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Das jugendpolitische Magazin für Baden-Württemberg

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ISSN 867 - 5026<br />

Ausgabe 8 • November 2010<br />

<strong>Das</strong> <strong>jugendpolitische</strong> <strong>Magazin</strong> <strong>für</strong> <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong><br />

[[<br />

Ferien!<br />

Freizeiten!<br />

Fun?<br />

[<br />

[... need no education? Keine Führungszeugnisse<br />

Claus J. Tully<br />

Daniel Grein<br />

Anne-Kathrin Wolters<br />

Der Schwerpunkt 8<br />

Der Standpunkt <strong>Das</strong> Interview 14<br />

12<br />

[<br />

[<br />

[[<br />

Es wird knapper!


inhalt<br />

anriss<br />

Einige Worte an die LeserInnen richtet Kerstin Sommer.<br />

schwerpunkt<br />

Eindrücke von Freizeiten schildern PolitikerInnen.<br />

Erschwernisse <strong>für</strong> JugendleiterInnen beschreibt Mike Cares.<br />

Ob man bei Freizeitaktivitäten etwas lernt erklärt Prof. Dr. Tully.<br />

<strong>Das</strong> Geheimnis guter Freizeiten ergründet Wolfgang Ilg.<br />

der standpunkt<br />

Führungszeugnis ist keine Allzweckwaffe warnt Daniel Grein.<br />

das interview<br />

ljr-intern<br />

<strong>Das</strong> können wir besser – Herausfordernde Kinder und Jugendliche<br />

Einen neuen Landtag wählen – Aktionen des Landesjugendrings<br />

Gesichter des LJR – Volker Schweizer<br />

rezension<br />

Einblicke in die Freizeitenarbeit liefert Anne Kathrin Wolters.<br />

jugendarbeit<br />

Auf einen Blick – Besuche der Kampagne<br />

Sommerimpressionen – Schnappschüsse<br />

Mit einem Bein im Gefängnis? – Alexander Krickl stellt drei Arbeitshilfen<br />

<strong>für</strong> JugendleiterInnen vor.<br />

[ 2 ]<br />

3<br />

4<br />

6<br />

8<br />

10<br />

12<br />

14<br />

16<br />

17<br />

18<br />

20<br />

21<br />

22<br />

[<br />

30.11.2010<br />

03.12.2010<br />

[<br />

27.03.2011<br />

07.-09.06.2011<br />

Impressum<br />

ljr-termine<br />

Abschluss der Kampagne<br />

„Sommerfeeling oder Lagerkoller“<br />

im Landtag in Stuttgart<br />

14.-18.03.2011<br />

Fachtag zum Projekt<br />

„Herausfordernde Jugendliche“<br />

in Karlsruhe<br />

U18 – Wahllokale<br />

Landtagswahl in <strong>Baden</strong>-<br />

<strong>Württemberg</strong><br />

Kinder.Jugend.Zukunft<br />

14. Kinder- und<br />

Jugendhilfetag in Stuttgart<br />

[ [[<br />

kontur - <strong>Das</strong> <strong>jugendpolitische</strong> <strong>Magazin</strong> <strong>für</strong><br />

<strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong><br />

Herausgeber:<br />

Landesjugendring <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> e.V.<br />

Siemensstr. 11, 70469 Stuttgart<br />

Tel.: o711/16447-0, Fax 0711/16447-77<br />

E-Mail: info@ljrbw.de<br />

Internet: www.ljrbw.de<br />

Redaktion: Irene L. Bär (Leitung), Alexander<br />

Krickl, Kerstin Sommer<br />

Fotos: Titelfoto: BDKJ Göppingen-Geislingen,<br />

Fotos von Freizeiten der Kampagne und Landesjugendring<br />

Layout: Eva Reinhardt<br />

Auflage: 2.500 Exemplare<br />

Druck: e. kurz + co, Stuttgart<br />

V.i.S.d.P.: Isabel Hoever<br />

kontur erscheint zweimal im Jahr, 4. Jahrgang<br />

8. Ausgabe<br />

Artikel einzelner AutorInnen geben nicht unbedingt<br />

die Meinung der Redaktion wieder.<br />

Mit Unterstützung des Kommunalverbandes<br />

<strong>für</strong> Jugend und Soziales<br />

Stuttgart, im November 2010<br />

Gedruckt auf Papier mit dem Blauen Engel.<br />

[


Liebe Leserin, lieber Leser,<br />

[<br />

ein warmer sonniger Tag geht zu Ende, der Geruch<br />

von Heu liegt in der Luft, die Dämmerung<br />

senkt sich langsam über die Wiese, Sterne blitzen<br />

auf, eine Gitarre erklingt, glückliche Gesichter<br />

spiegeln den Schein des Lagerfeuers.<br />

Freizeitenromantik pur!<br />

Tausendfach erlebt, auch diesen Sommer wieder<br />

in <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong>. Aber auch Diskussionen<br />

über Jugendschutz und Aufsichtspflicht,<br />

Aufwand zur Umsetzung von Infektionsschutz<br />

und Hygienevorschriften, Ärger mit Versicherungen<br />

und Zahlenkolonnen in Abrechnungsunterlagen.<br />

All das bekamen Abgeordnete des badenwürttembergischen<br />

Landtages in diesem Sommer<br />

hautnah mit: Was es heißt ehrenamtlich<br />

aktiv zu sein und welche Anforderungen an Ehrenamtliche<br />

auf Freizeiten gestellt werden.<br />

Rund 50 von ihnen besuchten unter dem Titel<br />

„Sommerfeeling oder Lagerkoller – PolitikerInnen<br />

im Praxistest“ Zeltlager und Freizeiten<br />

der Jugendarbeit, packten beim Aufbau mit an,<br />

halfen in der Küche oder wirkten am Programm<br />

mit.<br />

Ziel der Kampagne war es, dass die Abgeordneten<br />

eine Vorstellung davon bekommen, wie<br />

Jugendfreizeiten funktionieren, wo es mangelt<br />

und wie sich ihre eigenen Entscheidungen im<br />

Landtag auf die Arbeit der Ehrenamtlichen auswirken.<br />

Gleichzeitig sollten die Aktiven vor Ort ihre<br />

VolksvertreterInnen kennenlernen, merken,<br />

dass ihre Arbeit honoriert wird und dass PolitikerInnen<br />

eben auch nur Menschen sind. Zudem<br />

Diese Kampagne wurde gefördert von:<br />

Reiner Baur Isabel Hoever Kerstin Sommer<br />

„Behandle deinen Besuch zwei Tage als Gast,<br />

am dritten Tag aber gib ihm eine Hacke.“<br />

Afrikanisches Sprichwort<br />

noch solche, die sich <strong>für</strong> die Tragweite ihrer<br />

Entscheidungen interessieren und dankbar <strong>für</strong><br />

Rückmeldungen sind.<br />

Am Ende waren die meisten Beteiligten sehr<br />

angetan von diesem Besuch, haben etwas über<br />

den/ die anderen erfahren und dazu gelernt.<br />

Geblieben ist die Erkenntnis, dass PolitikerInnen<br />

zuweilen auch ganz schön zupacken kön-<br />

nen, teilweise eigene Erfahrungen in der Jugend-<br />

und Freizeitarbeit haben, und auch nach<br />

dem Besuch der Abgeordneten noch Sommerfeeling<br />

herrschte und sich nirgends der Lagerkoller<br />

breitgemacht hat.<br />

Zudem haben die Abgeordneten von ihren Besuchen<br />

jeweils ein Puzzleteil mitgebracht. Dieses<br />

haben sie im Herbst im Landtag gemeinsam<br />

mit den KollegInnen ihrer Fraktion zu einem<br />

Puzzle zusammen gebaut und damit die<br />

Wette gegen den Landesjugendring gewonnen.<br />

Wir hatten nämlich gewettet, dass es die Abge-<br />

anriss<br />

ordneten nicht schaffen symbolisch eine ganze<br />

Freizeit durchzuführen. Diese Wette haben<br />

alle Fraktionen gewonnen – da<strong>für</strong> bekamen sie<br />

von den Jugendverbänden ein Mittagessen aus<br />

der Freiluftküche, die wir im Haus der Abgeordneten<br />

<strong>für</strong> sie aufgebaut hatten.<br />

In dieser Kontur greifen wir die Kampagne<br />

„Sommerfeeling oder Lagerkoller“ noch einmal<br />

auf und werfen darüber hinaus einen reflektierenden<br />

Blick auf den in der Jugendarbeit<br />

wichtigen Arbeitsbereich „Freizeiten“: Ist Freizeitarbeit<br />

Bildungsarbeit? Darf sie auch einfach<br />

mal nur Selbstzweck sein? Welche Vorschriften<br />

erschweren die Freizeitenarbeit, welche<br />

sind sinnvoll? Wohin entwickelt sich die<br />

Freizeitenarbeit? Wie kann die Qualität der Angebote<br />

auch in Zukunft gesichert und ausgebaut<br />

werden?<br />

Ich wünsche ihnen beim Lesen spannende Einblicke,<br />

einige Aha-Erlebnisse und in der kalten<br />

Jahreszeit ein paar Erinnerungen an den Sommer.<br />

Kerstin Sommer<br />

Stellvertretende Vorsitzende<br />

[ 3 ]


[ 4 ]<br />

Was sie bei ihren Besuchen beeindruckt hat,<br />

[<br />

Über 50 Abgeordnete haben diesen Sommer<br />

im Rahmen der Kampagne „Sommerfeeling<br />

oder Lagerkoller? – PolitikerInnen<br />

im Praxistest“ Ferienfreizeiten besucht.<br />

Hier schildern die <strong>jugendpolitische</strong>n<br />

SprecherInnen der Fraktionen und<br />

die Abgeordneten mit den meisten Besuchen<br />

ihre Eindrücke.<br />

Friedlinde Gurr-Hirsch<br />

Was hat Sie bei Ihren Besuchen am meisten<br />

beeindruckt?<br />

Mit welcher Professionalität<br />

die Mitarbeiter eine riesige<br />

Jugendfreizeit managen und<br />

die Organisatoren den Jugendlichen<br />

selbst bei Regenwetter<br />

spannende und faszinierende<br />

Angebote machen.<br />

Was ist Ihr Tipp <strong>für</strong> FreizeitleiterInnen?<br />

Auch die Jugendlichen könnten mit Aufgaben<br />

betraut werden.<br />

Siegfried Lehmann<br />

haben wir Abgeordnete gefragt.[<br />

Sommerfeeling<br />

Was hat Sie bei Ihren Besuchen<br />

am meisten beeindruckt?<br />

Gibt es ein ausgelassenes,<br />

interessantes und glückliches<br />

Leben ohne Handy,<br />

Fernsehen und Computer?<br />

Oh ja, dies gibt es.<br />

Was ist Ihr Tipp <strong>für</strong> FreizeitleiterInnen?<br />

Tipps habe ich keine. Vielmehr haben die FreizeitleiterInnen<br />

mir eindrücklich gezeigt, wie<br />

wichtig Freizeiten <strong>für</strong> die Erfahrungswelt der<br />

Kinder und Jugendlichen sind.<br />

oder Lagerkoller?<br />

Christoph Bayer<br />

Was hat Sie bei Ihren Besuchen<br />

am meisten beeindruckt?<br />

Die badische Landjugend<br />

hat Motivationskünstler.<br />

Eine phantastische Verbindung<br />

von Technikeinsatz<br />

und sportlicher Herausforderung<br />

beim Deutsch-französisches Geochaching<br />

im Schwarzwald.<br />

Was ist Ihr Tipp <strong>für</strong> FreizeitleiterInnen?<br />

Selber Freude haben - im Team. <strong>Das</strong> ist die beste<br />

Voraussetzung, damit der Funke überspringt.<br />

Heiderose Berroth<br />

Was hat Sie bei Ihren Besuchen am meisten<br />

beeindruckt?<br />

Am meisten beeindruckt<br />

hat mich, wie<br />

sensibel sich evt.<br />

anbahnende Probleme<br />

wahrgenommen,<br />

wie unkompliziert<br />

dann aber auch Lösungen<br />

gefunden<br />

und umgesetzt werden.<br />

<strong>Das</strong> Schönste<br />

aber ist die RiesenpackungLebensfreude,<br />

die engagierte<br />

junge Menschen<br />

bei jedem<br />

Wetter dort täglich<br />

<strong>für</strong> ihre Schützlinge<br />

und auch Gäste ausschütten.<br />

Was ist Ihr Tipp <strong>für</strong> FreizeitleiterInnen?<br />

Mein Tipp <strong>für</strong> die FreizeitleiterInnen ist, all das<br />

Positive, das sie in ihrer Tätigkeit erleben, immer<br />

wieder deutlich und öffentlich zu benennen,<br />

damit es sich herumspricht, das Image<br />

der Freizeiten weiter steigt und dadurch auch<br />

in Zukunft ausreichend Betreuer zur Verfügung<br />

stehen. Und all das, was ggf. noch nicht zufriedenstellend<br />

geregelt ist sollten sie weiterhin<br />

mutig benennen und mit den <strong>für</strong> Änderungen.<br />

Zuständigen besprechen, weil nur so Verbesserungen<br />

möglich sind.<br />

Danke, dass ich bei den Freizeiten in Böblingen<br />

und Herrenberg dabei sein durfte. Die Tage haben<br />

mir gutgetan und ich erinnere mich gerne<br />

daran zurück.<br />

Norbert Zeller<br />

Was hat Sie bei Ihren Besuchen am meisten<br />

beeindruckt?<br />

Am meisten beeindruckt hat<br />

mich der Teamgeist, die<br />

Kreativität und den sichtbaren<br />

Spaß den vor allem die<br />

Betreuerinnen und Betreuer<br />

zeigten. Diese positive Ausstrahlung<br />

hat auf die Kinder<br />

eine fantastische Wirkung.<br />

Wer trotz Dauerregen, Kälte und widrigen<br />

Platzverhältnisse Kinder begeistern kann, verdient<br />

höchstes Lob.<br />

Was ist Ihr Tipp <strong>für</strong> FreizeitleiterInnen?<br />

Ich kann mir nur wünschen, dass dieser pädagogische<br />

Elan, die Leichtigkeit bei gleichzeitigem<br />

hohem Verantwortungsbewusstsein nicht<br />

nachlässt. Meine Anerkennung.


