KUNSTINVESTOR - AUSGABE DEZEMBER 2014
Kunst als Kapitalanlage Chefredakteur: Michael R. Minassian
Kunst als Kapitalanlage
Chefredakteur: Michael R. Minassian
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<strong>DEZEMBER</strong> <strong>2014</strong><br />
www.kunstinvestor.at<br />
Sammlung Essl: „Weltenbummler.abenteuer kunst“<br />
LENTOS restituiert drei Kunstwerke-Top Qualität im Kinsky sorgte für entfesselte Gebote- Joan Miró, Grafik,<br />
Skulptur, Arbeiten auf Papier-Die erotische Fotografie von Alfons Walde- Jasper Johns:REGRETS-<br />
KIDNAPPERS FOIL- Katharina Struber:COMMON PRACTICE- Linzer Kunststudenten präsentieren Pop-up Bar
6 | KUNST.INVESTOR Editorial<br />
Kunst als globale<br />
Ersatzwährung von<br />
hohem Prestige<br />
Ein Jahr geht zu Ende, und sagen wir: „es war kein<br />
schlechtes Jahr“, Anlass zur Freude… oder!? Doch die<br />
vorliegende Ausgabe ist kein Jahresrückblick und<br />
Wirtschaftsreport. Heute halten Sie die aktuelle<br />
Dezember-Ausgabe des Magazins KUNST.INVESTOR<br />
in „Händen“. Innovativ, exklusiv und stets mit dem<br />
richtigen Riecher für aktuelle Entwicklungen informieren<br />
wir Sie rund um alle wichtigen Themen, die nationalen<br />
und internationalen Kunstmärkte betreffend. Kunst ist<br />
ein interessantes Portfolio und unbestritten die<br />
schönste Beimischung für Ihr Investment- inspirierend,<br />
nicht allein in ideeller Hinsicht. Besonders in Zeiten, da<br />
Bullen auf sich warten lassen und Renditen an der<br />
Nulllinie kratzen, etablieren sich Kunstwerke als stabile,<br />
vor allem aber als rentable Assets. Eine Tatsache, der<br />
sich selbst hartgesottene Aktionäre nicht entziehen<br />
können. Außenseiter der Kunstgeschichte profitieren<br />
davon nicht substanziell in Kunst interessiert zu sein,<br />
weil die zeitlichen Intervalle von einer Aktienbaisse zur<br />
nächsten immer wieder kürzer werden- wäre auch zu<br />
erwarten, dass die persönliche Entscheidung dieser<br />
Käufer weniger zählt. Wie schade. Und wie<br />
bezeichnend. Viele Sammler scheinen in Bilder wie in<br />
Aktien zu investieren. Käufer haben eben nicht nur<br />
wieder viel Geld, sie kultivieren auch einen sehr<br />
selektiven Blick. Mehr noch: Dieser Boom ist noch<br />
lange nicht an seine Grenzen gestoßen. Bilder,<br />
Antiquitäten und andere Sammelobjekte nehmen im<br />
Rahmen der Veranstaltungen einen immer höheren<br />
Stellenwert ein. Dies bestätigen die hervorragenden<br />
Ergebnisse der Auktionshäuser, wie die des<br />
Auktionshauses „im Kinsky“: Im November wurde für<br />
das Gemälde Maria Lassnig „Brettl vor dem Kopf“ der<br />
erste Rekordpreis von 330.000 Euro geboten, der nur<br />
wenige Stunden hielt. Am Abend wurde im Dorotheum<br />
das Gemälde "Der Wald" für 400.000 Euro<br />
zugeschlagen. Weil es bei allen Dingen des Lebens<br />
immer auf den richtigen Mix ankommt, wollen wir Sie<br />
nicht nur mit fundierten Hintergrundberichten, präzise<br />
recherchierten Topstorys, wichtigen Nachrichten und<br />
aktuellen Interviews begeistern. Zusätzlich wollen wir<br />
dieses Magazin auch mit dem Sonderteil Geld &<br />
Anlage-Investor, „be INVESTOR“ als moderne<br />
Plattform zum Austausch wichtiger Investitionsinformationen<br />
anbieten. Lesen Sie den aktuellen<br />
KUNST.INVESTOR, wo Sie sich ein aktuelles Bild über<br />
den Kunst- & Geldmarkt verschaffen können- eine<br />
wirklich gute Investition.<br />
Viel Spaß Wünscht Ihnen<br />
Michael Ruben Minassian<br />
IMPRESSUM: Medieneigentümer, Chefredakteur & Herausgeber: Michael Ruben Minassian. Mail:<br />
michael.minassian@kunstinvestor.at , Telefon: +43 1/ 236 53.1312 Verlagsadresse: MN Online & Content GmbH,<br />
1110 Wien, Brehmstrasse 10/4.OG, Geschäftsführung: Markus Bauer, ATU 65091955, FN 330453k, Tel: +43 1/<br />
91920- 9045, Fax: + 43 1/29 81 298, Website:www.kunstinvestor.at, Cover-Foto : Maria Lassnig, © Sammlung Essl<br />
Privatstiftung; Foto Mischa Nawrata
8 | KUNST.INVESTOR News<br />
Emil Nolde, Maiwiese (Maienwiese)- 1915, LENTOS Kunstmuseum Linz<br />
LENTOS restituiert drei Kunstwerke<br />
Der Linzer Gemeinderat stimmte am 20. November <strong>2014</strong>, dem Antrag des Verwaltungsausschusses<br />
der Museen der Stadt Linz zu, drei Gemälde aus der Sammlung des LENTOS zu restituieren.<br />
Bei den drei Kunstwerken handelt es sich um die<br />
Gemälde Maiwiese (Maienwiese), 1915, von Emil Nolde<br />
sowie Othello (Der Mohr), 1884, und Schwabing (Blick<br />
aus dem Atelierfenster), 1891, von Lovis Corinth. Die<br />
Maiwiese (Maienwiese) gehörte ursprünglich dem in<br />
Hamburg lebenden Arzt Dr. Otto Siegfried Julius.<br />
Aufgrund seiner jüdischen Herkunft wurde er von den<br />
NS-Machthabern verfolgt und flüchtete im September<br />
1938 in die Schweiz und 1939 weiter in die USA. Nach<br />
seiner überstürzten Flucht versuchte Dr. Julius seine<br />
Kunstsammlung unter falschem Namen an die Adresse<br />
eines Bekannten in die Schweiz zu schicken. Auf dem<br />
Transportweg verliert sich jedoch die Spur der<br />
Kunstsammlung. Die Maiwiese (Maienwiese) gelangte<br />
in späterer Folge in den Besitz des Salzburger<br />
Galeristen Friedrich Welz, von dem es die Stadt Linz im<br />
November 1953 erwarb. Die beiden Gemälde von Lovis<br />
Corinth, Othello (Der Mohr) und Schwabing (Blick aus<br />
dem Atelierfenster) befanden sich im Eigentum des<br />
Berliner Handelsrichters, Kaufmanns und<br />
Kunstsammlers Jean Baer bzw. nach dessen Tod im<br />
Jahr 1930 seiner Witwe Ida Baer. Zwischen 1939 und<br />
ihrer Deportation nach Theresienstadt im August 1942,<br />
wo sie im selben Jahr starb, verlor Ida Baer die<br />
Verfügungsgewalt über die Kunstsammlung. Der<br />
weitere Verbleib der Kunstwerke bleibt unbekannt,<br />
ebenso der Zeitpunkt, zu dem Wolfgang Gurlitt in den<br />
Besitz der Werke gekommen war. Als Gurlitt der Stadt<br />
Linz 1953 einen Teil seiner Sammlung, im Rahmen der<br />
Gründung der Neuen Galerie der Stadt, verkaufte,<br />
befanden sich die beiden Gemälde darunter. Aus den<br />
vorliegenden Forschungsergebnissen ergab sich, dass<br />
der Verlust der Verfügungsmacht über die Kunstwerke<br />
in unmittelbarer Folge der Verfolgung von Otto<br />
Siegfried Julius bzw. Ida Baer durch die NS-Herrschaft<br />
eingetreten war. Der weitere Verbleib der Kunstwerke<br />
bleibt unbekannt, ebenso der Zeitpunkt, zu dem<br />
Wolfgang Gurlitt in den Besitz der Werke gekommen<br />
war. Als Gurlitt der Stadt Linz 1953 einen Teil seiner<br />
Sammlung, im Rahmen der Gründung der Neuen<br />
Galerie der Stadt, verkaufte, befanden sich die beiden<br />
Gemälde darunter.
9 | KUNST.INVESTOR News<br />
Lovis Corinth,Schwabing (Blick aus dem Atelierfenster)- 1891, LENTOS Kunstmuseum Linz
10 | KUNST.INVESTOR News<br />
Lovis Corinth, Othello (Der Mohr)- 1884, LENTOS Kunstmuseum Linz<br />
Aus den vorliegenden Forschungsergebnissen ergab<br />
sich, dass der Verlust der Verfügungsmacht über die<br />
Kunstwerke in unmittelbarer Folge der Verfolgung von<br />
Otto Siegfried Julius bzw. Ida Baer durch die NS-<br />
Herrschaft eingetreten war. Ein Rückgabetatbestand im<br />
Sinne des österreichischen Kunstrückgabegesetzes<br />
liegt damit vor. Im Sinne einer größtmöglichen<br />
Objektivierung des Sachverhalts ersuchte die Stadt<br />
Linz den für Restitutionsfälle der österreichischen<br />
Bundesmuseen zuständigen Kunstrückgabebeirat um<br />
eine ergänzende Beurteilung. Dieser schloss sich den<br />
dargestellten Schlussfolgerungen an und empfahl in<br />
beiden Fällen die Restitution der Gemälde. Zu Beginn<br />
nächsten Jahres werden alle drei Kunstwerke nun an<br />
die ErbInnen nach Otto Siegfried Julius bzw. Ida Baer<br />
in Nordamerika übergeben und in deren Privatbesitz<br />
übergehen. (Foto: Lentos Linz)<br />
Provenienzforschung im LENTOS und bisherige<br />
Ergebnisse: Zur Provenienz der Sammlung der Neuen<br />
Galerie bzw. des LENTOS, insbesondere jener Werke,<br />
die von Wolfgang Gurlitt 1953 bzw. 1956 an die Stadt<br />
verkauft wurden, wird seit Jahren geforscht. 1999<br />
veröffentlichte die Stadt Linz einen ersten Bericht<br />
(Walter Schuster: Die Sammlung Gurlitt der Neuen<br />
Galerie der Stadt Linz. Linz 1999). Zur Intensivierung<br />
der Recherchen wurde im Auftrag des Bürgermeisters<br />
und des Magistratsdirektors im Jahr 2007 ein<br />
Arbeitskreis für Provenienzforschung eingerichtet.<br />
Geleitet von Stella Rollig, künstlerische Direktorin der<br />
Museen der Stadt Linz, Gernot Barounig der<br />
kaufmännische Direktor, die Leiterin der<br />
Gemäldesammlung des LENTOS Elisabeth Nowak-<br />
Thaller, der Direktor des Archivs der Stadt Linz Walter<br />
Schuster sowie die renommierte deutsche<br />
Provenienzforscherin Vanessa Voigt. Auf Grundlage<br />
der Ergebnisse der Forschungsarbeiten sowie mehrerer<br />
externer Gutachten wurden seither folgende<br />
Kunstwerke restituiert: 1999: Lesser Ury, Die Näherin,<br />
2003: Egon Schiele, Stadt am Fluss, 2009: Gustav<br />
Klimt, Damenbildnis, 2011: Wilhelm Trübner, Bildnis<br />
Carl Schuch, 2012: Anton Romako, sechs Gemälde.
