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Leben in der Nachfolge - Plough

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<strong>Leben</strong> <strong>in</strong><strong>der</strong> <strong>Nachfolge</strong>Johann He<strong>in</strong>rich ArnoldVorwort vonHenri J. NouwenNachwort von


Dieses Buch sollten Sie nicht für sich behalten.Schicken Sie es ruhig an Freunde weiter. Sie können auchgerne das ganze Werk o<strong>der</strong> Auszüge davon ausdrucken,aber bitte nehmen Sie ke<strong>in</strong>erlei Verän<strong>der</strong>ungen vor. Bittebieten Sie auch ke<strong>in</strong>e Kopien dieses E-Buches zurWie<strong>der</strong>gabe <strong>in</strong> an<strong>der</strong>en Webseiten o<strong>der</strong> irgendwelchenan<strong>der</strong>en Internet-Diensten an. Bei <strong>der</strong> Vervielfältigung <strong>in</strong>größerem Umfang sowie bei Abdruck undVeröffentlichung von Auszügen <strong>in</strong> an<strong>der</strong>en Medienerfüllen Sie bitte folgende Bed<strong>in</strong>gungen: (1) Diekommerzielle Nutzung des Werkes ist untersagt. (2)Jegliche Nutzung nur unter Vermerk folgen<strong>der</strong> Quelle:“Copyright © 2012 The <strong>Plough</strong> Publish<strong>in</strong>g House.Veröffentlicht mit Genehmigung des Urhebers.”This e-book is a publication of The <strong>Plough</strong> Publish<strong>in</strong>gHouse.Copyright © 2012by The <strong>Plough</strong> Publish<strong>in</strong>g HouseRifton, New YorkRobertsbridge, Englandwww.plough.comAll Rights Reserved


InhaltsverzeichnisVorwortE<strong>in</strong>führungDer Mensch1. Das <strong>in</strong>wendige <strong>Leben</strong>2. Buße3. Bekehrung4. Glaube5. Dogmatismus6. Verb<strong>in</strong>dlichkeit7. Versuchungen8. Re<strong>in</strong>heit9. Vertrauen10. Ehrfurcht11. H<strong>in</strong>gabe12. AufrichtigkeitDie Geme<strong>in</strong>de13. Die Geme<strong>in</strong>de14. Geme<strong>in</strong>schaft15. Die Leitung <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de16. Gaben


17. Vergebung18. E<strong>in</strong>heit19. Geme<strong>in</strong>dezucht20. Taufe21. Das Abendmahl22. Liebe und Ehe23. Familie24. Krankenheit und Tod25. Das Böse26. Der <strong>in</strong>nere Kampf27. Weltleid28. MissionDas Reich Gottes29. Jesus30. Das Kreuz31. Erlösung32. Das Reich GottesNachwort


V o r w o r t„<strong>Leben</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Nachfolge</strong>“ ist ke<strong>in</strong> leichtes Buch. Wennich lese, was He<strong>in</strong>rich Arnold zu den Mitglie<strong>der</strong>nse<strong>in</strong>er Geme<strong>in</strong>schaft spricht o<strong>der</strong> an sie und an<strong>der</strong>e schreibt,dann trifft mich das wie e<strong>in</strong> zweischneidiges Schwert undstellt mich vor die Wahl zwischen Wahrheit und Lüge,Erlösung und Sünde, Selbstlosigkeit und Egoismus, Lichtund F<strong>in</strong>sternis, Gott und Dämon. Zu Beg<strong>in</strong>n war ich nichtsicher, ob ich mich solch e<strong>in</strong>er direkten Herausfor<strong>der</strong>ungstellen wollte. Ich entdeckte e<strong>in</strong>igen Wi<strong>der</strong>stand <strong>in</strong> mir: Von<strong>der</strong> guten Botschaft des Evangeliums erwarte ich Milde, Trost,Beruhigung, <strong>in</strong>neren Frieden und Harmonie.Aber Arnold er<strong>in</strong>nert mich daran,- dass <strong>der</strong> Friede des Evangeliums nicht <strong>der</strong>selbst ist wie <strong>der</strong>Friede <strong>der</strong> Welt,- dass <strong>der</strong> Trost des Evangeliums nicht <strong>der</strong> Trost ist, den dieWelt spendet,- dass die Milde des Evangeliums nichts mit weltlicherToleranz zu tun hat, die alles gutheißt.Das Evangelium verlangt e<strong>in</strong>e Entscheidung, e<strong>in</strong>e radikaleEntscheidung, e<strong>in</strong>e Entscheidung, die nicht überall auf Lob,Unterstützung und Anerkennung stößt.Und doch s<strong>in</strong>d Arnolds Worte we<strong>der</strong> scharf noch unnachgiebig,we<strong>der</strong> fanatisch noch selbstgerecht. Im Gegenteil:sie s<strong>in</strong>d voller Liebe – strenger, aber wahrer Liebe. Es ist diegleiche Liebe, die aus dem gebrochenen Herzen Jesu fließt.Was Arnolds Worte so heilsam macht, ist die Tatsache, dass


sie nicht auf e<strong>in</strong>er Idee, e<strong>in</strong>er Ideologie o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>er Theoriegegründet s<strong>in</strong>d, son<strong>der</strong>n auf e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>timen Erfahrung JesuChristi. Jesus, <strong>der</strong> Christus, steht im Mittelpunkt aller Ratschlägeund aller Fürsorge, die Arnold <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Betrachtungenzum Ausdruck br<strong>in</strong>g. Hier ist e<strong>in</strong> wahrhaft auf Christusausgerichtetes Buch.He<strong>in</strong>rich Arnold spricht nicht <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em eigenen Namen. Erspricht im Namen Jesu. Er hat deutlich die Worte des Paulusan Timotheus (2.Tim.4,1–2) vernommen: „Ich beschwöredich vor dem Angesichte Gottes und Jesu Christi, <strong>der</strong><strong>Leben</strong>dige und Tote richten wird, wenn er ersche<strong>in</strong>t <strong>in</strong> se<strong>in</strong>erKönigsmacht: Verkündige das Wort, tritt damit auf, gerufeno<strong>der</strong> ungerufen; überzeuge, weise zurecht und ermahne mitallem Aufwand von Geduld und Lehrgeschick!’“Se<strong>in</strong>e tiefe Verwurzelung <strong>in</strong> Jesus Christus macht ihn zue<strong>in</strong>em sehr weisen, zuverlässigen und herausfor<strong>der</strong>ndengeistlichen Führer auf unserem <strong>in</strong>neren Weg. Mehr noch,diese Verwurzelung ist nicht e<strong>in</strong>fach e<strong>in</strong>e Verwurzelung <strong>in</strong> demJesus, <strong>der</strong> vor langer Zeit lebte. Es ist e<strong>in</strong>e Verwurzelung <strong>in</strong> demChristus, <strong>der</strong> heute <strong>in</strong> dem <strong>Leben</strong> <strong>der</strong> Glaubensgeme<strong>in</strong>schaftgegenwärtig ist.Arnold ist ke<strong>in</strong> frommer o<strong>der</strong> sentimentaler Führer. Jedesse<strong>in</strong>er Worte entspr<strong>in</strong>gt se<strong>in</strong>er Erfahrung im Geme<strong>in</strong>schaftsleben,wo <strong>Nachfolge</strong> gelebt wird. Die Geme<strong>in</strong>schaft ist <strong>der</strong>Ort, wo wir geprüft und gere<strong>in</strong>igt werden. Die Geme<strong>in</strong>schaftist <strong>der</strong> Ort, wo wir lernen, was Vergebung und Heilung bedeuten.Die Geme<strong>in</strong>schaft ist <strong>der</strong> Ort, wo wir lernen, werunser Nächster ist. Die Geme<strong>in</strong>schaft ist die wahre Schule <strong>der</strong>


Liebe. Arnold hat se<strong>in</strong> <strong>Leben</strong> lang <strong>in</strong> Geme<strong>in</strong>schaft gelebt.Er wusste, was Geme<strong>in</strong>schaft von e<strong>in</strong>em for<strong>der</strong>t und was siee<strong>in</strong>em gibt. Am besten wusste er, dass Geme<strong>in</strong>schaft <strong>der</strong> Ortist, wo wir dem Christus des Evangeliums begegnen.Ich b<strong>in</strong> sehr dankbar für dieses Buch. Es ist e<strong>in</strong> prophetischesBuch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Zeit, <strong>in</strong> <strong>der</strong> wenige Menschen es wagen, e<strong>in</strong>unbeliebtes, aber wahrhaft heilendes Wort zu sprechen.Es ist me<strong>in</strong>e Bitte, dass die Leser dieses Buches nicht vorse<strong>in</strong>en Herausfor<strong>der</strong>ungen zurückschrecken mögen. Und ichhabe das Vertrauen, dass das Wort Gottes, wie es durch diesesBuch zu ihnen kommt, ihnen wahren Trost, wahre Hoffnungund rechten Mut br<strong>in</strong>gen wird.Henri J. Nouwen8. September 1994


E i n f ü h r u n gManche Bücher beschreibt man am besten, <strong>in</strong>dem manschil<strong>der</strong>t, was sie nicht s<strong>in</strong>d: Der vorliegende Bandenthält ke<strong>in</strong>e Sammlung erbaulicher Betrachtungen, ke<strong>in</strong>egefühligen Aufzeichnungen über „me<strong>in</strong>en Wandel mit Gott“,ke<strong>in</strong>e Anleitung zur Selbstverwirklichung und zur geistlichenWeiterentwicklung. Es handelt sich ganz e<strong>in</strong>fach um e<strong>in</strong>Buch aus dem <strong>Leben</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Nachfolge</strong>, e<strong>in</strong> Buch darüber,wie man Christus <strong>in</strong> Demut, Gehorsam, Liebe und Offenheitnachfolgen kann. So und nicht an<strong>der</strong>s s<strong>in</strong>d die AussagenJohann He<strong>in</strong>rich Arnolds (1913–1982) zu verstehen.In se<strong>in</strong>er K<strong>in</strong>dheit und Jugend war He<strong>in</strong>rich Arnoldumgeben von Menschen, für die die <strong>Nachfolge</strong> Christispannende, dramatische Gestalt annahm. In se<strong>in</strong>em 6.<strong>Leben</strong>sjahr beschlossen se<strong>in</strong>e Eltern Eberhard und Emmy,ihr bürgerliches <strong>Leben</strong> <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> zu verlassen und <strong>in</strong> dasDörfchen Sannerz <strong>in</strong> Hessen umzusiedeln, wo sie, vom 2. und4. Kapitel <strong>der</strong> Apostelgeschichte angeregt, mit e<strong>in</strong>em kle<strong>in</strong>enKreis von Freunden <strong>in</strong> völliger Gütergeme<strong>in</strong>schaft zu lebenbegannen. E<strong>in</strong>e gewaltige Umwälzung war damals <strong>in</strong> Gang.Unter an<strong>der</strong>em waren es die Spannungen <strong>der</strong> Nachkriegszeit,die He<strong>in</strong>richs Vater Eberhard — e<strong>in</strong> angesehener Verleger,Theologe und öffentlicher Redner — den Impuls zu diesemGlaubenswagnis gegeben hatten.Tausende von Menschen, von <strong>der</strong> gleichen Rastlosigkeiterfasst, wurden damals dazu getrieben, sich gegen die Steifheit<strong>der</strong> allgeme<strong>in</strong> gültigen religiösen und gesellschaftlichen


10Konventionen aufzulehnen und nach neuen <strong>Leben</strong>sformenzu suchen. In diesem Klima wuchs He<strong>in</strong>rich auf. E<strong>in</strong> Stromjunger Anarchisten, Landstreicher, Lehrer, Handwerkerund Freidenker wan<strong>der</strong>te durch die kle<strong>in</strong>e Geme<strong>in</strong>schaftund prägte He<strong>in</strong>richs Entwicklung weitgehend. Sie allehatten <strong>der</strong> Heuchelei e<strong>in</strong>es abgestorbenen Christentumsden Rücken gekehrt, und viele fühlten sich stark von e<strong>in</strong>em<strong>Leben</strong> freudiger H<strong>in</strong>gabe, wie es <strong>in</strong> Sannerz gelebt wurde,angezogen.Mit 11 Jahren folgte He<strong>in</strong>rich — <strong>in</strong> ganz k<strong>in</strong>dlicher dochernsthafter Weise — dem Ruf zu e<strong>in</strong>em <strong>Leben</strong> <strong>der</strong> <strong>Nachfolge</strong>.Erst als junger Erwachsener entschloss er sich, dem Bru<strong>der</strong>hof(wie sich die Geme<strong>in</strong>schaft damals bereits nannte) als vollesMitglied lebenslänglich anzugehören. Der seelsorgerlicheDienst wurde ihm 1938 anvertraut, und von 1962 bis zuse<strong>in</strong>em Tode versah er den Dienst des Ältesten an <strong>der</strong> sichausbreitenden Bru<strong>der</strong>hofbewegung.Die Schar <strong>der</strong> Menschen, die Arnold betreute, war nichtgerade das, was man landläufig mit Geme<strong>in</strong>de o<strong>der</strong> Kirchebezeichnet. Auch war Arnold alles an<strong>der</strong>e als e<strong>in</strong> Pfarrer imkonventionellen S<strong>in</strong>n. Das, was man allgeme<strong>in</strong> unter e<strong>in</strong>ercharismatischen Persönlichkeit versteht, traf auf ihn nichtzu, auch hatte er ke<strong>in</strong>e theologische Ausbildung. Er war e<strong>in</strong>Seelsorger im wahrsten S<strong>in</strong>ne des Wortes, e<strong>in</strong> geistlicherBerater, dem das geistliche und materielle Wohlbef<strong>in</strong>den <strong>der</strong>Geme<strong>in</strong>schaft <strong>in</strong>nerstes Anliegen war. Den Dienst an denBrü<strong>der</strong>n und Schwestern versah er <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie als e<strong>in</strong>er, <strong>der</strong>mit ihnen auf <strong>der</strong> gleichen Bank saß: er teilte ihr tägliches <strong>Leben</strong>,


11ihre Arbeit und Erholung, die geme<strong>in</strong>samen Mahlzeiten, dieGeschäftssitzungen, Andachten und Gottesdienste.Bru<strong>der</strong>hofmitglie<strong>der</strong>, die Arnold persönlich gekannt hatten,trugen das reichhaltige Material, dem die hier vorliegendenAuszüge entnommen wurden, im Laufe mehrerer Jahrezusammen. Veröffentlichte Artikel und persönliche Briefe,Nachschriften von Ansprachen o<strong>der</strong> Predigten, Rundschreibenim Namen <strong>der</strong> gesamten Bru<strong>der</strong>hofbewegung wurden gesichtetund redigiert. E<strong>in</strong>e Auswahl zu treffen und e<strong>in</strong>e s<strong>in</strong>nvolleAnordnung <strong>der</strong> ausgesuchten Texte zu schaffen war ke<strong>in</strong>eleichte Aufgabe bei <strong>der</strong> Fülle und Vielfalt des vorhandenenStoffes, wobei immer das Ziel dieser Veröffentlichung imAuge behalten wurde: nämlich dem Leser den E<strong>in</strong>druck vonArnolds Zeugnis unverm<strong>in</strong><strong>der</strong>t zu vermitteln.Se<strong>in</strong> Stil ist spontan, knapp und geradeheraus. Für se<strong>in</strong>eAnsprachen machte er sich nur selten Notizen, und <strong>in</strong> se<strong>in</strong>enBriefen g<strong>in</strong>g er ohne Umschweife und gezielt auf den Kern <strong>der</strong>Sache e<strong>in</strong>. Für manche sprach er zu unverblümt. Aber es warja gerade die e<strong>in</strong>fache, direkte Art, mit welcher Arnold sprachund schrieb, die se<strong>in</strong> Zeugnis so vielen Menschen zugänglichmachte. Der Inhalt se<strong>in</strong>es Glaubens war nicht <strong>in</strong> sorgfältigdurchdachten theologischen Begriffen zu formulieren,son<strong>der</strong>n er musste sich <strong>in</strong> Taten nie<strong>der</strong>schlagen: „Wir waren<strong>der</strong> Worte müde; Worte s<strong>in</strong>d billig, man kann sie fast überallhören. Denn wer würde behaupten, er sei gegen Liebe undBrü<strong>der</strong>lichkeit?“Mit allen Aspekten des <strong>Leben</strong>s, sowohl im Persönlichenwie im Geme<strong>in</strong>schaftlichen, hatte Arnold sich zu befassen,


12aber e<strong>in</strong> Grundgedanke zieht sich durch alles, was er schreibt:Christus und se<strong>in</strong> Kreuz ist <strong>der</strong> Brennpunkt des Universums.Immer wie<strong>der</strong> besteht Arnold darauf, dass es ke<strong>in</strong> <strong>Leben</strong>im christlichen Glauben geben kann ohne e<strong>in</strong>e persönlicheBegegnung mit Christus, ohne mit se<strong>in</strong>er Botschaft <strong>der</strong> Bußeund <strong>der</strong> Liebe konfrontiert zu werden. Zum Beispiel wares unwesentlich, ob das Problem, mit dem er sich befassenmusste, praktischer o<strong>der</strong> geistlicher Natur war, o<strong>der</strong> dass dietäglichen Anfor<strong>der</strong>ungen oft unerwartet und ungelegen aufihn zukamen. Jedes Problem wurde auf dem festen Boden <strong>der</strong>Gebote Christi angepackt. Dabei handelte es sich nicht nurum <strong>in</strong>terne Probleme des Geme<strong>in</strong>schaftslebens; es g<strong>in</strong>g umviel mehr. Es g<strong>in</strong>g ebenso um aktuelle politische und sozialeZusammenhänge, die Arnolds Zeit und Aufmerksamkeit <strong>in</strong>Anspruch nahmen.Christus war Fundament und Mittelpunkt se<strong>in</strong>es <strong>Leben</strong>s,und darauf beruhte auch die Entschiedenheit, mit <strong>der</strong> erjeglicher Sünde entgegenzutreten wußte. Den For<strong>der</strong>ungendes Evangeliums gegenüber duldete er ke<strong>in</strong>e Gleichgültigkeit.Er bekämpfte das Böse <strong>in</strong> sich selbst mit <strong>der</strong>selbenEntschiedenheit, mit <strong>der</strong> er dagegen <strong>in</strong> an<strong>der</strong>en Menschenang<strong>in</strong>g, und dieser Kampf richtete sich ausschließlich gegendie Sünde, niemals gegen den Sün<strong>der</strong>.Diese entschiedene, e<strong>in</strong>deutige Haltung brachte ihmmanchmal den Vorwurf e<strong>in</strong>, er reagiere zu emotional. Aberwie kann e<strong>in</strong> Mensch, <strong>der</strong> Christus une<strong>in</strong>geschränkt liebt,sachlich und beherrscht bleiben, wenn die Geme<strong>in</strong>de auf demSpiel steht? „Ich protestiere gegen die Auffassung, dass es falsch


13ist, mit starken Emotionen zu reagieren, wenn Gott beleidigtwird, wenn Brü<strong>der</strong> und Schwestern rücksichtslos behandeltwerden, o<strong>der</strong> wenn die Geme<strong>in</strong>de angegriffen wird. Bis an me<strong>in</strong><strong>Leben</strong>sende werde ich gegen kühle Nüchternheit protestieren,wenn Gottes Werk <strong>in</strong> Gefahr ist, zerstört zu werden.“Nur so war es auch zu verstehen, dass des öfteren e<strong>in</strong>scharfer Aufruf zur Umkehr von ihm ausg<strong>in</strong>g: „S<strong>in</strong>d wirbereit, das Wort Christi tief <strong>in</strong> unser Herz schneiden zulassen, o<strong>der</strong> wollen wir uns immer wie<strong>der</strong> davor schützen unduns dagegen verhärten? Wir merken gar nicht, wie oft wirGott im Wege stehen. Aber wir können ihn bitten, uns <strong>in</strong>se<strong>in</strong>er Gnade und Liebe mit se<strong>in</strong>em Wort zu beschneiden,auch wenn es schmerzt.“Mit <strong>der</strong> gleichen E<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>glichkeit, mit <strong>der</strong> Arnold zur Bußeaufrief, bemühte er sich um Vergebung und Erbarmen mit denMenschen. Wenn e<strong>in</strong>er das Gebot Jesu — zu vergeben, damituns vergeben werde, und dies siebzigmal siebenmal zu tun— ernst nahm, so war es Arnold. Menschen, die ihn verletzto<strong>der</strong> se<strong>in</strong> Vertrauen missbraucht hatten, schenkte er se<strong>in</strong>unverm<strong>in</strong><strong>der</strong>tes Vertrauen e<strong>in</strong> um das an<strong>der</strong>e Mal. Warum?Weil er fest an die Macht <strong>der</strong> völligen Vergebung glaubte,weil er Gott aus dem Grunde se<strong>in</strong>er Seele vertraute, und weildieses Vertrauen ihn von aller Menschenfurcht befreit hatte.Paradoxerweise, während Arnold öfter <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em <strong>Leben</strong>Verachtung und Spott erdulden musste, weil er auf <strong>der</strong>Notwendigkeit e<strong>in</strong>er aufrichtigen Buße bestand, so wurde ergleichzeitig um se<strong>in</strong>er Demut willen verachtet: Niemals hätteer e<strong>in</strong>er Sünde gegenüber e<strong>in</strong> Auge zugedrückt, aber niemals


14hätte er sich über jemanden, <strong>der</strong> sich versündigt hatte, erhoben,o<strong>der</strong> etwa e<strong>in</strong> hartes, legalistisches Vorgehen toleriert. Er selbsthatte zur Genüge erfahren, was leiden heißt, und konnte sichdaher nur zu gut <strong>in</strong> das Leid an<strong>der</strong>er h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>versetzen.Viele Stunden verbrachte Arnold <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en letzten Jahrenmit dem Lesen <strong>der</strong> täglichen Flut von Briefen, <strong>in</strong> denenSchwestern, Brü<strong>der</strong> und K<strong>in</strong><strong>der</strong> sich mit ihren Anliegen an ihnrichteten. Er begnügte sich nicht damit, e<strong>in</strong>en Brief e<strong>in</strong>mal zulesen. Er nahm den Inhalt dieser Briefe durch mehrmaligesLesen mit <strong>der</strong> ihm eigenen, <strong>in</strong>neren Konzentration auf, undse<strong>in</strong>e Antworten spiegeln die Demut wi<strong>der</strong>, mit <strong>der</strong> er aufjede Frage e<strong>in</strong>g<strong>in</strong>g. Er gab Ratschläge, tröstete, ermahnte,und konnte auch e<strong>in</strong>en scharfen Tadel erteilen, aber niemalsübte er kle<strong>in</strong>liche o<strong>der</strong> herabsetzende Kritik an jemandem,<strong>der</strong> ihm se<strong>in</strong>e Schwierigkeiten anvertraute. Er half denen, diesich Jahr um Jahr an ihn wandten, immer wie<strong>der</strong>, über ihreeigenen Sorgen und Probleme h<strong>in</strong>auszusehen — und ihrenBlick auf Christus zu richten.Dass er nicht auf alles e<strong>in</strong>e Antwort hatte, dessen warArnold sich völlig bewusst. Oft sagte er, er brauche etwasZeit, um über die ihm gestellte Frage nachzudenken o<strong>der</strong> sieim Gebet vor Gott zu bedenken. Auf die Bitte, e<strong>in</strong>e schwierigeo<strong>der</strong> obskure Bibelstelle zu erläutern o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>en sche<strong>in</strong>barenWi<strong>der</strong>spruch im Text aufzuklären, konnte er antworten:„Über diese Stelle habe ich auch schon viel nachgedacht,und ich verstehe sie selbst nicht recht. Wir wollen auf Gottvertrauen: e<strong>in</strong>es Tages wird er uns den S<strong>in</strong>n offenbaren“ —und er unternahm ke<strong>in</strong>en Versuch e<strong>in</strong>er Auslegung.


15Arnold war e<strong>in</strong> belesener Mann; mit dem Alten Testamentwie mit dem Neuen Testament war er zutiefst vertraut;aber se<strong>in</strong>e Bildung war die Bildung des Herzens, und se<strong>in</strong>eFähigkeit, die Wege Gottes zu erfassen, entsprang se<strong>in</strong>er Liebezu Gott, zu Christus, zur Geme<strong>in</strong>de. Von grundlegen<strong>der</strong>Bedeutung war se<strong>in</strong>e Gabe, an<strong>der</strong>en zuzuhören. Er hörte aufdie Schwestern und Brü<strong>der</strong>, er hörte auf Freunde, auf Fremde,auf die Kritik Außenstehen<strong>der</strong> — und am allermeisten hörteer auf Gott. „Mit me<strong>in</strong>em Herzen möchte ich auf die StimmeGottes horchen, die durch die Versammlung <strong>der</strong> Brü<strong>der</strong> undSchwestern spricht. Ich möchte Jesus <strong>in</strong> unserer Zeit bekennen.Ich möchte mit euch arm se<strong>in</strong>, geistlich arm. Ich will gehorsamse<strong>in</strong> und dorth<strong>in</strong> gehen, woh<strong>in</strong> mich die Geme<strong>in</strong>de sendet,um den Willen Gottes zu tun. Ich sehne mich nach e<strong>in</strong>erGeme<strong>in</strong>de, die <strong>in</strong> E<strong>in</strong>heit ist, e<strong>in</strong>er Geme<strong>in</strong>de, die sammelt,was zerstreut ist.“Es gäbe noch viele Aspekte von Arnolds Denken und Wirken,auf die man e<strong>in</strong>gehen könnte. Er war weitgehend geprägt durchden E<strong>in</strong>fluss se<strong>in</strong>es Vaters Eberhard Arnold, wie auch des älterenund jüngeren Blumhardt und ihrer Sicht des Gottesreichesals aktuelle Wirklichkeit; gleichzeitig war es Meister Eckehart,dessen E<strong>in</strong>fluss sich <strong>in</strong> Arnolds persönlicher Neigung zur Mystiknie<strong>der</strong>schlug. Unter se<strong>in</strong>en Zeitgenossen waren es Dietrich vonHildebrand und Friedrich von Gagern, zu <strong>der</strong>en Werken Arnoldwie<strong>der</strong>holt gegriffen hat. Sie alle s<strong>in</strong>d nicht ausschlaggebendgewesen, aber sie haben se<strong>in</strong>en Aussagen e<strong>in</strong>e Tiefe und Weitegegeben, die den Leser bee<strong>in</strong>drucken muss.


16Vielleicht ist es dies, was dem Zeugnis Arnolds <strong>in</strong> se<strong>in</strong>erganzen E<strong>in</strong>fachheit die Überzeugungskraft verleiht, mit<strong>der</strong> er uns immer wie<strong>der</strong> aus unserer Welt des Kle<strong>in</strong>lichenund Alltäglichen herauszieht, um uns die Augen zu öffnenfür die großen Realitäten, an denen wir so oft gleichgültigvorbeigehen. So hat Arnold selbst es ausgedrückt:„Welch e<strong>in</strong> großes Geschenk wäre es, wenn uns die Augengeöffnet würden, um auch nur e<strong>in</strong>en kle<strong>in</strong>en Schimmer <strong>der</strong>großen Zukunftsvision Jesu wahrnehmen zu dürfen, umüber unser eigenes unbedeutendes <strong>Leben</strong> h<strong>in</strong>ausblicken zukönnen. Gewiss ist unser Blick begrenzt, aber wir sollten Gottwenigstens darum bitten, dass er uns aus unserer kle<strong>in</strong>lichenWelt und aus unserer Ichbezogenheit herausruft. Wir dürfenihn bitten, uns an <strong>der</strong> großen Ernte teilhaben zu lassen, diee<strong>in</strong>gebracht werden muss — die Ernte aller Nationen und allerMenschen, e<strong>in</strong>schließlich <strong>der</strong> zukünftigen Generationen.“Hela EhrlichChristopher ZimmermanJuli 1994


Der Mensch17


1801. Das <strong>in</strong>wendige <strong>Leben</strong>Wenn man an die Millionen denkt, die sich Christennennen, bekommt man den E<strong>in</strong>druck, heutzutagewürde die christliche Religion fast ausschließlich dar<strong>in</strong>bestehen, dass man sonntags <strong>in</strong> die Kirche geht. Ich weiß, dasses Ausnahmen gibt; aber machen wir uns ke<strong>in</strong>e Illusionen:die Jugend fühlt sich heute kaum noch von <strong>der</strong> Kircheangesprochen, die Gottesdienste und Predigten langweilen sieund so wendet sie sich an<strong>der</strong>en D<strong>in</strong>gen zu.Und doch ahnen die Menschen, dass <strong>in</strong> ihrem <strong>in</strong>neren<strong>Leben</strong> etwas nicht stimmt. Auch wenn sie damit nicht zumPastor o<strong>der</strong> Priester gehen, suchen sie dennoch Hilfe, oftbeim Psychiater. Es ist wahr: Wenn <strong>der</strong> Mensch sich <strong>in</strong>nerlichwirklich än<strong>der</strong>t, dann än<strong>der</strong>t sich alles an<strong>der</strong>e. Aber das wirddurch Gott geschehen, nicht durch Menschen.Christus lehrt, dass es <strong>in</strong> jedem Menschen zu e<strong>in</strong>er völligenVerän<strong>der</strong>ung kommen muss und dass diese Verän<strong>der</strong>ung<strong>in</strong> unserem Innersten beg<strong>in</strong>nen muss. Zu Pf<strong>in</strong>gsten lehrtenPetrus und die Apostel das gleiche. Als die Leute Petrus fragten:„Was sollen wir tun?“, antwortete er: „Glaubt, tut Buße undlasst euch taufen auf den Namen Jesu“ (Apg.2,37+38). Alssie diesem Aufruf folgten, griff ihre Herzensän<strong>der</strong>ung auchauf die praktischen und wirtschaftlichen Gebiete ihres <strong>Leben</strong>süber. Sie legten alles zu Füßen <strong>der</strong> Apostel nie<strong>der</strong> und besaßennichts Eigenes mehr. Freiwillig gab je<strong>der</strong> se<strong>in</strong> Eigentum auf.Da sie jedoch alles mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> teilten, litt niemand Not.


19Auch für unsere Zeit glauben wir, dass solch e<strong>in</strong>e neueGesellschaft aus <strong>der</strong> Än<strong>der</strong>ung unseres <strong>in</strong>wendigen <strong>Leben</strong>sheraus entstehen kann. Wenn Gott unser <strong>in</strong>wendiges <strong>Leben</strong>durchdr<strong>in</strong>gt, so wird das Neue, das er br<strong>in</strong>gt, auch unser äußeres<strong>Leben</strong> verän<strong>der</strong>n. Wenn unser Christentum lediglich e<strong>in</strong>eSonntagsreligion ist, dann bleibt es leer und oberflächlich.Was bedeutet es, nach dem Bilde Gottes geschaffen zuse<strong>in</strong>? Indem Gott dem ersten Menschen se<strong>in</strong>en Ateme<strong>in</strong>blies, gab er damit allen Menschen die Möglichkeit, dieFülle an <strong>in</strong>nerem Reichtum zu erfahren, die <strong>in</strong> Gott ist: Liebe,Freude, Heiterkeit, Zorn, Leid, Re<strong>in</strong>heit und E<strong>in</strong>heit. Dasalles ist uns wohl vertraut, und daran erkennen wir, dass etwasvon Gott <strong>in</strong> uns ist, auch wenn es oft sehr verzerrt ist. In denK<strong>in</strong><strong>der</strong>n ist das Ebenbild Gottes am re<strong>in</strong>sten erhalten. WirErwachsenen mit unseren kle<strong>in</strong>lichen Seelen führen oft e<strong>in</strong>sehr kle<strong>in</strong>liches <strong>Leben</strong>. Unser ganzes Denken, losgelöst vonGott, kreist nur um uns selbst. Und doch s<strong>in</strong>d wir für Größeresgeschaffen. Ich glaube, bisher hat noch ke<strong>in</strong>er von uns jemalsden Reichtum des Geistes, <strong>der</strong> Seele und des Herzens <strong>in</strong> <strong>der</strong>ganzen Fülle erlebt, die Gott uns zur Freude geschaffen hat.Aber als se<strong>in</strong>e K<strong>in</strong><strong>der</strong> dürfen wir diese D<strong>in</strong>ge so erleben, wieke<strong>in</strong> an<strong>der</strong>es Geschöpf sie erleben kann. Er liebt uns so sehr,dass er se<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>zigen Sohn gesandt hat, uns zu retten. Im1. Kor<strong>in</strong>therbrief sagt Paulus, dass <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de „das Urteilüber die Engel zusteht“ (1.Kor.6,3). Das soll uns die tiefeBedeutung unserer Berufung ahnen lassen und was es heißt,dass wir nach dem Bilde Gottes gemacht s<strong>in</strong>d.


20Gott schuf den Himmel und die Erde und alle Sternedes Universums. Noch etwas schuf er, etwas sehrGeheimnisvolles: den menschlichen Geist. Gott schuf diesen Geistund legte ihn <strong>in</strong> uns, denn er will <strong>in</strong> uns leben. Die Bibel sagt(Apg.17,24; 1.Kor.6,19), dass er nicht <strong>in</strong> Tempeln lebt, die vonMenschen erbaut s<strong>in</strong>d; wir selbst sollen die Tempel Gottes se<strong>in</strong>.Me<strong>in</strong> Vater pflegte zu sagen, dass Dummheit die größte Sünde ist.Damit me<strong>in</strong>te er nicht E<strong>in</strong>fältigkeit, son<strong>der</strong>n geistige Stumpfheit:wenn das Gewissen abgestumpft ist und das Herz nicht mehr aufGott hört.Sehr wenige Menschen ahnen heute noch etwas von demübergroßen Reichtum des Herzens. Unsere Herzen s<strong>in</strong>d dazugeschaffen, Großes zu erleben. Die meisten von uns haben ke<strong>in</strong>eAhnung, wie unser <strong>Leben</strong> aussehen könnte, wenn wir unsereDummheit und Stumpfheit überw<strong>in</strong>den würden. Paulus schreibt:„[Ich bete,] dass er euch Kraft gebe nach dem Reichtum se<strong>in</strong>erHerrlichkeit, stark zu werden durch se<strong>in</strong>en Geist an dem <strong>in</strong>wendigenMenschen, dass Christus durch den Glauben <strong>in</strong> eurenHerzen wohne und ihr <strong>in</strong> <strong>der</strong> Liebe e<strong>in</strong>gewurzelt und gegründetseid. So könnt ihr mit allen Heiligen begreifen, welches dieBreite und die Länge und die Höhe und die Tiefe ist, auch dieLiebe Christi erkennen, die alle Erkenntnis übertrifft, damit ihrerfüllt werdet mit aller Gottesfülle“ (Eph.3,16–19).Wenn wir diesen e<strong>in</strong>en Abschnitt recht begreifen würden,dann würden wir das ganze Evangelium verstehen. Wir s<strong>in</strong>dnicht erfüllt mit aller Gottesfülle; wir dürfen nicht so arrogantse<strong>in</strong> zu denken, wir wären es. Aber das Gebet des Apostelssollte uns Aufruf und Inspiration se<strong>in</strong>.


