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Weibliche Genitalverstümmelung aus Sicht der Medizinethik

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Hinführung 17innerhalb <strong>der</strong> Familie stattfindet, gerne <strong>aus</strong>geblendet wird. 7 Um von eigenengesellschaftlichen Problemen abzulenken, wird stattdessen die Aufmerksamkeitauf an<strong>der</strong>e gelenkt, <strong>der</strong> Missbrauch an den eigenen Kin<strong>der</strong>n wird verleugnet undweibliche <strong>Genitalverstümmelung</strong> »eine Projektionsfläche für die gesellschaftlichenVerdrängungsversuche einer ›zivilisierten‹ Welt, in <strong>der</strong> jedes dritte MädchenOpfer sexueller Gewalt wird«. 8Bei <strong>der</strong> Auseinan<strong>der</strong>setzung mit weiblicher <strong>Genitalverstümmelung</strong> muss mansich immer wie<strong>der</strong> <strong>der</strong> eigenen spezifisch kulturellen, also eurozentrisch geprägten<strong>Sicht</strong>weise bewusst werden. Es ist bei dieser Arbeit eine Her<strong>aus</strong>for<strong>der</strong>unggewesen, die eigene Weltsicht etwas beiseite zu schieben und sich einzulassenauf an<strong>der</strong>e Argumentationen, die anfangs völlig unverständlich scheinen,sowie das eigene Vokabular kritisch zu hinterfragen. Die von Betroffenheit geleiteteEmotionalität, mit <strong>der</strong> die Praktik dargestellt und diskutiert wird, ist einweiteres Merkmal des Diskurses. Eine lediglich abwehrende Haltung führt nichtzu einer produktiven Auseinan<strong>der</strong>setzung, son<strong>der</strong>n zu einer einseitigen Ablehnung.Betroffene AfrikanerInnen können nicht am Diskurs partizipieren, dasie als »gr<strong>aus</strong>am« und »primitiv« o<strong>der</strong> »bemitleidenswert«, jedoch nicht alsebenbürtige PartnerInnen erachtet werden. Boyle schreibt hierzu:»The key to overcoming ethnocentrism is recognizing that cultural learning should notbe a onesided phenomenon. All cultures of the world can learn from all other cultures.This is true even in the study of a practice as condemned as female genital cutting«. 9Immer wie<strong>der</strong> stellte sich mir die Frage <strong>der</strong> Legitimität <strong>der</strong> Einmischung, meinerEinmischung als westeuropäische Frau. Trotz <strong>der</strong> offensichtlichen Schwierigkeit<strong>der</strong> vielschichtigen Diskussion vertrete ich eine Position, die allen Menschendieselben Rechte zugesteht, und ordne weibliche <strong>Genitalverstümmelung</strong> in dieweltweite Diskriminierung und Unterdrückung von Frauen ein, die auf vielenverschiedenen Ebenen bekämpft werden muss. Dazu sehe ich mich gerade alsFrau verpflichtet.Um Än<strong>der</strong>ungen im gesellschaftlichen Denken herbeizuführen, ist es allerdingswichtig, dass die Initiative, dieses komplexe und sensible Thema anzugehen,in erster Linie von den betroffenen Frauen <strong>aus</strong>geht, aber dabei brauchensie Unterstützung in vielerlei Weise, vor allem Zugang zu Bildung und einemfunktionierenden Gesundheitssystem. Viele Frauen wissen nämlich nicht, dassweibliche <strong>Genitalverstümmelung</strong> negative gesundheitliche Folgen nach sichzieht, sie leben die jahrhun<strong>der</strong>tealte Tradition, ohne zu ahnen, dass in den al-7 Maier (2003), S. 140.8 Herman (1993), zitiert nach Maier (2003), S. 141.9 Boyle (2002), S. 11.

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