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Gähnende Lehre

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Titel„Gute oder schlechte <strong>Lehre</strong>Drei Projekte an der FSU versuchen sie trotzdem zu verbessernEs ist Donnerstag 16 Uhr: Seminar, 30Studenten, ein Dozent und keine Diskussion.Nur betretenes Schweigen, nach89 Minuten Referat muss auf alles andereverzichtet werden. Die Texte vorzubereitenhat sowieso niemand geschafft, weilsie viel zu lang waren. Es beschleicht einendas Gefühl, dass die Dozenten keineAhnung von guter <strong>Lehre</strong> haben, bei denStudenten scheint sich das in absoluterLustlosigkeit niederzuschlagen. Doch esgibt durchaus schon Bemühungen, dieSituation zu verbessern. Dass das nicht soeinfach ist, wird deutlich, wenn man dieFrage nach „guter <strong>Lehre</strong>“ stellt.„Gute oder schlechte <strong>Lehre</strong> gibt es nicht“,sagt zum Beispiel Jan Fendler, Mitarbeiterim Universitätsprojekt „<strong>Lehre</strong>lernen“.So absolut, wie dies zu verstehen zu seinscheint, ist es nicht gemeint: „Es kommtimmer auf die Lehr-Lernsituation, die <strong>Lehre</strong>nden,und die Studierenden an, auf dieLehransätze, die Inhalte und Bedürfnisse.“Seit 2005 beschäftigt sich die Uni mitHochschuldidaktik, seit 2008 im Projekt„<strong>Lehre</strong>lernen“.Auch für die beiden wissenschaftlichenMitarbeiter des Universitätsprojekts <strong>Lehre</strong>valuation,Anja Vetterlein und Erik Sengewald,ist die Definition von „guter <strong>Lehre</strong>“problematisch: „Unserer Meinung nach istgute <strong>Lehre</strong> ein Prozess, in dem gegenseitigeErwartungen erfüllt werden, Problempunktemüssen benannt und Anpassungenvorgenommen werden.“ Doch dazu sindDiskussionen und ein Maßstab zur Bewertungder <strong>Lehre</strong> vonnöten. Die <strong>Lehre</strong>valuationwird auf zwei Ebenen durchgeführt:„Auf der niedrigsten Ebene in einer Lehrveranstaltungund auf der höchsten, wenn wirganze Studiengänge betrachten“, erklärtVetterlein. Insgesamt stellen die beiden Diplom-Psychologenfest, dass rein statistischdie Studenten mit der <strong>Lehre</strong> an der FSUzufrieden sind und dass die meisten mitder starken Strukturierung des Bachelorsgut zurechtkommen. Doch Auswirkungengenau dieser Strukturierung, die im Bachelorin Form von Pflichtveranstaltungen undAnwesenheitslisten zu spüren sind, lassensich in der hochschuldidaktischen Ausbildungder <strong>Lehre</strong>nden nicht wiederfinden.Ohne ZwangHier können nach dem Credo der LehrfreiheitSeminare und Workshops desProjektes „<strong>Lehre</strong>lernen“ freiwillig besuchtwerden. Innerhalb der Veranstaltung unterzeichnendie Teilnehmer ein Abkommendarüber, dass die Auswertungen undErgebnisse nicht ohne ihr Einverständnisnach außen getragen werden dürfen. DieUnsicherheit scheint groß zu sein. Denn somancher Teilnehmer hat Angst, dass es alsEingeständnis der Schwäche in die eigeneLehrkompetenz gewertet werden könnte.„In anderen Ländern ist es etwas Besonderes,wenn man eine Auszeichnung für gute<strong>Lehre</strong> erhält. Bei uns in Deutschland sollgute <strong>Lehre</strong> selbstverständlich sein“, sagtJan Fendler. Für den Erziehungswissenschaftlerbietet dieses Maß an Anonymität,dass sich eine angenehme Lernumgebungschaffen lässt, aber auch, dass ein Freiraumzum kritischen Hinterfragen der eigenen<strong>Lehre</strong> entstehen kann. Er arbeitet daran,auch in Deutschland mehr Transparenz zuschaffen: „So sind öffentliche Lernportfoliosin unseren Nachbarländern Gang undGäbe. Universiäten, <strong>Lehre</strong>nde und Studierendekönnen sich in diesen Dokumentenüber die Lehrvorstellungen, Lehrinhalteund das Engagement der <strong>Lehre</strong>nden informieren.“Es ist anzunehmen, dass sich gerade die<strong>Lehre</strong>nden, die sich für das Programm anmelden,schon einmal als Lehrperson hinterfragthaben und das ist der erste Schritt,um seine Veranstaltungen lernfreundlichzu gestalten. Die Universität ist natürlichdaran interessiert, dass ihre Angestellten„gute <strong>Lehre</strong>“ machen, aber laut Fendlerist die Fortbildung nur sinnvoll, wenn sieohne Zwang stattfindet.Die hochschuldidaktischen Basisworkshopsfinden in drei Blöcken statt. Die<strong>Lehre</strong>nden können dabei Seminare zurPlanung ihrer Veranstaltungen besuchen.Außerdem können sie lernen, wie sie diesedurchführen, wie sie Prüfungen erstellenund die Studenten beraten können.In einem erweiterten Programm werden15 Teilnehmer zwei Jahre lang begleitet,vor allem <strong>Lehre</strong>nde, die schon lange da-Umfrage: Was macht gute <strong>Lehre</strong> aus?UMFRAGE: SUSAN-NE VEILFOTOS: CHRISTOPHWORSCH UND PRI-VATDie Dozenten müssen in erster Linievon ihrem Fach begeistert sein, ihrInteresse überträgt sich. Wenn ein Professordidaktisch gut ist, spielt es qualitativkeine Rolle, wie viele Studenten ineiner Vorlesung sitzen. Der Dozent musssich darauf einlassen und anpassen.Mir gefallen Tafelvorlesungen besserals Veranstaltungen mit Power-Point-Folien, denn ich kann besser folgen,wenn ein Thema an der Tafel entwickeltwird. Für mich muss eine gute Lehrpersondidaktisch gut sein, Enthusiasmusausstrahlen und Interesse vermitteln.Eigene Glaubwürdigkeit reicht nicht aus,die Wissensstände der Studenten, derenLernverhalten und die aktuelle Situationmüssen hinterfragt werden. Ich erwarteaber auch, dass Studenten Rückmeldunggeben, wenn sie unzufrieden sind, sichvorbereiten und am Seminar teilnehmen.4

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