Monika Chef<br />

Andreas Stoch<br />

Was hat Sie bei Ihren Besuchen<br />

am meisten beeindruckt?<br />

Am meisten beeindruckt<br />

hat mich die Freude und<br />

Begeisterung der TeilnehmerInnen<br />

und LeiterInnen.<br />

Voller Stolz haben mir die Kinder ihre sportlichen<br />

und künstlerischen Fähigkeiten gezeigt.<br />

Die Disziplin war hervorragend!!<br />

Was ist Ihr Tipp <strong>für</strong> FreizeitleiterInnen?<br />

Machen Sie weiter so !!!<br />

Was hat Sie bei Ihren Besuchen<br />

am meisten beeindruckt?<br />

Am meisten beeindruckt<br />

hat mich das unkomplizierte<br />

und kameradschaftliche<br />

Miteinander von Kindern<br />

verschiedenster sozialer<br />

Hintergründe in diesen AWO-Freizeiten. Kinder,<br />

die in unserem stark gegliederten Schulsystem<br />

niemals die Chance hätten, sich kennen<br />

zu lernen, akzeptieren sich gegenseitig<br />

und haben viel Spaß zusammen.<br />

Was ist Ihr Tipp <strong>für</strong> FreizeitleiterInnen?<br />

Bevor ich den FreizeitleiterInnen einen Tipp geben<br />

möchte, bedanke ich mich erst einmal bei<br />

allen recht herzlich <strong>für</strong> ihr großes Engagement<br />

und die Aufmerksamkeit und Offenheit, die sie<br />

den Kindern entgegenbringen. Als Vater von<br />

vier Kindern gebe ich den LeiterInnen den Rat,<br />

eine gesunde Mischung aus Freund-Sein und<br />

Autorität walten zu lassen. Kinder genießen<br />

sehr die Nähe jugendlicher, oft „cooler“ Er-<br />

wachsener als Bezugspersonen, brauchen<br />

aber dennoch jemanden, der ihnen durch sicheres<br />

und konsequentes Auftreten Schutz<br />

und Sicherheit vermittelt und notfalls auch<br />

Grenzen aufzeigt.<br />

Reinhold Gall<br />

Was hat Sie bei Ihren Besuchen am meisten<br />

beeindruckt?<br />

Ich besuche Ferienfreizeiten<br />

und Zeltlager seit Jahren<br />

und kenne sie auch aus<br />

meinem eigenen Engagement<br />

bei der Feuerwehr.<br />

Mich beeindruckt immer<br />

wieder, mit welcher Begeisterung<br />

die zumeist ehrenamtlichen<br />

BetreuerInnen<br />

an ihre Aufgabe gehen und welch tolle Aktivitäten<br />

sie <strong>für</strong> die TeilnehmerInnen auf die Beine<br />

stellen. Jede Herausforderung wird gemeistert.<br />

Da gibt es kein „Geht nicht“ oder „Kann ich<br />

nicht“ – und dieser Einsatz überträgt sich auch<br />

auf die Stimmung der Kinder und Jugendlichen,<br />

die dann nach einem Freizeittag oder eine Freizeitwoche<br />

mit strahlenden Augen zurückkommen.<br />

Was ist Ihr Tipp <strong>für</strong> FreizeitleiterInnen?<br />

Als pädagogischer Laie will ich mich auf diesem<br />

Gebiet mit Tipps zurück halten. Ich will<br />

einfach sagen: Bleiben Sie weiterhin mit so<br />

viel Freude bei der Sache! Und seien Sie stolz<br />

auf das, was Sie im Rahmen Ihrer ehrenamtlichen<br />

Arbeit <strong>für</strong> unsere Gesellschaft leisten!<br />

Sabine Kurtz<br />

schwerpunkt<br />

Was hat Sie bei Ihren Besuchen am meisten<br />

beeindruckt?<br />

An einem Regentag<br />

im CVJM-Haus in<br />

Herrenberg herrschte<br />

eine ruhige und<br />

freundliche Atmosphäre<br />

und innere<br />

Ordnung und Struktur.<br />

Die LeiterInnen<br />

waren alle sehr nett<br />

und den Kindern zugewandt<br />

und zeigten<br />

Nervenstärke.<br />

Ohne dass ein strenges<br />

Wort gesprochen<br />

werden musste,<br />

fand jedes Kind einen Platz und eine Beschäftigung,<br />

die ihm Freude machte und seine<br />

Konzentration beanspruchte. Großzügig wurde<br />

über nasse Haare und schmutzige Schuhe hinweggesehen.<br />

Ganz eindeutig hatten alle einen<br />

Blick <strong>für</strong>’s Wesentliche.<br />

Was ist Ihr Tipp <strong>für</strong> FreizeitleiterInnen?<br />

Meiner Ansicht nach dürfen FreizeitleiterInnen<br />

auch offensiv die Einordnung in die Gruppe<br />

und das Zurückstellen individueller Wünsche<br />

von den TeilnehmerInnen verlangen. Neben<br />

der Betonung individuellen Förderung und der<br />

Berücksichtigung der Bedürfnisse des Einzelnen<br />

finde ich es auch wertvoll, wenn Menschen<br />

lernen, dass die Freiheit des Einzelnen durch<br />

die Freiheit des Anderen begrenzt wird. Ich halte<br />

die Fähigkeit, sich persönlich auch mal zurückzunehmen<br />

zugunsten einer Gruppe bis zu<br />

einem gewissen Maße <strong>für</strong> ein wichtiges Erziehungsziel.<br />

[ 5 ]


[ 6 ]<br />

Was dem Homo vacaniensis – dem gemeinen Freizeitleiter –<br />

Mike Cares<br />

Die Gesellschaft nimmt gerne das<br />

Engagement Ehrenamtlicher in der<br />

Jugendarbeit in Anspruch, wenn sie <strong>für</strong><br />

das Leben schwer macht, erklärt Mike Cares.<br />

[[ Vom Aussterben<br />

bedroht?<br />

Kinder und Jugendliche Ferienfreizeiten,<br />

Erholungsmaßnahmen, internationale<br />

Begegnungen, Stadtranderholungen,<br />

erlebnispädagogische und<br />

sportpädagogische Freizeitmaßnahmen als<br />

Wochenendfreizeiten oder mehrwöchiges<br />

Programm im In- und Ausland organisieren<br />

und durchführen.<br />

Am Wert dieser Angebote <strong>für</strong> die personale und<br />

soziale Entwicklung junger Menschen gibt es<br />

keine Zweifel. Die Jugendarbeit vertritt hier<br />

selbstbewusst und engagiert ein erfolgreiches<br />

Arbeitsfeld. <strong>Das</strong> sehen auch viele PolitikerInnen<br />

bis hin zum Ministerpräsidenten so. Die<br />

Bedeutung der Freizeitarbeit begründet letztlich<br />

auch die öffentliche Förderung durch Kommunen<br />

und den Landesjugendplan.<br />

Aber welchen Herausforderungen und Auflagen<br />

sehen sich junge Menschen gegenüber,<br />

wenn sie sich im Bereich der Freizeitenarbeit<br />

engagieren wollen?<br />

Hier eine kleine Auswahl ohne Anspruch auf<br />

Vollständigkeit:<br />

Schulungen erforderlich<br />

Wie jedem und jeder JugendleiterIn wird den<br />

FreizeitleiterInnen der Besuch der Ausbildung<br />

zur JugendleiterIn nahe gelegt. Mehrtägige<br />

Kurse mit mindestens 30 Unterrichtsstunden<br />

sind der Einstieg.<br />

Dazu kommt der Besuch des großen Erste-Hilfe-Kurses<br />

mit acht Doppelstunden.<br />

FreizeitleiterInnen, die Freizeiten mit besonderen<br />

Schwerpunkten betreuen wie Klettern, Segeln,<br />

Skifahren oder integrative Freizeiten mit<br />

behinderten und nichtbehinderten Jugendlichen<br />

besuchen darüber hinaus weitere Spezialschulungen.<br />

Als FreizeitleiterInnen übernehmen sie die gesetzliche<br />

Aufsichtspflicht und überwachen die<br />

Einhaltung der Jugendschutzbestimmungen.<br />

Damit tragen sie straf- und unter Umständen<br />

auch zivilrechtlich ein Risiko, das durch entsprechendes<br />

Verhalten der Kinder und Jugendlichen<br />

zur Bestrafung und zu finanziellen Forderungen<br />

führen kann.<br />

Die Einhaltung des Schutzauftrages zum Kindeswohl<br />

zieht zahlreiche Maßnahmen nach<br />

sich. Auch wenn die einzelne Freizeitmaßnahme<br />

als solche keiner speziellen vertraglichen<br />

Vereinbarung bedarf, sind die Ehrenamtlichen<br />

mehrfach betroffen. Sie werden geschult, über<br />

ihre Rolle belehrt, müssen sich zur Einhaltung<br />

vereinbarter Standards verpflichten und bekommen<br />

Hinweise zum Umgang in konkreten<br />

Verdachts- oder Konfliktfällen. Die Jugendverbände<br />

setzen verstärkt auf Prävention, aber<br />

auch das kostet zusätzlich Zeit, Energie und<br />

letztlich Geld.<br />

<strong>Das</strong> Infektionsschutzgesetz sieht verpflichtend<br />

immer wiederkehrende Schulungsmaßnahmen<br />

vor, <strong>für</strong> Mitarbeitende bei allen Maßnahmen<br />

bei denen sich Freizeitgruppen selbst<br />

versorgen oder mit Lebensmitteln zu tun haben.<br />

Wie ein Reiseveranstalter<br />

Wenn Freizeitgruppen mit eigenen oder gemieteten<br />

Kleinbussen verreisen, brauchen die<br />

FahrerInnen, die in der Regel ehrenamtliche<br />

FreizeitleiterInnen sind, zwar Gott sei Dank,<br />

entgegen dem politischen Druck aus der kommerziellen<br />

Reisebranche zumeist (noch) keinen<br />

Personenbeförderungsschein, wie ihn etwa<br />

TaxifahrerInnen brauchen, dessen Erwerb<br />

mit erheblichen Kosten und zeitlichem Aufwand<br />

verbunden ist. Stattdessen absolvieren<br />

viele freiwillig ein Fahrsicherheitstraining bei<br />

einem Automobilclub.<br />

Werden Freizeiten öffentlich ausgeschrieben,<br />

benötigt der Verband eine Genehmigungsurkunde<br />

nach dem Personenbeförderungsgesetz,<br />

es sei denn, er beauftragt ein kommerzielles<br />

Beförderungsunternehmen, das eine solche<br />

Genehmigung besitzt. Auch dieses Verfahren<br />

ist mit erheblichen Kosten und zeitlichem<br />

Aufwand verbunden.<br />

Die Vorschriften des Europäischen Reiserechtes<br />

und des Reisevertragsgesetzes, die eigentlich<br />

als Schutz der Verbraucher gedacht sind,


schlagen auch auf die Freizeiten gemeinnütziger<br />

Träger wie den Jugendverbänden voll<br />

durch. Dazu gehört der Abschluss einer Reisepreisversicherung<br />

durch den Verband als Insolvenzschutz,<br />

ebenso wie die genaueste Beschreibung<br />

der Leistungen einer Freizeit in der<br />

Ausschreibung, die von den Teilnehmenden<br />

bzw. deren Eltern einklagbar sind. Viele Verbände<br />

versuchen sich durch mehrseitige Ausführungen<br />

in den Teilnahmebedingungen vor<br />

juristischen Nachstellungen zu schützen.<br />

Dazu kommen der Abschluss weiterer Versicherungen<br />

wie Haftpflicht-, Krankentransport-,<br />

Unfall-, Rechtsschutz-, Reisegepäckversicherung<br />

und so weiter, die Verwaltungs- und Finanzaufwand<br />

nach sich ziehen. Nicht alle Verbände<br />

sind hier optimal versichert, sie tragen<br />

wissend oder auch unwissend ein zusätzliches<br />

Risiko.<br />

Genehmigungen ohne Ende<br />

Feuer und insbesondere Lagerfeuer gehört<br />

nach wie vor zur Grundausstattung von Freizeiten,<br />

aber auch das ist zwischenzeitlich durch<br />

Gesetz und Verwaltungsvorschriften geregelt.<br />

Einfach Feuer machen war gestern. Heute bedarf<br />

es einer vorherigen Genehmigung und die<br />

Beachtung weiterer Vorschriften, welches Holz<br />

wann und wo verbrannt werden darf.<br />

Wenn eigene Lagerplätze betrieben werden,<br />

kommt die Beachtung weiterer bau- und umweltrechtlicher<br />

Vorschriften dazu.<br />

In zunehmendem Maß klagen FreizeitleiterInnen<br />

auch über Schwierigkeiten im Umgang mit<br />

herausfordernden, oftmals schwierigen Kindern<br />

und Jugendlichen; zusätzliche Schulungsangebote<br />

sind die Antwort mit zusätzlichem<br />

Aufwand <strong>für</strong> die Ehrenamtlichen.<br />

Die uneinheitliche Förderpraxis der Kommunen<br />

und die unzureichende Förderhöhe in den<br />

öffentlichen Förderplänen werfen weitere Fragen<br />

auf. Dies gilt sowohl <strong>für</strong> die Finanzierung<br />

der durch Gesetze und Verwaltungsvorschrif-<br />

ten geforderten Qualität und Quantität von<br />

Schulungsprogrammen <strong>für</strong> ehrenamtliche FreizeitleiterInnen,<br />

