungsschlüssel und die Betreuungsqualitätweiter verbessern und unsere Maßnahmen für mehrFachkräfte fortsetzen, so zum Beispiel die Weiterbildungvon Kinderpflegern zu pädagogischen Fachkräften.Ich kann heute schon zusagen: Das einzigartigeLandeserziehungsgeld wird hier in Bayern beibehalten,und wir werden die Einkommensgrenzen weiteranheben, damit noch mehr Familien erreicht werden.(Beifall bei der CSU)Das bayerische Ziel heißt: Nicht die Familie muss sichder Arbeitswelt anpassen, sondern umgekehrt. Der öffentlicheDienst in Bayern soll deshalb seine Vorbildfunktionfür familienfreundliche Arbeitsbedingungenausbauen. Darauf werde ich auch persönlich achten.Mit den bayerischen Unternehmen werden wir alsStaatsregierung außerdem einen Familienpakt Bayernins Leben rufen.Ein Merkmal der demografischen Entwicklung ist derSegen der immer höher werdenden Lebenserwartung.Die heutige Lebenserwartung hat uns in eine Gesellschaftgeführt, in der mittlerweile vier bis fünf Generationenzusammenleben. Ältere Menschen sind nichtnur gesünder und fitter, sondern auch engagierter undaktiver als je zuvor. Deshalb müssen wir zuallererstunser Bild vom Alter verändern. Wir brauchen einepositive Sicht auf diesen immer länger werdenden Lebensabschnittnach dem aktiven Berufsleben. Von derDefizitsicht zur Kompetenzsicht – das, meine Damenund Herren, ist der Auftrag für die nächsten Jahre.(Beifall bei der CSU)Wir alle wissen, dass ältere Menschen möglichstlange selbstbestimmt im gewohnten Umfeld bleibenwollen. Dazu braucht es gerade im ländlichen Raumdie Grundversorgung am Ort und auch die wichtigstensozialen Strukturen, vom Lebensmittelgeschäft biszum Hausarzt. Das Programm "Marktplatz der Generationen"werden wir daher fortführen und in die Flächebringen, und wir werden ein umfassendes Programm"Selbstständig älter werden" auf den Wegbringen.


Plenarprotokoll 17/5 v. 12.11.2013 <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> – 17. Wahlperiode 109Wenn dann im Alter doch Hilfsbedürftigkeit eintritt,muss unser Ziel lauten: Mehr Pflege daheim und wenigerim Heim. Wir werden dazu neue Wohnformenund auch erfolgreiche private Initiativen wie die Sozialgenossenschaftenfördern. Die Schweiz hat mit diesenSozialgenossenschaften sehr positive Erfahrungengemacht.Gute Pflege setzt aber auch voraus, dass wir die Pflegeberufewürdigen und unterstützen. Wir werden diePflegeberufe aufwerten. Bei den tariflichen Löhnen inder Pflege gehen wir einen eigenen bayerischen Weg:Diese werden bei den Pflegesätzen besser berücksichtigt.Wir werden pflegende Angehörige unterstützenund die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf erleichtern.Der neue Pflege- und Patientenbeauftragtesoll als Vertrauensperson der Bürger ein wichtiger Ansprechpartnerin Gesundheits- und Pflegefragen werden.Ich darf dem Kollegen Imhof dazu alles Gutewünschen.(Beifall bei der CSU und der Abgeordneten MargareteBause (GRÜNE))Meine Damen und Herren, auch das Folgende musspolitische Richtschnur für die nächsten Jahre sein: Zueiner humanen Gesellschaft gehört das Sterben inWürde. Wir werden die Hospizbewegung weiter starkunterstützen und die Versorgung mit Palliativmedizinin großen Schritten ausbauen. Ich möchte den Frauenund Männern, die auf diesem Feld in Bayern ehrenamtlichtätig sind und damit vielen Menschen beistehenund Hoffnung geben, heute besonders herzlichdanken.(Beifall bei der CSU und Abgeordneten der SPD,der FREIEN WÄHLER und der GRÜNEN)Die Internationalisierung, die digitale Revolution undder demografische Wandel verändern unsere Gesellschaftständig und tiefgreifend. Auf der einen Seitehaben Menschen Angst vor Identitätsverlust, auf deranderen Seite ist aber zu beobachten, dass es da unddort die Gefahr der Abgrenzung gibt. Deshalb müssenwir uns auch mit dem Gedanken auseinandersetzen,was wir angesichts dieser großen Entwicklungen tunmüssen, damit Bayern für die Menschen auch künftiglebens- und liebenswert bleibt.Die kulturelle Aufgabe besteht darin, das Motto "Heimatverbundenund weltoffen" zu einer wesentlichenOrientierung zu machen. Heimat – das ist in den letztenMonaten oft missverstanden worden – heißt in allerersterLinie Identitätspflege, nicht nur Traditionspflege.Heimat hat nicht nur einen kulturellen, sondernauch einen sozialen und politischen Bezug. Deshalbhaben wir eine Außenstelle für Landesentwicklungund Heimat des Finanzministeriums in Nürnberg gegründet.Die Liebe zur Heimat zeigt sich in Bayern ganz besondersan dem hohen Engagement unserer Bürger.Nirgendwo in Deutschland sind mehr Menschen ehrenamtlichtätig als in Bayern, und nirgendwo ist dieBereitschaft so groß, sich für die Heimat einzusetzen.Ich danke allen Ehrenamtlichen. Mit ihrem Gemeinsinnbereichern sie unser Bayern millionenfach undunersetzlich. Eine solche Einstellung muss gepflegtund von Generation an Generation weitergegebenwerden.(Beifall bei der CSU und Abgeordneten der SPD)Deshalb werden wir vor allem den Nachwuchs für dasEhrenamt noch besser fördern, und wir werden dieEhrenamtskarte weiter ausbauen. Diese Ehrenamtskarteist ebenfalls ein Erfolgsmodell.Meine Damen und Herren, Bayerns Bürger sind fürmich als Ministerpräsident nicht lediglich Adressaten,sondern Partner der Politik. Partner müssen mitredenkönnen, sich einmischen und mitgestalten können. Miteiner Heimat, die man aktiv mitgestalten kann, identifiziertman sich ganz anders, als wenn man "gestaltetwird".Die Bayern beweisen seit Jahren in Bürger- undVolksentscheiden: Sie können Demokratie und Beteiligung.Deshalb habe ich nie das Zustandekommen,die Umstände oder die Ergebnisse eines Volksbegehrenskritisiert. Ich habe immer befürwortet, das Volkeinzubinden. In Bayern wollen wir das Instrument derVolksbefragung einführen. Beispielsweise soll es beigroßen Infrastrukturprojekten möglich werden, dieBürgerinnen und Bürger bayernweit zu beteiligen.Mein Ziel lautet: Wir machen unseren Freistaat zumVorbild für den modernsten Bürgerstaat Europas des21. Jahrhunderts.Eine wichtige Ausformung des Heimatgedankens istdie Stärkung unserer Kommunen. In den Kommunensind die Menschen daheim. Die Kommunen sind dasFundament des Staates. Seit meinen beruflichen Anfängenhabe ich eine tiefe Überzeugung: Die kleinereEinheit hat Vorrang. Deshalb möchte ich im engen Dialogmit allen Kommunen die kommunale Selbstverwaltungweiter stärken, eine Abgabe von staatlichenAufgaben an die Kommunen angehen und vor allemdie kommunale Zusammenarbeit fördern. MeineDamen und Herren, um es heute deutlich zu sagen:Es ist nicht an der Zeit, dass wir in Bayern wieder einekommunale Gebietsreform durchführen. Was wirbrauchen, ist eine intensivere kommunale Zusammenarbeit.


110 <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> – 17. Wahlperiode Plenarprotokoll 17/5 v. 12.11.2013(Beifall bei der CSU)Weil uns unsere Kommunen so wichtig sind, sorgenwir für nachhaltige kommunale Finanzen – mit demhöchsten kommunalen Finanzausgleich aller Zeiten.Nach täglichen Begegnungen mit allen Ministerpräsidentenkann ich heute uneingeschränkt festhalten:Kein Land arbeitet so nachhaltig für die Kommunenwie Bayern. Das werden wir auch weiterhin tun.(Beifall bei der CSU)Eine blühende Gesellschaft braucht Freiheit, eine blühendeGesellschaft braucht aber auch Eigenverantwortungund nicht staatliche Bevormundung. Freiheitund Eigenverantwortung sind unsere Leitlinien – inBayern, in Deutschland und in Europa.Ich gebe deshalb als Ziel aus: Wir brauchen in Bayerneine Paragrafenbremse. Wir reden viel über die Bürokratie,die in Brüssel und in Berlin verursacht wird. Ichdenke, wir können auch in unserem Land noch eineganze Menge mehr tun. – Wir brauchen also eine Paragrafenbremse.(Volkmar Halbleib (SPD): Da sind wir sehr gespannt!)Neue Gesetze und Verwaltungsvorschriften soll es indieser Legislaturperiode grundsätzlich nicht geben.Sollten sie zum Beispiel aus Sicherheitsgründen erforderlichsein, müssen dafür alte Vorschriften aufgehobenwerden. Am Ende der Legislaturperiode soll es inBayern nicht mehr Gesetze und Verwaltungsvorschriftengeben als heute.Wir stehen für eine Politik, die zu Eigenverantwortungermutigt und Einsatz für das Gemeinwohl ermöglicht.Wir stehen für eine Kultur des Gelingens. Ich will Bürgernund Unternehmern mehr Freiräume schaffen.Das schafft bekanntlich Motivation. Aber ebenso wichtigist mir, dass der Staat für Verlässlichkeit und Gerechtigkeitsorgt, wenn es um die Sicherheit und Stabilitätder Gesellschaft geht. In Bayern giltbekanntlich: Leben und leben lassen. Der HistorikerHans-Michael Körner schreibt zu Recht: "Dieses Toleranzmodellberuht auf Gegenseitigkeit." Das heißt fürunsere Politik: Aktive, eigenverantwortliche Bürgerbrauchen auch einen verlässlichen Staat. JederMensch bei uns im Land hat Anspruch auf Teilhabeund Schutz. In Bayern steht niemand mit einemschweren Schicksal alleine.Die erste Aufgabe eines verlässlichen Staates ist dieinnere Sicherheit. Wir werden weiterhin alles tun,damit Bayern das Land mit der niedrigsten Kriminalitätsrateund der höchsten Aufklärungsquote bleibt.Wir haben eine leistungsfähige Justiz als festen Pfeilerunseres Rechtsstaats. Wir werden im Dialog mitder Justiz ein Konzept zur Beschleunigung von Gerichtsverfahrenvorlegen. Der Rechtsstaat, meineDamen und Herren, darf nicht zum Rechtswegestaatwerden.Wir sorgen für Leistungsgerechtigkeit und Verlässlichkeitbei der Rente. Wir werden darauf hinwirken, dassMütter mit Kindern, die vor 1992 geboren wurden, imRentensystem bessergestellt werden. Das ist ein verdienterLohn für die Lebensleistung der Mütter.(Beifall bei der CSU)Wir haben Gesundheit und Pflege in einem eigenenMinisterium angesiedelt. Wir bündeln die Kompetenzenfür einen politischen Schwerpunkt der kommendenJahre in einem Haus. Damit können wir auch dieInteressen der bayerischen Patienten und Beitragszahlerim Bund noch besser durchsetzen. Wir habeneines der besten Gesundheitssysteme der Welt. Wirwerden einen Paradigmenwechsel hin zur Präventionmit einem eigenen bayerischen Präventionsplan einleiten.Wir werden die gute Gesundheitsversorgung überallim Land, insbesondere im ländlichen Raum fördern.Wir geben Anreize zur Niederlassung von Ärzten undwerden darauf hinwirken, dass der Bund eine zukunftsgerechteKrankenhausvergütung gewährleistet.Es kann nicht sein, dass selbst wirtschaftlich arbeitendeKrankenhäuser – und das ist die Mehrheit bei unsin Bayern – aufgrund der gesetzlichen Rahmenbedingungenzwangsläufig im Defizit landen.(Beifall bei der CSU)An Frau Badura gerichtet möchte ich darauf hinweisen,dass wir uns für Menschen mit Behinderungenein sehr ehrgeiziges Ziel vorgenommen haben. Bayernwird in zehn Jahren komplett barrierefrei sein:(Lachen bei den GRÜNEN)im gesamten öffentlichen Raum, im gesamten öffentlichenPersonennahverkehr. Dazu werden wir ein Sonderinvestitionsprogramm"Bayern barrierefrei 2023"auflegen.(Beifall bei der CSU – Volkmar Halbleib (SPD):Alle Anträge habt ihr abgelehnt, die wir bisher gestellthaben! Das hättet ihr schon viel früher machenkönnen!)Auf Bundesebene werden wir die Eingliederungshilfeweiterentwickeln und in ein Bundesleistungsgesetzüberführen. Alle möglichen drei Koalitionspartner derZukunft wollen dieses Bundesleistungsgesetz. Das ist


Plenarprotokoll 17/5 v. 12.11.2013 <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> – 17. Wahlperiode 111eine große gesellschaftliche Reform, die auch zueiner Kostenverlagerung und zur Entlastung der Kommunenführen wird. Aber das Allerwichtigste ist: Miteinem Bundesleistungsgesetz helfen wir den Menschenmit Behinderung verlässlich.(Beifall bei der CSU)Wohnen ist unmittelbare Heimat. Wir wollen den Wohnungsbauin Bayern ankurbeln, auch mit Unterstützungdes Bundes, und die Mieter vor überzogenenMietsteigerungen schützen. Wir erhöhen deshalb imLand Bayern die Mittel für den sozialen Wohnungsbauund für Studentenwohnungen. Ich denke, dass esnach langem Streit im Bundesrat jetzt zu steuerlichenAbschreibungsmöglichkeiten für den Mietwohnungsbaukommen wird. Das ist eine gute Nachricht.(Beifall bei der CSU – Karl Freller (CSU): Sehrgut!)Bayern unterstützt alle Bemühungen für einen Mindestlohn,und zwar unter Einbeziehung der Gewerkschaftenund der Arbeitgeber. In unserem Land mussder Grundsatz gelten: Wer Vollzeit arbeitet, soll davonauch angemessen leben können. Meine Damen undHerren, unsere Wachstumsgesellschaft braucht aucheine wertorientierte, langfristige Lebenskultur. UnserLeitmotiv ist das Prinzip der Nachhaltigkeit.(Margarete Bause (GRÜNE): Wo jetzt?)Der Erfolg Bayerns gründet auf der Fähigkeit, denWeg zwischen Bewahren und Fortschritt trittsicher zugehen. Wir als Staatsregierung wollen deshalb keinenFortschritt um jeden Preis, sondern einen Fortschrittmit Verantwortung für die nachkommenden Generationen,mit Augenmaß und Ehrfurcht vor der Schöpfung.Wir denken in Generationen bei Umwelt- undNaturschutz,(Margarete Bause (GRÜNE): Aber Sie handelnnicht so!)bei Wirtschaft und Finanzen, bei sozialer Sicherungund Infrastruktur, bei Bildung und Integration.Ein Musterbeispiel für nachhaltiges Handeln ist dieLand- und Forstwirtschaft in Bayern. Unsere Landwirteund Forstbesitzer erbringen unverzichtbare Leistungenfür unsere wunderbare Landschaft und Natur. Siestehen für die Nachhaltigkeit durch die Tat, und wirunterstützen deshalb unsere Landwirte und Waldbesitzerin Berlin und Brüssel.Bayerische Landwirte produzieren Lebensmittel, diequalitativ Weltspitze sind. Die Nachfrage nach Ökoproduktensteigt schneller als die Produktion. Wir förderndeshalb die Umstellung und wollen erreichen,dass die Ökoproduktion in der Landwirtschaft bis2020 verdoppelt wird. Ob es der Winzer in Franken,der Milchbauer im Allgäu, der Viehzüchter in derOberpfalz oder der Waldbesitzer im BayerischenWald ist - sie alle eint die gemeinsame große Leidenschaftnachhaltigen Wirtschaftens, das die Schöpfungund die Grundlagen für künftige Generationen sichert.Wer Zukunft sehen will, muss zu unseren bayerischenLandwirten gehen.(Beifall bei der CSU)Ein Pilotprojekt für die Nachhaltigkeit ist der Aufbruchin das neue Energiezeitalter. Wegen dessen großerBedeutung haben wir alle Energiefragen in einemEnergieministerium gebündelt. Sicher, bezahlbar undsauber – das sind unsere energiepolitischen Leitlinien.Schon heute wird ein Drittel des bayerischen Strombedarfsmit erneuerbaren Energien gedeckt. Wir steigerndiesen Anteil bis 2018 auf 40 %, und unser Zielist, Bayern zur führenden Region in der Energietechnologieund auch in der dezentralen Energieversorgungzu machen. Damit halten wir die Wertschöpfungim Land.Wichtige Entscheidungen stehen im Bund an. Nachder gestrigen Diskussion zwischen den drei möglichenKoalitionspartnern in Berlin habe ich allen Grundzur Zuversicht. Da stehen die Reform des Energieeinspeisungsgesetzes,der beschleunigte Bau der Übertragungsnetzeund die Sicherung der Grundlastfähigkeitfür Kraftwerke an. Bayern wird dieseEntscheidungsprozesse sehr intensiv begleiten. Auchden weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien wollenwir im Einklang mit Mensch und Natur gestalten.Der Dialog mit den Bürgern ist dabei von zentraler Bedeutung.Ich darf Ihnen ganz konkret mitteilen, dass es für denFall einer Großen Koalition in Berlin zu einer Länderöffnungsklauselkommen wird, wonach es jedem Landüberlassen bleibt, den Abstand zwischen Siedlungenund besonders hohen Windrädern selbst zu regeln.(Beifall bei der CSU – Zuruf der AbgeordnetenMargarete Bause (GRÜNE))Ich sage das nur, weil ich viel hören und lesen durfte,dass das nicht kommt, gar nicht kommen kann unddass wir wieder einmal ganz alleine stehen. Ich kannauch hier melden: Es kommt.(Beifall bei der CSU – Margarete Bause(GRÜNE): Und wann wollen Sie die 40 % erreichen?)


112 <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> – 17. Wahlperiode Plenarprotokoll 17/5 v. 12.11.2013Bayern ist Schrittmacher bei der Energieforschungund der Energietechnologie. Schwerpunkte sind derEnergiecampus in Nürnberg und die TU München. Ichnenne auch das Zentrum für Angewandte Energieforschungin Erlangen. Hier werden Solarzellen aus demDrucker entwickelt, eine Revolution für die EnergieundUmwelttechnologie. In Hof und Arzberg wird dasdezentrale Energiesystem der Zukunft entwickelt.Bayern geht noch an einer anderen Stelle voran: Wirkündigen ein Zehntausend-Häuser-Programm an, mitdem wir die Bürger unterstützen, die bei sich zuHause in innovative Lösungen für die Erzeugung, dieSpeicherung und das intelligente Management vonEnergie investieren. Energieautarke Haushalte – dasmuss unser Ziel sein. Das ist nicht nur gut für die Versorgungder Menschen, sondern macht uns auch unabhängigervom Energieimport.(Beifall bei der CSU)Energiesparen ist die beste Vorsorge. Ich denke auchhier, dass es zu der lange umstrittenen steuerlichenAbsetzbarkeit von energetischen Gebäudesanierungenkommen wird. Als Staat müssen wir jedoch beider Gebäudesanierung mit unseren staatlichen Liegenschaftenund Einrichtungen mit gutem Beispiel vorangehen.(Volkmar Halbleib (SPD): Deshalb haben Sie unsereAnträge immer abgelehnt!)Hier – das wissen wir – rentiert sich jeder Euro.Meine Damen und Herren, bei der Energiewendeschaut die Welt auf Bayern und Deutschland. Der Besuchdes französischen Premierministers hat mir dassehr deutlich gemacht. Wir sind Pioniere beim Umbauder Energieversorgung. Wir können, wenn wir es gutund richtig machen, tatsächlich Geschichte schreiben.Lassen Sie uns alle dazu beitragen.Nachhaltigkeit als bayerisches Handlungsprinzip –das ist ein hoher Anspruch gerade an den bayerischenStaat. Voraussetzung für Generationenverantwortungsind solide Finanzen. Unser Verfassungsauftraglautet: Keine neuen Schulden, Schuldenbremseeinhalten. Die Ausgaben müssen sich dauerhaft anden laufenden Einnahmen orientieren und nicht amWünschbaren. Meine Damen und Herren, auch daraufwerde ich in Berlin hinwirken. Selbstverständlichgilt dies für Bayern in den nächsten Jahren auch.Schon heute machen wir in unserem allgemeinenStaatshaushalt keinen Cent neue Schulden – und daszum neunten Mal in Folge. Wir gehen heute sogareinen großen Schritt im Sinne der Generationengerechtigkeitweiter. Wir wollen im Jahr 2030 das ersteLand ohne Schulden werden.(Beifall bei der CSU)Wir tilgen über 2,5 Milliarden Euro und damit 11 % unsererSchulden im allgemeinen Haushalt. Damit sparenwir bis zum Jahre 2030 über 1 Milliarde Euro alleinan Zinsen. Gleichzeitig haben wir imDoppelhaushalt unsere Investitionsausgaben auf insgesamtüber 11 Milliarden Euro gesteigert. In Zukunftwollen wir das Land mit der höchsten Investitionsquotein Deutschland sein.Wenn der Anteil der aktiven Bevölkerung schrumpft,die Zahl der Versorgungsempfänger aber steigt, dannmüssen wir Vorsorge für unsere Beschäftigen treffen– auf der einen Seite durch die Schuldentilgung undauf der anderen Seite durch den bayerischen Pensionsfonds.Den bayerischen Pensionsfonds werdenwir unmissverständlich und regelmäßig bedienen.(Beifall bei der CSU)Wir tilgen. Wir sorgen vor. Wir investieren kraftvoll indie Zukunft. Wir in Bayern – das sage ich jeden Tagbei den Koalitionsverhandlungen – beweisen: Stabilitätund Dynamik, Schuldentilgung und Wachstum sindkeine Gegensätze – sie gehören in Wahrheit zusammen.Wir in Bayern haben die Kraft zu Nachhaltigkeitund Generationengerechtigkeit. Am Beispiel der Finanzenerkennt man, dass Nachhaltigkeit und Gerechtigkeitzusammengehören. Nachhaltigkeit undGerechtigkeit sind ein Geschwisterpaar.Die bayerische Verwaltung hat einen hervorragendenRuf. Dafür danke ich allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiternim öffentlichen Dienst. In Anwesenheit vonHerrn Habermann möchte ich jedoch ansprechen,dass wir uns alle gemeinsam in den nächsten Jahrenüber die steigenden Personalkosten Gedanken machenmüssen. Der Anteil der Personalausgaben imbayerischen Staatshaushalt liegt heute schon bei41 % - Tendenz steigend. Die Folge ist immer wenigerSpielraum für Investitionen. Deshalb darf der Personalstandin Bayern nicht weiter steigen. Wer zusätzlicheStellen beantragt, muss anderswo Stelleneinsparen. Das bedeutet nicht Stillstand. Es bleibt beimeiner Zusage für zusätzliche Stellen im Justizvollzug.(Volkmar Halbleib (SPD): Wo einsparen?)Meine Damen und Herren, wir müssen gemeinsamdafür sorgen, dass die Zahl der Stellen und damit diePersonalquote nicht steigen. Schauen Sie einmalnach Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg.Diese Länder zeigen, wohin es führt, wenn man aufdiesen Gesichtspunkt keine Rücksicht nimmt: Dasgeht zulasten der aktiv Beschäftigten, die Kürzungenhinnehmen müssen.


Plenarprotokoll 17/5 v. 12.11.2013 <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> – 17. Wahlperiode 113(Beifall bei der CSU)Wie bei der finanzpolitischen Zukunftsvorsorge werdenwir auch die natürlichen Lebensgrundlagen fürkommende Generationen bewahren. Wenn ich in diesenTagen häufig von Berlin wieder nach Bayern fliege,sehe ich vom Flugzeug aus unser wunderbaresLand. Die Schönheit von Natur und Landschaft, sauberesWasser, reine Luft und ein gesunder Boden –das sind die wahren Schätze Bayerns.(Margarete Bause (GRÜNE): Beim letzten Malhaben Sie das AKW Isar I gesehen!)Wir müssen alles dafür tun, um diese Schätze auchan die nächste Generation weitergeben zu können.(Beifall bei der CSU)Gemeinsam mit den Kommunen und der Wirtschaftgehen wir kraftvoll die Generationenaufgabe Klimaschutzan. Wir legen ein neues Klimaschutzprogramm"Bayern 2050" auf mit einer Anpassungsstrategie bisin die einzelne Kommune hinein.Eines möchte ich noch erwähnen, weil es sich umeine gewaltige Zukunftsaufgabe handelt: Im Sommerhaben wir ein Jahrhunderthochwasser erlebt. DieseFlutkatastrophen häufen sich. Für den Hochwasserschutzgilt: Jeder Euro für die Prävention beim Hochwasserschutzspart zwei Euro für die Reparatur. Dassollte uns eine Lehre aus vier Hochwasserkatastrophenin kurzer Zeit sein. Deshalb werden wir dasTempo beim Hochwasserschutz weiter erhöhen unddabei auch auf naturnahe Lösungen und Flutpoldersetzen.Wohlstand, ökologischer Fortschritt, soziale Sicherheit– das alles gibt es nur mit nachhaltigem Wachstum.Wir machen Bayern zu dem Modell für die Symbiosevon Ökologie und Ökonomie. Wachstum ohne Rücksichtauf Mensch und Umwelt lehnen wir ab. Wir führenintelligentes Wachstum und ökologische Innovationzusammen. Wir nutzen heute unsere Ressourcenin Bayern um über 70 % wirksamer als zu Beginn derNeunzigerjahre. Die Zahl ist wichtig, weil sie belegt,dass die Anstrengungen schon höchst erfolgreichwaren. Das ist der bayerische Weg. Diesen setzen wirfort.Globalisierung, digitaler Aufbruch und demografischeEntwicklung verändern die Gesellschaft aber auch inanderer Weise. Zu den kulturellen Auswirkungen derGlobalisierung zählt die verstärkte Zuwanderung inunser Land. Freizügigkeit in der Europäischen Unionbestimmt immer mehr die Lebensplanungen. Seit1990 sind per Saldo mehr als 1,5 Millionen Menschenzu uns nach Bayern gekommen, davon fast 700.000aus dem Ausland. Mehr Zuwanderung nach Bayernbedeutet: Wir werden auch in Zukunft neue Mitbürgerinnenund Mitbürger mit ausländischen Wurzeln willkommenheißen. Die Vielfalt an Lebensmodellen, kulturellenPrägungen und Erfahrungen nimmt zu. Jeder,der sich in unsere christlich-abendländisch geprägteGesellschaft integriert, kann unser Land bereichern –mit seinen Ideen und Fähigkeiten, Kenntnissen undErfahrungen.Unsere Integrationspolitik orientiert sich an der Würdedes Menschen. Integration gelingt in Bayern am bestenvon allen Ländern. Augsburg, Nürnberg und München,um nur die drei größten Städte zu nennen,haben mehr Migranten als Berlin, aber viel wenigerProbleme. Wir haben in Bayern keine Parallelgesellschaften.Die Förderung der Integration ist ein ständigerProzess – von der Sprachförderung, der frühkindlichenBildung über die Sozialarbeit bis hin zurArbeitsvermittlung.Wir stehen für eine moderne Asylpolitik. Wir müssendringendst die Asylverfahren beschleunigen. Wir könnennicht mit dem gleichen Personal weitermachen,wenn wir die Grenze von 100.000 Asylbewerbernüberschreiten. Ich möchte in Bayern – ich hoffe, dassmir das in den Koalitionsverhandlungen gelingt –dafür Sorge tragen, dass die Verfahrensdauer vonlängstens sechs Monaten eingehalten wird. Gezieltdafür muss das Bundesamt für Migration und Flüchtlingemehr Personal bekommen. Das ist ein wichtigerPunkt in den Koalitionsverhandlungen. Durch straffeVerfahren – das ist meine Erfahrung – werden vieleProbleme vermieden, die uns bei unendlich langenVerfahren im Alltag immer wieder beschäftigen.Ein Arbeitsverbot für Asylbewerber ist in Zeiten hoherBeschäftigungszahlen nicht mehr zeitgemäß. Wir werdenin Berlin auf eine Lockerung dieses Verbotes hinwirken.Wegen der weiter steigenden Asylbewerberzahlenwerden wir im ganzen Land die Unterbringungskapazitätenaufstocken und weitere Plätze zur Erstaufnahmeschaffen. Ich danke in diesem Zusammenhangunseren Kommunen. Mittlerweile wohnen circa 60 %der Asylsuchenden bei uns in Privatwohnungen oderin Räumlichkeiten, die von Kommunen dezentral zurVerfügung gestellt werden. Ich betone heute mit Blickauf so manche praktische Entwicklung: In jeder RegionBayerns ist ein Aufenthalt zumutbar, meineDamen und Herren, in jeder Region!(Beifall bei der CSU)Auch in den Gemeinschaftsunterkünften werden wirEssenspakete durch Geldleistungen ersetzen. Unsere


114 <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> – 17. Wahlperiode Plenarprotokoll 17/5 v. 12.11.2013Sprachkurse für Asylbewerber sind mittlerweile einbundesweites Vorzeigeprojekt.Jedem, der berechtigt zu uns kommt, wollen wir eineHeimat bieten. Aber auch künftig gilt für die BayerischeStaatsregierung: Es darf keine Zuwanderung inunsere Sozialsysteme geben.(Beifall bei der CSU)Niemand darf sich über den Rechtsstaat und dieGrundwerte unserer Demokratie stellen. Wer Rechtebeansprucht, meine Damen und Herren, muss auchPflichten erfüllen. Dazu gehört die Achtung unsererRechts- und Werteordnung, die den Schutz der wirklichBedürftigen garantiert. Wer Hass predigt, werFrauen unterdrückt, wer versucht, unsere Toleranzauszunutzen, dem müssen und werden wir klareGrenzen zeigen.(Beifall bei der CSU)Ich danke ausdrücklich dem Oberbürgermeister derLandeshauptstadt für das gemeinsame Vorgehenbeim von außen inszenierten Hungerstreik von Asylbewerbernin München im Sommer dieses Jahres.Jedem, der nach Bayern kommt, sollte klar sein: Wirsind eine humane Gesellschaft, aber wir sind nicht erpressbar.Hass und Gewalt, Extremismus und Rassismus dürfenkeinen Platz in Bayern haben. Deshalb sage ichauch heute deutlich, und das war immer meine Meinung:Die NPD muss verboten werden. Ich appellierean die neue Bundesregierung, dem vom Bundesratangestrengten Verbotsverfahren beizutreten. Daswäre ein Testfall für eine wehrhafte Demokratie.(Beifall bei der CSU und der SPD)Bayern ist deutscher Listenführer in zahlreichen Bereichen.Das gelingt nur, weil wir für unsere bayerischenAnliegen eine starke Stimme und Durchsetzungskraftim Bund und in Europa haben. Ichdiskutiere nach Verabschiedung der Koalitionsvereinbarungenüber die Inhalte und bayerischen Maßstäbe– angekündigt und gehalten - gerne hier in diesemHohen Hause.Unsere gemeinsame Aufgabe lautet: EigenständigkeitBayerns stärken; Kompetenzen des Bayerischen<strong>Landtag</strong>s gegen Übergriffe aus Berlin und Brüsselverteidigen; unsere Gestaltungskraft für die Menschenin Bayern nutzen. Daran werden wir alle gemessen.Wir alle arbeiten für ein starkes Bayern in Deutschlandund in Europa.Nachdem viele Grundsatzentscheidungen der deutschenPolitik in Berlin und Brüssel fallen, kommt esmehr denn je auf eine starke Stimme Bayerns dort an.Ich will Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, heutezurufen: Besonders auf diesen Feldern der BundesundEuropapolitik wird die Staatsregierung die Zusammenarbeitmit dem Bayerischen <strong>Landtag</strong> undallen Fraktionen anstreben – generell, aber hier besonders.Ich appelliere deshalb an alle Fraktionen. Hier geht esnaturgemäß oder meistens nicht um Parteipolitik. Hiergeht es um die Vertretung bayerischer Interessen –beim Länderfinanzausgleich ebenso wie bei der Stärkungder föderalen Ordnung. Wir wollen mehr Eigenständigkeitbei den Finanzen. Dabei bleibt es, weil wirals Bayern Motor Deutschlands sind. Doch der derzeitigeLänderfinanzausgleich bestraft Leistung. DieLeistung unserer Mittelständler, unserer Handwerker,unserer Arbeitnehmer wird bestraft. Wir stehen inBayern zur Solidarität. Aber ich sage: Es muss dabeigerecht zugehen. Der Solide, der Tüchtige darf amEnde nicht der Verlierer sein. Deshalb bleibt es auchmit der neuen Staatsregierung bei der Verfassungsklagegegen den Länderfinanzausgleich in Karlsruhe.(Beifall bei der CSU)Wir sehen die föderale Vielfalt in Deutschland alsStärke – gerade bei der Bildung. Bildungszentralismusist nach unserer festen Überzeugung ein Irrweg.Deshalb wehren wir uns gegen eine Gleichschaltungder Bildungspolitik in Deutschland, nicht aus Selbstzweck,sondern weil es uns darum geht, unseren Kindernauch zukünftig die besten Bildungschancen zusichern. Jeder muss wissen hier im Hause: Bildungspolitikgehört zu den Kronjuwelen der Länder unddamit zum Kernbestand dieses Hohen Hauses. Wirwerden unsere Kompetenzen schützen gegenüberBerlin und auch gegenüber Brüssel. Wir schauen aufBayern. Das ist unser Auftrag.Bayern liegt bekanntlich jetzt im Herzen Europas. Wirbekennen uns zu Europa als Wertegemeinschaft. Wirhaben Europa viel zu verdanken, nicht zuletzt als Exportland.Aber, meine Damen und Herren, wir wollendas richtige Europa – ein Europa der Bürger, ein Europader Regionen, ein Europa der Subsidiarität. Wirarbeiten für ein Europa, das sich auf seine wesentlichenAufgaben beschränkt und nicht ständig mehrReglementierung, Zentralismus und Bürokratie produziert.Jeder wahre Freund Europas muss deshalb füreinen Kurswechsel bei den europäischen Institutionensein.


