verwaltungsstelle Betroffenen- vertretungen - Mieterberatung ...
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Tribüne<br />
Besetzer retten Bibliothek<br />
Von Peter Venus, Sprecher des Vereins »Pro Kiez Bötzowviertel«<br />
Die Kurt-Tucholsky-Bibliothek in der<br />
Esmarchstraße kann voraussichtlich<br />
im April wieder eröffnet werden,<br />
wenn auch unter veränderten Bedingungen.<br />
Ihre Schließung erfolgte auf<br />
Beschluss der BVV zum 31. Dezember.<br />
Doch die Schließungsabsicht war<br />
schon zuvor publik geworden. Nach<br />
einer von der <strong>Betroffenen</strong>vertretung<br />
einberufenen Bürgerversammlung<br />
gründete sich die Bürgerinitiative Pro<br />
Kiez, um die Schließung zu verhindern.<br />
Wir beschlossen die Besetzung<br />
der Bibliothek zum 30. November. Das<br />
Medieninteresse war enorm.<br />
Innerhalb weniger Tage sammelten<br />
wir über 4.000 Protestunterschriften,<br />
die zeigen, wie sehr die Bibliothek<br />
Bestandteil des kulturellen Lebens im<br />
Quartier ist. Die Unterschriften übergaben<br />
wir dem Abgeordnetenhaus.<br />
Denn uns war klar, dass die Schließung<br />
nicht dem politischen Willen<br />
von Bezirksamt und BVV geschuldet<br />
war, sondern dem Finanzzuweisungssystem<br />
des Senats und den Sparauflagen<br />
des Finanzsenators. Doch wo<br />
kann der Bezirk nach dem Aderlass<br />
der letzten Jahre noch Stellen strei-<br />
Die Tür zur Tucholsky-Bibliothek bleibt offen.<br />
chen? Sicher nicht bei den so<br />
genannten Pflichtaufgaben, auf die<br />
der Bürger einen Rechtsanspruch hat.<br />
Keinen Rechtsanspruch hat er dagegen<br />
auf Kultureinrichtungen, Musikschule<br />
und Bibliotheken. Wir meinen<br />
jedoch, dass auch Kultur und Bildung<br />
Pflichtaufgaben der öffentlichen<br />
Hand sein müssen. Vor diesem<br />
Hintergrund erfolgte auch die bis<br />
heute andauernde Besetzung der<br />
Bibliothek.<br />
Konzept fand Zustimmung<br />
Keineswegs war jedoch beabsichtigt,<br />
die Kurt-Tucholsky-Bibliothek in Trägerschaft<br />
unseres Vereins fortzuführen.<br />
Wir wollen, dass sie als Bestandteil<br />
der öffentlichen Bibliotheken im<br />
Eigentum des Bezirksamts verbleibt,<br />
weiterhin dem Verbund der Öffentlichen<br />
Bibliotheken Berlins angehört<br />
und die erbrachten Leistungen in die<br />
Kosten-Leistungs-Rechnung des Bezirks<br />
eingehen. Einzig die personellen<br />
Leistungen sollen vom Verein in<br />
ehrenamtlicher Tätigkeit erbracht<br />
werden, unter Rechts- und Fachaufsicht<br />
des Amts für Kultur und Bildung.<br />
©Peter Venus<br />
Vor Ort 03. 2 0 0 8 6<br />
Schon im Dezember begannen Gespräche<br />
mit Kulturstadtrat Dr. Michail<br />
Nelken, der ein offenes Ohr für unser<br />
Anliegen hatte. Im Januar erstellten<br />
wir ein Konzept zur Fortführung des<br />
Bibliotheksbetriebs. Es sieht u. a. die<br />
Zusammenlegung der Kinder- und<br />
Erwachsenenbibliothek zu einer Familienbibliothek<br />
in der ersten Etage<br />
mit entsprechender Bestandsreduzierung<br />
und vielfältige Aktivitäten im<br />
Veranstaltungsraum im Erdgeschoss<br />
vor. Dazu gehören Leseförderung für<br />
Kinder und Jugendliche, Literaturzirkel,<br />
Filmabende und Kleinkunstdarbietungen.<br />
Im Ausschuss für Kultur und<br />
Bildung der BVV fand es große<br />
Zustimmung. Der Ausschuss beschloss<br />
einstimmig, mit Mitgliedern des Vereins<br />
eine gemeinsame Arbeitsgruppe<br />
zu bilden, um die weiteren Schritte zu<br />
beraten. Wir hatten auch einen<br />
Vertragsentwurf erarbeitet, der die<br />
Zusammenarbeit mit dem Bezirksamt<br />
regeln soll. Das Ergebnis ist ein Antrag<br />
des Ausschusses an die BVV, das<br />
Bezirksamt aufzufordern, auf der<br />
Grundlage unseres Konzeptes und<br />
Vertragsentwurfs eine Vereinbarung<br />
mit dem Verein über den Weiterbetrieb<br />
der Bibliothek zu treffen. Dieser<br />
Antrag wird in der BVV-Tagung am 12.<br />
März eingebracht.<br />
Mit unserem Konzept wollen wir<br />
keinesfalls ein Modell zur weiteren<br />
Stellenreduzierung schaffen. Wir wissen,<br />
dass das Zuweisungsmodell an<br />
die Bezirke auch auf Landesebene,<br />
insbesondere in der Regierungskoalition,<br />
durchaus umstritten ist, da es in<br />
den Bezirken ganz offensichtlich zu<br />
Lasten vor allem der Bereiche Bildung<br />
und Kultur geht. Wir wissen auch, dass<br />
eine Bibliothek, die einmal geschlossen<br />
und deren Bestand verteilt<br />
worden ist, geschlossen bleibt, auch<br />
wenn sich das Finanzzuweisungssystem<br />
ändern sollte. Deshalb ist es<br />
unser Ziel, die Kurt-Tucholsky-Bibliothek<br />
offen zu halten, bis den Bezirken<br />
wieder mehr Mittel für Bildung und<br />
Kultur zur Verfügung gestellt werden<br />
und die Bibliothek wieder in bezirklicher<br />
Regie von ausgebildeten Bibliothekarinnen<br />
betrieben werden kann.<br />
Deshalb sehen wir unser Modell auch<br />
als arbeitsplatzfördernd an. Wir sind<br />
zuversichtlich, dass die Verhandlungen<br />
mit dem Bezirksamt zu einem positiven<br />
Ergebnis führen.