12 | KUNST.INVESTOR Auktionshaus Kinsky<br />
© im Kinsky, Jan Brueghel d. Ä., Blumenstrauß in Tonvase, 1607/1608, Öl auf Holz, 56 x 42 cm, € 350.000 – 700.000
13 | KUNST.INVESTOR Auktionshaus Kinsky<br />
© im Kinsky, Maria Lassnig (1919 – <strong>2014</strong>), Brettl vorm Kopf, 1967, Öl auf Leinwand, 100,5 × 115,5<br />
Top Qualität sorgte für entfesselte Gebote<br />
Die 103. Kunstauktion im Kinsky war ein Erfolg: ein Erfolg für die Kunst, deren Einzigartigkeit und Seltenheit in<br />
hohem Maße gewürdigt wurde! Rekord- und Spitzenpreise führten zu einem Gesamtergebnis von € 10,5 Mio,<br />
das bisher höchste in der Geschichte des Auktionshauses im Kinsky!<br />
Das Top-Ergebnis und gleichzeitig den weltweit<br />
höchsten je für ein Blumenbild Jan Brueghels d. Ä.<br />
erzielte Preis lieferte ein zauberhaftes Blumenbouqet in<br />
Tonvase dieses großen flämischen Meisters, das nach<br />
mehrfachen Bietergeboten am Telefon für € 1,850.000/<br />
€ 2,191.500 nun an einen europäischen Sammler geht!<br />
Dieser neue Weltrekordpreis für eines der ersten<br />
Blumenbilder der Kunstgeschichte bestätigt die<br />
Wettbewerbsfähigkeit unseres Hauses im<br />
internationalen Vergleich und bestärkt den<br />
Kunstmarktplatz Österreich! Die Seltenheit am Markt,<br />
der sehr gute Erhaltungszustand, die Reife der<br />
Ausführung und die bedeutende Rolle in der<br />
Geschichte der Kunst bilden die hervorragende<br />
Kombination, die diesen Sensationspreis ermöglicht<br />
hat! Den ersten neuen Rekordpreis für Maria Lassnig<br />
wurde auf der Auktion der ZEITGENOSSEN erzielt, die<br />
zu einem Fest der im Sommer verstorbenen Künstlerin<br />
wurde: Schriftliche Gebote, Telefon- und Saalbieter<br />
rangen um ihre beiden Zwiesprachen, am Ende erfolgte<br />
für das „Brettl vor dem Kopf“ ein neuer Rekordpreis für<br />
ein Bild dieser Jahre und dieser Größe: € 330.000 / €<br />
450.700!! (Bemerkung am Rande: Der letzte Rekord lag<br />
bei € 230.000/ € 287.000, ebenso im Kinsky erzielt!)<br />
Ebenso ein Höchstpreis gemessen am Bildmaß erzielte<br />
die „Gegenüberstellung“: nach dem Zuschlag von €<br />
180.000 / € 247.500 kann sich der erfolgreiche<br />
Sammler nun eingehender dem Body awareness -<br />
Dialog widmen.
14 | KUNST.INVESTOR Auktionshaus Kinsky<br />
© im Kinsky, Alphons Walde<br />
Neue Wert-Standards wurden am 2. Auktionstag auch<br />
für die ANTIQUITÄTEN gesetzt: Zweifellos stellte die<br />
kleine, doch aus reinem Gold glänzende Kanne aus<br />
dem Reich der Mitte eine wahre Rarität am Kunstmarkt<br />
dar, der sensationelle Zuschlag bei € 300.000 / €<br />
378.000, das Zehnfache des Ausgangspreises,<br />
begeisterte aber zweifellos! Ein unglaublicher Rekord<br />
verzeichnete aber auch die Bernsteinfarbene<br />
Warzenflasche des 18. Jhd., mit € 33.000 / € 41.600 ein<br />
absoluter Spitzenpreis! Die KLASSISCHE MODERNE<br />
wiederum konnte nicht nur fast 90% des Angebotes zu<br />
hervorragenden Preisen verkaufen, die Sparte machte<br />
v.a. mit Top-Zuschlägen Furore: wenn bei Alfons Walde<br />
tief verwurzelte, gesunde Männlichkeit an einem<br />
blendend weißen Wintertag seine Stärke zeigt, dann<br />
klettern die Preise eben in neue Höhen: Bis € 220.000/<br />
€ 277.000 für den (kleinen) Sonntag und noch weiter<br />
bis € 270.000 / € 340.000 für den Bauernsonntag!<br />
JUGENDSTIL & MODERNES DESIGN erreichte einmal<br />
mehr für einen Jüngling aus Marmor von George Minne<br />
den beachtlichen Preis von € 75.000 / € 94.500, für<br />
einen Palmblätter-Spiegel von Dagobert Peche €<br />
55.000 / € 69.300 und für die zauberhafte Brosche von<br />
Otto Prutscher € 35.000 / € 44.100. In der Sparte 19.<br />
JAHRHUNDERT wetterten die Bieter um Rudolf von<br />
Alts malerisch intensive Ansicht der Ruine Weitenegg<br />
an der Donau (€ 32.000 / € 40.320) und um das<br />
nächtliche Schauspiel des belgischen Malers Petrus<br />
van Schendel bis € 38.000 / € 47.800. Das liebliche<br />
Waldblumenbild von Marie Egner war nicht unter €<br />
28.000 / € 31.600 und Olga Wiesinger-Florians<br />
Zyklamen nicht unter € 38.000 / € 42.900 zu haben.<br />
Nächste Auktion: 27.Jänner 2015 Kostbarkeiten, 24.<br />
März 2015: Zeitgenössische Kunst. (Foto: im Kinsky)
16 | KUNST.INVESTOR Artcurial<br />
„Die Kunst des Sammelns“<br />
Liuba und Ernesto Wolf in Auktion bei Artcurial in Paris<br />
Im Dezember <strong>2014</strong> kommen die Highlights der Liuba und Ernesto Wolf Sammlung, die bei der Eröffnung in<br />
Wien ausgestellt waren, bei Artcurial in Paris unter den Hammer.<br />
Paris– „Die Kunst des Sammelns ist auch eine Art der<br />
Schaffung, das zeigt die Liuba und Ernesto Wolf<br />
Sammlung. Quer durch die verschiedenen Epochen<br />
vereint sie Kunstwerke mit großer Kenntnis und Gefühl<br />
nebeneinander,“ erklärt Prof. Serge Lemoine, Direktor<br />
a.D. Musée d’Orsay. Die breite Sammlung von 300<br />
Meisterwerken umfasst viele Epochen der<br />
Kunstgeschichte von moderner Kunst, über Bücher und<br />
Manuskripte bis hin zu Stammeskunst, mittelalterlichen<br />
Emaillierungen und kykladischen Skulpturen. Highlights<br />
der Sammlung waren erst vor kurzem zur Eröffnung der<br />
neuen Repräsentanz von Artcurial in Wien im<br />
September ausgestellt. Caroline Messensee, Direktorin<br />
von Artcurial in Wien: „Ganz im Geiste des<br />
Kunstkabinetts vereint die Sammlung verschiedene<br />
Meisterwerke und außergewöhnlicher Stücke laut<br />
Ernesto Wolf. Die Sammlung ist eklektisch und sehr<br />
persönlich, durch die Mischung von mittelalterlichen<br />
Antiquitäten, antiker orientalischer Kunst bis hin zu<br />
Büchern und Manuskripten des Mittelalters und des 20.<br />
Jahrhunderts.“ Ernesto Wolf stammt aus einer deutschjüdischen<br />
Familie von Stoffhändlern, 1938 floh er aus<br />
Nazi-Deutschland zuerst nach Argentinien dann 1950<br />
nach Brasilien. Dort traf er seine Frau Liuba, eine<br />
Bildhauerin und Schülerin von Germaine Richier.<br />
Zusammen machten sie sich fast 60 Jahre lang auf die<br />
Suche nach Ästhetik in allen Bereichen der Kunst.<br />
Besonders bekannt ist Ernesto Wolf (1918-2003) für<br />
seine Sammlung von byzantinischem und<br />
mittelalterlichen Glass, welche er dem Landesmuseum<br />
Württemberg schenkte, aber auch als Sammler von<br />
moderner wie primitiver Kunst und antiken Büchern hat<br />
er sich einen Namen gemacht. „Die Liuba und Ernesto<br />
Wolf Sammlung ist eine der bedeutendsten<br />
Sammlungen des späten 20. Jahrhunderts. Obwohl sie<br />
ihre Anfänge in Südamerika hat, ist ihre Breite für<br />
Europa beeindruckend. Sie umfasst viele verschiedene<br />
Bereiche der Kunst – von Glass aus Mesopotamien bis<br />
hin zu illustrierten Büchern und Manuskripten des<br />
Mittelalters über Kunst des 20. Jahrhunderts von<br />
Chagall, Poliakoff, Toulouse-Lautrec bis hin zu Picasso,<br />
“ unterstreicht Lemoine die Sammlung Wolf. (Foto:<br />
ARTCURIAL)
20 | KUNST.INVESTOR ElectricChurch<br />
Musikalisches Abendgebet<br />
Electric Church machte Karlskirche zum Konzertsaal. Restlos ausverkaufte Electric Church und elektrischeklektische<br />
Beats von Star-DJ Sergio Flores zogen Wiens Society in ihren Bann.<br />
Die Publikumspremiere der Electric Church verwandelte<br />
Wiens Karlskirche am Donnerstagabend in eine<br />
Konzerthalle der Superlative: Star DJ Sergio Flores<br />
lieferte mit Saxophonspielern, Chor, Piano und<br />
Elektrobeats eine einzigartige musikalische<br />
Inszenierung des Alten Testaments. „Die zeitgemäße<br />
Inszenierung religiöser Inhalte vor Weihnachten ist ein<br />
wunderbarer Auftakt in den Advent“, freute sich Electric<br />
Church-Gründer Robert Otto über das restlos<br />
ausverkaufte Konzert. In einem Zusammenspiel von<br />
leuchtenden Visuals und der atemberaubenden Kulisse<br />
historischer Fresken kam das musikalische Spektakel<br />
zu seiner vollen Geltung und bot ein einmaliges<br />
Show_Erlebnis. „Bei der Electric Church wird Glauben<br />
zum Erlebnis. Ein volles Gotteshaus, in dem sich die<br />
Kultur entfaltet, ist auch für mich bewegend“, sagte<br />
Dompfarrer Faber. (Foto:(© leisure.at/Christian Jobst)
22 | KUNST.INVESTOR Lentos<br />
8. MODEZONE im LENTOS<br />
Rund 40 DesignerInnen aus dem In- und<br />
Ausland präsentieren mit der 8. MODEZONE<br />
vom 14. bis 16. November ihre aktuellen<br />
Kollektionen und Accessoires. Das Konzept:<br />
Shopping-vergnügen abseits des Mainstream<br />
Kleidermarkts im Ambiente des LENTOS<br />
Kunstmuseum Linz. Im Mittelpunkt stehen<br />
innovative Mode, Kunst und Design. Damit<br />
konnte die MODEZONE in den Jahren zuvor<br />
bei den BesucherInnen punkten. Und darauf<br />
setzt das Team rund um Ina Wiesner, Astrid<br />
Windtner und Eva Bauer auch <strong>2014</strong>. Sie holen<br />