21Gott sagte zu Israel: „Höret, so werdet ihr leben!“(Jes.55,3). Es ist ungeheuer wichtig, sich stets und ganzGott zuzuwenden und zu glauben, dass er zu uns sprechenwird. Alles hängt davon ab, dass wir ihn bitten, zu uns zusprechen. Wenn wir von Gott lange Zeit nichts gehört haben,dann trennt uns vielleicht etwas vom Himmel; vielleicht fehltes uns an Liebe unserem Bru<strong>der</strong> gegenüber, o<strong>der</strong> wir s<strong>in</strong>dune<strong>in</strong>ig mit unserem Ehepartner. Wenn das <strong>der</strong> Fall ist, dannwarten wir umsonst.Selbstverständlich können wir ke<strong>in</strong>e Antwort von Gotterwarten, wenn wir nur fünf M<strong>in</strong>uten still waren. Wie langehat selbst Jesus manchmal warten müssen. Aber je mehr unser<strong>Leben</strong> Christus gehört, je tiefer unsere Beziehung zu ihm ist,um so schneller wird er uns antworten, um so schneller kanner uns für se<strong>in</strong>e Aufgaben gebrauchen, denn er weiß, hier istjemand, <strong>der</strong> ganz für ihn bereit ist.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Meister Eckehart betont die Wichtigkeit e<strong>in</strong>eslauschenden Herzens. Er versteht darunter e<strong>in</strong> Herz,das alle<strong>in</strong> auf Gott hört. Er sagt, dass Gott nichts lieber istals e<strong>in</strong> Herz, das sich <strong>in</strong> Stille von allem loslöst und sichihm zuwendet und auf ihn hört. Das bedeutet: loslösen vomMammon, von Unre<strong>in</strong>heit und Schadenfreude, von Lüge,Misstrauen und Hass, vom Geist <strong>der</strong> Welt und von allenan<strong>der</strong>s gearteten Geistern.


22Wenn Menschen gesund und glücklich s<strong>in</strong>d, wennihre wirtschaftliche Lage stabil ist, werden sie leichtoberflächlich und lau. Auch wenn sie Gott alles Ungesunde<strong>in</strong> ihrem <strong>Leben</strong> übergeben – alles, was ihnen Kummer o<strong>der</strong>Kampf bereitet - auch wenn diese D<strong>in</strong>ge sie <strong>in</strong>s Gebet treiben,behalten sie doch ihr <strong>in</strong>nerstes Wesen für sich. Dass wir Gott<strong>in</strong> Zeiten <strong>der</strong> Not und Wi<strong>der</strong>wärtigkeit überhaupt suchen,zeigt uns, dass unser Innerstes nach ihm hungert und dürstet.Unsere Ängste sollen wir vor Gott br<strong>in</strong>gen, auch unsereKrankheit und Seelennot. Aber das ist nicht genug. Unser<strong>in</strong>nerstes Se<strong>in</strong> müssen wir ihm übergeben, unser Herz undunsere Seele. Wenn wir uns so vor ihm demütigen, wenn wiruns ihm völlig h<strong>in</strong>geben wenn wir uns nicht länger sträuben,ihm unsere ganze Person und Persönlichkeit h<strong>in</strong>zugeben -dann kann er uns helfen, <strong>in</strong>dem er uns erst unseren Bankrotterleben lässt und dann mit wahrem <strong>Leben</strong> füllt.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Das Wichtigste für dich sollte se<strong>in</strong>, die Größe Gottesanzuerkennen und für ihn zu leben. Versuche die Bibelzu lesen, wenigstens zwei o<strong>der</strong> drei Kapitel täglich. Das wirddir die Augen öffnen für die Größe Jehovas, des Herrn <strong>der</strong>Heerscharen. Dann wirst du erkennen, wie unwichtig dieSuche nach persönlichem Glück ist.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Wenn dich <strong>der</strong> Teufel dazu anstachelt, an<strong>der</strong>e zu hassen,dann rate ich dir, <strong>in</strong>nere Stille zu f<strong>in</strong>den. Du weißt,dass du im Grunde de<strong>in</strong>es Herzens diesen Hass nicht willst.


23Ich kann gut verstehen, wie unglücklich du bist. Aber versuchetrotzdem, <strong>in</strong>nerlich völlig ruhig zu werden, und glaube, dassGott dich liebt und dir helfen will, auch wenn dieser Glaubeimmer wie<strong>der</strong> durch Zweifel angegriffen wird. Dann wirdde<strong>in</strong>e Angst allmählich überwunden.Wenn du versuchst, de<strong>in</strong>e Gefühle mit an<strong>der</strong>en Gefühlenzu bekämpfen, wirst du ganz konfus. Du kannst de<strong>in</strong>e Gefühlenicht entwirren, aber du kannst Gott vertrauen: er kennt de<strong>in</strong>Herz, er kann dich neu ausrichten. Glaube ihm alle<strong>in</strong>.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Du fragst, wie du <strong>in</strong>nere Stille f<strong>in</strong>den kannst. Denkean die wichtigen Worte Jesu über das Gebet: „Geh’<strong>in</strong> de<strong>in</strong>e Kammer, schließ’ die Tür h<strong>in</strong>ter dir und bete zude<strong>in</strong>em Vater, <strong>der</strong> im Verborgenen wohnt! Dann wird de<strong>in</strong>Vater, <strong>der</strong> <strong>in</strong>s Verborgene sieht, es dir vergelten“ (Mt.6,6).Wenn du dich von de<strong>in</strong>en Gefühlen und von den Erregungende<strong>in</strong>es <strong>Leben</strong>s loslöst und <strong>in</strong> diesem Losgelöstse<strong>in</strong> vom IchGott suchst, dann wird de<strong>in</strong> Herz Frieden f<strong>in</strong>den.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Lange Gebete s<strong>in</strong>d nicht immer wirksam. Jesus warnt unssogar davor. Meist s<strong>in</strong>d sie eher heidnisch als christlich.Lass de<strong>in</strong> Gebetsleben lebendiger werden! Aber erzw<strong>in</strong>genichts; lass es ganz frei fließen. Wenn Beten etwas <strong>Leben</strong>digesfür dich ist, dann wird das Feuer des Geistes <strong>in</strong> dir aufflammenund dir <strong>Leben</strong> br<strong>in</strong>gen.


25Ebenso müssen wir darum bitten, dass Gottes Wille auch <strong>in</strong>unserem persönlichen <strong>Leben</strong> geschieht. Wir müssen jeden Tagvor Gott treten und ihn bitten, unsere Herzen zu erneuern,denn <strong>der</strong> Teufel versucht immer wie<strong>der</strong>, uns auf falsche Wegezu führen. Aber wir sollten nicht nur für uns selbst bitten,son<strong>der</strong>n für die ganze Welt, für die ganze Menschheit und füralle Nationen.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Es gibt falsches Beten – eigenwilliges Beten. Ist jedoch<strong>der</strong> Gegenstand unserer Bitte im E<strong>in</strong>klang mit demWillen Jesu, dann ist es richtig. Solange nicht Eigenwille o<strong>der</strong>Selbstüberhebung dabei ist, ist es ke<strong>in</strong> falsches Beten.Es ist mit dem Weg Jesu völlig unvere<strong>in</strong>bar, egoistischeBitten <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Namen zu äußern, zum Beispiel für e<strong>in</strong>eerfolgreiche Karriere, o<strong>der</strong> tausend Dollars. Wenn Jesus sagt:„Um was ihr <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em Namen bittet, das will ich tun,“ dannme<strong>in</strong>t er damit alles, was den Vater und den Sohn verherrlicht(Joh.14,13).In unserem Gebetsleben müssen wir auf Gottes Geistlauschen. Was Gott uns sagen will, ist viel wichtiger alsdas, was wir ihm sagen wollen. Deshalb ist das geme<strong>in</strong>sameSchweigen <strong>in</strong> dem Glauben, dass er <strong>in</strong> jedes Herz sprechenwill, so bedeutsam für uns.Wir sollten immer den Glauben haben, dass unsere Gebeteerhört werden, auch wenn es nicht sofort geschieht. Tagelanghat Daniel ernsthaft um die Vergebung se<strong>in</strong>er Sünden und


26<strong>der</strong> Sünden Israels zu Gott gebetet. Dennoch erhielt er dreiWochen lang ke<strong>in</strong>e Antwort. Dann hatte er e<strong>in</strong>e Vision, undes erschien ihm e<strong>in</strong> Engel, <strong>der</strong> sagte:„Fürchte dich nicht, Daniel; denn von dem ersten Tage an, alsdu von Herzen begehrtest zu verstehen und anf<strong>in</strong>gst, dich zudemütigen vor de<strong>in</strong>em Gott, wurden de<strong>in</strong>e Worte erhört, undich wollte kommen, um de<strong>in</strong>er Worte willen. Aber <strong>der</strong> Engelfürstdes Königreichs Persien hat mir e<strong>in</strong>undzwanzig Tagewi<strong>der</strong>standen; und siehe, Michael, e<strong>in</strong>er <strong>der</strong> Ersten unter denEngelfürsten, kam mir zu Hilfe.“ (Dan.10,12-13).Daniels Gebete wurden also von Anfang an vernommen,aber dunkle Mächte erschwerten es dem Engel, <strong>der</strong> dieAntwort br<strong>in</strong>gen sollte, zu ihm durchzukommen.Auch heute noch s<strong>in</strong>d trotz des Sieges am Kreuz dunkleMächte am Werk. Und oft können unsere Gebete, wie dieDaniels, nicht sofort beantwortet werden. Aber Gott hört sie.Das dürfen wir ganz fest glauben.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Übergib Jesus alles. Je unbed<strong>in</strong>gter du ihm alles übergibst,um so mehr kann se<strong>in</strong> Geist dich erfüllen. Auch ganzentschiedene Christen gehen durch Zeiten geistlicher Dürre,<strong>in</strong> denen Gott sie auf die Probe stellen will. Danach jedochüberflutet er sie mit se<strong>in</strong>er großen Liebe. Verzweifle also nicht,wenn du dich <strong>in</strong>nerlich leer fühlst.


2702. BußeDas Evangelium beg<strong>in</strong>nt mit dem Aufruf zur Buße. Bußebedeutet, dass alles verän<strong>der</strong>t werden muss. Was obenist, muss erniedrigt werden; was unten ist, muss erhöht werden.Alles muss mit den Augen Gottes gesehen werden. Unserganzes Wesen muss erneuert werden, all unser menschlichesDenken muss aufhören. Gott muss <strong>der</strong> Mittelpunkt unseresDenkens und Fühlens werden.Jesus Christus kam, um die Menschen zu erlösen, aber zuerstrief er sie auf, Buße zu tun und ihm nachzufolgen. VieleChristen zieht die Tatsache an, dass er Erlösung verspricht,aber zu völliger Buße s<strong>in</strong>d sie nicht bereit. Es ist tragisch, dassdie ärgsten Fe<strong>in</strong>de Jesu oft nicht etwa Ungläubige, son<strong>der</strong>nreligiöse Menschen s<strong>in</strong>d. Sogar zu se<strong>in</strong>en Lebzeiten wurdeJesus nicht von den Soldaten, die ihn kreuzigten, am meistengehasst, son<strong>der</strong>n von den sehr religiösen Pharisäern undSchriftgelehrten. Sie hassten se<strong>in</strong>e Botschaft <strong>der</strong> Umkehr.Als Johannes <strong>der</strong> Täufer <strong>in</strong> <strong>der</strong> Wüste Judäas auftrat,rief er die Menschen auf, Buße zu tun - Herz und S<strong>in</strong>nzu än<strong>der</strong>n (Mt 3,1-2). Denen, die zu ihm kamen, hat erwahrhaftig nicht geschmeichelt. Er sagte ihnen geradeheraus,wie weit sie sich von Gott entfernt hatten (Mt 3,7 8). Nichtnur Johannes <strong>der</strong> Täufer sprach von Buße - ne<strong>in</strong>, Jesus selbsttat es, von <strong>der</strong> ersten bis zur letzten se<strong>in</strong>er Reden, wie uns dieBibel berichtet.


28Der Ruf Johannes des Täufers: „Tut Buße, denn dasHimmelreich ist nahe herbeigekommen!“ (Mt 3,2) wirdnicht gerne gehört, denn die meisten Menschen verstehennicht, was Buße bedeutet. Buße tun bedeutet nicht, dassman sich selbst quält, auch nicht, dass man sich von an<strong>der</strong>enMenschen gerichtet weiß. Buße tun heißt, dass wir uns von <strong>der</strong>Verdorbenheit und <strong>der</strong> Geldgier <strong>der</strong> gefallenen Menschheitabkehren. Buße tun heißt, dass wir unsere Herzen von <strong>der</strong>Atmosphäre des Reiches Gottes bewegen lassen. Wer je durchwahre Buße h<strong>in</strong>durchgegangen ist, weiß, dass sie das Herzwie Wachs schmelzen lässt, dass sie uns erschüttert, <strong>in</strong>demsie uns unsere Sündhaftigkeit bewusst macht. Aber das solltenicht im Mittelpunkt des Erlebnisses stehen: Gott muss dasZentrum des bußfertigen Herzens se<strong>in</strong> – Gott, <strong>der</strong> sich amKreuz als Liebe offenbarte, <strong>der</strong> alle<strong>in</strong> Versöhnung br<strong>in</strong>gt.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Je<strong>der</strong> von uns muss durch schwere, schmerzhafte Zeiten<strong>der</strong> Buße gehen. Ich bitte dich: Nimm diese Zeit nichtals Strafe son<strong>der</strong>n als Gnade an. Bitte quäle dich nicht selbst,son<strong>der</strong>n verstehe, dass Christus dich frei machen will!Aus e<strong>in</strong>em Brief:Weißt du eigentlich, was Buße bedeutet? Wenn e<strong>in</strong>Mensch Buße tut, wird er so verwandelt, dass je<strong>der</strong>, <strong>der</strong>ihm begegnet, die Verän<strong>der</strong>ung spürt. In Dickens’ Geschichte„Christmas Carol“ war es jedem, <strong>der</strong> dem alten Scrooge amWeihnachtstag begegnete, offensichtlich, dass er e<strong>in</strong> an<strong>der</strong>er


29war als am Abend zuvor. Das ist die Art Umkehr, die ich dirwünsche.Vertraut auf Jesus und auf die Kraft se<strong>in</strong>es Todes, undihr werdet Vergebung eurer Sünden f<strong>in</strong>den, so schlechtihr auch se<strong>in</strong> mögt. Aber spielt nicht mit <strong>der</strong> Güte Jesu. Erwird jede Sünde richten, jedes Zugeständnis, das wir demTeufel machen. Zum Beispiel warnt Jesus mit aller Schärfevor s<strong>in</strong>nlicher Begierde: Er sagt, wir sollen nicht e<strong>in</strong>mal mitunre<strong>in</strong>en Gedanken e<strong>in</strong>e Frau anblicken (Mt 5,28). Laßt unsse<strong>in</strong>e scharfen Worte annehmen.Im <strong>Leben</strong> jedes Menschen gibt es Zeiten, <strong>in</strong> denen Gottihm nahe kommt. Solche Zeiten o<strong>der</strong> Stunden Gotteserlebt auch jede Geme<strong>in</strong>de. In <strong>der</strong> Offenbarung lesen wir,wie Jesus vom Himmel herab durch Johannes zu den siebenGeme<strong>in</strong>den sprach (Offb 2 3). Je<strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de machte er klar,was sie e<strong>in</strong>zusehen hatte und wofür sie Buße tun musste, abergleichzeitig ermutigte er sie auch. Das war dann zweifellose<strong>in</strong>e entscheidende Gottesstunde für diese Geme<strong>in</strong>den.Gottes Güte ist unendlich. Hat er e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong>en Menschenbesucht, so kommt er vielleicht noch e<strong>in</strong> zweites, drittes o<strong>der</strong>viertes Mal, vielleicht auch e<strong>in</strong> fünftes Mal, aber vielleichtkommt er auch nicht mehr. Es liegt an uns, ob wir auf se<strong>in</strong>eStimme hören.Unser Wille zur Selbstbeherrschung mag noch so starkse<strong>in</strong>, wir mögen noch so sehr versuchen, Gott etwasvorzutäuschen - er blickt durch alles h<strong>in</strong>durch <strong>in</strong> die Tiefe


30unseres Herzens. Nur wenn wir uns unter se<strong>in</strong> Licht stellen,haben wir die Möglichkeit e<strong>in</strong>er Erneuerung. Alles ist möglich,wenn wir uns freiwillig unter Gottes Licht stellen. S<strong>in</strong>d wirjedoch nicht dazu bereit, dann gerät unser ganzes <strong>Leben</strong> aufdie schiefe Bahn.Es ist etwas ganz Wun<strong>der</strong>bares, wenn e<strong>in</strong> Mensch wirklichBuße tut. E<strong>in</strong>er bußfertigen Seele ist Gott sehr nahe.E<strong>in</strong> verste<strong>in</strong>ertes Herz wird weich und jede Gemütsregung,je<strong>der</strong> Gedanke, jede Empf<strong>in</strong>dung wird verän<strong>der</strong>t. Die ganze<strong>Leben</strong>sauffassung e<strong>in</strong>es Menschen än<strong>der</strong>t sich, wenn ihm dasGeschenk <strong>der</strong> Buße zuteil wird.E<strong>in</strong> neues <strong>Leben</strong> muss uns geschenkt werden; wir müssenverän<strong>der</strong>t werden. Doch es muss Gott se<strong>in</strong>, <strong>der</strong> unsverwandelt. Er tut es vielleicht ganz an<strong>der</strong>s, als wir es wollteno<strong>der</strong> uns vorstellten. Wir müssen Schluss machen mitunseren eigenen Idealen – mit unseren Vorstellungen von<strong>in</strong>nerem Wachstum o<strong>der</strong> persönlicher Umgestaltung. Jeglichehohe Stellung muss nie<strong>der</strong>gelegt, alles menschliche Strebenaufgegeben werden. Wenn wir für Gottes neue Zukunftbrauchbar se<strong>in</strong> wollen, muss Gott uns verän<strong>der</strong>n.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Ganz gewiss kann Jesus dir e<strong>in</strong> re<strong>in</strong>es Herz und völligenFrieden schenken. Anfangs wirst du die Last de<strong>in</strong>erSünden umso schwerer empf<strong>in</strong>den, je mehr du dich ihmnäherst. Aber dann wirst du tiefen Frieden und Freude


31erfahren. De<strong>in</strong> Suchen nach Gott soll dir das <strong>Leben</strong> nicht zurQual machen. Er sieht de<strong>in</strong> aufrichtiges Suchen. Ich wünschedir Mut und Zuversicht.Aus e<strong>in</strong>em Brief:E<strong>in</strong> reuiges Herz ist offen für Gott. Zunächst handelt essich um e<strong>in</strong> schmerzhaftes Erlebnis, aber später wirstdu dankbar darauf zurückblicken als auf e<strong>in</strong> Licht <strong>in</strong> de<strong>in</strong>em<strong>Leben</strong>. Reuig se<strong>in</strong> heißt nicht, dass du <strong>in</strong> de<strong>in</strong>er Sünde wühlst,son<strong>der</strong>n dass sich de<strong>in</strong> Herz Gott und de<strong>in</strong>en Mitmenschenzuwendet.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Ich hoffe, dass du wahre Buße f<strong>in</strong>dest, denn das ist diee<strong>in</strong>zige Hoffnung für dich im Kampf gegen alle Bitterkeit.Ke<strong>in</strong> Herz ist so hart, als dass Gott es nicht berühren undschmelzen könnte. Das weiß ich, denn es gibt ke<strong>in</strong>en unteruns, <strong>der</strong> nicht irgendwann e<strong>in</strong>mal se<strong>in</strong> Herz gegen Gottverhärtet hätte. Wenn du doch nur se<strong>in</strong> großes Verlangen undse<strong>in</strong>e brennende Liebe zu dir und jedem Menschen erlebenkönntest! Dann würdest du alles loslassen, was dich von diesergroßen Liebe trennt, und möge es noch so schmerzhaft se<strong>in</strong>.Wie das Wasser abwärts fließt, so sucht die Liebe Gottes das,was unten ist. Jedoch können wir uns aus eigener Kraft nichtdemütig und niedrig machen. Nur im Licht <strong>der</strong> Allmacht,Liebe, Re<strong>in</strong>heit und Wahrheit Gottes erkennen wir, dass wir„Abschaum und Auswurf“ s<strong>in</strong>d (1.Kor 4,13).


32Erkennen wir, wie dunkel die Sünde ist und wie schreckliches ist, von Gott getrennt zu se<strong>in</strong>, dann bekommen wire<strong>in</strong>e Ahnung davon, was Jesus mit Reue me<strong>in</strong>t. Aber Reuebedeutet noch mehr als die Erkenntnis unserer Sünde: Reuebedeutet Zuwendung zum Reich Gottes. Reue bedeutet auchdie Bereitschaft, bis ans Ende <strong>der</strong> Welt zu gehen, um all dasBöse, das wir getan haben, ungeschehen zu machen, obwohlwir wissen, dass wir nichts ungeschehen machen können.Letztlich bedeutet Reue, sich ihm h<strong>in</strong>zugeben, <strong>der</strong> Vergebungund Freiheit von Sünden schenkt.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Ich b<strong>in</strong> dankbar, dass du de<strong>in</strong>e Sünde e<strong>in</strong>siehst, aber ich bittedich <strong>in</strong>ständig, nicht weiter über dich selbst nachzudenken,über de<strong>in</strong>e Vergangenheit und de<strong>in</strong>e Depression. Davon wirstdu nur noch nie<strong>der</strong>geschlagener. Das ist ke<strong>in</strong>e Buße. Stell dirde<strong>in</strong> Inneres vor wie e<strong>in</strong>en klaren See, <strong>in</strong> dem sich die Sonne,die Sterne und <strong>der</strong> Mond spiegeln. Wenn du den Schlammauf dem Grund aufrührst, wird alles unklar und trübe; je mehrdu rührst, um so trüber wird es. Werde still und sei standhaftgegen den Teufel. Dann wird das Wasser wie<strong>der</strong> klar, und<strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Spiegel wird dir die Liebe Christi zu dir und zurganzen Welt aufleuchten.


3303. BekehrungIm 3. Kapitel des Johannes Evangeliums lesen wir, dass wirwie<strong>der</strong>geboren werden müssen aus Wasser und Geist. Daskann man nicht menschlich verstehen, wie es Nikodemusversuchte. Wie<strong>der</strong>geburt ist e<strong>in</strong> Geheimnis, e<strong>in</strong> Mysterium,e<strong>in</strong> Wun<strong>der</strong>. Glauben wir aber, dass Jesus von Gott dem Vatergesandt wurde, und glauben wir an die Macht des HeiligenGeistes, dann kann er uns die Wie<strong>der</strong>geburt schenken. Alleskommt auf den Glauben an.Der Entschluss, Jesus nachzufolgen, kann nicht bedeuten,dass man ihm e<strong>in</strong> o<strong>der</strong> zwei Jahre nachfolgt. SolcheEntscheidung muss für alle Zeiten gelten. Jesus sagt: „Werse<strong>in</strong>e Hand an den Pflug legt und rückwärts blickt, <strong>der</strong> istnicht tauglich für das Reich Gottes“ (Lk 9,62). Wenn wir aberJesus treu bleiben, dann wird er uns re<strong>in</strong>waschen, er wird unsE<strong>in</strong>heit mit Gott und mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> schenken und uns ewiges<strong>Leben</strong> geben.Die Jesus nachfolgen wollen, müssen ihm nicht nur ihrHerz öffnen mit <strong>der</strong> Bitte: Komm <strong>in</strong> me<strong>in</strong> Herz undre<strong>in</strong>ige mich! Sie müssen auch bereit se<strong>in</strong> zu sagen: Ich willalles für dich tun, was immer du von mir erwartest. Jesus sagt:„Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid“(Mt 11,28).Wenn wir zu ihm kommen wollen, ihn <strong>in</strong> unser Herzh<strong>in</strong>e<strong>in</strong>lassen wollen, dann müssen wir auch willig se<strong>in</strong>, uns


34von ihm bestimmen zu lassen und unseren Eigenwillenaufzugeben.<strong>Nachfolge</strong> erfor<strong>der</strong>t, alles fallen zu lassen, e<strong>in</strong>schließlichdessen, was wir als positiv <strong>in</strong> uns betrachten. Pauluswar bereit, die jüdischen Gesetze aufzugeben. Ebenso müssenwir unser gutes Image, unsere Rechtschaffenheit, unserwohlme<strong>in</strong>endes Wesen aufgeben und für nichts achten umChristi willen.Der radikale Weg Jesu schließt e<strong>in</strong>e Herausfor<strong>der</strong>ung anuns e<strong>in</strong>. Es geht Jesus nicht um große Menschenzahlen,son<strong>der</strong>n um h<strong>in</strong>gegebene Herzen. Auch verspricht er ke<strong>in</strong>eSicherheit, we<strong>der</strong> wirtschaftlich noch an<strong>der</strong>weitig. Es gehtihm um solche, die sich une<strong>in</strong>geschränkt Gott und demNächsten h<strong>in</strong>geben, ohne dabei das Ger<strong>in</strong>gste für sich selbstzu for<strong>der</strong>n.Die Entscheidung, Jesus nachzufolgen, muss e<strong>in</strong>e tiefpersönliche se<strong>in</strong>. Das kann jedoch niemals bedeuten,wie jemand e<strong>in</strong>mal sagte, „Nur noch Jesus und ich“. <strong>Nachfolge</strong>muss stets die Brü<strong>der</strong> und Schwestern e<strong>in</strong>beziehen. Deshalbvere<strong>in</strong>igt Jesus die beiden Gebote <strong>in</strong> e<strong>in</strong>s: „Du sollst den Herrn,de<strong>in</strong>en Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seeleund von ganzem Gemüt!“ und „Du sollst de<strong>in</strong>en Nächstenlieben wie dich selbst!“ (Mt 22,37-39). Diese beiden Gebotekönnen nicht vone<strong>in</strong>an<strong>der</strong> getrennt werden. Zwar wird jedepersönliche Glaubenserfahrung im Innersten e<strong>in</strong>es Menschen


35stattf<strong>in</strong>den, aber sie darf nicht zum selbstischen E<strong>in</strong>zelerlebniswerden.Das Wesen des Glaubens muss uns klarer aufleuchten.Man kann alle Lehren <strong>der</strong> Bibel annehmen, aber wirhaben ke<strong>in</strong>en Gew<strong>in</strong>n davon, solange wir nicht Jesus selbstbegegnen. Ke<strong>in</strong>e Überzeugung kann e<strong>in</strong>em Menschen helfen,solange er das Wesen und die Wirklichkeit Christi nicht selbstim tiefsten Inneren erfährt. Je<strong>der</strong> Mensch muss persönlich mitJesus konfrontiert werden.Wenn unser Herz die Tatsache erfasst, dass Jesus füruns gestorben ist, so wird uns das von Grund aufverän<strong>der</strong>n. E<strong>in</strong>e Revolution setzt e<strong>in</strong>. Sie wird e<strong>in</strong>en neuenMenschen aus uns machen. Sie wird unsere sündhafte Naturabtöten, so dass wir nicht mehr davon versklavt se<strong>in</strong> werden.Zur wahren Bekehrung gehört die Bereitschaft, mit demleidenden Christus zu leiden. Ich glaube nicht, dass esohne diese Bereitschaft e<strong>in</strong>e Bekehrung geben kann.<strong>Nachfolge</strong> bedeutet völlige H<strong>in</strong>gabe. Sie verlangt alles:das ganze Herz, den ganzen Geist, das ganze <strong>Leben</strong>– all unsere Zeit, unsere Kraft, unseren Besitz, alles – um <strong>der</strong>Liebe willen. Halbherziges Christentum ist schlimmer alsüberhaupt ke<strong>in</strong> Christ zu se<strong>in</strong>.Jesus sagt: „An <strong>der</strong> Frucht erkennt man den Baum“ (Mt12,33); also an den Früchten e<strong>in</strong>es Menschenlebens


36erkennt man, ob es sich um e<strong>in</strong>en Heuchler handelt o<strong>der</strong>nicht. „Es werden nicht alle, die zu mir sagen: Herr, Herr! <strong>in</strong>das Himmelreich kommen, son<strong>der</strong>n die den Willen me<strong>in</strong>esVaters tun“ (Mt 7,21). Den Willen Gottes tun, heißt Früchte<strong>der</strong> Buße zeigen. Jesus sagt auch: „Ich b<strong>in</strong> <strong>der</strong> We<strong>in</strong>stock, undme<strong>in</strong> Vater ist <strong>der</strong> W<strong>in</strong>zer. Jede Rebe an mir, die ke<strong>in</strong>e Fruchtbr<strong>in</strong>gt, schneidet er weg, und jede, die Frucht br<strong>in</strong>gt, re<strong>in</strong>igt er,damit sie noch mehr Frucht br<strong>in</strong>ge“ (Joh 15,1 2). Aus diesenWorten erkennen wir, dass wir nicht e<strong>in</strong>fach bekehrt, getauftund „errettet“ werden und danach ohne Anfechtungen lebenkönnen. Wenn wir gute Früchte br<strong>in</strong>gen wollen, müssen wirimmer wie<strong>der</strong> Buße tun und immer wie<strong>der</strong> gere<strong>in</strong>igt werden.Ke<strong>in</strong>e Rebe kann aus sich selbst Frucht br<strong>in</strong>gen; sie muss mitdem We<strong>in</strong>stock verbunden se<strong>in</strong> (Joh 15,4). Genauso kann ke<strong>in</strong>ervon uns Früchte tragen ohne e<strong>in</strong>e persönliche Beziehung zu Jesus.Ohne diese Beziehung sterben wir <strong>in</strong>nerlich ab und br<strong>in</strong>genke<strong>in</strong>e Frucht (Joh 15,6). Dann werden wir vom We<strong>in</strong>stockabgeschnitten, <strong>in</strong>s Feuer geworfen und verbrannt. Dieser großeAufruf ergeht an uns: am We<strong>in</strong>stock zu bleiben – <strong>in</strong> Jesus zubleiben.


3704. GlaubeWer ist Gott? Wie können wir ihn f<strong>in</strong>den? Etwas vondem Licht Gottes ist schon tief <strong>in</strong> unsere Herzenh<strong>in</strong>e<strong>in</strong>gelegt. Manchmal empf<strong>in</strong>den wir dies nur als großeSehnsucht nach Güte, Gerechtigkeit, Re<strong>in</strong>heit o<strong>der</strong> Treue.Wenn aus dieser Sehnsucht Glauben erwächst, dann werdenwir Gott f<strong>in</strong>den.Schon die Ersten Christen sagten: Wenn <strong>der</strong> Mensch Gottsucht, wird er ihn f<strong>in</strong>den, denn Gott ist überall. Es gibtke<strong>in</strong>e Grenze, die nicht überschritten werden kann, ke<strong>in</strong>H<strong>in</strong><strong>der</strong>nis, das nicht überwunden werden kann, um Gott zuf<strong>in</strong>den. Er<strong>in</strong>nern wir uns an Nikodemus, <strong>der</strong> anfangs nichtglauben wollte, dass er sich <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em hohen Alter nochän<strong>der</strong>n könnte: Auch er fand zum Glauben. Niemand kannsich entschuldigen, wenn er ke<strong>in</strong>en Glauben f<strong>in</strong>det: Weranklopft, dem wird die Tür aufgetan.Gott kommt <strong>in</strong> das Herz e<strong>in</strong>es jeden Menschen, <strong>der</strong>glaubt, dass er kommen wird - zu jedem, <strong>der</strong> ihn sucht.Wir müssen nur wirklich auf <strong>der</strong> Suche se<strong>in</strong> und se<strong>in</strong> Kommenerwarten. Wenn wir <strong>in</strong> geistiger Trägheit dah<strong>in</strong>leben, wirdnichts geschehen. Nur wer sucht, wird f<strong>in</strong>den.Es ist e<strong>in</strong> Wun<strong>der</strong> des Glaubens, wenn Menschen zu Jesusf<strong>in</strong>den und ihn als den Christus erkennen. Wir merkendies an den Worten <strong>der</strong> Samariter, die zu <strong>der</strong> Frau, welcher


40son<strong>der</strong>n um sie zu erretten“ (Joh.3,16 17). Aber es heißtauch, dass um ihres Unglaubens willen die Welt gerichtetwird (Röm.11,20). Der S<strong>in</strong>n dieser Worte – also hat Gott dieWelt geliebt – muss uns überwältigen. Erst dann werden wirerkennen, wie furchtbar es ist, nicht an ihn zu glauben. Lasstuns Gott darum bitten, dass er uns e<strong>in</strong>e neue Erweckungschenkt – e<strong>in</strong>en tiefen Glauben und e<strong>in</strong>e feste Überzeugung,e<strong>in</strong>en Glauben, <strong>der</strong> Antwort auf alle persönlichen Fragen, aufalle Probleme des Geme<strong>in</strong>schaftslebens und schließlich aufdie Probleme <strong>der</strong> ganzen Welt geben kann.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Petrus hatte zu Jesus gesagt, dass er bereit wäre, für ihn zusterben, aber nachher verleugnete er ihn dreimal. Ke<strong>in</strong>ervon uns kann behaupten, er könnte von sich aus durchhalten.Das ist nur <strong>in</strong> <strong>der</strong> Kraft Gottes möglich, er alle<strong>in</strong> kann unsstark machen.Wenn jemand e<strong>in</strong>sam und verunsichert ist, so kommtdas oft daher, dass er nicht den tiefen Glauben hat,von Gott völlig verstanden zu werden. Paulus schreibt: Erstwenn unsere Liebe vollkommen ist, werden wir verstehen, sowie wir auch völlig verstanden s<strong>in</strong>d (1.Kor 13,12). Deshalbs<strong>in</strong>d auch die Worte von Johannes sehr wichtig: Gott hat unsgeliebt, ehe wir ihn lieben konnten (1.Joh 4,19). Das ist es,was <strong>in</strong> unser kle<strong>in</strong>es Herz e<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>gen muss: Die Liebe desgroßen Herzens Gottes, das uns ganz versteht. An dieser Liebemüssen wir festhalten.


