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Wirtschaft<br />
©Hartmut Seefeld<br />
Wegen dieser Poller in der Wörther Straße verbleibt der Kollwitzmarkt in seinem Ausweichquartier in der Knaackstraße.<br />
Märkte im Rampenlicht<br />
Pankows Marktwirtschaft ist im Umbruch Von Hartmut Seefeld<br />
Auf den ersten Blick haben der<br />
Samstagmarkt am Kollwitzplatz und<br />
der Wochenmarkt auf dem Pankower<br />
Anger nicht viel gemein. Während der<br />
eine, er trat erstmalig im Sommer<br />
2000 in Erscheinung, mit kanadischem<br />
Ahornsirup und Salz aus dem<br />
Himalaya lockt und man hier auch<br />
schon mal eine mit Blattgold bestreute<br />
Currywurst für fünf EUR verputzen<br />
kann, sind auf dem Angermarkt mit<br />
seiner 150jährigen Tradition immer<br />
wieder auch Hausschuhe im Kamelhaarlook<br />
oder wuchtige Büstenhalter<br />
im Angebot. Und eine Bratwurst<br />
Thüringer Art kann man sich hier für<br />
1,50 EUR munden lassen.<br />
Seit kurzem haben diese beiden<br />
so unterschiedlichen Märkte jedoch<br />
einen ersten gemeinsamen Nenner.<br />
Der heißt Philipp Strube und ist der<br />
Erfinder des Kollwitzmarktes. Strube<br />
gewann im Dezember vergangenen<br />
Jahres gegen immerhin 16 Mitkonkurrenten<br />
die Ausschreibung des Bezirksamts<br />
zum privaten Betrieb des bisher<br />
kommunalen Marktes im Pankower<br />
Zentrum. Kein schlechter Zeitpunkt<br />
für einen Zuschlag, zumal das Pankower<br />
Marktwesen ohnehin im Umbruch<br />
begriffen ist.<br />
Rund um den Kollwitzplatz<br />
Als im Sommer 2007 die Bauarbeiten<br />
zur Verkehrsberuhigung der Wörther<br />
Straße am Kollwitzplatz in Angriff<br />
genommen wurden, fand sich kein<br />
Kritiker für die Entscheidung, das<br />
Handelsgeschehen »für ein paar<br />
Wochen« in die Knaackstraße zu<br />
verlegen. Doch aus den Wochen<br />
wurden Monate, denn die neuen<br />
Pflastersteine aus China ließen auf<br />
sich warten, und das Wetter war auch<br />
nicht schön. Als dann die Poller die<br />
Wörther Straße zierten, war plötzlich<br />
klar, der Markt kann nicht mehr<br />
zurück. So wurde während eines<br />
Rundgangs am 11. Januar durch den<br />
Stadtrat für Stadtentwicklung, Jens-<br />
Holger Kirchner, der Verbleib des<br />
Marktes in der Knaackstraße bestimmt.<br />
Durchaus zur Freude von<br />
Strube, seinen ca. 80 Markthändlern<br />
und den bis zu 7.000 samstäglichen<br />
Kunden und sehr zum Leidwesen der<br />
Geschäftsleute in dem Bereich wie<br />
aber auch der Anwohner. Einer von<br />
ihnen, der Bundestagsvizepräsident<br />
und bekennende Marktfan Wolfgang<br />
Thierse, warf seine geballte Autorität<br />
per Brief auf hoheitlichem Papier in<br />
Vor Ort 03. 2 0 0 8 7<br />
die Waagschale gegen das Treiben so<br />
unmittelbar vor seiner Haustür, allein<br />
die Poller boten die härteren Argumente.<br />
Der Markt bleibt nun, wo er ist,<br />
und mit ein bisschen Rücken und<br />
Schieben ist jetzt auch die Sicht frei<br />
auf die Auslagen der immobilen<br />
Händler in der Knaackstraße, die sich<br />
bitter über den »Budenzauber« vor<br />
ihren Geschäften beklagt hatten.<br />
Strube bedauert den Konflikt: »Die<br />
Anlieger waren zu schnell vor vollendete<br />
Tatsachen gestellt worden«. In<br />
Einzelgesprächen will er nun die<br />
Spannungen lösen, und auch Familie<br />
Thierse ist auf dem Markt weiterhin als<br />
Kundschaft ausgemacht worden.<br />
Rund um den Anger<br />
Probleme ganz anderer Art bieten<br />
sich Strube in seinem neuen Revier.<br />
Während der Markt am Kollwitzplatz<br />
einmal wöchentlich sein Ambiente<br />
ausbreitet, ist auf dem Pankower<br />
gleich viermal Markttag. Neben den<br />
drei traditionellen Tagen, dienstags,<br />
mittwochs und freitags, soll, so will es<br />
das Bezirksamt, auch samstags ein<br />
Markt stattfinden. Während an den<br />
etablierten Tagen bis zu 60 Markthändler<br />
ihre Waren feil bieten, bleibt<br />
das Samstagsangebot bei bislang<br />
sechs Händlern eher überschaubar.<br />
Für Antistresspralinen und Birnenschaumwein<br />
fuhren die gut situierten<br />
Pankower doch eher woanders hin.<br />
»Für ein so ambitioniertes Vorhaben<br />
müssen alle viel Geduld mitbringen«<br />
meint Strube. Weitgehend unangetastet<br />
lässt er allerdings das Markttreiben<br />
an den traditionellen Tagen. Er<br />
hat die Händler, die noch im Herbst<br />
5.000 Unterschriften gegen eine<br />
Privatisierung des Marktes sammelten,<br />
vor allem auf einheitliche Marktstände<br />
und gepflegte Warenpräsentationen<br />
verpflichtet. Gleichwohl will er<br />
die Angebotspalette vorsichtig verändern.<br />
»Einige Textilhändler werden ab<br />
März nicht mehr dazu gehören«, zeigt<br />
sich der Marktleiter entschlossen. Neu<br />
ist auch das seniorenspezifische<br />
Konzept für den Mittwoch. Neben<br />
dem ausführlichen Schwätzchen gratis<br />
gibt es hier auch diverse Beratungsstände<br />
von AWO, Polizei, Senioren<strong>vertretungen</strong><br />
oder Rentenversicherern.<br />
Und das kommt auf dem<br />
Anger auf jeden Fall gut an.