mit ihrer Auswahl an Labels sowohl Elegantes<br />
und Schlichtes wie auch Ausgefallenes,<br />
Recyceltes und Trendiges für Frauen, Männer<br />
und Kinder nach Linz. Ein Wochenende lang<br />
steht das LENTOS ganz im Zeichen aktueller<br />
Fashiontrends und von individuellem<br />
Modedesign. eueinsteigerInnen der<br />
Modeszene haben im „newcomer corner“<br />
Gelegenheit, ihre Mode zu präsentieren. Die<br />
MODEZONE ist erstmals an zwei weiteren<br />
Schauplätzen präsent. In der Galerie Brunnhofer von 8. bis 16. November im Rahmen einer Kooperation die<br />
Ausstellung Kunst & Mode Vol. 1: IRENE ANDESSNER gezeigt und im Raumschiff, 'Raum zur Vermittlung von<br />
zeitgenössischer Kunst und zur Förderung von interdisziplinärer Zusammenarbeit'. (Foto: Lentos, © Volker Weihbold,<br />
Model: Coco Commenda, Fashion: biZZikletten)
24 | KUNST.INVESTOR Cover - Essl Museum<br />
Hubert Schmalix, Glassel Park, Fotonachweis: Photoatelier Laut, Wien, © Sammlung Essl
25 | KUNST.INVESTOR Cover - Essl Museum<br />
Ai Weiwei, Divina Proportione, 2010, courtesy of the artist and Lisson Gallery, © Sammlung Essl Privatstiftung<br />
„Weltenbummler. abenteuer kunst“<br />
„Weltenbummler. abenteuer kunst“ ist ein<br />
partizipatorisches Ausstellungsprojekt der<br />
Kunstvermittlung des Essl Museums gemeinsam mit<br />
Schülerinnen und Schülern und Besuchergruppen. Zu<br />
sehen sind internationale Werke aus der Sammlung<br />
Essl, darunter noch nie präsentierte wie die Skulptur<br />
„Divina Proportione“ von Ai Wèiwèi und Arbeiten von<br />
Maria Lassnig, Jörg Immendorff, Anselm Reyle, David<br />
Salle, Liu Wei, Fiona Rae, Henning Kles, Donald<br />
Baechler und viele mehr. Der Begriff „Weltenbummler“<br />
verbindet die Sehnsucht nach der Ferne, die Neugier<br />
auf das Andere, das Entdecken um des Entdeckens<br />
willen. Mit Fantasie und Kunst kann die ganze sichtbare<br />
Welt bereist werden, sogar neue Welten können<br />
entstehen. Die internationalen Kunstwerke der<br />
Ausstellung bieten dafür inspirierende Anregungen.<br />
Reisen und Kunst erweitern den Horizont, so sagt man.<br />
Aber gilt das für alle Reisen und Ausstellungsbesuche?<br />
Je mehr Zeit und Aufgeschlossenheit vorhanden sind,<br />
desto mehr Platz gibt es für Begegnungen mit dem<br />
Fremden, für Überraschungen, Staunen und auch<br />
Schrecken – für das Abenteuer Kunst. Abenteuer<br />
können im Kopf entstehen und die Kunst vermag es,<br />
die Fantasie des Betrachters zu beflügeln, es können<br />
sogar Welten entstehen, die man nie bereisen könnte.<br />
„Wir haben Besucherinnen und Besucher eingeladen,<br />
sich mit zeitgenössischer Kunst zu Abenteuern im Kopf<br />
anregen zu lassen“, so Andreas Hoffer, Chefkurator<br />
und Leiter der Kunstvermittlung im Essl Museum. Vier<br />
Gruppen von Schülerinnen und Schülern<br />
unterschiedlichen Alters (VS, NMS und AHS) waren die<br />
Gastkuratorinnen und Gastkuratoren dieser<br />
Ausstellung. Alle Kinder und Jugendlichen haben zu<br />
Beginn malerisch und in Gesprächen erforscht, was für<br />
sie ein Weltenbummler ist und wohin sie die Reise<br />
führen würde. Diese Themen bestimmten die<br />
Vorauswahl der Kunstwerke für die Ausstellung.<br />
Kunstvermittler, Kuratoren und die Archivabteilung des<br />
Museums haben aus 7.000 Werken der Sammlung Essl<br />
eine großzügige Anzahl für die Gastkuratorinnen und -<br />
kuratoren zurVerfügung gestellt, aus denen die<br />
Gruppen ihre Werke gefunden haben, die sie<br />
inspirieren und die sie in ihrer Ausstellung zeigen<br />
wollen.
26 | KUNST.INVESTOR Cover - Essl Museum<br />
Anna Meyer, Richtung, 2003, Mischa Nawrata, Wien, © Sammlung Essl Privatstiftung
27 | KUNST.INVESTOR Cover - Essl Museum<br />
Katrin Plavčak, Antilopen, 2000, Mischa Nawrata, Wien, © Sammlung Essl Privatstiftung<br />
Alle Schülerinnen und Schüler haben die Werke im<br />
Depot des Museums auch im Original kennengelernt,<br />
um sich eine Vorstellung von der wirklichen Präsenz<br />
und Größe der Arbeiten zu machen. Jeder der vier<br />
Gruppen wurde im Großen Saal des Essl Museums<br />
gleich viel Raum zur Verfügung gestellt. Alle Gruppen<br />
erstellen einen Hängeplan und werden beim Installieren<br />
der Ausstellung anwesend sein. Die Anzahl der Werke<br />
und ihre Präsentation sind ganz individuell. Einzige<br />
Vorgabe: es handelt sich um eine Museumsausstellung,<br />
die Besucherinnen und Besucher<br />
inspirieren möge, ihre eigenen Gedankenreisen zu<br />
machen. Die Ausstellung „Weltenbummler. abenteuer<br />
kunst“ zeigt zahlreiche internationale Werke aus der<br />
Sammlung Essl. „Diese Kunstwerke wurden von<br />
unseren Gastkuratorinnen und -kuratoren ausgewählt,<br />
weil sie für Abenteuer im Kopf stehen. Die Auswahl ist<br />
ein buntes Kaleidoskop an künstlerischen Positionen<br />
und Aussagen, an Techniken und Stilen – eher ein<br />
Assoziativ denn eine stringente Themen-schau. Die<br />
Werke sprechen für sich und werden nicht zu<br />
Platzhaltern für Inhalte gemacht. Es wird nicht<br />
aufgelöst, welche assoziative Verbindung einen Schüler<br />
/ eine Schülerin zu seiner Werkauswahl geführt hat.<br />
Das bleibt bewusst nicht genannt, da es allen im Team<br />
wichtig war, dass die Besucherinnen und Besucher<br />
nicht in eine bestimmte Richtung in der Interpretation<br />
der Werke gedrängt werden“, so Hoffer. Weiterführende<br />
Informationen zu den Künstlern finden sich deshalb<br />
nicht in der Ausstellung, sondern in der Bibliothek des<br />
Museums. Jede der vier Gastkuratoren-Gruppen stellt<br />
sich in der Ausstellung vor und gibt Einblicke in ihre<br />
Arbeit. Die Ausstellung läuft bis 1. März 2015. (Foto: ©<br />
Sammlung Essl)<br />
Künstlerinnen und Künstler der Ausstellung: Ai Wèiwèi (CN), Donald Baechler (US), Josef Bramer (A), James Connelly (GB),<br />
Georg Eisler (A), Willie Gudapi (AU), Jörg Immendorff (D), Siri Devi Khandavilli (IN), Henning Kles (D), Peter Land (DK), Maria<br />
Lassnig (A), Liu Wei (CN), Anna Meyer (CH), Alois Mosbacher (A), Nie Mu(CN), Chris Ofili (GB), Katrin Plavčak (D), Peter<br />
Pongratz (A), Fiona Rae (GB), Bianca Maria Regl(A), Anselm Reyle (D), David Salle (US), Hubert Schmalix (A), Christian Schmidt<br />
Rasmussen(DK), Zlatan Vehabović (HR), Mark Verlan (MD), Franz Zadrazil (A)-Alle Werke aus der Sammlung Essl
28 | KUNST.INVESTOR Cover - Essl Museum<br />
Donald Baechler, Rose (with coins), 2001, Fotonachweis: Graphisches Atelier Neumann, Wien © Bildrecht <strong>2014</strong>
29 | KUNST.INVESTOR Cover - Essl Museum<br />
Anselm Reyle, Little Cody, 2011, courtesy Galerie CFA, Berlin © Sammlung Essl Privatstiftung
30 | KUNST.INVESTOR Galerie Ernst Hilger
31| KUNST.INVESTOR Galerie Ernst Hilger<br />
Joan Miró<br />
Grafik, Skulptur, Arbeiten auf Papier<br />
Mit der Ausstellung Juan Miro –Grafik, Skulptur und<br />
Arbeiten auf Papier präsentiert die Galerie Ernst Hilger<br />
bis 13. Dezember <strong>2014</strong> Werke von einem der<br />
bedeutendsten Künstler des 20. Jahrhunderts. Auch<br />
wenn er sich nicht einer künstlerischen Strömung<br />
zuordnen lässt – seine Werke bewegen sich zwischen<br />
Dadaismus, Surrealismus bis hin zur Abstraktion - gilt<br />
er als wichtiger Vertreter der Moderne. Als Maler,<br />
Bildhauer, Grafiker und Keramiker entwickelte er seine<br />
ganz einzigartige Bildsprache: Frau, Mond, Sterne,<br />
Vogel und Auge sind immer wiederkehrende Motive.<br />
Seine Werke sind in allen wichtigen Museen und<br />
Sammlungen vertreten. Darüber hinaus gibt es die<br />
Fundació Joan Miró in Barcelona, welche sich der<br />
Präsentation von der Vielschichtigkeit seines Oeuvres<br />
gewidmet hat. Joan Miró wird am 20.4.1893 in<br />
Barcelona geboren. Er erhält als Kind bereits<br />
Zeichenunterricht, ab 1907 besucht er die<br />
Handelsschule sowie die Kunstakademie La Lonja in<br />
Barcelona. 1912 setzt er sein Kunststudium an der<br />
avantgardistischen Escola d’Art de Francisco Galí fort.<br />
Ab 1915 hat er ein eigenes Atelier, besucht den<br />
privaten "Cercle artistic de Sant Lluc". 1918 findet in der<br />
Galerie Dalmau die erste Einzelausstellung statt. 1919<br />
ist Miró erstmals in Paris, ab 1921 hat er dort neben<br />
Barcelona auch ein eigenes Atelier. 1921-22 entsteht<br />
mit dem Gemälde "Bauernhof" ein programmatisches<br />
Werk, das den Übergang in Mirós Kunst von der<br />
realistischen Sehweise hin zu bildnerischen<br />
Traumvisionen nachvollziehbar werden lässt. 1923<br />
kommt Joan Miró in Kontakt zu André Breton, Jean Arp,<br />
Giorgio de Chirico, Max Ernst, Paul Klee, Man Ray,<br />
André Masson, Pablo Picasso u.a. - den späteren<br />
Surrealisten. Mit ihnen stellt er 1925 gemeinsam in der<br />
Galerie Pierre aus.