als auch <strong>für</strong> die Durchführung<br />

von bezahlbaren Freizeiten <strong>für</strong> Kinder und Jugendliche<br />

selbst.<br />

Freistellung<br />

Neben der Durchführung der Freizeit fordern<br />

auch die umfangreiche Vorbereitung im Freizeitteam<br />

und die nachgehende Evaluation mit<br />

den Teilnehmenden die FreizeitleiterInnen in<br />

erheblichem Maße.<br />

Nicht nur Zeit und Geld bringen die Ehrenamtlichen<br />

in ihr Engagement als FreizeitleiterInnen<br />

ein, oftmals ist es auch noch der eigene Urlaub.<br />

Aus Angst vor beruflichen Nachteilen<br />

oder gar dem Verlust des Arbeitsplatzes verzichten<br />

sie darauf, die ihnen nach dem Gesetz<br />

zur Stärkung des Ehrenamtes in der Jugendarbeit<br />

zustehende, unbezahlte Freistellung zu<br />

beantragen.<br />

Berechtigte Ansprüche<br />

Diese Auswahl mag genügen um deutlich zu<br />

machen, welchen Anforderungen und Belastungen<br />

Ehrenamtliche im Bereich der Freizeitarbeit<br />

ausgesetzt sind. Hinter vielen Regelungen<br />

stehen berechtigte Ansprüche wie beispielsweise<br />

beim Schutz des Kindeswohls und<br />

beim Infektionsschutz. Die damit verknüpften<br />

rechtlichen Regelungen sind aber häufig an<br />

kommerziellen Bezügen orientiert und <strong>für</strong> die<br />

im Kinder- und Jugendhilfegesetz vorgesehene<br />

gemeinnützige Leistung weitgehend ehrenamtlich<br />

getragener Freizeitarbeit der Jugendverbände<br />

unpassend. Die Vereinfachung und<br />

Ausdünnung der geltenden Restriktionen in allen<br />

Bereichen und die Verhinderung weiterer<br />

Belastungen bleibt eine Herausforderung und<br />

sollte auch von der Politik verfolgt werden.<br />

schwerpunkt<br />

schwerpunkt<br />

Gefahr: Bildungslandschaft<br />

Eine vielleicht noch größere Bedrohung der Freizeitarbeit<br />

liegt in der veränderten Bildungslandschaft.<br />

Schule wie Hochschule haben die<br />

zeitlichen Anforderungen an ihre SchülerInnen<br />

und StudentInnen so verdichtet, dass zunehmend<br />

weniger junge Menschen in der Lage sind,<br />

die nicht unerheblichen zeitlichen Belastungen<br />

auf sich zu nehmen.<br />

Diese Wahrnehmung der Verbände aus ihrem jeweiligen<br />

Tätigkeitsbereich wird zwischenzeitlich<br />

auch von der Jugendforschung bestätigt.<br />

Die beschriebenen Belastungen dürfen den Blick<br />

nicht darauf verstellen mit welcher Freude und<br />

Erfüllung dieses Engagement <strong>für</strong> viele Ehrenamtliche<br />

verbunden ist, das letztendlich auch durch<br />

die Freude der Teilnehmenden am gemeinsamen<br />

Tun und Erleben honoriert wird. Noch ist der homo<br />

vacaniensis, der gemeine Freizeitleiter, nicht<br />

vom Aussterben bedroht. Sein Lebensraum wird<br />

aber durch die beschriebenen Entwicklungen<br />

bedrängt und unattraktiv.<br />

Dem gilt es politisch zu begegnen.<br />

Mike Cares<br />

Mike Cares<br />

info<br />

[Jahrgang 1952<br />

Sozialpädagoge, lange Jahre bei der<br />

Ev. Jugend als Referent tätig. Zahlreiche<br />

Vertretungen <strong>für</strong> die Jugendverbände<br />

in <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> auf<br />

Bundes- und internationaler Ebene.<br />

Von 1987 bis 2001 Mitglied im Vorstand<br />

des Landesjugendrings und von<br />

1991 - 1993 dessen Vorsitzender.<br />

Derzeit Vorsitzender des Landeskuratoriums<br />

<strong>für</strong> Außerschulische Jugendbildung.<br />

[ 7 ]


[ 8 ]<br />

Prof. Dr. Claus J. Tully vom Deutschen Jugendinstitut<br />

über die Frage, ob man bei Freizeitaktivitäten etwas lernt.<br />

Claus J. Tully We<br />

Nichtorganisierte Lernprozesse werden<br />

zahlreicher und bedeutsamer. Gleichzeitig<br />

wird der Ruf nach nicht verzweckter Zeit, nach<br />

echter Freizeit gerade im Jugendalter immer<br />

lauter. Sind wir endlich bei Pink Floyd und<br />

ihrem "we don't need no education, we don't<br />

need no thought controll. Teachers leave them<br />

kids alone“ angekommen?<br />

[[<br />

don't need<br />

no education?<br />

Jugend ist ein Produkt der industrialisierten<br />

Gesellschaft. Mit dem Aufkommen der Industrie<br />

wurde eine umfassende Qualifizierung<br />

unabdingbar. Junge Menschen wurden von der<br />

Arbeit freigestellt, um sich qualifizieren zu<br />

können. Heute ist die Lebensphase, in der es<br />

schwerpunktmäßig um Bildung geht, ausgedehnt.<br />

Wie in der Welt der Arbeit gibt es als<br />

Gegenstück zur Schule die Freizeit, nicht verplante,<br />

zweckfreie Zeit zur freien Gestaltung.<br />

Die Schule mit ihren schulisch organisierten<br />

Lernprozessen ist dabei ein Ort formaler Bildung.<br />

Lernen geht aber weit darüber hinaus:<br />

Diese nicht formalen Lernprozesse werden als<br />

informelles Lernen bezeichnet. Ohne informelles<br />

Lernen ist der moderne, hochdynamische<br />

Alltag nicht zu haben.<br />

Entgrenzung der Orte<br />

Es gibt Orte der Arbeit, des Lernens, der Freizeit<br />

usw. In der modernen Gesellschaft indessen<br />

sind Tendenzen der „Entgrenzung“ auszumachen.<br />

Wer heute aufwächst muss beständig<br />

mit diffusen Anforderungen umgehen. Fortgesetzt<br />

müssen sinnhafte und tragfähige Bezüge<br />

etabliert werden. Die Subjekte stellen „eigeninitiativ“<br />

Bezüge zu ihrer Lebenswelt her. Diese<br />

individuelle Leistung und die damit einhergehenden<br />

Lernprozesse wird als Kontextualisierung<br />

bezeichnet. Damit fällt dem Setting, in<br />

dem gehandelt wird, wachsende Bedeutsamkeit<br />

zu. Setting meint Handlungsfelder, die institutionell<br />

in geringerem Maße geformt sind<br />

und deshalb größere Dispositionsräume unterstellen.<br />

Zwar verschwinden die Institutionen<br />

(Schule, Behörden) und deren Wirkmächtigkeit<br />

nicht, aber die Subjekte müssen die Bedeutung<br />

ihres Handelns in unterschiedlichen Kontexten<br />

und in Bezug auf die Maximen verschie-<br />

dener Kontexte bedenken. Wie handeln wir in<br />

Bezug auf unsere Freunde, was ist Musik, wie<br />

agiert jemand gegenüber einer Lehrerin in der<br />

Schule, außerhalb der Schule usw. Alles wird<br />

zur Herausforderung und zu einem Feld des<br />

Lernens. Der Computer, das Internet, agieren<br />

im Chat, die Formulierung von SMS, Fotos die<br />

ins Netz gestellt werden u.v.a.m. sind Kontexte,<br />

in denen mal so und mal so gehandelt wird.<br />

Wenn von Kompetenzerwerb im Engagement,<br />

beim Nebenjob, bei der Produktion von Musik<br />

oder im Sport die Rede ist, dann geht es genau<br />

darum, dass Kompetenzen in ganz unterschiedlichen<br />

Settings zu erwerben sind.<br />

Was aber ist das Besondere, das Spezifische<br />

am Lernen in der Freizeit?<br />

Freiwillig motiviert<br />

<strong>Das</strong> Prinzip der Freiwilligkeit stiftet eine spezifische<br />

Motivationslage. Die notwendigen Lernprozesse<br />

verdanken sich einer selbstbestimmten<br />

Entscheidung zur Mitwirkung und deren<br />

Art, Intensität und Dauer. Es geht um Autonomie<br />

und Selbstbestimmung. Dies macht einen<br />

wesentlichen Unterschied zu Lernprozessen in<br />

formalen Settings aus, wie sie idealtypisch in<br />

der Schule angesiedelt sind. Unsere Untersuchungen<br />

zeigen, dass der größte Unterschied<br />

zum verpflichtenden Lernen im Unterricht in<br />

der Freiwilligkeit des Anlasses liegt. Selbstbestimmtes<br />

Lernen ist in der Regel motiviertes<br />

Lernen.<br />

Gestaltungsspielräume nutzen<br />

Lernen ist als diskursiver Prozess angelegt, innerhalb<br />

dessen sich Jugendliche gegenseitig<br />

motivieren und bestärken. Im Zuge der eigenen<br />

Verselbständigung geht es Jugendlichen darum,<br />

die eigene Selbstwirksamkeit zu erleben.