Plenarprotokoll 17/5 v. 12.11.2013 <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> – 17. Wahlperiode 115Wir kämpfen auch für einen stabilen Euro, für eineStabilitätsunion statt einer Schuldenunion. Diese Politikträgt bekanntlich bereits erste Früchte.Wir wollen die Menschen für Europa gewinnen. Wirmüssen die Bürger stärker an der Europapolitik beteiligen.Deshalb streben wir bekanntlich Referenden inDeutschland zu grundlegenden europapolitischenEntscheidungen an. Wir wollen die nationalen Parlamentean Brüsseler Entscheidungen stärker beteiligen.Ich darf auch heute darauf hinweisen: In Bayernhaben wir durch Volksentscheid die Rechte des Bayerischen<strong>Landtag</strong>s in der Europapolitik gestärkt.Mit der Initiative "BAYERN GLOBAL" werden wir dieinternationale Vernetzung Bayerns weiter ausbauenund den Freistaat Bayern als Ort bedeutender internationalerBegegnungen weiter stärken. Wir setzeneinen Schwerpunkt auf unsere Kontakte mit unserenunmittelbaren Nachbarn, mit Österreich, der Schweizund Tschechien. Unsere guten und freundschaftlichenBeziehungen zur Tschechischen Republik werden wirdadurch weiter ausbauen, dass wir eine Vertretungdes Freistaats Bayern in Prag errichten können.Je weltoffener und internationaler eine Gesellschaftist, liebe Kolleginnen und Kollegen, desto wichtigersind die eigenen kulturellen Werte. Kunst und Kultursind Nahrung für die Seele und auch Daseinsvorsorge.Das Miteinander von Volkskultur und Spitzenkulturgehört zur bayerischen Identität. Dafür steht der KulturstaatBayern. Kultur heißt Pflege – Pflege unsererSchöpfung, aber auch Pflege unserer inneren, geistigkulturellenWerte. Dazu gehört die Pflege nicht nurunserer Geschichte, unserer Traditionen und Bräuchein all ihrer Vielfalt, sondern genauso auch neuer Formenbayerischer Populärkultur in Kino, Kunst, Musikund Theater. Kultur ist nicht Luxus, sondern Lebenselixier.Kultur heißt Kraft zur Zukunft.Wir wollen die Kulturförderung stärker dezentral ausrichtenund an die regionalen und lokalen Kulturträgeranpassen. In unserem bayerischen Kulturkonzept setzenwir daneben auch auf Leuchttürme wie das Museumder Bayerischen Geschichte in Regensburg unddas Sudetendeutsche Museum in München. Ab 2014,also ab dem nächsten Jahr wird es in Bayern einenlandesweiten Gedenktag für die Opfer von Flucht,Vertreibung und Deportation geben. Wir drückendamit unseren Respekt vor dem Schicksal und derLebensleistung unserer Heimatvertriebenen aus.(Beifall bei der CSU und des Abgeordneten VolkmarHalbleib (SPD))In München und Nürnberg sollen neue Konzertsäle fürunsere Orchester von Weltrang ermöglicht werden.Das Museum Mensch und Natur in Schloss Nymphenburgwird zu einem Naturkundemuseum Bayernausgebaut. Wir investieren in die Neukonzeption derFestung Marienberg in Würzburg.In meiner ersten Regierungserklärung im Jahr 2008habe ich ein Bündnis für Werte angekündigt. Vor dreiJahren haben wir das Wertebündnis aus der Taufegehoben. Heute können wir nicht ohne Stolz sagen:Das Wertebündnis Bayern ist ein echtes Erfolgsmodell.Über 100 Organisationen, Institutionen, Verbände,Vereine und Stiftungen setzen sich dafür ein, dassWerte aktiv gelebt und erlebt werden können. Sie stehenfür einen großartigen Zusammenhalt in Bayern.Dieses Wertebündnis ist einmalig in ganz Deutschland!Wir werden die christlichen Feiertage uneingeschränkterhalten. Das Reformationsjubiläum am31. Oktober 2017 werden wir zum gesetzlichen Feiertagerklären. Das ist Ausdruck der christlichen Prägungunserer Grundwerte und nicht zuletzt auch derBayerischen Verfassung.(Beifall bei der CSU)Im Jahr 2018 – das ist das Ende dieser Legislaturperiode– werden wir die Verfassung von 1818 und dieAusrufung des Freistaates Bayern im Jahr 1918 würdigen.Bayern hat bekanntlich eine über tausendjährige,stolze Geschichte. Bayern baut auf eine starkeTradition. Aus dieser großen Tradition schöpfen wirdie Verantwortung und die Kraft zur Zukunft.Meine Vision für 2018 war und bleibt: Bayern bietetdie beste Lebensqualität für alle Menschen. Dafür sollBayern in allen Bereichen in Deutschland führend undweltweit in der Spitzengruppe sein.Zur Verfassung von 1818 hat der Rechtsgelehrte Anselmvon Feuerbach den bemerkenswerten Satz geschrieben:"Es ist in sehr vieler Beziehung jetzt einegroße Freude Bayern anzugehören." Das gilt auchheute noch. Bayern ist etwas Besonderes. Bayern isteinmalig und einzigartig. Bayern ist eine Insel der Stabilitätund Motor des Fortschritts. Bayern ist Freiheitund Geborgenheit. Bayern ist selbstbewusst und tolerant.Kurz zusammengefasst, meine Damen und Herren:Bayern ist das Land der unbegrenzten Möglichkeiten.Bayern ist Zukunft.(Anhaltender Beifall bei der CSU – Hubert Aiwanger(FREIE WÄHLER): Sie haben nur noch dieVorstufe zum Paradies vergessen! Das gehörtnoch hinein!)Bayern ist das Land der unbegrenzten Möglichkeiten.Bayern ist Zukunft.


116 <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> – 17. Wahlperiode Plenarprotokoll 17/5 v. 12.11.2013Liebe Kolleginnen und Kollegen, der von mir zitierteRechtsgelehrte, Herr Feuerbach, hat recht: Es ist einegroße Freude, in Bayern zu leben und Bayern anzugehören.Es ist ein Glück, in Bayern zu leben. - Ichdanke Ihnen.(Lang anhaltender lebhafter Beifall bei der CSU)Präsidentin Barbara Stamm: Herr Ministerpräsident,ich bedanke mich für die Abgabe Ihrer Regierungserklärung.Als Präsidentin des Hohen Hauses darf ichmich ausdrücklich für Ihre Ausführungen zu denRechten des Parlaments gegenüber dem Bund undEuropa bedanken. Das war in unserem Interesse.Das ist auch unsere Auffassung und unser Bestreben.Vielen Dank dafür.(Beifall bei der CSU)Kolleginnen und Kollegen ich eröffne jetzt die allgemeineAussprache. Ich darf an den Ältestenrat erinnernund sagen, dass wir pro Fraktion eine Redezeitvon, etwas aufgerundet, 68 Minuten pro Fraktionhaben. Ich kündige das nur an. Wie die Verteilung derRedezeit von den einzelnen Fraktionen gehandhabtwird, liegt in deren eigener Entscheidung. Ich eröffnedie Aussprache und darf als Erstem dem Vorsitzendender SPD-<strong>Landtag</strong>sfraktion, Herrn KollegenRinderspacher, das Wort erteilen. Bitte schön, HerrKollege.Markus Rinderspacher (SPD): Sehr geehrte FrauPräsidentin, Herr Ministerpräsident, geschätzte Kolleginnenund Kollegen, Hohes Haus! Wir stehen voreiner gewaltigen Aufgabe. Es gilt, unsere Heimat Bayernin eine gute, in eine noch bessere Zukunft zu geleiten.Dieser Herausforderung haben sich alle im<strong>Landtag</strong> vertretenen Parteien verschrieben. Darangibt es keinen Zweifel. Wir müssen unsere Spitzenplätzein Bayern, die wir auf so vielen Gebieten belegen,verteidigen. Wir müssen die Aufholjagd dort, wowir noch zurückliegen, beschleunigen. Im Gesamtbildsteht der Freistaat Bayern im 9<strong>5.</strong> Jahr nach seinerAusrufung durch den Sozialdemokraten Kurt Eisnergut da. Viele Wirtschaftsdaten sind beispielhaft. DieArbeitslosigkeit ist auf erfreulich niedrigem Niveau.Die Kriminalitätsrate ist im Vergleich mit den anderenBundesländern gering. Vielen Menschen in Bayerngeht es gut, einigen sogar sehr gut.Doch wo Licht ist, da ist auch Schatten. Es ist unsereerste Pflicht als Abgeordnete des Bayerischen <strong>Landtag</strong>s,uns nicht in Selbstzufriedenheit zurückzulehnenund von einer vermeintlichen Vorstufe zum Paradieszu fabulieren.(Beifall bei der SPD)Liebe Kolleginnen und Kollegen, dass es uns in Bayernso gut geht, haben wir zuallererst dem Fleiß unddem Tatendrang der Menschen in Bayern zu verdanken.Das betrifft Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmerim gleichen Maß wie unsere bayerische Unternehmerschaft.Sie sind die Garanten unseres ökonomischenErfolgs. Es geht mir aber nicht nur um jene, die in denBetrieben und Unternehmen sehr gute Arbeit leisten.Im Besonderen geht es mir auch um diejenigen, diesich im Ehrenamt um unser Gemeinwohl verdient machen.Jeder dritte Mitbürger und jede dritte Mitbürgerinin Franken, in Schwaben und in Altbayern setzensich in der Freizeit für Gottes Lohn für unsere Mitmenschenein. Dieses millionenfache Engagement in Vereinen,Initiativen, bei den Feuerwehren, in Kirchengemeinden,bei Wohlfahrtsverbänden, inSelbsthilfegruppen und Nachbarschaftshilfen machtdas soziale, das menschliche und damit das sympathischeGesicht Bayerns aus. Darauf sind wir gemeinsamstolz. Wir danken allen, die sich Tag für Tag uneigennützigin Bayern in den Dienst derMitmenschlichkeit stellen.(Beifall bei der SPD)Liebe Kolleginnen und Kollegen, als jüngerer Abgeordneterim Bayerischen <strong>Landtag</strong> ist es mir ein besonderesAnliegen, der älteren Generation in Bayern fürihre Aufbauarbeit zu danken. Die Erfolge des Freistaatsgehen ganz wesentlich auf den vorbildlichenEinsatz und Aufbauwillen unserer älteren Mitbürgerinnenund Mitbürger zurück. Sie haben ein Anrecht darauf,ihr Leben in Würde und Wertschätzung führenzu können. Wir brauchen in Bayern die Erfahrung, dieUrteilskraft und Besonnenheit der älteren Generation,um politisch und wirtschaftlich das Gleichgewicht zuhalten. Die SPD-Fraktion arbeitet für ein Bayern, indem Jung und Alt gut zusammenwirken und generationenübergreifendzusammenarbeiten.Es freut mich, dass der Ministerpräsident sein Bildvom Älterwerden verändert hat. Herr MinisterpräsidentSeehofer hatte noch vor fünf Jahren alle Kabinettsmitgliederim Alter von über 60 Lebensjahren regelrechtaufs Altenteil abserviert. Von der Defizitsichtzur Kompetenzsicht spricht er in seiner Regierungserklärungfünf Jahre später. Das ist eine neue Erkenntnis,Herr Ministerpräsident. Wir begrüßen das.(Beifall bei der SPD)Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir leben in einemlebenswerten und liebenswerten Land. Wir wollen,dass das auch in Zukunft so bleibt. Wir arbeiten fürein menschliches und ein modernes Bayern, ein Bayern,in dem sich alle Bewohnerinnen und Bewohnerzu Hause und heimisch fühlen, egal, ob sie hier gebo-


Plenarprotokoll 17/5 v. 12.11.2013 <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> – 17. Wahlperiode 117ren wurden oder zugereist sind, ob sie in der Stadtoder auf dem Land leben, egal ob Mann oder Frau, obalt oder jung, gesund oder krank, unabhängig von derReligionszugehörigkeit, der Weltanschauung, der Herkunftoder der sexuellen Orientierung. Die Menschenin Bayern sollen ein freies, ein selbstbestimmtes undchancenreiches Leben führen können. Sie sollen sichdabei gut aufgehoben fühlen. Dafür machen wir Sozialdemokratenhier im Bayerischen <strong>Landtag</strong> Politik.Das ist die politische Verantwortung, die wir wahrnehmen.(Lebhafter Beifall bei der SPD)Das Lebens- und das Liebenswerte in Bayern ist invielen Jahrhunderten entstanden. Es ist nicht dasErbe einer Partei. Das Gute und das Schöne in Bayernhat kein Parteivorsitzender, kein Generalsekretärund auch kein Funktionärsgremium, gleich welcherPartei, erarbeitet. Die herrlichen Landschaften, diewertvollen Traditionen und Bräuche, unsere wunderbareKultur, um die uns viele beneiden – ja, es ist einGlück, in Bayern zu leben, Herr Ministerpräsident.Feuerbach hat Recht; auch das kann ich unterschreiben,meine Damen und Herren.(Lebhafter Beifall bei der SPD)Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir gleichen heuteunsere politischen Vorstellungen darüber ab, wasgetan werden muss, um unsere Heimat auf einemguten Kurs zu halten beziehungsweise auf einenguten Kurs zu bringen, wo dies noch nicht der Fall ist.Ich will mich dabei auf einige wenige Schwerpunktekonzentrieren. So sehr die allgemeine Aussage "Bayerngeht es gut" stimmt - wer wollte dem ernsthaftwiedersprechen? -, umso deutlicher zeigen sich in derDetailansicht der vergangenen Jahre Brüche undFehlentwicklungen. Aus meiner Sicht gibt es vier zentraleHerausforderungen, die die bayerische Landespolitikmit Nachdruck angehen muss.Erstens. Der fortschreitende demografische Wandelbeeinflusst das Leben in unserer Heimat zunehmend.Es werden zu wenige Kinder geboren, zugleich steigtdie Lebenserwartung erfreulicherweise an. Diese Entwicklungerfordert ein aktives Handeln der Politik undder Gesellschaft. Unser Bayern der Zukunft ist einLand, in dem Stadt und Land Hand in Hand gehenund kein Landstrich abgehängt wird.(Beifall bei der SPD)Zweitens. Der wirtschaftliche Fortschritt in Bayern istkein Selbstläufer. Unser Bayern der Zukunft ist einLand, in dem Wirtschaftspolitik nicht allein dem Marktüberlassen bleibt, sondern der Freistaat nimmt seineVerantwortung vorausschauend und gestaltend wahrund schafft Rahmenbedingungen, die der bayerischenWirtschaft Entwicklungsperspektiven eröffnen undfaire Bedingungen in der Arbeitswelt herstellen.Drittens. Bayern hat in verschiedenen Bildungsstudiendurchaus gute Eckwerte erzielt. Die Chancen unsererKinder sind im Freistaat aber sehr ungleich verteilt.Sie sind nach allen vorliegenden Studien so sehr vomGeldbeutel der Eltern abhängig wie in keinem anderenBundesland.(Beifall bei der SPD – Volkmar Halbleib (SPD):So ist es leider!)Unser Bayern der Zukunft ist hingegen ein Land, indem kein Kind verloren geht.Viertens. Bayern ist ein reiches Land. Umso mehrkann es uns als die politischen Verantwortungsträgernicht ruhen lassen, dass im Freistaat die Schere zwischenArm und Reich immer weiter auseinandergeht.Das Armutsrisiko für viele Bürgerinnen und Bürger istin den letzten Jahren gestiegen, nicht gesunken.Unser Bayern der Zukunft ist deshalb ein Land, indem Solidarität und Zusammenhalt nicht nur in Sonntagsredenpropagiert werden. Soziale Gerechtigkeitwill auch politisch organisiert sein; dafür steht dieSPD. Dafür werden wir hier im Hohen Hause in denkommenden fünf Jahren Politik machen.(Beifall bei der SPD)Liebe Kolleginnen und Kollegen, es gibt sicher vieledenkbare Antworten und Lösungsansätze für die beschriebenenHerausforderungen. Eine Antwort desMinisterpräsidenten erscheint uns besonders zweifelhaft,nämlich die Installation eines Heimatministersund der Glaube, die beschriebenen Herausforderungenwären damit gelöst. Die Erwartungen der bayerischenBevölkerung an diesen Heimatminister sindsehr hoch. Der Ministerpräsident hatte im Wahlkampfin allen sieben Regierungsbezirken versprochen, esmöge Manna regnen. Der neue Heimatminister solldas richten. Motto: Haben Sie ein Problem? Egal, woSie in Bayern leben, schreiben Sie an Markus SödersHomeoffice nach Nürnberg. Die Söder-Politikzentralekümmert sich schon.Wir kritisieren: Die CSU sucht die Lösung für dezentraleProbleme schon wieder einmal im Zentralismus.Ein zentral organisiertes Ministerium in der zweitgrößtenMetropole des Landes soll es richten. Das sogenannteHeimatministerium ist in unseren Augen einMarketing-Gag und nichts anderes als die Forstsetzungdes CSU-Zentralstaats mit anderen Begriffenund mit einer anderen Postadresse. Bayern brauchtaber nicht mehr CSU-Zentralstaat; denn davon habenwir mehr als genug und viel zu viel. Heimat ist auch


118 <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> – 17. Wahlperiode Plenarprotokoll 17/5 v. 12.11.2013nicht mit Markus Söders Fernbedienung zu gestalten,weder aus Nürnberg noch aus München. Heimat findetvielmehr dort statt, wo sie ihren Ursprung hat, unddas ist vor Ort. Heimat stiftet vor Ort Identität undCharakter. Was Bayern braucht, sind mehr Dezentralität,mehr Freiheit und mehr Eigenverantwortung inden Regionen. Freiheit statt Zentralismus, das mussdas Credo der bayerischen Landespolitik in denkommenden Jahren sein.(Lebhafter Beifall bei der SPD)Liebe Kolleginnen und Kollegen, ergänzt um das 2004verfassungsrechtlich verankerte Konnexitätsprinzip,wer anschafft, der bezahlt, ist die Subsidiarität für unsSozialdemokraten das ganz entscheidende freiheitlicheOrdnungselement für den Freistaat Bayern. Subsidiaritätsteht für die Entfaltung der individuellen Fähigkeiten,der Selbstbestimmung undEigenverantwortung. Um es zu übersetzen: Vor Ortfinden die Betroffenen bessere Lösungen, und siehaben bessere Ideen als die Münchner CSU–Zentralministerialverwaltung.Das ergibt sich schon aus einem Blick auf die Landkarte.Bayern ist mit über 70.000 Quadratkilometerndas mit Abstand größte deutsche Flächenland:71 Landkreise, 25 kreisfreie Städte. Andere Bundesländersind viel kleiner. Das Saarland beispielsweisehat eine Fläche, die nicht viel größer ist als der LandkreisAnsbach. Oder nehmen wir Thüringen undSchleswig-Holstein. Sie sind jeweils kleiner als derRegierungsbezirk Oberbayern. Schon allein deshalb,schon aufgrund der Größe des Freistaats Bayern,sollte sich eine Münchner Zentralregierung oder einNürnberger Zentralkomitee nicht einbilden, alle Antwortenfür jeden Winkel Bayerns parat zu haben.(Beifall bei der SPD)Wir Sozialdemokraten treten für ein Bayern der Regionenein und gegen das durchgängige CSU-Zentralstaatsprinzip,das alles, bis ins letzte kleine Detail,von der Zentral-Staatskanzlei und jetzt vom Heimatministeriumaus steuern und lenken will.Meine Damen und Herren, die bayerische Bevölkerunghat am 1<strong>5.</strong> September per Volksentscheidgleichwertige Lebensbedingungen als Verfassungszielin unsere Bayerische Verfassung aufgenommen.Dieses neu definierte Verfassungsziel wird in der laufendenLegislaturperiode unsere volle Aufmerksamkeitabverlangen. Nachdem die Regierungsfraktioneinen eigenen <strong>Landtag</strong>sausschuss mit dem Titel "Heimat,gleichwerte Lebensbedingungen und Infrastrukturin den Regionen" abgelehnt hat, wird die SPD einegleichlautende Heimat-Enquetekommission einsetzen.Der Enqueteauftrag und die Themen liegen aufder Hand: Verbesserung der Internetversorgung, Sanierungder Verkehrswege, Erhalt der Schulen undder medizinischen Versorgung, aber auch die Begrenzungder Mietenexplosion in den Ballungszentrensowie die Stärkung der kulturellen Landschaft in derFläche. All diese Themen sind für die Menschen inBayern eng damit verbunden, wie sie ihre Heimat erleben.Hier gibt es erheblichen Handlungsbedarf; dasdürfte in diesem Hohen Hause unstrittig sein. Selbstder neue Heimatminister Markus Söder spricht ineinem Interview mit der "Bayerischen Staatszeitung"inzwischen von Bayern als einem Land der zwei Geschwindigkeiten.(Volkmar Halbleib (SPD): Hört, hört!)Bayern, ein Land der zwei Geschwindigkeiten! HerrSöder, wo Sie Recht haben, haben Sie Recht.Ich nenne einige Beispiele: Die CSU hat es über50 Jahre zugelassen, dass die wirtschaftliche Schereinnerhalb Bayerns stark auseinandergeht. Das Bruttoinlandsproduktder Erwerbstätigen im Landkreis Freyung-Grafenauliegt weit unter dem bayerischenDurchschnitt bei 74 %. Im Landkreis München liegt esweit über dem bayerischen Durchschnitt bei über171 %, das ist mehr als zweieinhalbmal so hoch. Einanders Beispiel: die Kaufkraft. Im Landkreis Starnbergverfügte im Jahr 2012 jeder Einwohner über eineKaufkraft von 30.000 Euro. Im östlichen Bayern lagdie Kaufkraft je Einwohner vielfach weit unter dembayerischen Durchschnitt von etwa 22.000 Euro. Das,meine Damen und Herren, nennen Experten "erheblicheregionale Disparitäten". Während in Teilen Oberfrankensund der nördlichen Oberpfalz Kindergärtenund Schulen wegen Kindermangels geschlossen werden,kommen die boomenden Metropolen mit demBau von Kindergärten und Schulen nur mit großer Anstrengunggerade noch hinterher. Während in manchenGegenden Bayerns dramatischer Wohnungsleerstandzu verzeichnen ist, wird der Wohnraum inden Metropolen immer knapper. Die Mieten und dieImmobilienpreise explodieren dort.Die Probleme hinter all diesen nüchternen Fakten,meine Damen und Herren, werden beim Blick auf diesehr heterogene Bevölkerungsentwicklung in den Regierungsbezirkenin den nächsten Jahren noch verstärkt:Während für Oberbayern bis zum Jahr 2031ein Bevölkerungsplus von 6,5 % prognostiziert wird,wird für Oberfranken ein Minus von 9,3 % erwartet.Welche Konsequenz ergibt sich daraus für uns alsverantwortliche Politiker? – Zunächst, so meine ich,gehört es zu unseren Pflichten als Politiker mit Verantwortung,den Menschen vor Ort reinen Wein einzuschenken.Wir können niemandem versprechen, de-


120 <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> – 17. Wahlperiode Plenarprotokoll 17/5 v. 12.11.2013Der Ministerpräsident hat heute die Investitionen seinerRegierung in die Bildung gerühmt. Bei genaueremHinsehen ergibt sich jedoch die nüchterne Erkenntnis,dass Bayern nur auf Platz 8 im Bundesländervergleichsteht, wenn es um den Anteil der unmittelbarenAusgaben für Schulen im Staatshaushalt geht, hinterBaden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz,die die vorderen Plätze belegen.Es gibt eine weitere nüchterne Wahrheit: In keinemanderen Bundesland hängen Bildungschancen sosehr vom Geldbeutel, vom Wohnort und von der Ausbildungder Eltern ab wie in Bayern.(Zuruf des Abgeordneten Professor Dr. GerhardWaschler (CSU))Herr Ministerpräsident, Sie haben heute hier angekündigt,Sie wollten in der Bildungspolitik keine Reformenmehr. Die maßgeblichen Probleme und Herausforderungensind doch aber alles andere als gelöst.Noch immer ist der Unterrichtsausfall in Bayern viel zuhoch. Noch immer sind die Klassen viel zu groß, umeine individuelle Förderung unserer Kinder hinreichendzu ermöglichen. Noch immer ist die Zahl derer,die ohne Schulabschluss und damit ohne Berufsperspektivenbleiben, zu hoch. 7.000 Schülerinnen undSchüler sind das jedes Jahr. Die Reparaturkosten fürunsere Gesellschaft steigen damit jedes Jahr. Durcheine sehr einseitige Orientierung auf Auslese vergeudenSie Potenziale und verbauen jungen MenschenLebenschancen. Das werden wir uns in Bayern künftignicht mehr erlauben können.(Beifall bei der SPD)Eine gute Bildungspolitik ist die beste Präventiongegen Armut und Arbeitslosigkeit. Deshalb sagen wir,die oberste Prämisse von Bildung in Bayern musssein: Kein Kind darf verloren gehen.(Beifall bei der SPD – Zurufe von der SPD:Bravo!)Noch immer hat ein Facharbeiterkind eine siebenmalgeringere Chance, das Abitur zu machen, als ein Akademikerkind.Noch immer sind die Schulabschlüsse inden Regionen höher, in denen viel Geld vorhandenist. Damit geht auch die Privatisierung bayerischer Bildungsanstrengungenein Stück weit einher. JedesJahr bezahlen bayerische Familien privat etwa250 Millionen Euro für Nachhilfeunterricht. Das sinddiejenigen Familien, die es sich leisten können. Kinderaus Familien mit schmalerem Geldbeutel bleibenauf der Strecke. Wer sich im System Spaenle garnicht mehr weiterzuhelfen weiß, schickt sein Kind fürviel Geld auf eine Privatschule. Während staatlicheSchulstandorte massenhaft geschlossen werdenmussten, 700 an der Zahl in den letzten zehn Jahren,sind im gleichen Zeitraum in Bayern knapp 100 neuePrivatschulen entstanden, davon allein fast 40 in denkaufkraftstarken Regionen Oberbayerns, also dort, woviel Geld vorhanden ist. Wohl dem in Bayern, derGeld für Bildung hat! Wir erinnern uns an die frühereCSU-Schulministerin Frau Hohlmeier: Sie konnte sichdie Privatschule für ihre Kinder leisten.Die stetig wachsende Zahl von Privatschülern stehtnach meiner Überzeugung auch mit der überhastetenEinführung des verkürzten Gymnasiums G 8 in Verbindung.Viele Eltern halten für ihre Kinder ein langsameres,ausführlicheres Lernen in neun Schuljahrenfür die bessere Variante. Deshalb bleibt die Debatteüber die besten Lernformen an bayerischen Gymnasienauch in dieser Legislaturperiode auf der Tagesordnung.Dafür werden wir Sozialdemokraten Sorgetragen, auch wenn Sie, Herr Ministerpräsident, dasThema am liebsten beerdigen würden.(Beifall bei der SPD)Meine Damen und Herren, für die SPD sind in derbayerischen Bildungspolitik die folgenden drei Punktevordringlich. Punkt eins lautet: gute Bildung von Anfangan. Nach unserem Verständnis sind bereits diebayerischen Kinderbetreuungseinrichtungen Bildungseinrichtungen.Das beginnt in der Kinderkrippe. DieCSU-Zentralregierung hat das über einen viel zu langenZeitraum negiert und ganz anders gesehen. Dashatte zur Folge, dass Bayern im Bundesländervergleichbei der Kinderbetreuung weit hinterherhinkt.Der Freistaat liegt im Bundesländerranking der Statistiküber die Betreuung der Kinder unter drei Jahren lediglichauf einem enttäuschenden zwölften Platz. Diebundesweit niedrigsten Betreuungsquoten weisen diekreisfreie Stadt Amberg und der Landkreis BerchtesgadenerLand auf. Auch die bayerischen StädteStraubing und Kaufbeuren liegen ganz am Ende. Stattim Bund mit dem Betreuungsgeld Fehlanreize gegenden Rat aller Experten durchzudrücken, muss Bayerndringend weitere Kinderbetreuungsplätze schaffenund auch in die Qualität der Betreuungseinrichtungeninvestieren. Das ist unsere Überzeugung.(Beifall bei der SPD)Punkt zwei betrifft den Erhalt der wohnortnahen Schule.Wo die Schule stirbt, da stirbt das Dorf. DieserSatz ist so erschreckend wie wahr. Wie gesagt,700 Schulstandorte mussten in den letzten zehn Jahrenin Bayern schließen. Der Freistaat gibt heute100 Millionen Euro mehr für die Schülerbeförderungim Schulbus aus als noch vor 13 Jahren. Schulbusunternehmermüsste man in Bayern sein! Das ist mit der


