Umschlag Nr. 25 - KGS Stuhr-Brinkum
Umschlag Nr. 25 - KGS Stuhr-Brinkum
Umschlag Nr. 25 - KGS Stuhr-Brinkum
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
genau zehn Sekunden, in denen sich alles entschied:<br />
Mögen oder nicht Mögen. Das ist hier die Frage.<br />
Zuerst herrschte hinter dem Zaun, der Ankommende<br />
und Wartende voneinander trennte, Verwirrung.<br />
Dann fanden die Ersten zusammen, es wurden<br />
Küsschen, Umarmungen und die üblichen Floskeln<br />
ausgetauscht. Es folgte der Abschied von der deutschen<br />
Truppe, der erste Schritt nach draußen und<br />
dann die Erkenntnis.<br />
“Verdammt, jetzt bin ich auf mich allein gestellt!“<br />
Niemand mehr da, der ins perfekte Spanisch übersetzen<br />
kann, stattdessen ein betretenes Schweigen,<br />
als man die vorher gelernten Sätze brav aufgesagt<br />
hatte. Ein „El tiempo es muy caro, no?“ und “Cómo<br />
estás?” bekam ich noch raus und dann war vorerst<br />
Schicht im Schacht.<br />
In der Wohnung angekommen, war ich erst einmal<br />
erleichtert, dass ich ein eigenes Zimmer und Zeit zu<br />
verschnaufen hatte.<br />
Ich fand, dass es bis dahin ganz gut lief und nahm<br />
mir vor, mal vorsichtig Kontakt aufzunehmen. Am<br />
Tisch beim Essen strich ich das Wort „vorsichtig“ aus<br />
den Gedanken.<br />
Entweder man traut sich oder nicht!<br />
Und so kam es, dass wir in kürzester Zeit richtig gesprächig<br />
geworden sind. Verstehen war erst mal<br />
zweitrangig, aber anstatt zu verzweifeln, machte ich<br />
mir Mut: „Natalie, du hast 10 Tage, da geht noch<br />
was!“<br />
Trotzdem war ich überglücklich, viel mit meiner Spanierin,<br />
meiner deutschen Freundin und ihrer Spanierin<br />
machen zu können, denn wir vier verstanden uns<br />
super und hatten viel Spaß.<br />
Wie in jedem Land gibt es aber auch in Spanien Gewohnheiten,<br />
die erst mal stutzig machen. So war ich<br />
ziemlich gespannt auf meinen ersten spanischen<br />
Discobesuch; weniger auf den Club als auf die Leute.<br />
Unsere Wahl fiel auf Pacha, einer international bekannten<br />
Clubkette. Mir kam die Sache allerdings<br />
genau in dem Moment komisch vor, als wir um fünf<br />
Uhr nachmittags losfuhren. Um sieben Uhr, es war<br />
noch nicht einmal dunkel, betraten wir eine mit topgestylten<br />
16- bis 18-jährigen Spaniern gefüllte Disco.<br />
Ich kam mir nur ein bisschen komisch vor, um halb<br />
acht Wodka-Kiwi in mich reinzuschütten und auf<br />
House abzugehen. Wir wurden zwar um Viertel nach<br />
zehn höflich gebeten, den Club jetzt zu verlassen.<br />
38<br />
Aber eines muss man den Spaniern lassen: sie können<br />
wirklich feiern.<br />
Ich gebe zu, so typisch deutsch zu sein, dass ich<br />
unter der Kein-Frühstück-nur-Kakao-und-Kekse-Gewohnheit<br />
sehr gelitten habe, genauso wie unter der<br />
Vorliebe, überall zu Fuß hinzugehen, und das<br />
manchmal nur aus Lust und Laune. Auch scheinen<br />
Spanier die Brownsche Molekularbewegung sehr<br />
verinnerlicht zu haben; denn man trifft die Freunde<br />
nicht in seiner Wohnung, sondern, oh Wunder, eher<br />
zufällig beim Spazierengehen. Das Schlimmste war<br />
jedoch der allmorgendliche Bergaufstieg zur Schule.<br />
Ich habe ihn gehasst!<br />
Wahrscheinlich um mich zu motivieren, erläuterte mir<br />
meine bereits erwähnte Freundin den positiven Nebeneffekt<br />
der ganzen Lauferei: unsere Pos schienen<br />
um Zentimeter nach oben trainiert zu sein!<br />
Das ausgeklügelte Lauftraining (bergauf, bergab)<br />
wirkte unserem Esstraining sehr entgegen; keiner<br />
aus unserer Gruppe wurde von dem Vorwurf verschont,<br />
wir hätten nicht genug zu essen. Es ergab<br />
sich ein regelrechter Wettkampf, wer für die Ausflüge<br />
am meisten Proviant mitbekommen hatte.<br />
Natürlich würden Frau Wadehn und Frau Habekost<br />
nie mit uns nach Molins de Rei in der Nähe von Barcelona<br />
fahren, ohne ein kulturell geprägtes Programm<br />
mit uns zu starten. So fuhren wir an einem<br />
Tag mit dem Bus zum Kloster Montserrat ins gleichnamige<br />
Gebirge, fuhren mit einer Minibahn hoch und<br />
wanderten etwas herum. Einen anderen Tag brachte<br />
uns der Bus zu Salvador Dalís Haus direkt am Meer<br />
in der Nähe von San Llegat. Das Haus hinterließ bei<br />
den meisten einen bleibenden Eindruck, immerhin<br />
war der Erbauer sehr einfallsreich und auch ein bisschen<br />
„loco“. Unser letzter Ausflug war in den hübschen<br />
kleinen Badeort Sitges; wie ich von meiner<br />
Gastmutter augenzwinkernd erfuhr, ein Ort mit „sehr<br />
vielen, sehr hübschen Männern“ (Klartext: Sitges ist<br />
Europas Gay Hotspot).<br />
Ich brauche wohl nicht zu erwähnen, dass wir jede<br />
freie Minute darauf verwandten, Barcelona zu erkunden.<br />
Eine Stadt voller Touristen, Tauben, Attraktionen<br />
und Shoppingmöglichkeiten! (Die zwei einzigen<br />
männlichen Teilnehmer schlugen sich wirklich wacker!)