Notwendig spielen hier die größeren Frei- und<br />

Gestaltungsspielräume eine besondere Rolle.<br />

Jugendliche müssen eigene Lebensziele, Wertorientierungen<br />

und Einstellungen entwickeln,<br />

sie brauchen Orte und Gelegenheiten der<br />

Selbsterprobung und Gestaltung. Freiwilliges<br />

Engagement eröffnet solche Räume <strong>für</strong> Selbstdeutung<br />

und Selbstverortung.<br />

Kompetenzen anwenden<br />

Dem Bedürfnis nach Aneignung kommt Engagement<br />

auch insofern entgegen, da es als<br />

„Learning by doing“ angelegt ist. Die vom<br />

schulischen Lernen her vertraute Trennung von<br />

Kompetenzerwerb und Kompetenzanwendung<br />

ist hier aufgehoben, gelernt wird qua Tätigkeit<br />

und <strong>für</strong> die Tätigkeit. Kompetenzerwerb ist<br />

nicht einfach Selbstorganisation, sondern die<br />

Ausdifferenzierung anwendbaren und angewandten<br />

Wissens und Könnens. Grundlagen<br />

da<strong>für</strong> sind Tätigkeiten und Aufgabenbewältigung,<br />

die die Anwendung von Kompetenzen<br />

unterstellen und begünstigen.<br />

Partizipation wird zum Beispiel in der Jugendarbeit<br />

als konkretes Handlungsfeld erlebt und<br />

bewältigt. <strong>Das</strong> Prinzip des informellen Lernens<br />

wird dadurch ermöglicht und abgesichert,<br />

dass im Bedarfsfall Unterstützung abgerufen<br />

werden kann, sei es in der Form eines systematischen<br />

Bildungsangebots oder auch nur als<br />

ein Rat durch professionelle, hauptberuflich<br />

im Verband tätige Personen. Dies ist wohl eine<br />

Besonderheit des informellen Lernens in Verbänden.<br />

<strong>Das</strong> Lern-Setting wird gerahmt, es<br />

gibt Unterstützungen, Hilfestellungen, Erklärungen.<br />

Einem „back office“ vergleichbar können<br />

Jugendliche immer dann Unterstützung<br />

abrufen, wenn sie selbst der Meinung sind,<br />

diese zu brauchen, wenn sie Anerkennung und<br />

Unterstützung von Erwachsenen suchen.<br />

Was und wie lernt man auf Freizeiten?<br />

In der Freizeitenarbeit findet vieles statt: Für<br />

die TeilnehmerInnen Lernen innerhalb pädagogisch<br />

gestalteter Settings und Lernen im Alltagshandeln<br />

der gemeinsam verbrachten Zeit.<br />

Gerade die Übernahme von Verantwortung,<br />

ähnliches gilt <strong>für</strong> Pünktlichkeit, das Einhalten<br />

von Zusagen, all das lässt sich schwerlich abstrakt<br />

lernen.<br />

Es muss auch in der Jugendarbeit nicht immer<br />

das ständige Programm sein, um Lernprozesse<br />

zu initiieren. Auch in nicht verzweckter, vielleicht<br />

sogar scheinbar vertrödelter Freizeit<br />

werden vielfältige Kompetenzen erworben,<br />

ganz so wie beim Spiel beiläufig gelernt werden<br />

kann. Auch dazu braucht es jedoch Rahmenbedingungen<br />

wie gemeinsam festgelegte<br />

Regeln, die gemeinschaftliche Gestaltung des<br />

Alltags und authentische Personen als Gegenüber.<br />

Nachdem früher Lernen nur an formalen Orten<br />

wie der Schule gesehen wurde, ist es nun auch<br />

nicht angezeigt, jegliche Freizeit durch ständiges<br />

„Programm“ bewusst und gesteuert mit<br />

einer Lernerfahrung verknüpfen zu wollen.<br />

Vieles davon passiert scheinbar nebenher und<br />

ungesteuert.<br />

Die eigene Umwelt erleben, die eigene Umwelt<br />

und die daran teilhabenden Personen wahrzunehmen,<br />

allein dies ist wichtig und beeinflusst<br />

künftiges Handeln nicht weniger ob vieles was<br />

unter geordneten Verhältnissen angeeignet<br />

wird. Schließlich geht es in der Freizeit darum<br />

zu wissen wie die eigene Person wahrgenommen<br />

wird, ob das Selbstbild stimmt usw. Es<br />

geht also mehr um das Selbst der Person denn<br />

um die Qualifikation (künftigen Personals).<br />

We don‘t need no education – so ganz ohne<br />

Schule geht es allerdings auch nicht! Der Vorzug<br />

des formellen Lernens besteht gerade darin,<br />

dass so etwas wie ein gemeinsamer Wissensvorrat<br />

weitergegeben wird. Hierbei wird<br />

schwerpunkt<br />

Allgemeinheit vor Individualisierung gestellt.<br />

Und nur der gemeinsam geteilte Wissensvorrat<br />

trägt auch zur Chancengleichheit bei, sicher<br />

aber förder ein gemeinsames Wissen die Kommunikationsfähigkeit.<br />

Denn der „Mangel“ informellen<br />

Lernens ist es dass eben immer das<br />

gelernt wird was momentan interessiert und<br />

zur momentanen Problemlösung beiträgt.<br />

Claus J. Tully<br />

info<br />

[Prof. Dr. Claus Tully forscht am Deutschen<br />

Jugendinstitut in München zu<br />

Medien, Mobilität, Lernen, Engagement.<br />

Aktuelles Projekt: „Jugend, Konsum und<br />

Nachhaltigkeit“ sowie AID:A (Aufwachsen<br />

in Deutschland, Alltagswelten).<br />

Er lehrt an der Freien Universität Berlin<br />

und an der Freien Universität Bozen.<br />

Literatur<br />

Prof. Dr. Claus J. Tully<br />

Deutsches Jugendinstitut München<br />

Tully, Claus J.; Krug, Wolfgang:<br />

Engagement befördert Teilhabe und<br />

setzt sie voraus. In: Betz, Tanja u.a.<br />

(Hrsg.): Partizipation von Kindern und<br />

Jugendlichen.Schwalbach 2010<br />

Tully, Claus J.; Krug, Wolfgang:<br />

Jugend und Konsum. Zwischen Kommerzialisierung<br />

und Nachhaltigkeit. Schwalbach<br />

2010<br />

Wahler, Peter; Tully, Claus J.<br />

Preiß, Christine:<br />

Jugendliche in neuen Lernwelten –<br />

Selbstorganisierte Bildung jenseits institutioneller<br />

Qualifizierung; 2., erweiterte<br />

Aufl. Wiesbaden 2008<br />

[ 9 ]


[<br />

[ 10 ]<br />

Wolfgang Ilg<br />

Ein mangelhafter Bus, fehlende<br />

Infos oder schlecht vorbereitete<br />

LeiterInnen - ein klares „No Go“<br />

bei Gruppenfahrten. Doch ist die<br />

Optimierung solcher Faktoren noch<br />

keine Garantie <strong>für</strong> eine gelungene<br />

Freizeit. Es muss mehr passieren als<br />

die Einhaltung von Standards.<br />

Wolfgang Ilg setzt sich mit der<br />

Notwendigkeit von Standards und<br />

Zertifikation auseinander.<br />

<strong>Das</strong> Geheimnis<br />

guter Freizeiten<br />

Es sind Menschen und Beziehungen, Eindrükke<br />

erlebter Natur und verbindender Gemeinschaft,<br />

prägende Erlebnisse, Herausforderungen<br />

<strong>für</strong> Leib und Seele, die einer Freizeit das<br />

gewisse Etwas verleihen. Solche Erfahrungen<br />

werden möglich, wenn in einem professionell<br />

gestalteten Rahmen Menschen mit durchaus<br />

„verrückten Ideen“ beteiligt sind.<br />

Professionalisierung: Pro und Contra<br />

Im Bereich Jugendreisen findet derzeit auf vielen<br />

Ebenen eine Professionalisierungsdebatte<br />

statt. Dazu gehört die Frage nach Qualitätsstandards<br />

und der Zertifizierung von Anbietern<br />

und Angeboten. Unstrittig haben Standardisierungsverfahren<br />

in den letzten Jahren wichtige<br />

Dienste geleistet, die Juleica (JugendleiterInnen-Card)<br />

ist hier<strong>für</strong> ein prominentes Beispiel.<br />

Im Kielwasser solcher Erfolgsgeschichten<br />

traten im Kinder- und Jugendreisebereich<br />

verschiedene Qualitätssysteme auf den Plan,<br />

deren Nützlichkeit sich erst noch erweisen<br />

muss: Systeme wie das „Qualitätsmanagement<br />

Kinder- und Jugendunterkünfte“, das<br />

Qualitätssiegel „Sicher Gut!“ und ähnliche<br />

werden bundesweit angepriesen. Da es ja keine<br />

Zertifikat-Zertifizierungsstelle gibt, kann<br />

bislang jeder sein eigenes Label basteln. Angesichts<br />

der Fülle aufkommender Zertifikate<br />

ist die Be<strong>für</strong>chtung insbesondere kleinerer Jugendverbände<br />

vor einer unnötig komplizierten<br />

Bürokratisierungswelle gut zu verstehen. Sie<br />

argumentieren, dass der Charme von Jugendfreizeiten<br />

gerade in den Bereichen liegt, die<br />

nicht „nach Schema F“ ablaufen, sondern bei<br />

[<br />

denen engagierte Ehrenamtliche ihr gesamtes<br />

kreatives Potential in die Waagschale<br />

werfen – ein Vorgang, der sich kaum nach<br />

Qualitäts-Checklisten messen lässt. Andererseits<br />

atmen viele etablierte Veranstalter<br />

auf, weil sie die Hoffnung haben, dass<br />

„schwarze Schafe“ im Kinder- und Jugendreisebereich<br />

durch die Einführung einheitlicher<br />

Qualitätsstandards sich nicht länger am<br />

Markt halten können. Die Argumentationslinie<br />

hier bezieht sich meist auf mangelnde Sicherheitsstandards,<br />

durch die junge Menschen<br />

bei unprofessionellen Veranstaltern<br />

unnötigen Gefahren ausgesetzt werden.<br />

Unzufriedensteller und Motivatoren<br />

Die hitzige Debatte kann und soll hier nicht<br />

mit einem Patentrezept gelöst werden. Beide<br />

Positionen sind gut nachvollziehbar. Vielleicht<br />

hilft eine Analogie aus dem Bereich der<br />

Arbeitspsychologie, um Chancen und Grenzen<br />

der neuen Qualitätsverfahren einordnen<br />

zu können: Der Psychologe Frederick Herzberg<br />

stellte fest, dass die Unzufriedenheit<br />

von Industriearbeitern sinkt, wenn schlechte<br />

Rahmenbedingungen, z. B. eine mangelhafte<br />

Beleuchtung, geändert werden. Die Optimierung<br />

solcher Unzufriedensteller führte aber<br />

noch nicht automatisch zu einer leidenschaftlichen<br />

Arbeitshaltung. Engagement und Begeisterung<br />

lassen sich auch durch vollständig<br />

optimierte Arbeitsplätze nicht bewirken.<br />

Hierzu braucht es sogenannte Motivatoren,<br />

wie zum Beispiel das Gefühl, in der Arbeitsgruppe<br />

anerkannt zu sein.