Plenarprotokoll 17/5 v. 12.11.2013 <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> – 17. Wahlperiode 121CSU im Freistaat ein Geschäftsmodell der Zukunft,liebe Kolleginnen und Kollegen.(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)Die Schulwege für Bayerns Schülerinnen und Schülerwerden immer weiter und immer länger. Eine Anfahrtdauert 60 bis 70 Minuten, ebenso lange der Heimweg.Viele Kinder sitzen pro Woche länger im Schulbus alsim Mathematik- und Deutschunterricht zusammengenommen.Dieser Entwicklung kann die CSU-Zentralregierungdoch nicht tatenlos zusehen. Vielmehrmuss die Maxime gelten: kurze Beine, kurze Wege.(Beifall bei der SPD)Der Ministerpräsident verkündet heute eine staatstragendeBestandsgarantie für rechtlich selbstständigeGrundschulen. Den Eltern, Schülern und Lehrern undauch den Bürgermeistern vor Ort ist es relativ egal,welche Rechtsform die Schule hat. Ihre heute verkündeteBestandsgarantie, Herr Ministerpräsident, isteine Mogelpackung; denn 300 Schulen in 300 Ortenin Bayern sind nicht rechtlich selbstständig. Ich behaupte:Diese Grundschulen werden Sie in dennächsten fünf Jahren schließen, genauso wie die150 Mittelschulstandorte, die aufgrund ihrer Schülerzahlakut von Schließung bedroht sind.(Beifall bei der SPD)Gute Bildungspolitik muss wohnortnah alle Qualitätsstandardsgewährleisten und alle Schulabschlüsse ermöglichen,lange Schulwege vermeiden und als Lösungregionale Schulmodelle zulassen, um gleicheChancen in Stadt und Land zu schaffen, und zwar mitder Schule, in der möglichst alle Schulabschlüsseunter einem Dach angeboten werden. Das ist unserLösungsvorschlag. Verweigern Sie sich nicht weiterbildungspolitischem Fortschritt in Bayern!(Beifall bei der SPD)Ich komme zu Punkt drei: Wir brauchen mehr Ganztagsschulangebote.Das hatte der Ministerpräsidentbereits in seiner Regierungserklärung von 2008 versprochen.Ich zitiere wörtlich aus der schriftlichenFassung der Regierungserklärung von Horst Seehofer2008: "Wir werden flächendeckend Ganztagsschulenin allen Schularten anbieten." – Herr Ministerpräsident,Sie haben eben hier gesagt, all das, was Sie angekündigthaben, hätten Sie auch umgesetzt. – Aberhier im Bayerischen <strong>Landtag</strong> befinden wir uns nicht ineiner Comedy-Veranstaltung. Ich weiß, dass SieHumor haben. Doch eigentlich müsste es Ihnen peinlichsein, dass Sie dieses Versprechen fünf Jahrespäter nochmals auf die Tagesordnung setzen müssen,weil nichts passiert ist.(Beifall bei der SPD)Die Wahrheit ist: Nur 5 % aller Schülerinnen undSchüler in Bayern kommen in den Genuss einesGanztagsschulangebots. Damit liegt Bayern nach derjüngsten Bertelsmann-Studie auf Platz 14 im Bundesländervergleich.Ist das Ihr Anspruch, Herr Ministerpräsident?Unserer ist es nicht.(Beifall bei der SPD – Zuruf des AbgeordnetenProfessor Dr. Gerhard Waschler (CSU))Ich nenne ein paar Zahlen, auch wenn das für Sie womöglichanstrengend ist. Von 2.300 Grundschulen besitzenlediglich 300 Ganztagsklassen. Sie sprechenschon dann von einer Ganztagsschule, wenn es darinnur eine einzige Ganztagsklasse gibt. Noch nicht einmal10 % der 415 Gymnasien haben auch nur eineeinzige Ganztagsklasse. Noch nicht einmal 10 % der365 Realschulen haben auch nur eine einzige Ganztagsklasse.(Volkmar Halbleib (SPD): Hört, hört!)Meine Damen und Herren, eine gute Ganztagsschulebedeutet mehr als Nachmittagsbetreuung.(Beifall bei der SPD)Sie organisiert einen abwechslungsreichen Tagesablauf,in dem es Zeit und Raum für individuelle Förderunggibt. Die Ganztagsschule als Angebot endethausaufgabenfrei in der Regel um 16 Uhr. So soll essein. Dann bleibt ausreichend Zeit, den persönlichenInteressen nachzugehen und sich in örtlichen Vereinenzu engagieren.Liebe Kolleginnen und Kollegen, Bildung ist derSchlüssel zu einer demokratischen Teilhabe allerMenschen an der Gesellschaft und befähigt sie zueiner aktiven Mitgestaltung. Dazu gehören für unsauch starke Berufsschulen, lebenslanges Lernen unddie Erwachsenenbildung als feste Säule des Bildungsangebots.Wir werden als SPD dafür arbeiten,den gleichberechtigten Zugang zu Bildung und Ausbildungfür Menschen mit Behinderungen zu gewährleisten.Die Inklusion von Menschen mit Behinderungenim Kindergarten, an der Regelschule und an derHochschule ist uns Sozialdemokraten eine Herzensangelegenheit.Als SPD treten wir hier im <strong>Landtag</strong> füreine moderne Bildungs- und Wissensgesellschaft ein.Wir wollen echte Chancengleichheit für alle durch dasRecht auf eine langfristig gebührenfreie Bildungdurchsetzen.(Beifall bei der SPD)


122 <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> – 17. Wahlperiode Plenarprotokoll 17/5 v. 12.11.2013Meine Damen und Herren, in einer guten Partnerschaftmit der bayerischen Bevölkerung ist es der Oppositionim Bayerischen <strong>Landtag</strong> gelungen, die Studiengebührenin Bayern abzuschaffen und der CSU-Zentralregierung ein Stück weit mehrBildungsgerechtigkeit abzutrotzen. Dass in der Hochschulpolitiknoch längst nicht alle Herausforderungenbewältigt sind, haben die bayerischen Universitätenjetzt mit einem Positionspapier von elf Präsidentinnenund Präsidenten untermauert. Das ist ein Positionspapier,das einem Brandbrief gleichkommt; ja, man kannsagen: Die Hochschulen schlagen Alarm. Dort heißtes, Bayern hinke deutlich hinter den aktuellen Entwicklungenhinterher. In der jüngsten Vergangenheitsei man bereits hinter Baden-Württemberg zurückgefallen.Frau Professorin Sabine Doering-Manteuffelwird zitiert: Es gehe dabei insbesondere um die Internationalisierung,Autonomie und Verantwortung undum Innovationsförderung; für Nachwuchswissenschaftlergebe es zu wenig soziale Sicherheit; derWissenschaftsbetrieb sei familienunfreundlich. Siekommt zum Fazit: Wir sind nicht wirklich fit für den internationalenWettbewerb.Herr Ministerpräsident, wir teilen ganz ausdrücklichIhren Anspruch, Bayern bei Forschung und Innovationganz nach vorne zu bringen. Aber die bayerische Forschungsintensitätstagniert seit den Neunzigerjahren.Innovationshäufigkeit und -geschwindigkeit lassenmerklich nach. In Bayern liegt der Anteil der Forschungs-und Entwicklungsaufwendungen am Bruttoinlandsproduktbei noch nicht einmal 3 % und damitdeutlich hinter Baden-Württemberg und hinter Berlin.Bayern droht – so heißt es in dem Schreiben – weiterzurückzufallen und seine Spitzenstellung zu verlieren.Liebe Kolleginnen und Kollegen, sehen Sie sich docheinmal viele Hörsäle und Seminarräume in Bayern an!Ich erwähne ein aktuelles Beispiel aus Erlangen. Dortfiel im Sommer die Decke auf den Schreibtisch einesArchäologen. Einstürzende Altbauten, Asbest undPCB in der Atemluft, Schimmel im Keller. Viele Geisteswissenschaftlerder Universität Erlangen sind derzeitverzweifelt, schreibt eine große Münchner Tageszeitung.Nur ein Teil des bröckelnden Betongebäudeswurde zum Semesterbeginn notdürftig saniert. Diemeisten Politologen, Soziologen, Geografen, Historikerund Wirtschaftswissenschaftler konnten nicht inihre Büros zurückkehren. Am Eingang zum Institutsteht der Warnhinweis: Betreten verboten – Lebensgefahr.Meine Damen und Herren, der gesamte Sanierungsbedarfder bayerischen Universitäten summiert sichauf drei bis fünf Milliarden Euro. Das sollte in dieserLegislaturperiode zu schaffen sein. Herr Ministerpräsident,setzen Sie sich das Ziel, dass dieser Sanierungsstauabgebaut wird!(Beifall bei der SPD)Ich bleibe dabei: Der neue Hochschulminister hat eineChance verdient, sich zu beweisen. Das habe ich bereitsvor einigen Wochen bei der Vorstellung des Kabinettsgesagt. Ihr Arbeitsauftrag, Herr Spaenle, istklar: Der Sanierungsstau an den Hochschulen mussbehoben, die Arbeitsbedingungen verbessert, bessereStudienmöglichkeiten für die Studierenden verwirklichtund die Wohnungsnot in den Studentenstädten behobenwerden. Herr Staatsminister, wir erwarten, dassSie demnächst liefern und nach den obligatorischen100 Tagen Schonfrist ein schlüssiges Programm vorlegen.Ein Superminister darf da gerne auch mal superschnellsein.(Beifall bei der SPD)Meine Damen und Herren, noch ein zweites Versprechenhatte der Ministerpräsident in seiner Regierungserklärungvor fünf Jahren am 10. Dezember2008 abgegeben. Auch das möchte ich wörtlich zitieren.Zitat Horst Seehofer: "Wir werden dafür sorgen,dass spätestens in drei Jahren die Bürger überall inBayern Zugang zu schnellem Internet haben."(Volkmar Halbleib (SPD): Hört, hört! Aber sicher!)In drei Jahren wäre Ende 2011 gewesen, Herr Ministerpräsident.Heute verkaufen Sie die gleiche Soßeganz einfach noch einmal und müssen Ihr Versprechenwiederholen.(Beifall bei der SPD – Zuruf der AbgeordnetenIsabell Zacharias (SPD))Viel zu viele Haushalte in Bayern sind noch gar nichtbreitbandversorgt. Die meisten Übertragungsgeschwindigkeitenliegen bei einem bis zwei Megabit proSekunde. Das sind im heutigen KommunikationszeitalterGeschwindigkeiten eines Pferdefuhrwerks. Wirbrauchen jedoch Geschwindigkeiten eines ICE, undeiner Ihrer Vorgänger würde vielleicht sogar sagen,Geschwindigkeiten eines Transrapid. 2008 haben SieIhre Ankündigung gemacht, 2011 wollten Sie fertigsein, aber der erste Fördercent konnte erst 2013 fließen,weil Sie das Programm bis dahin nicht in Gangbringen konnten. Dabei wollten Sie doch 2011 schonfertig sein.Nach dem Start des Programms im Januar habensich bisher lediglich acht Gemeinden durch die ersteHälfte der 19 Verfahrensschritte gekämpft. Wir teilenals SPD die Befürchtungen des Bayerischen Gemeindetags,dass die bei der Europäischen Union ange-


Plenarprotokoll 17/5 v. 12.11.2013 <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> – 17. Wahlperiode 123meldeten Fördergelder von zwei Milliarden Euro nichtabgerufen werden können.Herr Ministerpräsident, Sie haben Bürokratieabbauversprochen. Da können Sie anfangen. Machen Siesich an die Arbeit und korrigieren Sie bitte zügig IhreFehler aus der letzten Amtszeit.(Beifall bei der SPD)Unzureichende Übertragungsgeschwindigkeiten,lange Reaktionszeiten und mangelnde Verfügbarkeit:Die Menschen in Bayern sitzen vor ihren Bildschirmen,und nichts rührt sich. Das ist nicht nur nervig,sondern stellt auch Hürden für bayerische Unternehmerund Selbstständige dar. Daraus erwachsen fürden Standort Bayern schon heute wirtschaftspolitischeNachteile. Sie sprechen von einer digitalen Revolution,dabei verantworten Sie digitale Stagnation,Herr Ministerpräsident. Will Bayern nicht weiter zurückbleiben,muss der Freistaat drei bis fünf MilliardenEuro zusätzlich in die Hand nehmen, um den Netzausbauflächendeckend zu bewältigen, liebe Kolleginnenund Kollegen.Auch bei der Energiewende stand die Staatsregierungbisher auf der Bremse. Tatendrang und Aktivität wurdenallenfalls vorgetäuscht. Hier gab es ein ganzesBündel von Maßnahmen; nämlich Energiegutachten,Energieberichte, Energiedialoge, Energiekongresseund Energiegipfel. Ein Energiepreis wurde vergeben,ein Energiekonzept erstellt und eine Energieprognoseabgegeben. Es wurden ein Energiebeirat und eineEnergiekommission gebildet, und jetzt gibt es als Krönungnoch eine Energieplattform. Herr Ministerpräsident,mit dem Energiemarketing sind Sie durch. Bittemachen Sie sich jetzt an die Arbeit, und das energisch.(Beifall bei der SPD – Volkmar Halbleib (SPD):Handeln wäre eine gute Alternative!)Während Industrie und Verbände den notwendigenNetzausbau und massive Investitionen in die StromundGasleitungsnetze in Bayern fordern, gründet dieStaatsregierung immer wieder neue Arbeitskreise.Aber anstatt die landespolitischen Hausaufgaben abzuarbeiten,will Ministerpräsident Seehofer den Ausbauder Windenergie mit neuen Abstandsregelungennun sogar völlig zum Stillstand bringen.Nur damit kein Missverständnis aufkommt: Als bayerischeSPD begrüßen wir die neue Länderöffnungsklauselausdrücklich nicht. Wir sehen es auch überauskritisch, Herr Ministerpräsident, dass Siegleichzeitig die Kapazitäten des AtomkraftwerksGundremmingen hochfahren.(Beifall bei der SPD)Liebe Kolleginnen und Kollegen, nach vielen Wendungenist Herr Seehofer wieder dort angekommen, woer energiepolitisch einst war, hatte er doch bei seinerRegierungserklärung 2008 die Verlängerung derAtomlaufzeiten für unverzichtbar erklärt.(Volkmar Halbleib (SPD): Hört, hört!)Alles andere sei umwelt- und wirtschaftspolitisch nichtzu verantworten. Immerhin, dieses Vorgehen haltenwir für richtig: Die Aufgaben für Energie haben Siejetzt in einem Ministerium gebündelt. Frau MinisterinAigner, wir wünschen Ihnen alles Gute für diese wichtigeAufgabe. Sie haben unsere volle Unterstützung.Aber wir erwarten, dass Sie jetzt einen Plan darübervorlegen, wie Sie vorgehen wollen. Mit Marketing undschönen Fotos allein ist es nicht getan. Bitte machenSie sich sofort an die Arbeit. Sie sind zeitlich in Verzug.(Beifall bei der SPD)Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist die hoheitlicheAufgabe des Freistaats, die Verkehrsinfrastruktur intaktzu halten. Das hat die Staatsregierung in der Vergangenheitvernachlässigt. Der vermeintlich ausgeglicheneHaushalt entpuppt sich schnell als Luftnummer,wenn notwendige Sanierungsmaßnahmen einfachmal in die Zukunft verschoben und künftigen Generationenaufgebürdet werden. Mit vorausschauender,generationengerechter Politik hat das nichts zu tun.Ich will einige Beispiele nennen.Beispiel bayerische Staatsstraßen: Jede dritte Staatsstraßein Bayern, insgesamt über 4.000 km, ist nachAngaben des Innenministeriums dringend sanierungsbedürftig.Die Schlaglochpisten im ländlichen Raumsind gewiss keine Vorstufe zum Paradies. Der Sanierungsbedarfbei den Staatsstraßen wird auf 720 MillionenEuro beziffert.(Volkmar Halbleib (SPD): So ist es!)Bei den Staatsbrücken sieht es nicht besser aus.Jede dritte Brücke ist marode, 1.163 Brücken bayernweit.Sanierungskosten: 800 Millionen Euro.Herr Ministerpräsident, Sie haben sich in den vergangenenMonaten auf die Finanzierung der Bundesautobahnengestürzt, auch um von den eigenen Verantwortlichkeitenund Unzulänglichkeiten bei denbayerischen Staatsstraßen abzulenken. Wir sagen:Erledigen Sie bitte zunächst in Bayern Ihre Hausaufgaben,bevor Sie in Berlin mit unausgegorenen MautkonzeptenKrawall machen. Erfüllen Sie hier in Bay-


124 <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> – 17. Wahlperiode Plenarprotokoll 17/5 v. 12.11.2013ern Ihre selbstverständlichen Pflichten. Das ist es,was die Menschen von Ihnen erwarten.(Beifall bei der SPD)Sie haben heute angekündigt, alle öffentlichen Gebäudeund den öffentlichen Nahverkehr barrierefrei zumachen. Das ist ein guter Vorsatz. Wir haben das hierim Bayerischen <strong>Landtag</strong> schon mehrfach beantragt.Sie haben dabei unsere Unterstützung. Ich hoffe, Siesetzen das auch um; ich denke, dieser Nachsatz istnotwendig. In Ihrer Regierungserklärung von 2008haben Sie nämlich mit Pathos angekündigt, von Bayern,von München aus werde eine Renaissance dersozialen Marktwirtschaft eingeleitet. Wir haben dasalle noch in sehr guter Erinnerung. In der konkretenRegierungspolitik war davon leider nicht viel zu spüren.Es mutet fast schon ein bisschen tragikomischan, wenn ausgerechnet der Bayerische Ministerpräsidentformuliert, bayerische Unternehmen stünden fürProduktion statt für Spekulation um das schnelleGeld. Spekulation gab es im CSU-Auftrag bei derstaatlichen Landesbank. Sie haben wohl auch dieMünchener Großbank Hypo Real Estate vergessen,die in Ihrem zweiten Amtsjahr verstaatlicht werdenmusste und insgesamt 124 Milliarden Euro Garantienund weitere direkte Hilfen durch Kapitalmaßnahmenerhalten hat. Dass Bayern ein spekulationsfreierRaum sei, sollte nicht ausgerechnet ein landesbankgeplagterMinisterpräsident behaupten, dessen Parteidie größte Fehlspekulation in Bayern überhaupt zuverantworten hat.(Beifall bei der SPD)Auch beim Thema Wohnen und Mieten wird das Sozialebei Ihnen ganz klein geschrieben. Gerade malzwei dünne Sätzchen haben Sie in Ihrer Regierungserklärungdarauf verwendet. Das ist angesichts desVerrats an 8<strong>5.</strong>000 Mieterinnen und Mietern der früherenstaatlichen Wohnungsbaugesellschaft GBW einfachnur bezeichnend. Kein Wort des Bedauerns,auch nicht über die aktuellen Entwicklungen! Medienberichtenzufolge werden Hunderte der Wohnungenderzeit allein im Großraum München besichtigt, fotografiertund geschätzt. Andernorts sind die Mieten biszur gesetzlichen Höchstgrenze erhöht worden. Denoftmals sozial schwächergestellten Mieterinnen undMietern wird mitgeteilt, dass ihre Wohnungen verkauftwerden.Herr Ministerpräsident, sehenden Auges haben Sieund Ihr Finanzminister Markus Söder die Mieterinnenund Mieter der Unsicherheit, der Angst und dem drohendenVerlust ihres Zuhauses und ihrer Heimat ausgeliefert.Die von Ihnen gepriesene Sozialcharta istein wertloses Stück Papier; denn es schützt die Bewohnernicht. Wir haben den Minister schon frühzeitigdavor gewarnt und die Festlegung des Schutzes inden einzelnen Mietverträgen angemahnt. Die SPD –so viel steht fest – wird im Bund auf eine Mietpreisbremsedrängen. Die <strong>Landtag</strong>s-SPD macht es sichzur Aufgabe, dass die Mietpreisbremsen landesrechtlichumgesetzt und schnellstmöglich Realität in Bayernwerden.(Beifall bei der SPD)Ich muss noch ein anderes wichtiges sozial- und wirtschaftspolitischesThema ansprechen: Sie haben im<strong>Landtag</strong> in unzähligen Abstimmungen ein TariftreueundVergabegesetz abgelehnt, das einen Mindestlohnvon 8,50 Euro als Voraussetzung bei öffentlicherAuftragsvergabe vorsieht. Seien Sie gewiss: Ohneeinen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohnund ohne eine epochale Verbesserung der Lage vonGeringverdienern wird es eine Koalition mit der SPDim Bund nicht geben.(Beifall bei der SPD)In Bayern beziehen immer mehr Menschen einenNiedriglohn, wie auch die Sozialberichterstattung desFreistaats zeigt. Lag der Anteil der vollbeschäftigtenNiedriglohnbezieher im Jahr 2000 noch bei 14,5 %,waren es 9 Jahre später über 17 %. 264.000 Vollzeitbeschäftigtein Bayern erhalten einen Stundenlohnunter 5 Euro. 1,4 Millionen Beschäftigte arbeiten für7 Euro pro Stunde. Bekämen die Beschäftigten wenigstensden von der SPD geforderten gesetzlichenMindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde, würde dieseine zusätzliche Kaufkraft in Bayern von 2,6 MilliardenEuro bedeuten.Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Spaltung in guteund in schlechte Arbeitsbedingungen hat sich vertieft.Aber eine Wirtschaftspolitik kann nur dann erfolgreich,innovativ und nachhaltig sein, wenn sie "gute Arbeit"und die Schaffung von guten Arbeitsplätzen als politischenAuftrag ernst nimmt. Wir geben Ihnen bereits inder nächsten Plenarsitzung im Dezember eine Chance.Stimmen Sie im <strong>Landtag</strong> dem SPD-Mindestlohngesetzzu, damit wir dem Auftrag des Artikels 151 derBayerischen Verfassung nachkommen können. Dortheißt es: "Die gesamte wirtschaftliche Tätigkeit dientdem Gemeinwohl, insbesondere der Gewährleistungeines menschenwürdigen Daseins für alle und der allmählichenErhöhung der Lebenshaltung aller Volksschichten."Wir bayerischen Sozialdemokratinnen undSozialdemokraten nehmen den Auftrag unserer Verfassungernst.(Beifall bei der SPD)


Plenarprotokoll 17/5 v. 12.11.2013 <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> – 17. Wahlperiode 125Meine Damen und Herren, Sanierungsstau bei der Infrastruktur,Versagen beim Breitband-Ausbau, zögerlicheEnergiewende - das deutet selbst bei allergrößtemWohlwollen nicht darauf hin, dass die BayerischeStaatsregierung mit voller Kraft die notwendigen wirtschaftlichenund sozialen Bedingungen schafft. VieleVersprechungen, wenig dahinter. Je größer die Überschriften,je leuchtender die Buchstaben, desto mehrSkepsis ist angebracht. Eine der schillerndsten Überschriftenproduzierte Herr Seehofer mit dem angeblichenSchuldenabbau bis 2030. Er tut sich mit diesemVersprechen sehr leicht; denn das Motto heißt: Wirwerden dann zurückzahlen, wenn ich, Horst Seehofer,nicht mehr im Amt bin.Herr Ministerpräsident, wir hatten erwarten können,dass Sie nach Ihren vollmundigen Ankündigungenheute einen Tilgungsplan vorlegen, ein konkretesSchuldentilgungsgesetz, das gegebenenfalls einejährliche Pflichttilgung vorsieht, so wie Sie es als Regierungschefals angebliche Untermauerung IhresVorhabens angekündigt haben.Ich muss noch eine Korrektur anbringen: Sie sprachenvon einem ausgeglichenen Haushalt seit 2006.Davon kann natürlich mitnichten die Rede sein. In derletzten Legislaturperiode wurden die höchsten Kreditmarktschuldenvon einer bayerischen Staatsregierungseit 1945 aufgenommen. Herr Ministerpräsident, Siehaben mit Ihrer Regierung einen neuen bayerischenSchuldenrekord aufgestellt. Das sind die Fakten.(Beifall bei der SPD)Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Menschen erwarten,dass wir mit Steuergeldern seriös und solide umgehen.Das ist und bleibt die finanzpolitische Richtschnurfür die <strong>Landtag</strong>s-SPD. Sie können davonausgehen, dass wir unserem oppositionellen Kontrollauftragkraftvoll nachkommen werden, wie wir es beiden CSU-Verfehlungen bei der Landesbank, bei derLandesstiftung und bei der Einführung des Digitalfunksgetan haben. Grund zum Vertrauen in Ihre Finanzkünstegibt es keinen. Kontrolle ist besser, jaKontrolle ist unerlässlich.(Beifall bei der SPD)Eine bessere Kontrolle ist auch mit Blick auf den gegenwärtigöffentlich diskutierten massenhaften Steuerbetrugin Bayern angezeigt. Bei bayerischen Steuerbehördensind in den letzten drei Jahren imZusammenhang mit Geldanlagen in der Schweiz7.300 Selbstanzeigen eingegangen. Diese ergebenSteuermehreinnahmen von geschätzt 700 MillionenEuro. Wohlgemerkt: Wir reden nur von Bayern. Wirhaben 7.300 Selbstanzeigen, und zwar nur im Zusammenhangmit Geldanlagen in der Schweiz.Nach seriösen Schätzungen entgehen den öffentlichenHaushalten in Deutschland jährlich 16 % der gesamtenSteuereinnahmen durch Steuerbetrug. DerOberste Rechnungshof in Bayern kritisiert seit mittlerweileanderthalb Jahrzehnten, seit 14 Jahren, injedem Jahresbericht, dass die Steuervollzugsbehördenin Bayern personell nur unzureichend ausgestattetsind. Die bayerische Steuerverwaltung ist bei derBetriebsprüfung, bei der Steuerfahndung, bei der Umsatzsteuersonderprüfungund im Innendienst dramatischunterbesetzt. Bei der Personalausstattung istBayern im Ländervergleich das Schlusslicht. Es fehlenknapp 1.000 Stellen mit der Folge: Großbetriebewerden in Bayern nur alle 5 Jahre, Mittelbetriebe nuralle 17 Jahre und Kleinbetriebe nur alle 37 Jahre geprüft.Liebe Kolleginnen und Kollegen, Steuerbetrug untergräbtden Zusammenhalt in unserer Gesellschaft.Bayern muss den Kampf gegen Steuerkriminalität aufnehmen.Der ehrliche Arbeitnehmer, dessen LohnsteuerMonat für Monat korrekt beim Finanzamt bleibt,darf in Bayern nicht mehr länger der Dumme sein.(Beifall bei der SPD)Der Ministerpräsident will heute abermals den Anscheinerwecken, als stünde ausgerechnet er fürtransparentes Regierungs- und Verwaltungshandeln.Abseits von Sonntagsreden war bei der CSU vonmehr Bürgerbeteiligung bislang nichts zu erkennen.Wir begrüßen, dass Sie den SPD-Vorschlag einerVolksbefragung aufgreifen. Wir unterstützen das ganzausdrücklich. Sollten Sie es aber mit der Bürgerbeteiligungin Bayern ernst meinen, dann stimmen Sie bitteden drei folgenden SPD-Vorschlägen zu und schmetternSie unsere Gesetzesinitiativen nicht wieder automatischab.Erster Punkt: Bayern braucht mehr Transparenz imVerwaltungshandeln. Dabei geht es im Besonderenum die gesetzliche Veröffentlichungspflicht von amtlichenInformationen durch staatliche und kommunaleStellen. Im Bund und in den 11 Bundesländern ist daslängst Realität und gesetzlich geregelt. Die Verwaltungenmüssen auch in Bayern offener werden. Sie braucheneinen freieren Zugang zu Informationen. DieBürgerinnen und Bürger sollen nicht als Bittsteller beiöffentlichen Stellen eine amtliche Information erflehenmüssen, um dann die Auskunft zu bekommen, manhabe keinen Anspruch auf Information, weil manNichtbeteiligter im Verfahren sei oder weil auch sonstkein gesetzlicher Auskunftsanspruch bestünde.Bis jetzt hat die Zentralstaats-CSU alles abgelehnt,was ihrem Zentralstaatsgedanken in Sachen transparentesVerwaltungshandeln zuwiderläuft. Deshalb