32 | KUNST.INVESTOR Galerie Ernst Hilger<br />
Seine Gemälde werden nun immer abstrahierter und<br />
zeichenhafter. 1928 unternimmt Joan Miró eine Reise<br />
nach Holland, die ihn zu den "Holländischen Interieurs"<br />
inspiriert. 1929 heiratet er in Palma de Mallorca die<br />
Mallorquinerin Pilar Juncosa. 1929-30 durchlebt Joan<br />
Miró eine künstlerische Krise. Nach eigener Aussage<br />
will er die "Malerei ermorden". Seine Bilder werden<br />
weniger kleinteilig, enthalten oft nur noch wenige<br />
assoziative Zeichen. Sie bestehen immer mehr aus<br />
großen, sich überlagernden Farbflächen, die Mirós<br />
Stärke als Kolorist zu Tage treten lassen. Der Bildraum<br />
wird immer flächiger. Um 1930 entstehen erste "Papiers<br />
Collés", Collagen und Reliefs. Neben dem malerischen<br />
entsteht auch ein umfangreiches grafisches Werk mit<br />
vor allen Lithografien, Radierungen und Holzschnitten.<br />
Zudem entstehen surreale Objekte und Keramiken.<br />
1954 erhält Joan Miró auf der Biennale in Venedig den<br />
Großen Internationalen Grafik-Preis. Grafik und<br />
Keramik bestimmen für die nächsten vier Jahre sein<br />
Werk. 1956 erbaut der Architekt Sert das Atelierhaus<br />
"Son Abriñes" auf Mallorca und Joan Miró lebt von nun<br />
an in Palma de Mallorca. Joan Miró erhält zahlreiche<br />
Aufträge für Wandkeramiken für öffentliche Gebäude,<br />
er führt diese mit dem Künstler Artigas aus, mit dem er<br />
seit 1912 befreundet ist. 1964 wird in Saint-Paul-de-<br />
Vence die Fondation Maeght eingeweiht, für deren<br />
Garten "Le Labyrinthe" Miró Skulpturen und Keramiken<br />
entwirft.Joan Mirós Werke werden in zahlreichen<br />
Ausstellungen weltweit präsentiert. Bereits 1941 findet<br />
im Museum of Modern Art in New York die erste<br />
Retrospektive statt. Der Künstler erhält vielfache<br />
Ehrungen und Auszeichnungen. 1968 erteilt die Stadt<br />
Barcelona dem Architekten Sert den Auftrag für den<br />
Bau des Miró-Museums, für das sie vierzig Werke vom<br />
Künstler als Geschenk erhält. 1975 wird in Barcelona<br />
die Miró-Stiftung gegründet. Joan Miró stirbt am<br />
25.12.1983 in Palma de Mallorca. (Fotos: Galerie Ernst<br />
Hilger © Fundation Miró Barcelona)
33 | KUNST.INVESTOR Galerie Ernst Hilger
36 | KUNST.INVESTOR Fotomuseum WestLicht<br />
© Alfons Walde, Lacerta, Januar 1935/ Bildrecht, <strong>2014</strong>, Wien
37 | KUNST.INVESTOR Fotomuseum WestLicht<br />
© Alfons Walde, Gretei um 1940 / Bildrecht, <strong>2014</strong>, Wien<br />
SCHAULUST<br />
DIE EROTISCHE FOTOGRAFIE VON ALFONS WALDE<br />
Das Fotomuseum WestLicht zeigt die bislang<br />
unbekannten erotischen Fotografien des Malers Alfons<br />
Walde, etwa 120 Arbeiten aus dem Nachlass des<br />
Künstlers, die über Jahrzehnte unbeachtet in einer<br />
Kiste schlummerten. Der Fokus seiner Fotografie lag<br />
auf dem weiblichen Akt, die Inszenierung der Bilder<br />
reichte bis in die Pornografie. Die Verwendung des<br />
gerade erfundenen Farbfilms von Agfa ermöglichte<br />
Walde die realistische Wiedergabe im Foto, als<br />
Anregung für das gemalte Bild. Für die lange Zeit<br />
schwarz-weiß geprägte Fotogeschichte ist die<br />
Entdeckung nicht nur kulturhistorisch eine Sensation.<br />
In der Ausstellung lernt man den Landschaftsmaler<br />
Walde (Oberndorf 1891 - 1958 Kitzbühel) als<br />
leidenschaftlichen Fotografen kennen, seine<br />
fotografischen Studien von den Zwanzigern bis in die<br />
vierziger Jahre konzentrieren sich auf den weiblichen<br />
Körper. Klassische Posen aus der kunsthistorischen<br />
Tradition – etwa Anklänge an Ingres in Waldes<br />
fotografischen Rückenakten – wechseln dabei mit<br />
erotisch aufgeladenen, eher spielerischen Szenen.<br />
Walde frönt in der Fotografie dem lustvollen Schauen,<br />
er zeigt sich als Augenmensch, der die Leica zum<br />
Festhalten des ansonsten flüchtigen Moments nutzt, bei<br />
dem es aber immer auch um die Erotik der<br />
Fotografierens selbst geht, um den Wechsel der Blicke,<br />
um das Spiel von Ansehen und Posieren. Aus der Fülle<br />
des Archivs – etwa 250 Schwarz-Weiß-Filmrollen, rund<br />
2.000 Farbdiapositive, Kontaktbögen und<br />
Silbergelatineabzüge – haben die KuratorInnen<br />
Rebekka Reuter und Peter Weiermair die Auswahl<br />
getroffen. Vintage Prints und neue Abzüge dieser<br />
einzigartigen Farbdias begegnen in der Ausstellung<br />
Arbeiten aus seinem zeichnerischen und malerischen<br />
Werk. In der Gegenüberstellung wird die Bedeutung der<br />
Fotografie für Waldes Gesamtwerk deutlich. Sichtbar<br />
wird das intime Verhältnis zwischen dem Maler und<br />
seinen Musen und so erscheinen die Fotografien<br />
mitunter als Vorspiel im doppelten Sinne. (Foto:<br />
WestLicht, © Alfons Walde- Bildrecht, <strong>2014</strong>, Wien)
38 | KUNST.INVESTOR Fotomuseum WestLicht<br />
Biografie: Alfons Walde wurde am 8. Februar 1891 in<br />
Oberndorf bei Kitzbühel geboren. Bereits im folgenden<br />
Jahr übersiedelten die Eltern nach Kitzbühel, wo der<br />
Vater, selbst passionierter Zeichner und Waldes erster<br />
künstlerischer Einfluss, eine Stellung als Schulleiter<br />
angenommen hatte. Zwischen 1903 und 1910 besuchte<br />
Walde die k.k. Realschule in Innsbruck, Studien und<br />
lavierte Zeichnungen aus der Zeit zeigen sein<br />
künstlerisches Talent. Nach dem Abschluss zog es ihn<br />
1910 nach Wien, wo er ein Studium an der<br />
Technischen Hochschule begann. In dem Architekten<br />
Robert Oerley fand Walde einen Förderer, der ihn in die<br />
Wiener Kunstszene einführte und die Verbindung zu<br />
deren Protagonisten, wie Egon Schiele oder Gustav<br />
Klimt, herstellte. Es folgten Waldes erste Ausstellungen<br />
in Innsbruck (1911) und in der Wiener Secession<br />
(1913). 1914 meldete er sich freiwillig zum k.k.<br />
Landesschützenregiment II. Aus der Kriegszeit sind<br />
vereinzelte Fotografien überliefert, die er bei seinen<br />
Einsätzen an der Südfront und in Bosnien aufnahm.<br />
Waldes erste Berührung mit dem Medium Fotografie<br />
datiert allerdings noch aus der Zeit vor dem Ersten<br />
Weltkrieg, möglicherweise angeregt durch seinen Onkel<br />
und Verleger Sepp Ritzer. Nach seiner Rückkehr aus<br />
dem Krieg nahm Walde mit dem Wintersemester<br />
1917/18 seine Studien an der Technischen Hochschule<br />
wieder auf. In der Innsbrucker Kunsthandlung<br />
Unterberger brachte er 1921 erstmals auch seine<br />
Aktdarstellungen an die Öffentlichkeit, die auf<br />
gemischte Reaktionen stießen. Der in der<br />
Zwischenkriegszeit boomende Skitourismus und die<br />
mondänen Wintergäste in Kitzbühel bescherten Walde<br />
nicht nur eine potente Käuferschicht, sondern schlugen<br />
sich auch in seiner Motivwahl nieder. 1924 gewann<br />
Walde die beiden ersten Preise in einem Wettbewerb<br />
des Tiroler Landesverkehrsamtes, Rubrik<br />
„Winterbilder“. Im Jahr darauf gründete er einen<br />
eigenen Kunstverlag, der seine bekanntesten Motive<br />
als Postkarten, später auch als Kunstdrucke anbot und<br />
Walde auch international eine enorme Popularität<br />
verschaffte. Auf Einladung des mit ihm befreundeten<br />
Wiener Bildhauers Gustinus Ambrosi beteiligte sich<br />
Walde 1925 an der Biennale Romana und war dort mit<br />
drei Gemälden in der Überblicksschau österreichischer<br />
Kunst vertreten. 1925 heiratete er zum ersten Mal, die<br />
Ehe mit der Kitzbühlerin Hilda Lackner zerbrach vier<br />
Jahre später, 1930 vermählte er sich mit seiner zweiten<br />
Frau Lily Walter. Im Laufe der zwanziger Jahre hatte<br />
Walde begonnen, intensiver zu fotografieren. 1929<br />
errichtete er sich nach eigenen Plänen das Berghaus<br />
auf dem Hahnenkamm, in dem das Gros der<br />
Aufnahmen in diesem Buch entstand, insbesondere die<br />
Farbfotografien, die er ab Mitte der dreißiger Jahre mit<br />
dem neuen Agfacolor-Film und seiner Leica<br />
fotografierte. 1932 erschien Waldes erstes offizielles<br />
Tirol-Plakat, für das er sein Gemälde Der Aufstieg<br />
(1930) verwendete. Die nachfolgenden Jahre waren<br />
durch eine intensivierte überregionale Ausstellungstätigkeit<br />
geprägt, gleichzeitig tauchte eine Reihe<br />
von Fälschungen seiner Gemälde auf. Nach der<br />
Trennung von Lily Walter heiratete Walde 1940 in<br />
dritter Ehe Ida Troppschuh. Im selben Jahr wurde er als<br />
Pionier nach Salzburg einberufen, aber bereits kurze<br />
Zeit später krankheitsbedingt entlassen. Trotz kritischer<br />
Distanz zum NS-Regime wurde Walde aufgrund einer<br />
in den Ersten Weltkrieg zurückreichenden Freundschaft<br />
mit Kajetan Mühlmann, SS-Oberführer und NS-<br />
Kunstbeauftragter, 1946 für zwei Monate in Innsbruck<br />
inhaftiert. Die Kriegs- und ersten Nachkriegsjahre<br />
bedeuteten für Walde einen Rückzug ins Private und<br />
eine Besinnung auf vor allem architektonische Projekte.<br />
1956 wurde ihm die Professorenwürde verliehen, eine<br />
späte offizielle Anerkennung seines künstlerischen<br />
Werks. Alfons Walde starb am 11. Dezember 1958 im<br />
Haus seiner Schwester Berta in Kitzbühel.