41Wir leben <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Zeit, <strong>in</strong> <strong>der</strong> die ganze Welt <strong>in</strong> Aufruhrist, und wir können noch erschüttern<strong>der</strong>e Ereignisseerwarten als die, die wir bereits erlebt haben. Da gibt es nure<strong>in</strong>e Hoffnung, nur e<strong>in</strong>s, woran wir <strong>in</strong> je<strong>der</strong> Lage festhaltenkönnen: Jesus und se<strong>in</strong> Reich. Im <strong>Leben</strong> und im Tod, <strong>in</strong>Zeiten <strong>der</strong> Freude und <strong>in</strong> Zeiten des Gerichts bleibt er unsere<strong>in</strong>ziger Erlöser.Schon Paulus warnt uns vor gefährlichen Irrlehren,und auch heute s<strong>in</strong>d sie weit verbreitet, sogar unter sogenannten Christen (Kol.2,4 23). Deshalb wollen wir ame<strong>in</strong>fachen, k<strong>in</strong>dlichen Glauben an den Sohn Gottes, denMenschensohn, festhalten und unser brü<strong>der</strong>liches <strong>Leben</strong> aufdiesen Felsen bauen.Warum können so viele Menschen heutzutage ke<strong>in</strong>enGlauben f<strong>in</strong>den? Ich denke, dafür gibt es verschiedene Gründe.Manche Menschen s<strong>in</strong>d zufrieden mit dem Geschehen umsie her und s<strong>in</strong>d stolz darauf, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Zeit hoher Kulturund Zivilisation zu leben. Sie s<strong>in</strong>d bl<strong>in</strong>d für die Leiden <strong>der</strong>Menschheit und <strong>der</strong> ganzen Schöpfung. Sie haben Gott ausden Augen verloren.An<strong>der</strong>e verzweifeln. Denn sie erkennen die Ungerechtigkeitdes Mammon und leiden mit den Unterdrückten. Aber <strong>in</strong>ihrem Mitleiden vergessen sie, dass wir alle schuldig s<strong>in</strong>d. Stattsich über die Schuldverwicklung aller Menschen klarzuwerden,geben sie e<strong>in</strong>er bestimmten Klasse o<strong>der</strong> Nation die Schuld.Sie sehen die Schöpfung, nicht den Schöpfer. Auch sie habenGott aus den Augen verloren.


42Wie<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e erkennen wohl die Sünde, Schuld undSchwäche <strong>der</strong> Menschen, aber sie haben ke<strong>in</strong> Herz, ke<strong>in</strong>eGeduld mit den Unterdrückten und leiden nicht mit ihnen.Weil sie Gott aus den Augen verloren haben, verschließensie ihre Ohren dem Schrei <strong>der</strong> ganzen Schöpfung. Sie habenke<strong>in</strong>en wirklichen Glauben, o<strong>der</strong> sie glauben nur um ihreseigenen Seelenheils, nicht aber um <strong>der</strong> leidenden Menschheitwillen.Nur wenn wir Gott f<strong>in</strong>den, können wir zum Glaubenkommen. Haben wir Gott gefunden, dann fangen wir an,die Not <strong>der</strong> Menschheit von se<strong>in</strong>er Sicht aus wahrzunehmen;dann können wir glauben, dass er diese Not überw<strong>in</strong>den wird.Der Mensch muss erkennen, dass Gott die Welt auch heuteliebt. In <strong>der</strong> Nacht des Gerichts, die über unsere sogenannteZivilisation here<strong>in</strong>bricht, muss <strong>der</strong> Mensch hören, dass Gottihn noch immer liebt und dass er se<strong>in</strong>e Schöpfung liebt.Glaubensbotschaft ist Liebesbotschaft.(Gesprochen zur Zeit des Zweiten Weltkriegs.)Z w e i f e lAus e<strong>in</strong>em Brief:Du wirst niemals – auch nicht dir selbst – die ExistenzJesu beweisen können. Der Glaube muss e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>nereErfahrung se<strong>in</strong>. Solange du den Gegenstand de<strong>in</strong>es Glaubens<strong>in</strong>tellektuell zu beweisen suchst, werden de<strong>in</strong>e Bemühungendir selbst im Wege stehen. Ich kann die Wirklichkeit Jesunicht beweisen, ich habe nichts als me<strong>in</strong>en lebendigenGlauben. Thomas zweifelte, dass Jesus wirklich von den


43Toten auferstanden war: „Erst will ich me<strong>in</strong>e Hand <strong>in</strong> se<strong>in</strong>eSeite legen, vorher glaube ich nicht.“ Dann sah er Jesus undglaubte. Jesus aber sagte: „Selig s<strong>in</strong>d, die nicht gesehen habenund doch glauben!“ (Joh.20,25 29).Wer an <strong>der</strong> Liebe Gottes und se<strong>in</strong>er Nähe zweifelt,nachdem er ihm se<strong>in</strong> <strong>Leben</strong> übergeben hat, begibtsich <strong>in</strong> die Nähe des Todes. Es ist gut, das Böse <strong>in</strong> sich selbstzu erkennen, aber wir dürfen niemals Gottes große Gnadeanzweifeln, auch nicht im Gericht. Der Zweifel kann e<strong>in</strong>emMenschen das <strong>Leben</strong> zur Hölle machen. Unser Glaube mussimmer wie<strong>der</strong> Erneuerung und Vertiefung erfahren.Wer glaubt, er sei e<strong>in</strong> zu großer Sün<strong>der</strong>, wer daranzweifelt, dass Jesus ihm helfen kann, b<strong>in</strong>det sich anden Teufel. Er zweifelt den Sieg des Kreuzes an und h<strong>in</strong><strong>der</strong>tden Heiligen Geist, von se<strong>in</strong>em Herzen Besitz zu nehmen.Diesem Zweifel muss man wi<strong>der</strong>stehen. Nicht umsonst stehtim Evangelium, dass Jesus die Sünden <strong>der</strong> ganzen Welt trägt,und: „Suchet, so werdet ihr f<strong>in</strong>den; klopfet an, so wird euchaufgetan“ (Mt.7,7).Christus, <strong>der</strong> wahrhaft <strong>Leben</strong>dige, starb am Kreuz, um alleD<strong>in</strong>ge mit Gott zu versöhnen. Diese Versöhnung geht überunseren menschlichen Verstand h<strong>in</strong>aus, aber wir wissen, dasssie für jeden von uns vorbereitet ist und dass wir zu Buße undBefreiung gerufen s<strong>in</strong>d.


44Aus e<strong>in</strong>em Brief:Die e<strong>in</strong>zige Hilfe für de<strong>in</strong>e <strong>in</strong>neren Qualen f<strong>in</strong>dest Du imGlauben an Gott. Das mag theoretisch kl<strong>in</strong>gen, abernur durch den Glauben kann Licht <strong>in</strong> de<strong>in</strong> <strong>Leben</strong> e<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>gen.Denke an die Bergrede, wie Jesus se<strong>in</strong>e Jünger das Betenlehrt: „Schließ dich e<strong>in</strong> <strong>in</strong> de<strong>in</strong>e Kammer, und Gott, <strong>der</strong> <strong>in</strong>sVerborgene sieht, wird dich erhören“ (Mt.6,6). Wenn du dastust und glaubst, dass Gott dich erhört, wirst du die GnadeGottes f<strong>in</strong>den. Wenn du glaubst, wirst du vom Bösen befreit.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Jesus warnt vor <strong>der</strong> Sorge, denn letztlich ist sie e<strong>in</strong> Mangelan Vertrauen zum Vater (Lk.12,22 26). Befreie dich vonKummer und Sorge. De<strong>in</strong> Herz sei ohne Bangen! Vertraueauf Gott und auf Jesus (Joh.14,1).Du schreibst, es s<strong>in</strong>d immer die kle<strong>in</strong>en D<strong>in</strong>ge, die Zweifel<strong>in</strong> dir aufkommen lassen. Lass das nicht zu! Gott will uns zuGrößerem führen. Er ist da von Anbeg<strong>in</strong>n <strong>der</strong> Welt, und mitihm das Wort – Christus. Alles wurde durch ihn erschaffen.Denke <strong>in</strong> den großen Dimensionen <strong>der</strong> Schöpfung Gottesund se<strong>in</strong>er Ewigkeit.Ich möchte jedem Mut zusprechen, <strong>der</strong> entmutigt ist, weilse<strong>in</strong>e Versuche, Christus nachzufolgen, fehlgeschlagen s<strong>in</strong>d.Aus uns selbst können wir ihm nicht nachfolgen; wir alle s<strong>in</strong>dunfähig dazu. Das kommt daher, dass unsere H<strong>in</strong>gabe nichtvollkommen ist. Erst wenn wir uns völlig leer machen, wennwir Gott alles übergeben, kann er wirken. Solange unser Tun


45von Selbstgefälligkeit bestimmt ist, müssen wir fehlgehen.Immer wie<strong>der</strong> zeigt Gott uns, wie völlig wir versagen undals Geme<strong>in</strong>de und als E<strong>in</strong>zelne ihm im Weg stehen. In <strong>der</strong><strong>Nachfolge</strong> geht es nicht um unser eigenes Tun, son<strong>der</strong>ndarum, Gott Raum zu geben, damit er <strong>in</strong> uns leben kann.


4605. DogmatismusAus e<strong>in</strong>em Brief:Möge Gott uns e<strong>in</strong> weites Herz geben. Wir wollen anse<strong>in</strong> Wirken <strong>in</strong> allen Menschen glauben, aber wirdürfen die Geister nicht vermischen. Möge Gott uns e<strong>in</strong>enungetrübten Glauben schenken, <strong>der</strong> die Liebe zu allenMenschen e<strong>in</strong>schließt, aber sich mit ke<strong>in</strong>erlei Dunkelheitvermischt – e<strong>in</strong>en Glauben, <strong>der</strong> alles versteht und allesvergibt und doch <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>em i Tüpfelchen von <strong>der</strong> Wahrheitabweicht.Wir müssen den ganzen Christus annehmen – se<strong>in</strong>eSchärfe wie auch se<strong>in</strong>e Liebestat am Kreuz. Christi Liebezu allen Menschen ist die Liebe des Lammes, das die Sünde<strong>der</strong> Welt trägt. Dennoch ist se<strong>in</strong>e Verkündigung <strong>der</strong> ewigenVerdammnis notwendig für Gottes zukünftige Herrschaft<strong>der</strong> Liebe, E<strong>in</strong>heit und Gerechtigkeit (Joh.5,29 30). Dieszu än<strong>der</strong>n o<strong>der</strong> abzuschwächen wäre e<strong>in</strong>e Entstellung se<strong>in</strong>erBotschaft.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Du behauptest, es ist dogmatisch, dies o<strong>der</strong> jenes zuglauben. Solch e<strong>in</strong>e Feststellung ist abstrakte Theologie.Die Kirchen s<strong>in</strong>d daran schuld, dass Millionen von Menschenden E<strong>in</strong>druck haben, bestimmte Glaubensbegriffe seiennichts als Dogma; doch die Kirchen s<strong>in</strong>d es, die solcheGlaubensbegriffe zum Dogma gemacht haben.


47Wir s<strong>in</strong>d frei von jeglichem Zweifel an den Wun<strong>der</strong>n Gottes.In absoluter Freiheit glauben wir an das Wun<strong>der</strong> <strong>der</strong> GeburtJesu und daran, dass Gott <strong>in</strong> Jesus zu uns kam. Aber wir wollendiesen Glauben niemandem aufzw<strong>in</strong>gen, und wir lehnen allentheologischen Streit darüber ab. Für uns besteht ke<strong>in</strong> Zweifel,dass Jesus von Nazareth unmittelbar von Gott kam, und dasser e<strong>in</strong>s mit ihm war und ist. Darüber können wir jedoch nichtauf dogmatischer Ebene disputieren. Wir wollen nichts mitDogmatismus zu tun haben, denn er ist tödlich. Wir glaubenan den Heiligen Geist und hoffen auf ihn.Die Geburt Christi ereignet sich immer wie<strong>der</strong> neu: Wozwei o<strong>der</strong> drei <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Namen zusammen s<strong>in</strong>d – wo ermit dem Glauben <strong>der</strong> Maria angenommen wird – da wird<strong>der</strong> lebendige Christus <strong>in</strong>s <strong>Leben</strong> gerufen. Wenn wir an denHeiligen Geist glauben, dann wird das fleischgewordene Wort<strong>in</strong> unseren Herzen lebendig; dann wird sich uns das Wort als<strong>der</strong> Sohn Gottes erweisen (Joh.1,14).Diese Fleischwerdung ist Realität. Weil du nicht daranglaubst, kannst du <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Kirche bleiben, <strong>in</strong> <strong>der</strong> nichts zurVerän<strong>der</strong>ung ungerechter Zustände getan wird. Du beklagstdie soziale Ungerechtigkeit, aber du gehörst e<strong>in</strong>er Kirche an,<strong>in</strong> <strong>der</strong> die Liebe Gottes nicht zur Tat wird, <strong>in</strong> <strong>der</strong> die materielleWelt getrennt ist von <strong>der</strong> geistigen Welt. Hier liegt e<strong>in</strong>e scharfeTrennung vor zwischen Glaube und tatsächlicher Erfahrung.Du nennst unsere Glaubensgrundsätze dogmatisch. Tatsacheist jedoch, dass alles religiöse <strong>Leben</strong> dogmatisch und e<strong>in</strong>eGefahr für den <strong>in</strong>neren Menschen ist, wenn es nicht auch diemateriellen und menschlichen Gegebenheiten verän<strong>der</strong>t.


48Wir müssen „eng“ <strong>in</strong> <strong>der</strong> rechten Weise werden – eng <strong>in</strong>dem S<strong>in</strong>n, dass wir alle<strong>in</strong> für Christus leben. Damitme<strong>in</strong>e ich ganz und gar nicht, dass wir religiöser werden sollen.Niemand war so weitherzig wie <strong>der</strong> gekreuzigte Christus, dessenausgebreitete Arme sich nach allen Menschen ausstrecken. Esgeht hier um die Entschiedenheit des Herzens, für Christusalle<strong>in</strong> zu leben. Besitzen wir diese Entschiedenheit, dannwerden wir weitherzig se<strong>in</strong>, allerd<strong>in</strong>gs nicht im weltlichenS<strong>in</strong>n e<strong>in</strong>er allgeme<strong>in</strong>en Toleranz!Aus e<strong>in</strong>em Brief:Es geht darum, dass wir uns <strong>in</strong> den entscheidenden D<strong>in</strong>gene<strong>in</strong>ig s<strong>in</strong>d: Liebe und gegenseitige Offenheit im Kampfgegen Zwang, gegen Selbstsucht, im Verstehen unserer K<strong>in</strong><strong>der</strong>,für die Befreiung vom Privateigentum und ähnlichen D<strong>in</strong>gen.Deshalb leben wir zusammen. Wir wollen Jesus nachfolgen,ke<strong>in</strong>em an<strong>der</strong>en; <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Fußspuren wollen wir gehen. Wirwollen, dass Gottes Königreich auf diese Erde herabkommt.Du möchtest e<strong>in</strong> <strong>Leben</strong>, das frei ist von den Sünden <strong>der</strong>Gesellschaft. Nicht e<strong>in</strong>mal Jesus war frei von <strong>der</strong> „Schuld“,sich des ungerechten Mammons zu bedienen (Mt.17,27). Esbesteht e<strong>in</strong> Unterschied zwischen ausgesprochen persönlicherSchuld und <strong>der</strong> kollektiven Schuld <strong>der</strong> gefallenen Schöpfung.Von <strong>der</strong> Kollektivschuld können wir uns nicht loslösen; wirmüssten uns auf unser eigenes Stück Land zurückziehen unddadurch allen Kontakt mit unseren Mitmenschen verlieren.Es ist besser, e<strong>in</strong>e geschäftliche Beziehung mit jemandem zuhaben als überhaupt ke<strong>in</strong>e Beziehung.


49Du schreibst: „Warum können wir nicht dafür arbeiten, dassdie Erde wie<strong>der</strong> für Gottes Herrschaft gewonnen wird, anstattmit <strong>der</strong> Welt den Weg <strong>der</strong> Zerstörung zu gehen?“ Wie hast dudas geme<strong>in</strong>t? Wie sollen wir das tun, ohne uns vollständig von<strong>der</strong> Welt zu isolieren? Versuche es. Tu was du tun willst. Duwirst mit lauter Pr<strong>in</strong>zipien enden, aber <strong>in</strong> völliger E<strong>in</strong>samkeitund Lieblosigkeit.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Pr<strong>in</strong>zipien an und für sich brauchen nicht zu Lieblosigkeitzu führen, aber nach me<strong>in</strong>er Erfahrung führen sie oftzu e<strong>in</strong>em schlimmen Ende. Ich kannte e<strong>in</strong>en Mann, <strong>der</strong>we<strong>der</strong> Geld, noch die Post, noch e<strong>in</strong>en Pass benutzen wollte.Wie<strong>der</strong>holt kam er <strong>in</strong>s Gefängnis, weil er ke<strong>in</strong>e Steuernzahlte. Er war ganz fest <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Pr<strong>in</strong>zipien, aber zuletztverlor er se<strong>in</strong>en Glauben an Jesus und danach auch alle se<strong>in</strong>ePr<strong>in</strong>zipien.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Wo bleibt Gott <strong>in</strong> de<strong>in</strong>er Furcht vor dem Gebrauchäußerer religiöser Formen? In ihm wurde alleserschaffen; nichts wurde erschaffen ohne ihn. Aller Schönheit,<strong>der</strong> wir auf <strong>der</strong> Erde begegnen, gab er Gestalt. De<strong>in</strong> Wunsch,auf alle Formen zu verzichten, ist nicht christlich. Hat sichJesus nicht selber taufen lassen? Hat er nicht das Abendmahlo<strong>der</strong> Gedächtnismahl e<strong>in</strong>gesetzt?E<strong>in</strong> formelles Christentum ist schrecklich, aber du gehstzu weit mit de<strong>in</strong>en Befürchtungen. Die Ehe ist e<strong>in</strong>e Form,


50ebenso die Tischgeme<strong>in</strong>schaft und die geme<strong>in</strong>same Kasse. Dukannst nicht alle Formen e<strong>in</strong>fach ablehnen; sonst wirst duniemals e<strong>in</strong> christliches <strong>Leben</strong> führen können.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Was nützt es uns, unsere Güter zu teilen, <strong>in</strong> Geme<strong>in</strong>schaftzu leben und e<strong>in</strong> und denselben Glauben zu haben,wenn Menschenseelen verletzt werden, weil wir ke<strong>in</strong>e Zeitmehr haben, unsere Brü<strong>der</strong>n und Schwestern zu lieben unddieser Liebe immer wie<strong>der</strong> Ausdruck zu geben? Wir müssenachthaben, dass wir niemals von Pr<strong>in</strong>zipien beherrscht werden,wie gut und richtig sie auch immer se<strong>in</strong> mögen. Das „korrekte“Pr<strong>in</strong>zip als solches ist tödlich. Es tötet die Seele. „Korrekte“Pr<strong>in</strong>zipien führten zu Gethsemane. Zu leicht nehmen sie denPlatz e<strong>in</strong>, <strong>der</strong> nur Gott gehört, se<strong>in</strong>er Güte und se<strong>in</strong>er Gnade.Unsere Pr<strong>in</strong>zipien müssen stets von <strong>der</strong> Liebe zue<strong>in</strong>an<strong>der</strong>, vonGottes Erbarmen und von se<strong>in</strong>er Gnade beherrscht se<strong>in</strong>.


5106. Verb<strong>in</strong>dlichkeitViele Menschen haben sich an e<strong>in</strong>en Dualismusgewöhnt, durch den ihr <strong>Leben</strong> <strong>in</strong> verschiedeneBereiche ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>fällt; das br<strong>in</strong>gt sie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e große <strong>in</strong>nereSpannung. Dies f<strong>in</strong>den wir auch bei gläubigen Menschen,vielleicht sogar gerade bei ihnen. Doch Jesus kannte nur e<strong>in</strong>s:Er for<strong>der</strong>te, dass wir alle an<strong>der</strong>en Juwelen verkaufen, um diee<strong>in</strong>e kostbare Perle zu erwerben (Mt.13,45-46) Wir dürfennicht versuchen, mit dem e<strong>in</strong>en Auge ihm nachzufolgen undmit dem an<strong>der</strong>n Auge nach etwas an<strong>der</strong>em zu blicken. Wennwir das tief bedenken, werden wir uns darüber klar werden,dass je<strong>der</strong> diese Spannung im eigenen Herzen austragen muss.Alle Geteiltheit muss aufgegeben werden. Wir wollen e<strong>in</strong>esHerzens und e<strong>in</strong>es S<strong>in</strong>nes se<strong>in</strong>, sowohl <strong>in</strong> uns selbst wie mitunserem Nächsten. Es geht um <strong>Leben</strong> und Tod. Wenn wirnicht die E<strong>in</strong>falt des Herzens und des Geistes f<strong>in</strong>den, dannwird uns unsere Gespaltenheit <strong>in</strong> Stücke reißen.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Wir müssen bereit se<strong>in</strong>, zu unseren Überzeugungen zustehen, sogar den Tod um Jesu willen zu erleiden.Im Hutterischen Geschicht-Buch f<strong>in</strong>den wir die Geschichtedes sechzehnjährigen Müllersohnes, <strong>der</strong> sich zum Täufertumbekannt hatte. Als er gefangen genommen und zu Todeverurteilt wurde, bot sich e<strong>in</strong> reicher Edelmann an, ihn zu sichzu nehmen und ihn wie se<strong>in</strong>en eigenen Sohn zu erziehen, er


52sollte nur von se<strong>in</strong>em Glauben abstehen. Aber <strong>der</strong> Knabe hielttreu zu Gott und wurde h<strong>in</strong>gerichtet. Wenn die <strong>Nachfolge</strong>Jesu wirklich <strong>der</strong> Weg ist, den wir gehen wollen, dann müssenwir trotz uns Selbst und unserer Schwachheit zu solchemOpfer bereit se<strong>in</strong>, so schwer es auch se<strong>in</strong> mag.E<strong>in</strong> Versprechen Gott gegenüber kann nicht aufmenschlicher Treue alle<strong>in</strong> beruhen. Wir s<strong>in</strong>d von GottesTreue abhängig. Niemand ist stark genug, aus eigener Kraftdas auszuhalten, was die Märtyrer unter den ersten Christenund später an<strong>der</strong>e aushalten mussten. Aber Gott ist treu.Wenn wir uns ihm ganz h<strong>in</strong>geben, dann werden se<strong>in</strong>e Engelfür uns kämpfen.Stehen wir noch <strong>in</strong> <strong>der</strong> ersten Liebe zu Jesus? S<strong>in</strong>d wir bereitalles h<strong>in</strong>zugeben, ja <strong>in</strong> den Tod zu gehen um se<strong>in</strong>etwillen?Heute haben wir noch Haus und Hof, aber wir wissen nicht,was die Zukunft br<strong>in</strong>gt. Die Zeiten s<strong>in</strong>d unsicher. Im Laufeunserer Bru<strong>der</strong>hofgeschichte mussten wir von e<strong>in</strong>em Landzum an<strong>der</strong>en ziehen. Der Bru<strong>der</strong>hof kann ke<strong>in</strong>e menschlicheSicherheit bieten. Jesus verspricht se<strong>in</strong>en Jüngern, dass sieverfolgt werden und dass sie leiden müssen (Joh.15,20). Wirkönnen nichts Besseres versprechen. Unsere e<strong>in</strong>zige Sicherheitist Jesus selbst.Wir dürfen niemals vergessen, dass Jesus uns denWeg absoluter Liebe gelehrt hat - den Weg, aufdem wir auch unsere Fe<strong>in</strong>de lieben und für die beten, dieuns verfolgen. Als <strong>Nachfolge</strong>rn Jesu s<strong>in</strong>d uns nicht nur gute


53Tage versprochen. Wir müssen auf Verfolgungen vorbereitetse<strong>in</strong>. Durch die ganze Geschichte h<strong>in</strong>durch s<strong>in</strong>d Menschenum ihrer Überzeugung willen getötet worden. Wir wollendankbar se<strong>in</strong>, dass wir bisher behütet wurden, aber wir wollenauch bereit se<strong>in</strong>, um unseres Glaubens willen zu leiden.Äußere Umstände dürfen niemals die B<strong>in</strong>dung e<strong>in</strong>esChristen an Christus verän<strong>der</strong>n. Das muss ganz klarse<strong>in</strong>. Der Schutz, <strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> größeren Geme<strong>in</strong>schaft besteht,kann uns auf dem Bru<strong>der</strong>hof je<strong>der</strong>zeit genommen werden.Auch wenn durch Verfolgung nur e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zige Person unsererGeme<strong>in</strong>schaft übrigbleiben sollte, so wäre sie dennoch durchihr Versprechen gebunden.Wenn wir Gott von ganzem Herzen, mit ganzer Seeleund mit ganzer Kraft lieben, wenn wir unser <strong>Leben</strong>ihm zur Ehre und für se<strong>in</strong> Reich leben, dann können wir vollerZuversicht <strong>in</strong> unseren Gebeten sagen: „Me<strong>in</strong> Herr und me<strong>in</strong>Fels“ (Ps.28,1). Es spielt ke<strong>in</strong>e Rolle, ob wir Fe<strong>in</strong>de habenund was sie von uns behaupten: wir werden Gottes Stimme <strong>in</strong>unseren Herzen vernehmen und ihm treu bleiben.Wir müssen treu bleiben bis ans Ende. Für e<strong>in</strong>enChristen ist die Mitte des <strong>Leben</strong>s die gefährlichsteZeit. Am Anfang, wenn unser Glaube neu ist, ersche<strong>in</strong>t Gottuns beson<strong>der</strong>s nah. Nach e<strong>in</strong>igen Jahren schleicht sich jedochoft Lauheit e<strong>in</strong>. Wenn wir <strong>in</strong> Treue h<strong>in</strong>gegeben bleiben, dannwird Gott uns durch die Jahre unserer <strong>Leben</strong>smitte tragen,


54doch wir müssen weiterh<strong>in</strong> wachsam se<strong>in</strong>. Aber wir brauchennichts zu fürchten: wenn wir Gott treu bleiben, kann unsnichts von se<strong>in</strong>em Frieden trennen.


5507. VersuchungenManchmal frage ich mich, ob wir nicht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen D<strong>in</strong>genzu weltlich geworden s<strong>in</strong>d. Erfüllen uns Sport o<strong>der</strong>unsere Geschäfts und Geldangelegenheiten zu sehr? Das s<strong>in</strong>de<strong>in</strong>deutig „weltliche“ Ablenkungen und Versuchungen. Aberes besteht ebenso die Gefahr, dass sogar die Gaben, die Gottuns gibt – die Schönheit <strong>der</strong> Natur, die Freude menschlicherLiebe – zum Ersatz für das wirkliche Erleben Christi werden.Im Hebräerbrief wird es ganz deutlich, dass Jesus versuchtwurde wie je<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Mensch (Hebr.2,18;4,15). Als Jesus<strong>in</strong> <strong>der</strong> Wüste war, kam <strong>der</strong> Satan und wollte ihn mit Wortenaus <strong>der</strong> Schrift <strong>in</strong> Versuchung führen. Erst nach <strong>der</strong> drittenVersuchung vertrieb Jesus ihn mit den Worten: „Fort mit dir,Satan!“ (Mt 4,1 10).Der Gedanke, dass Jesus <strong>in</strong> Versuchung geführt wurde, warmir früher gotteslästerlich erschienen. Aber heute erkenneich, dass es außer Frage steht: Er wurde versucht, wie je<strong>der</strong>an<strong>der</strong>e Mensch. So steht es im Evangelium (Hebr.4,15). Unddoch ist es klar, dass Jesus niemals gesündigt hat.Wo endet die Versuchung, und wo beg<strong>in</strong>nt die Sünde?Dass wir von bösen Gedanken geplagt o<strong>der</strong> versucht werden,ist an sich ke<strong>in</strong>e Sünde. Zum Beispiel, wenn uns e<strong>in</strong> unre<strong>in</strong>erGedanke kommt und wir geben ihm nicht nach, dannsündigen wir nicht. Wenn wir uns aber e<strong>in</strong>e unanständigeZeitschrift kaufen, um uns sexuellen Phantasien h<strong>in</strong>zugeben– das ist Sünde.


56Es kommt darauf an, was wir tun, wenn wir <strong>in</strong> Versuchungkommen, welche Haltung wir e<strong>in</strong>nehmen. Als Jesus vomSatan versucht wurde, hatte er jedes Mal e<strong>in</strong>e Antwort fürihn bereit. Darum müssen wir um e<strong>in</strong>e Antwort <strong>in</strong> je<strong>der</strong>Versuchung bitten.Wir werden niemals ganz frei se<strong>in</strong> von Versuchungen;das sollten wir auch nicht erwarten. Nicht e<strong>in</strong>mal Jesus hatdas erreicht. Aber wir sollen Gott darum bitten, uns <strong>in</strong> <strong>der</strong>Versuchung zu beschützen und uns jedesmal die richtigeAntwort zu geben.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Ich kann es nicht scharf genug sagen: Wenn du de<strong>in</strong> Haarzur Schau stellst o<strong>der</strong> de<strong>in</strong>e Figur betonst, wenn du dichso kleidest, dass an<strong>der</strong>e zu unre<strong>in</strong>en Blicken verführt werden,dann begehst du e<strong>in</strong>e Sünde, die Geme<strong>in</strong>dezucht verlangt.In <strong>der</strong> Bergpredigt sagt Jesus, dass je<strong>der</strong> schuldig ist, <strong>der</strong> e<strong>in</strong>ean<strong>der</strong>e Person mit unre<strong>in</strong>en Gedanken ansieht (Mt.5,28).Wenn du aber absichtlich an<strong>der</strong>e <strong>in</strong> Versuchung br<strong>in</strong>gst, bistdu genauso schuldig.Paulus beschreibt den Kampf des Christen gegen böseGedanken als siegreichen Kampf, <strong>in</strong> dem je<strong>der</strong> Gedankegefangen genommen werden muss „unter den GehorsamChristi“ (2.Kor.10,5). Paulus setzt voraus, dass alle MenschenWi<strong>der</strong>sprüche und H<strong>in</strong><strong>der</strong>nisse <strong>in</strong> ihrem Innern habenund dass diese gefangen genommen werden müssen unterden Gehorsam gegenüber Christus. Wir alle müssen diesen


57Kampf kämpfen. Es soll uns nicht wun<strong>der</strong>n, dass wir versuchtwerden; das gehört zum <strong>Leben</strong>.Das Wun<strong>der</strong>bare an den Worten des Paulus ist se<strong>in</strong>eGewissheit, dass diese Gedanken gefangen genommen werdenkönnen unter den Gehorsam gegenüber Christus. Natürlichfällt uns <strong>der</strong> Sieg nicht <strong>in</strong> den Schoß. Wir müssen uns darüberklar se<strong>in</strong>, dass <strong>der</strong> Krieg zwischen Gut und Böse ständig fürdie ganze Menschheit geführt wird. Dieser Krieg tobt schonseit dem Sündenfall, beson<strong>der</strong>s aber seit Christi Tod und demHernie<strong>der</strong>kommen des Heiligen Geistes zu Pf<strong>in</strong>gsten. Wennjemand von bösen Gedanken gequält wird, so sollte er darandenken, dass es um e<strong>in</strong>en viel größeren Kampf geht als denim eigenen Herzen, sogar um e<strong>in</strong>en größeren Kampf als den<strong>der</strong> ganzen Geme<strong>in</strong>de.Der Fe<strong>in</strong>d ist e<strong>in</strong> sehr realer. Wenn wir das erkennen, dannkönnen wir nicht lauwarm se<strong>in</strong>. Aber Christus ist ebenso e<strong>in</strong>eRealität. Um wahren Herzensfrieden zu f<strong>in</strong>den, müssen wirChristus erleben.Im Hebräerbrief steht, dass Jesus versucht wurde wie wir.Er hat nicht gesündigt, aber er versteht uns <strong>in</strong> unsererVersuchung und Not (Hebr.4,15). Je<strong>der</strong>, ob jung o<strong>der</strong> alt,je<strong>der</strong> Bru<strong>der</strong> und jede Schwester muss wissen, dass wir e<strong>in</strong>enHohenpriester haben, e<strong>in</strong>en König, e<strong>in</strong>en Meister, <strong>der</strong> unsversteht. In Kapitel 5, Vers 7, lesen wir: „In den Tagen se<strong>in</strong>esErdenlebens hat Jesus Gebet und Flehen unter lautem Schreienund We<strong>in</strong>en zu dem empor gesandt, <strong>der</strong> ihn aus des TodesRachen erretten konnte.“ Wir alle haben <strong>in</strong> <strong>der</strong> Vergangenheit


58Schuld auf uns geladen und müssen im Gebet vor Gott treten,„mit lautem Schreien und We<strong>in</strong>en,“ <strong>in</strong> dem festen Glauben,dass er uns und alle, für die wir beten, erretten kann.Wenn wir absichtlich bösen Gedanken nachgehen– Gedanken <strong>der</strong> Macht über an<strong>der</strong>e, unre<strong>in</strong>enGedanken, hasserfüllten Gedanken o<strong>der</strong> ähnlichen – sowerden wir e<strong>in</strong>es Tages danach handeln. Es ist e<strong>in</strong>e ganzan<strong>der</strong>e Sache, von Gedanken o<strong>der</strong> Vorstellungen gequält zuwerden, die wir eigentlich gar nicht wollen und im Gegenteilalles darum gäben, e<strong>in</strong> re<strong>in</strong>es Herz zu haben. Aus eigenemWillen wird es uns niemals gel<strong>in</strong>gen, re<strong>in</strong> zu werden. Wennwir uns <strong>in</strong>nerlich gegen etwas Böses verkrampfen, kann esdazu kommen, dass das Böse noch größere Gewalt über unsgew<strong>in</strong>nt. Aber lasst uns nicht vergessen, dass Gott tiefer siehtals wir. Auch wenn wir immer mehr <strong>in</strong> bösen Gedankenvers<strong>in</strong>ken, die wir eigentlich nicht wollen, so wird Gott sehen,dass wir sie nicht wollen, und wird uns helfen.Sogar Jesus wurde vom Teufel versucht, aber er überwandalles Böse durch se<strong>in</strong> völliges Vertrauen auf den Vater.Wir werden auch versucht werden, und wenn das geschieht,dann wird es darauf ankommen, ob wir auf Jesus und dieMacht des Kreuzes vertrauen. Wenn wir nicht unser ganzesVertrauen und unseren ganzen Glauben auf Jesus setzen,werden wir unterliegen.