126 <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> – 17. Wahlperiode Plenarprotokoll 17/5 v. 12.11.2013sagen wir: Schluss mit den Sonntagsreden. MachenSie bitte ernst und bringen Sie mit der SPD gemeinsamein bayerisches Transparenz- und Informationsfreiheitsgesetzauf den Weg. Das ist längst überfällig.(Beifall bei der SPD)Ein zweiter Punkt. Volksbegehren und Volksentscheidesind in Bayern eine sozialdemokratische Erfindung.Es war der sozialdemokratische MinisterpräsidentWilhelm Hoegner, der nach dem Krieg aus demExil in der Schweiz diese beiden direktdemokratischenInstrumente nach Bayern gebracht hat. Volksbegehrenund Volksentscheid sind seit 1946 in derBayerischen Verfassung verankert und haben sichbewährt. Allerdings sind die Hürden für mehr direkteDemokratie als Ergänzung der bayerischen parlamentarischenDemokratie auf Landesebene sehr hoch.Die SPD will die Hürden zur Einleitung von Volksbegehrenabbauen und erleichtern, die Eintragungsfristenverlängern und das Unterschriftensammeln erleichtern.Deshalb auch hier: Bitte machen SieSchluss mit den Sonntagsreden. Machen Sie Ernst.Wagen Sie mit uns mehr Demokratie, und bringen Siemit uns gemeinsam Volksbegehren und Volksentscheidin Bayern auf den aktuellen Stand der Zeit.Das ist überfällig.(Beifall bei der SPD)Ein dritter Punkt. Die Zeit ist reif für die Stärkung derdirekten Demokratie auch auf Bundesebene. Die Sozialdemokratenim Bayerischen <strong>Landtag</strong> setzen sichdafür seit vielen Jahren ein. Gerade in Zeiten rückläufigerWahlbeteiligung erscheint es geboten, die Mitwirkungs-und Mitentscheidungsrechte der Bürgerinnenund Bürger zwischen den Wahlen zu stärken.Deshalb auch hier: Machen Sie Ernst und bringen Siemit uns gemeinsam Volksbegehren und Volksentscheidauf der Bundesebene auf den Weg. Auch dasist überfällig.(Beifall bei der SPD)Liebe Kolleginnen und Kollegen, im Mai kommendenJahres erinnern wir an den EU-Beitritt Tschechiensvor zehn Jahren. Wir halten die Mitgliedschaft unseresNachbarn in der Europäischen Union für einenglücklichen Moment der Geschichte. Rückblickenddürfte es auch die CSU als Peinlichkeit erachten,dass alle CSU-Abgeordneten im Europäischen Parlamentgegen die Aufnahme unserer tschechischenNachbarn gestimmt haben. Über einen langen Zeitraumgehörte es zum "guten" schlechten Ton in derCSU, wie ein nörgelnder Nachbar am Nachbarschaftszaunzu stehen. So hat die CSU-Staatsregierungauch im Jahr 1992 im Bundesrat gegen dendeutsch-tschechischen Nachbarschaftsvertrag gestimmt,und dies als einziges Bundesland.Herr Ministerpräsident, wir begrüßen ganz ausdrücklichdie positive Entwicklung, die Sie herbeigeführthaben. Sie haben die Türen hin zu einer guten Nachbarschaftmit der Tschechischen Republik aufgestoßen.Wir hatten zwei Jahrzehnte im Bayerischen<strong>Landtag</strong> dafür geworben, und wir werden dies nunaus der Opposition heraus auch unterstützen. Eswäre ein gutes Zeichen, wenn der Bayerische Ministerpräsidentnach den Wahlen bald wieder an die Moldaureiste und Abgeordnete des Bayerischen <strong>Landtag</strong>smit ihm.(Beifall bei der SPD)Die jüngsten Wahlen in Griechenland, in Frankreich,in Norwegen, in Österreich, in den Niederlanden, inItalien und auch anderswo in Europa haben denRechtspopulisten enormen Zulauf beschert. Mit Argusaugenbetrachtet die SPD-Fraktion den aus unsererSicht völlig unkritischen Freundschaftskontakt desBayerischen Ministerpräsidenten zum ungarischenRechtspopulisten Viktor Orbán. Der Empfang vonHerrn Seehofer für den ungarischen Regierungschefin München vor acht Monaten war aus unserer Sichtein falsches Signal und Ausdruck mangelnder außenpolitischerSensibilität.(Beifall bei der SPD)Statt klare Worte zu den undemokratischen Vorgängenin Ungarn zu sagen, hat Bayerns Ministerpräsidentvor den Verstößen Ungarns gegen den EU-Vertrag,gegen Presse-, Meinungs- undDemonstrationsfreiheit demonstrativ die Augen verschlossen.Umso mehr wollen wir es loben, dass Frau<strong>Landtag</strong>spräsidentin Barbara Stamm wegen der besorgniserregendenrechtsstaatlichen Entwicklung inUngarn die Zusammenarbeit beider Parlamente bisauf Weiteres unter Vorbehalt gestellt hat. Die BayerischeStaatsregierung sollte ihren unkritischen Kursgegenüber Viktor Orbán überprüfen und sich den Vorgabendes Parlaments offen anschließen, Herr Ministerpräsident.(Lebhafter Beifall bei der SPD)So sehr uns der Rechtsruck in vielen Ländern Europasbesorgt, müssen wir doch in Bayern unsereHausaufgaben machen. Die Zahl der rechtsextremistischenGewalttaten ist in Bayern auch im vergangenenJahr gestiegen. Die Neonazis agieren immer dreister.Ausländer- und islamfeindliche Parteien und Organisationenwie "DIE FREIHEIT" streben 2014 in dieKommunalparlamente und ins Europaparlament. Dierechten Rattenfänger kommen längst nicht mehr nur


Plenarprotokoll 17/5 v. 12.11.2013 <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> – 17. Wahlperiode 127in Springerstiefeln und Bomberjacken daher, sonderntreten immer häufiger in Anzug und Krawatte als Biedermännerauf.Als SPD unterstützen wir das NPD-Verbotsverfahrenund wollen alle vereinsrechtlichen Möglichkeiten nutzen,um rechtsextremistische Vereinigungen undNetzwerke in Bayern zu verbieten. Wir wollen dieseLegislaturperiode auch dazu nutzen, die Erkenntnisseaus dem NSU-Untersuchungsausschuss in konkretepolitische Maßnahmen umzusetzen. Die nationalsozialistischmotivierten Morde an ausländischen Mitbürgernhaben uns bestürzt und beschämt. BayerischeVerfassungsschützer haben jahrelang abgestritten,dass es Rechtsterrorismus in Bayern überhaupt gibt,und die rechte Szene wurde in eklatanter Weise unterschätzt.Jetzt endlich müssen die strukturellen Ursachenfür die Fehler behoben werden. Der Verfassungsschutzmuss seine Aufgaben alsInlandsgeheimdienst auf die Beobachtung des gewaltbereitenund rassistisch motivierten Extremismus'konzentrieren und beschränken, und auch der Einsatzverdeckter Ermittler anstelle von V-Leuten ist dringendgeboten, liebe Kolleginnen und Kollegen.Der Kampf gegen Rechtsextremismus muss Teil derErziehung in den Familien und Schulen werden und inden Vereinen, in den Hochschulen, am Arbeitsplatzund in den Medien fortgesetzt werden. Unser Dankgilt hier auch der bayerischen Polizei, die in ihrem täglichenEinsatz nicht nur gegen den Rechtsextremismussehr gute Arbeit leistet. Der Mut und der persönlicheEinsatz der Beamtinnen und Beamten verdienenunseren Respekt und unsere Anerkennung.(Beifall bei der SPD)Liebe Kolleginnen und Kollegen, ausländerfeindliche,antisemitische, antimuslimische Strömungen dürfen inunserer Gesellschaft keinen Platz haben. In Bayernhaben 2,4 Millionen Menschen und hat damit rund einFünftel unserer Bevölkerung einen Migrationshintergrund.Bei den Kindern unter sechs Jahren liegt derAnteil mit Migrationshintergrund in Bayern bereits beieinem knappen Drittel, in den Großstädten bei annäherndzwei Dritteln. Wir sind eine bunte, wir sind einevielfältige Gesellschaft mit vielen Kulturen. Zu uns inBayern gehören mittlerweile neben der oberbayerischenGebirgstracht, der alpenländischen Stubenmusi,den Schlössern, Klöstern und Kirchen, neben demOberpfälzer Karpfen und dem fränkischen Kren auchdas italienische Edelrestaurant, das türkische Delikatessengeschäftund der griechische Sirtaki-Abend.Das alles gehört genauso zu Bayern wie Django Asül,Arjen Robben und Franck Ribéry. Bayern ist bunt,Bayern ist tolerant, Bayern ist weltoffen. Auch dassind Gründe, warum wir Bayern so sehr lieben, liebeKolleginnen und Kollegen.(Lebhafter Beifall bei der SPD)Integration in die Gesellschaft kann nicht verordnetwerden. Sie braucht die Mitwirkung der Zuwandererund ist verbunden mit der Notwendigkeit, einen eigenenBeitrag dazu zu leisten. Die Politik muss jedochauch die Mittel hierfür bereitstellen. Uns muss esdarum gehen, den Einwanderern, gleich welcher Herkunft,Nationalität, Kultur oder sozialen Stellung, eineumfassende gleichberechtigte Teilhabe an der Bildung,am Arbeitsleben und an den politischen Entscheidungsprozessenzu ermöglichen. Im Mittelpunktaller staatlichen Bemühungen zur Integration stehtdabei der Gedanke der Chancengleichheit. Die <strong>Landtag</strong>s-SPDwird deshalb erneut ein Integrationsgesetzin den <strong>Landtag</strong> einbringen.Bayern ist bunt. Das macht unser Land nicht nur einwenig farbiger und schöner, sondern das ist auch einegroße Chance, liebe Kolleginnen und Kollegen.(Beifall bei der SPD)Ich komme zum Fazit meiner Ausführungen. Bei derBewertung der heutigen Regierungserklärung kommtman nicht umhin, auch Herrn Seehofers erste Regierungserklärungaus dem Jahr 2008 mit in den Blick zunehmen. Dabei können wir dem Ministerpräsidentenauch beim besten Willen kein gutes Zeugnis ausstellen.Ankündigungen von 2008 sind vollends zerstobenoder haben sich ins Gegenteil verkehrt. Rückblickendwird angesichts der Regierungserklärung von 2008jede Fantasy-Saga zum Dokumentarfilm.(Beifall bei der SPD)Das gilt für das 2008 gegebene Versprechen einerschnellen steuerlichen Entlastung unter dem Motto"Mehr Netto für alle". Herr Seehofer sagte wörtlich:"Bürger und Wirtschaft brauchen Steuerentlastungen– jetzt, und nicht nur als Wahlversprechen." – Wir wissen,was daraus geworden ist, nämlich nichts.Der Ministerpräsident hatte versprochen, dass amEnde der Legislaturperiode deutlich mehr Frauen inFührungspositionen des öffentlichen Dienstes beschäftigtwürden. Dies sei ihm – wörtliches Zitat –"persönlich" ein wichtiges Anliegen.(Dr. Simone Strohmayr (SPD): Das sieht manhier!)Was ist daraus geworden? - Frauen in Führungspositionensind in der Seehofer-Verwaltung nach wie voreine Rarität.


128 <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> – 17. Wahlperiode Plenarprotokoll 17/5 v. 12.11.2013An die nicht gehaltenen Versprechungen mit Blick aufein schnelles Internet und Ganztagsschulen in Bayernhabe ich bereits erinnert. Auch heute hat der BayerischeMinisterpräsident viele Plakate ins Schaufenstergehängt und auf das Kleingedruckte verzichtet.Der Redenschreiber war ein Werbeexperte.Deshalb sind Zweifel berechtigt, ob Herr Seehoferdieses Mal seinen Worten auch Taten folgen lässt.Wir können uns auch nicht sicher sein, ob dies eineRegierungserklärung für die gesamte Legislaturperiodewar. Herr Seehofer hat ja demonstrativ angekündigt,bis 2018 im Amt bleiben zu wollen. Allein schondas muss einen stutzig machen. Ich persönlich bindavon überzeugt: Spätestens ab 2015/2016 werdenwir uns auf Diadochenkämpfe innerhalb der CSU einzustellenhaben.Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist die Aufgabeder SPD-Fraktion im Bayerischen <strong>Landtag</strong>, die Regierungzu kontrollieren, Entwicklungsimpulse für Bayernzu geben und mit eigenen Konzepten zu untermauern.Wir werden dabei das Gespräch und die Kooperationmit allen Fraktionen im Hohen Haus suchen.Liebe Kolleginnen und Kollegen, die SPD ist sich alsälteste und traditionsreichste Partei ihrer Verantwortungfür den Freistaat bewusst. Wir arbeiten dafür,den Freistaat freier zu organisieren und das Leben inBayern gerechter zu machen. Aus der Mitte des Bayerischen<strong>Landtag</strong>s heraus werden wir als größte Oppositionsparteidie Kontrolle der Regierung wahrnehmen.Wo Sie vom Weg abkommen oder noch garnicht auf dem richtigen Weg sind, werden wir IhnenOrientierungshilfe geben. Sie haben diese dankenswerterweisein der letzten Legislaturperiode auch inAnspruch genommen(Volkmar Halbleib (SPD): Mehrfach!)und Positionen der SPD mehr als einmal übernommen.Wo Sie Schaden über Bayern bringen, wollenwir alles tun, Sie daran zu hindern.(Beifall bei der SPD)All unser Streben, liebe Kolleginnen und Kollegen,sind das Wohl und die Zukunft unserer Heimat Bayernund seiner Menschen. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.(Anhaltender Beifall bei der SPD – Volkmar Halbleib(SPD): Bravo!)Zweite Vizepräsidentin Inge Aures: HerzlichenDank, Herr Kollege Rinderspacher. - Für die CSUbitte ich Herrn Kreuzer ans Mikrofon.Thomas Kreuzer (CSU): Sehr geehrte Frau Präsidentin,Hohes Haus! Vielleicht eine Vorbemerkung zurOpposition. Es ist gesagt und bis vor wenigen Wochennoch der Eindruck erweckt worden, hier seiendrei Oppositionsparteien, die so geschlossen sind,dass sie nach einem Wahlsieg in Bayern die Regierungsgeschäftegemeinsam übernehmen können undsich über wichtige Sachthemen einigen.(Volkmar Halbleib (SPD): Dass Sie ablenken,wird besondere Gründe haben, vermute ich!)Erste Zweifel, liebe Kolleginnen und Kollegen, sindmir gekommen, als wir über die Sitzordnung diskutierten.Schon da war eine Einigung in der Sache keineswegsmehr möglich,(Zuruf des Abgeordneten Hubert Aiwanger(FREIE WÄHLER))sondern es ist ein offener Streit ausgebrochen.Aber noch klarer ist es heute geworden. Wir habeneine der wichtigsten Debatten für die kommendenJahre, und die Präsidentin hat die Fraktionen gebeten,man möge Rücksicht darauf nehmen, dass allebei der Debatte während der Fernsehübertragung zuWort kommen, da die Öffentlichkeit nur bis zu einemgewissen Zeitpunkt gegeben ist. Ich habe für dieCSU-Fraktion gesagt, ich werde dies tun, wir werdenes uns aufteilen, damit alle Gehör finden. Herr KollegeRinderspacher hat seine Redezeit so ausgeschöpft,dass er nur fertig geworden ist, weil die Regierungserklärungetwas länger war.(Zuruf von der SPD: So ein Schmarrn!)Somit hat er den Kolleginnen und Kollegen der anderenParteien, vor allem den GRÜNEN, regelrecht dasWasser abgegraben.(Beifall bei der CSU)So viel ist von der Geschlossenheit der Oppositionübrig geblieben.Meine Damen und Herren, zur Sache.(Volkmar Halbleib (SPD): Warum verzichten Sienicht auf Ihren Beitrag?)Wir haben immer gesagt: Bayern steht gut da. Aberdass eine so rasante Steigerung der Lage in Bayernmöglich ist, Herr Rinderspacher, nach Ihren Ausführungenseit der Wahl des Ministerpräsidenten bis zumheutigen Tag – wenn man die ersten zehn Minutenansieht -, das hätten auch wir nicht für möglich gehalten.Sie haben ganz anders als damals Bayern in denhöchsten Tönen als liebenswertes, als lebenswertes,


Plenarprotokoll 17/5 v. 12.11.2013 <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> – 17. Wahlperiode 129als starkes, als finanziell solides Land gelobt, ganz imGegensatz zur Aussprache bei der Wahl des Ministerpräsidenten.Sie kommen der Realität also langsamnäher,(Lachen der Abgeordneten Markus Rinderspacherund Volkmar Halbleib (SPD))aber nur in den ersten paar Minuten Ihrer Ausführungen.Dann kommen wieder die alten Kamellen: Landesbank,GBW, die ganzen Themen, die längst erledigtsind. Nichts ist in die Zukunft gerichtet, sondern allesgilt dem Blick in die Vergangenheit. Diese Ausführungenpassen nicht zusammen.(Zurufe von der SPD – Unruhe)- Herr Halbleib, ich habe Herrn Rinderspacher auchzugehört, ohne dauernd dazwischenzurufen, auchwenn es mir schwergefallen ist, das dürfen Sie mirglauben.(Beifall bei der CSU – Volkmar Halbleib (SPD):Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es zurück!)Wenn man Ihre weiteren Ausführungen anhört, bekommtman den Eindruck: Der Wahlentscheid am1<strong>5.</strong> September 2013 war ein großer Irrtum der Bevölkerung.Aber da unterschätzen Sie die Urteilskraft derMenschen. Wahr ist, wie die "Augsburger Allgemeine"treffend feststellt: Wer in Bayern über Problemespricht, der klagt eben auf relativ hohem Niveau.(Beifall bei der CSU)Die Bürgerinnen und Bürger haben deswegen zweiDinge glasklar entschieden. Erstens, sie wollen, dassHorst Seehofer Ministerpräsident bleibt. Zweitens. Siewollen, dass die CSU die Regierungsverantwortung indiesem Land trägt. Und warum? - Sie wollen die Politikder CSU und keine andere.Die beiden Reden, die wir heute gehört haben, gebenden Menschen recht. Horst Seehofer hat einen exzellentenPlan für Bayern in den nächsten Jahren dargelegt,Sie nicht, Herr Rinderspacher. Sie haben nur Kritikgeübt, in meinen Augen keinen einzigenzukunftsweisenden Vorschlag zur Sache gebracht,nur Forderungen in Milliardenhöhe, sofortige Verwirklichungaller Programme gleichzeitig. Meine Damenund Herren, dies ist typische SPD-Politik. Sie führtentweder in grenzenlose Staatsverschuldung oder zumassivsten Steuererhöhungen. Das ist Ihre Politik.(Beifall bei der CSU)Horst Seehofer bleibt sich dagegen treu,(Lachen der Abgeordneten Margarete Bause(GRÜNE))und er regiert. Er setzt ambitionierte Ziele, beispielsweisein der Bildung, im Wohnungsbau, bei der Innovationund in der Regionalentwicklung.(Dr. Simone Strohmayr (SPD): Das war schon2008 ambitioniert!)Frau Bause, Sie haben schon im Wahlkampf versucht,den Menschen das Gegenteil einzureden. Esist Ihnen nicht gelungen. Dann glauben Sie es dochendlich!(Beifall bei der CSU – Margarete Bause(GRÜNE): Da müssen Sie selber lachen!)Bayerns Politik wird sich in den kommenden fünf Jahrennicht um intelligente Schulden – wie Frau Kraft inNordrhein-Westfalen -, nicht um den Sexappeal verfehlterWirtschaftspolitik – wie Herr Wowereit in Berlin– und auch nicht um die Einführung von Veggie-Daysin Bayern – wie die GRÜNEN – kümmern, meineDamen und Herren. Vielmehr werden zwei Fragen indieser Legislaturperiode im Vordergrund stehen. Erstens.Bleibt Bayern in allen Regionen lebenswert?Zweitens. Bleibt Bayern international mit an der Spitzeund behält so seinen Wohlstand, seine Arbeitsplätzeund damit auch die soziale Sicherheit und Bildungsqualitätfür die Menschen?Bayern steht vor drei zentralen Herausforderungen.Erstens wird der demografische Wandel das Landverändern, und wir müssen erreichen, dass keine Regionin Bayern abgehängt wird. Wir müssen die Chancendieses Entwicklungsprozesses nutzen.Zweitens. Die zunehmende wirtschaftliche Globalisierungwird Bayern unter Druck setzen. Wir müssen erreichen,dass Bayern im weltweiten Wettbewerb nichtunter die Räder kommt, sondern die Chancen derGlobalisierung nutzt.Drittens. Die digitale Revolution wird die WirtschaftsundBildungswelt radikal verändern, und wir müssenerreichen, dass Bayern nicht zum Technikmuseumabfällt, sondern auch in Zukunft der Leuchtturm für Innovationenbleibt.Daher liegen große Aufgaben vor uns und damit aucheine Menge Verantwortung. Es wäre fatal, wenn wirunsere politische Aufmerksamkeit auf politische Nebenkriegsschauplätzeverlagern würden. Die kommendenfünf Jahre werden entscheiden, ob die vergangenen30 Jahre als die goldenen, aber nun leider


130 <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> – 17. Wahlperiode Plenarprotokoll 17/5 v. 12.11.2013vergangenen Zeiten in Bayerns Geschichtsbüchereingehen werden oder, meine Damen und Herren, obwir heute ein neues Kapitel in Bayerns Erfolgsgeschichteaufschlagen.Die Regierungserklärung hat gerade eindrucksvoll gezeigt,dass wir dieses neue Erfolgskapitel aufschlagenwerden. Es geht um solide Finanzen. Eine erfolgreicheZukunft ist ohne solide Finanzen nicht denkbar.Wie wichtig sie sind, haben die Menschen erkannt:71 % aller befragten Deutschen halten die Aufnahmevon Staatsschulden für fatal. Leider hat sich diese Erkenntnisbis heute nicht bei allen Landesregierungenherumgesprochen. Beispiel Berlin: 641 Millionen EuroNeuverschuldung in den Jahren 2013/2014. BeispielBaden-Württemberg: 3,268 Milliarden Euro Neuverschuldungin den Jahren 2013/2014. Beispiel Nordrhein-Westfalen:6,115 Milliarden Euro Neuverschuldungin den Jahren 2013/2014. Dies sind Zahlen, diein die falsche Richtung weisen und die Hoffnungslosigkeitder Finanzsituation in diesen Ländern darlegen.In Bayern haben wir im aktuellen Doppelhaushalt undin den letzten Doppelhaushalten keine neue Schuldenaufgenommen. Wir sind eine Zukunftsregion. DieAgentur Standard & Poor‘s hat Bayern zum 17. Mal inFolge die Bestnote AAA mit stabilem Ausblick bescheinigt.In keinem anderen westdeutschen Landstarten die Kinder mit einer niedrigeren Pro-Kopf-Verschuldungin ihr Leben als in Bayern. Diese reduzierenwir weiter Jahr für Jahr.Dies ist eine solide Haushaltspolitik mit ehrgeizigenZielen. Herr Rinderspacher, was soll Ihre Aussageheißen, dass wir mit dem Schuldenabbau beginnen,wenn Herr Seehofer nicht mehr Ministerpräsident ist?Sie scheinen nicht mitbekommen zu haben, dass wirbis zum Ende dieses Doppelhaushalts 2,5 MilliardenEuro Schulden tilgen werden.(Beifall bei der CSU)Ich muss mich doch sehr über das wundern, was Siehier reden.Unser Ziel ist es, bis zum Jahre 2030 alle Schuldenabzubauen; denn ein schuldenfreies Bayern ist einGarant für eine gute Zukunft. Deswegen haben wirdiese Schuldenbremse zusammen mit einer überragendenZustimmungsquote der bayerischen Bevölkerungin die Bayerische Verfassung aufgenommen.Der tiefere Grund, warum wir in nahezu jedem Politikfeldin Bayern an der Spitze stehen, ist neben wichtigenpolitischen Richtungsentscheidungen, dass wiruns einfach vieles leisten können. Wir investieren indie Zukunft und blechen nicht wie andere Länder fürZins und Zinseszins. Diese Länder sind zum größtenTeil politisch handlungsunfähig. Die vom Ministerpräsidentenangekündigten Investitionen in Bildung, denBreitbandausbau, den Wohnungsbau, in die Kommunal-und Regionalförderung, in die digitale Innovationund in eine gute medizinische Versorgung sind in vielenLändern blanke Zukunftsmusik. Sie können nichtfinanziert werden.Alle heute angekündigten Maßnahmen sind in der Finanzplanungsauber durchfinanziert und werden inden kommenden fünf Jahren im Freistaat verwirklicht– und das ohne Steuererhöhungen. Eine gute Politikbemisst sich nicht am Geldausgeben, sondern an denrichtigen Prioritäten. Lieber Herr Rinderspacher, dashaben Sie doch selber im September erfahren: IhreMehrforderungen in Höhe von 300 Millionen Euro alleinfür den Doppelhaushalt 2013/2014 sind vomWähler nicht honoriert, sondern abgeschmettert worden.Das machen Sie heute wieder. Sie fordernschnellsten Staatsstraßenbau und Breitbandausbau,ohne eine einzige Finanzierungsmöglichkeit auch nuranzudeuten. Das ist die typische SPD-Politik.Eine zu hohe Staatsquote löst jedoch kein einzigesProblem, sie schafft nur neue Probleme. Sie würgtdas Wirtschaftswachstum ab und verhindert am EndeSteuermehreinnahmen. Sie erhöht die Arbeitslosigkeitund untergräbt nach und nach die Leistungsfähigkeitder sozialen Systeme. Sie schafft Verbindlichkeitenfür die kommenden Generationen und zerstört somitihre Beweglichkeit und ihre Zukunftschancen. Konzentrationstatt Expansion – das ist unser Leitspruch,unsere finanzpolitische Richtschnur. Es ist eine politischeBankrotterklärung, wenn in einer Zeit historischhoher Steuereinnahmen nach immer noch höherenSteuern gerufen wird, nur weil die Ausgaben nicht begrenztwerden können.(Beifall bei der CSU)Beispiel Berlin: Der Willy-Brandt-Pannenflughafenverbrennt mittlerweile mehr Steuergelder als BayernBerlin über den Länderfinanzausgleich überweist.(Zuruf des Abgeordneten Markus Rinderspacher(SPD))Dieses Missmanagement darf nicht mehr auf Kostender bayerischen Steuerzahler akzeptiert werden. Wirsagen deshalb Ja zur Selbsthilfe. Meine Damen undHerren, wir brauchen einen fairen Länderfinanzausgleich,der gute Politik belohnt und schlechte Politiknicht weiter alimentiert. Dies werden wir die nächstenJahre durchsetzen.Ich will, dass das bayerische Steuergeld nicht wirkungslosim Länderfinanzausgleich verbrannt wird.Stattdessen brauchen wir die Mittel für Bayern, nicht


Plenarprotokoll 17/5 v. 12.11.2013 <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> – 17. Wahlperiode 131nur für die Politik in Bayern, sondern auch für die Zukunftunserer bayerischen Kommunen. Wir wollen wenigerGeld für Berlin und Bremen, dafür aber mehrGeld für bayerische Projekte und bayerische Kommunen.Gerade der demografische Wandel kann einegroße Chance für Bayerns Kommunen bedeuten,wenn er nachhaltig gestaltet wird. Für eine moderneInfrastruktur, für eine zukunftsfeste Daseinsvorsorge,für neue Sozialeinrichtungen, für wohnortnahe Schulenund für einen altersgerechten Wohnungs- undStädtebau brauchen die bayerischen Kommunen zusätzlicheMittel. Diese würde Bayern über einen fairenLänderfinanzausgleich erhalten. Jeder Euro, der nichtin den Länderfinanzausgleich fließt, soll neben politischenSchwerpunktsetzungen auch unseren Kommunenzugutekommen.Starke Kommunen sind für Bayern unerlässlich. Deshalbhat die CSU-Fraktion bereits in den vergangenenJahren dafür gekämpft, dass wir schon heute denhöchsten kommunalen Finanzausgleich in der Geschichtedes Freistaats haben. Für unsere Kommunensetzen wir uns auch in den kommenden Jahrenmit ganzer Leidenschaft ein.(Markus Rinderspacher (SPD): Zu wenig!)- Herr Rinderspacher, wenn Sie das kritisieren, sageich Ihnen, dass der kommunale Finanzausgleich zusammenmit den kommunalen Spitzenverbänden ausgehandeltwird. Die kommunalen Spitzenverbändestimmen dem zu.(Markus Rinderspacher (SPD): Die kommunalenSpitzenverbände fordern eine kommunale Verbundquotevon 15 %!)Der SPD-Oberbürgermeister Maly als Präsident desStädtetages stimmt dem ebenfalls zu. Herr Rinderspacherweiß jedoch besser, was die Kommunen brauchen.Er hält dies für zu wenig. Herr Rinderspacher,darüber kann ich mich nur amüsieren.(Beifall bei der CSU)Das ist typisch: Die SPD fordert mehr als die Betroffenen.Sie müssten jedoch merken, dass Ihnen die Betroffenennicht mehr glauben, weil es lächerlich ist.(Beifall bei der CSU)Herr Rinderspacher, wenn Sie arme Kommunensehen wollen, gehen Sie nach Nordrhein-Westfalenund schauen Sie in die großen Städte des Ruhrpottswie Bochum. Sie sehen schon am Straßenbild, dassdiese Städte noch nicht einmal in der Lage sind, ihreGebäude zu erhalten und die Straßenreinigung zu bezahlen.(Markus Rinderspacher (SPD): Das gibt es auchin Bayern!)Das ist SPD-Politik in Nordrhein-Westfalen.(Beifall bei der CSU)Dagegen haben wir gerade für bedürftige Kommunenein Programm mit Stabilisierungshilfen aufgelegt, dasvon den Kommunen angenommen worden ist. Damitkonnten wir denjenigen Kommunen, die es aus eigenerKraft nicht geschafft haben, helfen. Ich sage Ihnenaber auch: Auf Dauer muss das eine Hilfe zur Selbsthilfesein. Wir müssen zusehen, dass diese Kommunenselber wieder die Finanzkraft aufbringen, um ihreAufgaben erfüllen zu können.Vor Ort in den Kommunen entscheidet sich die Lebensqualitätder Menschen, nicht immer nur überneue Vorschriften und Gesetze. Deshalb begrüße ichausdrücklich die Paragrafenbremse, die MinisterpräsidentSeehofer angekündigt hat. Ebenso sage ich einganz klares Ja zu mehr Bürgerbeteiligung. Wir werdenals Fraktion gemeinsam mit der Staatsregierungeinen breiten Dialog mit allen Bürgerinnen und Bürgernüber die konkrete Ausgestaltung der notwendigenInstrumente führen. Als Christlich-Soziale Unionhaben wir immer den Menschen in den Mittelpunktgestellt und kleine Gemeinschaften gefördert. Für unskommt es auf jeden und jede an. Herr Rinderspacher,der Spruch "Keiner darf verloren gehen", den Sieheute genannt haben, ist von der CSU im Zusammenhangmit der Schulpolitik geäußert worden, vom MinisterpräsidentenGünther Beckstein hier in diesemHause.(Helga Schmitt-Bussinger (SPD): Wie kommenSie darauf?)Heimat ist für uns kein abstraktes Phänomen, sie wirdin den Familien, in den zahlreichen Vereinen, in denReligionsgemeinschaften, in der Kultur und imBrauchtum gelebt. Subsidiarität und Personalität nennendies die Gelehrten der christlichen Soziallehre.Für uns besteht eine lebenswerte Heimat ganz konkretaus vier Dingen: Die Menschen sollen auch weiterhinin ihren vertrauten Regionen gut leben könnenund nicht gezwungen sein, abzuwandern. Sie sollenselbst entscheiden, wie sie ihr Leben und geradeauch ihr Familienleben gestalten wollen. Wir sagen Jazur Bewahrung der Schöpfung. Wir gehen mit derUmwelt und den natürlichen Ressourcen in unseremLande verantwortungsvoll um.Wir fördern Menschen, die für andere da sind undsich im kulturellen und im sozialen Bereich, religiösund in Sportvereinen einbringen. Wir haben alle Regionenim Blick, meine Damen und Herren.