<strong>Das</strong> Geheimnis der Qualität<br />

Auf die Professionalisierungsdebatte im Jugendreisen<br />

übertragen, könnte das bedeuten:<br />

Unzweifelhaft gibt es äußere Umstände, die<br />

problematisch sind und <strong>für</strong> eine schlechte Jugendreise<br />

sorgen. Katastrophale Zustände im<br />

Sanitärbereich eines Zeltplatzes oder dilettantische<br />

Sicherheitsvorkehrungen bei einer<br />

Bergtour sind inakzeptabel. Solche Unzufriedensteller<br />

müssen schon allein aus der Verantwortung<br />

<strong>für</strong> die anvertrauten Kinder und Jugendlichen<br />

abgestellt werden. Hier können<br />

Professionalisierungs-Hilfsmittel wie Qualitätshandbücher,<br />

Standards und Zertifikate eine<br />

gute Unterstützung bieten, insbesondere<br />

dann, wenn sie sich auf die notwendigen<br />

Grundfaktoren beschränken und so beschaffen<br />

sind, dass der „lästige Bürokram“ im Zusammenhang<br />

der Zertifizierung von übergeordneten<br />

Verbandszentralen <strong>für</strong> ein ganzes<br />

Bündel von Maßnahmen effektiv erledigt werden<br />

kann. Solche Zertifizierung könnte beispielsweise<br />

garantieren, dass alle nötigen Sicherheitsvorkehrungen<br />

getroffen werden,<br />

dass <strong>für</strong> die ehrenamtlichen BetreuerInnen gute<br />

Qualifizierungsmaßnahmen bereit stehen,<br />

dass ein Krisenmanagement installiert oder die<br />

Erreichbarkeit des Veranstalters während der gesamten<br />

Maßnahme gewährleistet bleibt. Damit<br />

sind die notwendigen Voraussetzungen geschaf-<br />

fen, damit die Freizeit nicht in der Katastrophe<br />

endet. Hinreichende Bedingungen <strong>für</strong> eine gelingende<br />

gemeinsame Zeit hingegen, entziehen<br />

sich solcher planerischen Verfügbarkeit. Hier<br />

bleibt man angewiesen auf die oft so „herrlich<br />

spinnerten“ PraktikerInnen der Jugendarbeit, die<br />

als Charaktertypen das Leben auf einer Freizeit<br />

prägen: Oftmals ganz unkonventionell, anstößig<br />

und gerade dadurch prägend.<br />

Vielleicht kann eine solche unaufgeregte Einordnung<br />

der aktuellen Zertifikate dazu verhelfen,<br />

Kinder- und Jugendreisen ein solides Fundament<br />

zu verleihen, auf dem dann eine vielfarbige<br />

Palette verschiedener Freizeitkonstruktionen<br />

ein breites Spektrum kleiner und<br />

großer Veranstalter ermöglicht.<br />

Wolfgang Ilg<br />

Evaluation im Do-it-yourself-Prinzip<br />

schwerpunkt<br />

info<br />

Wolfgang Ilg[<br />

Jahrgang 1973<br />

Wohnhaft in Sindelfingen<br />

Pfarrer und Diplom-Psychologe<br />

Seit 2009 Landesschülerpfarrer<br />

im Evangelischen Jugendwerk in<br />

<strong>Württemberg</strong>.<br />

Freiberuflich und als wissenschaftlicher<br />

Mitarbeiter an der Universität<br />

Tübingen in verschiedenen Evaluationsprojekten<br />

tätig.<br />

Eine Freizeit oder internationale Jugendbegegnung selbst<br />

auswerten kann man mit dem Fragebogenverfahren der Freizeitenevaluation,<br />

das von Wolfgang Ilg entwickelt wurde.<br />

Infos unter www.freizeitenevaluation.de – die CD-Rom „Jugend<br />

und Europa“ mit allen Materialien ist dort <strong>für</strong> vier Euro<br />

erhältlich.<br />

Buchtipp<br />

Ilg, Wolfgang: Evaluation von Freizeiten und Jugendreisen<br />

- Einführung und Ergebnisse zum bundesweiten Standard-<br />

Verfahren; Hannover 2008<br />

info<br />

[ 11 ]<br />

[


Daniel Grein vom Deutschen Bundesjugendring<br />

begründet, warum Führungszeugnisse nicht weiter bringen.<br />

Debatten im Themenfeld Kinderschutz<br />

scheinen immer nach einem ähnlichen Motto<br />

abzulaufen: Es ereignet sich ein tragischer<br />

Fall – Die Medien stürzen sich darauf und<br />

sorgen <strong>für</strong> landesweite Aufmerksamkeit –<br />

selbsternannte Fachleute und PolitikerInnen<br />

nehmen dies als „öffentlichen Druck“ wahr<br />

und glauben Entschlossenheit zeigen zu<br />

müssen und fordern daher Verschärfungen,<br />

Verbote Kontrollen, Zertifizierungen und<br />

vieles mehr. Die Verantwortlichen in den<br />

Verwaltungen versuchen sich durch gut<br />

überprüfbare Maßnahmen abzusichern.<br />

[ 12 ]<br />

Untaugliche<br />

[[<br />

Symbolpolitik<br />

Daniel Grein<br />

Im Sommer 2010 konnte man dies wieder einmal<br />

im dem Fall erleben, bei dem es sexualisierte<br />

Übergriffe zwischen Kinder bei einer Ferienmaßnahme<br />

in Ameland gab.<br />

Einigkeit besteht, dass solche Vorfälle vermieden<br />

werden müssen. Einigkeit besteht ebenso<br />

darin, dass Angebote <strong>für</strong> Kinder und Jugendliche<br />

qualitativ gut und sicher sein sollen. Absurd<br />

hingegen sind oft die Forderungen und<br />

Ideen, mit denen dies erreicht werden soll.<br />

Auch im Fall Ameland wurde reflexartig, wie<br />

schon in anderen Debatten eine Vorlagepflicht<br />

von Führungszeugnissen <strong>für</strong> BetreuerInnen gefordert.<br />

Sicherheit wird suggeriert<br />

Egal, ob in den tragischen Fällen von Übergriffen<br />

in Ferienmaßnahmen der letzten Jahre BetreuerInnen<br />

Täter waren oder nicht: Führungszeugnisse<br />

lösen hier keine Probleme, sie suggerieren<br />

lediglich Sicherheit.<br />

Absolute Sicherheit wird durch keine Maßnahme<br />

herstellbar sein. Anbieter, seien es kommerzielle<br />

oder gemeinnützige, die behaupten,<br />

dank ihrer Standards oder Überprüfunge könnten<br />

sie hunderprozentige Sicherheit garantieren,<br />

wollen nur mit der Unsicherheit von Eltern<br />

Geld verdienen. Es kann nur darum gehen, ein<br />

möglichst hohes Maß an Sicherheit und Qualität<br />

sicherzustellen. Die Qualifizierung von verantwortlichen<br />

Ehrenamtlichen ist dabei ein<br />

wesentlicher Kernbaustein.<br />

Präventive Strukturen<br />

Gleichzeitig ist es wichtig, dass sich Organisationen,<br />

Verbände und Vereine darüber klar<br />

werden, dass auch bei ihnen, in ihren Maßnahmen,<br />

Übergriffe oder andere Vorfälle passieren<br />

können. Es gilt, aus dieser Sensibilität heraus<br />

präventive Strukturen zu entwickeln, die eine<br />

Kultur des Hinschauens und wo nötig ein beherztes<br />

Eingreifen ermöglichen oder sicherstellen.<br />

Verantwortliche Ehrenamtliche, die<br />

dadurch besonders sensibilisiert sind und auch<br />

über ein entsprechendes Handlungskonzept<br />

verfügen, können Kindern und Jugendlichen<br />

wirklich helfen und so Übergriffe verhindern<br />

bzw. in Krisensituationen richtig reagieren.<br />

Dies wäre die richtige Forderung als Reaktion<br />

auf den Fall Ameland gewesen.<br />

Checklisten-Mentalität<br />

Die „Allzweckwaffe“ Führungszeugnisse <strong>für</strong><br />

Ehrenamtliche führt dagegen in eine Sackgasse.<br />

Sie etabliert eine Checklistenmentalität im


Kinderschutz; nicht Aufmerksamkeit und hinschauen<br />

wird damit befördert, sondern die formale<br />

Kontrolle mit dem Gefühl, dass ja jetzt<br />

nichts mehr passieren kann. Neben diesen<br />

kontraproduktiven Effekten muss außerdem<br />

schlicht und ergreifend festgehalten werden,<br />

dass die Aussagekraft von Führungszeugnissen<br />

gerade bei jungen Menschen, die in vielen<br />

Maßnahmen die ehrenamtlichen BetreuerInnen<br />

sind, sehr gering ist.<br />

Keine Risikoeinschätzung<br />

Ein Führungszeugnis gibt keine Risikioeinschätzung<br />

ab, sondern gibt nur darüber Auskunft,<br />

ob jemand bereits eine Straftat begangen<br />

hat, diese nachgewiesen wurde und er/sie<br />

da<strong>für</strong> in einem Maße verurteilt wurde, dass diese<br />

Verurteilung Eingang in das Bundeszentralregister<br />

gefunden hat. Unter den wenigen bekanntgewordenen<br />

Fällen, in denen BetreuerInnen<br />

Übergriffe in Ferienmaßnahmen begangen<br />

haben, gibt es keinen mir bekannten, in denen<br />

ein Führungszeugnis einen präventiven Mehrwert<br />

erbracht hätte. Es darf nie vergessen werden,<br />

dass ein Führungszeugnis maximal vor<br />

der zweiten Tat schützen helfen kann, es kann<br />

niemals die erste Tat verhindern. Und sogar bei<br />

Widerholungstätern sind die Führungszeugnisse<br />

oft leer, da Strafverfahren eingestellt oder<br />

noch gar nicht abgeschlossen sind.<br />

Wie ein Genehmigungsverfahren<br />

Für die selbstorganisierte Jugendarbeit der Jugendverbände<br />

kommt noch ein Besonderheit<br />

hinzu. In Jugendverbänden ist nicht immer ab-<br />

solut eindeutig, wer Teilnehmer und wer BetreuerIn<br />

ist. Ein Hineinwachsen in Verantwortung<br />

auch <strong>für</strong> nicht formal als BetreuerIn Benannte<br />

und die sukzessive Übernahme von<br />

Aufgaben auch in Maßnahmen gehört zu Methodik<br />

von Verbänden. Es gibt darüber hinaus<br />

Fluktuationen bei BetreuerInnen, da sagt jemand<br />

kurzfristig ab, jemand anders springt ein<br />

etc.. Ein formales Genehmigungsverfahren,<br />

und das wäre die Vorlagepflicht eines Führungszeugnisses,<br />

macht eine selbstorganisierte<br />

Jugendarbeit gerade im Bereich von Freizeiten<br />

schwierig bis unmöglich.<br />

Qualifizierung notwendig<br />

Unbestritten ist, dass sich Verbände und Leitungen<br />

von der Eignung der Menschen überzeugen<br />

müssen, mit denen sie arbeiten. Unbestritten<br />

ist die Notwendigkeit von qualifizierten<br />

Verantwortlichen, z.B. durch die Juleica. Untaugliche<br />

und potentiell kontraproduktive Symbolpolitik<br />

wie eine verpflichtende Vorlage <strong>für</strong><br />

Führungszeugnisse helfen nicht Kindern und<br />

Jugendlichen. Sie haben aber das Potenzial ehrenamtliche<br />

getragene Jugendarbeit, die wichtig<br />

ist <strong>für</strong> Kinder und Jugendliche, zu erschweren<br />

oder zu verunmöglichen.<br />

Daniel Grein<br />

der standpunkt<br />

info<br />

Daniel Grein[<br />

Jahrgang 1979<br />

Medienpädagoge (M.A.)<br />

Seit 2006 Geschäftsführer des<br />

Deutschen Bundesjugendrings<br />

[ 13 ]


Ihre Erfahrungen in der Freizeitenarbeit schildert im Gespräch<br />

[ 14 ]<br />

[<br />

Anne-Kathrin Wolters vom BDKJ Göppingen-Geislingen.<br />

Anne-Kathrin Wolters<br />

Bei der Eröffnung im Juli 2010 im Landtag waren<br />

sie dabei, im Freien Radio Stuttgart gaben<br />

sie ein einstündiges Interview, Justizminister<br />

Prof. Dr. Ulrich Goll hatten sie zu Besuch: Referentin<br />

Anne-Kathrin Wolters und ihre ehrenamtlichen<br />

TeamerInnen des BDKJ im Dekanat<br />

Göppingen-Geislingen. Irene L. Bär hat sie zu<br />

ihren Erfahrungen befragt.<br />

Der Justizminister hat Euch besucht – wie war das?<br />

Er kam mit seinen fünf Kindern und seiner Frau<br />

zu uns, die wurden alle mit eingebunden. Wir<br />

haben Spiele und Interviews im Zelt gemacht.<br />

Unser Thema der Kinderwoche „Kinder macht<br />

mit – Kinder mit Macht“ hat gut gepasst. Ein<br />

„Kinder-Radioteam“ hat ihn interviewt.<br />

Die TeilnehmerInnen fanden es schön, dass er<br />

da war. Und seinen Kindern hat es so viel Spaß<br />

gemacht, dass er Angst hatte sie könnten verloren<br />

gehen.<br />

Waren noch andere PolitikerInnen zu Besuch?<br />

Wir machen schon länger bei der Aktion des<br />

Kreisjugendrings „Wir schicken den Kreistag in<br />

die Ferien“ mit. Da waren weitere zwei PolitikerInnen<br />

zu Besuch. Seit es die Aktion gibt, kommt<br />

jedes Jahr mindestens eineN PolitikerIn.<br />

Was wissen die PolitikerInnen im Vorfeld über<br />

Freizeiten?<br />

Wir erleben es oft, dass sie überrascht sind.<br />

„Hier gibt es ja wirklich kein Wasser! Und Ihr<br />

knapper![<br />

Es wird immer<br />

kocht ja sogar selbst.“<br />

Die sind schon ziemlich erstaunt, was die Jugendlichen<br />

alles leisten.<br />

Gibt es gesetzliche Regelungen, Vorschriften<br />

oder ähnliches, die Euer Ehrenamt erschweren?<br />

Schwierig wird es mit den Führungszeugnissen.<br />

Falls die kommen sollten, müssten wir das<br />

Zeltlager definitiv schließen.<br />

Die Verordnungen zur Hygiene sind jedes Jahr<br />

wieder Thema. Es ist schwierig Ehrenamtliche<br />

zu finden, die bereit sind zur Schulung zu gehen,<br />

weil das ein zusätzlicher Termin ist.<br />

Und Zuschüsse!<br />

Unsere Zeltlager sind sehr günstig, sie kosten<br />

80 Euro pro Woche pro TeilnehmerIn, alles inklusive<br />

mit Freibadbesuch und Essen.<br />

Entsprechend haben wir auch TeilnehmerInnen<br />

mit ihrer eigenen Problematik dabei: Sie kommen<br />

zum Beispiel aus Kinderheimen oder<br />

Hartz IV-Familien. Da brauchen wir natürlich<br />

auch entsprechend geschulte Leute. Die ehrenamtlichen<br />

LeiterInnen sind immer schwieriger<br />

zu finden, die bereit sind das zu machen.<br />

Sie bekommen keine Aufwandsentschädigung,<br />

weil man sonst das Zeltlager nicht so günstig<br />

anbieten könnte. Die LeiterInnen sagen selbst:<br />

„Wir wollen das so, wir nehmen das in Kauf.“<br />

Darum zahlen sie auch ihre Getränke selbst.<br />

Wir rechnen die Maßnahmen über den Landesjugendplan<br />

und den Kreisjugendplan ab, aber<br />

das deckt wenn überhaupt gerade so die Kosten<br />

ab.<br />

Ihr habt zwei Angebote auf Dekanatsebene,<br />

eines <strong>für</strong> Jugendliche und eines <strong>für</strong> Kinder –<br />

wieviel TeamerInnen seid Ihr?<br />

Insgesamt sind es 30 TeamerInnen, sie sind<br />

überwiegend in einer katholischen Kirchengemeinde<br />

engagierte Jugendliche und junge Erwachsene.<br />

<strong>Das</strong> ist ein <strong>für</strong> die katholische Jugendarbeit<br />

untypisches Publikum, das wir da<br />

haben: Zimmermänner und -frauen, Forstwirtschaftler,<br />

Erzieher – und viel weniger StudentInnen<br />

als in anderen Bereichen unserer Arbeit.<br />

Habt Ihr Schwierigkeiten TeamerInnen zu finden?<br />

Es wird immer knapper. Dieses Jahr haben wir<br />

lange gebraucht, bis das Team stand. Wir fangen<br />

im Februar mit den Vorbereitungen an und<br />

die TeamerInnen wissen nicht was im Sommer<br />

ist. Meist ist erst drei bis vier Wochen vorher<br />

klar, wer definitiv dabei ist. In der Vorbereitung<br />

sitzt man dann manchmal mit 20 Leuten<br />

und manchmal mit fünf Leuten da, das ist<br />

schon schockierend.<br />

Sie sagen häufig, sie haben keine Zeit mehr,<br />

müssen lernen, sind unterwegs, usw.<br />

Ist es schwierig TeilnehmerInnen zu finden?<br />

Wie viele wir mitnehmen können hängt davon<br />

ab, wieviele TeamerInnen wir sind. Die Kinderwoche<br />

ist immer sehr gut besucht, die Jugendwoche<br />

wird weniger. Dieses Jahr waren es 71<br />

Kinder und 35 Jugendliche. <strong>Das</strong> Zeltlager ist<br />

integrativ, das heißt wir können behinderte<br />

Kinder im Schlüssel von 1:10 mitnehmen. In<br />

der Kinderwoche waren es fünf behinderte<br />

Kinder, in der Jugendwoche vier. Wir hatten in<br />

der Jugendwoche zehn Anfragen und mussten<br />

den anderen absagen. Es gibt kaum integrative<br />

Angebote, bei denen behinderte Kinder mitgehen<br />

können. <strong>Das</strong> macht den Eltern sehr zu<br />

schaffen. Wir haben Briefe von den Eltern bekommen,<br />

weil wir ihre Kinder nicht mitnehmen<br />

konnten. Der Bedarf nimmt überhand.<br />

Die TeamerInnen sind ehrenamtlich – sind<br />

auch Hauptberufliche bei der Freizeit dabei?<br />

Ich bin verantwortlich <strong>für</strong> die Freizeit, bin aber<br />

nicht die ganze Zeit anwesend. Ich mache die<br />

Organisation im Hintergrund, d.h. die Vorbereitung<br />

der TeamerInnen, ich koordiniere alles<br />

was benötigt wird, erledige den Papierkram.<br />

Die Programmplanung machen die TeamerInnen.<br />

Ich bin dann auf dem Zeltplatz und reflektiere<br />

jeden Abend mit den TeamerInnen und<br />

schaue ob alles in Ordnung ist. Hauptamt – Ehrenamt<br />

ist <strong>für</strong> die TeamerInnen jedes Jahr ein<br />

Thema. Sie brauchen das nicht, aber sie hätten<br />

am liebsten, dass ich drei Wochen am<br />

Stück da bin.