59Das Gefühl, von Gott verlassen zu se<strong>in</strong>, br<strong>in</strong>gt entsetzlichesLeid. Für den Sohn Gottes muss es e<strong>in</strong> so furchtbaresErlebnis gewesen se<strong>in</strong>, dies bei se<strong>in</strong>em Tod zu empf<strong>in</strong>den, dasswir es gar nicht fassen können. Und doch rief Jesus aus: „Vater,<strong>in</strong> de<strong>in</strong>e Hände befehle ich me<strong>in</strong>en Geist!“ (Luk.23,6).Hier f<strong>in</strong>den wir die Krönung des Glaubens. Das Erlebnis<strong>der</strong> Gottverlassenheit nahm ihm nicht das Vertrauen undden Glauben an se<strong>in</strong>en und unseren Vater; Jesus übergabse<strong>in</strong>en Geist <strong>in</strong> die Hände des Vaters.Wenn wir von den Wunden geheilt werden wollen, dieuns <strong>der</strong> Satan mit se<strong>in</strong>en Pfeilen zugefügt hat – die bösenGefühle, Gedanken o<strong>der</strong> Vorstellungen – so müssen wirdas gleiche absolute Vertrauen <strong>in</strong> Jesus haben, wie es Jesus<strong>in</strong> Gott hatte. Dann können wir, auch wenn wir noch ke<strong>in</strong>eBefreiung spüren, uns ihm dennoch ganz und gar h<strong>in</strong>geben,mit allem, was wir s<strong>in</strong>d und haben. Im Grunde haben wirnichts als unsere Sünde, und die müssen wir im Glauben zuihm br<strong>in</strong>gen. Dann wird er Vergebung, Frieden und e<strong>in</strong> re<strong>in</strong>esHerz schenken; und das führt zu e<strong>in</strong>er unbeschreiblichenLiebe.Wenn Depressionen o<strong>der</strong> irgend etwas an<strong>der</strong>es als Jesusunser Herz zu beherrschen drohen, dann müssen wiruns an ihn wenden. Bei ihm f<strong>in</strong>den wir Sieg und Frieden. Ichb<strong>in</strong> sicher, dass wir durch das Kreuz den Sieg erlangen überalles, was uns im <strong>Leben</strong> begegnet, was es auch sei.


60S ü n d eViele Menschen wissen nicht mehr, was es bedeutet, e<strong>in</strong>re<strong>in</strong>es Gewissen zu haben; sie werden täglich mit denSünden unserer Zeit belastet. Wir müssen darauf achten,unser Gewissen re<strong>in</strong> zu erhalten, und das müssen wir vonK<strong>in</strong>dheit an tun. Gewöhnen wir uns erst daran, mit e<strong>in</strong>emschlechten Gewissen zu leben, dann werden wir alles verlieren:unsere Beziehung zu Gott und unsere Liebe zu unserenMitmenschen.Wer von uns nimmt den Kampf mit <strong>der</strong> Sünde so ernst,dass er ihn mit Schreien und We<strong>in</strong>en führt (Hebr.5,7)?Jesus hat das getan. Niemand hat jemals so gekämpft wie Jesus– niemand. Auf ke<strong>in</strong> Herz hatte es <strong>der</strong> Teufel so abgesehenwie auf das Herz Jesu. Und weil Jesus e<strong>in</strong>en viel schwererenKampf führte, als wir ihn jemals führen werden, verstehter unser R<strong>in</strong>gen. Dessen können wir ganz sicher se<strong>in</strong>. Aberkämpfen müssen wir. Jesus sagt denen, die ihm nachfolgenwollen, dass sie ihr Kreuz auf sich nehmen müssen, wie erdas se<strong>in</strong>e auf sich nahm (Mt.16,24). Euch alle möchte ichaufrufen, so zu kämpfen, wie Jesus es getan hat – zu kämpfenbis <strong>in</strong> den Tod.Der Apostel Paulus nannte sich selbst den ärgsten Sün<strong>der</strong>.Das waren nicht bloß fromme Worte, er me<strong>in</strong>te esernst. Er wusste, er war e<strong>in</strong> Fe<strong>in</strong>d Gottes gewesen. Er hattedie Urgeme<strong>in</strong>de verfolgt und war verantwortlich für den Todvieler Märtyrer.


61Zu Pf<strong>in</strong>gsten erkannten die Leute <strong>in</strong> Jerusalem, dass sieSün<strong>der</strong> waren. Sie empfanden sich nicht als gute Menschen.Es g<strong>in</strong>g ihnen „wie e<strong>in</strong> Stich durchs Herz“, und als <strong>der</strong> HeiligeGeist zu ihnen kam, fühlten sie sich se<strong>in</strong>er nicht würdig. Ja,sie wussten sich als Mör<strong>der</strong> Christi. Aber gerade wegen dieserErkenntnis konnte Gott sie gebrauchen. Wenn wir von Gottgebraucht werden wollen, dürfen wir uns nicht gegenseitiganpredigen und von Liebe sprechen, solange wir nichte<strong>in</strong>sehen, dass wir alle Sün<strong>der</strong> s<strong>in</strong>d.Bei <strong>der</strong> Sünde geht es nicht nur um die nie<strong>der</strong>en Triebe.Die müssen wir alle bekämpfen. Aber es gibt Menschen,die gehen so weit, dass sie <strong>in</strong> satanische Sünde fallen. DieAchtung und Ehre, die alle<strong>in</strong> Gott gebührt, für sich zubeanspruchen – das ist satanische Sünde. Es ist das Begehrennach Macht über die Seelen und Leiber an<strong>der</strong>er Menschen,um von ihnen verehrt zu werden. Letztlich ist es <strong>der</strong> Wunsch,selber Gott zu se<strong>in</strong>. Das ist <strong>der</strong> Weg des Wi<strong>der</strong>sachers.Überlassen wir uns den satanischen Sünden, dannwerden alle Sünden unserer nie<strong>der</strong>en Triebe auch erwachen:Unre<strong>in</strong>heit, Habgier, Heuchelei, Neid, Hass, Grausamkeitund schließlich Mord.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Ich danke dir für die ausführliche Darstellung de<strong>in</strong>es<strong>Leben</strong>s und für de<strong>in</strong>e Bemühung, alle de<strong>in</strong>e Sünden zubekennen. Wenn ich die Geschichte de<strong>in</strong>er K<strong>in</strong>dheit höre,habe ich tiefes Mitgefühl. Ja, ich schäme mich, wenn ich an


62me<strong>in</strong>e glückliche K<strong>in</strong>dheit denke. Gott wird gewiss von mirmehr for<strong>der</strong>n müssen als von dir.De<strong>in</strong>e Vergangenheit ruft mir die Worte Jesu <strong>in</strong> den S<strong>in</strong>n:„Ich b<strong>in</strong> nicht für die Gesunden und die Gerechten gekommen,son<strong>der</strong>n für die Kranken und die Sün<strong>der</strong>“ (Lk.5,31 32).Vergiss das nicht; halte daran fest, auch <strong>in</strong> den Stunden <strong>der</strong>Not und Versuchung.Me<strong>in</strong> lieber Bru<strong>der</strong>, das ganze Evangelium müssen wirsehen und erfahren: Die überströmende Liebe Jesu zu demSün<strong>der</strong>, für den er gestorben ist, gleichzeitig aber die Schärfe<strong>der</strong> Gleichnisse und die erschütternden Worte für dieUnbußfertigen: „Da wird se<strong>in</strong> Heulen und Zähneklappern“(Mt.8,12).In <strong>der</strong> Offenbarung Johannis (22,12 15) f<strong>in</strong>den wir denKern des ganzen Evangeliums, nämlich den Lohn, <strong>der</strong> alldenen ausgezahlt wird, die gute Werke getan haben, und denSegen, <strong>der</strong> jedem zuteil wird, <strong>der</strong> se<strong>in</strong> Gewand im Blute desLammes gere<strong>in</strong>igt hat. Aber dann kommt die Schärfe, diewir nicht abschwächen dürfen: „Draußen s<strong>in</strong>d die Hundeund die Zauberer und die Unzüchtigen und die Mör<strong>der</strong> unddie Götzendiener und alle, die die Lüge lieben und tun“(Offb.22,15).Wenn wir unsere Herzen dem Bösen übergeben, dannwird <strong>der</strong> Teufel <strong>in</strong> uns e<strong>in</strong>ziehen und uns beherrschen.Das geschieht, sobald wir uns eigene Götter machen. Fürdie K<strong>in</strong><strong>der</strong> Israel war es das goldene Kalb. Heute ist es <strong>der</strong>Mammon – das Geld – <strong>der</strong> zum Gott geworden ist. Deshalb


63heißt das erste Gebot: „Liebe Gott von ganzem Herzen, mitganzer Seele und mit ganzem Gemüt“ (Mk.12,30). Natürlichkann man dieses Gebot unmöglich erfüllen, ohne Gott völligzu vertrauen, ohne wirklich zu glauben, dass nur Gutes vonihm kommt und dass er es stets gut mit uns me<strong>in</strong>t, solangewir se<strong>in</strong>en Willen tun.Das zweite Gebot Jesu ist so wichtig wie das erste, nämlich:„Liebe de<strong>in</strong>en Nächsten wie dich selbst“ (Mk.12,31). DerTeufel wird immer versuchen, uns etwas zuzuflüstern, damitwir unserem Nächsten nicht vertrauen. Wenn wir darauf hören,werden unsere menschlichen Beziehungen durch Zwietracht,Misstrauen und Sünde vergiftet. In Deutschland erleben wirdas beson<strong>der</strong>s durch den Fremdenhass. Und auf <strong>der</strong> ganzenErde können wir es sehen: <strong>in</strong> Kriegen und <strong>in</strong> jedem e<strong>in</strong>zelnenMenschenherzen, das von Hass gegen an<strong>der</strong>e erfüllt ist.Vor Gott kannst du nichts verbergen. Du kannst de<strong>in</strong>eSünden vor Menschen verstecken, aber schließlichwerden sie alle ans Licht kommen, auch de<strong>in</strong>e geheimstenGedanken (Hebr.4,13). Ob e<strong>in</strong> böser Gedanke e<strong>in</strong>e Sündeist o<strong>der</strong> nicht, hängt davon ab, ob du ihm Raum gibst o<strong>der</strong>ob du ihm wi<strong>der</strong>stehst. Schon Mart<strong>in</strong> Luther sagt, dass böseGedanken wie Vögel kommen und um unsere Köpfe fliegen.Daran können wir nichts än<strong>der</strong>n. Aber wenn wir es zulassen,dass sie Nester auf unseren Köpfen bauen, dann s<strong>in</strong>d wir dafürverantwortlich.


64Aus e<strong>in</strong>em Brief:Ich flehe dich an: Kehre dich für den Rest de<strong>in</strong>es <strong>Leben</strong>sab von aller Härte und Grausamkeit, beson<strong>der</strong>s K<strong>in</strong><strong>der</strong>n,Kranken und Schwachen gegenüber. Was sagte Jesus zu se<strong>in</strong>enJüngern, als sie Feuer vom Himmel herabrufen wollten, umdas Dorf zu zerstören, das sich weigerte, sie aufzunehmen? Erwar erschrocken über ihren harten, unk<strong>in</strong>dlichen Geist undwies sie zurecht: „Wisst ihr nicht, welches Geistes K<strong>in</strong><strong>der</strong> ihrseid? Der Menschensohn ist nicht gekommen, das <strong>Leben</strong> <strong>der</strong>Menschen zu vernichten, son<strong>der</strong>n es zu erhalten“ (Lk.9,5556). Denke stets an Jesus,dann wird de<strong>in</strong> Herz sich än<strong>der</strong>n.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Ich kann nicht verstehen, warum du zur Geme<strong>in</strong>degekommen bist und gelogen hast. Als Ananias und Saphirakamen und sich <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de <strong>in</strong> Jerusalem anschlossen, aberunaufrichtig waren und Geld zurückbehielten, fragte Petrussie: „Warum habt ihr euch das <strong>in</strong> euern Herzen vorgenommen?Ihr habt nicht Menschen, son<strong>der</strong>n Gott belogen“ (Apg.5,4).Er fügte h<strong>in</strong>zu, sie hätten ja gar nicht zur Geme<strong>in</strong>de zukommen brauchen; dann hätten sie für sich behalten können,was sie besaßen.Warum willst du dich uns anschließen, wenn du gleichzeitigde<strong>in</strong> Gewissen belastest, <strong>in</strong>dem du Gott und uns belügst?Dafür wirst du Rechenschaft ablegen müssen. Das Schicksaldes Menschen ist <strong>der</strong> Tod; danach wird er von Gott gerichtet(Hebr.9,27). Wenn du dich jetzt und hier nicht verantwortenwillst, dann musst du es später tun. Wir können dich nicht


65zw<strong>in</strong>gen. Hebräer 10,26 27: „Denn wenn wir vorsätzlich <strong>in</strong><strong>der</strong> Sünde beharren, nachdem wir die Erkenntnis <strong>der</strong> Wahrheitempfangen haben, so gibt es für uns ke<strong>in</strong> Sühnopfer mehr,son<strong>der</strong>n es bleibt uns nur die Erwartung e<strong>in</strong>es furchtbarenGerichts und <strong>der</strong> Zorneifer des Feuers.“ Hebräer 12,15: Wirdürfen die Stunde <strong>der</strong> Gnade Gottes nicht verpassen. Du hastdie Freiheit, weiterh<strong>in</strong> mit Gott zu spielen, aber dann könnenwir nichts mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> zu tun haben, und du wirst dich vorGott alle<strong>in</strong> verantworten müssen. Noch hast du die Chanceumzukehren!So gibt es nun ke<strong>in</strong>e Verdammnis für die, die <strong>in</strong> ChristusJesus s<strong>in</strong>d. Denn das Gesetz des Geistes, <strong>der</strong> lebendig macht<strong>in</strong> Christus Jesus, hat dich frei gemacht von dem Gesetz <strong>der</strong>Sünde und des Todes“ (Röm.8,1 27). Was für e<strong>in</strong> herrlicherGedanke: Alle Sünde ist überwunden. Wenn wir jedochunsere eigenen Erfahrungen prüfen, dann erkennen wir, dassdie Sünde nicht überall überwunden ist. Der Grund dafür iste<strong>in</strong>fach <strong>der</strong>, dass wir nicht <strong>in</strong> Christus Jesus leben, son<strong>der</strong>n <strong>in</strong>unserer alten Natur. Es ist e<strong>in</strong>e Illusion zu me<strong>in</strong>en, dass wirdiese nie<strong>der</strong>e Natur nicht haben. Wir s<strong>in</strong>d damit auf die Weltgekommen, und wir können sie nicht än<strong>der</strong>n, auch nicht mitden besten Vorsätzen. Christus kann sie än<strong>der</strong>n, wenn wirihm vertrauen und uns ihm bed<strong>in</strong>gungslos ergeben.„Denn die da fleischlich s<strong>in</strong>d, die s<strong>in</strong>d fleischlich ges<strong>in</strong>nt“(Röm.8,5). Wir erleben das immer wie<strong>der</strong>: Menschen, <strong>der</strong>enGes<strong>in</strong>nung auf ihrer nie<strong>der</strong>en Natur gegründet ist, br<strong>in</strong>genHass, Neid und Eifersucht hervor, so als ob Christus gar


66nicht gekommen wäre, als ob er nicht am Kreuz gestorbenwäre, als ob se<strong>in</strong> Opfer umsonst gewesen wäre. Das istäußerst schmerzlich. Paulus sagt: „Denn fleischlich ges<strong>in</strong>ntse<strong>in</strong> ist Fe<strong>in</strong>dschaft gegen Gott, weil das Fleisch dem GesetzGottes nicht untertan ist; denn es vermags auch nicht. Dieaber fleischlich s<strong>in</strong>d, können Gott nicht gefallen“ (Röm.8,78). Stärker kann es gar nicht ausgedrückt werden: Wer se<strong>in</strong>eBegierden nicht überw<strong>in</strong>den kann, me<strong>in</strong>t nichts Böses zu tun,aber tatsächlich lebt er <strong>in</strong> Fe<strong>in</strong>dschaft mit Gott. Er unterstelltsich nicht Gottes Gesetz. Das gilt für alle, die <strong>in</strong> Unre<strong>in</strong>heitleben, <strong>in</strong> Hass und Eifersucht, Betrug o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Sünden.Für diejenigen ist es unmöglich, Gott zu gefallen.In Römer 8 spricht Paulus über die nie<strong>der</strong>e o<strong>der</strong> fleischlicheNatur. Es muss uns klar se<strong>in</strong>, dass hier alle Begierden geme<strong>in</strong>ts<strong>in</strong>d: Völlerei, Bequemlichkeit und sexuelle Begierde. Allesmuss dem Geist untergeordnet se<strong>in</strong>. Wir brauchen Nahrungund Wohnung, und wir bejahen den sexuellen Verkehr <strong>in</strong><strong>der</strong> Ehe. Wenn uns aber diese D<strong>in</strong>ge beherrschen und nichtChristus, dann sündigen wir. Gott weiß, dass wir jeden TagNahrung brauchen. Aber das darf uns nicht bestimmen; wirdürfen nicht von gutem Essen abhängig werden und uns undunsere K<strong>in</strong><strong>der</strong> verwöhnen. Das Essen ist natürlich nur e<strong>in</strong>e<strong>in</strong>faches Beispiel. Wenn uns irgend etwas an<strong>der</strong>es als Christusbeherrscht, selbst geistliche D<strong>in</strong>ge – frommes Denken o<strong>der</strong>Lesen – dann leben wir nach dem Fleisch. Und wenn wirAnhänger e<strong>in</strong>er Philosophie <strong>der</strong> Selbstkasteiung s<strong>in</strong>d, wiedie des Buddha, so wäre es dennoch fleischlich, denn damit


67blähen wir uns auf und rücken uns selbst und nicht Christus<strong>in</strong> den Mittelpunkt.Alles hängt davon ab, ob wir uns Christus völlig übergebenhaben. Paulus sagt, wer den Geist Christi nicht hat, istke<strong>in</strong> Christ (Röm.8,9). Aber wir selbst können uns den Geistnicht erwerben. Wir können ihn nur empfangen, <strong>in</strong>dem wir unsChristus h<strong>in</strong>geben. Im Evangelium steht: „Wer bittet, demwird gegeben; wer anklopft, dem wird aufgetan“ (Mt.7,7 8).Mit an<strong>der</strong>en Worten: Wer bittet, dem wird lebendiges Wassergeschenkt.Mit Menschen, die Jahr um Jahr darum kämpfen, ihreSchwächen zu überw<strong>in</strong>den, haben wir großes Erbarmen;aber gleichzeitig müssen wir erkennen, dass sie im Grundeschuldig s<strong>in</strong>d. Sie können sich nicht entschuldigen, denn siehaben sich Christus nicht völlig im Glauben ergeben. WiePaulus schreibt: „Es gibt nun ke<strong>in</strong>e Verdammnis für die, die<strong>in</strong> Christus Jesus s<strong>in</strong>d. Denn das Gesetz des Geistes, <strong>der</strong> dalebendig macht <strong>in</strong> Christus Jesus, hat uns frei gemacht vondem Gesetz <strong>der</strong> Sünde und des Todes“ (Röm.8,1 2). DieseVerheißung steht jedem offen. Wir können uns nicht vorGott verstecken und sagen: „Wir s<strong>in</strong>d zu schwach,“ o<strong>der</strong> „Wirwollen uns än<strong>der</strong>n, können aber nicht.“ Letztlich könnensolche Ausreden nicht bestehen. Paulus fährt fort:„So s<strong>in</strong>d wir nun, liebe Brü<strong>der</strong>, nicht dem Fleisch schuldig,dass wir nach dem Fleisch leben. Denn wenn ihr nach demFleisch lebt, so werdet ihr sterben müssen; wenn ihr aberdurch den Geist die Taten des Fleisches tötet, so werdet ihrleben“ (Röm.8,12 13).


68Das ist stark ausgedrückt. Wer von uns kann behaupten,die nie<strong>der</strong>e Natur habe ke<strong>in</strong>en Anspruch an ihn? E<strong>in</strong>e solcheFreiheit von Sünde ist von <strong>der</strong> absoluten H<strong>in</strong>gabe an Christusabhängig. Jede Form von Sünde muss ausgemerzt werden.Dann kann ke<strong>in</strong>erlei Sünde – Eifersucht, Hass, Unre<strong>in</strong>heit,Lüge usw. – <strong>in</strong> uns zum Sieg gelangen.Es gibt Menschen, die nicht mit <strong>der</strong> Sünde brechen, weilsie me<strong>in</strong>en, sie könnten es nicht. Das ist e<strong>in</strong>e Unwahrheit.Jesus Christus ist immer da, ebenso <strong>der</strong> Heilige Geist, undwenn e<strong>in</strong>e Seele wirklich zu Gott aufschreit, so wird <strong>der</strong>Geist vor Gott für sie e<strong>in</strong>treten. Deshalb gibt es überhauptke<strong>in</strong>e Entschuldigung, sich nicht von <strong>der</strong> Sünde loszusagen.Niemand hat so große Liebe und solches Erbarmen mit demSün<strong>der</strong>, wie Jesus, aber er entschuldigt die Sünde nicht. Lasstuns beten, dass je<strong>der</strong> Mensch durch Christus Jesus Befreiungvon Sünde f<strong>in</strong>den möge.Selbstmitleid und Stolz s<strong>in</strong>d eng mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> verbundenund haben nichts mit dem Kreuz zu tun. Beide s<strong>in</strong>d nurauf das Ich bedacht. Wir müssen uns davon abwenden, sonstwerden wir niemals unsere Sündhaftigkeit völlig besiegen. Eswird berichtet, dass zur Zeit <strong>der</strong> Urgeme<strong>in</strong>de die Dämonengeschrien haben: „Wer ist es, <strong>der</strong> uns die Macht raubt?“Die Glaubenden antworteten mit jauchzendem Siegesruf:„Hier ist Christus, <strong>der</strong> Gekreuzigte!“ Das soll auch unsereVerkündigung se<strong>in</strong>.


69Liebet e<strong>in</strong>an<strong>der</strong>“ (Joh 13,34) ist e<strong>in</strong>es <strong>der</strong> wichtigstenGebote Jesu, und wir können es nicht ernst genug nehmen.Es gibt noch an<strong>der</strong>e Gebote, denen wir auch gehorsam se<strong>in</strong>müssen: Wir sollen das Geld nicht lieben; wir sollen nichtEhebruch treiben; wir sollen den Leib nicht verunre<strong>in</strong>igenund vieles an<strong>der</strong>e mehr. Dennoch ist die Liebe das höchsteGebot Christi. Und deshalb halte ich Lieblosigkeit für diegrößte Sünde.Gott wird jede Form von Lieblosigkeit richten, aber ganzbeson<strong>der</strong>s die Verachtung e<strong>in</strong>es an<strong>der</strong>en Menschen,wenn ich ihm das Gefühl gebe, er sei nichts wert. Christussagt: „Wer se<strong>in</strong>em Bru<strong>der</strong> zürnt, <strong>der</strong> soll dem Gericht verfallen;wer das Schimpfwort ‚Narr’ gebraucht, <strong>der</strong> soll <strong>der</strong> Glut desFeuers verfallen“ (Mt.5,22). Wer von uns hat se<strong>in</strong>em Bru<strong>der</strong>noch niemals gezürnt o<strong>der</strong> ihn noch nie verspottet? Wer vonuns hat noch nie herabsetzend von e<strong>in</strong>em an<strong>der</strong>en gesprochen?Christus ruft uns auf, <strong>in</strong> vollkommener Liebe zu leben.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Es tut mir sehr leid, wenn ich manchmal zu scharf undsogar ärgerlich mit me<strong>in</strong>en Brü<strong>der</strong>n und Schwestern b<strong>in</strong>.Wir müssen von Jesus lernen, sanft und freundlich zu se<strong>in</strong>.Aber wir dürfen niemals wischiwaschi se<strong>in</strong>; unser Mitgefühlmuss stets das Salz Jesu enthalten.Der Gedanke, „<strong>in</strong> <strong>der</strong> Welt, doch nicht von <strong>der</strong> Welt“zu se<strong>in</strong> (Joh.17,14 16), ist nicht mit dem Verstandalle<strong>in</strong> zu begreifen. Natürlich s<strong>in</strong>d wir <strong>in</strong> <strong>der</strong> Welt, solange


70wir leben; wir sollen jedoch „nicht von ihr“ se<strong>in</strong>. MancheLeute sagen, tanzen sei „von <strong>der</strong> Welt“ o<strong>der</strong> „weltlich“.An<strong>der</strong>e me<strong>in</strong>en, es sei weltlich, kurze Röcke zu tragen, undwie<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e, dass <strong>der</strong> Genuss von Alkohol, e<strong>in</strong>e bestimmteArt Musik o<strong>der</strong> bestimmte Autos weltlich s<strong>in</strong>d. Es gibt vielesogenannte weltliche D<strong>in</strong>ge. Wenn wir im Geist Jesu leben,dann sagt uns unser Gewissen, welches die D<strong>in</strong>ge s<strong>in</strong>d, diewir aufgeben müssen. Lasst uns nicht nach dem verlangen,was vom Fleisch ist; aber lasst uns gleichzeitig bitten, dass wirdavor bewahrt werden, Regeln und Gesetze aufzustellen, diee<strong>in</strong> zu weltliches <strong>Leben</strong> verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n sollen. Möge Gott unshelfen zu unterscheiden, was aus dem Heiligen Geist ist undwas aus dem Geist <strong>der</strong> Welt ist.Hätten wir nur das Gesetz, so dürften wir e<strong>in</strong>enMenschen hassen, solange wir ihn nicht töten. Wirdürften Schlechtes von jemandem denken, ohne Blut zuvergießen. Aber das ist nicht genug. Paulus sagt ganz richtig:Das Gesetz kann niemals unser Herz verän<strong>der</strong>n; es ist Jesus,<strong>der</strong> <strong>in</strong> uns leben muss. Durch ihn können wir unsere Fe<strong>in</strong>delieben, durch ihn können wir unseren S<strong>in</strong>n mit den GedankenGottes erfüllen lassen (Röm.7,14 25; 8, 13).Aus e<strong>in</strong>em Brief:Du musst dich ganz fest entschließen, Jesus nachzufolgen.Es ist nicht wahr, dass du zu schwach bist, de<strong>in</strong>e Sündenzu überw<strong>in</strong>den. Das ist e<strong>in</strong>e Lüge des Teufels. Durch Jesus istes jedem möglich, die Sünde zu überw<strong>in</strong>den. Dafür ist er amKreuz gestorben. Lebe alle<strong>in</strong> für ihn!


71Selig s<strong>in</strong>d, die da hungert und dürstet nach <strong>der</strong>Gerechtigkeit; selig s<strong>in</strong>d die Barmherzigen; selig s<strong>in</strong>d, diere<strong>in</strong>en Herzens s<strong>in</strong>d“ (Mt.5,6 8). Re<strong>in</strong>en Herzens zu se<strong>in</strong>, istwohl das Schwerste – es ist leichter, nach Gerechtigkeit zuhungern und zu dürsten o<strong>der</strong> barmherzig zu se<strong>in</strong>. Wir könnenunser eigenes Herz nicht re<strong>in</strong> machen.Re<strong>in</strong>e Herzen haben nur K<strong>in</strong><strong>der</strong>; deshalb sagt Jesus, wirmüssen wie die K<strong>in</strong><strong>der</strong> werden. Und doch: so sehr wir unsauch bemühen, wie die K<strong>in</strong><strong>der</strong> zu werden, immer wie<strong>der</strong>f<strong>in</strong>den Unre<strong>in</strong>heit, Neid, Eitelkeit – alles was nicht aus Gottist – E<strong>in</strong>gang <strong>in</strong> unsere Herzen. Deshalb müssen wir immerwie<strong>der</strong> durch Christus gere<strong>in</strong>igt werden.B e i c h t eAus e<strong>in</strong>em Brief:Ich habe tiefes Verständnis für jeden, <strong>der</strong> von den Sündense<strong>in</strong>er Vergangenheit bedrückt und belastet ist unddas Verlangen hat, sie zu bekennen. Aber nur die Sündenauszusprechen, hilft nicht. Es wird viel Geld <strong>in</strong> psychiatrischeBehandlungen <strong>in</strong>vestiert, bei denen man alle se<strong>in</strong>e Nöteund Sünden ausspricht. Das kann e<strong>in</strong>e Hilfe se<strong>in</strong>, um dasGewissen zu beruhigen, aber die Psychiatrie an sich br<strong>in</strong>gtke<strong>in</strong>e wirkliche Befreiung.Du sagst, du hast de<strong>in</strong>e Sünden bekannt, aber ke<strong>in</strong>eBefreiung gefunden. Die wirst du nur f<strong>in</strong>den, wenn du imGlauben de<strong>in</strong>e Sünden bekennst, im Glauben an Gott und andas Kreuz Jesu Christi, <strong>der</strong> für die Sünden <strong>der</strong> Welt gestorben


72ist. Jede an<strong>der</strong>e Art Sündenbekenntnis besteht lediglich dar<strong>in</strong>,dass man se<strong>in</strong>e Last auf an<strong>der</strong>e abwälzt, und später fällt die Lastwie<strong>der</strong> auf e<strong>in</strong>en zurück. Frieden f<strong>in</strong>den nur diejenigen, beidenen das Sündenbekenntnis mit e<strong>in</strong>em lebendigen Glaubenverbunden ist. Diesen Glauben wünsche ich dir.Was die Beichte betrifft, so sollte jede bewusste Sündebekannt werden. Das bedeutet aber nicht, nach je<strong>der</strong>Kle<strong>in</strong>igkeit im Unterbewusstse<strong>in</strong> zu graben. Wenn Gott unsdurch unser Gewissen zeigt, dass etwas unrecht war, dannsollen wir es aussprechen und bere<strong>in</strong>igen, damit es vergebenwerden kann. Wir dürfen uns dabei aber nicht nur um unsselbst drehen. Wir wollen Jesus f<strong>in</strong>den, nicht uns selbst.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Du fragst, welche bösen Gedanken man bekennen soll.Jedem Menschen kommen Gedanken, die er vertreibenmuss: „H<strong>in</strong>weg von mir, Satan!“ (Mt.16,23). Wenn Du mitdieser E<strong>in</strong>stellung dem bösen Gedanken entgegentrittst, dannbrauchst du ihn nicht zu beichten, aber vergiss ihn sobaldwie möglich. Auch wenn du e<strong>in</strong>e kurze Zeitlang mit e<strong>in</strong>embösen Gedanken r<strong>in</strong>gst, ehe du ihn zurückweist, brauchst duihn nicht unbed<strong>in</strong>gt zu beichten. Gibst du aber e<strong>in</strong>em bösenGedanken nach, so dass er e<strong>in</strong> Teil von dir wird, dann solltestdu ihn bekennen. Ich würde dir überhaupt raten, dich nichtzu sehr mit de<strong>in</strong>en Gedanken zu beschäftigen.


73Aus e<strong>in</strong>em Brief:Das vertrauliche Sündenbekenntnis <strong>in</strong> <strong>der</strong> Furcht Gottesist mir heilig, und ich halte es für unrecht, Menschen,die ihre Sünden gebeichtet haben, deswegen abzustempeln.Was das Beichtgeheimnis betrifft, so kann allerd<strong>in</strong>gs <strong>der</strong> Falle<strong>in</strong>treten, dass ich sündigen würde, wenn ich das, was ichgehört habe, für mich behielte. Hat e<strong>in</strong> Geme<strong>in</strong>deglied e<strong>in</strong>eernste Sünde begangen, wie Unzucht o<strong>der</strong> Ehebruch o<strong>der</strong>sogar Mord (was noch nie unter uns vorgekommen ist), dannwürde ich Verrat an Gott und <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de üben, wenn ichdarüber schwiege.G e i s t l i c h e r H o c h m u tDie Bibel sagt, wir müssen unser Fleisch bekämpfen,worunter man gewöhnlich die sexuellen Triebe o<strong>der</strong>das unmäßige Essen und Tr<strong>in</strong>ken versteht. Das ist aber nichtdie e<strong>in</strong>zige Bedeutung von „fleischlicher Begierde“. Gewiß istsexuelle Unre<strong>in</strong>heit o<strong>der</strong> e<strong>in</strong> luxuriöser <strong>Leben</strong>sstil „fleischlich“,aber das Gleiche gilt vom Egoismus, vom geistlichen Hochmutund von allem, was nicht aus Christus ist.Wir müssen Gott darum bitten, dass er alles Fleischliche<strong>in</strong> uns absterben lässt, beson<strong>der</strong>s den Hochmut. Wenn wirstolz s<strong>in</strong>d, kann Gott nicht zu uns kommen. Hochmut ist dieschlimmste Sünde, weil sie ke<strong>in</strong>en Raum für Gott im Herzenlässt.


74Jesus warnt sehr scharf vor falscher Frömmigkeit, davor, alsfrommer o<strong>der</strong> guter Mensch vor an<strong>der</strong>en ersche<strong>in</strong>en zuwollen. Menschen, die nach solcher Anerkennung trachten,werden im Himmel ke<strong>in</strong>en Lohn empfangen. Sie haben ihrenLohn schon jetzt, <strong>in</strong>dem sie von an<strong>der</strong>en verehrt werden. Dasgilt auch von den Menschen, die ihre Liebestaten zur Schautragen. Christus sagt, die l<strong>in</strong>ke Hand darf nicht wissen, wasdie rechte tut (Mt 6,3).Das Bedürfnis, von an<strong>der</strong>en anerkannt, respektierto<strong>der</strong> geehrt zu werden, liegt <strong>in</strong> jedem von uns. Jesuswarnt uns jedoch vor dieser Versuchung und sagt, dassunsere Frömmigkeit nicht vor Menschen zur Schau gestelltwerden darf. Gott sieht, was im Verborgenen ist, und wird esbelohnen.Sobald wir me<strong>in</strong>en, etwas Beson<strong>der</strong>es zu se<strong>in</strong> o<strong>der</strong> etwasBeson<strong>der</strong>es vertreten zu müssen, s<strong>in</strong>d wir <strong>in</strong> Gefahr, alleGaben zu verlieren, die wir von Gott bekommen haben.Was immer wir auch mit Gott erfahren haben – wir selbstbleiben geistlich arm. Die Worte Jesu: „Wehe euch Reichen;wehe denen, die viel besitzen“ haben e<strong>in</strong>e tief religiöseDimension (Lk.6,24 25). Wenn wir nicht an dem lebendigenGott festhalten, son<strong>der</strong>n an unserer eigenen Erkenntnis <strong>der</strong>Wahrheit, dann wird unsere Glaubenserfahrung wie e<strong>in</strong> kalterSte<strong>in</strong> <strong>in</strong> unserer Hand liegen.


