PUBLISHER S Lavater Correspondence The ... - IDC Publishers
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Prof. Dr. Karl Pestalozzi, Universitat Basel<br />
<strong>Lavater</strong> als Briefschreiber<br />
<strong>Lavater</strong>s Lebenselement war es, anderen Menschen face to face zu begegnen and sich mit ihnen Ober die<br />
Dinge zu unterhaiten, die ihm wichtig waren. Im direkten Kontakt soil der Zauber seiner Ausstrahlung<br />
unwiderstehlich gewesen sein. Das anderte sich jedoch bei raumlicher Distanz zu seinen Freunden and<br />
Freundinnen, denn nun mussten Briefe die unmittelbare Begegnung ersetzen. Dieses Bedurfnis, ungeachtet<br />
der geographischen Distanz personliche Nahe zu pflegen, machte <strong>Lavater</strong> zu einem der fleissigsten<br />
Korrespondenten seiner schreibfreudigen Zeit Nach seinem von Paulus ubernommenen Grundsatz "alien<br />
alles zu sein" (1.. Kor.. 9,22 ) stellte er sich auf die jeweiligen Korrespondenten ein.<br />
Wegleitend war dabei <strong>Lavater</strong>s Bemuhen, etwas von der s.pontanen Begegnung aufs Papier zu retten. Das<br />
suchte er dadurch zu erreichen, dass er, am Schreibpult stehend, ohne Brouillon, unmittelbar aus dem<br />
Herzen, hinschrieb, was ihm zu einer Sache oder als Antwort auf eine Anfrage einfiel.. Neben sich hatte er<br />
eine Sanduhr, die nach einer Viertelstunde umgedreht werden musste.. "Ich kehre mein Viertelstundchen, u..<br />
bis es herunter gesandet hat, schreib' ich Euch, lieben drey, was mir einfalit" (an Wieland, Goethe and Lenz<br />
am 27.. April 1776 ). Das konnte vor vielen seiner Briefe stehen.. Manche wachsen sich allerdings dann doch<br />
zu eigentlichen Abhandiungen aus.. Seinem Briefstil suchte <strong>Lavater</strong> dadurch Spontaneitat zu bewahren,<br />
dass er ihn mundlich erscheinen liess, soweit ihm das in der Schriftsprache - im Alltag sprach er naturlich<br />
ZUrichdeutsch - moglich war, z..B.. durch Elisionen "ist's", "erblick'ich" and eine einfache Syntax.. Stereotyp<br />
sind <strong>Lavater</strong>s Beteuerungen, dass er nicht zu sagen vermoge, was er eigentlich wolle.. Vor allem aber<br />
durchsetzte er seine Briefe uppig mit Satzzeichen - gereihten Gedankenstrichen, Doppelpunkten, Frageund<br />
Ausrufezeichen - die signalisieren soliten, dass das Gesagte immer noch einen Hof von Unsagbarem<br />
um sich behalte. Als "lavaterisieren" wurde dieses Verfahren bei den Zeitgenossen Mode.. Ulrich Braker<br />
erwiderte darauf in seinem Tagebuch: "0, <strong>Lavater</strong> schreibe nicht - denke, and fuhle ......... - ----<br />
(7.8.17780).<br />
So personlich <strong>Lavater</strong> seine Briefe gestaltete and auf die jeweiligen Adressaten ausrichtete, seine Briefe<br />
waren ihm keine blosse Privatsache.. Er hatte nichts dagegen, wenn die Adressaten sie herum reichten, er<br />
verfuhr mit den Briefen, die er erhielt, nicht anders. <strong>Lavater</strong>s Korrespondenz war insgesamt'Teil eines<br />
weitgespannten Kommunikationsnetzes, das die prominenten Angehorigen der Gelehrtenrepublik mit ihrem<br />
jeweiligen lokalen Anhang uber alle Grenzen der Kleinstaaterei hinweg verband and alle uber alles auf dem<br />
Laufenden hielt.. Seit Gellerts "praktischer Abhandlung von dem guten Geschmacke in Briefen" (1751) hatte<br />
sich eine deutsche Briefkultur herausgebildet, an der <strong>Lavater</strong> auf besonders exzessive Weise teilhatte - and<br />
deren.Auskiang wir heute beiwohnen.<br />
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