132 <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> – 17. Wahlperiode Plenarprotokoll 17/5 v. 12.11.2013Herr Rinderspacher kritisiert, dass ein Heimatministeriummit Außenstelle in Nürnberg zentral für ganzBayern zuständig sein soll. Dann frage ich mich,warum die SPD im Bayerischen <strong>Landtag</strong> zentral inMünchen einen Arbeitskreis, eine Enquetekommissioneinrichten will, die ebenfalls für ganz Bayern zuständigist. Herr Rinderspacher, da kann man sichdoch nur noch wundern, wie hier insgesamt gedachtwird.(Beifall bei der CSU)Richtig ist, dass Heimat vor Ort beginnt. Richtig istaber auch, dass es gewisse Probleme gibt, etwa dieBreitbandversorgung gerade im ländlichen Bereich,wo die Regionen von München aus zentral unterstütztwerden. Meine Damen und Herren, uns brauchen Siedoch nicht zu sagen, dass wir vor Ort sein sollen. Hiersitzen 101 Abgeordnete, in jedem Stimmkreis ist mindestenseiner vor Ort. Es sind unsere Bürgermeisterund Landräte vor Ort in den Gemeinden, in den Städtenund Landkreisen. Aber von der SPD sehe ich vorOrt relativ wenige, Herr Rinderspacher. Das ist dieTatsache, die uns jeden Tag begegnet.(Beifall bei der CSU)Bayern wird nur dann als Ganzes stark sein, wennsich jede Region bestmöglich entwickelt. Wir haben inden vergangenen Jahrzehnten im ganzen Land Fachhochschulengebaut und alle Landesteile durch einleistungsfähiges Verkehrsnetz verbunden. Jetzt hatdie Breitbandoffensive unsere Unterstützung. Gleichzeitigfördern wir den Wohnungsbau, gerade auch inBallungszentren, und mit zusätzlichen Mitteln Kommunen,die durch den demografischen Wandel ganzbesonders betroffen sind.Meine Damen und Herren, natürlich wünschen auchwir uns, dass die Breitbandoffensive beschleunigtwird. Aber ich weise darauf hin, dass Bayern das einzigeLand in Deutschland ist, das überhaupt ein Programmmit einem Volumen von 500 Millionen Euroabgesichert hat.(Markus Rinderspacher (SPD): Völliger Quatsch!)Ich kenne kein anderes Bundesland. Das Einzige,was ich in Berlin höre, Herr Rinderspacher: Die Genossenfordern vom Bund Milliarden. Das ist die Antwortder SPD auf diese Dinge.(Markus Rinderspacher (SPD): Das sollten Siemit uns gemeinsam machen!)Wir werden natürlich versuchen, dieses Programm zuverbessern, zu vereinheitlichen. Markus Söder hatdies angekündigt. Wir setzen uns auch dafür ein, dasssich der Bund stärker beteiligt. Aber tun Sie dochnicht so, als wüssten Sie nicht genau, dass diese Erschließungsmaßnahmenatürlich ein Prozess ist, dernicht von heute auf morgen im ganzen Land erledigtwerden kann, sondern den wir insgesamt mutig anpackenmüssen.(Zuruf des Abgeordneten Markus Rinderspacher(SPD))Wir sagen Ja zur Wahlfreiheit in der Familienpolitik.Wir halten an dem von der Großen Koalition im Jahr2007 beschlossenen Betreuungsgeld ausdrücklichfest, und dies auch bei den Koalitionsverhandlungen.Wir bekennen uns gleichzeitig weiter zum Landeserziehungsgeld.Wir werden es nicht wie Baden-Württembergabschaffen. Aber auch die SPD hat in diesem<strong>Landtag</strong> x-mal beantragt, dasLandeserziehungsgeld abzuschaffen. Meine Damenund Herren, dies muss man den Menschen draußensagen: Mit SPD und GRÜNEN gäbe es auch in Bayernlängst kein Landeserziehungsgeld mehr.(Beifall bei der CSU)Wir werden das Betreuungsangebot kontinuierlichausbauen und verbessern. Hier sind wir schon weitgekommen. Der Irrtum der SPD hat sich heute wiederin Ihren Ausführungen gezeigt. Herr Rinderspacherhat Betreuungsquoten miteinander verglichen, meineDamen und Herren. Wenn er von kleinen Kindernredet, redet er von Quoten, nicht von Menschen.(Markus Rinderspacher (SPD): Ach, Herr Kreuzer!)Die entscheidende Frage, Herr Rinderspacher, istnicht, wie die Quote ist, sondern ob jedes Kind, daseinen Betreuungsplatz will, auch einen zur Verfügunggestellt bekommt. Das ist die entscheidende Frage.(Beifall bei der CSU)Bei Ihnen ist nach Quoten gedacht worden. Deswegengibt es die größten Probleme dort, wo die Quotezwar hoch ist, aber insgesamt zu wenig Plätze sind,nämlich in der Landeshauptstadt München. Quotendenken,meine Damen und Herren, das haben wirnicht.(Zuruf des Abgeordneten Markus Rinderspacher(SPD))Wir werden den Kommunen weiter die notwendigenMittel zur Verfügung stellen. Wer Krippen nicht entsprechenddem Bedarf gebaut hat, ist als Kommuneallein verantwortlich; er hat die staatliche Unterstützungin vollem Umfang bekommen. Aber denken Sie


Plenarprotokoll 17/5 v. 12.11.2013 <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> – 17. Wahlperiode 133bitte an Menschen, nicht an Quoten. Dann kommenSie auch in diesem Punkt entscheidend weiter.Wir werden die Ganztagsschulen weiter ausbauen.Ich begrüße ausdrücklich die Ganztagsgarantie. Wirhaben hier in den letzten Jahren viel erreicht. Es gibtin 80 % der Schulen ein Angebot, von der verlängertenMittagsbetreuung bis hin zur Ganztagsschule.Wenn man dies mit der Situation vor wenigen Jahrenvergleicht, sieht man, dass der Prozentsatz ganzenorm gestiegen ist. Aber auch der Bedarf ist enormgestiegen, gerade auch in ländlichen Bereichen, wofrüher überhaupt kein Bedarf angemeldet worden ist.Dem müssen wir insgesamt gerecht werden. DiesesProblem gibt es nicht nur in Bayern. Ich weise daraufhin, dass das auch bei den Koalitionsverhandlungenin Berlin ein Thema ist. Wissen Sie, wie das beantwortetwird? – Wir brauchen vier Milliarden Euro, umGanztagsschulen zu machen, sagen Ihre SPD-Parteifreunde,weil sie selber nicht mehr in der Lage sind,ihrem Bildungsauftrag aus ihren Landeshaushaltennachzukommen. So weit werden wir es in Bayernnicht kommen lassen, meine Damen und Herren.(Beifall bei der CSU)Wir sagen Ja zur Schöpfung. Das gilt gerade auch beider Energiewende. Wir räumen der Klimapolitik einengroßen Stellenwert ein. Damit wir uns richtig verstehen:Wir werden natürlich über Finanzierungsfragenreden. Wenn aber ein Land sagen muss, wir bringenunseren eigenen Aufgabenbereich nicht mehr hin,wenn nicht der Bund vier Milliarden Euro für Schulen,zwei Milliarden Euro für Hochschulen zur Verfügungstellt, dann ist die Frage, ob dieses Land überhauptnoch regiert werden kann oder ob dieses Landschlichtweg pleite und ohne jeden Entscheidungsspielraumist.(Markus Rinderspacher (SPD): Bleiben Sie dochauf dem Teppich!)Das sind alles Länder, die in den letzten Jahren undJahrzehnten von Rot-Grün regiert worden sind.Meine Damen und Herren, wir werden das Stromnetzintelligent gestalten, und wir werden die Speichertechnologienfortführen.(Zuruf des Abgeordneten Markus Rinderspacher(SPD))Herr Rinderspacher, Sie sind das nicht gewohnt. Siesind gewohnt, dass nur Sie die Staatsregierung beschimpfen,aber nicht, dass Sie selber angegriffenwerden.(Lachen des Abgeordneten Markus Rinderspacher(SPD))Die Zeiten ändern sich, Herr Rinderspacher.Wir werden den gesellschaftlichen Zusammenhalt unterstützen.Als Fraktion unterstützen wir das ehrenamtlicheEngagement. Ansatz dafür ist beispielsweiseunser Anstoß zu Sozialgenossenschaften, der jetzt inder Regierungserklärung aufgenommen worden ist.Gleichzeitig wollen wir den Zusammenhalt von Menschenmit und ohne Migrationshintergrund verbessern.Dafür werden der Vorsitzende des SozialausschussesJoachim Unterländer und derIntegrationsbeauftragte Martin Neumeyer gemeinsammit der Sozialministerin Emilia Müller das bayerischeIntegrationskonzept kontinuierlich weiterentwickeln.Für uns sind Bildungschancen eine wichtige Grundlagezur persönlichen Entfaltung. Die Bildung lassen wiruns etwas kosten, und zwar jeden dritten Euro desStaatshaushalts, meine Damen und Herren. WennSie die Zuweisungen an den Länderfinanzausgleichund die Zuweisungen an die Kommunen herausrechnen,die ja nicht zur Verfügung stehen, sehen Sie,dass fast jeder zweite Euro des Staatshaushalts fürBildung ausgegeben wird. Zwar ist Geld nicht alles, esermöglicht aber wohnortnahe Schulen und eine guteLehrerversorgung und individuelle Förderangebote.Herr Rinderspacher, ausgerechnet Sie werfen dembayerischen Schulwesen vor, dass es nicht in denDörfern, sondern standortfern ist. Offenbar haben Siewirklich von dem, was woanders passiert, überhauptkeine Ahnung.(Zuruf des Abgeordneten Markus Rinderspacher(SPD) – Karl Freller (CSU): Kurze Beine, kurzeWege!)Eine so kleinteilige Schullandschaft im Grundschulbereichwie im Freistaat Bayern gibt es sonst in der ganzenRepublik nicht. Da müssen Sie, Herr Rinderspacher,nach Südtirol fahren. Dort werden Sie dasauch finden, die haben etwas Ähnliches. Aber ansonstenfinden Sie das nirgends. Dieser Vorwurf istabsolut nicht gerechtfertigt, sondern Bayern gehteinen wirklich geradlinigen und auch teuren Weg, umdies zu erhalten, weil wir das gerade für den ländlichenBereich tun wollen.Wir müssen die digitale Bildung noch intensiver alsheute in unsere Lehr- und Lernangebote einbeziehen.Schon heute sind Bayerns Schülerinnen und Schülerbei den meisten nationalen Bildungstests führend.Bayerns Schülerinnen und Schüler rechnen akkurater,schreiben flüssiger und wissen mehr als beispielsweisedie Kinder und Jugendlichen aus Bremen und


134 <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> – 17. Wahlperiode Plenarprotokoll 17/5 v. 12.11.2013Hamburg. Dann kommen immer wieder die Hinweise,dass dort die Abiturquote höher sei. Dazu sage ichIhnen: Ich will solche Quoten nicht um den Preis erzielen,dass am Ende Kinder mit Migrationshintergrundin Bayern bei den Tests bessere Deutschergebnissehaben als Kinder ohne Migrationshintergrund inBremen und in Hamburg. Eine solche Bildungspolitikwerden wir hier nicht machen. Das sollen Sie ganz sicherannehmen.(Beifall bei der CSU)Dass die Bildungspolitik erfolgreich ist, zeigt sich späteran der niedrigen Jugendarbeitslosigkeit. Die Menschensind schulisch gut ausgebildet, und deswegenhaben sie auch ihre Chance bei der Berufswahl undbei der Wahl ihres Arbeitsplatzes.Unser Land wird beim Wohlstand, bei den Arbeitsplätzenund beim Einkommensniveau seiner Bürgerinnenund Bürger nur spitze bleiben, wenn alle RegionenBayerns exzellent sind. Wir brauchen boomende Ballungsräume,wir brauchen aber auch prosperierendeländliche Räume. Beides sind keine Gegensätze, sondernbedingen einander. Sie sind die beiden Seitender gleichen Medaille, einer aktiven und intelligentenWirtschaftspolitik. Wir brauchen einen Investitionsschubfür die digitale und die Verkehrsinfrastruktur.Bayern muss nicht nur verkehrlich gut erschlossensein, auch die Daten müssen überall im Land verfügbarsein. Wir fordern auch den Bund auf, sich daranzu beteiligen. Darüber wird im Moment verhandelt.Gleichzeitig brauchen wir eine neue digitale Innovationsoffensive.Ich bin dem Ministerpräsidenten dafürdankbar, dass er unsere Fraktionsinitiative "Bayern3.0" aufgegriffen hat. "Bayern digital" kommt zur richtigenZeit. Bereits heute trägt die Digitalisierung jährlichrund 1,5 Milliarden Euro zum Bruttoinlandsproduktbei. Neun von zehn Innovationen in der Automobilbranchekommen aus dem digitalen Bereich. Heutewerden alle zwei Tage so viele Daten generiert wiezuvor in der gesamten Menschheitsgeschichte bis zudiesem Jahrtausend. Das ist enorm. Wenn man esgenau überlegt, ist das teilweise auch erschreckend.Darauf müssen sich unsere Bildungseinrichtungen,die Wirtschaft und jeder Einzelne einrichten.Die CSU-Fraktion unterstützt deshalb beispielsweisedie Einrichtung eines Internet-Think-Tank, der geradeauch die gesellschaftlichen, juristischen, wirtschaftlichenund bildungsrelevanten Auswirkungen der digitalenRevolution untersuchen und mögliche Maßnahmenerarbeiten soll. So etwas gibt es bisher nur inden Vereinigten Staaten von Amerika und in Großbritannien,nicht aber in Kontinentaleuropa. Wir müssenan dieser Entwicklung teilhaben.Wir sagen ausdrücklich Ja zu einer Gründeroffensivezur Förderung der Cyber Security und zu mehr fächerübergreifenderIT-Kompetenz in Forschung undLehre. Dies alles darf nicht nur im Großraum Münchenstattfinden. Wir brauchen solche ForschungsundWissenschaftseinrichtungen auch in anderen TeilenBayerns. Wir brauchen die digitale Strahlkraftüberall. Bayern soll ein einziges Cluster für die digitalenWelten und seine wirtschaftlichen, wissenschaftlichenund gesellschaftlichen Anwendungen werden.Dafür brauchen wir auch in Nordbayern eine Exzellenzuniversität.Die CSU-Fraktion unterstützt diesenPlan der Bayerischen Staatsregierung mit Nachdruck.Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Regierungserklärungvon Horst Seehofer ist eine exzellente Blaupausefür das Regierungshandeln in den kommendenJahren. Als Fraktion unterstützen wir die von ihm beschriebenenMaßnahmen, Projekte und Initiativen.Die Regierungserklärung greift zahlreiche Fraktionsinitiativenvon der Digitalisierung über die Breitbandversorgung,die Sozialgenossenschaften, den Ausbauvon Ganztagsschulen, die Sicherung wohnortnaherSchulen bis hin zur Strukturpolitik auf. Die Politik vonHorst Seehofer schafft eine gute Zukunft für Bayern,für jede Region und für jeden Einzelnen. Sie setzt ambitionierteZiele. Wir müssen uns gemeinsam daranmachen,sie zu erreichen. Die CSU-<strong>Landtag</strong>sfraktionversteht sich als einer der Innovationsmotoren dieserkünftigen Regierungspolitik und der künftigen Politikfür Bayern. Nutzen wir den Handlungsspielraum desheutigen Erfolgs für Bayerns Zukunft, damit Bayernlebenswert und erfolgreich bleibt! Liebe Kolleginnenund Kollegen, das ist unsere Politik. Es ist eine Politikfür die Menschen in diesem Land.(Lang anhaltender Beifall bei der CSU)Dritter Vizepräsident Peter Meyer: Vielen Dank,Herr Kollege Kreuzer. Als Nächster hat Herr KollegeAiwanger das Wort.Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Sehr geehrterHerr Präsident, Herr Ministerpräsident, liebe Kolleginnenund Kollegen! Die Regierungserklärung ist derVersuch, die Politik für die nächsten fünf Jahre vorzuskizzierenund zu verdeutlichen, wo das Regierungshandelnhingehen soll. Dabei geht es natürlichin erster Linie um die Inhalte. Über die wollen wirheute diskutieren, und das werden wir auch tun.Wenn wir über die Inhalte sprechen, gehört es aberauch dazu, die Form kurz anzusprechen; denn dieForm wird dazu benutzt, andere Fraktionen ihre Inhaltenicht mehr kommunizieren zu lassen. Es ist einTrauerspiel, dass wir es in diesem <strong>Landtag</strong> nichtschaffen, die Sendezeit des Bayerischen Fernsehens,die bis halb fünf geht, so zu nutzen, dass jeder noch


Plenarprotokoll 17/5 v. 12.11.2013 <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> – 17. Wahlperiode 135ins Fernsehen kommt. Es sieht fast so aus, als wäredas Bayerische Fernsehen nur mehr für eine Parteiund vielleicht noch für die der Staatsregierung amnächsten stehende Gruppierung da. Der Rest soll mitdem Ofenrohr ins Gebirge schauen. So viel zu demThema, meine Damen und Herren.(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)Wenn der <strong>Landtag</strong> auf eine faire Zusammenarbeit setzenwill, können wir so nicht weitermachen. Heute hatsich Schwarz-Rot wieder von der schönsten Seite gezeigt.Dazu passt auch: Kaum dass man sich umdreht,wird einem von Schwarz und Rot der Stuhl untermHintern weggeklaut. Das kennen wir schon. Soviel dazu.(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)Meine Damen und Herren, zu den Inhalten, zu fünfJahren Regierungspolitik, die wir vor uns haben, zufünf Jahren Arbeit, die wir gemeinsam zu bewältigenhaben, muss ich sagen: Eine Regierungserklärungmuss auch ehrlich sein. Das Ergebnis des zurückliegendenWahlkampfs zeigt zwar, dass die Wahl gewonnenworden ist, aber die Versprechungen, die zudiesem Wahlerfolg geführt haben, sind jetzt schonüber Bord geworfen worden. Ich bin neugierig darauf,ob Sie, sehr verehrter Herr Ministerpräsident, diePkw-Maut für Ausländer durchsetzen können. Siehaben gesagt, Sie werden keinen Koalitionsvertragunterschreiben, in dem die Pkw-Maut für Ausländernicht drinsteht. Ich habe gesagt: Vielleicht steht drin,dass die Pkw-Maut für Ausländer nicht kommt, dannsteht sie auch drin.(Heiterkeit bei den FREIEN WÄHLERN)Sie haben aber gesagt: Die Maut kommt, sonst wirdnichts unterschrieben.Sie haben auch einmal gesagt: Der Länderfinanzausgleichmuss geändert werden, sonst werden Sie denKoalitionsvertrag nicht unterschreiben. Ich wünscheIhnen auch auf diesem Weg viel Erfolg. Ihr heutigerVerweis darauf, dass Sie weiter klagen werden, stehtim Raum. Kommt das hinein?(Ministerpräsident Horst Seehofer: Ja!)- Ich wünsche Ihnen viel Erfolg dabei.Ein Versprechen, das aber jetzt schon angeblich ausFinanzierungsgründen über Bord geworfen wordenist, ist die Erhöhung des Kindergeldes.(Ministerpräsident Horst Seehofer: Das hängt vonder wirtschaftlichen Entwicklung ab! Jetzt könnenwir es uns nicht leisten!)- Jetzt können wir es uns nicht leisten. Wann dann?Im Wahlkampf konnten wir es uns noch leisten, jetztkönnen wir es uns nicht mehr leisten. Auf das, wasbeim Kindergeld und auch bei der Angleichung derMütterrente herauskommt, bin ich neugierig. Damitund mit dem Versprechen der Abschaffung der kaltenProgression haben Sie die Wahl gewonnen. Jetztheißt es kurz nach dem Wahlkampf: Wir können unsdas jetzt nicht leisten. Der Wahlerfolg ist aber in derTasche. Sei er Ihnen gegönnt.Trotzdem sage ich: Diese Regierungserklärung ist genausounehrlich, wie die Regierungserklärung vor fünfJahren in vielen Punkten unehrlich war. Das verkündeteschnelle Internet ist angesprochen worden. 2008wurde verkündet, dass wir es in drei Jahren haben.Jetzt, im Jahr 2013, wird es für 2018 versprochen. Eskommt mir so vor wie bei den Heiligen Drei Königen.Da wird immer die Jahreszahl mit Kreide über die Türgeschrieben. Man wischt im folgenden Jahr die hinterenbeiden Zahlen weg.(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)Kaspar, Melchior und Balthasar bleiben stehen, unddie hinteren Zahlen werden ergänzt. Ich sage ganzklar: So wichtige Infrastrukturmaßnahmen dürfen nichtauf der Zeitachse nach hinten verschoben werden.Damit ist in den letzten Jahren viel Vertrauen undauch viel wirtschaftliche Kapazität, die dringend nötiggewesen wäre, zerstört worden. Gleiches gilt für2008. Eine Ihrer Aussagen in der Regierungserklärunglautete, es würden keine Steuererhöhungenkommen, sondern sogar Steuersenkungen. Von Steuersenkungenhabe ich nichts mitbekommen. Es gabdamals auch Aussagen, dass die Krankenhausfinanzierungbesser werden müsse. Vorhin haben Sie gesagt,es ist nicht hinnehmbar, dass die Krankenhäuserso schlecht finanziert sind, dass sie trotz guterArbeit nicht in die schwarzen Zahlen kommen, sonderndraufzahlen. Auch das war schwarz-gelbe Politikin den letzten fünf Jahren. Die versprochene Verbesserungder Krankenhausfinanzierung ist nicht gekommen.Ein Versprechen lautete auch, die Renten zu erhöhen.Die Renten wurden erhöht, aber nur um0,25 %, das lag also deutlich unter der Inflationsrate.Meine Damen und Herren, auch das zeigt die Wertigkeitder Regierungserklärungen. Sie enthalten immerdie Themen, die für die jeweils vor uns liegendenWahlen wichtig sind. Die Steuersenkungen waren2008 wichtig, um sie den Leuten für die Bundestagswahl2009 ans Bein zu binden. Heute haben wir vonSteuersenkungen nichts mehr gehört, weil die Bun-


136 <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> – 17. Wahlperiode Plenarprotokoll 17/5 v. 12.11.2013destagswahl hinter uns liegt und Rot-Grün dummgenug gewesen ist, in diese Falle zu tappen.(Jürgen W. Heike (CSU): Aha!)Stattdessen gibt es jetzt das Euro-Thema und dieVolksbefragung und die Volksbeteiligung. Das wurdehier und heute groß nach vorne gestellt. Das wird jetztThema werden bis zur Europawahl. Jetzt heißt es:"Volksbeteiligung" und: "Wir wollen alle einbinden".Der Bürgerentscheid in München gegen die dritteStartbahn interessiert Sie hingegen weniger. Hier wirddie Bürgerbeteiligung, die stattgefunden hat, nichternst genommen. Für den vor uns liegenden Wahlkampfhingegen wird die nächste Bürgerbeteiligungan die Wand gemalt und dann, wenn der Wahlkampfum ist, wird sie wieder weggewischt. Diese unehrlichePolitik kritisiere ich an dieser Stelle.(Lebhafter Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)Dritter Vizepräsident Peter Meyer: Herr Kollege Aiwanger,gestatten Sie eine Zwischenfrage?Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Nein, wir sindeh schon so weit hinten. - Jetzt geht es darum, diewichtigsten Themen für die nächsten Jahre herauszuarbeiten.Wir FREIEN WÄHLER sind diejenigen, diediese Dinge auf den Tisch legen, auch wenn das unangenehmist. Ansonsten sind wir immer sehr fair. Wirwerden Widersprüche aufzeigen und an Versprechenerinnern, damit es mit Bayern wieder vorwärts geht.Die Schwerpunktthemen Bildung, ländlicher Raum,Kommunen und Energiewende haben im <strong>Landtag</strong>sundauch im Bundestagswahlkampf fast keine Rollegespielt, obwohl sie äußerst wichtig sind. Diese Themensind jetzt wirklich zu besetzen. Das gilt auch fürdie Bildungspolitik und die frühkindliche Bildung. Wasdie Debatte um das Betreuungsgeld und das damitverbundene Hin und Her anbelangt, so ist nach wievor Fakt, dass die Kinder, die in eine Betreuungseinrichtunggehen, teilweise in sehr großen Gruppensind. Die Kommunen haben teilweise große Probleme,genügend qualifiziertes Personal zu finden. Dasheißt, hier werden wir etwas drauflegen müssen, ummehr qualifiziertes Personal in die frühkindliche Bildungzu bringen. Das ist und bleibt eine Forderungder FREIEN WÄHLER, und von der gehen wir auchnicht weg. Hier müssen wir nachbessern.(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)Grundschulstandorte: Das Wortspiel "selbstständigeGrundschulstandorte" und "Grundschulstandorte allgemein"dürfte mittlerweile weitgehend aufgeklärtsein. Der Normalzuhörer meint natürlich, es wärenalle Grundschulstandorte gemeint. Im Nachhineinheißt es dann aber, das war kein selbstständigerGrundschulstandort. Meine Damen und Herren, demKind und seinen Eltern ist es egal, ob die Schulerechtlich selbstständig oder unselbstständig ist. DieEltern wollen ihre Kinder dort behalten.(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und derSPD)Wir müssen die Klassengrößen absenken. In unsererKommune haben wir zweimal 25 Kinder pro Klasse.Wir haben in einer Grundschulklasse sogar 27 Kinderund darunter ein Kind mit Migrationshintergrund, daskein Wort Deutsch kann. Das geht nicht! Wir wollenmaximal 22 Kinder in einer Klasse. Im Falle des Falleswollen wir eine pädagogische Zweitkraft. Es mussgewährleistet sein, dass ein Kind, das nicht Deutschkann, anderweitig auf den Stand gebracht wird undnicht mangels Möglichkeiten einfach in eine Klasse hineingesetztwird.(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)Es heißt immer, das stimmt nicht. Ich gebe Ihnen dieAdresse. Das sind die Probleme der Menschen, dassind die Probleme der Bildungslandschaft vor Ort.Es geht weiter mit den Mittelschulverbünden, die mitder Ankündigung gegründet wurden, man wolle sokleine Standorte retten. Auf diese Weise sollten dieKlassengrößen auch einmal unter 15 heruntergefahrenwerden können. Auf dem Papier mag das stimmen,in der Praxis scheitert das aber häufig daran,dass keine Lehrer da sind, um eine Klasse mit 13 Kindernzu halten; denn dann müsste eine andere Schule30 oder mehr Kinder pro Klasse haben. Das Erhaltendes Standortes scheitert also teilweise an der Verfügbarkeitder Lehrer. Bei allem Respekt vor Ihren Bemühungen,den Staatshaushalt nicht ausufern zu lassen,beim Personal für Schulen müssen wir anders denken.Dort ist jede Kraft nötig. Hier müssen wir mehr hineinstecken,um die sogenannte demografische Rendite,die immer angekündigt wird, nicht abwarten zumüssen. Wir müssen sagen, eine Grundschulklassemit über 22 Kindern ist suboptimal, eine Klasse mitüber 25 Kindern ist nicht hinnehmbar. Hier müssenwir nachbessern.(Zuruf des Abgeordneten Professor Dr. GerhardWaschler (CSU))- Ich will Ihnen das Beispiel von Eisschrank und Herdplattenicht bringen, wenn hier von Durchschnitt dieRede ist.(Prof. Dr. Gerhard Waschler (CSU): Darüber könnenwir gerne diskutieren!)