75Aus e<strong>in</strong>em Brief:Lieber Bru<strong>der</strong>, du bist stolz auf de<strong>in</strong>e Arbeit gewesen, duhast auf de<strong>in</strong>e Brü<strong>der</strong> und Schwestern herabgesehen unddu hast <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er falschen Demut gelebt. Das ist die tödlichsteArt von geistigem Dünkel. Es steht außer Frage, dass du begabtbist, dass du stark bist, dass du klug bist und viel leisten kannst,aber darum geht es nicht. Wir leben nicht <strong>in</strong> Geme<strong>in</strong>schaftum dieser Gaben willen, die s<strong>in</strong>d alle vergänglich. Was ewigbleibt, ist Demut und Liebe – die Liebe ist <strong>der</strong> unvergänglicheSchatz im Himmel, von dem Jesus <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bergpredigt spricht(Mt.5 7).Als Johannes <strong>der</strong> Täufer nicht aß, verachteten ihn dieLeute, und als Jesus aß und trank, verachteten sie ihnauch (Mt.11,18 19). Wenn man die Brü<strong>der</strong> o<strong>der</strong> Schwesternwie unter dem Mikroskop betrachtet, um etwas an ihnenaussetzen zu können – das kann e<strong>in</strong>e Geme<strong>in</strong>schaft völligzerstören. Lasst uns nichts von an<strong>der</strong>en verlangen, was wirnicht von uns selbst erwarten.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Liebe Schwester, kehre dich ab von de<strong>in</strong>em Eigens<strong>in</strong>nund de<strong>in</strong>er Rechthaberei! Wieviel e<strong>in</strong>facher wäre es,wenn du e<strong>in</strong> demütiges offenes Ohr hättest. Wenn wir etwaszu sagen haben, dann müssen wir dem an<strong>der</strong>en gegenüberoffen bleiben. Wir wollen uns mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> austauschen undaufe<strong>in</strong>an<strong>der</strong> hören. Müssen wir nicht alle e<strong>in</strong>sehen, dass wirSte<strong>in</strong>e des Anstoßes s<strong>in</strong>d? Gott alle<strong>in</strong> ist gut.


76Aus e<strong>in</strong>em Brief:De<strong>in</strong>e Art, Leute zu beurteilen, ob sie bedeutende o<strong>der</strong>unbedeutende, starke o<strong>der</strong> schwache Persönlichkeitens<strong>in</strong>d, ist völlig unchristlich. Glaubst du, die Apostel warenstark? Sie waren arm im Geist. Ohne Zweifel war Petrus e<strong>in</strong>Feigl<strong>in</strong>g, als er Jesus dreimal verleugnete; se<strong>in</strong>e Geschichte istdurch die Jahrhun<strong>der</strong>te h<strong>in</strong>durch berichtet worden; er hatsich nicht geschämt, dass se<strong>in</strong> Verrat <strong>in</strong> den vier Evangelienfestgehalten wurde, obwohl er se<strong>in</strong> <strong>Leben</strong> lang dafür Bußegetan hat. Du willst groß se<strong>in</strong>, du willst stark se<strong>in</strong>, aberdamit fügst du de<strong>in</strong>en Brü<strong>der</strong>n und Schwestern Unrecht zu.Wenn Jesus e<strong>in</strong>em Menschen nahe kommt, sieht er, was <strong>in</strong>se<strong>in</strong>em Herzen ist. Er hat Erbarmen mit dem Sün<strong>der</strong>, aberer beschönigt die Sünde niemals, er verurteilt sie. Du musstde<strong>in</strong> Herz von aller Kritik, von aller Eifersucht, von allemHass re<strong>in</strong>igen und du musst aufhören, an<strong>der</strong>e Menschen <strong>in</strong>Kategorien e<strong>in</strong>zuordnen. Ich denke <strong>in</strong> Liebe an dich.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Du brauchst nicht zu befürchten, dass du nicht von Stolzund Neid frei werden kannst. Du kannst befreit werden!Aber zuerst musst du dir klarwerden, dass Jesus unvergleichlichviel größer ist als alle de<strong>in</strong>e Sünden; dann erst kann er siefortnehmen. Frage dich e<strong>in</strong>mal, was noch <strong>in</strong> dir ist, das Jesusdaran h<strong>in</strong><strong>der</strong>t, dich völlig zu überwältigen. Wenn Jesus de<strong>in</strong>Herz ganz erfüllen soll, musst du es erst leermachen. Lies dieSeligpreisungen, sie beg<strong>in</strong>nen mit den Worten: „Selig s<strong>in</strong>d,die geistig arm s<strong>in</strong>d“ (Mt.5,3 12). Das bedeutet, völlig leerund machtlos vor ihm zu stehen.


77Aus e<strong>in</strong>em Brief:Je tiefer du erkennst, dass de<strong>in</strong> Stolz dich von Gott trennt,um so tiefer wird <strong>der</strong> Friede se<strong>in</strong>, den du f<strong>in</strong>dest. De<strong>in</strong>Stolz auf de<strong>in</strong> reiches Wissen ist de<strong>in</strong> größter Fe<strong>in</strong>d. Wenn dunur e<strong>in</strong>sehen könntest, wie armselig du <strong>in</strong> Wirklichkeit bist,lieber Bru<strong>der</strong>, und wie elend <strong>in</strong> de<strong>in</strong>er Sünde! Ich wünsche dire<strong>in</strong> reuiges Herz.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Ich kann es nicht genug betonen: De<strong>in</strong> geistlicher Hochmut– das Wort Gottes hören zu wollen, um dich daranaufzubauen, statt dich davon richten zu lassen und neues<strong>Leben</strong> zu f<strong>in</strong>den – ist dem Weg Jesu völlig entgegengesetzt.Gib de<strong>in</strong>e religiöse Eitelkeit auf. Sie ist tödlich.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Ich glaube, de<strong>in</strong>e Sündenverstrickung hat ihre Wurzeln<strong>in</strong> bösem Stolz und Selbstgerechtigkeit. Sobald du e<strong>in</strong>enkle<strong>in</strong>en Fehler bei an<strong>der</strong>en entdeckst, kommst du dir geistlichbesser vor. Es sollte umgekehrt se<strong>in</strong>: Als Christen sollen wirdemütig se<strong>in</strong> und daran denken: „Wem viel vergeben ist, <strong>der</strong>liebt viel“ (vgl. Lk.7,47). Stolz ist e<strong>in</strong>e giftige Wurzel, die dieLiebe an sich zieht, weg von Jesus und den Brü<strong>der</strong>n. Wenn wirdemütig s<strong>in</strong>d, dann muss diese Wurzel absterben, denn dannf<strong>in</strong>det sie we<strong>der</strong> Wasser noch Nahrung <strong>in</strong> unseren Herzen.Zu Zeiten des Paulus gab es Gläubige, die Christus ausNeid und Streitsucht heraus verkündigten, also nichtmit guten Absichten (Phil.1,15). Das war verheerend, denn


78es kam daher, dass sie die Ehre von Menschen suchten. Wirwollen <strong>in</strong> Demut e<strong>in</strong>sehen, dass alle Menschenehre Gott dieEhre raubt, dem sie alle<strong>in</strong> gehört. Wir wollen niemandenehren als Gott alle<strong>in</strong>; wir wollen ke<strong>in</strong>erlei Ehre für uns selbstbeanspruchen.Entscheidend ist, dass Gott <strong>in</strong> uns zur Wirkung kommt undunser Wollen und Tun anregt. Damit das geschieht, müssenwir uns ihm ganz h<strong>in</strong>geben und <strong>der</strong> eigenen Ehre entsagen.D a s E g oMenschen, <strong>der</strong>en Gedanken nur um sich selbst kreisen,vergessen, dass das Christentum e<strong>in</strong>en objektivenInhalt hat. Das Christentum ist e<strong>in</strong>e Sache, für die <strong>der</strong> Menschse<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>es Ego vergessen muss. Wenn wir im Mittelpunktstehen, machen wir Gott sehr kle<strong>in</strong>. Wir müssen wissen, dassGott auch ohne uns existiert. Se<strong>in</strong>e Sache ist unendlich vielgrößer als unsere Existenz. Wenn Gott uns für se<strong>in</strong>e Sachegebrauchen kann, so ist das wun<strong>der</strong>bar. Aber Gottes Sachebesteht, auch wenn wir nicht dabei s<strong>in</strong>d.Wer gar nichts erleben will, braucht nur ständig <strong>in</strong>sich selbst h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>zuschauen. Je mehr wir nach außenblicken und von uns selbst weg, um so mehr kann Gott unsverän<strong>der</strong>n. Manche Menschen – und die tun mir sehr leid– neigen dazu, sich ständig selbst zu betrachten wie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>emSpiegel. Deshalb geraten sie oft <strong>in</strong> <strong>in</strong>nere Spannung undkönnen nicht hören, was Gott zu ihnen spricht.


79Wir können uns nicht selbst erlösen o<strong>der</strong> uns auseigenen Kräften bessern. Wir können nur uns selbstvollkommen Gott h<strong>in</strong>geben. Wenn wir das rückhaltlos tun,dann hilft er uns. Das ist unser Glaube, unsere Überzeugungund unsere Erfahrung. Es gibt ke<strong>in</strong>e Selbsterlösung, undhier müssen wir die Grenzen <strong>der</strong> Psychologie und Psychiatrieerkennen. Wir lehnen sie nicht vollkommen ab, aber sie habenihre Grenzen. Gott ist <strong>der</strong> viel Größere.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Wenn du dich aufrichtig prüfst, wirst du Stolz,Unre<strong>in</strong>heit, Egoismus und an<strong>der</strong>e böse D<strong>in</strong>ge <strong>in</strong> direrkennen. Schau nicht auf dich selbst, schau auf Christus. Inihm wirst du den vollkommenen Charakter f<strong>in</strong>den.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Kehr dich ab von dir selbst, von de<strong>in</strong>er Angst vor Sünde unddavor, möglicherweise gesündigt zu haben. Öffne dichfür Gott und se<strong>in</strong>e Geme<strong>in</strong>de. Er ist nicht so unbarmherzig,dass du <strong>in</strong> ständiger Furcht leben müsstest.Du neigst dazu, dich selbst zu analysieren und zuverurteilen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Weise, die dich nicht befreit. Mankann durch e<strong>in</strong>e gewisse Art von Selbstkritik frei werden.Paulus sagt: „Wer sich selbst richtet, wird nicht gerichtet“(1.Kor.11,31). Aber es gibt e<strong>in</strong>e Art, sich selbst zu richten,die zu schlimmen Depressionen führt und von Gottwegführt. Es kommt darauf an, ob wir e<strong>in</strong>en k<strong>in</strong>dlichenGlauben an Jesus haben, <strong>der</strong> uns von aller Sünde befreien


80will. Prüfe dich selbst <strong>in</strong> diesem Glauben, dann wird e<strong>in</strong>Segen darauf liegen. So wie du dich jetzt selbst verurteilst,läufst du Gefahr, seelisch krank zu werden und völligzusammenzubrechen.Es mag se<strong>in</strong>, dass du e<strong>in</strong>e starke Neigung zu dieser o<strong>der</strong>jener Sünde hast, aber diese Neigung steckt gewissermaßen<strong>in</strong> jedem Menschen, und je<strong>der</strong> muss ihr absterben. Alleshängt von dem Glauben ab, dass Christus für unsere Sündengestorben ist. Lies Hebräer 5,7–9 mit k<strong>in</strong>dlich offenemHerzen:„Er hat <strong>in</strong> den Tagen se<strong>in</strong>es irdischen <strong>Leben</strong>s Bitten und Flehenmit lautem Schreien und mit Tränen dem dargebracht, <strong>der</strong>ihn vom Tod erretten konnte; und er ist auch erhört worden,weil er Gott <strong>in</strong> Ehren hielt. So hat er, obwohl er Gottes Sohnwar, doch an dem, was er litt, Gehorsam gelernt. Und als ervollendet war, ist er für alle, die ihm gehorsam s<strong>in</strong>d, <strong>der</strong> Urheberdes ewigen Heils geworden.“Wenn du dies wirklich glaubst, dann wirst du Heilungf<strong>in</strong>den.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Wenn wir daran denken, was Jesus täglich für uns tut,so sollte uns das dazu aufrufen, ihn immer wie<strong>der</strong>treu zu suchen. Du me<strong>in</strong>st, du hast nichts, was du ihm dafürgeben kannst. Selbst wenn du de<strong>in</strong>en Egoismus und Mangelan Liebe e<strong>in</strong>sehen musst, so denke ich doch, dass es nichtrecht von dir ist, deprimiert zu se<strong>in</strong>.


81Die Urchristen sagten: „Es gibt e<strong>in</strong>e Traurigkeit, die zuGott führt, und es gibt e<strong>in</strong>e Traurigkeit, die zum Teufelführt.“ Denke e<strong>in</strong>mal tief über diese Worte nach, dann wirstdu dich von de<strong>in</strong>er Depression, die <strong>der</strong> Liebe im Weg steht,abkehren.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Bitte höre damit auf, von an<strong>der</strong>en Liebe zu erheischen. Dashat nichts mit Christentum zu tun. In dem Gebet des hl.Franziskus heißt es: „O Herr, hilf mir, dass ich nicht danachverlange, geliebt zu werden, son<strong>der</strong>n zu lieben.“ Solange dudanach trachtest, geliebt zu werden, wirst du ke<strong>in</strong>en Friedenf<strong>in</strong>den. Für de<strong>in</strong>en Neid wirst du immer Ausreden f<strong>in</strong>den,aber die eigentliche Ursache ist Eigenliebe. De<strong>in</strong> ständigesBedürfnis, geliebt zu werden, wird dir zum Ver<strong>der</strong>ben. Dukannst dich än<strong>der</strong>n, es gibt ke<strong>in</strong>en Grund zur Verzweiflung;aber du musst lernen, de<strong>in</strong>en Nächsten wie dich selbst zulieben.


8208. Re<strong>in</strong>heitAus e<strong>in</strong>em Brief:Jesus sagt: „Selig s<strong>in</strong>d, die re<strong>in</strong>en Herzens s<strong>in</strong>d“ (Mt 5,8). Dasist die e<strong>in</strong>zige Antwort auf de<strong>in</strong>e Frage über Beziehungenzwischen jungen Männern und Frauen. Der Kampf gegen denVersucher spielt sich ständig und überall ab. Jesus rät uns, liebere<strong>in</strong> Auge auszureißen, als e<strong>in</strong>e Frau mit begehrlichen Blickenanzusehen (Mt 5,27 29). Nur durch e<strong>in</strong>e solche Haltung könnenwir e<strong>in</strong> re<strong>in</strong>es Herz erlangen, nicht aus eigener Anstrengung.Wenn unsere Haltung von Gott bestimmt ist, wird er uns zumSieg verhelfen.Die Re<strong>in</strong>heit des Herzens ist e<strong>in</strong> Geschenk von Gott,und die Geme<strong>in</strong>de hat den Auftrag, sie zu behüten.Wir wenden uns gegen die s<strong>in</strong>nliche Begierde genauso wiegegen das Privateigentum und den Mordgeist. Die Re<strong>in</strong>heitentspricht dem Willen Gottes; jede Hochzeit <strong>in</strong> <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>demuss davon Zeugnis ablegen und ebenso das <strong>Leben</strong> e<strong>in</strong>esjeden Mitglieds. Die Re<strong>in</strong>heit ist e<strong>in</strong> Gnadengeschenk, undauf e<strong>in</strong>em re<strong>in</strong>en <strong>Leben</strong>, <strong>in</strong>nerhalb o<strong>der</strong> außerhalb <strong>der</strong> Ehe,liegt e<strong>in</strong> beson<strong>der</strong>er Segen.Die Macht <strong>der</strong> unre<strong>in</strong>en Geister, die e<strong>in</strong>en Menschen zurSünde treiben kann, darf nicht unterschätzt werden. Wennman sich auf unre<strong>in</strong>e D<strong>in</strong>ge e<strong>in</strong>lässt, liefert man sich Dämonenaus. Dann führt die Sexualität des Menschen, von Gott als e<strong>in</strong>wun<strong>der</strong>bares Erlebnis gewollt, zu e<strong>in</strong>er schrecklichen, <strong>Leben</strong>


83zerstörenden Erfahrung. Das gilt nicht nur für die Prostitution,son<strong>der</strong>n ist ebenso gültig, wenn e<strong>in</strong> Mensch sich durch unre<strong>in</strong>eHandlungen am eigenen Körper selbst befriedigt. Niemand solldenken, er könne <strong>der</strong> Versuchung zu masturbieren nachgeben,ohne an se<strong>in</strong>er Seele Schaden zu leiden. Er verletzt Gott undsich selbst damit. Er erlaubt bösen Geistern, <strong>in</strong> ihm zu wohnen– Dämonen, von <strong>der</strong>en grausamen Charakter er ke<strong>in</strong>e Ahnunghat – und e<strong>in</strong>e unre<strong>in</strong>e Atmosphäre strahlt von ihm aus.Die unverhohlene Darstellung von unre<strong>in</strong>em Verhalten,wie es im Fernsehen, <strong>in</strong> Zeitschriften und Filmengezeigt wird, ist e<strong>in</strong> öffentliches Verbrechen, gegen das wirprotestieren müssen. Es verdirbt die Seelen von K<strong>in</strong><strong>der</strong>nund Jugendlichen. Alles ist erlaubt. Man denke z.B. an dieLegalisierung homosexueller Beziehungen. Dadurch gerätdie Re<strong>in</strong>heit <strong>der</strong> Jugend <strong>in</strong> Gefahr, und das Gewissen <strong>der</strong>Menschen wird abgetötet.Letzten Endes führt die begehrliche Lust zum Mord. Mandenke an die unzähligen Abtreibungen, die vorgenommenwerden, seit sie gesetzlich erlaubt s<strong>in</strong>d. Man denke an dieseelischen Qualen <strong>der</strong> vielen jungen Mädchen und Frauen, diedie Schuld auf sich laden, ihr ungeborenes K<strong>in</strong>d im Mutterleibzu töten, und an die vielen daraus resultierenden Depressionen.Die e<strong>in</strong>zige Antwort auf all dies Elend ist Jesus. In e<strong>in</strong>erWelt, die sehr dunkel geworden ist, müssen wir <strong>in</strong> E<strong>in</strong>heitzusammenstehen und für se<strong>in</strong>en Weg Zeugnis ablegen.


84Wenn e<strong>in</strong> Mensch se<strong>in</strong>en sexuellen Drang am eigenenKörper befriedigt, fügt er se<strong>in</strong>er Seele, die nachdem Bilde Gottes geschaffen ist, Schaden zu. Wenn manD<strong>in</strong>ge, die zu e<strong>in</strong>er heiligen Bestimmung geschaffen s<strong>in</strong>d,für entgegengesetzte Zwecke benutzt, so entweiht man sie.Wie e<strong>in</strong> königliches Geschlecht durch Versklavung erniedrigtwürde, so entwürdigt <strong>der</strong> Mensch se<strong>in</strong>e edle Bestimmung alsEbenbild Gottes, wenn er se<strong>in</strong>en Körper missbraucht.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Lieber Bru<strong>der</strong>, es ist nicht nötig, dass du dich de<strong>in</strong> <strong>Leben</strong>lang im Kampf um persönliche Re<strong>in</strong>heit verkrampfst.Aber du musst allem verborgenen Reiz zur Unre<strong>in</strong>heit absagen.Jesus kann dich völlig davon befreien. Wenn du nur erkennst,dass du völlig von ihm abhängig bist, dann gibt es Hoffnungfür dich.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Liebe Schwester, mir sche<strong>in</strong>t, dass e<strong>in</strong>e erotische Atmosphärevon dir ausgeht; ich möchte dich davor warnen. Esbraucht uns nicht zu überraschen, dass Erotik und SexualitätMächte s<strong>in</strong>d, mit denen sich je<strong>der</strong> Mensch ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzenmuss. Da bist du nicht an<strong>der</strong>s als alle an<strong>der</strong>en Menschen.Aber ich bitte dich <strong>in</strong>ständig: Achte die Gabe <strong>der</strong> Re<strong>in</strong>heit,das Licht völliger Enthaltsamkeit und Jungfräulichkeit. Lassnicht den ger<strong>in</strong>gsten Schatten e<strong>in</strong>es zu leichtfertigen Umgangsmit jungen Männern auf de<strong>in</strong> <strong>Leben</strong> fallen, auch nicht durchde<strong>in</strong>e Kleidung o<strong>der</strong> durch de<strong>in</strong>en Gang. Bitte nimm diesenRat an, er ist <strong>in</strong> Liebe geme<strong>in</strong>t.


85Aus e<strong>in</strong>em Brief:Lieber Bru<strong>der</strong>, du sagst, du hast <strong>der</strong> Versuchung nichtwi<strong>der</strong>standen, beson<strong>der</strong>s nicht auf sexuellem Gebiet. Esist ungeme<strong>in</strong> wichtig, dass du um Jesu willen e<strong>in</strong>e entschiedeneHaltung e<strong>in</strong>nimmst. Ich weiß, das ist oft schwer, beson<strong>der</strong>swährend <strong>der</strong> Zeit des Studiums. Weil aber die Moral immermehr verkommt, muss man e<strong>in</strong>en starken Charakter haben,<strong>der</strong> Ne<strong>in</strong> sagen kann zu D<strong>in</strong>gen, die allgeme<strong>in</strong> akzeptiertwerden. Ich wünsche dir Mut dazu.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Trachte nach e<strong>in</strong>em re<strong>in</strong>en Herzen. Dann wirst du nichtmehr sündigen, wenn unre<strong>in</strong>e Bil<strong>der</strong> o<strong>der</strong> de<strong>in</strong>e eigenePhantasie dir zur Versuchung werden.Du siehst zwar e<strong>in</strong>, dass du dich von diesen D<strong>in</strong>genlösen musst, aber gleichzeitig gibst du zu, dass du dich mitihnen beschäftigt hast. Das ist bereits Sünde. Lauheit undUnentschiedenheit können de<strong>in</strong>e Haltung <strong>der</strong> Versuchunggegenüber nur schwächen. Letztlich kommt es darauf an, obde<strong>in</strong> <strong>Leben</strong> auf Jesus gegründet ist. Nur <strong>in</strong> ihm f<strong>in</strong>dest du e<strong>in</strong>re<strong>in</strong>es Herz.


8609. VertrauenWarum ist es so schwer, Christus völlig zu vertrauen? Erwill uns se<strong>in</strong> <strong>Leben</strong> und se<strong>in</strong>en Geist schenken. Wennwir auch nur e<strong>in</strong>en Augenblick lang auf ihn schauen, dann sagtuns unser Herz: Hier ist E<strong>in</strong>er, dem wir vertrauen können.Und doch kennt je<strong>der</strong> von uns das Gefühl <strong>der</strong> Furcht undBangigkeit. Etwas <strong>in</strong> uns sehnt sich nach Christus; gleichzeitigaber ist etwas <strong>in</strong> uns, das dem Ego dienen will und nicht bereitist, sich ihm völlig h<strong>in</strong>zugeben. Das aber müssen wir tun,denn das Evangelium sagt: Vertraue und glaube (Joh.14,1)! Esgenügt nicht, Christus das Gute <strong>in</strong> uns anzuvertrauen o<strong>der</strong> ihmunsere Sünden zu br<strong>in</strong>gen und unsere Bürden aufzuladen. Erwill uns ganz. Wenn wir uns ihm nicht rückhaltlos übergeben,wenn wir unsere Vorbehalte nicht aufgeben, dann werden wirniemals die <strong>in</strong>nere Freiheit und den Frieden f<strong>in</strong>den, <strong>der</strong> uns imEvangelium verheißen ist.Wir müssen Christus unser <strong>in</strong>nerstes Se<strong>in</strong> weihen. Oft sätdie dunkle Macht Furcht <strong>in</strong> unsere Herzen und hält uns abvon <strong>der</strong> völligen H<strong>in</strong>gabe an Gott. Als Jesus <strong>in</strong> <strong>der</strong> Synagogezu Kapernaum sprach: „Wenn ihr me<strong>in</strong> Fleisch nicht esstund me<strong>in</strong> Blut nicht tr<strong>in</strong>kt, so habt ihr ke<strong>in</strong> <strong>Leben</strong> <strong>in</strong> euch“(Joh.6,53), da fanden es sogar viele se<strong>in</strong>er Jünger schwer, se<strong>in</strong>eWorte zu akzeptieren, und viele verließen ihn. Aber als Jesusdie Zwölf fragte: „Wollt ihr auch weggehen?“, da antwortetePetrus: „Herr, woh<strong>in</strong> sollen wir gehen? Du hast Worte desewigen <strong>Leben</strong>s; und wir haben geglaubt und erkannt: Du bist<strong>der</strong> Heilige Gottes “ (Joh.6,67 69.


87Dieser Glaube muss auch <strong>in</strong> uns leben – <strong>in</strong> unserem Herzen,<strong>in</strong> unserer Seele, <strong>in</strong> unserem ganzen Se<strong>in</strong>. Er muss immerwie<strong>der</strong> <strong>in</strong> uns zur Wirklichkeit werden: nicht e<strong>in</strong> religiösesSystem, nicht e<strong>in</strong>e Theorie, son<strong>der</strong>n die Gewissheit, dass wirJesus völlig vertrauen und ihm alles überlassen können, unserganzes <strong>Leben</strong>, <strong>in</strong> alle Ewigkeit. Es ist nicht notwendig, dasswir das mit unserem Verstand begreifen. Viel wichtiger ist es,im Herzen und mit unserem ganzen Se<strong>in</strong> zu erfahren, dass wirihm vertrauen und glauben dürfen.Nur bei Jesus f<strong>in</strong>den wir Frieden: Wo er ist, da ist Gott.Sogar für diejenigen ist er da, die ihn verlassen, wie vieleLeute zu se<strong>in</strong>er Zeit auf Erden. Sie fanden es zu schwer, se<strong>in</strong>eWorte anzunehmen. Und deshalb beten wir: Hilf uns, Herr!Komm’ <strong>in</strong> unsere Welt! Wir brauchen dich – de<strong>in</strong> Fleisch,de<strong>in</strong>en Geist, de<strong>in</strong> Sterben und de<strong>in</strong> <strong>Leben</strong> – de<strong>in</strong>e Botschaftfür die ganze Schöpfung.We<strong>der</strong> unsere Fe<strong>in</strong>de noch Verleumdung o<strong>der</strong>Verfolgung, die über uns kommen können, brauchenwir zu fürchten. Wir müssen Jesus ganz vertrauen. Aucher wurde verleumdet und verfolgt. Wir wollen es nichtbesser haben. Wenn wir uns <strong>in</strong> völligem Vertrauen zu Jesush<strong>in</strong>wenden, dann b<strong>in</strong> ich ganz sicher, dass Gott <strong>in</strong> se<strong>in</strong>erLiebe uns behüten wird.Wir müssen daran glauben und darauf vertrauen, dasswir bei Jesus die Antwort für all unsere Ratlosigkeit,alle Probleme und Sorgen f<strong>in</strong>den. Ich habe Jesus nicht


88immer genug vertraut, aber ich sehe heute me<strong>in</strong> mangelndesVertrauen als Sünde an. Im <strong>Leben</strong> jedes Menschen gibt esRatlosigkeit und Sorgen; wir aber wissen, woh<strong>in</strong> wir unswenden können. Es ist sehr e<strong>in</strong>fach: Wenn wir etwas nichtverstehen, müssen wir uns auf Jesus verlassen. Das ist nichtimmer leicht, und manchmal kostet es e<strong>in</strong>en <strong>in</strong>neren Kampf,von ganzem Herzen zu vertrauen. Doch Jesus sagt: Vertraueauf Gott und vertraue auch mir (Joh.14,1). E<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>eAntwort gibt es nicht.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Ich rate dir, rätsele nicht zu viel über schwierige Glaubensfragen,zum Beispiel, warum Gott mitunter Menschen, die er dochliebt, als Werkzeuge se<strong>in</strong>es Zorns gebraucht. Wir wissen nichtgenug über Gottes Liebe. Die e<strong>in</strong>zige Antwort auf solcheFragen ist e<strong>in</strong> völliges und bed<strong>in</strong>gungsloses Vertrauen.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Selbst dann, wenn wir uns <strong>in</strong> <strong>in</strong>nerer Not bef<strong>in</strong>den, heißtes, sich selbst vergessen und im täglichen Dienst für se<strong>in</strong>eMitmenschen da zu se<strong>in</strong>. Dann wird Gott uns auch helfen. Estut nicht unbed<strong>in</strong>gt gut, immer über uns und unsere Problemezu sprechen o<strong>der</strong> unsere Schwierigkeiten anzubr<strong>in</strong>gen. Gottweiß, was uns not tut, noch ehe wir ihn bitten. Vertraue ihmwie e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d, dann wird er dir helfen.Sollten wir <strong>in</strong> Versuchung geraten, das Vertrauenzue<strong>in</strong>an<strong>der</strong> zu verlieren, etwa als Folge von Kämpfen, diees zu bestehen galt, o<strong>der</strong> aus irgend e<strong>in</strong>em an<strong>der</strong>en Grund,


89dann brauchen wir als erstes die <strong>in</strong>nere Stille. Wir brauchene<strong>in</strong>e Haltung vertrauen<strong>der</strong> H<strong>in</strong>gabe an Jesus, die spricht:„Nicht me<strong>in</strong> Wille, son<strong>der</strong>n de<strong>in</strong> Wille.“ Nur so werden wir<strong>in</strong>nerlich ganz still. Ich könnte nicht e<strong>in</strong>en Tag existieren ohnedieses Vertrauen, das mir die nötige Kraft gibt. Der Bru<strong>der</strong>hofwird vergehen, wir alle werden vergehen; am Ende wird Jesusalle<strong>in</strong> Sieger se<strong>in</strong>.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Ich weiß von Müttern kle<strong>in</strong>er K<strong>in</strong><strong>der</strong>, dass sie mitunterdie Angst packt vor den grauenvollen D<strong>in</strong>gen, die ihrenK<strong>in</strong><strong>der</strong>n <strong>in</strong> <strong>der</strong> heutigen Welt zustoßen könnten. Ich kannmich sehr gut <strong>in</strong> sie h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>versetzen. Me<strong>in</strong>e beiden ältestenK<strong>in</strong><strong>der</strong> wurden während <strong>der</strong> Bombardierungen Englands imZweiten Weltkrieg geboren, als die Bomber jede Nacht überuns h<strong>in</strong>wegflogen. Zweimal fielen Bomben ganz <strong>in</strong> <strong>der</strong> Nähe– e<strong>in</strong>e auf unser Land und e<strong>in</strong>e im nächsten Dorf. Aber größerals unsere Angst vor den Bomben war die Angst, dass HitlerEngland erobern könnte. Für uns Erwachsene hätte das denTod bedeutet, und es brachte mich <strong>in</strong> große <strong>in</strong>nere Not, wennich daran dachte, was dann mit unseren K<strong>in</strong><strong>der</strong>n geschehenkönnte.Heute brauchen wir nicht <strong>in</strong> Angst vor Bomben zu leben,aber wir leben <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Zeit unsäglicher Leiden und Todesnähe.Es ist absolut denkbar, dass viele von uns, auch Eltern kle<strong>in</strong>erK<strong>in</strong><strong>der</strong>, e<strong>in</strong>es Tages für ihren Glauben leiden und sterbenmüssen. Ich bitte dich von ganzem Herzen, Gott völlig zuvertrauen. Es gibt <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bibel viele furchterregende Stellen,


90beson<strong>der</strong>s <strong>in</strong> <strong>der</strong> Offenbarung. Aber dort heißt es auch, dassGott selbst alle Tränen fortwischen wird von den Augen <strong>der</strong>er,die gelitten haben (Offb.21,4). Wir dürfen es glauben: Jesusist gekommen, nicht um das Gericht zu br<strong>in</strong>gen, son<strong>der</strong>n dieErlösung.„Denn also hat Gott die Welt geliebt, dass er se<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>geborenenSohn gab, damit alle, die an ihn glauben, nicht verlorenwerden, son<strong>der</strong>n das ewige <strong>Leben</strong> haben. Denn Gott hatse<strong>in</strong>en Sohn nicht <strong>in</strong> die Welt gesandt, dass er die Welt richte,son<strong>der</strong>n dass die Welt durch ihn gerettet werde” (Joh.3,16 17).Hier erkennen wir das unbeschreibliche Sehnen Gottes,die Menschheit zu retten. Am Ende werden wir e<strong>in</strong>sse<strong>in</strong> mit Gott. Daran wollen wir glauben, auch für unsereK<strong>in</strong><strong>der</strong>, selbst wenn wir um Jesu willen leiden müssen.Wie Sonnensche<strong>in</strong> über e<strong>in</strong> Tal, breitet sich Gottesgroße Liebe über die ganze Welt aus. Es ist wahr, dasses viele grauenhafte D<strong>in</strong>ge <strong>in</strong> <strong>der</strong> Welt gibt, wie den Krieg:Kriege werden kommen, aber Gott ist größer, viel größer als<strong>der</strong> Mensch; und se<strong>in</strong>e Liebe ist unvergleichlich viel größer alsdie <strong>der</strong> Menschen. Lasst uns nicht <strong>in</strong> Angst leben. Lasst unsüber das Tal h<strong>in</strong>weg zu den Bergen aufblicken und an dengroßen Gott denken, <strong>der</strong> alle D<strong>in</strong>ge erschaffen hat und <strong>der</strong>jeden von uns <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Hand hält.Solange wir Jesus und se<strong>in</strong>er Lehre entsprechend leben,haben wir ke<strong>in</strong>en Grund zur Furcht. Wir wollen ihm treuse<strong>in</strong> und alle Furcht dah<strong>in</strong>ten lassen.


91Wir müssen es lernen, Jesus auch dann zu vertrauen,wenn wir etwas nicht verstehen können. Es wirdoft Situationen im <strong>Leben</strong> geben, <strong>der</strong>en H<strong>in</strong>tergründe wirnicht begreifen. Dann ist die e<strong>in</strong>zige Antwort, auf Jesus zuvertrauen.Als Else von Hollan<strong>der</strong> im Sterben lag, sagte sie zu uns:„Ihr werdet durch sehr schwere Zeiten gehen, aber vergesstniemals, dass Gott <strong>der</strong> letzte Sieg gehört.” Das müssen wirimmer glauben. Und wenn auch Himmel und Erde vergehen,es wird e<strong>in</strong> neuer Himmel und e<strong>in</strong>e neue Erde entstehen(Offb.21,1).