40 | KUNST.INVESTOR Fotomuseum WestLicht<br />
© Alfons Walde, Anonymes Paar um 1932/ Bildrecht, <strong>2014</strong>, Wien<br />
© Alfons Walde, Liebespaar, um 1932/33 Pastell auf Papier/ Bildrecht, <strong>2014</strong>, Wien
41 | KUNST.INVESTOR Fotomuseum WestLicht<br />
© Alfons Walde, Gretei um 1940/ Bildrecht, <strong>2014</strong>, Wien
42 | KUNST.INVESTOR Fotomuseum WestLicht<br />
© Alfons Walde, Tanzende im Schnee um 1925, Tempera auf Papier
43 | KUNST.INVESTOR Fotomuseum WestLicht<br />
© Alfons Walde, Anonym um 1940. Bildrecht, <strong>2014</strong>, Wien
44 | KUNST.INVESTOR Fotomuseum WestLicht<br />
© Alfons Walde, Selbstporträtum 1940/ Bildrecht, <strong>2014</strong>, Wien
45 | KUNST.INVESTOR Fotomuseum WestLicht<br />
© Alfons Walde, Xenia April 1932/ Bildrecht, <strong>2014</strong>, Wien
46 | KUNST.INVESTOR MAK<br />
Foto: MAK, Ramon Puig Cuyas, Brosche, 1990er Jahre, © MAK/Nathan Murrell
47 | KUNST.INVESTOR MAK<br />
SCHMUCK 1970–2015 - SAMMLUNG BOLLMANN<br />
FRITZ MAIERHOFER – Retrospektive<br />
Einen Überblick über den formalästhetischen und materialspezifischen Reichtum des internationalen zeitgenössischen<br />
Schmucks präsentiert die Ausstellung SCHMUCK 1970–2015: SAMMLUNG BOLLMANN. FRITZ MAIERHOFER –<br />
Retrospektive, die ab 14. Januar 2015 im MAK zu sehen ist.<br />
Die Schau gewährt erstmals einen tiefen Einblick in die<br />
exquisite, mehr als 1.000 Objekte zählende<br />
Schmucksammlung des österreichischen Ehepaars<br />
Bollmann. Stilbildende Unikate und experimentelle<br />
Formen prägen die Ausstellung, die neben den<br />
Exponaten aus der Sammlung Bollmann auch das<br />
Œuvre des international anerkannten österreichischen<br />
Schmuckkünstlers Fritz Maierhofer zeigt. Insgesamt<br />
454 Exponate aus der Sammlung Bollmann werden im<br />
MAK der Öffentlichkeit präsentiert. Heidi und Karl<br />
Bollmann wählten Arbeiten von 206 KünstlerInnen, die<br />
einen Bogen über unterschiedlichste kulturelle<br />
Regionen spannen. Schmuckstücke aus den USA,<br />
Mexiko, Israel, Japan, Australien, Neuseeland,<br />
Südafrika, Korea, Vietnam und China sind ebenso zu<br />
sehen wie Exponate aus Österreich und nahezu allen<br />
europäischen Ländern. „Schmuck wird auch heute noch<br />
überwiegend als ein nach der Konvention zu lesendes<br />
Zeichen der gesellschaftlichen Position gesehen. Etwa<br />
Mitte der 1960er Jahre kam es jedoch in Europa, auch<br />
nahezu gleichzeitig in Japan und in den USA, zu einem<br />
radikalen Neubeginn. Die Freiheit der Kunst sollte auch<br />
für den Schmuck gelten. Wir sehen den Sinn der<br />
Ausstellung darin, jede Besucherin und jeden Besucher<br />
mit der Vielfalt der Objekte zu einer freien und<br />
lustvollen Bestimmung der eigenen Position<br />
einzuladen. Deswegen soll auch die grundlegende<br />
Einheit der Schmuckstücke gezeigt werden“, so Karl<br />
Bollmann. Zu den herausragenden gezeigten<br />
KünstlerInnenpositionen zählen etwa Manfred Bischoff<br />
(geb. 1947 in Deutschland, lebt und arbeitet in Italien<br />
und Deutschland), Yasuki Hiramatsu (1926–2012,<br />
Japan), Bruno Martinazzi (geb. 1923, Italien), Philip<br />
Sajet (geb. 1953, Niederlande, lebt und arbeitet in<br />
Deutschland), Annamaria Zanella (geb. 1966, Italien)<br />
sowie die Österreicher Helfried Kodré (geb. 1940,<br />
Österreich), Manfred Nisslmüller (geb. 1940,<br />
Österreich) und Peter Skubic (geb. 1935 in Serbien,<br />
lebt und arbeitet in Österreich). Seit mehr als 40<br />
Jahren verfolgt das Ehepaar Bollmann die Entwicklung<br />
der zeitgenössischen Schmuckkunst. „Von Anbeginn an<br />
waren meine Frau und ich von der ungemeinen Vielfalt<br />
und dem Abwechslungsreichtum des neuen Schmucks<br />
fasziniert. Peter Skubic war da ein selbstloser Mentor.<br />
Auch die immer mit Zweifeln verbundene Frage, was<br />
Schmuck eigentlich ist, und das Suchen nach der<br />
allgemein gültigen Qualität haben zu einem<br />
enzyklopädischen und geografisch weltweiten Ansatz<br />
geführt“, kommentiert Karl Bollmann sein<br />
Sammlerinteresse. Im Rahmen des Projekts Schmuck<br />
zur Jahrtausendwende – die Möglichkeit, die<br />
Wirklichkeit, der Mensch lud Karl Bollmann prominente<br />
internationale SchmuckkünstlerInnen ein, ein<br />
Schmuckstück für seine Ehefrau Heidi Bollmann zu<br />
fertigen. Alle 61 Arbeiten, darunter 16 österreichische,<br />
werden in einem eigenen Bereich der in drei<br />
Zeitabschnitte gegliederten Ausstellung (1970 bis 1999,<br />
2000 und 2001 bis 2015) erstmals gemeinsam<br />
ausgestellt. (Foto: © MAK)
48 | KUNST.INVESTOR MAK<br />
Foto: MAK, © Fritz Maierhofer, Brosche, 1987<br />
FRITZ MAIERHOFER. Retrospektive: Die<br />
Präsentation des Œuvre von Fritz Maierhofer, einem<br />
der führenden österreichischen Schmuck- und<br />
Objektkünstler, bildet den zweiten Bereich der MAK-<br />
Ausstellung SCHMUCK 1970–2015. Seine Werkschau<br />
umfasst Schmuck und Skulpturen von den 1960er<br />
Jahren bis heute. Ausgestellt werden insgesamt an die<br />
200 Objekte, die durch ungewöhnliche<br />
Materialkombinationen und eine avantgardistische<br />
Auffassung von Schmuck gekennzeichnet sind.<br />
Maierhofer, der seine Ausbildung bei Juwelier Heldwein<br />
in Wien erhielt, erzeugt aus Acrylglas, Stahl, Zinn,<br />
Aluminium und dem synthetischen Material Corian<br />
einzigartige Objekte. Der Künstler, der schon früh eine<br />
Neigung zur Bildhauerei erkennen ließ, war in den<br />
1960er und 1970er Jahren von der revolutionären<br />
Popkultur Englands geprägt. „Die folgenden Jahrzehnte<br />
sahen vielfältige Veränderungen im Schaffen<br />
Maierhofers, vor allem durch sein Experimentieren mit<br />
den unterschiedlichsten Materialien. Trotz der formalen<br />
Vielfalt bleiben die strukturellen Anhaltspunkte<br />
konstant: Es sind die Struktur, die Regeln des extremen<br />
Minimalismus und die aufwendigen abstrakten<br />
geometrischen Kombinationen aus Balken, Achsen und<br />
Traversen, alles Formen, die scheinbar aus<br />
architektonischen Installationen extrapoliert<br />
sind“, analysiert Graziella Folchini Grassetto einen Teil<br />
seiner künstlerischen Entwicklung im Katalog zur<br />
Ausstellung. Maierhofers erste Arbeiten aus den 1960er<br />
und 1970er Jahren bestechen durch die ungewöhnliche<br />
Verbindung der Materialien Acryl und Metall. Broschen<br />
und Ringe seiner Anfangsphase ruhen auf<br />
quadratischen Sockeln und Rahmen, die von<br />
Stahldrähten gehalten werden. Diese<br />
dreidimensionalen Werke finden ihre Fortsetzung in<br />
den Arbeiten der nächsten Jahrzehnte, in denen der<br />
Künstler Skulpturen für Plätze, Gärten und Parks<br />
realisierte. In seinen jüngst entstandenen skulpturalen<br />
Arbeiten erstellt er zunächst rechteckige Modelle aus<br />
gefaltetem Papier, die er dann in farbige Metallflächen<br />
übersetzt und damit dreidimensionale Effekte erzielt.<br />
Zur Ausstellung erscheint in der Arnoldschen<br />
Verlagsanstalt ein reich illustrierter Katalog in deutscher<br />
und englischer Sprache mit einem Vorwort von<br />
Christoph Thun-Hohenstein sowie Beiträgen von Karl<br />
Bollmann und Graziella Folchini Grassetto.<br />
(Foto: © MAK)
50 | KUNST.INVESTOR Belvedere<br />
Foto: „Johns at work on Regrets“ ©John Lund
51 | KUNST.INVESTOR Belvedere<br />
JASPER JOHNS: REGRETS<br />
Mit Jasper Johns: Regrets präsentiert das Obere<br />
Belvedere vom 13. Jänner bis 26. April 2015 nicht nur<br />
einen der bedeutendsten und vielseitigsten USamerikanischen<br />
Künstler, sondern zeigt erstmals eine<br />
Zusammenschau seiner neuesten Arbeiten, die in den<br />
vergangenen eineinhalb Jahren entstanden sind. Die<br />
Besucher haben damit die außergewöhnliche<br />
Gelegenheit, eine der wichtigsten Serien im<br />
zeitgenössischen Werk von Jasper Johns zu sehen.<br />
Präsentiert werden rund 30 Werke, darunter zwei<br />
Gemälde, Zeichnungen und Drucke. Beide zur Serie<br />
gehörigen Gemälde tragen den Titel Regrets. Die Idee<br />
dazu kam von einem Stempel, den der Künstler vor<br />