Wie bereitet Ihr die TeamerInnen auf ihre Aufgabe<br />

vor?<br />

<strong>Das</strong> komplette Team trifft sich jedes Jahr <strong>für</strong><br />

ein ganzes Wochenende zur Schulung. Rechtliche<br />

Belehrungen, Aufsichtspflicht, Hygiene<br />

sind immer Themen. Dieses Jahr hatten wir zu-<br />

sätzlich einen Schwerpunkt zum Thema Kindeswohl.<br />

Wir haben auch ein MitarbeiterInnnen-ABC, da<br />

stehen die Regeln drin, die das Team selbst jedes<br />

Jahr untereinander vereinbart – da geht es<br />

auch um Themen wie der Umgang mit Alkohol<br />

oder das Rauchen.<br />

Was sind Herausforderungen, die die TeilnehmerInnen<br />

mitbringen?<br />

Aufmerksamkeitsdefizit – ganz viele haben da<br />

ein starkes Problem. Aggressivität, sich nicht<br />

in die Gruppe einfügen wollen.<br />

Geld ist ein Thema. Wir sagen den Leuten, sie<br />

sollen alte Klamotten mitnehmen. Dementsprechend<br />

fällt das da nicht so auf. Die Eltern<br />

schämen sich Zuschüsse <strong>für</strong> finanziell schlechter<br />

Gestellte anzunehmen. <strong>Das</strong> merkt man den<br />

Kindern dann auch an: Wenn sie bei der Anreise<br />

von den Eltern gebracht werden, sind sie<br />

sehr zurückhaltend. Ich weiß nicht, welche Erfahrungen<br />

sie bisher in Gruppen gemacht haben.<br />

<strong>Das</strong> gibt sich dann mit der Zeit, aber man<br />

merkt es am Anfang deutlich.<br />

Habt Ihr auch Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund<br />

dabei?<br />

Es sind immer ein paar, auch Moslems. Wir fragen<br />

in der Anmeldung ab, wer vegetarisch isst.<br />

Wir sind vom Gottesdienst abgekommen und<br />

machen einen Impuls, der sich auf das Zeltlager<br />

bezieht, damit sich niemand ausgeschlossen<br />

fühlt.<br />

Kommen die TeilnehmerInnen auch zu anderen<br />

Angeboten des BDKJ?<br />

Nein! Wir schicken ihnen zwar die Infos, treffen die<br />

TeilnehmerInnen aber nur bei der Freizeit. Viele<br />

kommen mehrere Jahre hintereinander, sind auch<br />

bei den Nachtreffen da, da kommen alle. Aber sie<br />

haben nichts mit verbandlicher Jugendarbeit zu<br />

tun und kommen auch nicht zu anderen Freizeitangeboten.<br />

interview<br />

Woran liegt das?<br />

Die Angebote sind zum Teil in einer anderen<br />

Preisklasse, aber sie sind auch bei kostenlosen<br />

Angeboten nicht da. <strong>Das</strong> sind auch nicht<br />

ihre Themen. Dadurch, dass wir bei den Zeltlagern<br />

eine andere Teamerstruktur haben, haben<br />

wir auch eine andere Teilnehmerstruktur. Wenn<br />

man es nach den Sinusmilieus anschaut, sprechen<br />

wir mit den Zeltlagern genau die Milieus<br />

an, die die katholische Kirche sonst nicht erreicht.<br />

Anne-Kathrin Wolters<br />

info<br />

Anne-Kathrin Wolters[<br />

Jahrgang 1983<br />

Diplom Erziehungswissenschaftlerin<br />

/ Diplompädagogin;<br />

Leiterin des katholischen Jugendreferats/<br />

Bund der Deutschen Katholischen<br />

Jugend (BDKJ) Dekanatsstelle<br />

Göppingen-Geislingen<br />

Dekanatsjugendreferentin<br />

[ 15 ]


[<br />

Besuche der Kampagne [<br />

Aktion Ferienspiele Friedrichshafen - Norbert Zeller/ SPD<br />

ASB Jugend - Monika Chef/ FDP<br />

AWO Fellbach - Christoph Palm/ CDU<br />

AWO Giengen - Andreas Stoch/ SPD<br />

AWO Heidenheim - Bernd Hitzler/ CDU + Andreas Stoch/ SPD<br />

AWO Neckarsulm - Reinhold Gall/ SPD<br />

AWO Rhein-Neckar - Georg Nelius/ SPD<br />

AWO <strong>Württemberg</strong> - Wolfgang Stehmer/ SPD<br />

BDKJ Ehingen-Ulm - Norbert Zeller/ SPD + Karl Traub/ CDU<br />

BDKJ Ferienwerk Seemoos - Dr. Hans-Peter Wetzel/ FDP<br />

BDKJ Göppingen-Geislingen - Ulrich Goll/ FDP<br />

Bund Badischer Landjugend - Christoph Bayer/ SPD + Klaus Schüle/ CDU<br />

DLRG Schefflenz - Peter Hauk/ CDU<br />

DPSG auf Höri, Stamm Rainbow - Siegfried Lehmann/ Grüne<br />

ejw Böblingen - Paul Nemeth/ CDU + Heiderose Berroth/ FDP<br />

Ev. Waldheim Gaffenberg Heilbronn - Friedlinde Gurr-Hirsch/ CDU + Reinhold Gall/ SPD + Ingo<br />

Rust/ SPD<br />

Familienreferat Ehingen/ Jugendkulturcafé Boing + Kinderzirkus - Florian Wahl/ SPD (kein MdL) +<br />

Paul Nemeth/ CDU<br />

Johanniter-Jugend <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> - Reinhard Löffler/ CDU<br />

Jugendferien- und Bildungswerk Karlsruhe - Katrin Schütz/ CDU + Johannes Stober/ SPD<br />

Jugendhaus Plochingen - Sabine Fohler/ SPD<br />

Jugendrotkreuz Bad Wurzach - Paul Locherer/ CDU<br />

Jugendrotkreuz Mosbach - Georg Nelius/ SPD<br />

Jugendtreff Sulzgries - Claus Schmiedel/ SPD<br />

Kinderstadtranderholung STARA Sindelfingen - Bernd Murschel/ Grüne<br />

KjG Hl. Dreifaltigkeit Freiburg - Edith Sitzmann/ Grüne<br />

KjG Mühlheim-<strong>Baden</strong>weiler - Bernhard Schätzle/ CDU<br />

KjG St. Peter & Paul Freiburg - Reinhold Pix/ Grüne<br />

Kreisjugendpflege Albstadt - Hans-Martin Haller/ SPD<br />

Kulturfenster Heidelberg - Theresia Bauer/ Grüne<br />

Rainbow City Adelberg - Dietrich Birk/ CDU<br />

Schwäbische Albvereinsjugend - Stefan Mappus, Günther-Martin Pauli, Karl-Wilhelm Röhm/ CDU<br />

+ Hagen Kluck, Ulrich Noll/ FDP + Gisela Splett/ Grüne<br />

Seelsorgeeinheit Meersburg-Seefelden - Ulrich Müller/ CDU<br />

SJR Geislingen - Brigitte Lösch/ Grüne<br />

SJR Herrenberg - Sabine Kurtz/ CDU + Thomas Brenner/ SPD + Heiderose Berroth/ FDP<br />

SJR Pforzheim - Thomas Knapp/ SPD<br />

Spatzennest Tübingen - Ilka Neuenhaus/ Grüne<br />

Sportkreis Heilbronn - Bernd Lasotta/ CDU + Reinhold Gall/ SPD<br />

Stadtjugendpflege Oberndorf (in Kooperation mit KjG, Nabu & AWO) - Siegfried Lehmann/ Grüne<br />

Stadtranderholung Haigern - Friedlinde Gurr-Hirsch/ CDU<br />

Waldheimrundfahrt des Jugendamts Stuttgart - Andrea Krueger/ CDU<br />

[ 16 ]<br />

Kampagne „Sommerfeeling oder Lagerkoller“ –<br />

PolitikerInnen im Praxistest<br />

info<br />

Diese Gruppen hatten Lust an der Kampagne<br />

teilzunehmen, es kam jedoch leider kein Termin<br />

zustande:<br />

AK Freizeiten (Kooperation von BDP und BUNDjugend)<br />

Bund der Landjugend <strong>Württemberg</strong>-Hohenzollern<br />

BUNDjugend <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong><br />

CVJM Blaustein<br />

Diakonisches Werk Rastatt<br />

DPSG Pforzheim<br />

ejr Reutlingen<br />

ejw Freiburg<br />

ejw Blaubeuren<br />

Ev. Kinder- und Jugendwerk Mannheim (in Kooperation<br />

mit den Adlern Mannheim)<br />

Ev. Schülerinnen- und Schülerarbeit <strong>Baden</strong><br />

fib Biberach<br />

Jugendwerk der AWO <strong>Württemberg</strong><br />

Kath. Kirchengemeinde St. Martin Sinzheim<br />

Kath. Kirchengemeinde St. Nikolaus Markdorf<br />

Kath. Kirchengemeinde St. Nikolaus Schluchsee<br />

KjG Frickingen<br />

KjG St. Thomas Morus Karlsruhe<br />

KjG Linkenheim-Hochstetten-Dettenheim<br />

KjG Stegen<br />

KjG St. Martin Tauberbischofsheim<br />

Kolpingjugend Stockach<br />

KSJ Tettnang<br />

KSJ Wangen<br />

NAJU <strong>Baden</strong> <strong>Württemberg</strong><br />

Schreberjugend Südwest<br />

Trachtenjugend des BSG<br />

YOUZ Nagold<br />

[


[<br />

[ 17 ]