9210. EhrfurchtWir sollen Gott fürchten. Ebenso sollen wir uns davorfürchten, se<strong>in</strong>e Schöpfung zu zerstören o<strong>der</strong> zukränken. Aber wir brauchen ke<strong>in</strong>e Angst vor Gott zu haben.Die Bibel spricht von <strong>der</strong> Furcht Gottes, aber es gibt e<strong>in</strong>ean<strong>der</strong>e Furcht, die von Gott trennt und die Liebe erkaltenlässt. Wehe uns, wenn wir die rechte Furcht mit <strong>der</strong> falschenverwechseln. Unsere Furcht muss aus unserer Liebe undEhrfurcht entspr<strong>in</strong>gen.Als Petrus erkannte, dass Jesus <strong>der</strong> Sohn Gottes ist, riefer aus: „Geh weg von mir! Ich b<strong>in</strong> e<strong>in</strong> sündhafter Mensch!“(Lk.5,8). Als Sün<strong>der</strong> fürchtete er sich vor <strong>der</strong> Klarheit Jesu.Das ist richtig, solange es nicht zu e<strong>in</strong>er Angst führt, die dasVertrauen und Zutrauen zerstört und uns die K<strong>in</strong>dlichkeitnimmt.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Der Apostel Johannes schreibt: „Wer sich fürchtet, <strong>der</strong>ist nicht vollkommen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Liebe“ (1.Joh.4,18). Dashat mir viel zu denken gegeben, denn manche GleichnisseJesu, wie das von den zehn Jungfrauen (Mt.25,1 13), könntene<strong>in</strong>em Furcht e<strong>in</strong>flößen. Auch das Buch <strong>der</strong> Offenbarung kannfurchterregend wirken. Und Jesus sagt, dass wir uns nicht vorMenschen zu fürchten brauchen, die den Leib töten können,son<strong>der</strong>n wir sollen uns vor dem fürchten, <strong>der</strong> Leib und Seele<strong>in</strong> <strong>der</strong> Hölle ver<strong>der</strong>ben kann (Mt.10,28). Es gibt also e<strong>in</strong>eFurcht Gottes, die gut und richtig ist. Letzten Endes, solange


93wir <strong>in</strong> Gott bleiben, haben wir nichts zu fürchten außer Gott.So sollte je<strong>der</strong> wahre Christ se<strong>in</strong>.Wir haben uns immer davor gescheut, den NamenGottes zu gebrauchen, nicht nur weil e<strong>in</strong> <strong>in</strong>neresGefühl uns Vorsicht gebot, son<strong>der</strong>n weil es <strong>in</strong> den ZehnGeboten heißt: „Du sollst den Namen des Herrn, de<strong>in</strong>esGottes, nicht missbrauchen!“ (2.Mose 20,7). Deshalb ist esüberaus wichtig, dass Eltern ihren K<strong>in</strong><strong>der</strong>n Hochachtung vorGott beibr<strong>in</strong>gen; dann wird es ihnen nicht e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong>fallen,se<strong>in</strong>en Namen zu missbrauchen.Wir Menschen neigen dazu, Gott und se<strong>in</strong>e Liebeallzuschnell zu vergessen. Das ist das Schlimmste, was<strong>der</strong> Menschheit zustoßen kann: Wenn sich niemand mehr fürGott <strong>in</strong>teressiert, wenn ihn niemand mehr kennen und für ihnZeugnis ablegen will, so ist das schlimmer als ihm fe<strong>in</strong>dlichges<strong>in</strong>nt zu se<strong>in</strong>. Fe<strong>in</strong>dschaft zeigt wenigstens Interesse.Wir sollten uns e<strong>in</strong> Beispiel an Simeon und Hannahnehmen. Sie erwarteten den Messias für das ganze Volk Israel.Selbst wenn es nur zwei s<strong>in</strong>d, dann ist Gott auf dieser Erdenoch nicht ganz vergessen. Wir sollten Gott lieben und mitBegeisterung für ihn Zeugnis ablegen und se<strong>in</strong> Kommenerwarten.


9411. H<strong>in</strong>gabeAllen Verhältnissen unserer Zeit zum Trotz müssen wiroffen und frei für Gottes Zukunftswillen leben: fürbrü<strong>der</strong>liche Geme<strong>in</strong>schaft und für das Reich Gottes. Wirmüssen bereit und gewillt se<strong>in</strong>, unseren Wi<strong>der</strong>stand gegenGott aufzugeben, dann wird er durch se<strong>in</strong>en Heiligen Geist<strong>in</strong> uns wirken.Gott ist immer bereit, immer gegenwärtig. Wir s<strong>in</strong>d es,die für se<strong>in</strong>e Sache nicht bereit s<strong>in</strong>d. Wenn wir uns dochnur ganz <strong>der</strong> Autorität Gottes, dem Weg Jesu und <strong>der</strong> Machtse<strong>in</strong>es Geistes unterwerfen würden, dann könnte das Feuerentzündet werden, das <strong>der</strong> ganzen Welt Licht gibt.Wir kennen alle die For<strong>der</strong>ungen Jesu: „Verlasse alles wasdu hast, und komm, folge mir nach! Verkaufe all de<strong>in</strong> Habund Gut“ (Mt.19,21). „Warte nicht, um de<strong>in</strong>en Vater zubegraben“ (Mt.8,22). „Verlasst eure Fischerboote und eureNetze und kommt mit mir!“ (Mt.4,19).Auch die Jünger kannten die For<strong>der</strong>ungen Jesu. Auch siewussten, dass <strong>der</strong> Mensch - je<strong>der</strong> auf se<strong>in</strong>e Art - “reich” genugist, sich dagegen zu sträuben, weil er das Wenige, was er hat,behalten will und zu Jesus sagt: “Ich kann nicht kommen!”(Lk.14,20). Und so fragten die Jünger voller Bestürzung: “Werkann dann überhaupt gerettet werden?” Jesus antwortete: “Beiden Menschen ist es unmöglich; aber bei Gott s<strong>in</strong>d alle D<strong>in</strong>gemöglich” (Mt.19,25-26).


95Wenn wir uns für das Wirken Gottes öffnen und unserenEigenwillen aufgeben, so ist er immer bereit, uns Glaubenund Liebe zu schenken.Gott will, dass wir ihn um Hilfe bitten. Nicht etwa, weiler ohne unser Bitten nicht handeln könnte o<strong>der</strong> wollte;aber er wartet darauf, dass wir ihm unsere Herzen und unser<strong>Leben</strong> bereithalten, damit er – nur er – handeln kann.Viele Menschen denken darüber nach, warum Gott soist, warum er den Menschen se<strong>in</strong>en Willen nicht aufzw<strong>in</strong>gt.Aber Gott wartet auf unsere Bereitschaft. Zwar bestraft ere<strong>in</strong>zelne Menschen und ganze Nationen, um sie zur Umkehrzu bewegen, aber er zw<strong>in</strong>gt ihnen se<strong>in</strong>e Güte niemals auf. BeiEltern, die ihr K<strong>in</strong>d am Kragen packen würden, um ihm ihreguten Absichten aufzuzw<strong>in</strong>gen, würde das K<strong>in</strong>d <strong>in</strong>st<strong>in</strong>ktivspüren: das ist ke<strong>in</strong>e Liebe. Aus demselben Grund zw<strong>in</strong>gtGott niemandem se<strong>in</strong>en Willen auf. So stehen wir vor e<strong>in</strong>erfolgenschweren Frage: S<strong>in</strong>d wir bereit, uns Gott freiwillig zuübergeben? S<strong>in</strong>d wir gewillt, die Fenster unseres Herzens zuöffnen, damit Gott <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Güte e<strong>in</strong>treten und unser <strong>Leben</strong>bestimmen kann?Wir müssen uns Gott von ganzem Herzen h<strong>in</strong>geben, undwenn wir versagen, müssen wir es von Neuem tun.Wir alle brauchen täglich die Vergebung für unsere Sündenund unser Versagen. Aber es geht darum, ob wir treu bleibenwollen - treu bis ans Ende unseres <strong>Leben</strong>s. Das bedeutet,alles h<strong>in</strong>zugeben – unseren Eigenwillen, unsere Hoffnung


96auf persönliches Glück, unser Privateigentum, sogar unsereSchwächen – und an Gott und Christus zu glauben. Das istalles, was gefor<strong>der</strong>t ist. Jesus verlangt ke<strong>in</strong>e Perfektion, aber erwill unsere ganze H<strong>in</strong>gabe.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Was ist wahre bed<strong>in</strong>gungslose H<strong>in</strong>gabe? E<strong>in</strong> Menschkann sich e<strong>in</strong>em stärkeren Menschen ergeben o<strong>der</strong>e<strong>in</strong>e Armee e<strong>in</strong>er stärkeren Armee. Man kann sich Gottergeben, weil er allmächtig ist o<strong>der</strong> weil man se<strong>in</strong> Gerichtfürchtet. All das ist ke<strong>in</strong>e völlige H<strong>in</strong>gabe. Nur wenn <strong>der</strong>Mensch erlebt, dass Gott gut ist, dass nur Gott alle<strong>in</strong> gut ist,kann er sich bed<strong>in</strong>gungslos mit ganzem Herzen, ganzer Seeleund ganzer Kraft h<strong>in</strong>geben. Wenn e<strong>in</strong> Mensch sich mit Leibund Seele Gott ergeben hat, dann wird er an<strong>der</strong>e Menschensuchen, <strong>in</strong> denen die gleiche Liebe lebendig ist, um sichihnen h<strong>in</strong>zugeben. Aber er kann sich an<strong>der</strong>en Menschen nuranvertrauen, wenn er sich Gott zuerst anvertraut hat.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Wenn wir je e<strong>in</strong>e Gruppe f<strong>in</strong>den würden – auch wennsie viel kle<strong>in</strong>er als die unsere wäre – wo die Liebe Jesuvölliger und klarer zum Ausdruck kommt als unter uns, dannhoffe und glaube ich, dass wir uns ihr anschließen würden,selbst wenn es den Verlust unserer Bru<strong>der</strong>hof Identität zurFolge hätte.


97Aus e<strong>in</strong>em Brief:Gott muss uns dah<strong>in</strong> führen, dass wir erkennen, wie elendund schwach, ja, wie geistig arm und vollkommenhilflos wir s<strong>in</strong>d. Wer sich auch nur im ger<strong>in</strong>gsten stark fühlt,dem muss se<strong>in</strong>e Schwachheit offenbart werden. Wenn Gottuns e<strong>in</strong>mal zeigt, wie elend und schwach wir s<strong>in</strong>d, dannfühlen wir uns vollkommen hilflos vor ihm, aber gerade dannsteht er uns bei <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Gnade und stärkt uns mit se<strong>in</strong>erunendlichen Liebe. Wir s<strong>in</strong>d ganz und gar von Gott, vonChristus und se<strong>in</strong>em Heiligen Geist abhängig. E<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>eHilfe gibt es nicht.Sich dem Willen Jesu ergeben bedeutet, e<strong>in</strong>s mit ihm undmit e<strong>in</strong>an<strong>der</strong> zu werden. Jesus musste so schwer darumr<strong>in</strong>gen, se<strong>in</strong>en Willen <strong>in</strong> den Willen des Vaters zu geben, dasser Blutstropfen schwitzte. Böse Mächte umr<strong>in</strong>gten ihn, umihn zu Fall zu br<strong>in</strong>gen, aber er blieb treu. Se<strong>in</strong>e Haltung war:„De<strong>in</strong> Wille geschehe, nicht me<strong>in</strong> Wille“ (Lk.22,42). Dassollte auch unsere E<strong>in</strong>stellung <strong>in</strong> allen D<strong>in</strong>gen se<strong>in</strong>, selbstwenn wir um unseres Glaubens willen verfolgt werden. Wasauch geschehen mag - sei es Gefängnis o<strong>der</strong> sogar <strong>der</strong> Tod– immer sollten wir sagen: „De<strong>in</strong> Wille, nicht me<strong>in</strong> Wille.“U n t e r w e r f u n gChristus sagt: „Nicht ihr habt mich erwählt, ne<strong>in</strong>, ich habeeuch erwählt und an euern Platz gestellt. Ihr sollt nunh<strong>in</strong>gehen und Frucht br<strong>in</strong>gen und eure Frucht soll bleiben“


98(Joh.15,16). Das ist so wichtig: „Ich habe euch an euern Platzgestellt.“ Wenn jemand mit se<strong>in</strong>em Platz im <strong>Leben</strong> nichtzufrieden ist, kann er großen Schaden anrichten. Aus dieserUnzufriedenheit entsteht Hass. Wir sollen e<strong>in</strong>an<strong>der</strong> liebenund den Platz annehmen, an den Gott e<strong>in</strong>en jeden von unsgestellt hat.Als Jesus am Palmsonntag zwei se<strong>in</strong>er Jünger aussandte,um e<strong>in</strong> Eselsfüllen zu holen, da hatten sie ke<strong>in</strong>ewichtigere Aufgabe auf <strong>der</strong> ganzen Welt, als die, das Füllen zuholen (Mt.21,1 7). Hätte ihnen jemand gesagt: „Ihr seid zugrößeren D<strong>in</strong>gen berufen; e<strong>in</strong>en Esel holen kann je<strong>der</strong>,“ undsie hätten ihren Auftrag nicht erfüllt, so wären sie ungehorsamgewesen. Aber <strong>in</strong> diesem Moment gab es nichts Größeres fürsie, als den Esel für Jesus zu holen. Ich wünsche mir und unsallen, dass wir an jede Aufgabe, groß o<strong>der</strong> kle<strong>in</strong>, <strong>in</strong> diesemGehorsam herangehen möchten. Es gibt nichts Größeres, alsChristus gehorsam zu se<strong>in</strong>.D e m u tJesus ruft jeden von uns dazu auf, demütig zu se<strong>in</strong>. Strebt e<strong>in</strong>Mensch nach persönlichem Erfolg, dann ist e<strong>in</strong>e christlicheGeme<strong>in</strong>schaft nicht <strong>der</strong> rechte Platz für ihn. Je<strong>der</strong> Menschkann <strong>in</strong> diese Versuchung fallen, aber wir müssen dagegene<strong>in</strong>e klare Stellung nehmen.


99Aus e<strong>in</strong>em Brief:Schwach zu se<strong>in</strong> ist nichts Schlechtes. Unsere menschlicheSchwäche ist ke<strong>in</strong> H<strong>in</strong><strong>der</strong>nis für das Reich Gottes,solange wir nicht damit unsere Sünden entschuldigen. Lies2. Kor<strong>in</strong>ther 12,7 9, wo Paulus schreibt, dass <strong>der</strong> Herr sichdurch unsere Schwachheit <strong>in</strong> herrlicher Weise offenbaren will.Gewiss ist dies nicht die wichtigste Stelle für die Geme<strong>in</strong>de alssolche, aber es ist die wichtigste Stelle im Evangelium, was diepersönliche <strong>Nachfolge</strong> betrifft.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Beim Lesen des Markusevangeliums ist mir aufgefallen,dass Jesus betont, wie sehr wir die Demut nötig haben.Er ist nicht gekommen, um bedient zu werden, „son<strong>der</strong>ndass er diene und se<strong>in</strong> <strong>Leben</strong> gebe als Lösegeld für viele“(Mk.10,45). Das ist auch unsere Bestimmung, selbst wennwir sie nur unzureichend erfüllen.Die Seligpreisungen for<strong>der</strong>n ke<strong>in</strong>e großartigenMenschen mit Heiligensche<strong>in</strong>, son<strong>der</strong>n bescheideneLeute (Mt.5,3 12).Aus e<strong>in</strong>em Brief:Wenn du weißt, dass du manchmal kritisch bist und esdir an Demut fehlt, dann suche sie. Die Demut iste<strong>in</strong>e Tugend, zu <strong>der</strong> man sich entschließen kann. Sie machtdas Herz weich und macht den Menschen bereit für Gott.Kritik als solche ist nicht unbed<strong>in</strong>gt falsch; sie kann positivse<strong>in</strong>, kann aber auch zerstören.


100Wir sollten nicht zu viel über unser kle<strong>in</strong>es Herz undunseren schwachen Charakter nachdenken. Niemandist re<strong>in</strong> und gut außer Jesus. Er alle<strong>in</strong> ist wirklich vollkommen,und <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er unendlichen Gnade kann er unser Herz für se<strong>in</strong>Vorhaben zubereiten. Wir müssen uns ihm h<strong>in</strong>geben, dannkann er uns führen und gebrauchen, so wie er will. Wir wollenuns von <strong>der</strong> Versuchung Ka<strong>in</strong>s abwenden, <strong>der</strong> se<strong>in</strong>en Bru<strong>der</strong>um dessen Nähe zu Gott beneidete (1.Mose 4,5). Lasst unse<strong>in</strong>fach froh se<strong>in</strong>, dass wir Jesus angehören, und bereit se<strong>in</strong>,dass er uns an den Platz stellt, wo wir die meiste Frucht zurEhre Gottes br<strong>in</strong>gen können.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Wenn wir die Begrenztheit unserer Existenz soakzeptieren, dass sie uns demütig macht vor Gott,dann werden wir e<strong>in</strong>sehen, dass unsere Hilfe <strong>in</strong> völligerAbhängigkeit von ihm besteht. Diese E<strong>in</strong>sicht kann sehrschmerzlich se<strong>in</strong>, aber wir werden das <strong>Leben</strong> gew<strong>in</strong>nen.Paulus sagt: „Tut nichts aus Eigennutz o<strong>der</strong> um eitler Ehrewillen“ (Phil.2,3). Damit me<strong>in</strong>t er nicht nur äußere Eitelkeit– die auch unchristlich ist –, son<strong>der</strong>n die religiöse Eitelkeitvon Menschen, die von an<strong>der</strong>en verehrt werden wollen. SolcheEitelkeit darf es bei uns nicht geben. Paulus fährt fort:„In Demut achte e<strong>in</strong>er den an<strong>der</strong>en höher als sich selbst“(Phil.2,3). Das ist das Gegenteil davon, die Brü<strong>der</strong> undSchwestern <strong>in</strong> den Schatten zu stellen. Wie können wir unsgroßtun o<strong>der</strong> wichtignehmen, wenn wir Jesus nachfolgenwollen? „Jesus erniedrigte sich selbst und ward gehorsam biszum Tod, ja zum Tode am Kreuz“ (Phil.2,8).


10112. AufrichtigkeitSehr viel hängt davon ab, dass unser <strong>Leben</strong> echt ist undbleibt, und dass wir <strong>in</strong> je<strong>der</strong> Situation nicht mehr, aberauch nicht weniger tun, als das, was Gott von uns for<strong>der</strong>t. Esbesteht e<strong>in</strong>e Gefahr dar<strong>in</strong>, zur <strong>in</strong>tellektuellen Erkenntnis e<strong>in</strong>erWahrheit zu gelangen und se<strong>in</strong> <strong>Leben</strong> nach ihr auszurichten,solange Gott selbst Herz und Seele noch nicht mit dieserWahrheit erfüllt hat.Wir sollten niemals fromme Worte gebrauchen,wenn wir sie nicht selbst ernst nehmen. Wenn wirhochtrabende Reden über die <strong>Nachfolge</strong> halten, uns aberweigern, ihren For<strong>der</strong>ungen nachzukommen, wird unser<strong>in</strong>neres <strong>Leben</strong> Schaden leiden. Lasst uns zurückhaltend se<strong>in</strong>mit frommen Phrasen und Redensarten über den Glauben.Wenn wir sie benutzen, ohne sie ernst zu nehmen, so wirduns das zerstören. Unsere Heuchelei wird sich beson<strong>der</strong>s anunseren K<strong>in</strong><strong>der</strong>n rächen.Jesus warnt mit aller Schärfe davor, fromm ersche<strong>in</strong>en zuwollen (Mt.6,5). Wir wollen natürlich se<strong>in</strong> und das sagen,was wir wirklich denken; es ist besser, e<strong>in</strong>mal daneben zuhauen, als immer die „richtigen“ Worte zu gebrauchen ohnesie ernst zu nehmen.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Nach altjüdischer Tradition benutzt <strong>der</strong> Hohepriesterden Namen Jehovahs nur e<strong>in</strong>mal im Jahr – am


102Versöhnungstag – und dann nur im Allerheiligsten desTempels. Für uns ist diese Ehrfurcht beim Gebrauch frommerWorte e<strong>in</strong> wichtiger Ausdruck religiöser Zurückhaltung. Wirgehen sehr vorsichtig mit dem Namen Gottes um.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Für dich ist es wichtig, dass du wahrhaftig bist undde<strong>in</strong>e wahren Gefühle offen aussprichst. Sei lieberzu schroff als übertrieben taktvoll, lieber unverblümt alszu liebenswürdig. Sage lieber e<strong>in</strong> unfreundliches Wort,das wahr ist, als e<strong>in</strong>s, das „nett“ aber unwahr ist. E<strong>in</strong>unfreundliches Wort kann dir h<strong>in</strong>terher leid tun, aberHeuchelei verursacht bleibenden Schaden, <strong>der</strong> nur durchbeson<strong>der</strong>e Gnade behoben werden kann.Die Jugendbewegung, <strong>in</strong> <strong>der</strong> die Bru<strong>der</strong>hof-Geme<strong>in</strong>schaftihre Wurzeln hat, war von <strong>der</strong> Suche nach Echtheitund Natürlichkeit gekennzeichnet. Etwas von Jesus war <strong>in</strong>ihr lebendig An erster Stelle stand nicht die Frage, ob etwasrichtig o<strong>der</strong> gut o<strong>der</strong> wahr sei, son<strong>der</strong>n ob es echt sei. Manhatte es lieber, wenn jemand harmlos etwas Ungeschickteso<strong>der</strong> Verkehrtes sagte, als sich fromme Reden anhören zumüssen. Man lehnte e<strong>in</strong>e nachgeplapperte Religiosität ab;man rang darum, die Wahrheit zu f<strong>in</strong>den.Aus den Tiefen <strong>der</strong> jugendlichen Herzen bahnte sich e<strong>in</strong>eneue E<strong>in</strong>stellung zum <strong>Leben</strong> an; e<strong>in</strong> neues <strong>Leben</strong>sgefühl fandse<strong>in</strong>en Ausdruck auf verschiedenste Art und Weise. E<strong>in</strong> <strong>in</strong>nererDrang führte zu Geme<strong>in</strong>samkeit im Wan<strong>der</strong>n, S<strong>in</strong>gen undVolkstanzen, bis h<strong>in</strong> zum Aufbau von Geme<strong>in</strong>schaftssiedlungen.


103Das Beisammense<strong>in</strong> um e<strong>in</strong> lo<strong>der</strong>ndes Feuer wurde zum <strong>in</strong>nerenErlebnis, und <strong>in</strong> <strong>der</strong> rhythmischen Bewegung des Kreistanzesfand e<strong>in</strong>e tiefe Sehnsucht <strong>der</strong> Herzen ihren Ausdruck. Manstrebte danach, nur dem Gestalt zu geben, was wirklich echtwar. Das bedeutete, dass man alles Unnatürliche, Gekünstelte– auch die Mode – ablehnte. Die <strong>in</strong>nere Erfahrung war dasWesentliche. Sie durchdrang alle <strong>Leben</strong>sgebiete.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Es ist nicht <strong>der</strong> offenkundige Sün<strong>der</strong>, <strong>der</strong> Gott im Wegesteht. Die größten Fe<strong>in</strong>de Gottes s<strong>in</strong>d diejenigen, dieden Ruf Christi zur <strong>Nachfolge</strong> annehmen und dauerndfromme Worte machen und trotzdem fortfahren, dem Teufelzu dienen.Von solchen Leuten handeln die meisten Gleichnisse Jesu,nicht von den Ungläubigen. Nur zwei Beispiele: Alle zehnJungfrauen <strong>in</strong> Matthäus 25 machen sich auf, den Bräutigam zusuchen, aber fünf von ihnen schlafen e<strong>in</strong>. In Matthäus 24,4849 wird <strong>der</strong> Diener von se<strong>in</strong>em Herrn beauftragt, aber er istuntreu. Das ist es, was das Reich Gottes am meisten h<strong>in</strong><strong>der</strong>t:Wenn Menschen, die den Ruf gehört und beantwortet haben,sich <strong>in</strong> den Dienst Satans stellen, während sie noch christlicheWorte gebrauchen.Wenn wir <strong>in</strong> <strong>der</strong> Nähe Jesu bleiben, f<strong>in</strong>den wir dieEchtheit <strong>in</strong> ihrer re<strong>in</strong>sten Form (Mt.23,26 28). Wiescharf wendet sich Jesus gegen e<strong>in</strong>e Frömmigkeit, die versucht,von außen zu re<strong>in</strong>igen, und wie klar sagt er uns, dass zuerstdas Innere gere<strong>in</strong>igt werden muss!


DIE GEMEINDE104


10513. Die Geme<strong>in</strong>deDie Menschheit ist gequält und zerrissen; das ist unsbewusst. Zum Teil ist es die E<strong>in</strong>samkeit <strong>der</strong> Menschen,die nur durch die Erfahrung lebendiger Geme<strong>in</strong>deüberwunden werden kann. Geme<strong>in</strong>de ist nicht identisch mitirgende<strong>in</strong>er bestimmten Gruppe o<strong>der</strong> Organisation. Aber sieist da: Sie lebt, und sie kommt dort herab, wo Menschen siegeme<strong>in</strong>sam <strong>in</strong> Demut suchen. Dass die Geme<strong>in</strong>de da ist, istdie wesentlichste Tatsache auf dieser Erde. Wenn Gott <strong>in</strong> dasInnerste unseres Herzens spricht, wird alle E<strong>in</strong>samkeit undsündhafte Entzweiung überwunden; dann erleben wir <strong>in</strong>nereGeme<strong>in</strong>schaft mit allen Brü<strong>der</strong>n und Schwestern.Wir können nicht sagen, die Geme<strong>in</strong>de ist hier o<strong>der</strong> sieist dort. Die Geme<strong>in</strong>de kommt vom Himmel herabzu denen, die geistlich arm s<strong>in</strong>d. Sie kommt zu denen, die umChristi willen alles aufgeben, auch ihre eigenen Ideen undAnsprüche. Das kann überall geschehen; wenn es geschieht,dann entsteht E<strong>in</strong>mütigkeit unter den Menschen.Die Urchristen waren davon überzeugt, dass die Geme<strong>in</strong>debereits vor <strong>der</strong> Schöpfung da war. Sie besteht im HeiligenGeist. Wo zwei o<strong>der</strong> drei <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Namen versammelt s<strong>in</strong>d,dorth<strong>in</strong> sendet Christus die Geme<strong>in</strong>de – dort, wo je<strong>der</strong> sichganz und gar mit se<strong>in</strong>em Eigentum, se<strong>in</strong>em Vorrecht undse<strong>in</strong>er Macht um Christi willen aufgibt.Wenn man uns fragt, ob wir die Geme<strong>in</strong>de seien, somüssen wir antworten: „Ne<strong>in</strong>, wir s<strong>in</strong>d nicht die Geme<strong>in</strong>de.“


106Werden wir jedoch gefragt, ob die Geme<strong>in</strong>de zu uns kommt,so müssen wir bezeugen: Ja, sie kommt zu uns, wenn wir armund gebrochen vor Gott stehen. Je ärmer im Geist e<strong>in</strong> Kreisvon Menschen ist, desto mehr naht sich ihm die Geme<strong>in</strong>de.Unsere eigenen Vorstellungen müssen vollständig aufgegebenwerden, beson<strong>der</strong>s <strong>der</strong> Gedanke, Macht o<strong>der</strong> E<strong>in</strong>fluss aufan<strong>der</strong>e auszuüben. Wir müssen wie Bettler arm vor Gottwerden.Wenn wir von <strong>der</strong> wahren Geme<strong>in</strong>de sprechen, me<strong>in</strong>enwir gewiss nicht den Bru<strong>der</strong>hof. Wir me<strong>in</strong>en alle dieMenschen, die e<strong>in</strong> <strong>Leben</strong> <strong>in</strong> völliger E<strong>in</strong>heit mit Christusführen. Nur die Früchte werden zeigen, wo das <strong>der</strong> Fall ist.In den Schriften <strong>der</strong> Urchristen, zum Beispiel im „Hirtendes Hermas“, f<strong>in</strong>den wir wie<strong>der</strong>holt den Gedanken, dass dieGeme<strong>in</strong>de da war, ehe irgend etwas erschaffen wurde. Das iste<strong>in</strong> tiefer und merk-würdiger Gedanke, ganz entgegengesetztdem Begriff e<strong>in</strong>er kle<strong>in</strong>en Glaubensgeme<strong>in</strong>schaft, selbst e<strong>in</strong>ergroßen Vere<strong>in</strong>igung von Millionen von Menschen, die sichKirche nennt.Wenn wir vom Bru<strong>der</strong>hof sprechen, dann wollen wir damitke<strong>in</strong>esfalls behaupten, dies sei die Geme<strong>in</strong>de. Die Geme<strong>in</strong>deist etwas viel Größeres. Sie geht zurück zum Ursprung allerD<strong>in</strong>ge vor <strong>der</strong> Erschaffung <strong>der</strong> Welt. Aber wir sehnen unsdanach, dass sie auch heute unter uns wirksam sei.Peter Riedemann, e<strong>in</strong> Täufer aus dem 16. Jahrhun<strong>der</strong>t,vergleicht die Versammlung <strong>der</strong> Gläubigen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de


107mit e<strong>in</strong>er Laterne. E<strong>in</strong>e Laterne ist unbrauchbar, wenn ke<strong>in</strong>Licht dar<strong>in</strong> ist. Das gilt auch für e<strong>in</strong>e Glaubensgeme<strong>in</strong>schaft.Sie kann alle Güter geme<strong>in</strong>sam halten und ohne jeglichesPrivateigentum die gegenseitige Liebe und völligeGeme<strong>in</strong>schaft praktizieren – das ist noch ke<strong>in</strong>e Garantie, dasssie lebendig ist. Die Geme<strong>in</strong>de ist e<strong>in</strong> Geschenk Gottes. Siekommt zu den geistlich Armen und wird vom Heiligen Geistvere<strong>in</strong>igt und belebt.Aus e<strong>in</strong>em Brief:In dieser Weltstunde <strong>der</strong> Not und Verzweiflung ist nichtswichtiger als <strong>in</strong> brü<strong>der</strong>licher E<strong>in</strong>heit und Liebe zu leben.Im Vergleich zur ganzen Weltnot mag solch e<strong>in</strong> <strong>Leben</strong>sversuchnoch so kle<strong>in</strong>, ja fast unsichtbar se<strong>in</strong> – er wird nicht ohneE<strong>in</strong>fluss bleiben.Die Menschen von heute brauchen ke<strong>in</strong>e langen Predigten.Der Weg <strong>der</strong> <strong>Nachfolge</strong> muss ihnen praktisch vorgelebtwerden. Unsere Zeit braucht e<strong>in</strong> greifbares Beispiel dafür,dass Gott stärker ist als Hass, Not, Sünde und Une<strong>in</strong>igkeit.Gott braucht e<strong>in</strong> Volk, wo je<strong>der</strong> se<strong>in</strong> <strong>Leben</strong> ohne Vorbehaltfür Gottes Sache e<strong>in</strong>setzt. Es müssen Menschen se<strong>in</strong>, die nichtan erster Stelle ihr eigenes Heil im S<strong>in</strong>n haben - Menschen,die im Gebet für die Nöte ihrer Mitmenschen e<strong>in</strong>treten –Menschen, die an den Sieg Gottes glauben.E<strong>in</strong>e wahre Geme<strong>in</strong>schaft kann nicht e<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>zigenTag bestehen ohne die Gabe des Heiligen Geistes. Injedem Beisammense<strong>in</strong>, im geme<strong>in</strong>samen Schweigen o<strong>der</strong> im


108geme<strong>in</strong>samen S<strong>in</strong>gen – immer erwarten wir die Gabe, dieGott uns durch den Tod Jesu Christi angeboten hat.Es wird berichtet, dass die Jünger <strong>der</strong> Urgeme<strong>in</strong>de e<strong>in</strong>Herz und e<strong>in</strong>e Seele waren (Apg.4,32). Wenn sie auch ke<strong>in</strong>eorganisierte Körperschaft darstellten, so waren sie doch e<strong>in</strong>Herz und e<strong>in</strong>e Seele. Sie waren von dem Geist bewegt, <strong>der</strong>von oben kommt. Durch diese Bewegung geschah es, dasssie alles geme<strong>in</strong>sam hielten und niemand etwas se<strong>in</strong> eigennannte. Dabei handelte es sich nicht um e<strong>in</strong> starres Gesetz,nicht um organisierten Kommunismus – ne<strong>in</strong>, es g<strong>in</strong>g umbewegte Herzen.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Nicht wir können Bru<strong>der</strong>schaft aufbauen, nicht wirkönnen e<strong>in</strong>e Geme<strong>in</strong>de gründen o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>zigenMenschen verän<strong>der</strong>n. Wir alle s<strong>in</strong>d ganz und gar abhängigvon <strong>der</strong> Atmosphäre, von dem Geist Gottes, <strong>der</strong> unter unsherrscht. Doch bee<strong>in</strong>flussen wir alle diese Atmosphäre.Deshalb ist je<strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelne dafür verantwortlich, dass ke<strong>in</strong>Geist, <strong>der</strong> Gott wi<strong>der</strong>strebt, <strong>in</strong> unser <strong>Leben</strong> e<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>gen kann.S<strong>in</strong>d wir Jesus treu, dann werden wir auch e<strong>in</strong>an<strong>der</strong> treu se<strong>in</strong>.Wir gehören zusammen. Wer sich Jesus h<strong>in</strong>gibt, wird mitan<strong>der</strong>en Gläubigen zu e<strong>in</strong>em Leib vere<strong>in</strong>igt (1.Kor.12,12 27).Es ist wie beim menschlichen Körper: Wenn das Auge durchetwas bedroht wird, so wird <strong>der</strong> Arm es mit e<strong>in</strong>er schnellenBewegung zu schützen suchen, selbst wenn er dabei verletztwürde. Das geschieht wie von selbst, gleichsam aus Liebe. So


109ist es unter denen, die Christus und e<strong>in</strong>an<strong>der</strong> die Treue gelobthaben. Je<strong>der</strong> sollte bereit se<strong>in</strong>, für den an<strong>der</strong>en zu leiden – <strong>der</strong>Stärkere für den Schwächeren.Aus e<strong>in</strong>em Brief:In Jesus und <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Geist werden wir alle e<strong>in</strong>s – e<strong>in</strong>smit <strong>der</strong> Oberen Geme<strong>in</strong>de, e<strong>in</strong>s mit den Aposteln undMärtyrern, e<strong>in</strong>s mit all denen, die mit Jesus e<strong>in</strong>s waren unds<strong>in</strong>d. Weicht unsere Liebe jedoch ab von Jesus, dem Erlöser<strong>der</strong> Welt, dann wird sogar unser Glaube an die Geme<strong>in</strong>de zurAbgötterei.Es ist paradox: Wir müssen uns von unserer verdorbenenGeneration lossagen, und diese Trennung kann nichtscharf genug se<strong>in</strong>; gleichzeitig aber wollen wir uns mit Christusvere<strong>in</strong>igen, <strong>der</strong> für jeden e<strong>in</strong>zelnen auch dieser Generationgestorben ist. Als Geme<strong>in</strong>de brauchen wir es am nötigsten, dengekreuzigten Christus zu f<strong>in</strong>den, das Lamm Gottes, das für dieSünden <strong>der</strong> Welt gestorben ist. Wenn wir mit Christus vere<strong>in</strong>igts<strong>in</strong>d, dann können wir nicht kaltherzig se<strong>in</strong> – nicht gegen e<strong>in</strong>eFrau, die abgetrieben hat, o<strong>der</strong> gegen irgend e<strong>in</strong>en Menschen,<strong>der</strong> sich versündigt hat. Wir werden barmherzig se<strong>in</strong>.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Der Bru<strong>der</strong>hof hat gewisse charakteristische Merkmale,die ihren Ursprung <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er europäischen Herkunftund <strong>der</strong>en geschichtlichem H<strong>in</strong>tergrund haben. Das Gleichegilt für die Church of the Brethren, für die Quäker und für


110an<strong>der</strong>e religiöse Bewegungen. Ich kann gut verstehen, dass mane<strong>in</strong>e gewisse Liebe und Anhänglichkeit zu se<strong>in</strong>er Kultur und zuMenschen se<strong>in</strong>er eigenen Herkunft hat. Aber lasst uns e<strong>in</strong>malan die „Geme<strong>in</strong>schaft <strong>der</strong> Gläubigen“ denken, an den LeibChristi, <strong>der</strong> durch alle Jahrhun<strong>der</strong>te weiterlebt. Was bedeutetdem gegenüber <strong>der</strong> Bru<strong>der</strong>hof mit se<strong>in</strong>er Kultur? Was immerGutes daran se<strong>in</strong> mag ist nur so lange von Bedeutung, wie ervon diesem <strong>Leben</strong>sstrom erfasst ist. Die Bru<strong>der</strong>hofgeme<strong>in</strong>schaftwird vergehen, so wie viele Bewegungen vergangen s<strong>in</strong>d, aber<strong>der</strong> Strom des <strong>Leben</strong>s, an dem sie Anteil hat, kann niemalsvergehen. Darauf kommt es an.Hätten wir uns vorgenommen, e<strong>in</strong>e christlicheGeme<strong>in</strong>schaft mit deutscher Kultur zu se<strong>in</strong>, um geradenur solchen Menschen zu dienen, die aus dem Milieu <strong>der</strong>Jugendbewegung kommen, so wären wir <strong>in</strong> Gefahr gewesenauszutrocknen, noch ehe wir begonnen hätten. Wir wollenunser <strong>Leben</strong> vollkommen h<strong>in</strong>geben und uns dort gebrauchenlassen, wo Gott die Herzen <strong>der</strong> Menschen bewegt. Wir wollenoffen se<strong>in</strong> für alles, was Gott gibt; sonst laufen wir Gefahr, diegöttliche Wahrheit e<strong>in</strong>zuengen.Unser Kreis ist schwach und oft nur allzu menschlich.Unser Auftrag kann jedoch niemals e<strong>in</strong>geschränkt werden.Gott kennt ke<strong>in</strong>e Schranken.Je älter ich werde, desto unwichtiger ersche<strong>in</strong>t mir <strong>der</strong>Bru<strong>der</strong>hof. Wesentlich ist, dass es die betende Geme<strong>in</strong>deGottes auf dieser Erde gibt. Dazu wollen wir unser <strong>Leben</strong>hergeben, dafür wollen wir leben.