rund fünf Jahren produzierte, um mittels Aufdruck rasch<br />
den Strom der Anfragen und Einladungen, die ihn<br />
erreichten, abzulehnen. Als Siebdruck vergrößert ist der<br />
Schriftzug nun in der rechten oberen Bildecke zu<br />
sehen, wo er gleichsam als Signatur des Künstlers wie<br />
als Werktitel dient. Im Juni 2012 entdeckt Jasper Johns<br />
ein altes Foto des Künstlers Lucian Freud in einem<br />
Auktionskatalog, das als Teil einer Serie von dem<br />
britischen Fotografen John Deakin 1964 aufgenommen<br />
wurde. Der junge Maler Freud sitzt darauf auf einem<br />
Bett und hält die rechte Hand in einer Geste der<br />
Müdigkeit und Verzweiflung vor seine Stirn. Jasper<br />
Johns ließ sich nicht nur von der Szenerie inspirieren,<br />
sondern auch von den Schäden, die die Fotografie<br />
selbst im Laufe der Jahre erlitten hatte. In den<br />
folgenden Monaten wurde das Foto zum<br />
Ausgangspunkt seiner Regrets-Serie. Darin führte er<br />
das Bild durch eine Folge von Kombinationen mit einer<br />
Vielzahl von Medien und Techniken. Jasper Johns<br />
bearbeite das Foto von Lucian Freud in einer Abfolge<br />
von Cross-Media-Permutationen, inklusive<br />
kleinformatiger Bleistiftskizzen, eines Sets von vier<br />
Tinte-auf-Plastik-Zeichnungen und zweier Drucke.<br />
Jedes Werk wird in Gegenüberstellung mit einer<br />
Auswahl von Entwürfen bzw. Erstversionen präsentiert.<br />
Johns bezog allerdings nicht nur das Foto von Lucian<br />
Freud (das oft als gespiegeltes Bild vorkommt) in seine<br />
Arbeit ein, sondern auch die materiellen Eigenschaften<br />
des originalen Schwarz-Weiß-Drucks, den Freud im<br />
Zuge seiner Studioarbeit stark beschädigt hatte. Der<br />
Verlust des Originalfotos spielt innerhalb der Serie<br />
ebenfalls eine zentrale Rolle, wenn dadurch eine<br />
dominante dunkle Form in der Mitte des Bildes kreiert<br />
wird. Diese Ausstellung basiert auf dem<br />
Originalkonzept des Museum of Modern Art, New York.<br />
(Foto: Belvedere, © Jasper Johns/ © Bildrecht, Vienna,<br />
<strong>2014</strong>, Photo: © Jerry Thompson)
52 | KUNST.INVESTOR Belvedere
53 | KUNST.INVESTOR Belvedere
54 | KUNST.INVESTOR GALERIE STEINEK
55 | KUNST.INVESTOR GALERIE STEINEK<br />
GUDRUN - VALUE LOVE WORD CELL<br />
Gudrun gehört zu den bekanntesten Künstlerinnen Österreichs im Bereich der textilen Skulptur. Im Mittelpunkt ihrer<br />
Arbeiten steht der menschliche Körper und seine Schutzhülle, die Haut und ihre Kleidung.Spiegelneuronen sind<br />
Nervenzellen im Gehirn, die allein beim Beobachten einer Tätigkeit so reagieren, als ob man selbst aktiv wäre und die<br />
Handlung ausführte. Kinder lernen über Spiegelneuronen, bei Erwachsenen sind sie für unsere Fähigkeit, Empathie zu<br />
empfinden, mitverantwortlich. Das Interesse an Biologie zeigte sich bei Gudrun Kampl, die sich neuerdings nur noch<br />
Gudrun nennt, bereits Ende der 1980er-Jahre an ihren frühen Organarbeiten während ihres Studiums. Nun ist sie bei<br />
der Zelle, der kleinsten Einheit aller Organismen, angelangt. Unter starker Vergrößerung betrachtet, sind<br />
Mikroorganismen, Bakterien und Viren wunderschöne Gebilde, haben regelmäßige, dekorative Formationen, wirken wie<br />
kostbarer ornamentaler Schmuck. Aus wissenschaftlichen Büchern holt sich die Künstlerin ihre Inspiration. Silberner<br />
Stoff ist das neue Material, in das sich Gudrun mit allen Sinnen verliebt hat: glatt, glänzend, metallisch-kühl, wenn durch<br />
den Sehsinn erfahren, anschmiegsam-weich, wenn vom Tastsinn erlebt. Mit Schere und Nadel rückt sie ihm zu Leibe.<br />
Zweidimensionale Zellgerüste aus Architekturkarton werden mit Silberstoff überzogen und über (gemaltes und<br />
fotografiertes) blutrotes Fleisch gelegt. Die so entstehenden Rundbilder erinnern an Mandalas oder Kirchenfenster,<br />
haben neben dem ästhetischen Reiz eine mystische Dimension. Zu sehen sind diese neuen Arbeiten in der aktuellen<br />
Ausstellung in der Galerie Steinek. Ausgehend vom neurobiologischen Spiegelungs- und Resonanzphänomen<br />
arrangiert Gudrun textile Objekte, Materialbilder, mit Füllwatte ausgestopfte Buchstaben und spiegelnde Rahmen zu<br />
einer opulenten Gesamtinstallation und stellt metaphorisch Fragen zur Autoreflexion des Egos, unserer Gesellschaft<br />
und der Kunst. Dauer der Ausstellung bis 14. Jänner 2015 (Foto:GUDRUN, VALUE, <strong>2014</strong> © GALERIE STEINEK)
56 | KUNST.INVESTOR GALERIE STEINEK
57 | KUNST.INVESTOR GALERIE STEINEK
60 | KUNST.INVESTOR Kunsthalle Wien
61 | KUNST.INVESTOR Kunsthalle Wien<br />
KIDNAPPERS FOIL<br />
Die Ausstellung Kidnappers Foil des kanadischen<br />
Künstlers Gareth Long in der Kunsthalle Wien zeigt<br />
erstmalig eine Zusammenstellung der historischen<br />
Filme von Melton Barker und ermöglicht darüber einen<br />
faszinierenden Einblick in die ästhetische, soziale und<br />
technologische Textur des Amerikas der Mitte des<br />
letzten Jahrhunderts. Fast vierzig Jahre lang<br />
entwickelte Barker mit den Bewohner/innen zahlreicher<br />
Kleinstädte den gleichen melodramatischen Film: The<br />
Kidnappers Foil. Der Plot dreht sich um ein kleines<br />
Mädchen, das bei seiner Geburtstagsfeier entführt wird,<br />
jedoch von einer großen Kinder-Suchmannschaft<br />
gerettet werden kann. Nach der Befreiung findet eine<br />
Party statt, bei der alle Kinder ihre musikalischen<br />
Talente vorführen. Barkers einzigartiges Projekt<br />
resultierte in unzähligen Wiederholungen desselben<br />
Films. Eben dieser Aspekt interessiert Gareth Long,<br />
dessen künstlerische Praxis an Formen und Konzepten<br />
von Serialität sowie Formen von Mediengeschichte<br />
interessiert ist. Für die Kunsthalle Wien projiziert der<br />
Künstler 15 Versionen von The Kidnappers Foil auf<br />
separate Leinwände, wodurch mehrere Versionen<br />
zeitgleich betrachtet werden können. Bilder und Ton<br />
fließen ineinander und lassen eine mehrteilige<br />
Installation entstehen, welche die Spannung zwischen<br />
Differenz und Wiederholung, Originalität und Serialität<br />
betont. (Foto: © Gareth Long - Kusthalle Wien)
62 | KUNST.INVESTOR Kunstverein Baden
63 | KUNST.INVESTOR Kunstverein Baden<br />
Kunstverein Baden präsentiert<br />
“IN THE ASYLUM GARDEN”<br />
Prapat Jiwarangsan (Thailand)<br />
Das Wort „Asylum“ (deutsch: Asyl), in diesem Projekt, hat zwei Definitionen. Die erste beschreibt einen Rückzugsort,<br />
einen sicheren Platz, an den man sich zurück ziehen kann, wo man beschützt ist. Asyl in diesem Sinne bedeutet ein<br />
Hafen, wo Schutz gewährt wird durch eine andere Partei, ein anderes Land. Die zweite Bedeutung, die auch im<br />
Englischen, selten verwendet wird, ist eine Institution für Patienten, die an einer geistigen Erkrankung leiden. In Prapat<br />
Jiwarangsans Arbeit überlappen und widersprechen sich die beiden Definitionen. Auf der einen Seite bedeutet dieses<br />
Projekt eine Form der Selbsttherapie für den Künstler. In diesem Sinne, ist ein Asyl ein Rückzugsort von der Welt zu<br />
einem Ort, wo der Künstler sich sicher fühlt und all seine Sorgen vergisst. Auf der anderen Seite, sich an so einem Ort<br />
zu befinden, könnte auch eine Form von Falle sein; der Künstler hält sich zu lange am selben Ort auf, und es wird zu<br />
schwierig ihn zu verlassen. Für den Künstler gibt es zwei Arten geheilt zu werden. Die eine wäre, die Gedanken des<br />
Künstlers in die Welt hinauszuschicken und sich den Fragen zu stellen um die Krankheit zu heilen. Die andere wäre am<br />
selben Platz zu bleiben und weiter zu denken bis das Endresultat gefunden ist- Prapat Jiwarangsan. Ausstellungsdauer:<br />
bis 18. Jänner 2015 (Foto: © Kunstverein Baden)
64 | GENUSS.KUNST Aux Gazelles
69 | KUNST.INVESTOR Kai Middendorff Galerie<br />
SPACE FOR VISUAL<br />
RESERCH<br />
MARKUS WEISBECK<br />
Frankfurt- Die Arbeit von Markus Weisbeck<br />
befasst sich mit der Entwicklung und Erforschung<br />
visueller Formen. Ausgangspunkt sind die<br />
bildnerischen Grundlagen der künstlerischen<br />
Lehren der Moderne. Für die Fotoarbeit Lenscoil<br />