Plenarprotokoll 17/5 v. 12.11.2013 <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> – 17. Wahlperiode 137- Darüber brauchen wir nicht zu diskutieren. EineGrundschulklasse mit über 25 Kindern geht einfachnicht. Da hilft der ganze Durchschnitt nichts. Es hilftdem Erstklässler in einer Klasse mit 26 oder 27 Kindernnicht, wenn Sie sagen, im Durchschnitt sind dieanderen Klassen kleiner. Das hilft diesem Kind nichtweiter. Hier müssen wir nachbessern!(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)Sie wissen auch: Gerade an den Realschulen undden Gymnasien sitzt jedes dritte Kind in einer Klassemit über 30 Schülern. Dort ist die Lage vielleicht nichtso brisant wie an den Grundschulen, doch auch hiermuss nachgebessert werden.Zum G 9: Sie sagen, Sie machen keine neuen Schulreformen.Ich würde Ihnen aber empfehlen, diesesThema noch einmal auf die Tagesordnung zu setzen.Wir jedenfalls werden es über ein Volksbegehrennoch einmal auf die Tagesordnung bringen. Wir stellennämlich fest, dass ein Großteil der Gymnasiastenmit dem jetzigen System nicht glücklich ist. Auch dieLehrer sind damit nicht glücklich, und zwar einfachdeshalb, weil hier zu viel Stoff vermittelt wird, auch amNachmittag. Es gibt zu viel Lerndruck in kurzer Zeit.Hier müssen wir eine etwas entspanntere Unterrichtsatmosphäreschaffen. Die Kinder sollen noch Kindersein dürfen und keine Lernmaschinen sein müssen.Am Gymnasium läuft heute vieles schief. Die Gutenpacken das, keine Frage, aber auch die sind an dreiNachmittagen in der Schule und könnten in dieserZeit etwas anderes tun. Für sehr viele Schülerinnenund Schüler ist die jetzige Situation jedenfalls nichtoptimal.Wenn wir von mehr Bürgerbeteiligung sprechen, dannmüssen wir an dieser Stelle auch zur Kenntnis nehmen– und das kann ich immer nur mit Kopfschüttelnquittieren –, dass Schulleiter hinter vorgehaltenerHand sagen: Ihr habt recht, neun Jahre wären besser,aber als Schulleiter darf ich nichts sagen. MeineDamen und Herren, wo sind wir denn? – Wir sinddoch nicht in der DDR! Wenn ein Schulleiter sieht,dass das System für die Kinder nicht in Ordnung ist,dann muss er das doch offen sagen dürfen.(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)Er muss das an die Politik herantragen dürfen, ohnedass er negative Konsequenzen befürchten muss.Mein Eindruck ist jedenfalls: Die Schulleiter habenteilweise Angst und sagen deshalb nichts. Sie sagenstattdessen: Wir wünschen euch, dass ihr das schafft,wir sagen aber nichts dazu. Hier unsere klare Botschaft:Greifen Sie das Thema G 9 noch einmal auf.Dort ist noch nicht alles optimal. Es reicht nicht, zusagen, wir tun in den nächsten fünf Jahren nichts, weildie Welt hier in Ordnung ist. Nein, hier müssen wirnachbessern.(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)Der ländliche Raum ist das große und alte Thema derFREIEN WÄHLER, doch es ist so aktuell wie nie.Symbolhaft kann ich feststellen, dass Wohnraum imländlichen Bereich leer steht, während keine 100 Kilometerweiter in den Metropolen Wohnraum unbezahlbarist. Auch hier haben wir wieder einen Durchschnittswert,meine Damen und Herren.Durchschnittlich betrachtet sind die Mieten bezahlbar:Hier steht das Haus leer, dort ist die Miete nicht bezahlbar.Wir müssen optimale Lösungen finden. Dazuzählt auch die Verkehrsanbindung.Das betrifft auch die direkte Bahnanbindung Ostbayernsan den Flughafen. Auch hier ist es wie beiden Heiligen Drei Königen gewesen. WirtschaftsministerZeil hat für dieses Projekt den Beginn der Baumaßnahmenfür 2012 versprochen. In vier Jahrensollte es fertig sein. Jetzt schreiben wir bald 2014.Bisher habe ich noch keinen Bagger gesehen. Auchdieses Projekt wird nach hinten geschoben mit derFolge, dass jemand aus dem ländlichen Raum ambesten mit dem Auto zum Flughafen fährt. Hat er keinAuto, dann ist er abgeschnitten. Hier muss nachgebessertwerden.In den Städten sehen wir auch das Thema des öffentlichenPersonennahverkehrs. Auch hier gilt es, vorallem in München, mit viel Hirnschmalz in den nächstenJahren vernünftige Lösungen zu finden, die Außenästezu ertüchtigen und dergleichen mehr, anstattzu sagen: Die zweite S-Bahn-Stammstrecke ist derWeisheit letzter Schluss – in Klammern: für 2,5 MilliardenEuro, nach oben offen. Damit werden wir in eineFalle tappen, die so groß ist wie das Landesbankloch.Am Ende haben wir dann immer noch keine Lösung.Ich bitte also auch hier darum, mit vernünftigen undzeitnahen Lösungen zu arbeiten. Das gilt für viele weitereVerkehrsprojekte, auch für die B 15 neu. Dazuheißt es: Die B 15 neu wird gebaut, in der Zwischenzeitbrauchen wir keine dritte Überholspur, keine Ortsumfahrung,das erübrigt sich.Meine Damen und Herren, wir müssen zeitnah Lösungenbringen. Lieber den Spatz in der Hand als dieTaube auf dem Dach, die keiner mehr findet. Wirbrauchen pragmatische und zeitnahe Politik. Geradein der Verkehrspolitik brauchen wir auch einmal diekleine Lösung. Sie muss aber kommen.(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)


138 <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> – 17. Wahlperiode Plenarprotokoll 17/5 v. 12.11.2013Wir kämpfen ebenso dafür, dass die Landwirtschaftim ländlichen Raum in Zukunft wieder eine größereRolle spielt. Hierbei ist wichtig, die Marktposition derLandwirte anzuerkennen und sie zu stärken, anstattdie bäuerliche Landwirtschaft mit immer mehr Großstrukturenan die Wand zu spielen, sodass am Endenur noch die investorgestützte Großlandwirtschaft Flächenübernimmt, vielleicht für große Biogas-Anlagendie Gegend abgrast, während die kleinen Bauern nurnoch den Frontlader bedienen dürfen. Wir brauchenvielmehr eine faire Perspektive für die bäuerlicheLandwirtschaft. Das sehen wir auch an der zunehmendenMarktbeherrschung durch die Fleischindustrieund den Lebensmittelgroß- und -einzelhandel. Siesind gefordert, künftig auch über das Kartellamt heranzugehen.Die Bauern sind zu schützen. Sie müssenihnen eine faire Chance lassen. Auch das ist Bayern,meine Damen und Herren.(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)Es geht jetzt um das Thema Gesundheitsversorgungund die flächendeckende Haus- und Facharztversorgung.Wir haben uns jahrelang für bessere Hausarztverträgeeingesetzt. Wir sind aber noch nicht dort angekommen,wo wir hin wollen. Die angekündigtebessere Finanzausstattung der kommunalen Klinikenlässt auf sich warten. Ich bin neugierig, ob die Gesundheitslandschaftdiesen Verdrängungswettbewerbüberlebt, der von einer Gesundheitslobby von langerHand ganz gezielt gesteuert wird nach dem Motto:Räum die Haus- und Fachärzte aus dem Weg, machbörsennotierte Klinikketten, die gehören dann irgendeinemGroßinvestor, und der Rest ergibt sich schon.Wir müssen aufpassen und retten, was noch zu rettenist. Wir müssen den freiberuflichen Ärzten wieder eineklare Perspektive geben. Das ist zu einem großen TeilGesundheitspolitik in Berlin, das ist aber auch bayerischePolitik. Wenn wir das wollen, können wir mehrtun als derzeit. Wir sind hier mit unserem Latein nochnicht am Ende.(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)Beim Thema Energiewende sehen wir die großenWertschöpfungspotenziale insbesondere im ländlichenRaum. Die Länderöffnungsklausel bedeutetChance und Risiko zugleich. Ich bitte Sie darum, nichtalleine der Verhinderungspraxis das Wort zu reden.Natürlich will man den Bürgern dort, wo sie das nichtwollen, keine Windmühle vor die Nase setzen. Es gibtaber Kommunen, die damit Geld verdienen wollen.Denen sollten wir diese Chance geben, anstatt zusagen: Verhindern wir das, es ist nicht schön für dasLandschaftsbild.Wir sehen, dass Sie auf Berliner Ebene Nordrhein-Westfalen mit seinen Kohlerevieren zulasten der süddeutschenEnergiewirtschaft den Ball zuspielen. FrauKraft verteidigt natürlich ihre Pfründe. Sie habenimmer zugestimmt, wenn es darum gegangen ist, dieEntgelte für Solareinspeisung zu kürzen. Das ist Politikgegen den Energiestandort Bayern, weil Südbayernnun einmal bei der sonnenexponierten Lage Nummer1 in Deutschland ist. Wenn wir die Solarbranchebeschränken und uns bei den Windrädern völlig ausdem Spiel nehmen, dann überlassen wir anderen dieMärkte von morgen und müssen dann Energie importieren.Bayern ist dann weg vom Schuss. Sich fürBayern einzusetzen, heißt, die Windenergie nicht völligzu eliminieren. Es heißt vor allem auch, die Sonnenenergiezu unterstützen und die Energiespeichertechnikendlich mehrheitsfähig, salonfähig unddurchsetzungsfähig zu machen. Die Energiespeichertechnikmit Methanisierung ist die Lösung, mit der wirunsere Sonnenenergiestandorte im Süden wertvollmachen können und mit der wir Geld im Land verdienenkönnen. Das Geld soll im Land bleiben und nichtfür russisches Gas oder nordrhein-westfälische Kohleausgegeben werden.(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)Die Befassung mit dem ländlichen Raum heißt für unsauch, das große Zukunftsthema zu bearbeiten, daswir in den letzten Monaten schon intensiv diskutierthaben - heute hat es kaum mehr jemand auf demSchirm -: den Hochwasserschutz. Hochwasserschutzmit den Kommunen und den Bürgern heißt ganz klar,die Bürger mit ins Boot zu nehmen, anstatt Landwirtezu enteignen oder am Ende überhaupt nichts zu tunund zu hoffen, dass schon nichts mehr passierenwird. Das nächste Jahrhunderthochwasser passiertstatistisch betrachtet noch in dieser Legislaturperiode.Wir müssen die Gummistiefel also schnell anziehenund zu den Bürgermeistern und Landwirten gehen.Wir brauchen das Personal an den Wasserwirtschaftsämtern,um diese Entwicklung vor Ort mit denBürgern zu koordinieren. Wir brauchen wirksame Lösungen.Wir brauchen Polder und die kleinen Wasserrückhalteeinrichtungen;das müssen nicht immerQuadratkilometer geflutetes Ackerland sein. Das sindhäufig nasse Wiesen, Moore usw. Ich will das nichtvertiefen. Das ist eine Sisyphos-Aufgabe.Das zahlt sich aber aus. Sie haben vorher gesagt: Eingesparter Euro an dieser Stelle spart zwei Euro anEntschädigung. Das stimmt. Stoiber hat am Personalbei den Wasserwirtschaftsämtern gespart und vieleMillionen Euro für Hochwasserschäden bezahlt. Ichwage zu behaupten, dass das Hochwasser im RaumDeggendorf nicht diesen Umfang angenommen hätte,wenn der Hochwasserschutz in der Vergangenheit


Plenarprotokoll 17/5 v. 12.11.2013 <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> – 17. Wahlperiode 139schon einen höheren politischen Stellenwert gehabthätte.(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)Meine Damen und Herren, ich nenne als weiterensehr wichtigen Punkt die Kommunen. Obwohl KollegeKreuzer sagt, die Betroffenen wollten gar nicht mehr,unterstütze ich die Forderung nach 15 % Kommunalanteilam Steuerverbund. Ein Anteil von 12,75 % istzwar besser als ein Anteil von 11,5 % und alles, waswir schon hatten. Wir müssen uns aber auf einen Anteilvon 15 % zubewegen, weil die Kommunen dannendlich wieder einmal Auftraggeber der regionalenWirtschaft sein können, anstatt immer mehr untereiner Investitionsproblematik vor Ort zu leiden. DieKommunen würden damit ein Stück weit unabhängigervon einer Fördertopf-Politik, wie sie heute festzustellenist. In den nächsten Jahren sind Kanalsystemeusw. zu sanieren, die in den Sechziger- und Siebzigerjahrengebaut worden sind. Entweder macht derStaat hier einen Fördertopf für die kommunale Kanalsanierungauf oder er gibt den Kommunen etwasmehr Geld, damit sie freier wirtschaften können. WirFREIEN WÄHLER sind traditionell für Letzteres, damitder Staat den Gemeinden nicht bis auf das Kommavorkauen muss, wofür es Geld gibt. Die Kommunensind verantwortungsbewusst genug, um mit mehrGeld vernünftig umzugehen. Dieses Geld wird denBürgerinnen und Bürgern zugutekommen. Wir forderndeshalb 15 % Kommunalanteil am Steuerverbund.Das ist zwar nicht wenig, wir müssen uns das aberleisten. Dieses Geld ist bei den Bürgern am bestenangelegt.(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)Eine weitere wichtige Zukunftsaufgabe auf kommunalerEbene ist die politische Garantie dafür, dass nichtmit immer neuen Versuchen, die Daseinsvorsorge zuprivatisieren, Unruhe gestiftet wird. Ich erinnere immerwieder daran, auch wenn Sie es nicht gerne hören,dass die schwarz-gelbe Bundesregierung im Dezember2012 in Brüssel der Aufnahme der Wasserversorgungin die Konzessionsrichtlinie für Dienstleistungenzugestimmt hat. Erst auf massiven öffentlichen Protesthin wurde das wieder herausgenommen. Ich sagedazu nur so viel: Hände weg von der kommunalenDaseinsvorsorge!(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)Die Kommunen sind der Dreh- und Angelpunkt. Ichhabe es in diesem Haus schon mehrfach gesagt undwiederhole es gerne: Ich bin davon überzeugt, dasswir die Zukunftsaufgaben des Freistaates Bayern sehrviel schneller und passgenauer lösen, wenn wir dieKommunen noch mehr in die Rolle des aktiv Handelndenbringen anstatt in die Rolle des Befehlsempfängersoder dessen, der einen Fördertopf abgreift. Vielmehrmuss die Bildungspolitik, StichwortBildungsregionen, mehr ins Spiel gebracht werden.Bei der Energiewende müssen die Kommunen dasAufeinanderprallen der Gegner und der Befürwortererneuerbarer Energien steuern. Auch die Asylpolitiksei genannt. In den Kommunen entscheidet sich, obin einer dezentralen Aufnahmeeinrichtung mit 20 Asylbewerbern,die beispielsweise am Bauhof mitarbeitendürfen, die im Sportverein integriert sind, ein vernünftigesMiteinander erreicht wird, oder ob es zur Eskalationkommt. Das entscheidet sich auch in der Kommune.Deshalb müssen wir die kommunalenZuständigkeiten bei diesen Themen weiter ausbauen.Daran kommen wir nicht vorbei, meine Damen undHerren.(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)Darüber hinaus ist es uns sehr wichtig, das ThemaBürgerrechte in diesem Haus auch bei einer Aussprachezur Regierungserklärung anzusprechen. Für michist es etwas zu kurz gekommen, Herr Ministerpräsident,dass auch in Bayern scheinbar in großem Stildie Wirtschaft, die Politik oder wer auch immer ausgespähtworden ist. Meine Damen und Herren, diese Situationdürfen wir nicht nur schulterzuckend hinnehmen.Wie gründlich haben wir in der Schule gelernt,wie wichtig das Briefgeheimnis ist! Wie verbrecherischsind Regime, die die Briefe ihrer Bürger öffnen, um zulesen, was die Mama dem Papa geschrieben hat.Meine Damen und Herren, wir sollen das jetzt einfachso akzeptieren nach dem Motto: Heute gehört eseben dazu, dass man abgehört wird? – Nein, meineDamen und Herren, es ist traurig, dass wir das so akzeptieren.(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)Es ist traurig, dass wir immer mit dem Finger auf Unrechtsregimewie die DDR gezeigt haben, auf Regime,die die Menschen belauscht haben, die ihreBriefe geöffnet haben. Scheinbar ist das mittlerweileein Volkssport auf diesem Kontinent, und wir sagendazu nichts. Meine Damen und Herren, auch hier istdie Bayerische Staatsregierung gefordert, nicht nureine für die Wähler vorgegaukelte Empörung zu spielen,sondern den Amerikanern ganz klar zu sagen: Dubist zwar mein Freund, aber nimm bitte die Hände ausmeiner Hosentasche.(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)Bürgerrechte sind künftig mit anderen Augen zu betrachten;denn gerade im Zuge der Globalisierungwird vieles über den Haufen geworfen. Viele geltendedemokratische Errungenschaften werden durch


140 <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> – 17. Wahlperiode Plenarprotokoll 17/5 v. 12.11.2013Marktzwänge scheinbar ausgehebelt. Die Politik lässtsich immer mehr ins Abseits drängen. Auch aufgrunddessen müssen wir an dieser Stelle durch einekleinstrukturierte Politik retten, was zu retten ist. Wirmüssen auch das Thema Bürgerbeteiligung undVolksabstimmungen ernster nehmen, als nur regelmäßigvor Wahlen zu verkünden, man werde sichdafür einsetzen.Wir fordern ganz konkrete und sehr zeitnahe Pläne,sehr geehrter Herr Ministerpräsident, um auch für diebayerische Bevölkerung über das bewährte Instrumentdes Volksbegehrens und Volksentscheids hinausIhre Volksbefragung auf den Weg zu bringen.Wir sollen auch zu einer dritten Startbahn und ähnlichenVorhaben die Bevölkerung befragen können,und zwar nicht mit einer Suggestivfrage, sodass dieMenschen letztendlich immer "Ja" ankreuzen, weil siegar nicht wissen, was das genau bedeutet. Vielmehrsollen diesen Entscheidungen faire öffentliche Debattenvorausgehen. Wir sollen die Bürger an dieser Stellenach dem Vorbild der Schweiz mitnehmen. Wirmüssen nicht über alle Fragen Volksabstimmungendurchführen, aber die Schweizer machen es uns dochvor.(Ministerpräsident Horst Seehofer: Denen geht eswirtschaftlich sogar sehr gut!)- Genau. – Die Schweizer stimmen darüber ab, ob einteurer Tunnel gebaut wird oder nicht, und am Endestimmen sie dem zu, wenn sie erkennen, dass esSinn macht. Sie hätten bei der Frage des Transrapidsnicht zugestimmt, weil sie sich gesagt hätten, das seieine Schnapsidee oder eine Selbstdarstellung. Wennein Verkehrsprojekt aber sinnvoll ist, wird der Bürgerzustimmen, weil er erkennt: Das bringt mir etwas. DiesenWeg der besseren Einbindung der Bürger müssenwir gehen.(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und des MinisterpräsidentenHorst Seehofer (CSU))Hier sind wir gerne an ihrer Seite. Lasst die Bürgersprechen. Das ist im Zweifel die richtige Entscheidung.Bürgerbeteiligung ist an dieser Stelle die klareBotschaft.(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)Herr Ministerpräsident, wenn wir von Bürgerbeteiligungsprechen, nehmen Sie bitte nach Berlin mit,dass die bayerische Bevölkerung gerne wüsste, wasüber diese ominösen Freihandelsabkommen verhandeltwird.(Ministerpräsident Horst Seehofer: Ich auch!)Hierbei werden Verhandlungen geführt, bei denenman teilweise gar nicht weiß, wer überhaupt verhandelt.Irgendwelche Leute aus Brüssel verhandeln darüber,ob in unsere Nahrung Gentechnik gelangt.Diese Kompetenz muss sich eine Staatsregierung,muss sich ein <strong>Landtag</strong> zurückholen. Ich will in diesemHaus über Parteigrenzen hinweg darüber diskutierendürfen, was hier unterschrieben wird, und ich will amEnde, sehr geehrter Herr Ministerpräsident - - Wirdgerade die Einrichtung des Heimatministeriums besprochen?(Staatsminister Dr. Markus Söder: Ist schonlange erledigt!)- Es ist schon erledigt. - Ich will am Ende des Verfahrensdas Volk darüber abstimmen lassen, ob es einersolchen Freihandelszone zustimmt oder nicht, weil esam Ende im wahrsten Sinne des Wortes die Suppeauslöffeln muss und weil es davon betroffen ist. Espasst nicht in das 21. Jahrhundert, dass über solcheThemen verhandelt wird und dabei niemand weiß,wer verhandelt und um wen es geht. Bindet die Bürgerein, bindet auch das Haus ein, und wir FREIENWÄHLER werden das Thema Freihandelsabkommenbei nächster passender Gelegenheit zur Debatte inden <strong>Landtag</strong> einbringen.(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)Damit will ich meine Rede zu Ende gehen lassen, umauch der Kollegin noch eine gewisse Redezeit einzuräumen.Ich hätte noch eine halbe Stunde, aber ichmuss sie nicht nutzen. Das Wesentliche ist gesagt.Die Themen wurden von uns wiederholt: Stärkung derKommunen, bessere Bildung, ländlicher Raum, Bürgerrechte,vernünftige Verkehrs- und Energiepolitikund vor allem ein fairer Umgang in diesem Haus.(Lang anhaltender Beifall bei den FREIEN WÄH-LERN)Dritter Vizepräsident Peter Meyer: Vielen Dank,Herr Kollege Aiwanger. Als Nächste hat Frau KolleginBause das Wort. Bitte schön, Frau Bause.Margarete Bause (GRÜNE): Danke, Hubert Aiwanger,für die Fairness. Ich glaube, wir müssen uns inZukunft für derartige Veranstaltungen ein anderesProzedere überlegen.(Beifall bei den GRÜNEN und den FREIEN WÄH-LERN)Entweder einigen wir uns darauf, dass wir uns alle inklusivedes Ministerpräsidenten auf eine halbe Stundekonzentrieren.


Plenarprotokoll 17/5 v. 12.11.2013 <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> – 17. Wahlperiode 141(Beifall bei den GRÜNEN und den FREIEN WÄH-LERN)Man muss nicht alles vorlesen, was auf dem Papiersteht, sondern man kann auch Auszüge daraus vortragen.Oder wir halten derartige Debatten nicht beieinem Plenum ab, das nachmittags um 14 Uhr beginnt.Dann beginnen wir um 9.00 Uhr, wenn wir unsbei der Aussprache genügend Zeit nehmen wollen.Aber es soll nicht so sein, dass diejenigen, die umhalb sechs an der Reihe sind, die Letzten sind, die dieHunde beißen.(Beifall bei den GRÜNEN und den FREIEN WÄH-LERN)Beim nächsten Mal machen wir das besser.Liebe Kolleginnen und Kollegen, letzten Sonntag istetwas passiert, was so wohl kaum jemand erwartethätte. Die Bürgerinnen und Bürger haben in vier BürgerentscheidungenNein zu Olympischen Spielen inBayern im Jahr 2022 gesagt. Ich glaube, das war füralle eine große Überraschung – ehrlich gesagt, auchfür mich, auch für uns, weil das Votum wirklich so klarund so eindeutig war. Welche Botschaft steckt in diesemüberraschend eindeutigen Votum für die zukünftigePolitik in Bayern, und um welche Zukunft geht esüberhaupt? Was für eine Zukunftsvorstellung steckt indiesem Votum der Bürgerinnen und Bürger?Zum einen bedeutet das Votum eine klare Absage anWichtigtuerei, an Intransparenz und an Entmündigung.Es ist eine Absage an Gigantismus, an die Haltung"immer mehr", "immer mehr vom Gleichen". AlsReaktion auf dieses Ergebnis werden jetzt Rufe nachweniger Bürgerbeteiligung laut – nicht von Ihnen, HerrSeehofer –, aber manche Sportfunktionäre habendurchaus verlauten lassen, es gebe "too much democracy".Diese Verantwortlichen scheinen nicht kapiertzu haben, was das Problem ist, und insbesonderenicht, was ihr Problem ist. Wir brauchen mehr undnicht weniger Bürgerbeteiligung, auch und gerade beiEntscheidungen von solch langfristiger Tragweite.(Beifall bei den GRÜNEN)Die Menschen sind misstrauisch geworden, was Versprechenangeht; nicht nur deswegen, weil sie oft dieErfahrung gemacht haben, dass diese Versprechennicht eingehalten werden, wie auch jetzt wieder beidem Versprechen einer Kindergelderhöhung. Im Übrigenist in Ihrem Bayernplan, Herr Seehofer, nichtsvon einem Finanzierungsvorbehalt drin, sondern dasteht drin: Wir werden dafür sorgen, dass das Kindergelderhöht wird. Hier wird schon wieder ganz klar einVersprechen gebrochen.Die Menschen sind misstrauisch geworden, nicht nurdeswegen, weil die Versprechen so oft gebrochenwerden, sondern weil die Versprechen selbst oft ihrenGlanz verloren haben. Imagegewinn, Wirtschaftsmotor,Besucherrekorde: Das klingt sehr schnell schal,wenn nicht vermittelt werden kann, wozu wir dasGanze brauchen. Was trägt es zur Verbesserung unsererLebensqualität bei? Oder führt es nicht im Gegenteilzu einer Verschlechterung der Lebensqualität?Im Kern geht es auch bei solchen Entscheidungen umdie Frage, wie wir in Zukunft leben wollen.Ich denke, auch dem Letzten ist mittlerweile klar geworden,dass es nicht geht, einfach so weiterzumachenwie bisher, wenn wir uns die Herausforderungenanschauen, und ich setze da die Schwerpunktedurchaus anders als Herr Seehofer.Mein erster Schwerpunkt, unsere zentrale Herausforderung,ist der Klimawandel, die Naturzerstörung,aber natürlich auch die demografische Entwicklung,der soziale Zusammenhalt, die gesellschaftliche Teilhabe,die Migration. Das sind Herausforderungen, dienicht irgendwo auf der Welt stattfinden, sondern genausobei uns in Bayern, wo wir dahoam sind. Undauf diese Herausforderung müssen wir eine Antwortgeben, die eine andere ist als Durchwursteln, tagespolitischerAktionismus und leere Worthülsen, denendann kaum Taten folgen.Dazu haben wir ja schon in den anderen Reden verschiedenesin unterschiedlichen Variationen gehört.Ich möchte heute in meiner Rede etwas Neueswagen. Ich möchte mich jetzt nicht so sehr daran abarbeiten,was Sie, Herr Seehofer, uns verkündethaben, was davon in die falsche Richtung geht, waszu aufgeblasen, zu angeberisch war, auch nicht, waszu wenig, zu langsam, zu spät, zu halbherzig angepacktwird. Dazu lässt sich vieles sagen, aber es istdazu schon vieles gesagt worden.Ich möchte gerne etwas Neues wagen und heute einegrüne Regierungserklärung abgeben. Wenn wir GRÜ-NEN Bayern regierten, wie sähe dann die heutige Regierungserklärungaus? Sie sagen doch immer, wirsollen Vorschläge machen und unsere Alternativkonzeptedarstellen. Deswegen habe ich mich der Herausforderunggestellt, heute als Gegenentwurf hiereine grüne Regierungserklärung abzugeben, in derman die Unterschiede deutlich erkennen kann. Wasist das Leitmotiv, was sind die Leitlinien eines grünenBayern, was seine Instrumente und Projekte in welchenausgewählten Politikbereichen?Die Grundbotschaft einer grünen Regierungserklärunglautet: Bayerns Zukunft liegt im Wandel zurNachhaltigkeit. Dabei geht es nicht nur um irgendwel-


142 <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> – 17. Wahlperiode Plenarprotokoll 17/5 v. 12.11.2013che technischen Veränderungen, Innovationen oderReparaturen an der einen oder anderen Stelle, sondernum einen ganz grundlegenden kulturellen Wandeldurch alle gesellschaftlichen Bereiche. Es geht umeine Kultur der Nachhaltigkeit. Das heißt, dass wir inallen Bereichen darauf achten, unser Leben und unsereBedürfnisse nicht auf Kosten anderer, nicht aufKosten von Menschen in anderen Ländern und auchnicht auf Kosten unserer Kinder und Enkelkinder zuleben.(Beifall bei den GRÜNEN)Deswegen lautet die Aufgabe, unsere Politik heute sozu gestalten, dass wir der zukünftigen Generationüberhaupt noch Handlungsspielräume überlassen.Wenn die Handlungsspielräume immer kleiner werden,weil der Klimawandel immer bedrohlicher wird,dann gibt es immer weniger Freiheitsräume. Deswegengeht es darum, dass wir Demokratie auch in Zukunftermöglichen, was bedeutet: Ich habe die Alternative,ich habe die Wahl. Wir dürfen durch unsereArt, zu wirtschaften, zu leben und zu konsumieren,nicht die Freiheitsrechte der zukünftigen Generationeneinschränken.Es geht also um einen Aufbruch in ein nachhaltigesBayern, und diesen Aufbruch wollen wir mit den Bürgerinnenund Bürgern gestalten. Wir fragen die Bürgerinnenund Bürger, wir hören zu, wir beziehen sievon Anfang an mit ein und nicht erst, wenn alles fastschon gelaufen ist und die Bürger eigentlich nur nochpro forma befragt werden, sodass das Ergebnis derBefragung dann doch keine wirkliche Rolle spielt. Wirstellen den Bürgern alle notwendigen Informationenzur Verfügung, damit sie sich eine Meinung bildenkönnen.Wir streiten für unsere Ziele. Bürgerbeteiligung bedeutetnicht, zu sagen, Leute, entscheidet ihr das, ichhabe keine Meinung, sondern Aufgabe von Politik istja auch, eine Position und eine Vision zu haben undfür diese Visionen zu streiten, sie zur Diskussion zustellen, in Dialog zu treten und natürlich auch, in dereinen oder anderen Sachfrage um Mehrheiten zukämpfen. Das ist eine richtig verstandene Mitmachdemokratie.Das ist eben nicht eine Politik der Beliebigkeit,die immer dem Druck des gerade Stärksten undLautesten nachgibt, sondern eine Politik der Beteiligung,eine Politik der Ermöglichung und eine Politikder Bewahrung. Antoine de Saint-Exupéry hat einmalso schön gesagt: Es geht nicht darum, die Zukunftvorherzusehen, sondern sie zu ermöglichen.Was heißt Wandel zur Nachhaltigkeit nun auf konkretenPolitikfeldern? Ich will anhand einiger ganz konkreterGebiete klarmachen, was unsere konkretenMaßnahmen sind, wie eine solche grüne Regierungserklärungaussieht, mit welchen gesetzlichen Vorgabenund mit welchen Projekten wir diesen Wandel zurNachhaltigkeit vorantreiben wollen. Erstens. Wir rückenden Klimawandel ins Zentrum. Wandel ist ja eigentlichein beschönigendes Wort. Es geht um die Klimakrise,die von den Menschen auf den Philippinenim Moment als Klimakatastrophe, als verheerendeKatastrophe wahrgenommen wird. Diese Klimakatastrophesteht natürlich im Mittelpunkt der Politik.In Warschau beginnt in diesen Tagen die UN-Weltklimakonferenz,und ich befürchte, auch dort wird wiedernichts vorangehen, und die Teilnehmer werdenversuchen, sich irgendwie durchzuwursteln: Die wirklicheBedrohung wird ausgeblendet und beiseite geschoben.Diese Klimakatastrophe, die wir in den Fernsehbildernerleben, hat auch etwas mit uns in Bayern zu tun,nicht nur wegen des Hochwassers im Juni diesesJahres, sondern weil wir auch durch unsere Art desWirtschaftens und Konsumierens mit dazu beitragen,dass sie sich immer weiter verschärft. Deswegenmüssen wir auch hier in allen Politikbereichen unsererVerantwortung gerecht werden.Wenn wir über Klimaverantwortung und Klimapolitikreden, heißt es häufig: Was können denn wir im kleinenBayern schon machen, was können wir inDeutschland schon machen? Die Musik spielt inChina und in den Vereinigten Staaten von Amerika.Auf der anderen Seite kann man gar nicht damit aufhörenzu sagen, wie wichtig Bayern ist, welche WirtschaftskraftBayern hat und was für ein starkes Exportlandwir sind. Gerade weil wir ein so starkesExportland sind, haben wir die Aufgabe, diese Klimaverantwortungbei all unseren Exportprodukten zumTragen zu bringen.(Beifall bei den GRÜNEN)Ein grünes Bayern wird deshalb in den nächsten fünfJahren Vorreiter und Vorbild beim Klimaschutz sein.Wir haben auf diesem Gebiet viel zu tun, denn dieCO 2 -Bilanz Bayerns ist äußerst bescheiden. Die energiebedingtenCO 2 -Emissionen lagen in Bayern im vergangenenJahr bei geschätzten 75 Millionen TonnenCO 2 und sind damit höher als im Jahr 2007. Wir sindalso in den letzten Jahren schlechter geworden undhaben im Vergleich zu 1990, dem internationalen Bezugsjahr,eine Reduktion um gerade einmal 11 %. Mitdiesen 11 % liegt Bayern nicht nur weit unter demdeutschen Durchschnitt, sondern schneidet auch imeuropäischen Vergleich ziemlich bescheiden ab. Undwenn wir den Ankündigungen des Kollegen Seehofer– in dem Fall, wenn ich hier eine grüne Regierungser-


