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Heimatwelt 43 - Gemeinde Weimar

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Im Jahr 1935 war sich ein hiesiger<br />

Bauwilliger mit einem Landwirt über den<br />

Erwerb eines Baugrundstücks einig geworden.<br />

Der Kaufpreis sollte 1,--RM pro Quadratmeter<br />

betragen. Die Verschuldung des Bauern zwang<br />

ihn wohl zur Veräußerung einer Teilfläche<br />

seines Landes.<br />

Sind es heute die langwierigen Bauleit- und<br />

Genehmigungsverfahren, bis die Möglichkeit für<br />

den ersten Spatenstich gegeben ist, so standen in<br />

jener Zeit andere Hindernisse im Weg. Über die<br />

Veräußerung eines Grundstücks eines Bauern für<br />

eine Siedlungsstelle, wie es dort beschrieben<br />

steht, hatte das „Anerbengericht“ zu entscheiden.<br />

Dieses Marburger Gericht kam zu der<br />

Entscheidung, einem Verkauf nicht<br />

zuzustimmen, weil es sich um „ungewöhnlich“<br />

gutes Kulturland handelte, dieses nur 10 Minuten<br />

vom derzeitigen Bauernhof entfernt lagt, die<br />

Bewirtschaftung vom Hof aus ohne<br />

Schwierigkeiten erfolgen konnte und der<br />

Kaufpreis von 1,- RM pro Quadratmeter zu<br />

gering sei.<br />

Der Kreisbauernführer, der hier ebenso die<br />

Zustimmung erteilen musste, war der<br />

Auffassung, dass mit dem Verkauf dieses<br />

Grundstücks die Existenz des Betriebes nicht<br />

gefährdet sei, jedoch sollte das Grundstück nicht<br />

an einen Siedler, sondern an einen vorhandenen<br />

oder entstehenden Erbhof verkauft werden. Er<br />

führte u.a. an, dass durch die zu erwartende<br />

Hühnerhaltung des Siedlers die benachbarten<br />

landwirtschaftlichen Flächen Nachteile erhalten<br />

könnten.<br />

Der Bauer und Verkäufer wandte sich darauf<br />

hin mit Hilfe seines Rechtsbeistandes an das<br />

„Landeserbhofgericht“ in Celle. Der I. Senat<br />

19<br />

dieses Gerichtes wies die Entscheidung des<br />

Anerbengerichtes von Marburg zurück und<br />

erteilte die Zustimmung zu dem beabsichtigten<br />

Landverkauf einschließlich des Kaufpreises für<br />

das Baustück an den Siedler. Das Gericht vertrat<br />

die Auffassung, dass gerade bei Siedlern das<br />

Land gut sein müsse, damit diese in Krisen- und<br />

Arbeitslosenzeiten Rückhalt für die notwendigen<br />

Haushaltsbedürfnisse hätten. Der Kaufpreis sei<br />

für „kleine Leute“, die sehr rechnen müßten,<br />

angemessen, damit nicht im vorhinein dem<br />

Siedler „das Grab gegraben“ werde. Die<br />

Entschuldung des bäuerlichen Betriebes dürfe<br />

nicht durch übermäßige Belastung eines<br />

Eigenheimes erkauft werden. Auch unterliege<br />

die Gemarkung der <strong>Gemeinde</strong> nicht dem<br />

Wohnsiedlungsgesetz. Der Errichtung einer dort<br />

geplanten Siedlerstelle stehe daher nichts mehr<br />

im Wege.<br />

Die Baugenehmigung war hierdurch quasi<br />

erteilt. Die Auflage zur Tilgung der Schulden<br />

des Bauern mit dem Verkaufserlös entsprach der<br />

grundsätzlichen Stellung des Reichserbhofgerichtes.<br />

Aus der Schilderung dieses Vorgangs ist zu<br />

entnehmen, dass ein Bauwilliger auch zur<br />

damaligen Zeit schon mit vielen Unannehmlichkeiten<br />

konfrontiert wurde, und dass der<br />

Landwirtschaft als Grundlage für die Volksernährung<br />

mehr Bedeutung als heute beigemessen<br />

wurde.<br />

Anzumerken ist noch, dass die gesamten<br />

Baukosten für das errichtete zweigeschossige<br />

Wohnhaus 13.000,- RM betrugen. Gemessen an<br />

den damaligen Stundenlöhnen von 60-80<br />

Pfennig pro Stunde war das Bauen eines<br />

Wohnhauses ebenso teuer wie heute.

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