generiert Markus Weisbeck gezielt Licht- und<br />
Unschärfephänomene im Linsensystem des<br />
Kameraobjektivs. Die Kamera fotografiert hierbei<br />
nicht ein Objekt, sondern Bildphänomene, die<br />
durch physikalische Gesetze entstehen. Das<br />
unscharfe Bild wird vom Objektiv durch Projektion<br />
auf die Aufnahmeebene erzeugt. Die im Extrem<br />
der Unschärfe entstehenden Lichtpunkte sind<br />
somit »Erfindungen« des Objektivs, das Bild<br />
entsteht so gesehen nicht vor der Kamera oder<br />
auf der Filmebene, sondern im dazwischen.<br />
Markus Weisbeck ist Gründer von "Surface", einem Studio für Corporate und Culture Design mit Sitz in Frankfurt am<br />
Main und Berlin. Er ist für die Corporate Identity verschiedener Institutionen verantwortlich – darunter Museum für<br />
Moderne Kunst MMK Frankfurt, der Städelschule Architektur Klasse, Venedig Biennale (Deutscher Pavillon 2007 und<br />
2009), Manifesta7, Sternberg Press oder German Design Award; er hat über 100 Bücher für Künstler und Institutionen<br />
gestaltet und ist als Sprecher auf zahlreichen Konferenzen vertreten. 2013 wurde er offizielles Mitglied der Alliance<br />
Graphique Internationale und ist Professor für Grafikdesign an der Bauhaus Universität Weimar sowie Dozent an<br />
weiteren internationalen Universitäten. An der Bauhaus Universität hat er vor einem Jahr den "Space for Visual<br />
Reserch" gegründet. Der "Raum für Visuelle Forschung" fungiert als Arbeitsraum und Labor für experimentelle<br />
Forschung an neuen grafischen, abstrakten und visuellen Welten im Kontext der Bauhaus-Universität Weimar. Er ist<br />
Werkstätte und Denkraum zugleich und unterstützt die Notwendigkeit einer entdeckenden Suche nach<br />
neuen Ästhetiken. Der Arbeitsraum stellt Experimentreihen zur Verfügung, die den Startpunkt von Interpretationen und<br />
Neuformulierungen bilden. (Foto: Kai Middendorff Galerie © Markus Weisbeck)
70 | KUNST.INVESTOR Galerie Michaela Stock
71| KUNST.INVESTOR Galerie Michaela Stock<br />
KATHARINA STRUBER | COMMON PRACTICE<br />
Im Zentrum der künstlerischen Auseinandersetzung von Katharina Struber, die in Wien lebt und arbeitet, stehen die<br />
Themenfelder Raum und Kollektivität. Es ist ihr Blick aufs Ganze, der in ihren Fotografien, Videos, Rauminstallationen<br />
und Interventionen im urbanen, öffentlichen Raum deutlich wird. Nach der Serie „Picture the Multitude“ die den Focus<br />
auf den belebten urbanen Raum richtet, arbeitet die Künstlerin nun an der neuen Arbeitsserie mit dem Titel „COMMON<br />
PRACTICE“. Diese Serie von Katharina Struber konzentriert sich auf kooperative Prozesse, kreative, wie etwa Theaterund<br />
Orchesterproben oder sportliche, wie das Training einer Wasserballmannschaft. Katharina Struber filmt mit der<br />
Videokamera Ihre Akteure. Aus den mehrstündigen Aufnahmen werden die einzelnen Videostills zu einem neuen Bild<br />
zusammengefügt. Es entsteht ein Moment den es so nicht gibt, mehrerer Stunden werden zeitgleich dargestellt und die<br />
Zeit- und Bewegungsabläufe werden verdichtet. Als Trägermittel dient die Fotografie um aus dem Videomaterial ein<br />
digitales Bild zu komponieren, das die Zeitgebundenheit aufhebt und durch die Technik der zeitversetzten Aufnahmen,
72 | KUNST.INVESTOR Galerie Michaela Stock
73 | KUNST.INVESTOR Galerie Michaela Stock<br />
nonverbale Kommunikationsstrukturen zwischen den Akteuren sichtbar wird. Das gemeinsame Handeln ist der Kern der<br />
kollektiven Aktion und jeder einzelne Akteur trägt in unterschiedlicher Intensität zur gesamten Dynamik, zum Verlauf<br />
und zum Ergebnis bei. Das zeigt sich bei den Aufnahmen einer Orchesterprobe des ORF Radio Symphonie Orchesters<br />
Wien mit dem legendären Stück Quartets I – VIII von John Cage. Sie zeigt das gemeinsame Musizieren als einen<br />
kollektiven Prozess, der in unendlich viele Unterprozesse aufgegliedert wird. Bei der Musik-Performance der<br />
Aktionistentruppe Fuckhead wird die Balance zwischen den einzelnen Individuen und die pulsierende Energie im<br />
gemeinsamen Handeln spürbare. Aber auch beim Training eines Wasserballteams und bei den Bauarbeiten eines<br />
Studentenwohnheimes in Wien münden die Facetten des simultanen Tuns einerseits im raumhaltigen Gesamtbild des<br />
Ganzen, andererseits sind auch hier die autonomen Partikuläransichten einer einzigen, umfassenden Komposition zu<br />
erkennen. (Foto: © Galerie Michaela Stock)
74 | KUNST.INVESTOR Yoshi’s Contemporary Art Gallery<br />
Svitlana Giefing in Yoshi’s Contemporary Art Gallery<br />
Galerist und Szenegastronom Martin Ho bringt nach<br />
erfolgreichen Ausstellungen von Künstlern wie TOMAK,<br />
Cyril Helnwein und Christian Bieniek, frischen Wind in<br />
Yoshi’s Contemporary Art Gallery. Mit Svitlana Giefings<br />
Ausstellung „transparency“ präsentiert Ho eine neue<br />
und äußerst begabte Künstlerin, deren Werke<br />
dreidimensionale Formen anzunehmen scheinen. „Die<br />
Arbeiten entstanden hauptsächlich auf Plexiglas,<br />
wodurch sich ein einmaliger 3D Effekt entfaltet“, erklärt<br />
Kunstsammler Ho. „Dadurch entwickelt sich ein äußerst<br />
interessantes Spiel von Werk und Hintergrund“. Zur<br />
Vernissage wird Dr. Helmut Schützeneder eine<br />
einleitende Rede halten. Bei freiem Eintritt ist die<br />
Ausstellung bis zum 06. Dezember <strong>2014</strong> zu sehen.<br />
(Foto: © Yoshi’s Contemporary Art Gallery)
75 | KUNST.INVESTOR 21er Haus<br />
HOMO FABER - Ein räumliches Hörspiel in drei Teilen<br />
Von Krüger&Pardeller<br />
Die Ausstellung HOMO FABER von Doris Krüger und<br />
Walter Pardeller widmet sich dem Thema<br />
Kunstproduktion generell. In einer raumgreifenden<br />
Installation geht es dem Künstlerduo wesentlich um die<br />
Diskrepanz von zwei Sichtweisen auf die Kunst, die sie<br />
miteinander in Beziehung setzen. Diese sind einerseits<br />
die Idee der Kunst als Handlung und fortlaufende<br />
Herstellung von Bedeutung und andererseits die Idee<br />
der Produktion von ästhetisch lesbarer Form als<br />
Endprodukt. Krüger & Pardeller stellen ihre eigene<br />
Auffassung von Kunst als kritisches Produzieren der<br />
Haltung des Bildhauers Fritz Wotruba (1907–1975)<br />
gegenüber. Wotrubas Idee einer Kunstproduktion als<br />
„moralisches Prinzip“, als „Widerstand“ wird in einem<br />
Hörspiel mit historischen Tondokumenten ebenso<br />
thematisiert wie in einer eigens für die Installation<br />
geschaffenen musikalischen Komposition. Dauer der<br />
Ausstellung bis 26. April 2015
76 | KUNST.INVESTOR GALERIE ZAK | BRANICKA
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PAWEL KSIAZEK | FIGURES<br />
Berlin- Das aus dem Lateinischen stammende Wort<br />
„Figure“, abgekürzt „fig.“ und in der symbolischen<br />
Darstellung der griechische Buchstabe „φ“, bedeutet<br />
sowohl eine Gestalt, eine Abbildung und ein Diagramm<br />
im Text als auch einen Goldenen Schnitt beziehungsweise<br />
ein Symbol des Lichtstrahls. Für Paweł Książek<br />
wurde die Mehrdeutigkeit des Wortes zum<br />
Ausgangspunkt seiner neuesten Serie von Bildern unter<br />
dem Titel „Figures“. Paweł Książek ist ein Maler – ein<br />
Analytiker: seine Bilder haben keine emotionale Quelle,<br />
sondern gehen von einem Forschungsprozess aus und<br />
basieren auf der Analyse visueller Quellen. Ähnlich wie<br />
in seinen vorherigen Bilder-Serien (wie „NN vs. Artist“)<br />
wird das erhältliche Quellenmaterial (unter anderem<br />
zeitgenössische oder historische Fotografien von<br />
Ereignissen oder Personen aus der Welt der bildenden<br />
Kunst, der Popkultur, des Filmes oder des Internets)<br />
auch in „Figures“ von Książek gesammelt, klassifiziert<br />
und durch das Medium der Malerei verarbeitet. Auf<br />
diese Weise bezieht sich der Künstler auf die von Aby<br />
Warburg entwickelte Methodik, welche auf der<br />
Entwicklung ikonographischer Atlanten und<br />
Vergleichsanalysen gründet. Die Serie „Figures“ ist eine<br />
Serie von Frauenporträts deren Titel jeweils aus der<br />