111Wir müssen e<strong>in</strong>e Dr<strong>in</strong>glichkeit im Innern verspüren: Wirdürfen das <strong>Leben</strong> nicht vorübergehen lassen, ohne uns <strong>der</strong>Geme<strong>in</strong>de völlig h<strong>in</strong>zugeben. Die Geme<strong>in</strong>de war <strong>in</strong> Gott,ehe die Welt erschaffen wurde, und sie ist jetzt als die ObereGeme<strong>in</strong>de bei Gott im Himmel, als die Wolke <strong>der</strong> Zeugen vonallen Enden. Diese heilige Tatsache darf uns nicht unbeteiligtlassen.Aus e<strong>in</strong>em Brief:S<strong>in</strong>d wir als Geme<strong>in</strong>de so h<strong>in</strong>gegeben, ist unserGeme<strong>in</strong>schaftsleben so wahrhaftig, ist unser Zeugnisso voller Salz, dass es e<strong>in</strong>e Wirkung auf die ganze Welt hat,so wie e<strong>in</strong>e Prise Salz e<strong>in</strong>en ganzen Teller Suppe würzt? Esgenügt nicht, <strong>in</strong> Geme<strong>in</strong>schaft zu leben, die an<strong>der</strong>n zu liebenund sich gegenseitig Freude zu machen – Marmelade für dieNachbarn zu kochen, die dann Marmelade für ihre Nachbarnkochen. Mehr wird verlangt.Ich glaube, wir leben <strong>in</strong> <strong>der</strong> Endzeit. Es ist e<strong>in</strong>e entscheidendeStunde. Alles hängt davon ab, ob unsere Lampen gerüstet s<strong>in</strong>dund ob wir bereit s<strong>in</strong>d, dem Bräutigam entgegen zu gehen(Mt.25,1 13). Jesu Abschiedsreden im Johannesevangeliummachen es e<strong>in</strong>deutig klar: die Geme<strong>in</strong>de muss e<strong>in</strong>ig se<strong>in</strong>,damit die Welt erkennt, dass Jesus vom Vater gesandt wurde(Joh.17,21). Was mich zutiefst erschüttert, ist die Frage: Kanndie Welt dies an uns erkennen?


11214. Geme<strong>in</strong>schaftEs ist an uns, allem Privateigentum, allem Sammelnvon D<strong>in</strong>gen abzusagen. Die Begierde nach irdischenGütern, sei es für sich selbst, für die eigene Familie o<strong>der</strong> fürdie Geme<strong>in</strong>schaft, führt zum geistlichen Tod, denn sie isoliertdas Herz von Gott und den Mitmenschen. Deshalb wollenwir alles mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> teilen und gleichzeitig vermeiden, <strong>in</strong> dieSünde des kollektiven Reichtums zu fallen. Unsere Tür stehtjedem offen, <strong>der</strong> Gott und se<strong>in</strong>e Wahrheit sucht. Wenn dieGeme<strong>in</strong>de die Güter verwaltet, stehen sie allen zur Verfügung,die sie brauchen.Der Weg Jesu bedeutet völlige Besitzlosigkeit (Mt.19,21).Diesen Weg haben wir gewählt, und unsere K<strong>in</strong><strong>der</strong>müssen das von frühester K<strong>in</strong>dheit an erfahren. Sie sollenwissen, dass unser Geld Gott gehört und nicht uns. Jesus sagt,wir sollen uns ke<strong>in</strong>e Schätze auf Erden sammeln, son<strong>der</strong>nunseren Schatz im Himmel suchen (Mt.6,19 20).Aus e<strong>in</strong>em Brief:Du fragst, wie wir als e<strong>in</strong>zelne o<strong>der</strong> als Familie Teil e<strong>in</strong>esGanzen werden können. Das muss durch den GeistJesu gegeben werden. Damit das geschehen kann, müssen wirunseren eigenen Vorstellungen und Wünschen ganz entsagenund nur für Jesus und se<strong>in</strong>en Geist offen se<strong>in</strong>.


113Aus e<strong>in</strong>em Brief:Für das Erleben wahrer christlicher Geme<strong>in</strong>schaft, fürdie Bewegung des Geistes Gottes, für die E<strong>in</strong>heit <strong>der</strong>Gläubigen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de, gibt es ke<strong>in</strong>erlei Ersatz. Soschreibe ich das Folgende <strong>in</strong> dem Bewusstse<strong>in</strong>, dass Worteniemals den Geist <strong>der</strong> Liebe Gottes festhalten können, <strong>der</strong>überall dort weht, wo Menschen sich ihm bed<strong>in</strong>gungslosh<strong>in</strong>geben.Auf Ihre Frage nach <strong>der</strong> biblischen Grundlage für unser<strong>Leben</strong> f<strong>in</strong>den wir <strong>in</strong> Lukas 14,33 die deutlichen WorteChristi, dass nur diejenigen se<strong>in</strong>e Jünger se<strong>in</strong> können, diesich von allem, was sie haben, lossagen. Und weiter heißt es<strong>in</strong> Johannes 16,13: „Wenn <strong>der</strong> Geist <strong>der</strong> Wahrheit kommenwird, wird er die Menschen <strong>in</strong> alle Wahrheit leiten.“ Dasgeschah zu Pf<strong>in</strong>gsten, als die <strong>Nachfolge</strong>r Jesu e<strong>in</strong> Herzund e<strong>in</strong>e Seele waren und all ihren Besitz als geme<strong>in</strong>samesEigentum betrachteten (Apg.2,44; Apg 4,32 34). Siehe auch1. Kor<strong>in</strong>ther 12, beson<strong>der</strong>s die Verse 25 und 26.In e<strong>in</strong>er Kirche, <strong>in</strong> <strong>der</strong> man nicht geme<strong>in</strong>schaftlich lebt, istes schwer, diese Passage <strong>in</strong> ihrer vollen Bedeutung zu erfassen.Das gilt auch für 2. Kor<strong>in</strong>ther 8,13 15.Die Herzen aller, die zu Pf<strong>in</strong>gsten vom Geist bewegt waren,strömten über vor Liebe: Die Gläubigen wurden von e<strong>in</strong>erbrennenden Liebe zu Gott und zue<strong>in</strong>an<strong>der</strong> erfasst. Ich glaube,auch Sie würden nicht bestreiten, dass „große Gnade bei ihnenallen war“ (Apg.4,33). Die Folge dieser Gnade und Liebe wardie Gütergeme<strong>in</strong>schaft. Das heutige Christentum ist vone<strong>in</strong>er solchen Geme<strong>in</strong>schaft <strong>der</strong> Liebe weit entfernt, wenn


114beispielsweise jemand im Kirchenblatt dankbar bezeugt, wiewun<strong>der</strong>bar Gott se<strong>in</strong> Geschäft aufblühen ließ, seit er begannden Zehnten abzugeben.Zu behaupten, das Teilen von Geld und Besitz seidie wesentliche Grundlage unseres Glaubens, wäre e<strong>in</strong>eEntstellung <strong>der</strong> Tatsachen. Es ist e<strong>in</strong>e Auswirkung unseresGlaubens, nicht se<strong>in</strong>e Grundlage. Es ist die Frucht <strong>der</strong>völligen H<strong>in</strong>gabe an Christus und se<strong>in</strong>e Liebe. Alles was Gottuns gegeben hat – unseren Besitz, unsere Begabungen, unserganzes <strong>Leben</strong> geben wir ihm zurück, damit er alle<strong>in</strong> es durchse<strong>in</strong>en Geist verwalte.Auf Ihre Frage, ob Gütergeme<strong>in</strong>schaft dazu hilft, Seelenfür Christus zu gew<strong>in</strong>nen, können wir nur Ne<strong>in</strong> sagen. Dasbloße Teilen <strong>der</strong> Güter an sich führt ke<strong>in</strong>eswegs zu Christus.Ist es aber das Ergebnis überströmen<strong>der</strong> Liebe, dann kann eszu Christus führen.Viele von uns auf dem Bru<strong>der</strong>hof s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> nich christlichenVerhältnissen aufgewachsen. Was uns anzog, war die gelebteLiebe und Bru<strong>der</strong>schaft. Wir waren <strong>der</strong> Worte müde; Wortes<strong>in</strong>d billig, man kann sie fast überall hören. Denn wer würdebehaupten, er sei gegen Liebe und Brü<strong>der</strong>lichkeit? Wir suchtenTaten statt Worte, Brot statt Ste<strong>in</strong>e. Das ist das AngebotChristi an uns: e<strong>in</strong> neues <strong>Leben</strong>, <strong>in</strong> dem die Liebe <strong>in</strong> Wortund <strong>in</strong> Wahrheit alles regiert.Sie fragen, wieviel Gelegenheit e<strong>in</strong> neu H<strong>in</strong>zugekommenerhat, das wahre Evangelium, nicht e<strong>in</strong> „Bru<strong>der</strong>hof Evangelium“zu verkündigen. Was verstehen Sie unter Evangelium? Wasist die „gute Nachricht“, wenn sie nicht bedeutet, dass es


115e<strong>in</strong>en an<strong>der</strong>en Weg geben muss als den des Todes und <strong>der</strong>Verzweiflung, <strong>der</strong> heute <strong>in</strong> <strong>der</strong> Welt vorherrscht? Was istdie „gute Nachricht“, wenn nicht die, dass Menschen alsBrü<strong>der</strong> zusammenleben können <strong>in</strong> Frieden und völligemVertrauen und Liebe zue<strong>in</strong>an<strong>der</strong>, als K<strong>in</strong><strong>der</strong> e<strong>in</strong>es Vaters?Das Evangelium ist mehr als Worte; es bedeutet Tat undWahrheit, es ist <strong>der</strong> Ausdruck e<strong>in</strong>er lebendigen Erfahrung,e<strong>in</strong>er ganz neuen <strong>Leben</strong>sweise, die Christus gebracht hat.Wir rufen die Menschen nicht dazu auf, sich dem Bru<strong>der</strong>hofanzuschließen, son<strong>der</strong>n <strong>in</strong> Brü<strong>der</strong>lichkeit zu leben. Wirwollen dem Evangelium nichts h<strong>in</strong>zufügen, aber wir dürfenauch bestimmt nichts von se<strong>in</strong>em Inhalt wegnehmen, son<strong>der</strong>nmüssen uns je<strong>der</strong> se<strong>in</strong>er For<strong>der</strong>ungen stellen.Sie fragen, warum wir uns als Geme<strong>in</strong>schaft isolieren, um<strong>in</strong> <strong>der</strong> Welt aber nicht von ihr zu se<strong>in</strong>. Wir leben lediglich<strong>in</strong> dem S<strong>in</strong>ne abseits, dass wir uns von <strong>der</strong> bösen Wurzeldes Eigennutzes, <strong>der</strong> Habsucht und <strong>der</strong> Ungerechtigkeitloslösen wollen. Die heutige Gesellschaft ist im wesentlichennicht an<strong>der</strong>s als zu Jesu Zeiten. Die Menschen s<strong>in</strong>d ebensoichbezogen und stolz, sie s<strong>in</strong>d auf ihren eigenen Gew<strong>in</strong>nerpicht, sie trachten nach Macht und Position. Die Früchtedieses Übels durchsetzen die Gesellschaft <strong>in</strong> vielerlei Form: alsUnre<strong>in</strong>heit, Hass, Alkoholismus, Armut, Jugendkrim<strong>in</strong>alität,seelische Krankheit und Depressionen, Gewaltverbrechenund schließlich als Krieg. Das s<strong>in</strong>d die Früchte des Mammon<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er unchristlichen Gesellschaft, die Früchte <strong>der</strong> heutigenWeltordnung. Das ist die Welt, aus <strong>der</strong> Christus unsherausgerufen hat und noch immer ruft. Er ruft uns heraus


116und br<strong>in</strong>gt uns zusammen, um die Stadt Gottes zu bauen,<strong>in</strong> <strong>der</strong> alle<strong>in</strong> se<strong>in</strong> Geist herrscht – die Stadt auf dem Berge,die sich nicht verbergen kann, son<strong>der</strong>n <strong>in</strong> die Welt h<strong>in</strong>ausleuchtet.Das Evangelium lehrt uns, dass e<strong>in</strong> Baum – e<strong>in</strong>e Person,e<strong>in</strong>e Gruppe – an den Früchten zu erkennen ist, denn e<strong>in</strong> guterBaum kann ke<strong>in</strong>e schlechten Früchte hervorbr<strong>in</strong>gen und e<strong>in</strong>schlechter Baum ke<strong>in</strong>e guten (Mt.7,16 18). E<strong>in</strong> <strong>Leben</strong>, dasauf Christus gegründet ist, besteht nicht nur aus Worten. Aufunsere Taten kommt es an. Christus will, dass alle Menschenuns als se<strong>in</strong>e Jünger erkennen und zwar an <strong>der</strong> Liebe, die wirfüre<strong>in</strong>an<strong>der</strong> haben, nicht am Reden über die Liebe zue<strong>in</strong>an<strong>der</strong>(Joh.13,35; Mt 7,21). In se<strong>in</strong>em letzten Gebet g<strong>in</strong>g es ihmum die E<strong>in</strong>heit unter se<strong>in</strong>en Jüngern: „... damit sie alle e<strong>in</strong>sseien. Wie du, Vater, <strong>in</strong> mir bist und ich <strong>in</strong> dir, so sollen auchsie <strong>in</strong> uns se<strong>in</strong>, damit die Welt glaube, dass du mich gesandthast“ (Joh.17,21). Die Geme<strong>in</strong>de soll also <strong>in</strong> <strong>der</strong> Welt sichtbarse<strong>in</strong>. Zur Ehre Gottes soll das Licht des e<strong>in</strong>mütigen Leibes <strong>der</strong>Gläubigen <strong>in</strong> die Dunkelheit h<strong>in</strong>ausstrahlen.Sie fragen: „Wenn man sich genug verleugnet, um den WegJesu zu gehen, kann man dann nicht auch außerhalb e<strong>in</strong>er‚Organisation von Brü<strong>der</strong>n’ e<strong>in</strong> s<strong>in</strong>nvolles <strong>Leben</strong> unter denMenschen führen?“ Diese Frage müssen Sie für sich selbstbeantworten. Wir s<strong>in</strong>d hier, weil wir erkannten, dass e<strong>in</strong>s<strong>in</strong>nvolles <strong>Leben</strong> nicht genügt. Christus verlangt mehr von uns:Er will den ganzen Menschen. Wir s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong>e ‚Organisationvon Brü<strong>der</strong>n’; wir s<strong>in</strong>d nichts an<strong>der</strong>es als e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e Scharvon Menschen, die danach trachtet, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gegenwart Gottes


117zu leben. Wir wollen Jesu Bergpredigt wörtlich nehmen undan ihr gemessen werden. Das ist nur möglich, wenn wir unser<strong>Leben</strong> ganz <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Willen geben <strong>in</strong> dem Glauben, dass eruns <strong>in</strong> die Wahrheit führt.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Unser geme<strong>in</strong>sames <strong>Leben</strong> bedeutet Kampf. Immer wie<strong>der</strong>müssen wir darum r<strong>in</strong>gen, uns von allem loszubrechen,was uns von Gott und den Geschwistern trennt. DiesesLosbrechen, dieses Sich-selbst-absterben, tut oft sehr weh.Wir glauben, dass absolut alles von uns gefor<strong>der</strong>t wird: allerStolz, aller Eigenwille muss verschw<strong>in</strong>den; das ganze Gerüstunseres <strong>Leben</strong>s und Denkens, <strong>in</strong> dem wir unsere Sicherheit zuf<strong>in</strong>den wähnten, muss zusammenbrechen.Das geschieht nicht durch e<strong>in</strong> plötzliches Here<strong>in</strong>brechendes Lichts; es geschieht Schritt für Schritt. Im Zusammenlebenwird es klar, dass es gewisse D<strong>in</strong>ge gibt, die uns vone<strong>in</strong>an<strong>der</strong>trennen, wie z.B. Stolz, Selbstmitleid, frommes Gehabe.Von diesen Übeln müssen wir uns abkehren, sobald sie unsbewusst werden. Schwach werden wir immer bleiben, aberdie Quelle <strong>der</strong> Kraft zu f<strong>in</strong>den, die <strong>in</strong> jedem Kampf zum Siegeführt – das ist unsere Freude.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Das geme<strong>in</strong>same <strong>Leben</strong> mit Brü<strong>der</strong>n und Schwestern iste<strong>in</strong> großes Geschenk. Ke<strong>in</strong>e Schwierigkeit ist zu groß,ke<strong>in</strong> Kampf ist zu schwer, wenn die Liebe Gottes <strong>in</strong> uns brenntund uns zusammenschweißt. Es sollte e<strong>in</strong>e Erleichterung


118se<strong>in</strong> zu entdecken, dass e<strong>in</strong> <strong>Leben</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Nachfolge</strong> nichte<strong>in</strong>fach erlernt werden kann, nicht e<strong>in</strong>mal durch harte undschmerzhafte Kämpfe. Vielmehr handelt es sich um e<strong>in</strong>eständig neue Erfahrung <strong>der</strong> Gnade. Es ist paradox: Der GottAbrahams, Isaaks und Jakobs war und ist immer <strong>der</strong> Gleicheund wird immer <strong>der</strong> Gleiche bleiben; und doch ist gerade eres, <strong>der</strong> uns von E<strong>in</strong>tönigkeit und Gesetzlichkeit befreit. Inihm wird jedes Erlebnis neu, gewissermaßen erstmalig.Die Gefahr des Materialismus muss uns als Bedrohungfür unser Innenleben ständig vor Augen stehen, sei esals Herrschaft des Geldes o<strong>der</strong> irgendwelcher an<strong>der</strong>er D<strong>in</strong>ge.Jesus sagt: „Ihr könnt nicht zwei Herren dienen; ihr könntnicht Gott dienen und dem Mammon“ (Mt.6,24). Diemateriellen D<strong>in</strong>ge an sich s<strong>in</strong>d nicht <strong>der</strong> Fe<strong>in</strong>d, sie gehörenzum <strong>Leben</strong>, aber sie müssen für den Auftrag <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>dee<strong>in</strong>gesetzt werden. Letztlich geht es um unsere E<strong>in</strong>stellung.Der Verfall unserer Seele führt zur Zerstörung des <strong>Leben</strong>sdurch materielle D<strong>in</strong>ge. Wenn aber unsere Beziehung zu Jesusund <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de lebendig ist, dann können wir die D<strong>in</strong>gebenutzen, ohne uns von ihnen beherrschen zu lassen.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Es liegt uns nichts daran, Menschen durch glatte Worte zugew<strong>in</strong>nen. Dafür stellt das geme<strong>in</strong>same <strong>Leben</strong> zu hoheAnfor<strong>der</strong>ungen. Heute haben wir Haus und Hof, Arbeit undtägliches Brot. Aber die Geschichte <strong>der</strong> Täufer, <strong>der</strong> Quäkerund an<strong>der</strong>er radikaler Bewegungen zeigt, dass wir nichtwissen, was morgen geschieht.


119E<strong>in</strong>e ungeheure Gefahr für e<strong>in</strong> gottgefälliges <strong>Leben</strong>, obman <strong>in</strong> Geme<strong>in</strong>schaft o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>s lebt, ist das Geld - <strong>der</strong>Mammon. Jesus sagt es deutlich: „Wo de<strong>in</strong> Schatz ist, da istauch de<strong>in</strong> Herz“ (Mt.6,21). Der urchristliche Prophet Hermasspricht von <strong>der</strong> Gefahr, Äcker, Häuser o<strong>der</strong> irgendwelchean<strong>der</strong>e irdische Werte zu besitzen. Er ruft aus: „Törichter,zwiespältiger, unseliger Mensch: Bedenkst du nicht, dass allediese D<strong>in</strong>ge hier dir gar nicht gehören, und dass sie untere<strong>in</strong>er dir wesensfremden Macht stehen?“ Auch wenn wir <strong>in</strong>Gütergeme<strong>in</strong>schaft leben und e<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same Kasse führen– die Gefahr des Mammons bleibt bestehen. Jesus sagt vonsich selbst: „Die Füchse haben Gruben, und die Vögel unterdem Himmel haben Nester; aber <strong>der</strong> Menschensohn hatnichts, wo er se<strong>in</strong> Haupt h<strong>in</strong>lege“ (Lk.9,58).Wenn unsere Novizen ihr Versprechen ablegen, fragenwir sie, ob sie bereit s<strong>in</strong>d, sich bed<strong>in</strong>gungslos an Gott,an Jesus Christus und an die Geschwister zu b<strong>in</strong>den. Kannman sich an e<strong>in</strong>e Gruppe von Menschen b<strong>in</strong>den? Ich habe vielüber die Bedeutung <strong>der</strong> H<strong>in</strong>gabe nachgedacht, von <strong>der</strong> hierdie Rede ist: H<strong>in</strong>gabe an Gott, an Christus und an die Brü<strong>der</strong>und Schwestern. Wir kennen das erste Gebot: Du sollst ke<strong>in</strong>ean<strong>der</strong>en Götter haben neben dem e<strong>in</strong>en Gott; und das GebotChristi, unseren Nächsten wie uns selbst zu lieben (Mt.22,39).Und wenn e<strong>in</strong>er sagt, er liebe Gott, aber se<strong>in</strong>en Bru<strong>der</strong> haßt,so ist er e<strong>in</strong> Lügner (1.Joh.4,20). Wir dürfen also unsereB<strong>in</strong>dung an Gott nicht trennen von unserer Verpflichtungdenen gegenüber, die auch Gottes Geboten folgen wollen.


120An<strong>der</strong>erseits könnte es gefährlich se<strong>in</strong>, sich bed<strong>in</strong>gungslosan Menschen zu b<strong>in</strong>den o<strong>der</strong> – wie es hier steht sich an dieBrü<strong>der</strong> und Schwestern zu b<strong>in</strong>den. Was geschieht, wenn diesefehlgehen, sei es auch ganz unmerklich? Es kann geschehen,dass Glaubensgeme<strong>in</strong>schaften nach <strong>der</strong> ersten o<strong>der</strong> zweitenGeneration <strong>in</strong> gewissen Punkten erstarren. Wenn bestimmteD<strong>in</strong>ge, die an sich durchaus richtig s<strong>in</strong>d, zum Gesetz gemachtwerden, dann wird das <strong>in</strong>nere <strong>Leben</strong> abgetötet.Wenn man diese Gefahr erkennt, dann fragt man sichtatsächlich: wie können wir uns dann noch ane<strong>in</strong>an<strong>der</strong> b<strong>in</strong>den?Nur im Glauben an den Geist Christi kann e<strong>in</strong>e Antwort aufdiese Frage gegeben werden.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Ich b<strong>in</strong> dankbar, dass du offen de<strong>in</strong>e unguten Gedankenüber an<strong>der</strong>e Geme<strong>in</strong>deglie<strong>der</strong> bekannt hast. Gott ist stärkerals de<strong>in</strong>e Sympathien und Antipathien. Er schenkt uns dieLiebe, er schenkt uns die Geme<strong>in</strong>schaft, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Sympathieund Antipathie überwunden werden können.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Wie gut kann ich verstehen, dass unsere Geme<strong>in</strong>schaftdich enttäuscht hat. Auch ich denke mit Schau<strong>der</strong>nan vieles, was <strong>in</strong> unserer Geschichte vorgekommen ist. Aberim Grunde haben wir uns ja nicht e<strong>in</strong>er Geme<strong>in</strong>schafto<strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de versprochen, auch wenn wir den Brü<strong>der</strong>nund Schwestern die Treue geloben, son<strong>der</strong>n wir haben unsJesus übergeben. Er musste Verrat h<strong>in</strong>nehmen. Er musste es


121ertragen, von all se<strong>in</strong>en Jüngern verlassen zu se<strong>in</strong>. Er mussteGottverlassenheit erfahren. Und doch war ihm <strong>der</strong> Wille desVaters e<strong>in</strong> und alles. Daran halte ich ganz fest und rufe dichauf, auch daran festzuhalten. In dieser Stunde, <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>der</strong>Fe<strong>in</strong>d so viele zerstreut hat, müssen wir uns Jesu Worte zuHerzen nehmen: „Wer nicht mit mir sammelt, <strong>der</strong> zerstreut“(Mt.12,30). Ich möchte me<strong>in</strong>e Treue zu Jesus und zu denBrü<strong>der</strong>n und Schwestern dar<strong>in</strong> beweisen, dass ich mit ihnensammle.Wenn wir <strong>in</strong> Geme<strong>in</strong>schaft leben wollen, dannkönnen wir es nur um <strong>der</strong> Sache Gottes willen tun,sonst werden wir, auch wenn wir den besten Willen haben,Schmarotzer am <strong>in</strong>neren <strong>Leben</strong> <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de se<strong>in</strong>. Selbstwenn wir mehr Stunden als an<strong>der</strong>e arbeiten, selbst wennwir mehr E<strong>in</strong>nahmen als an<strong>der</strong>e erwirtschaften, wird unserepersönliche Anstrengung wie e<strong>in</strong>e schwere Last auf dem Rest<strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>schaft liegen. Die Tür <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de steht allenMenschen offen. Aber wir erwarten von jedem, <strong>der</strong> bei unsbleiben möchte, dass er den Aufruf zur völligen <strong>Nachfolge</strong>annimmt. Sonst wird unsere Geme<strong>in</strong>schaft bald zerfallen.Unser Zeugnis für e<strong>in</strong> <strong>Leben</strong> <strong>in</strong> völliger Geme<strong>in</strong>schaft- für die Tatsache, dass Jesus Menschen sammelt undvere<strong>in</strong>igt – steht <strong>in</strong> vollem E<strong>in</strong>klang mit se<strong>in</strong>en Wortenund mit se<strong>in</strong>em Wesen. Geme<strong>in</strong>schaft an und für sich istnicht das Entscheidende, das Entscheidende ist die Liebe.


122Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft, Gütergeme<strong>in</strong>schaft, Tischgeme<strong>in</strong>schaft– das alles s<strong>in</strong>d lediglich Früchte dieser Liebe.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Wir s<strong>in</strong>d stets dankbar, wenn Gott unsere Geme<strong>in</strong>schaftstärkt, <strong>in</strong>dem er uns neue Mitglie<strong>der</strong> schenkt. Aberwir wollen niemanden mit schönen Worten dazu überreden,wir wollen niemanden überzeugen, sich uns anzuschließen,<strong>in</strong>dem wir e<strong>in</strong>en guten E<strong>in</strong>druck machen. Das geme<strong>in</strong>same<strong>Leben</strong> br<strong>in</strong>gt viel Schweres mit sich, und niemand kann denKämpfen standhalten, <strong>der</strong> nicht völlig auf die Kraft Gottesvertraut. Aus uns selbst haben wir ke<strong>in</strong>e Kraft: Gott ist dieQuelle unserer Kraft.


12315. Die Leitung <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>deE<strong>in</strong>e wirklich christliche Geme<strong>in</strong>de ist nur dann e<strong>in</strong>lebendiger Organismus, wenn e<strong>in</strong>e klare Führungvorhanden ist. Das Schiff <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de braucht e<strong>in</strong>enSteuermann, <strong>der</strong> sich <strong>in</strong> aller Demut von oben her führenlässt. Er muss die Bru<strong>der</strong>schaft, die er leitet, achten undrespektieren. Er muss auf die Stimme des Heiligen Geisteshorchen, wie dieser <strong>in</strong> <strong>der</strong> versammelten Geme<strong>in</strong>de spricht.Er darf sich nicht isolieren. Durch enge Zusammenarbeitmit allen Mitglie<strong>der</strong>n kann <strong>in</strong> je<strong>der</strong> Angelegenheit e<strong>in</strong>e klareRichtung gefunden werden. Das gilt für Fragen des Glaubens,für alle praktischen Belange und für die <strong>in</strong>nere Haltung <strong>der</strong>Geme<strong>in</strong>de.Das Amt <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>deführung sollte, wie je<strong>der</strong> echteDienst <strong>in</strong> <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de, von e<strong>in</strong>em Organ desLeibes ausgeführt werden. Und dieser Dienst muss liebevoll,aufrichtig und <strong>in</strong> k<strong>in</strong>dlicher Weise ausgeübt werden. Were<strong>in</strong>e beson<strong>der</strong>e Verantwortung trägt, ist nicht höher als je<strong>der</strong>an<strong>der</strong>e <strong>in</strong> <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de. Ke<strong>in</strong>er ist bedeuten<strong>der</strong>, ke<strong>in</strong>er istger<strong>in</strong>ger: wir alle s<strong>in</strong>d Glie<strong>der</strong> e<strong>in</strong>es Leibes.Wahre Geme<strong>in</strong>deführung bedeutet Dienst. Deshalb istes verhängnisvoll, wenn sie als Machtstellung überan<strong>der</strong>e missbraucht wird. In e<strong>in</strong>er Glaubensgeme<strong>in</strong>schaft,<strong>in</strong> welcher die Brü<strong>der</strong> und Schwestern sich freiwillig <strong>in</strong>offenherzigem Vertrauen <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de h<strong>in</strong>geben, ist solche<strong>in</strong> Missbrauch beson<strong>der</strong>s verheerend.