Plenarprotokoll 17/5 v. 12.11.2013 <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> – 17. Wahlperiode 143klärung abgebe, ist er der Oppositionsführer –lauschen, stellen Sie sich das doch einmal vor, dannwürde es nach seinen Vorgaben nicht entsprechendweitergehen, dann würden wir diesen bescheidenenPlatz auch in Zukunft haben.(Lachen bei Abgeordneten der CSU)11 % in 23 Jahren sind in unserem reichen, innovativenHochtechnologieland wirklich bescheiden.(Zuruf des Abgeordneten Karl Freller (CSU))Da können wir deutlich mehr, und da machen wirdeutlich mehr. Wir werden deshalb ein bayerischesKlimaschutzgesetz mit verbindlichen Reduktionszielenund einen bayerischen Klimaschutzplan mit Maßnahmenzum Klimaschutz und zur Anpassung an den Klimawandelauf den Weg bringen. Dieses Gesetz unddiesen Plan werden wir in einem breiten Dialogprozessmit der Bevölkerung vorbereiten und auf denWeg bringen.(Beifall bei den GRÜNEN)Nun – zweitens – zum Beitrag der Wirtschaft zu eineranderen Kultur, zu einer Kultur des Klimaschutzes.Für die Wirtschaft liegen die Zukunft und die Zukunftsperspektivenebenfalls auf dem Weg und im Wandelzur Nachhaltigkeit; denn wir wissen: Die Zukunft gehörtden Unternehmen und den Produkten, die ausweniger mehr machen, die es schaffen, mit wenigerEnergie, weniger Rohstoffen, weniger Umweltbelastungund weniger Gesundheitsbelastung ein Mehr anLebensqualität zu erwirtschaften. Wir werden in dennächsten Jahren weltweit einen Nachfrageschub nachumwelt-, klima- und ressourcenschonenden Produktenerfahren. Deswegen sind die Leitindustrien derZukunft grüne Industrien. Deswegen sollten wir dasZiel haben, bei allen Produkten und Dienstleistungen,die wir als "Made in Bavaria" anbieten, den Raubbauzu überwinden und zur Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagenbeizutragen.(Beifall bei den GRÜNEN)Verantwortung für Nachhaltigkeit und Erfolg durchNachhaltigkeit – das ist unser Leitbild. Wir werdenBayern zur Modellregion für ökologisch orientiertesWirtschaften machen. Wo, wenn nicht in unseremwirtschaftsstarken Land, können wir denn unter Beweisstellen, dass es gelingt, Ökologie und Ökonomiezu vereinbaren? Diese ökologische Modernisierungläuft nicht einfach von allein oder mit Appellen, sonderndazu braucht es eine aktive Politik, einen klarenpolitischen Ordnungsrahmen, der die Kreativität unddie Innovationskraft der Unternehmen nutzt und fürden ökologischen Umbau umlenkt.Wir werden deshalb die Wirtschafts-, Regional- undStrukturförderung in Bayern auf den Prüfstand stellen.Wir werden sie deutlich stärker an ökologischen undsozialen Kriterien ausrichten. Wir werden ein Vergabe-,Tariftreue- und Mindestlohngesetz auf den Wegbringen. Wir werden dafür sorgen, dass der Staat eineVorreiterrolle übernimmt und sich die öffentliche Beschaffungin den Ministerien und Behörden an ökologischenund sozialen Standards orientiert. Wir werdenuns außerdem dafür einsetzen, dass unser gesellschaftlicherWohlstand nicht mehr ausschließlich nachdem BIP gemessen wird, sondern dass ein andererIndex eingeführt wird, ein Wohlfahrtsindex, der deutlichmacht, dass Wohlfahrt mehr als das klassischeBruttosozialprodukt ist. Wir werden für Bayern einensolchen Wohlfahrtsindex etablieren.Wir werden ein neues Landesentwicklungsprogrammauf den Weg bringen, das die zentralen Herausforderungendes demografischen Wandels, des Klimaschutzesund oder die Reduzierung des Flächenverbrauchsendlich annimmt. In diesem neuen LEP wirdals Allererstes die dritte Startbahn gestrichen.(Beifall bei den GRÜNEN)Wir nehmen das Votum der Bürgerinnen und Bürgerernst, im Gegensatz zu Herrn Seehofer, der zwar vonBürgerbeteiligung redet, aber sie sehr schnell nichtmehr wahrhaben will, wenn sie ihm nicht passt. In diesemneuen LEP werden wir den landesweiten Flächenverbrauchdeutlich begrenzen. Der Flächenverbrauchin Bayern ist in den letzten Jahren dreimalstärker gestiegen als die Einwohnerzahl. Boden könnenwir aber nicht vermehren. Deswegen müssen wirmit diesem Gut sparsam umgehen. Wir möchten einneues Steuerungsinstrument einführen. Wir werden limitierteFlächenverbrauchszertifikate einführen. Vorjeder Neuausweisung von Bauland und Gewerbegebietenwird es künftig eine Verpflichtung zur Erstellungvon Bedarfsanalysen geben.Nachhaltiges Wirtschaften bedeutet auch eine andereLandwirtschaftspolitik. Der Einsatz öffentlicher Mittelin der Agrarpolitik muss für die bäuerliche Landwirtschafterfolgen. Damit müssen Betriebe unterstütztwerden, die sich an Arten- und Tierschutz halten undeben nicht in die Massentierhaltung investieren. Wirmöchten öffentliche Mittel für öffentliche Güter einsetzen.(Beifall bei den GRÜNEN)Deswegen werden wir die Investitionsförderung agrarindustriellerBetriebe in Bayern deckeln und die Mittelin die Förderung der naturnahen bäuerlichen Landwirtschaftund in die Förderung des Ökolandbaus investieren.


144 <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> – 17. Wahlperiode Plenarprotokoll 17/5 v. 12.11.2013(Beifall bei den GRÜNEN)Staatliche Betriebe sollten hier Vorbild sein. Wirhaben einige staatliche Betriebe. Wir werden in unseremeigenen Verantwortungsbereich anfangen. Wirwerden das staatliche Hofbräuhaus in München, dieStaatsbrauerei Weihenstephan und den staatlichenHofkeller Würzburg auf 100 % Ökobetrieb umstellen.(Beifall bei den GRÜNEN)Dann können wir endlich auch bei den Empfängendes <strong>Landtag</strong>s und der Staatsregierung Ökowein undÖkobier trinken. Auch das ist ein wichtiger Beitrag undein wichtiges Vorbild.(Beifall bei den GRÜNEN – Markus Rinderspacher(SPD): Da sind wir mit dabei in einer Koalition!)- Da sind Sie mit dabei. Wunderbar. – Bis zum Endedieser Legislaturperiode werden wir den Anteil derFläche für den Ökolandbau in Bayern auf 20 % erhöhen.Dieses Ziel müssen wir unbedingt erreichen; dasist längst überfällig.(Beifall bei den GRÜNEN)Die Zukunft, insbesondere für die ländlichen Räume,hängt natürlich auch am Ausbau des schnellen Internets.Um das Ziel der flächendeckenden Versorgungbis 2018 zu erreichen, werden wir die Antragsverfahrenspürbar vereinfachen und deutlich mehr Mittel zurVerfügung stellen.Wir gestalten – drittens – die Energiewende. DieEnergiewende ist ein grundlegender Beitrag für gelingendenKlimaschutz, für Arbeitsplätze, für Lebensqualitätund für langfristig bezahlbare Energie. Deswegenwerden wir in den kommenden fünf Jahrenden Weg der Energiewende konsequent gehen. Wirwerden gefährliche und schmutzige Kraftwerke durchsaubere und unerschöpfliche Energiequellen ersetzen.Wir geben ein klares Bekenntnis ab, damit dieBürgerinnen und Bürger unseres Landes Lust haben,am Erfolg der Energiewende teilzuhaben. Ein klaresBekenntnis bedeutet für die Unternehmer und die Bürgerinnenund Bürger Planungssicherheit. Nur wennwir Planungssicherheit gewährleisten, werden dieBürger und die Unternehmer ihr Engagement für dieEnergiewende beibehalten und verstärken. DiesesEngagement und diese Begeisterung sind überallspürbar. Dieses Engagement wollen wir fördern undnicht ausbremsen wie Herr Kollege Seehofer.(Beifall bei den GRÜNEN)Ein wichtiger Pfeiler der Energiewende ist die Windenergiein Bayern. Deswegen werden wir ihren Ausbauvorantreiben. Wir werden die Kommunen unterstützenund die Planungsverbände mit ausreichendenMitteln ausstatten, damit sie vor Ort mit den Bürgerinnenund Bürgern eine fundierte Planung in die Wegeleiten können. Wir werden die notwendige fachlicheUnterstützung zur Verfügung stellen, also endlich denWindatlas und den Windenergie-Erlass auf den Tischlegen. Wir werden ein ordentliches Planungskonzeptund eine fundierte Datenbasis für diese Planungenzur Verfügung stellen. Wir werden außerdem umgehenddie Initiative für den Zwei-Kilometer-Abstand fürneue Windkraftanlagen zurücknehmen. Das ist unserVersprechen.(Beifall bei den GRÜNEN)Denn eine derartige Abstandsregelung gefährdet Arbeitsplätzein unseren bayerischen Unternehmen.Eine derartige Abstandsregelung macht aus vielenlaufenden Planungen, die zusammen mit den Bürgerinnenund Bürgern auf den Weg gebracht wurden,Makulatur. Eine derartige Abstandsregelung fördertletztlich die Atomlobby und die Kohlelobby. Das wollenwir nicht.(Beifall bei den GRÜNEN)Wir wollen für Abstandsfragen keine vorgegebeneZwei-Kilometer-Regelung, zehnmal die Höhe desWindrades. Wir setzen auf optimale und individuelleLösungen vor Ort und nicht auf Bevormundung undBürokratie.(Beifall bei den GRÜNEN)Die Stromspeicherung wird in den kommenden Jahrenimmer drängender und wichtiger werden. Wir werdendeshalb einen Mix aus dezentralen und zentralenSpeichern etablieren, auch unter Entwicklung undEinsatz neuer Speichertechnologien. Wir prüfen, woPumpspeicherkraftwerke sinnvoll und ökologisch zuverantworten sind. Deswegen werden wir ein Pumpspeicherkatastervorlegen und bei allen Planungendie Bürgerinnen und Bürger frühzeitig und umfassendbeteiligen.Neben funktionierenden Verteilnetzen ist Bayern aufein gut ausgebautes Stromübertragungsnetz angewiesen.Wir bekennen uns zur Notwendigkeit einerStrombrücke von Thüringen nach Bayern. Doch wirwerden weder eine x-beliebige Trasse akzeptierennoch den vorgeschobenen Zeitdruck, dass die Leitungbis 2015 stehen muss. Ganz wichtig für den Erfolg derEnergiewende ist der Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplungin Bayern. Diese Technik ist höchst intelligentund längst ausgereift. In Bayern führt sie allerdings


Plenarprotokoll 17/5 v. 12.11.2013 <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> – 17. Wahlperiode 145bisher ein Schattendasein. Sie hat ein großes Potenzial.Wir werden die dezentrale Kraft-Wärme-Kopplungausbauen und damit drei Ziele erreichen: Klimaschutz,Ersatzkapazitäten für stillgelegteAtomkraftwerke und wichtige Dienste, um das Stromnetzzu regeln und zu stabilisieren.Bayern ist auch nach der Stilllegung von Isar I immernoch ein Stromexportland, und die Stromexporte nehmenweiter zu. Wir werden alte und schwerfälligeAtomkraftwerke vom Netz nehmen und moderne,hoch effiziente und flexible Gaskraftwerke endlich nutzen.(Beifall bei den GRÜNEN)Deswegen werden wir das AKW Grafenrheinfeld soschnell wie möglich vom Netz nehmen. Auch lehnenwir das Vorhaben von RWE ab, die Leistung desAtomkraftwerks Gundremmingen zu erhöhen. Mit unswird es keinen Wiedereinstieg in die Atomenergiedurch die Hintertür geben.(Beifall bei den GRÜNEN)Die größten CO 2 -Einsparpotenziale liegen im Wärmebereichund im Verkehrssektor. Wir werden deshalbein Erneuerbare-Wärme-Gesetz für Bayern auf denWeg bringen. Mit diesem Gesetz können wir die Nutzungvon erneuerbaren Energien bei der Wärme- undKälteversorgung im Haushalt besser nutzen.Mit diesem Bündel von Maßnahmen werden wir denAnteil der erneuerbaren Energien im Strombereich bis2018 auf 50 % steigern.(Beifall bei den GRÜNEN)Jetzt werden Sie sagen: Horst Seehofer hat 40 % erwähnt.Mit den Maßnahmen, die er vorschlägt, wird erallerdings die 40 % bei Weitem nicht erreichen. Mitdem ambitionierten Maßnahmenbündel, das wir vorschlagen,können wir im Laufe dieser Legislaturperiodehingegen 50 % erneuerbaren Strom für Bayern realisieren.(Beifall bei den GRÜNEN)Dann werden auch die vielen Bürgerinnen und Bürgerdavon erzählen können, dass sie durch ihren Einsatzdie Energiewende vorangebracht haben und dass siedurch ihre Investitionen in ihrer Heimat eine ganzeWertschöpfungskette erzeugt haben, von der dieMenschen vor Ort profitieren.Viertens. Wir schaffen gerechte Bildungschancen undermöglichen nachhaltiges Lernen und die Teilhabevon allen. So wie wir im ökologischen Bereich die Entkoppelungvon Ressourcenverbrauch und Wirtschaftswachstumvorantreiben, so wollen wir bei derBildung die Entkoppelung von sozialer Herkunft undBildungschancen erreichen. Das ist die große Aufgabefür die Zukunft, und das sind wir unseren Kindernschuldig.(Beifall bei den GRÜNEN)Im Moment ist gerade diese Koppelung zwischen sozialerHerkunft und Bildungschancen in Bayern besondersstark ausgeprägt. Aber alle Kinder haben denAnspruch auf gleiche Chancen, auf gleiche Förderungund auf gleiche Teilhabe von Anfang an.Gleichzeitig sind viele Lerninhalte und Lehrmethodenalles andere als nachhaltig. Häufig geht es nur nochdarum, mehr Lernstoff in noch kürzerer Zeit zu paukenund diesen dann abzuprüfen, und es geht nichtmehr um das Verstehen und um die Problemlösung.Wir starten deshalb eine Qualitätsoffensive für gerechteund nachhaltige Bildung in der frühkindlichenBildung, in der Schule, in der beruflichen Bildung undin der Hochschule.(Beifall bei den GRÜNEN)In der frühkindlichen Bildung verstärken wir die Anzahlund die Qualität der Angebote. Wir investierenalso in den Ausbau und auch in die Qualität der Angeboteder frühkindlichen Bildung. In einem erstenSchritt verbessern wir das zahlenmäßige Verhältniszwischen Erzieherinnen und Erziehern und Kindern.Die Gruppen sind zu groß. Wir wollen den Einstellungsschlüsselvon 1 : 11 auf 1 : 10 und langfristig auf1 : 8 reduzieren. Dieses zusätzliche Personal sollweitgehend vom Freistaat refinanziert werden. Wirlassen die Kommunen dabei nicht im Regen stehen.Zur Verbesserung der Qualität in den Kindertagesstättenbrauchen wir mehr gut ausgebildete Erzieherinnenund Erzieher. Um den Beruf der Erzieherin bzw. desErziehers attraktiv zu machen, brauchen wir bessereArbeits- und Aufstiegsbedingungen und eine bessereBezahlung.(Beifall bei den GRÜNEN)Wir bilden Bayerns Zukunft. Deshalb entscheidet dieaktuelle Bildungspolitik darüber, wie wir und wie unsereKinder in Zukunft in Bayern leben werden. Es gehtnicht darum, dass wir an Leistungspunkten orientierteEinzelkämpfer ausbilden, sondern es geht um dasSchulen von Problemlösungen, um Gedankenaustausch,darum, gemeinsam mit anderen Interessiertenan der Lösung eines Problems zu arbeiten. Es kannnicht funktionieren, wenn wir die Kinder des 21. Jahrhundertsmit Methoden aus dem 20. Jahrhundert in


146 <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> – 17. Wahlperiode Plenarprotokoll 17/5 v. 12.11.2013einem Bildungssystem ausbilden, das in seiner Strukturaus dem 19. Jahrhundert stammt.(Beifall bei den GRÜNEN)Deswegen ist nicht verordnete Ruhe das Ziel unsererBildungspolitik, sondern es sind zeitgemäße Reformen,die die Bedürfnisse der Eltern, der Kinder undder Lehrer ebenso ernst nehmen wie die Erkenntnisseder Lern- und der Hirnforschung und die demografischenHerausforderungen. Wir werden deshalb dieAutonomie der Schulen ausweiten, und wir werdenden Elternwillen unterstützen und stärken. Wir überlassendie Entscheidung für den Übertritt nach der 4.Klasse den Eltern – nach einer ausführlichen Beratungdurch die Schulen.Wir schaffen flächendeckend rhythmisierte Ganztagsschulenin allen Schularten in Bayern, und wir stattendiese Schulen besser aus, damit die zusätzliche Zeitfür nachhaltiges Lernen genutzt werden kann. Bis2018 werden wir das Angebot an rhythmisiertenGanztagsschulen, also an echten Ganztagsschulen -nicht nur Betreuungsangeboten am Nachmittag oderüber die Mittagszeit -, verdreifachen. Das ist ein ehrgeizigesProgramm. Im Moment befinden sich 7 %aller Kinder in rhythmisierten Ganztagsschulen. Damitist Bayern leider das Schlusslicht im Ländervergleich.Wir möchten den Anteil auf 20 % anheben.(Beifall bei den GRÜNEN – Unruhe)Vierte Vizepräsidentin Ulrike Gote: Frau Kollegin,entschuldigen Sie bitte. – Kolleginnen und Kollegen,ich bitte Sie, den Geräuschpegel des allgemeinen Gemurmelsetwas herunterzudrehen. Es ist sehr laut.Hier oben kann man kaum etwas hören. Ich bitte Siealle, auch dieser Rednerin noch Aufmerksamkeit zuschenken. – Danke schön.Margarete Bause (GRÜNE): Nun zur umstrittenenFrage, wie es denn mit dem bayerischen Gymnasiumweitergehen soll. Sollen es acht Jahre sein? Sollen esneun Jahre sein? Brauchen wir ein Flexijahr? Sollenwir zum neunjährigen Gymnasium zurückkehren? Zudiesen Fragen werden wir noch im Januar einenGymnasialkonvent einberufen und gemeinsam mit Expertinnenund Experten und Betroffenen ein Konzeptfür ein zeitgemäßes Gymnasium erarbeiten; denn diezentrale Frage des Gymnasiums ist nicht, ob es dafüracht oder neun Jahre braucht. Die zentrale Frage desGymnasiums lautet: Ist das, was dort angeboten wird,zeitgemäß? Ist es das, was die Kinder zur Bewältigungder zukünftigen Herausforderungen brauchen?Wir stellen uns dieser Aufgabe. Wir wollen diese Aufgabegemeinsam mit den Betroffenen und Expertinnenund Experten bewältigen. Deswegen werden wirdiesen Gymnasialkonvent baldmöglichst einberufen.(Beifall bei den GRÜNEN)Wir lassen die Schule im Dorf. Dabei geht es nicht nurum eine Garantie für die Grundschulen, sondern esgeht darum, dass wir auch zukünftig wohnortnahe Bildungsangeboteund Bildungsabschlüsse gerade auchfür die ländlichen Regionen zur Verfügung stellen,dass wir diese erhalten. Wenn wir so weitermachenwie bisher, wenn wir nichts unternehmen, wenn wirnicht gegensteuern, dann wird im Laufe dieser Legislaturperiodeein Drittel aller Mittelschulen in den ländlichenRegionen Bayerns dichtmachen müssen. Daswollen wir nicht. Deswegen wollen wir andere Möglichkeitenschaffen, deswegen wollen wir im Schulgesetzeine sogenannte Öffnungsklausel verankern,damit vor Ort entschieden werden kann: Wollen wireine neue Schule? Wollen wir eine Schule des längerengemeinsamen Lernens, in der verschiedene Bildungsabschlüssefür alle Kinder vor Ort zur Verfügungstehen?(Beifall bei den GRÜNEN)Unser Motto lautet: Wir wollen Schulen, die unserenKindern Mut und nicht Druck machen.Fünftens. Auch im Bereich der Hochschulen ist viel zutun. Wir können und wir müssen uns ein besser finanziertesHochschulsystem leisten. Gute Studien- undForschungsbedingungen sind von höchstem Wert fürBayern. Das gilt gerade und in ganz besondererWeise für die nächsten Jahre; denn in den nächstenJahren werden wir einen erneuten Höchststand vonStudierenden haben. Wir werden wachsende Studierendenzahlenzu verzeichnen haben. Das sind ausunserer Sicht eine überaus erfreuliche Entwicklungund eine große Chance. Wir müssen aber dieseChance nutzen und die Studierendenquoten auf internationalesNiveau anheben, um dem absehbarenFachkräftemangel entgegenzuwirken.Unser Ziel ist es, die bestehenden Universitäten,Kunsthochschulen und Hochschulen für angewandteWissenschaften, die staatlichen Studienakademiensowie die außeruniversitären institutionell gefördertenForschungseinrichtungen weiterzuentwickeln und zustärken. Wir möchten alle Fakultäten einbeziehen,weil wir im Moment eine Zweiklassengesellschaft ander Hochschule haben. Es wurde vorhin schon erwähnt:einstürzende Altbauten, Asbest, PCB, Schimmelim Keller. Viele Geisteswissenschaftler an der UniErlangen sind verzweifelt und fragen sich: Was sollich davon halten, wenn über dem Eingang ein Schildsteht: "Wegen Lebensgefahr geschlossen?" Ich finde,das ist für unser reiches Bayern peinlich, und wir werdendas umgehend beenden.


Plenarprotokoll 17/5 v. 12.11.2013 <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> – 17. Wahlperiode 147(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten derSPD)Die Hochschulpräsidentinnen und Hochschulpräsidentenhaben uns vor Kurzem zu Recht zum Handelnaufgefordert. Dem werden wir nachkommen. Grundlegendist die Erhöhung der Finanzmittel. Wir brauchendie Sicherung der Grundfinanzierung. Wir wollennicht, dass die Hochschulen noch mehr von Drittmittelnabhängig werden. Wir wollen der zunehmendenÖkonomisierung von Wissenschaft und Forschungentgegenwirken.Unser Leitbild einer zukunftsfähigen Universität istnicht das Unternehmen Hochschule, sondern die IdeenwerkstattHochschule. Dazu brauchen wir alleFachbereiche, nicht nur die naturwissenschaftlichen,auch die gesellschaftswissenschaftlichen und geisteswissenschaftlichen.(Beifall bei den GRÜNEN)Wir wollen, dass die Hochschulen im Freistaat demokratischer,nachhaltiger und inklusiver werden. Dabeigeht es um mehr Mitsprache, die Öffnung der Hochschulesowie eine bessere Absicherung der Studienfinanzierung.Sechstens: Bayern ist Heimat für alle, die hier leben.Wir möchten, dass Bayern Heimat ist für alle, die hierleben. Das gilt auch für Menschen, die ihre ursprünglicheHeimat verlassen müssen, die verfolgt werden,weil sie vor Krieg, Gewalt, Not fliehen müssen. Wirmöchten, dass kein Flüchtling mehr Anlass hat, sichin einen Hunger- oder Durststreik zu begeben, weil erüber seine Lage so verzweifelt ist. Das ist eineschristlichen Landes, einer demokratischen Gesellschaftnicht würdig. Auch diesen Zustand werden wirumgehend beenden.(Beifall bei den GRÜNEN)Wir werden eine humane Flüchtlingspolitik umsetzen,die die Würde des Menschen in den Mittelpunkt stellt.Unsere Flüchtlingspolitik stärkt die Fähigkeiten undPotenziale von Asylsuchenden, sie entmündigt sienicht. Sie ist in erster Linie Hilfe zur Selbsthilfe.Wir werden deshalb umgehend einen bayerischenFlüchtlingsgipfel einberufen, bei dem wir gemeinsammit den Betroffenen, mit den Hilfsorganisationen, mitden Kirchen, mit den Kommunen nach Lösungen inder derzeit angespannten Situation suchen. Auch beisteigenden Flüchtlingszahlen muss eine menschenwürdigeUnterbringung und Betreuung gewährleistetbleiben.(Beifall bei den GRÜNEN)Unsere Flüchtlingspolitik setzt auf Bargeld statt aufSachleistungen, auf Wohnungen statt Gemeinschaftsunterkünfte,auf Bewegungsfreiheit statt Residenzpflicht,auf freien Zugang zu Sprachkursen, Ausbildungund Arbeit sowie auf die Abschaffung derAbschiebehaft in ihrer jetzigen Form.Siebtens: Wir schützen die persönliche Freiheit, verteidigendie Bürgerrechte und stärken die Zivilgesellschaft.Die digitale Revolution wurde heute schon angesprochen.Sie ist auf der einen Seite ein Segen, aufder anderen Seite ein Fluch, weil wir in der Lage sind,riesige Datenmengen in kürzester Zeit zu verarbeitenund auszuwerten.Die Enthüllungen des Whistleblowers Edward Snowdenhaben uns in erschreckendem Maß vor Augengeführt, dass wir alle im Fokus von Nachrichtendienstenund Ermittlungsbehörden stehen, dass wir alle indiesen Fokus geraten können oder schon drin sind.Unter dem Vorwand der Terrorismusbekämpfunglösen sich unsere Bürgerrechte und die Rechtsstaatlichkeitin Luft auf, so schnell kann man gar nichtschauen. Unsere Behörden helfen bei der Ausspähungnoch kräftig mit. Diese Entwicklung stellt einefundamentale Bedrohung für unsere freiheitlichenGrundwerte und unsere Gesellschaft dar. Sie wecktBegehrlichkeiten, wie sie sich selbst George Orwellnicht hätte träumen lassen.Wir setzen uns deshalb dafür ein, dass Edward Snowdennach Deutschland kommen kann und dass er hiereinen sicheren Aufenthalt bekommt. Es kann nichtsein, dass wir uns auf der einen Seite über die dramatischeAusschnüffelung empören, aber auf der anderenSeite denjenigen, der alles ans Tageslicht gebrachthat, hängen lassen. Wir haben dieVerpflichtung, auch gegenüber unseren amerikanischenPartnern klare Worte zu sprechen und Mut zuzeigen. Edward Snowden hat das ganze Ausmaß aufgedeckt,und wir sollten den Mut haben, ihm eine sichereBleibe in Deutschland zu gewährleisten.(Beifall bei den GRÜNEN)Wir werden den Schutz privater Daten stärken und dieunverhältnismäßige Videoüberwachung in Bayern aufdas notwendige Mindestmaß reduzieren.Wir werden die zivilgesellschaftlichen Organisationenund Initiativen im Kampf gegen den Rechtsextremismusunterstützen und stärken; denn die Bürgerinnenund Bürger, die für unsere demokratischen Werte unddie Menschenrechte auf die Straße gehen, die dafüreintreten, die sich dem rechten und dem braunen Mobwidersetzen, sind der beste Verfassungsschutz, denwir haben.


148 <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> – 17. Wahlperiode Plenarprotokoll 17/5 v. 12.11.2013(Beifall bei den GRÜNEN und des AbgeordnetenFranz Schindler (SPD))Wir werden die parlamentarische Kontrolle des Landesamtesfür Verfassungsschutz deutlich ausbauen.Eine grüne Bürgerrechtspolitik ist nur mit echter Bürgerbeteiligungund mehr Mitbestimmung möglich.Deswegen werden wir die Instrumente der direktenDemokratie, die wir heute schon haben und vondenen die Bürgerinnen und Bürger auch lebhaft Gebrauchmachen, gründlich entstauben. Beim Volksentscheidwerden wir die Hürden abbauen und den Bürgerentscheidenwieder mehr Rechtskraft verschaffen.Wir wollen auch die Bindungswirkung von Bürgerentscheidenverlängern.(Beifall bei den GRÜNEN)Bei absehbar konfliktträchtigen Planungsvorhabenwerden wir frühzeitig das Instrument von Bürgerrätenund Bürgergutachten einbeziehen, frühzeitig die Bürgerinnenund Bürger befragen, ihre Meinung in einBürgergutachten einfließen lassen. Wir werden diesesBürgergutachten dann aber nicht in der Schubladeverstecken, sondern öffentlich diskutieren und verantwortlichund achtungsvoll damit umgehen.Wir werden zusammen mit interessierten Bürgerinnenund Bürgern ein umfassendes Transparenzgesetz erarbeiten,mit dem die Verwaltung für die Bevölkerunggeöffnet wird. Informationen, die für Bürgerinnen undBürger von Bedeutung sind, werden künftig grundsätzlichaktiv im Internet bereitgestellt. So stärken wirdie Zivilgesellschaft und ermöglichen eine lebendigeDemokratie.Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich zumSchluss kommen und kurz auf das eingehen, was wirvorhin von Herrn Seehofer gehört haben. Wir GRÜNEhaben eine klare Vorstellung von einem zukünftigenBayern, von einem nachhaltigen Bayern, von einemgrünen Bayern. Wir haben eine klare Vorstellungdavon, wie wir den Wohlstand der Bürger nachhaltig,das heißt langfristig und auch im Blick auf die nächstenGenerationen, bewahren. Wir haben eine klareVorstellung von einem sozial gerechten Bayern. Wirhaben eine klare Vorstellung, wie wir die Energiewendegestalten können und wo. Wir haben konkrete Antwortenauf den demografischen Wandel in Bayernund auf die Herausforderungen der Bildungspolitiksowie für die Erneuerung unserer Demokratie.Was haben Sie uns heute geboten, Herr Seehofer?Sie haben wieder einmal Versprechungen abgegeben,die Sie schon vor fünf Jahren nicht einlösenkonnten und wohl auch in fünf Jahren zum großenTeil nicht einlösen können. Sie haben uns einenBauchladen präsentiert, in dem für jeden etwas dabeiwar: vom Gedenktag für die Heimatvertriebenen übereine nebulöse Lehrstellengarantie bis zu wolkigenVorstellungen von einem Klimaschutzprogramm 2050– ich hoffe, Sie wollen nicht erst dann mit dem Klimaschutzbeginnen.Sie haben uns in wichtigen Politikfeldern aufgezeigt,dass Sie lieber nichts tun wollen, dass Sie Ruhe verordnenwollen. Sie glauben wohl, dass man denMurks am achtjährigen Gymnasium damit beendenund überwinden kann, dass Sie die Betroffenen ihremSchicksal überlassen und sagen: Wir ändern jetztdaran nichts mehr. Gerade dieser Murks macht klar,dass wir Reformen in unserem Bildungs- und Schulsystembrauchen.(Beifall bei den GRÜNEN und des AbgeordnetenMartin Güll (SPD))Sie haben den Menschen in Bayern zu guter Letztauch noch einen Feiertag geschenkt, 2017, wohl alsKrönung Ihrer Regentschaft. Ich weiß nicht, ist dasdann der Seehofer-Feiertag oder der Große-Horst-Tag? Herzlichen Dank, Euer Gnaden!(Unruhe – Zurufe von der CSU)In Ihrem politischen Kramerladen fehlt das zukunftsweisendeSortiment. Ihre Visionen und Ihr Kampfgeistsind offensichtlich schon erschöpft, wenn Sie sich derEinführung einer Ausländer-Pkw-Maut rühmen können.Für mehr fehlt Ihnen ganz offensichtlich der Mut.Politik, die gestalten will, braucht jedoch Mut. Siebraucht Mut und nicht Wankelmut. Sie braucht Mut,um sich auch einmal mit den Lobbyisten anzulegen,anstatt Millionenspenden einzustreichen. Sie brauchtMut, um auch bei Gegenwind für ein langfristiges Projektzu kämpfen und sich nicht gleich in die Furche zulegen. Sie braucht Mut, um für die eigenen Überzeugungeneinzutreten und sie nicht schnellstmöglich alsBallast abzuwerfen. Mit Wankelmut kann man nichtgestalten. Mit Wankelmut kann man das Neue nichtdenken. Mit Wankelmut kann man keine anderenWege beschreiten.Die entscheidende Frage ist nicht, wie wir alle auf denkleinsten gemeinsamen Nenner kommen, sondernwie wir für alle den größten gemeinsamen Nutzen erreichen.Auf die Auseinandersetzung mit Ihnen darüberfreue ich mich.(Anhaltender Beifall bei den GRÜNEN)Vierte Vizepräsidentin Ulrike Gote: Der nächsteRedner ist Herr Zellmeier. Bitte schön, Herr Kollege.