[ 18 ]<br />

<strong>Das</strong> können<br />

wir besser<br />

[[<br />

Erik Flügge<br />

<strong>Das</strong> Modellprojekt „Vom schwierigen<br />

Umgang mit herausfordernden Kindern und<br />

Jugendlichen” bildet MultiplikatorInnen in<br />

der baden-württembergischen Jugendarbeit<br />

fort. Ehrenamtliche werden dabei<br />

unterstützt, einen positiven Umgang mit<br />

Herausforderungen zu entwickeln, die in<br />

der Arbeit mit Jugendlichen immer wieder<br />

aufkommen.<br />

Wie ehrenamtliche JugendleiterInnen gestärkt werden,<br />

weiß Erik Flügge.<br />

Immer wieder sind Ehrenamtliche in der Jugendarbeit<br />

mit Kindern und Jugendlichen konfrontiert,<br />

deren Verhalten zur Herausforderung<br />

oder Überforderung wird. Sie treffen zum Beispiel<br />

auf Probleme wie Aggression, Alkohol<br />

oder Drogen, extreme Ideologien, kulturelle<br />

Hürden oder Ausgrenzung.<br />

Trotz dieser oftmals überfordernden Themen<br />

arbeiten ehrenamtliche JugendleiterInnen gerne<br />

in der verbandlichen Jugendarbeit mit Kindern<br />

und Jugendlichen, fahren auf Ferienfreizeiten<br />

und gestalten Gruppenstunden. Die Tätigkeit<br />

macht ihnen Spaß, sie wollen einen<br />

Beitrag <strong>für</strong> die Gesellschaft leisten und sie profitieren<br />

zudem persönlich von ihrem Engagement.<br />

Dennoch dürfen die Herausforderungen <strong>für</strong> die<br />

Ehrenamtlichen nicht vernachlässigt werden.<br />

Wer Kinder und Jugendliche betreut, soll nicht<br />

allein gelassen werden, sondern hier<strong>für</strong> die<br />

bestmögliche Unterstützung erhalten.<br />

Schulungen im Modellprojekt<br />

Der Landesjugendring <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> hat<br />

in Kooperation mit den Jugendverbänden, Jugendringen<br />

und kommunalen Jugendreferaten<br />

das Modellprojekt „Vom schwierigen Umgang<br />

mit herausfordernden Kindern und Jugendlichen“<br />

erarbeitet. Darin schult er landesweit<br />

ehrenamtliche JugendleiterInnen, wie sie auf<br />

Herausforderungen in der Arbeit mit Kinder<br />

und Jugendlichen reagieren können.<br />

<strong>Das</strong> Themenspektrum reicht weit: Von klassischen<br />

Themen wie dem Umgang mit ADS,ADHS<br />

oder Autoaggression bis hin zu neuen Strategi-<br />

en, wie MigrantInnen vor Ort in die Strukturen<br />

der Jugendarbeit involviert werden können. So<br />

kann das Projekt sowohl die drängende Fragen<br />

des alltäglichen Arbeitens mit Kindern und Jugendlichen,<br />

als auch einige Herausforderungen<br />

<strong>für</strong> die Jugendarbeit der Zukunft abdecken.<br />

JugendleiterInnen stärken<br />

Hierbei steht stets der Grundgedanke des Projektes<br />

im Vordergrund: Ehrenamtliche JugendleiterInnen<br />

sollen im Umgang mit herausfordernden<br />

Kindern und Jugendlichen gestärkt<br />

werden und die bestmögliche Unterstützung<br />

erhalten, aber auch die eigenen Grenzen erkennen<br />

und zum richtigen Zeitpunkt nach Hilfe<br />

rufen. Denn nicht jede Herausforderung kann<br />

und muss von Ehrenamtlichen gemeistert werden.<br />

<strong>Das</strong> Projekt sensibilisiert da<strong>für</strong>, dass<br />

manche Herausforderung zu groß ist und es<br />

keine Schande ist, die eigenen VerbandsreferentInnen,<br />

die Eltern, Polizei oder das Jugendamt<br />

um Hilfe zu bitten.<br />

<strong>Das</strong> Modellprojekt fördert das lösungsorientierte<br />

Arbeiten mit scheinbar schwierigen Kindern<br />

und Jugendlichen und stellt deren spezifischen<br />

Stärken in den Vordergrund, anstatt sich<br />

ausschließlich auf Problemlagen zu konzentrieren.<br />

Der konstruktive Umgang mit Herausforderungen<br />

ist ein Kernanliegen der Schulungen und<br />

wird von den MultiplikatorInnen auch gerade<br />

deshalb als sehr positiv bewertet.


<strong>Das</strong> Thema trifft den Zeitgeist<br />

Hierbei entstand im Verlauf des ganzen Jahres<br />

immer wieder überraschendes. Seniorengruppen,<br />

die in der Schule Hausaufgabenbetreuung<br />

anbieten, meldeten sich und baten um<br />

Unterstützung – dort wo Veranstaltungen<br />

durchgeführt wurden riefen in den folgenden<br />

Wochen immer wieder TeilnehmerInnen an und<br />

baten um einen zweiten Anschlussteil der Qualifizierung<br />

mit einem ergänzenden Fokus und<br />

manch eine Veranstaltung war plötzlich überlaufen.<br />

<strong>Das</strong> Thema der Herausforderungen<br />

trifft den Zeitgeist und nimmt die alltäglichen<br />

Sorgen in der Jugendarbeit ernst.<br />

Ein Projekt, das aus der direkten Lebenswelt<br />

der Ehrenamtlichen entstanden ist und nicht<br />

versucht Themen an JugendleiterInnen heranzutragen,<br />

mit denen sich diese noch nicht auseinander<br />

gesetzt haben und damit eine gute<br />

Ergänzung der Bildungsprogramme, die neue<br />

Themen entwickeln und aufbereiten.<br />

Publikationen bündeln Erfahrungen<br />

Um über den Projektzeitraum hinaus auch Wirkung<br />

zu entfalten, entstehen im Rahmen des<br />

Projektes zwei Publikationen, die die im Projektverlauf<br />

entstandenen Konzepte <strong>für</strong> die Bildungsarbeit<br />

der verbandlichen Jugendarbeit<br />

aufbereiten. Zum einen ein klassischer Bildungsbaustein,<br />

der in die Schulungsprogramme<br />

<strong>für</strong> die Juleica von den verschiedenen Anbietern<br />

eingebunden werden kann und direkt<br />

in der Ausbildung der Ehrenamtlichen Anwendung<br />

finden wird.<br />

Zum anderen ein interaktives Spiel <strong>für</strong> Schulungen<br />

von Freizeitleiterinnen: „Quests!“ simuliert<br />

dabei eine zehntägige Freizeit, bei der<br />

so allerlei Herausforderungen auftauchen, die<br />

kreativ gemeistert werden müssen. Anstelle<br />

von Vorträgen oder Wissenstransfer will das<br />

Spiel das vorhandene Wissen und die Fähigkeiten<br />

der Ehrenamtlichen aktivieren. Sie sollen<br />

konfrontiert werden mit Herausforderungen<br />

und dann erkennen, dass sie diese meistern<br />

können. Dabei wird selbstverständlich<br />

auch viel gelernt, aber eben auch trainiert sich<br />

Lösungen <strong>für</strong> Herausforderungen auszudenken<br />

und diese einfach auszuprobieren. Ob die<br />

Lösung dann funktioniert hat – oder nicht –<br />

das entscheidet wie so oft im Spiel das Würfelglück.<br />

All diese Materialien sind ab sofort beim<br />

Landesjugendring erhältlich.<br />

Erik Flügge<br />

Projektmitarbeiter des<br />

Landesjugendrings<br />

ljr-intern<br />

Landesjugendring <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong><br />

(Hrsg.):<br />

„Quests! Die Suche nach dem Umgang<br />

mit Herausforderungen – <strong>Das</strong> Spiel <strong>für</strong><br />

FreizeitleiterInnenschulungen“<br />

Stuttgart 2010; 36 Seiten<br />

Landesjugendring <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong><br />

(Hrsg.):<br />

„<strong>Das</strong> können wir besser! Methodische<br />

Bausteine <strong>für</strong> die JugendleiterInnen- und<br />

FreizeitleiterInnen-Ausbildung zum Umgang<br />

mit herausfordernden Kindern und<br />

Jugendlichen“<br />

Stuttgart 2010; 32 Seiten<br />

Die Broschüren sind kostenlos, bei größeren<br />

Mengen müssen die Versandkosten<br />

übernommen werden.<br />

Bestellung bei:<br />

Landesjugendring <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong><br />

Siemensstr.11<br />

Telefon: 0711/16447-0<br />

Fax:0711/16447-77<br />

E-mail:info@ljrbw.de<br />

oder online unter www.ljrbw.de<br />

Internetseite „Ferienspaß und Freizeiten<br />

– Tipps <strong>für</strong> JugendleiterInnen“<br />

www.ljrbw.de/freizeiten<br />

[info<br />

[ 19 ]


[<br />

[ 20 ]<br />

Einen neuen<br />

Landtag wählen!<br />

Nico Alt<br />

Am 27.03.2011 stellen die BürgerInnen <strong>Baden</strong>-<br />

<strong>Württemberg</strong>s die Weichen <strong>für</strong> die Zukunft ihres<br />

Landes und wählen einen neuen Landtag.<br />

Kinder und Jugendliche sind davon besonders<br />

betroffen. Damit junge Menschen vor den<br />

Landtagswahlen sich informieren können und<br />

zu Wort kommen, stellt der Landesjugendring<br />

einiges auf die Beine.<br />

Zukunftskonferenzen in den Regionen<br />

Auf zehn regionalen Zukunftskonferenzen sollen<br />

Jugendliche die Möglichkeit haben, die <strong>für</strong><br />

sie interessanten und wichtigen Themen zu finden,<br />

ihre Wünsche und Forderungen zu äußern<br />

und sie mit Gleichaltrigen und den LandtagskandidatInnen<br />

ihrer Wahlkreise zu diskutieren.<br />

Die Fragestellungen dabei sind:<br />

t In welcher Gesellschaft wollen wir leben?<br />

t Jung und glücklich, dort wo du lebst?<br />

t Engagiert <strong>für</strong> mich oder andere?<br />

t Macht Schule von heute fit <strong>für</strong> morgen?<br />

t Braucht Politik Beteiligung?<br />

t Wo komme ich hin, wenn ich weg will?<br />

Und wie?<br />

t Mein Freund ist Ausländer… oder nicht?<br />

t Vor oder nach mir die Sintflut?<br />

Träger der Zukunftskonferenzen ist der Landesjugendring<br />

gemeinsam mit Ringen und Verbänden<br />

quer durch <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong>.<br />

Die Botschaften der Zukunftskonferenzen werden<br />

in einem gemeinsamen Buch veröffentlicht<br />

und im Landtag den neu gewählten Landtagsabgeordneten<br />

von Jugendlichen übergeben.<br />

U18-Wahlen <strong>für</strong> Kinder und Jugendliche<br />

Kinder und Jugendliche von 0 bis 17 Jahre haben<br />

bei der "Jugendwahl U18" die Möglichkeit,<br />

einige Tage vor der Landtagswahl in <strong>Baden</strong>-<br />

<strong>Württemberg</strong> zu wählen.<br />

Bis zum 18.03.2011 sind die Wahllokale in Jugendhäusern<br />

und -treffs, in Schulen und bei<br />

den Verbänden geöffnet. Kinder und Jugendliche<br />

bekommen im Wahllokal einen Stimmzettel<br />

<strong>für</strong> ihren Wahlkreis, suchen eine Wahlkabine<br />

auf, kreuzen ihren Stimmzettel an und werfen<br />

ihn in die Wahlurnen. Die Wahllokale<br />

schließen um 18 Uhr.<br />

Die Auszählung der Stimmzettel erfolgt öffentlich<br />

und durch die jungen Menschen selbst. Im<br />

[<br />

Internet gibt es ab 18 Uhr die ersten Hochrechnungen,<br />

und gegen 22 Uhr wird dann bekanntgegeben,<br />

wie der Landtag aussähe, wenn er<br />

von Kindern und Jugendlichen gewählt würde.<br />

Auf verschiedenen Wahlveranstaltungen werden<br />

die Ergebnisse mit jungen Menschen und<br />

VertreterInnen der Politik und der Presse diskutiert.<br />

U18 in <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> ist ein Angebot<br />

der Arbeitsgemeinschaft Jugendfreizeitstätten<br />

und des Landesjugendrings.<br />

www.jugendwahl-bw.de<br />

Die ersten Wahllokale <strong>für</strong> U18 stehen inzwischen<br />

schon fest, und auch <strong>für</strong> die Zukunftskonferenzen<br />

gibt es schon erste Veranstalter.<br />

Sehr aktiv ist zum Beispiel Freiburg: eine aktive<br />

Gruppe rund um den Schülerrat hatte hier<br />

schon 2010 zur OB-Wahl eine U18-Jugendwahl<br />

veranstaltet. Bei der U18-Jugendwahl 2011<br />

wird Freiburg regionale Anlauf- und Kontaktstelle<br />

sein, und auch eine Zukunftskonferenz<br />

ist dort schon in Planung.