Abkürzung „Fig.“ und einer Ordnungszahl besteht.<br />
Diese Serie ist mein nächstes Projekt das sich auf die<br />
Schaffung alternativer Geschichten und das obsessive<br />
Sammeln bezieht. Ich baue eine Architektur von<br />
Emotionen auf der Basis verschiedener ästhetischer<br />
Kanons und Quellen des Bildmaterials auf. Ich<br />
porträtiere keine Menschen, sondern schaffe eine<br />
Sammlung emotionaler Zustände – erklärt der Künstler.<br />
Książek bedient sich – erneut – der Geschichte des<br />
frühen Kinos, sucht sich Heldinnen eines bestimmten<br />
Typus: mit schmalen Lippen, dünnen Augenbrauen und<br />
runden Wangen wie beispielsweise Silvia Sidney, eine<br />
der beliebtesten Schauspielerinnen von Fritz Lang. Auf<br />
der schwarz-weißen Filmrolle sehen die Akteurinnen<br />
wie Porzellanpuppen oder Skulpturen aus, „etwas<br />
mehr“ und „etwas weniger lebendig.“ Dies ist der<br />
Moment an dem der Künstler ein besonderes Interesse<br />
hegt. Durch seine Transformation von den Medien Film<br />
und Fotografie hin zur Malerei erscheinen die<br />
Porzellanpuppen plötzlich „lebendiger“ und „realer“: das<br />
Objekt wird zum Subjekt. Für unsere Wahrnehmung<br />
birgt dieser Prozess eine solche Überraschung, wie<br />
etwa Farbfilme aus dem Zweiten Weltkrieg in denen die<br />
Geschichte plötzlich an Authentizität gewinnt. Es ist<br />
überraschend, dass es bei Książek die Malerei ist – ein<br />
Medium, das auf die Fantasie verweist – die dem Film<br />
die Glaubwürdigkeit verleiht. Neben den Porträts von<br />
Schauspielerinnen basiert die Serie „Figures“ ebenfalls<br />
auf zeitgenössischen Fotografien aus dem persönlichen<br />
Archiv des Künstlers wobei die Identität der<br />
Porträtierten hier jedoch nicht wichtig ist. Die Figur stellt<br />
einen Charakter oder emotionalen Zustand dar, ist eine<br />
Art exemplum eines bestimmten Typus, nicht eines<br />
Individuums. Zusammen werden die Bilder – wie<br />
anthropologische Atlasse – zu einem Atlas der Gefühle,<br />
einer in Vitrinen eingeschlossenen Insektensammlung<br />
ähnelnd. Für Książek ist dies aber auch eine der<br />
Herausforderungen der Malerei: er versucht schwer zu<br />
benennende Zustände zu erfassen und zu<br />
interpretieren. Hierbei geht es ihm um die Erfassung<br />
eines Momentes im Bild, der nicht mit einer bestimmten<br />
Aussage in Verbindung gebracht werden kann. Es geht<br />
um die Beziehung zwischen dem Medium der Malerei<br />
(eines Genres das auf einem langen zeitlichen<br />
Entstehungsprozess basiert) und der Zeit. Im<br />
Gegensatz dazu basieren Film und Fotografie auf der<br />
Echtzeit: die Kamera (Film- oder Fotokamera) kann<br />
leicht einen Bruchteil einer Sekunde oder einen<br />
Zustand „dazwischen“ erfassen, die Malerei dagegen<br />
bevorzugt definierte, „geschlossene“ Zustände. Der<br />
Künstler diagnostiziert dieses Defizit in einer Relation<br />
der Malerei zu Zeit und bedient sich der Möglichkeiten<br />
aus der Kinowelt; auch das Arrangement seiner<br />
Porträts ordnet sich dem Rhythmus der Einzelbilder<br />
einer Filmrolle unter. Als Ergebnis verleiht Książek der<br />
Malerei eine Echtzeit-Perspektive.(Foto: Galerie ZAK |<br />
BRANICKA)
78 | KUNST.INVESTOR Kunstuniversität Linz
79 | KUNST.INVESTOR Kunstuniversität Linz<br />
Kunstuniversität Linz präsentiert Pop-up Bar<br />
Im Rahmen eines österreichweiten, einstufigen Wettbewerbs waren Designer, Architekten<br />
und Studierende eingeladen, eine funktionstüchtige, unkompliziert auf- und abbaubare<br />
Pop-up Bar für den schwedischen Lifestyle-Vodka zu konzipieren.<br />
Das Projekt ist die Fortsetzung einer langen<br />
Tradition der Marke Absolut, mit den kreativsten<br />
Köpfen der Welt spannende Kooperationen zu<br />
verwirklichen. 20 Absolut Vodka-Flaschen, 60<br />
Gläser und 10 Flaschen für Beigetränke sowie<br />
eine Kühlmöglichkeit für Eiswürfel und Früchte,<br />
reichlich Stauraum für Bar-Utensilien, ein<br />
Abfallbehälter und eine Arbeitsfläche: Die mobile<br />
Bar, die Industrial Design-Student Stefan Pichler<br />
im Rahmen des Absolut-Design-Wettbewerbs<br />
entworfen hat, ist klar und einfach in seiner Form,<br />
gleichzeitig extrem wandelbar und höchst<br />
funktional, sehr geräumig und zudem einfach zu<br />
transportieren. Dank der arretierbaren Rollen<br />
kann die Ausschank leicht bewegt und auf einen<br />
Lastwagen verladen werden. Ein Gitter-Container<br />
ist die Basis der robusten und gleichzeitig<br />
leichtgewichtigen Pop-up-Bar mit den Maßen<br />
70x80x180 Zentimeter. Der Behälter ist im<br />
Inneren mit einer lichtdurchlässigen<br />
Leichtbauplatte ausgekleidet. Durch flexibel am<br />
Gitter einhängbare Behälter lässt sich der<br />
Stauraum problemlos erweitern. Die variierbare<br />
LED-Beleuchtung setzt gewünschte Lichtakzente.<br />
An der Vorderseite der Box befinden sich<br />
beleuchtete Nischen, die der Präsentation von<br />
Flaschen dienen. Das Unternehmen Pernod<br />
Ricard Austria hatte Architekten, Designer und<br />
Studierende aufgerufen, eine funktionsfähige<br />
sowie leicht auf- und abzubauende Pop-up-Bar für<br />
die Marke Absolut Vodka zu entwerfen. Die Jury –<br />
bestehend aus Peter Schreckensberger<br />
(UnitedDesignPartner), Moritz Keitel (Hoppe<br />
Architekten), Alexander Ott (Coop Himmelb(l)au),<br />
Bernhard Eisheuer (Pernod Ricard Austria) und<br />
Geri Kozbach-Tsai (Vienna Bar Community) –<br />
entschied sich einstimmig für den Entwurf von<br />
Stefan Pichler, der an der Kunstuniversität Linz<br />
Industrial Design studiert. Das Projekt wurde von<br />
Univ.Prof. Sigrid Brell-Cokcan betreut. (Foto:<br />
Kunstuniversität Linz)
80 | KUNST.INVESTOR MUSA
81 | KUNST.INVESTOR MUSA<br />
PAUL DEFLORIAN,<br />
YOU ARE ME AND<br />
YOU ARE ME TOO<br />
“LIFE IS NOT A SOLO-<br />
SHOW”<br />
THE KNIFE<br />
„Ein Kugelschreiber kann im Alltag eine gute Waffe<br />
sein. Semipermanente Farbe eine bessere. Mit einem<br />
Lippenstift den [im Stadtraum plakatierten] Slogan<br />
,Daham statt Islam’ mit ‚mein Lippenstift ist wichtiger als<br />
Österreich‘ zu crossen geht straffrei aus und kostet<br />
mich nur einen Augenblick und ein bisschen Make Up.“<br />
Paul DeFlorian interveniert und agiert gleichsam als<br />
politisch-soziales Korrektiv im öffentlichen Raum<br />
ebenso wie mittels seiner Zeichnungen, Grafiken und<br />
Malereien im künstlerischen Feld. Statt auf Aggression<br />
setzt er dabei auf Irritation – durch einen Mix aus<br />
Sinnlichkeit und Dekonstruktion, Offenlegung und<br />
Fragmentierung überschreitet DeFlorian bisweilen gar<br />
alle Geschmackskonventionen – schonungslos etwa in<br />
seinen neuesten, im MUSA gezeigten Leinwand-<br />
Bildern. „Der Geschmack ermüdet wie die gute<br />
Gesellschaft“, wusste bereits Francis Picabia, ein<br />
Vorreiter in Sachen Unkonventionalität, zu sagen, doch<br />
um den Geschmack allein geht es DeFlorian nicht, es<br />
geht viel mehr um das Generieren alternativer<br />
Formulierungen gegenüber stereotypen Ikonografien<br />
der Geschlechterrollen. Das Bild des (nackten)<br />
Menschen, ob Mann oder Frau, ist, wie der Künstler<br />
sagt, traditionell heterosexuell männlich in Szene<br />
gesetzt. Dem dort auf Befriedigung klischeehafter<br />
Vorstellungen ausgerichteten voyeuristischen Blick<br />
setzt DeFlorian die Uneindeutigkeit entgegen: Raum<br />
und Körperplastik entziehen sich einer akademischperspektivischen<br />
Konstruktion, Leerstellen in den<br />
Gesichtern verunmöglichen den Blick ins Innere,<br />
während an anderen Bildstellen alles verspielterzählerisch<br />
flimmern und flirten darf. „Es geht mir nicht<br />
darum“, sagt der Künstler, „zum Beispiel ein<br />
besonderes realistisches Bild zu malen, sondern um<br />
Offenlegung – und damit auch darum, Kritik zu üben.“<br />
Lucas Gehrmann Kunsthalle Wien. (Foto: © MUSA,<br />
Ausstellungsdauer: 19.12.14 – 15.1.2015)
83 | KUNST.INVESTOR Archiv<br />
KUNST.INVESTOR<br />
ARCHIV<br />
Ausgabe Oktober <strong>2014</strong> Ausgabe November <strong>2014</strong>