Plenarprotokoll 17/5 v. 12.11.2013 <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> – 17. Wahlperiode 149Josef Zellmeier (CSU): Frau Präsidentin, HohesHaus! Unser Ministerpräsident hat seine Regierungserklärungmit der Feststellung beendet, dass es einGlück ist, in Bayern zu leben. Liebe Kolleginnen undKollegen von der Opposition, dass Sie dieses Gefühlnicht haben und dies auch bei Ihren Reden nicht zumAusdruck gekommen ist, wundert mich nicht.(Widerspruch bei der SPD)Dafür habe ich Verständnis.(Volkmar Halbleib (SPD): Zuhören ist eine guteEmpfehlung!)In einem Land, das deutschlandweit und europaweitSpitzenreiter ist, ist es für die Opposition schwierig,ihre Arbeit zu tun. Was wollen Sie denn kritisieren, woes uns so gut geht?(Dr. Simone Strohmayr (SPD): Überhaupt nichts!)- Ja, eben, überhaupt nichts. Ihnen fällt wenig ein.Das hat man auch bei Ihren Reden gemerkt.(Markus Rinderspacher (SPD): Jetzt wird gearbeitet.Sie haben als CSU 90 Minuten geredet.Hören Sie auf mit solchen Frechheiten!)- Sie wollen nach Hause, ich weiß. Lieber KollegeRinderspacher, Sie sind mit schuld, dass die Kollegender kleineren Oppositionsfraktionen in den Mediennicht mehr zum Zuge kommen. Deshalb haben wirunsere Redezeit geteilt. Das haben Sie leider nichtgetan. Das tut mir leid für die Kollegen der FREIENWÄHLER und der GRÜNEN.Meine Damen und Herren, vorher hat die SPD gesagt,es liege am Fleiß der Menschen in Bayern, dasswir so gut dastünden. Ja, das ist richtig. Die Arbeitnehmer,Landwirte, Handwerker und Akademiker sindhauptverantwortlich für den Erfolg Bayerns. Dazuzählt aber auch die hervorragende Politik der CSU,die den richtigen Rahmen setzt. Gerne glaube ich es,wenn Sie sagen, die Menschen in Bayern seien klügerund fleißiger als der Rest in Deutschland. Wir könnenjedoch nicht um so vieles klüger und fleißigersein, weil wir früher nicht an der Spitze der deutschenBundesländer gestanden haben. Deshalb ist der Rahmen,den wir gesetzt haben, so wichtig und entscheidend.Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Menschen inBayern wissen, was sie an der CSU haben. Das hatdas Wahlergebnis deutlich zum Ausdruck gebracht.Deshalb wollen wir die Punkte umsetzen. Wir wissen,dass die Menschen mit klarer Mehrheit für die Mautfür Ausländer sind. Wir machen eine ehrliche undvolksnahe Politik.Lieber Herr Kollege Rinderspacher, Sie haben gesagt,Sie wollten Kontrolle ausüben. Ja, Mehrheiten brauchenimmer Kontrolle. Das allein reicht aber für dieOpposition nicht. Wir würden uns wünschen, dass Siebessere Ideen einbringen.(Widerspruch bei der SPD)Wir würden uns wünschen, dass Sie Ideen einbringen,die man auch umsetzen kann und die finanzierbarsind. So ist es doch. Das ist das Problem, das Siehaben. Sie bringen viele Vorschläge – das ist richtig.Sie sagen jedoch nie, wie man diese bezahlen soll.Wir stehen in der Verantwortung, und wir sorgendafür, dass der Haushalt vernünftig finanziert ist. Daswerden wir auch in Zukunft tun.Sie sprachen von Bayern in zwei Geschwindigkeiten.(Markus Rinderspacher (SPD): Söder!)Sie wissen doch, dass die langsamste Region in Bayernimmer noch ein ICE im Vergleich zu allen anderenBundesländern ist.(Markus Rinderspacher (SPD): Transrapid!)Das ist Tatsache. Sie sollten einmal ehrlich zu denMenschen sein. Die Menschen wissen, fühlen undspüren, dass es uns Bayern besser geht als dem Restder Republik.Liebe Kolleginnen und Kollegen, das gilt auch für denSchuldenabbau. In diesem Zusammenhang bringenSie immer wieder alte Kamellen. Ja, wir haben für dieLandesbank Schulden aufgenommen. Allerdings istbereits eine Milliarde Euro zurückgezahlt worden. Wowerden in anderen deutschen Bundesländern staatlicheHilfen zurückgezahlt? Auch hier haben wir bewiesen,dass wir die Probleme lösen können.Sie haben die Privatisierung von GBW-Wohnungenangesprochen. Wer hat in Deutschland die meistenWohnungen privatisiert? Gerhard Schröder hat114.000 Eisenbahnerwohnungen privatisiert. Der damaligeMinister war von Ihrer Partei. 60 % der Wohnungengingen an einen japanischen Finanzkonzern.Seien wir doch einmal ehrlich: Das sind die Tatsachen.Ähnlich war es in Baden-Württemberg. Dortwurde an die PATRIZIA verkauft. Erzählen Sie dochden Menschen keine Märchen.Zu den Kommunen: Wir haben deutliche Verbesserungenfür die schwachen Gemeinden auf dem Landeingeführt. Wir haben die Investitionspauschale deut-


150 <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> – 17. Wahlperiode Plenarprotokoll 17/5 v. 12.11.2013lich erhöht. Wir haben sie vermehrfacht. Wir habendie Einwohnerveredelung umgestaltet.Sie führen immer wieder das Bildungsgefälle an. DiesesBildungsgefälle gibt es doch faktisch gar nicht. Ichkomme vom Land und habe gesehen, wie sich dortdie Bildungslandschaft entwickelt hat. Zu meiner Zeit,vor 25 oder 30 Jahren, gab es auf dem Land nur wenigeAbiturienten. Heute ist die Quote beachtlich. Wirhaben große Erfolge im Bildungsbereich, gerade imländlichen Raum. Genau das ist es, was Sie immerwollen. Sie wollen eine Spaltung zwischen Facharbeiternund Akademikern hervorrufen. Das wollen wirnicht, weil beide für Bayern wichtig sind.Ich möchte noch kurz auf den Kollegen Aiwanger eingehen.Er hat uns von den Heiligen Drei Königen erzählt.Leider ist er jetzt nicht da. Lieber Herr KollegeAiwanger, als guter Katholik sollten Sie wissen, dassbei den Heiligen Drei Königen nur ein schwarzerdabei war. Hätten wir damals schon die Mehrheit gehabt,wäre das sicherlich anders gelaufen.(Heiterkeit bei der CSU – Volkmar Halbleib(SPD): Ein geistiger Höhenflug!)Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte unseremMinisterpräsidenten, Landwirtschaftsminister Brunnerund der ehemaligen Bundesministerin Aigner herzlichfür die Umsetzung der EU-Agrarreform danken. Damitsind vor allem die kleinen bäuerlichen Betriebe gestärktworden, die in Bayern in der Mehrzahl sind. Dasmuss man einmal deutlich sagen. Wir sollten nichtzwischen konventionellen und biologisch-ökologischproduzierenden Betrieben unterscheiden. Uns sindalle wichtig. Diese Zahlungen kommen allen Betriebenzugute, weil wir bei den Flächen der Betriebedeutlich unter dem deutschen Durchschnitt sind.Ich greife noch einmal das Thema Trinkwasserprivatisierungauf. Ich muss lachen, wenn die Oppositionbehauptet, sie hätten die Verhinderung der Trinkwasserprivatisierungdurchgesetzt. Wir waren es in Bayern,in Berlin und in Brüssel, die das durch ein einheitlichesAuftreten geschafft haben.(Beifall bei der CSU)Dankenswerterweise waren wir uns in diesem Punkteinig. Darum verstehe ich nicht, warum das Themaimmer wieder von Ihnen aufgegriffen wird.Einen letzten Satz zu den GRÜNEN: Mir ist nicht allzuviel zu der fiktiven Regierungserklärung von KolleginBause eingefallen. Ich habe an den klassischenScience-Fiction-Film "Raumschiff Enterprise" gedacht.Meine Damen und Herren, dort beamt Scotty dieMannschaft immer rechtzeitig zurück, bevor sie Schadenanrichten kann. Scotty ist der bayerische Bürger.Dieser hat die GRÜNEN Gott sei Dank rechtzeitig zurückgebeamt,bevor sie in Bayern bei den letztenWahlen am 1<strong>5.</strong> September Schaden anrichten konnten.(Beifall bei der CSU)Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will meine Redenicht zu lange ausdehnen. Wir haben es uns zum Zielgesetzt, die Redezeit nicht auszunutzen. Ich darf nocheines sagen: Auch in Zukunft wird es hoch attraktivsein, in Bayern zu leben. Dafür sorgt die BayerischeStaatsregierung mit Horst Seehofer. Dafür sorgt dieCSU-<strong>Landtag</strong>sfraktion. Liebe Kolleginnen und Kollegenvon der Opposition, wir sind gespannt, wann vonIhnen einmal positive Ideen kommen.(Beifall bei der CSU)Vierte Vizepräsidentin Ulrike Gote: Wir sind aufdem Stand, dass Herr Ministerpräsident Seehofer aufseine zusammenfassende Stellungnahme verzichtet.(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)Weitere Redebeiträge und Wortmeldungen liegen mirauch nicht vor. Damit ist dieser Tagesordnungspunktgeschlossen.Ich rufe Tagesordnungspunkt 2 a auf:Bestellung der Mitglieder für den Rundfunkrat (s.a. Anlage 1)Nach Artikel 6 Absatz 3 des Bayerischen Rundfunkgesetzessetzt sich der Rundfunkrat unter anderemaus zwölf Vertretern und Vertreterinnen des <strong>Landtag</strong>szusammen, die dieser entsprechend dem Stärkeverhältnisder in ihm vertretenen Parteien und sonstigenorganisierten Wählergruppen nach dem VerfahrenSainte-Laguë/Schepers bestimmt; jede im <strong>Landtag</strong>vertretene Partei stellt mindestens einen Vertreteroder eine Vertreterin. Bei der Auswahl der Vertreterund Vertreterinnen ist auf eine gleichberechtigte Teilhabevon Frauen und Männern hinzuwirken. DieAmtszeit der vom <strong>Landtag</strong> zu entsendenden Mitgliederbeginnt nach Artikel 6 Absatz 5 des BayerischenRundfunkgesetzes mit dem Zeitpunkt der Entsendung;sie endet mit der Entsendung der neuen Vertreterund Vertreterinnen zu Beginn der nächsten Legislaturperiode.Die Fraktion der CSU hat danach das Vorschlagsrechtfür sieben Mitglieder, die Fraktion der SPD fürdrei Mitglieder sowie die Fraktionen der FREIENWÄHLER und von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für jeweilsein Mitglied.


Plenarprotokoll 17/5 v. 12.11.2013 <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> – 17. Wahlperiode 151Im Einzelnen können die von den vorschlagsberechtigtenFraktionen benannten Abgeordneten der Ihnenvorliegenden Liste entnommen werden.(Siehe Anlage 1)Die Entsendung der Mitglieder soll im Einvernehmenmit allen Fraktionen mit Wirkung vom 1. Dezember2013 erfolgen.Eine Aussprache findet hierzu nicht statt. Wir kommendaher gleich zur Beschlussfassung. Besteht damitEinverständnis, dass wir über die Fraktionsvorschlägegemeinsam abstimmen? –(Volkmar Halbleib (SPD): Jawohl! – ThomasKreuzer (CSU): Ja!)Ich sehe keinen Widerspruch. Alle stimmen zu. Dannlasse ich abstimmen.Wer mit der Bestellung der von den vorschlagsberechtigtenFraktionen benannten Abgeordneten zuMitgliedern des Rundfunkrats einverstanden ist, denbitte ich um das Handzeichen. – Das sind alle Fraktionendes Hauses. Gibt es Gegenstimmen? – Ich sehekeine. Stimmenthaltungen? – Auch nicht. Dann ist dasso beschlossen.Ich rufe Tagesordnungspunkt 2 b auf:Bestellung der Mitglieder für den Medienrat (s. a.Anlage 1)Nach Artikel 13 Absatz 1 des Bayerischen Mediengesetzessetzt sich der Medienrat unter anderem auszwölf Vertretern und Vertreterinnen des <strong>Landtag</strong>s zusammen,die dieser entsprechend dem Stärkeverhältnisder in ihm vertretenen Parteien und sonstigen organisiertenWählergruppen nach dem VerfahrenSainte-Laguë/Schepers bestimmt; jede im <strong>Landtag</strong>vertretene Partei stellt mindestens eine Vertreterinoder einen Vertreter. Bei der Auswahl der Vertreterinnenund Vertreter ist auf eine gleichberechtigte Teilhabevon Frauen und Männern hinzuwirken. DieAmtszeit der vom <strong>Landtag</strong> zu entsendenden Mitgliederbeginnt nach Artikel 13 Absatz 3 des BayerischenMediengesetzes mit dem Zeitpunkt der Entsendung;sie endet mit der Entsendung der neuen Vertreterinnenund Vertreter zu Beginn der nächsten Legislaturperiode.Die Fraktion der CSU hat danach das Vorschlagsrechtfür sieben Mitglieder, die Fraktion der SPD fürdrei Mitglieder sowie die Fraktionen der FREIENWÄHLER und von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für jeweilsein Mitglied.Im Einzelnen können auch hier wieder die von denvorschlagsberechtigten Fraktionen benannten Abgeordnetender Ihnen vorliegenden Liste entnommenwerden.(Siehe Anlage 1)Die Entsendung der Mitglieder soll im Einvernehmenmit allen Fraktionen mit Wirkung vom 1. Dezember2013 erfolgen.Auch hierzu findet keine Aussprache statt. Wir kommendaher zur Beschlussfassung. Besteht auch hierwieder damit Einverständnis, dass wir über die Fraktionsvorschlägegemeinsam abstimmen? – Ich sehekeinen Widerspruch. Dann machen wir das so. Dannlasse ich abstimmen.Wer mit der Bestellung der von den vorschlagsberechtigtenFraktionen benannten Abgeordneten zuMitgliedern des Medienrats einverstanden ist, denbitte ich um das Handzeichen. – Das sind wieder alleFraktionen. Gibt es Gegenstimmen? – Keine. Stimmenthaltungen?– Sehe ich auch keine. Dann ist auchdies so beschlossen. Danke schön.Außerhalb der Tagesordnung gebe ich gemäß § 26Absatz 2 und § 27 Absatz 2 Satz 6 der Geschäftsordnungden aktuellen Stand der von den Fraktionen benanntenMitglieder der Ausschüsse sowie die Namender Ausschussvorsitzenden und ihrer Stellvertreterinnenund Stellvertreter bekannt.Im Einzelnen verweise ich insoweit auf die Ihnen vorliegendeÜbersicht(Siehe Anlage 2)und bitte um entsprechende Kenntnisnahme.Ich möchte jetzt noch daran erinnern, dass sich imAnschluss an diese <strong>Sitzung</strong> um 19.00 Uhr die neuenKolleginnen und Kollegen auf Einladung der Frau<strong>Landtag</strong>spräsidentin treffen. Ich darf auch dabei seinund das gesamte Präsidium. Ich freue mich schon aufeinen interessanten Abend mit Ihnen.Damit kann ich die <strong>Sitzung</strong> schließen. Vielen Dank.(Schluss: 18.25 Uhr)


152 <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> – 17. Wahlperiode Anlage 1zur <strong>5.</strong> Vollsitzung am 12. November 2013MitteilungDie Fraktionen haben die nachstehenden Abgeordneten zurBestellung in den Rundfunkrat bzw. den Medienrat vorgeschlagen:RundfunkratMedienratCSU:Dr. Otmar BernhardHans HeroldThomas KreuzerManfred LändnerTobias ReißHeinrich RudrofWalter TaubenederCSU:Alex DorowDr. Gerhard HoppMartin NeumeyerEberhard RotterBerthold RüthMartin SchöffelJürgen StröbelSPD:Inge AuresNatascha KohnenFlorian PronoldSPD:Martina FehlnerDr. Christoph RabensteinMarkus RinderspacherFREIE WÄHLER:Alexander MuthmannFREIE WÄHLER:Prof. Dr. Michael PiazoloBÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:Verena OsgyanBÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:Ulrike Gote


153 <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> – 17. Wahlperiode Anlage 2zur <strong>5.</strong> Vollsitzung am 12. November 2013Zusammensetzung der Ausschüsse der 17. WahlperiodeAusschuss für Staatshaushalt und FinanzfragenVorsitzender: Peter Winter CSUStellvertreter: Volkmar Halbleib SPD1. Martin Bachhuber (CSU) 8. Günther Knoblauch (SPD) 1<strong>5.</strong> Reserl Sem (CSU)2. Petra Dettenhöfer (CSU) 9. Dr. Herbert Kränzlein (SPD) 16. Claudia Stamm (GRU)3. Wolfgang Fackler (CSU) 10. Harald Kühn (CSU) 17. Klaus Stöttner (CSU)4. Karl Freller (CSU) 11. Thomas Mütze (GRU) 18. Reinhold Strobl (SPD)<strong>5.</strong> Harald Güller (SPD) 12. Alexander Muthmann (FW) 19. Ernst Weidenbusch (CSU)6. Volkmar Halbleib (SPD) 13. Bernhard Pohl (FW) 20. Georg Winter (CSU)7. Hans Herold (CSU) 14. Heinrich Rudrof (CSU) 21. Peter Winter (CSU)Ausschuss für Verfassung, Recht und ParlamentsfragenVorsitzender: Franz Schindler SPDStellvertreterin: Petra Guttenberger CSU1. Horst Arnold (SPD) 7. Andreas Lorenz (CSU) 13. Martin Schöffel (CSU)2. Dr. Sepp Dürr (GRU) 8. Peter Meyer (FW) 14. Karl Straub (CSU)3. Ulrike Gote (GRU) 9. Dr. Franz Rieger (CSU) 1<strong>5.</strong> Florian Streibl (FW)4. Petra Guttenberger (CSU) 10. Florian Ritter (SPD) 16. Manuel Westphal (CSU)<strong>5.</strong> Jürgen W. Heike (CSU) 11. Alfred Sauter (CSU) 17. Mechthilde Wittmann (CSU)6. Alexandra Hiersemann (SPD) 12. Franz Schindler (SPD) 18. Josef Zellmeier (CSU)Ausschuss für Kommunale Fragen, Innere Sicherheit und SportVorsitzender: Dr. Florian Herrmann CSUStellvertreterin: Tanja Schweiger FREIE WÄHLER1. Klaus Adelt (SPD) 7. Dr. Florian Herrmann (CSU) 13. Dr. Hans Reichhart (CSU)2. Norbert Dünkel (CSU) 8. Manfred Ländner (CSU) 14. Harry Scheuenstuhl (SPD)3. Alexander Flierl (CSU) 9. Otto Lederer (CSU) 1<strong>5.</strong> Katharina Schulze (GRU)4. Prof. Dr. Peter PaulGantzer (SPD)10. Ludwig Freiherr vonLerchenfeld (CSU)16. Tanja Schweiger (FW)<strong>5.</strong> Max Gibis (CSU) 11. Andreas Lorenz (CSU) 17. Peter Tomaschko (CSU)6. Eva Gottstein (FW) 12. Jürgen Mistol (GRU) 18. Dr. Paul Wengert (SPD)


154 <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> – 17. Wahlperiode Plenarprotokoll 17/5 v. 12.11.2013Ausschuss für Wirtschaft und Medien, Infrastruktur, Bau und Verkehr, Energie und TechnologieVorsitzender: Erwin Huber CSUStellvertreter: Martin Stümpfig GRU1. Jürgen Baumgärtner (CSU) 7. Erwin Huber (CSU) 13. Bernhard Roos (SPD)2. Dr. Otmar Bernhard (CSU) 8. Annette Karl (SPD) 14. Eberhard Rotter (CSU)3. Markus Blume (CSU) 9. Sandro Kirchner (CSU) 1<strong>5.</strong> Ulrike Scharf (CSU)4. Markus Ganserer (GRU) 10. Natascha Kohnen (SPD) 16. Dr. Harald Schwartz (CSU)<strong>5.</strong> Thorsten Glauber (FW) 11. Andreas Lotte (SPD) 17. Martin Stümpfig (GRU)6. Klaus Holetschek (CSU) 12. Walter Nussel (CSU) 18. Jutta Widmann (FW)Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und ForstenVorsitzende: Angelika Schorer CSUStellvertreter: Ulrich Leiner GRU1. Horst Arnold (SPD) 7. Ulrich Leiner (GRU) 13. Thorsten Schwab (CSU)2. Eric Beißwenger (CSU) 8. Ruth Müller (SPD) 14. Gisela Sengl (GRU)3. Dr. Leopold Herz (FW) 9. Ulrike Müller (FW) 1<strong>5.</strong> Klaus Steiner (CSU)4. Dr. Gerhard Hopp (CSU) 10. Martin Schöffel (CSU) 16. Jürgen Ströbel (CSU)<strong>5.</strong> Annette Karl (SPD) 11. Angelika Schorer (CSU) 17. Walter Taubeneder (CSU)6. Anton Kreitmair (CSU) 12. Tanja Schorer-Dremel (CSU) 18. Herbert Woerlein (SPD)Ausschuss für Arbeit und Soziales, Jugend, Familie und IntegrationVorsitzender: Joachim Unterländer CSUStellvertreterin: Angelika WeikertSPD1. Kerstin Celina (GRU) 7. Christine Kamm (GRU) 13. Kerstin Schreyer-Stäblein (CSU)2. Judith Gerlach (CSU) 8. Michaela Kaniber (CSU) 14. Arif Tasdelen (SPD)3. Eva Gottstein (FW) 9. Martin Neumeyer (CSU) 1<strong>5.</strong> Joachim Unterländer (CSU)4. Dr. Gerhard Hopp (CSU) 10. Doris Rauscher (SPD) 16. Steffen Vogel (CSU)<strong>5.</strong> Thomas Huber (CSU) 11. Dr. Hans Reichhart (CSU) 17. Ruth Waldmann (SPD)6. Hermann Imhof (CSU) 12. Gabi Schmidt (FW) 18. Angelika Weikert (SPD)Ausschuss für Wissenschaft und KunstVorsitzender: Prof. Dr. Michael Piazolo FREIE WÄHLERStellvertreter: Oliver Jörg CSU1. Prof. Dr. Peter Bauer (FW) 7. Dr. Thomas Goppel (CSU) 13. Helmut Radlmeier (CSU)2. Robert Brannekämper (CSU) 8. Oliver Jörg (CSU) 14. Georg Rosenthal (SPD)3. Gudrun Brendel-Fischer(CSU)9. Michaela Kaniber (CSU) 1<strong>5.</strong> Helga Schmitt-Bussinger(SPD)4. Michael Brückner (CSU) 10. Bernd Kränzle (CSU) 16. Rosi Steinberger (GRU)<strong>5.</strong> Alex Dorow (CSU) 11. Verena Osgyan (GRU) 17. Manuel Westphal (CSU)6. Martina Fehlner (SPD) 12. Prof. Dr. Michael Piazolo (FW) 18. Isabell Zacharias (SPD)


Plenarprotokoll 17/5 v. 12.11.2013 <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> – 17. Wahlperiode 155Ausschuss für Bildung und KultusVorsitzender: Martin Güll SPDStellvertreter: Prof. Dr. Gerhard Waschler CSU1. Norbert Dünkel (CSU) 7. Michael Hofmann (CSU) 13. Klaus Steiner (CSU)2. Dr. Ute Eiling-Hütig (CSU) 8. Otto Lederer (CSU) 14. Dr. Simone Strohmayr (SPD)3. Dr. Hans Jürgen Fahn (FW) 9. Kathi Petersen (SPD) 1<strong>5.</strong> Peter Tomaschko (CSU)4. Günther Felbinger (FW) 10. Tobias Reiß (CSU) 16. Carolina Trautner (CSU)<strong>5.</strong> Thomas Gehring (GRU) 11. Berthold Rüth (CSU) 17. Prof. Dr. Gerhard Waschler (CSU)6. Martin Güll (SPD) 12. Gisela Sengl (GRU) 18. Margit Wild (SPD)Ausschuss für Fragen des öffentlichen DienstesVorsitzende: Ingrid Heckner CSUStellvertreter: Günther Felbinger FREIE WÄHLER1. Volker Bauer (CSU) 7. Max Gibis (CSU) 13. Verena Osgyan (GRU)2. Robert Brannekämper (CSU) 8. Ingrid Heckner (CSU) 14. Tobias Reiß (CSU)3. Wolfgang Fackler (CSU) 9. Thomas Huber (CSU) 1<strong>5.</strong> Hans Ritt (CSU)4. Martina Fehlner (SPD) 10. Manfred Ländner (CSU) 16. Heinrich Rudrof (CSU)<strong>5.</strong> Günther Felbinger (FW) 11. Andreas Lotte (SPD) 17. Stefan Schuster (SPD)6. Markus Ganserer (GRU) 12. Peter Meyer (FW) 18. Arif Tasdelen (SPD)Ausschuss für Eingaben und BeschwerdenVorsitzende: Sylvia Stierstorfer CSUStellvertreterin: Johanna Werner-Muggendorfer SPD1. Markus Blume (CSU) 7. Walter Nussel (CSU) 13. Sylvia Stierstorfer (CSU)2. Alexandra Hiersemann (SPD) 8. Dr. Christoph Rabenstein (SPD) 14. Martin Stümpfig (GRU)3. Michael Hofmann (CSU) 9. Eberhard Rotter (CSU) 1<strong>5.</strong> Carolina Trautner (CSU)4. Dr. Martin Huber (CSU) 10. Berthold Rüth (CSU) 16. Johanna Werner-Muggendorfer (SPD)<strong>5.</strong> Dr. Christian Magerl (GRU) 11. Ulrike Scharf (CSU) 17. Jutta Widmann (FW)6. Martin Neumeyer (CSU) 12. Diana Stachowitz (SPD) 18. Benno Zierer (FW)Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie regionale BeziehungenVorsitzender: Dr. Franz Rieger CSUStellvertreter: Dr. Linus Förster SPD1. Susann Biedefeld (SPD) 7. Alexander König (CSU) 13. Thorsten Schwab (CSU)2. Alex Dorow (CSU) 8. Jürgen Mistol (GRU) 14. Diana Stachowitz (SPD)3. Dr. Hans Jürgen Fahn (FW) 9. Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD) 1<strong>5.</strong> Karl Straub (CSU)4. Dr. Linus Förster (SPD) 10. Bernhard Pohl (FW) 16. Jürgen Ströbel (CSU)<strong>5.</strong> Judith Gerlach (CSU) 11. Dr. Franz Rieger (CSU) 17. Walter Taubeneder (CSU)6. Christine Kamm (GRU) 12. Alfred Sauter (CSU) 18. Mechthilde Wittmann (CSU)


156 <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> – 17. Wahlperiode Plenarprotokoll 17/5 v. 12.11.2013Ausschuss für Umwelt und VerbraucherschutzVorsitzender: Dr. Christian Magerl GRUStellvertreter: Dr. Otto Hünnerkopf CSU1. Klaus Adelt (SPD) 7. Dr. Martin Huber (CSU) 13. Hans Ritt (CSU)2. Volker Bauer (CSU) 8. Dr. Otto Hünnerkopf (CSU) 14. Harry Scheuenstuhl (SPD)3. Eric Beißwenger (CSU) 9. Nikolaus Kraus (FW) 1<strong>5.</strong> Tanja Schorer-Dremel (CSU)4. Michael Brückner (CSU) 10. Anton Kreitmair (CSU) 16. Rosi Steinberger (GRU)<strong>5.</strong> Florian von Brunn (SPD) 11. Ludwig Freiherr17. Herbert Woerlein (SPD)von Lerchenfeld (CSU)6. Alexander Flierl (CSU) 12. Dr. Christian Magerl (GRU) 18. Benno Zierer (FW)Ausschuss für Gesundheit und PflegeVorsitzende: Kathrin Sonnenholzner SPDStellvertreter: Bernhard Seidenath CSU1. Prof. Dr. Peter Bauer (FW) 7. Hermann Imhof (CSU) 13. Doris Rauscher (SPD)2. Jürgen Baumgärtner (CSU) 8. Sandro Kirchner (CSU) 14. Dr. Harald Schwartz (CSU)3. Kerstin Celina (GRU) 9. Ulrich Leiner (GRU) 1<strong>5.</strong> Bernhard Seidenath (CSU)4. Dr. Ute Eiling-Hütig (CSU) 10. Ruth Müller (SPD) 16. Kathrin Sonnenholzner (SPD)<strong>5.</strong> Dr. Thomas Goppel (CSU) 11. Kathi Petersen (SPD) 17. Dr. Karl Vetter (FW)6. Klaus Holetschek (CSU) 12. Helmut Radlmeier (CSU) 18. Steffen Vogel (CSU)Stand: 6. November 2013

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