Jugendpolitische Wahlprüfsteine<br />

Wie denken sie, könnten die Beteiligungsmöglichkeiten<br />

von Jugendlichen erhöht werden?<br />

Wie wollen sie die Bildungschancen von jungen<br />

MigrantInnen verbessern? Wie würde eine<br />

nachhaltige Jugendpolitik aussehen, wenn sie<br />

in der Landesregierung wären? Die Wahlprüfsteine<br />

der Arbeitsgemeinschaft Jugendfreizeitstätten<br />

und des Landesjugendrings fühlen den<br />

Parteien auf den Zahn, die zur Landtagswahl<br />

kandidieren. Die Ergebnisse gibt es als gedruckte<br />

Entscheidungshilfe rechtzeitig vor der<br />

Wahl.<br />

Wähl-Bar – Zutritt ab 0 Jahren<br />

Die streitfreudigste Zukunftskonferenz, das<br />

100. Wahllokal <strong>für</strong> U18, die provokanteste Antwort<br />

auf die Wahlprüfsteine – alle Infos in der<br />

heißen Phase von Januar bis März 2010 gibt es<br />

auf dem Wahlblog des Landesjugendrings.<br />

Dort können auch die Verbände und Ringe ihre<br />

Aktivitäten rund um die Landtagswahl kund<br />

tun.<br />

www.waehl-bar.de<br />

Nico Alt<br />

Praktikant des Landesjugendrings<br />

[Gesichter des LJR<br />

Volker<br />

Schweizer<br />

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ljr-intern<br />

Jahrgang: 1973<br />

Wohnort: Stuttgart<br />

Beruf: Leiter „Medieninhalte Planen &<br />

Bauen“ beim Fraunhofer IRB<br />

Ausbildung: Diplomingenieur<br />

Funktion beim LJR: Fachvorstand der<br />

Kommission Ehrenamt<br />

Verband: Bund der Deutschen Katholischen<br />

Jugend (BDKJ)<br />

Volker, Du bist eifriger Facebook-Schreiber - was magst Du an Facebook?<br />

Durch Facebook bleibe ich mit vielen Freunden in Kontakt. Besonders interessant<br />

sind <strong>für</strong> mich die Facebook-Gruppen. Durch sie werde ich schnell über<br />

Aktivitäten und Neuigkeiten informiert. Durch meine eigenen Kommentare<br />

kann ich mich direkt an Diskussionen beteiligen.<br />

Gewinnt man im Web 2.0 Ehrenamtliche?<br />

Bei Preisausschreiben mach ich prinzipiell nicht mit! Im Ernst: Ich denke<br />

schon. Für die so genannte „digital natives“ ist das Web 2.0 heute das wichtigste<br />

Medium. Wenn wir sie nicht auf diesem Weg ansprechen, wird es schwer<br />

sein, sie dauerhaft <strong>für</strong> ein ehrenamtliches Engagement zu begeistern.<br />

Was ist <strong>für</strong> Dich das Schöne an Deinem Vorstandsamt?<br />

Zunächst finde ich schön, dass ich mein Vorstandsamt ehrenamtlich ausüben<br />

kann. Ich erfahre hier<strong>für</strong> von vielen Menschen eine hohe Wertschätzung.<br />

In meinem Amt kann ich meine „praktische Erfahrung“ aus über 20 Jahren<br />

ehrenamtlicher Jugendarbeit dazu einsetzten, dass Rahmenbedingen <strong>für</strong> die<br />

Jugendarbeit <strong>für</strong> die Zukunft gesichert werden.<br />

Über was kannst Du Dich herzlich aufregen?<br />

Über Menschen, die aus Bequemlichkeit nicht wählen gehen – Gremien, die<br />

Dinge zum fünften Mal diskutieren – und vor allem: Mandarinen mit Kernen!<br />

Was fällt Dir zum 27. März 2011 ein?<br />

Natürlich die Landtagswahl in <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong>! Ich hoffe, dass viele junge<br />

Menschen, trotz der Parteienverdrossenheit, wählen gehen und sich die Chance<br />

nicht nehmen lassen, die politische Landschaft in <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> mitzugestalten.<br />

Außerdem wünsche ich mir eine echte Landtagswahl, bei der die wichtigen<br />

Zukunftsthemen wie Bildung, Integration oder Energiepolitik im Vordergrund<br />

stehen. Ich finde es nicht gut, wenn - wie es Bundeskanzlerin vorschlägt - die<br />

Landtagswahl auf eine Ersatz-Volksabstimmung reduziert wird<br />

[ 21 ]


ezension<br />

Hilfreiche Informationen <strong>für</strong> die Freizeitenarbeit<br />

hat Alexander Krickl gefunden[<br />

[ Mit einem Bein<br />

[ 22 ]<br />

im Gefängnis?<br />

Alexander Krickl<br />

Der Sommer ist vorüber, die Zelte sind wieder<br />

verpackt und trotzdem ist es nie zu früh, sich<br />

gedanklich schon mal auf die nächste Freizeit<br />

im kommenden Sommer vorzubereiten - zum<br />

Beispiel mit den Arbeitshilfen der Jugendverbände.<br />

Gerade die kalte Jahreszeit eignet sich<br />

um mit einer Tasse Tee in Opas Ohrensessel zu<br />

schmökern.<br />

Mit der „Recht so“-Broschüre gibt der Stadtjugendring<br />

(SJR) Mainz seinen JugendleiterInnen<br />

einen Leitfaden zum Thema Recht mit auf dem<br />

Weg. Auf über 100 Seiten spannt die Autorin<br />

einen weiten Bogen von den Grundlagen über<br />

die zentralen Themen Aufsichtspflicht, Jugendschutz<br />

und Sexualität bis hin zum Reisevertragsrecht,<br />

mit dem auch ehrenamtliche FreizeitleiterInnen<br />

vertraut sein sollten. Dabei erspart<br />

sie der/dem LeserIn unnötiges Fachlatein<br />

und macht deutlich, dass JugendleiterInnen<br />

eben nicht „immer mit einem Bein im Gefängnis<br />

stehen“. Dadurch ist das Heft <strong>für</strong> Interessierte<br />

ab 14 Jahren geeignet und bietet einen<br />

umfassenden Überblick über alles, was man<br />

wissen sollte. Vorbildlich ist das große Stichwortverzeichnis:<br />

Es bietet knappe, konkrete<br />

Antworten auf quasi alles, vom Lagerfeuer bis<br />

zum Reisevertrag.<br />

Zum Thema Hygiene hat der Bund der Deutschen<br />

Katholischen Jugend (BDKJ) Oldenburg<br />

eine Arbeitshilfe herausgegeben, die viele TeamerInnen<br />

spontan schlucken lässt. Was der<br />

beruflich in der Hygiene tätige Autor alles beim<br />

Kochen, Putzen und der Wahl des Zeltplatzes<br />

zu bedenken gibt, bedeutet zunächst einmal<br />

viel Arbeit – die sich aber leider nicht verhindern<br />

lässt. Sehr hilfreich ist dabei nicht nur,<br />

dass die Kapitel übersichtlich und verständlich<br />

gemacht sind, sondern auch, dass Hintergründe<br />

erklärt werden. <strong>Das</strong> verringert zwar nicht<br />

die Arbeit, erhöht aber wenigstens die Motivation<br />

dabei. Für besonders Motivationsbedürftige<br />

(oder einfach Interessierte) bietet das letzte<br />

Kapitel vertiefende Informationen zu Keimen,<br />

Krankheiten und Infektionswegen.<br />

<strong>Das</strong> umfassendste Werk unseres gesichteten<br />

Broschüren-Trios hat der Bund Deutscher Pfadfinder<br />

(BDP) erstellt. Die Pfadis haben ihre gesamte<br />

Freizeiten-Erfahrung der vergangenen<br />

14 Jahre zusammengetragen, um sie ihren TeamerInnen<br />

weiterzugeben. Die dabei entstandene<br />

Sammlung lässt fast kein Thema aus: Von<br />

der Freizeitplanung über Grundlagen von Gruppendynamik,<br />

Führungsstilen, Kommunikation,<br />

Teamarbeit, Rechtlichem und Hygiene bis zur<br />

Ersten Hilfe und Spielideen ist quasi alles dabei.<br />

Aber nicht <strong>für</strong> alle: Da sich viele Tipps auf<br />

Besonderheiten des BDP beziehen, ist der Leitfaden<br />

<strong>für</strong> Außenstehende nur bedingt zu empfehlen.<br />

BDPlerInnen werden dagegen mit fast<br />

allem versorgt, was sie <strong>für</strong> eine gelungene Freizeit<br />

brauchen.<br />

Obwohl man ihnen anmerkt, dass sie primär<br />

<strong>für</strong> den eigenen Verband geschrieben wurden,<br />

bieten alle drei Arbeitshilfen allen Interessierten<br />

wertvolle Informationen zum jeweiligen<br />

Thema. Daher empfiehlt es sich, mal beim eigenen<br />

Verband nachzufragen, was es an Publikationen<br />

gibt und im Zweifelsfall bei anderen<br />

Verbänden zu „wildern“. Eine Tasse Tee in<br />

Opas Ohrensessel ist es in jedem Fall wert.<br />

Alexander Krickl<br />

Projektmitarbeiter des Landesjugendrings<br />

SJR Mainz (Hrsg.):<br />

„Recht so. Ein Leitfaden <strong>für</strong> rechtliche<br />

Fragen in der Kinder- und Jugendarbeit.“<br />

3., überarbeitete Auflage 2008<br />

111 Seiten, 5,00 Euro Schutzgebühr<br />

Bezug: www.sjr-mainz.de<br />

BDKJ Oldenburg (Hrsg.):<br />

„Von Zeltplätzen, Frikadellen und unliebsamen<br />

Gästen. Arbeitshilfe <strong>für</strong> Verantwortliche<br />

von Freizeitmaßnahmen und<br />

Küchenteams zum Thema Hygiene.“<br />

2. Auflage 2008<br />

107 Seiten, 2,50 Euro Schutzgebühr<br />

Bezug: www.bdkj-olvoldenburg.net<br />

BDP Bundesverband (Hrsg.):<br />

„Der Freizeitenleitfaden gegen Bodennebel<br />

& Orientierungslosigkeit.“<br />

12., erweiterte und aktualisierte<br />

Auflage 2009, 226 Seiten, 12,00 Euro<br />

Bezug: www.bawue.bdp-ev.de<br />

[info


Jung und glücklich an deinem Wohnort?<br />

Online Voting im Jugendnetz <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong><br />

Jugendliche in <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> können den Verantwortlichen<br />

der Politik sagen, wie zufrieden sie<br />

mit dem Leben in ihrer Gemeinde sind.<br />

Auf der Online-Plattform www.deinestimme.jugendnetz.de<br />

können sich Jugendliche von 14 bis 18 Jahren<br />

einfach und problemlos in die Kommunalpolitik einbringen,<br />

ihre Meinung sagen und konkrete Anliegen<br />

formulieren. Kommunalpolitik, Infrastruktur, Bildungs-<br />

und Freizeitangebote werden von den Jugendlichen<br />

mit Schulnoten bewertet.<br />

Daraus ergibt sich <strong>für</strong> jede Gemeinde ein sehr konkretes<br />

Bild. Städte und Gemeinden erfahren, was<br />

junge Menschen bewegt, was ihre Anliegen sind und<br />

wo der Schuh drückt. Die Ergebnisse können Grundlage<br />

<strong>für</strong> einen Dialog zwischen Jugend und Politik<br />

sein.<br />

<strong>Das</strong> landesweite Online-Modul ist eine Form der Jugendbeteiligung.<br />

Die Ergebnisse können Basis <strong>für</strong> einen<br />

umfassenden Jugendbeteiligungsprozess sein.<br />

Getragen wird das Projekt vom landesweiten „Aktionsbündnis Kommunalwahl“:<br />

t Dachverband der Jugendgemeinderäte <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong><br />

t Gemeindetag <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong><br />

t Jugendnetz <strong>Baden</strong> <strong>Württemberg</strong><br />

t Jugendpresse <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong><br />

t Landesjugendring <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong><br />

t Landesarbeitsgemeinschaft Offene Jugendbildung <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong><br />

t Landeszentrale <strong>für</strong> politische Bildung <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong><br />

t Landkreistag <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong><br />

t Städtetag <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong><br />

Mit Unterstützung der Jugendstiftung <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> und des Ministeriums <strong>für</strong><br />

Kultus, Jugend und Sport <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong><br />

Der Landesjugendring <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> ist die landesweite Koordinierungsstelle.<br />

Weitere Informationen bei Udo Wenzl,<br />

Tel. 0711/16447-31,wenzl@ljrbw.de<br />

www.deinestimme.jugendnetz.de<br />

www.gelingende-beteiligung.de


Vom schwierigen Umgang mit<br />

herausfordernden Kindern und<br />

Jugendlichen<br />

Landesjugendring <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> (Hrsg.):<br />

„<strong>Das</strong> können wir besser! Methodische Bausteine <strong>für</strong><br />

die JugendleiterInnen- und FreizeitleiterInnen-Ausbiludng<br />

zum Umgang mit herausfordernden Kindern<br />

und Jugendlichen“<br />

Stuttgart 2010; 32 Seiten<br />

Die Broschüren sind kostenlos, bei<br />

größeren Mengen müssen die Versandkosten<br />

übernommen werden.<br />

Bestellung bei:<br />

Landesjugendring <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong><br />

e.V.<br />

Im Haus der Jugendarbeit Stuttgart<br />

Siemensstr.11<br />

Telefon: 0711/16447-0<br />

Fax:0711/16447-77<br />

E-mail:info@ljrbw.de<br />

Oder online unter www.ljrbw.de<br />

„Vom schwierigen Umgang mit herausfordernden<br />

Kindern und Jugendlichen“<br />

ist ein landesweites Projekt<br />

des Landesjugendrings <strong>Baden</strong>-<br />

<strong>Württemberg</strong>, gefördert vom Ministerium<br />

<strong>für</strong> Arbeit und Sozialordnung,<br />

Familien und Senioren<br />

und von „KommLern!“.<br />

Landesjugendring <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> (Hrsg.):<br />

„Quests! Die Suche nach dem Umgang mit Herausforderungen –<br />

<strong>Das</strong> Spiel <strong>für</strong> FreizeitleiterInnenschulungen“<br />

Stuttgart 2010; 36 Seiten<br />

Internetseite „Ferienspaß und Freizeiten – Tipps <strong>für</strong> JugendleiterInnen“<br />

www.ljrbw.de/freizeiten<br />

„KommLern!“ ist ein Projekt der<br />

Jugendstiftung <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong><br />

Gefördert vom Land<br />

<strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> und dem<br />

Europäischen Sozialfonds

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