124Unter e<strong>in</strong>er diktatorischen Herrschaft gehorcht das Volkden Machthabern, auch wenn es ihr Vorgehen <strong>in</strong>nerlich alsver<strong>der</strong>blich ablehnt. In e<strong>in</strong>er Bru<strong>der</strong>schaft von Gläubigen aber,die Vertrauen zu ihren Führern haben, wird <strong>der</strong> Missbrauch<strong>der</strong> Autorität zum Seelenmord.Wenn wir Brü<strong>der</strong> mit <strong>der</strong> Führung <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>debeauftragen, dann müssen wir darum bitten, dassihnen durch Gottes Geist viel gegeben werde. Wir müssen sieaber auch so se<strong>in</strong> lassen, wie Gott sie geschaffen hat. Sie sollensich nichts anmaßen, son<strong>der</strong>n nur das zum Ausdruck br<strong>in</strong>gen,was ihnen von Gott her gegeben wird. Mehr erwarten wirnicht. Es würde e<strong>in</strong>en unglücklichen Ausgang haben, wennsich jemand <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Rolle h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>gezwängt fühlt, die nichteigentlich die se<strong>in</strong>e ist. Von e<strong>in</strong>em Ohr erwarten wir nicht,wie e<strong>in</strong> Auge zu se<strong>in</strong>.Wenn von Autorität o<strong>der</strong> Vollmacht <strong>in</strong> <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de dieRede ist, so ist damit niemals Macht über Menschengeme<strong>in</strong>t. Das sollte ganz klar se<strong>in</strong>. Jesus gab se<strong>in</strong>en JüngernVollmacht, aber er gab ihnen Vollmacht über Geister, nichtüber Menschen. In gleicher Weise wird denen, die zur Führung<strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de e<strong>in</strong>gesetzt werden, Vollmacht gegeben, aberniemals über Menschen. Das wird allzuleicht vergessen: wirmüssen immer wie<strong>der</strong> zur wahren Demut zurückkehren.E<strong>in</strong> Diener am Wort [=Geme<strong>in</strong>deleiter] steht immer <strong>in</strong>Gefahr, etwas Falsches zu lehren o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>en Teil <strong>der</strong>Wahrheit zu verschweigen. Davor habe ich große Furcht, und


125ich bitte euch, für uns alle, die wir <strong>in</strong> diesem Dienst stehen,im Gebet e<strong>in</strong>zutreten. Paulus konnte sagen, dass er nichtsvernachlässigt son<strong>der</strong>n <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Dienst als Apostel <strong>in</strong> <strong>der</strong>Geme<strong>in</strong>de alles getan hat (2.Tim.3,10 11; 2.Tim 4,7+17). Dastrifft mich sehr tief. Betet, dass je<strong>der</strong> Diener am Wort das ganzeEvangelium immer wie<strong>der</strong> neu <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de nahebr<strong>in</strong>gt,ohne das Ger<strong>in</strong>gste zu än<strong>der</strong>n o<strong>der</strong> zu verdrehen.Jesus sagt es deutlich: „Wem viel gegeben ist, von dem wirdman viel for<strong>der</strong>n“ (Lk.12,48). E<strong>in</strong> Diener am Wort musswissen, dass von ihm mehr als von an<strong>der</strong>en gefor<strong>der</strong>t wird.Se<strong>in</strong> Amt bedeutet ke<strong>in</strong> Vorrecht.Auch e<strong>in</strong>en leitenden Bru<strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de soll manermahnen, wenn empfunden wird, dass er e<strong>in</strong>en Fehlerbegangen hat. Ich weiß noch, wie dankbar ich war, als e<strong>in</strong>Bru<strong>der</strong> mich e<strong>in</strong>mal nach e<strong>in</strong>er Mitglie<strong>der</strong>versammlung zurSeite nahm (ich hatte ärgerlich auf jemanden reagiert) undmich fragte: „Bist du ganz sicher, dass de<strong>in</strong> Ärger vom HeiligenGeist war?“ Ich musste zugeben, dass das nicht <strong>der</strong> Fall gewesenwar. So rief ich die Geschwister wie<strong>der</strong> zusammen, um dieSache <strong>in</strong> Ordnung zu br<strong>in</strong>gen. Wenn jemand das Gefühlhat, dass ich o<strong>der</strong> e<strong>in</strong> an<strong>der</strong>er unsere Autorität missbrauchen,dann bitte ich darum: Tut mir den großen Gefallen, es offenauszusprechen.Wir wollen ke<strong>in</strong>e Bru<strong>der</strong>schaft, die an e<strong>in</strong>en Menschengebunden ist. Nichts fürchte ich so sehr wie e<strong>in</strong>enDienst <strong>in</strong> <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de – sei es <strong>der</strong> Dienst <strong>der</strong> Lehre, <strong>der</strong>


126Seelsorge o<strong>der</strong> e<strong>in</strong> an<strong>der</strong>er Dienst – durch den e<strong>in</strong> Menschseelisch an e<strong>in</strong>en an<strong>der</strong>en gebunden wird. Das ist schrecklich,und ich will damit nichts zu tun haben. Geme<strong>in</strong>sam wollenwir an Christus gebunden se<strong>in</strong>.Ich verabscheue es, wenn e<strong>in</strong> Mensch Macht über die Seelenund Leiber an<strong>der</strong>er hat, beson<strong>der</strong>s <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er christlichenGeme<strong>in</strong>schaft. Ich habe mir gelobt, dieses Übel bis an me<strong>in</strong><strong>Leben</strong>sende zu bekämpfen. Und wenn mir jemand zeigenkann, wo ich Macht über e<strong>in</strong>en Menschen ausgeübt habe,selbst wenn es mir nicht bewusst war, dann will ich dafürtiefe Buße tun. Menschliche Macht ist <strong>der</strong> ärgste Fe<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>erlebendigen Geme<strong>in</strong>de.Jesus stellte e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d <strong>in</strong> die Mitte se<strong>in</strong>er Jünger und sagte:„Wenn ihr nicht umkehrt und werdet wie die K<strong>in</strong><strong>der</strong>, sowerdet ihr nicht <strong>in</strong> das Himmelreich kommen. Wer nun sichselbst erniedrigt und wie e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d wird, <strong>der</strong> ist <strong>der</strong> Größte imHimmelreich“ (Mt.18,3 4). An diesen Worten sehen wir, wiesehr Jesus das k<strong>in</strong>dliche Wesen liebt. So sollte es auch unteruns se<strong>in</strong>: In <strong>der</strong> Ehe sollten beide, Mann und Frau, danachtrachten, den niedrigsten Platz e<strong>in</strong>zunehmen. Und <strong>in</strong> e<strong>in</strong>erGeme<strong>in</strong>de sollte jedes Mitglied – ob Ältester, Haushalter o<strong>der</strong>wer es auch sei – <strong>der</strong> Ger<strong>in</strong>gste se<strong>in</strong> wollen.Die Verkündigung <strong>der</strong> Wahrheit ist Sache e<strong>in</strong>es jedenleitenden Bru<strong>der</strong>s <strong>in</strong> <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de. Sie ist e<strong>in</strong>e Gabe,die nicht nur gescheiten o<strong>der</strong> hervorragenden Persönlichkeiten


127gegeben ist. Wäre das <strong>der</strong> Fall, dann hätten die meisten MenschenGrund zur Angst, <strong>Nachfolge</strong>r Jesu o<strong>der</strong> gar Geme<strong>in</strong>deleiterzu se<strong>in</strong>. Nicht <strong>der</strong> Verstand des Menschen ist es, <strong>der</strong> für dieWahrheit empfänglich ist, son<strong>der</strong>n <strong>der</strong> k<strong>in</strong>dliche Geist. Jesussagt: „Wenn ihr nicht werdet wie die K<strong>in</strong><strong>der</strong>, so werdet ihrnicht <strong>in</strong>s Himmelreich kommen“ (Mt.18,3). Der k<strong>in</strong>dlicheGeist ist und bleibt Geist, und deshalb ist er Vollmacht undOffenbarung. Die Erkenntnis, dass die Wahrheit K<strong>in</strong><strong>der</strong>n undMenschen mit e<strong>in</strong>fältigen Herzen offenbart wird (Mt 11,25),ist für die <strong>Nachfolge</strong> Jesu entscheidend.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Für de<strong>in</strong> Anliegen betreffs unserer letzten Mitglie<strong>der</strong>versammlungwar ich sehr dankbar. So viel stand aufdem Spiel, und doch haben wir uns <strong>in</strong> belanglosem Geredeverloren. Die Führung, die ich als Ältester hätte geben sollen,muss gefehlt haben. Das ist immer e<strong>in</strong>e Spannung: Manmöchte niemandem etwas aufzw<strong>in</strong>gen, aber wenn je<strong>der</strong> nurredet, wie er will, ist es auch nicht gut, denn dann kann GottesGeist nicht sprechen.Wer von <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de mit e<strong>in</strong>em beson<strong>der</strong>en Amtbeauftragt ist – z.B. als Diener am Wort, Hausmutter,Haushalter, Arbeitszuteiler, Vorarbeiter <strong>in</strong> <strong>der</strong> Werkstatt –wird entwe<strong>der</strong> <strong>in</strong> Demut dienen o<strong>der</strong> aber über die an<strong>der</strong>enherrschen, als wären sie se<strong>in</strong>e Untertanen. Diese Gefahrbesteht auch für Erwachsene, die mit K<strong>in</strong><strong>der</strong>n arbeiten. AlleMenschen neigen dazu, wichtig se<strong>in</strong> zu wollen. Und auch


128wenn es nur darum geht, gern den Ton angeben zu wollen,ist es doch <strong>der</strong> Anfang e<strong>in</strong>es viel größeren Übels, welches amEnde viel Leid verursachen wird.Man glaubt es kaum, wieviel Kummer verursacht wird,wenn jemand, <strong>der</strong> e<strong>in</strong>e beson<strong>der</strong>e Verantwortung trägt, se<strong>in</strong>eAutorität fühlen lässt und die Brü<strong>der</strong> und Schwestern wieUntertanen behandelt. Wenn e<strong>in</strong> Diener am Wort autoritärauftritt, braucht es e<strong>in</strong>en gewissen Mut zu protestieren. Aberdiesen Mut wünsche ich allen Geschwistern. Jesus alle<strong>in</strong> istunser Meister, und wir alle s<strong>in</strong>d Brü<strong>der</strong>.Ke<strong>in</strong> Geme<strong>in</strong>deleiter hat e<strong>in</strong> Verfügungsrecht über dieihm anvertrauten Seelen. Wie hat Jesus se<strong>in</strong>e Herdedem Petrus anvertraut (Joh.21,15 17)? Er gab ihm ke<strong>in</strong>erleiRecht über die Lämmer, son<strong>der</strong>n fragte ihn nur: „Liebst dumich?“ Und dann sagte er: „Weide me<strong>in</strong>e Schafe.“Es ist e<strong>in</strong>e schreckliche Sünde, e<strong>in</strong>em Mord vergleichbar,wenn e<strong>in</strong> mit dem Hirtendienst Beauftragter glaubt, er habedas Recht, über Seelen zu herrschen. Dasselbe betrifft auchdiejenigen, die K<strong>in</strong><strong>der</strong> betreuen.Mit Menschenehre will ich nichts zu tun haben. Ichbitte euch, niemals e<strong>in</strong>en Menschen zu verehren, werimmer er sei, son<strong>der</strong>n nur Christus <strong>in</strong> ihm. Wir lehnen esvöllig ab, Menschen zu verehren, weil das <strong>in</strong> Sektierertumendet. Es ist bezeichnend für e<strong>in</strong>e Sekte, dass ihr Führer sichfür bedeutend hält. Dar<strong>in</strong> liegt e<strong>in</strong>e fürchterliche Täuschung.Wir wollen Christus <strong>in</strong> unseren Brü<strong>der</strong>n und Schwestern


129ehren; wir wollen e<strong>in</strong>an<strong>der</strong> lieben, wie Christus es uns gebotenhat. Aber wir lehnen den Gedanken menschlicher Größe ab,denn er ist Torheit vor Gott.Wir haben das tiefe Verlangen, dass Jesus Christus se<strong>in</strong>edurchbohrten Hände auf e<strong>in</strong>en jeden von uns lege und dassalle an<strong>der</strong>en Mächte ihm weichen. Möge er stets <strong>in</strong> unsererMitte se<strong>in</strong>, und mögen wir bereit se<strong>in</strong>, ihm nach allen Kräftenzu dienen. Möge alles Oberflächliche <strong>in</strong> uns und alles, wasuns h<strong>in</strong><strong>der</strong>lich ist o<strong>der</strong> furchtsam macht, h<strong>in</strong>wegschmelzen.Se<strong>in</strong>e Herrschaft alle<strong>in</strong> wollen wir anerkennen. Ja, alles ist <strong>in</strong>se<strong>in</strong>er Hand, er ist Herrscher über alle Mächte und Gewalten,er ist das Haupt <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de, <strong>der</strong> We<strong>in</strong>stock, an dem wirnur Reben s<strong>in</strong>d.Die Offenbarung Jesu Christi duldet ke<strong>in</strong>en menschlichenGlanz neben sich. Je<strong>der</strong> menschliche Glanz, allerStolz und alle Anmaßung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Diener am Wort mussausgelöscht werden. Nur Jesu Licht darf <strong>in</strong> <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>deleuchten. Gott braucht ke<strong>in</strong> menschliches Licht. Er brauchtMänner und Frauen, die <strong>in</strong> <strong>der</strong> Dunkelheit auf se<strong>in</strong> Lichtwarten, die nach <strong>der</strong> Wahrheit hungern und nach lebendigemWasser dürsten. Wer das Evangelium predigt, um Ehre zuerheischen und nicht anerkennt, dass er ohne Gott machtlosist, <strong>der</strong> ist e<strong>in</strong> Dieb. Er stiehlt die Worte Jesu und benutzt siezu se<strong>in</strong>em eigenen Ruhm.Ke<strong>in</strong> Mensch, ke<strong>in</strong>e Geme<strong>in</strong>schaft kann Frucht br<strong>in</strong>gen,ohne mit Christus vere<strong>in</strong>igt zu se<strong>in</strong>. Wer sich e<strong>in</strong>malentschieden hat, Jesus nachzufolgen, wird wie e<strong>in</strong>e Rebe am


130We<strong>in</strong>stock und kann nicht mehr für sich selbst leben. Sichaus Stolz und Selbstgefälligkeit von an<strong>der</strong>en zu isolieren – dasist <strong>der</strong> Weg des Teufels, und <strong>der</strong> endet im Tod. Es ist me<strong>in</strong>Wunsch für jedes Glied <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de und beson<strong>der</strong>s für ihreLeiter, dass sie <strong>in</strong> Jesus bleiben – aber noch mehr, dass Jesus <strong>in</strong>ihnen bleibt (Joh.15,4).


13116. GabenAus e<strong>in</strong>em Brief:Vergiss niemals, dass e<strong>in</strong> Liebesdienst die wichtigste Tatdes Tages ist. Alles an<strong>der</strong>e hat ke<strong>in</strong>en Wert vor Gott undkann uns sogar von ihm wegführen und von den Brü<strong>der</strong>ntrennen. Wie e<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>glich prägt Jesus uns das <strong>in</strong> se<strong>in</strong>emprophetischen Wort über das letzte Gericht e<strong>in</strong>! (Mt 25,3146) Die Frage ist nicht, ob wir gut organisiert s<strong>in</strong>d o<strong>der</strong>korrekt handeln, son<strong>der</strong>n ob wir die Hungrigen speisen, dieFremden aufnehmen, die Nackten kleiden, die Kranken undGefangenen besuchen. Mit an<strong>der</strong>en Worten, ob wir aus Liebeund Barmherzigkeit handeln. Lasst uns nie an <strong>der</strong> Not e<strong>in</strong>esan<strong>der</strong>en vorübergehen. Lasst uns nie unterlassen, das zu sagenund das zu tun, was <strong>der</strong> Liebe entspricht.Niemand ist so unbegabt, dass Gott ihn nicht gebrauchenkönnte, und niemand ist so hochbegabt, als dass er füre<strong>in</strong>fache Handarbeit zu gut wäre. Wir müssen bereit se<strong>in</strong>,jeden Dienst zu tun, <strong>der</strong> von uns verlangt wird – bereit, amniedrigsten Platz zu dienen. Wenn es dem Begabtesten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>erGeme<strong>in</strong>schaft an Demut mangelt, wenn se<strong>in</strong> Herz nicht vomGeiste Jesu bewegt ist, wird se<strong>in</strong> <strong>Leben</strong> ke<strong>in</strong>e guten Früchtetragen.Das Gleichnis von den anvertrauten Talenten (Mt 25,1430) ist wohl am besten im Zusammenhang mit <strong>der</strong>Geme<strong>in</strong>de zu verstehen: die Talente o<strong>der</strong> Goldstücke s<strong>in</strong>d


132die Gaben, die den verschiedenen Brü<strong>der</strong>n und Schwesterngegeben s<strong>in</strong>d: <strong>der</strong> e<strong>in</strong>e empfängt Weisheit, e<strong>in</strong> an<strong>der</strong>erErkenntnis, wie<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Glauben; wie<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e dieGabe <strong>der</strong> Heilung, <strong>der</strong> Prophetie, <strong>der</strong> Unterscheidung, desZungenredens und dessen Auslegung. (1.Kor 12,8 10) Allediese Gaben werden <strong>in</strong> <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de für ihre verschiedenenAufgaben gebraucht, für die Geme<strong>in</strong>deführung wie für allesan<strong>der</strong>e. Es besteht ke<strong>in</strong> Wertunterschied zwischen ihnen.Sie gehören alle zum Leib <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de: das Auge ist nichtwertvoller als das Ohr, es s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>fach zwei verschiedeneS<strong>in</strong>nesorgane.Manche Leute me<strong>in</strong>en, wenn es ke<strong>in</strong>e Unterschiedezwischen den Menschen gäbe, wenn alle Menschengleich beschaffen wären, dann wäre wahre Gerechtigkeithergestellt. Aber das ist nicht das Evangelium Jesu. Im 25.Kapitel des Matthäusevangeliums (Mt 25,24 30) lesen wirvon e<strong>in</strong>em Mann, dem nur wenig gegeben war, und weil ersich ungerecht behandelt glaubte, hasste er se<strong>in</strong>en Meister.Er unternahm nichts mit se<strong>in</strong>em Anteil, son<strong>der</strong>n verhärtetese<strong>in</strong> Herz. Es fehlte ihm nicht nur an Liebe, son<strong>der</strong>n er warvon Hass erfüllt, denn er sagte: „Meister, ich wusste, dass due<strong>in</strong> harter Mann bist.“Wehe dem von uns, <strong>der</strong> me<strong>in</strong>t, ihm sei nicht se<strong>in</strong>gerechter Anteil gegeben worden, an<strong>der</strong>e hätten mehr vonGott erhalten. Wenn wir solchen Gedanken nachgehen,werden wir so lieblos und neidisch und son<strong>der</strong>n uns so abvom Leib <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de, dass wir überhaupt nichts mehrzur Sache beitragen. In unserem Gleichnis sagt <strong>der</strong> Meister:


133„Du hättest me<strong>in</strong> Geld wenigstens auf die Bank br<strong>in</strong>genkönnen“, was soviel heisst wie: tue zum<strong>in</strong>dest das Wenige,zu dem du fähig bist!E<strong>in</strong> Mensch mag überaus <strong>in</strong>telligent se<strong>in</strong>, e<strong>in</strong> an<strong>der</strong>ergeschickt mit den Händen, e<strong>in</strong> dritter vielleicht musikalischbeson<strong>der</strong>s begabt. Das s<strong>in</strong>d natürliche Gaben, die man nichtvergraben sollte, obgleich sie um <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de willen oftgeopfert werden müssen. Aber es wäre falsch, wenn e<strong>in</strong>er, <strong>der</strong><strong>in</strong>tellektuell begabt ist, dächte, er könne nur geistige Arbeittun, sonst würde er se<strong>in</strong>e „Talente vergraben“, (Mt 25,18)o<strong>der</strong> wenn e<strong>in</strong>er, <strong>der</strong> ausgesprochen musikalisches Talent hat,me<strong>in</strong>te, es wäre Verschwendung, wenn er niedrige Arbeitenverrichtet. Wir müssen bereit se<strong>in</strong>, für das Gesamtwohl <strong>der</strong>Geme<strong>in</strong>de unsere natürlichen Talente zu opfern.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Du schreibst, du seist nicht sehr begabt. Das schadetnichts. Niemand hat so wenige Gaben, dass Gott ihnnicht gebrauchen könnte. Aber es kommt darauf an, dass dieGaben, die du besitzt, von Gott <strong>in</strong> Bewegung gebracht werden.Das Problem ist niemals e<strong>in</strong> Mangel an Gaben, son<strong>der</strong>n <strong>der</strong>Mangel an Bereitschaft, von Gott gebraucht zu werden.Im 1. Kor<strong>in</strong>therbrief (Kap.12 und 13) spricht Paulus vonvielerlei Gaben: von <strong>der</strong> Gabe <strong>der</strong> Prophetie, des Lehrens,<strong>der</strong> Heilung, des Zungenredens. Aber er fügt h<strong>in</strong>zu: ohne dieLiebe s<strong>in</strong>d alle diese großen Gaben nichtig. Unser geme<strong>in</strong>sames<strong>Leben</strong> ist auch e<strong>in</strong>e Gabe, aber wenn Gott uns nicht immer


134wie<strong>der</strong> neue Liebe schenkt, wird die Geme<strong>in</strong>schaft leblos wiee<strong>in</strong>e Masch<strong>in</strong>e.Die Gabe <strong>der</strong> Unterscheidung <strong>der</strong> Geister istlebensnotwendig für e<strong>in</strong>e lebendige Geme<strong>in</strong>de. Siekann nicht erlernt werden, sie muss uns von Gott geschenktwerden. Sobald wir als e<strong>in</strong>zelne o<strong>der</strong> als Gruppe me<strong>in</strong>en,weitherzig zu se<strong>in</strong> <strong>in</strong>dem wir e<strong>in</strong>e Vermischung <strong>der</strong> Geister<strong>in</strong> unserer Mitte dulden, verlieren wir den Kontakt mit demGeist Gottes. An<strong>der</strong>erseits müssen wir uns davor hüten, mitmenschlichem Eifer gegen falsche und unre<strong>in</strong>e Geister zukämpfen, e<strong>in</strong>an<strong>der</strong> dauernd kritisieren o<strong>der</strong> korrigieren zuwollen aus lauter Angst, etwas Falsches könne <strong>in</strong> die Geme<strong>in</strong>dee<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>gen. So wichtig es ist, die Geister zu unterscheiden,so wenig ist es e<strong>in</strong>e Hilfe, sie auf menschliche Weise zuscheiden.Das Gleichnis vom Weizen und vom Unkraut, diezusammen auf e<strong>in</strong>em Feld wachsen (Mt 13,24 30), zeigt uns,welchen Schaden wir anrichten können, wenn wir versuchen,selbst „das Feld zu säubern.“ Die Jünger waren voller Eifer,aber Jesus mahnte sie zur Vorsicht, <strong>in</strong>dem er sagte: „Wartet,damit ihr nicht zugleich den Weizen mit ausrauft, wenn ihrdas Unkraut ausjätet.“(Mt 13,29 Es besteht immer die Gefahr,sich gegenseitig zu viel zu korrigieren, sich gegenseitig zu oftzu ermahnen. Nur <strong>in</strong> völliger Abhängigkeit von Gott f<strong>in</strong>denwir auch hier das richtige Verhalten.


135Die Gabe des Zungenredens wurde zu Pf<strong>in</strong>gsten durchdie Ausgießung des Heiligen Geistes geschenkt. (Apg2,4) Es war durchaus e<strong>in</strong> göttliches, heiliges Erlebnis, vor demwir nur tiefe Ehrfurcht haben können. Ich glaube, auch heutekönnen solche heiligen Momente geschenkt werden, aber wirmüssen vor dem Geist des Irrtums auf <strong>der</strong> Hut se<strong>in</strong>. Es wird zuleichtfertig davon gesprochen, dass man „vom Geist erfüllt“ istund „Gaben des Geistes“ besitzt. Solche Ausdrücke werden oftim Zusammenhang mit dem Zungenreden gebraucht, aber imNeuen Testament werden sie <strong>in</strong> den wenigsten Fällen daraufbezogen; meist wird das Zungenreden gar nicht erwähnt. Werwollte behaupten, e<strong>in</strong> Mensch könne nur mit dem HeiligenGeist erfüllt se<strong>in</strong>, wenn er zum Beweis dafür <strong>in</strong> Zungen redet?Dreißig Jahre vor Pf<strong>in</strong>gsten waren Elisabeth und Zacharias„mit dem Heiligen Geist erfüllt“; (Lk 1,41+67) und seitdemgibt es unzählige Beispiele, wie Menschen zum Heil gebrachtwurden, ohne <strong>in</strong> Zungen zu reden.In <strong>der</strong> Urgeme<strong>in</strong>de war das Zungenreden eng mit <strong>der</strong> Bußeverbunden. Jesus begann se<strong>in</strong>e Verkündigung mit e<strong>in</strong>emAufruf zur Buße; und auch <strong>der</strong> Apostel Petrus beg<strong>in</strong>nt se<strong>in</strong>eMission mit den Worten: „Tut Buße, und e<strong>in</strong> je<strong>der</strong> lasse sichtaufen zur Vergebung eurer Sünden.“(Apg 2,38) Wenn wirnicht aufrichtig Buße getan und unseren Glauben auf JesusChristus gesetzt haben, dann haben wir auch den HeiligenGeist nicht empfangen. Lei<strong>der</strong> f<strong>in</strong>det man wenig Bereitschaftzur Buße <strong>in</strong> vielen <strong>der</strong> heutigen Bewegungen; eher glaubensie, am Zungenreden das Erfülltse<strong>in</strong> mit dem Heiligen Geistzu erkennen.


136Es ist nicht ratsam, das Empfangen des Heiligen Geistes mite<strong>in</strong>em Überschwang beson<strong>der</strong>er Emotionen gleichzusetzen,als ob <strong>der</strong> Geist nur auf solche Weise wirken würde. Se<strong>in</strong>Innewohnen hängt nicht von unseren Emotionen ab, wohlaber von unserer Vere<strong>in</strong>igung mit Christus. Die biblischenVoraussetzungen für den Empfang des Heiligen Geistes s<strong>in</strong>dBuße, Glaube an Jesus, und die Vergebung unserer Sünden.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Vor <strong>der</strong> Gabe des Zungenredens, wie sie <strong>in</strong> Apostelgeschichte2 und 1. Kor<strong>in</strong>ther 12 geschil<strong>der</strong>t wird,müssen wir tiefe Achtung haben. Es ist jedoch falsch undungesund, e<strong>in</strong>e Lehre o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e Religion daraus zu machen.Im 13. Kapitel des 1. Kor<strong>in</strong>therbriefes heißt es, wir sollenum die höheren Gaben bitten: Glaube, Hoffnung und Liebe,von denen die größte die Liebe ist. Die Gabe <strong>der</strong> Liebeführt zu Jesus Christus, zur Geme<strong>in</strong>schaft, zur Verkündigung,zur Mission; sie führt nicht zum Reden über die eigenenGeistesgaben. S<strong>in</strong>d wir mit Liebe erfüllt, so kann esgeschehen, dass wir <strong>in</strong> Zungen sprechen, wir brauchen abernicht darüber zu reden. Jesus sagt: „Geh’ <strong>in</strong> de<strong>in</strong>e Kammer,schließ’ die Tür zu und bete zu de<strong>in</strong>em Vater, <strong>der</strong> im Verborgenenist; und de<strong>in</strong> Vater, <strong>der</strong> <strong>in</strong> das Verborgene sieht,wird dir’s vergelten.“ (Mt 6,6)Die charismatische Bewegung legt zu großen Wert aufdas Zungenreden. Sie beruht auf e<strong>in</strong>er falschen Lehre, diezur Spaltung führt, denn sie br<strong>in</strong>gt nicht Gott, son<strong>der</strong>n denMenschen Ehre und Ruhm. Wenn jemand zu mir käme und


137sagte, er könne <strong>in</strong> Zungen sprechen, so würde ich ihm denRat geben, darüber zu schweigen und lieber die Früchte desGeistes vorzuzeigen, wie sie <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bergpredigt beschriebens<strong>in</strong>d. Jesus lehrt uns nicht, <strong>in</strong> Zungen zu sprechen, son<strong>der</strong>nunsere Religion nicht zur Schau zu stellen und den Weg <strong>der</strong>Demut, <strong>der</strong> Liebe und <strong>der</strong> E<strong>in</strong>heit zu gehen.Um die Gaben <strong>der</strong> Prophetie, <strong>der</strong> Heilung und diean<strong>der</strong>en Gaben, die Paulus im 1. Kor<strong>in</strong>therbrief (Kap.12 und 13) aufzählt, können wir Gott nur bitten, wennwir es nicht um <strong>der</strong> eigenen Ehre willen tun. Nicht für unsselbst sollen wir um diese Gaben bitten, aber im Auftrag desganzen Leibes Christi auf Erden dürfen wir es tun. Für unsselbst sollten wir um e<strong>in</strong> re<strong>in</strong>es Herz, um Weisheit, Glaube,Hoffnung und Liebe bitten, um größere Geduld und ummehr Barmherzigkeit.Nicht die Entwicklung des Menschen wird den Lauf <strong>der</strong>Geschichte än<strong>der</strong>n, son<strong>der</strong>n alle<strong>in</strong> das E<strong>in</strong>greifen deslebendigen Gottes <strong>in</strong> das menschliche <strong>Leben</strong>. Wenn Gott unsberührt hat, dürfen wir auf e<strong>in</strong>e Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Herzen hoffen,auf den Geist und auf das Here<strong>in</strong>brechen des Reiches Gottes.Der Geist br<strong>in</strong>gt göttliche Freude: Freude an <strong>der</strong> Liebe,Freude am Teilen mit Schwestern und Brü<strong>der</strong>n, Freude ane<strong>in</strong>er re<strong>in</strong>en Beziehung zwischen Männern und Frauen, anGerechtigkeit und Frieden unter den Völkern und Nationen.Auf uns selbst gestellt, bleiben wir immer arm, hilflos undgeplagt. Aber wir dürfen es glauben, dass die Freude an Gottund an se<strong>in</strong>em Reich Himmel und Erde verän<strong>der</strong>n kann!


13817. VergebungEs sollte gar nicht <strong>in</strong> Frage kommen, dass jemand amGeme<strong>in</strong>degebet teilnimmt, <strong>der</strong> nicht se<strong>in</strong>em Bru<strong>der</strong>,se<strong>in</strong>em Nächsten o<strong>der</strong> sogar se<strong>in</strong>em Fe<strong>in</strong>d vergeben hat. Jesussagt es deutlich: „Wer nicht vergibt, dem wird nicht vergeben.“(Mt 6,15) An dieser Wahrheit dürfen wir ke<strong>in</strong> Jota verän<strong>der</strong>n.Inneren Frieden <strong>in</strong> Christus werden wir niemals an<strong>der</strong>s alsdurch Frieden mit unseren Brü<strong>der</strong>n erlangen. NachtragendeGefühle o<strong>der</strong> Gedanken führen zu Trennung, und Trennungbr<strong>in</strong>gt <strong>in</strong>neren Schaden und schließlich <strong>in</strong>neren Tod.Vollkommener Friede verlangt vollkommene Aufrichtigkeit.Erst dann werden wir mit unseren Brü<strong>der</strong>n <strong>in</strong> Frieden leben,wenn unser Herz wahrhaftig und unsere Liebe aufrichtig ist.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Wahre Sündenvergebung ist nur <strong>in</strong> Jesus möglich.(Eph 1,7; Kol 1,14) Viele Menschen verzeihen sichgegenseitig, aber sie lassen Jesus dabei aus. Dann ist wirklicheHilfe nicht möglich. Im Reformationszeitalter wurde von <strong>der</strong>Katholischen Kirche, die großen E<strong>in</strong>fluss auf die Menschenhatte, Sündenvergebung durch den Verkauf von Ablassbriefengewährt. Heute s<strong>in</strong>d es die Psychologen und Psychiater, die„Sünden vergeben“. Sie sagen zu ihren Patienten: „Sie habennicht gesündigt; Ihr Benehmen ist ganz normal; Ihnen fehltgar nichts. Sie brauchen ke<strong>in</strong> schlechtes Gewissen zu haben,denn Sie können nichts dafür.“ So vergibt die Welt Sünden.


139In vielen Kirchen und christlichen Geme<strong>in</strong>schaften werdenJesu Worte: „Versöhnt euch mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong>, ehe ihr eureGaben am Altar nie<strong>der</strong>legt“ (Mt 5,23 24), nicht mehr ernstgenommen. So hat Jesus es selbst gesagt, und uns als se<strong>in</strong>en<strong>Nachfolge</strong>rn ist das Zeugnis se<strong>in</strong>er Worte anvertraut. Für unsbedeutet das, vom Geme<strong>in</strong>degebet fernzubleiben, auch nichtam Abendmahl teilzunehmen, wenn nicht völliger Friedenunter uns ist. Allzu oft geschieht es, dass Menschen zusammenbeten, die vorher nicht mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> <strong>in</strong>s Re<strong>in</strong>e gekommenwaren. Aber we<strong>der</strong> das geme<strong>in</strong>same <strong>Leben</strong> noch e<strong>in</strong>e Ehe wirdauf diese Weise Bestand haben. Alles muss bere<strong>in</strong>igt werden,und immer wie<strong>der</strong> müssen wir e<strong>in</strong>an<strong>der</strong> vergeben.Sobald ich jemandem etwas nachtrage, ist die Tür zuGott verschlossen. Jeglicher Zugang zu ihm ist mir dannverwehrt. Nur wenn ich an<strong>der</strong>en vergebe, wird Gott mirvergeben. (Mt 6,15) Ich b<strong>in</strong> überzeugt, viele Gebete werdennicht erhört, weil <strong>der</strong> betreffende e<strong>in</strong>en Groll gegen jemandenhat, auch wenn es ihm nicht bewusst ist. Mehr als e<strong>in</strong>mal sagtJesus, dass wir vergeben sollen, bevor wir zum Geme<strong>in</strong>degebetkommen. Wer Jesus will, muss vergeben können.Wie zur Zeit <strong>der</strong> Apostel hat die Geme<strong>in</strong>de Jesu Christidie Vollmacht, se<strong>in</strong> Reich jetzt und hier zu vertreten.Sie hat die Vollmacht zu lösen und zu b<strong>in</strong>den, Sünden zuvergeben und unvergeben zu lassen. (Mt 16,19; 18,18) Ke<strong>in</strong>Gewissen kann leben ohne Sündenvergebung; und ohne siekann niemand <strong>in</strong>s Reich Gottes gelangen. Doch wenn wir


140nicht erst an<strong>der</strong>en vergeben, können wir ke<strong>in</strong>e Vergebungempfangen. (Mt 6,14 15)Im Jakobusbrief lesen wir, wir sollen unsere Sünden e<strong>in</strong>an<strong>der</strong>bekennen, damit sie vergeben werden können. (Jak 5,16)Das ist aber nur dann möglich, wenn Jesus <strong>in</strong> uns lebt. Ohneihn gibt es ke<strong>in</strong>e Vergebung.Sofern die Vergebung <strong>der</strong> Sünden nicht <strong>in</strong> <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>schaftmit Jesus, durch se<strong>in</strong>en Heiligen Geist ausgesprochen wird,bedeutet sie nichts. Es ist Jesus, <strong>der</strong> verspricht, im letztenGericht unser Fürsprecher zu se<strong>in</strong>; er ist es, <strong>der</strong> an jenem Tagedie Dämonen und Teufel endgültig überw<strong>in</strong>den wird. Auseigener Kraft können wir das Böse nicht besiegen, auch wennwir <strong>in</strong> Bru<strong>der</strong>schaft leben o<strong>der</strong> uns als Märtyrer verbrennenlassen. Lebt Jesus nicht <strong>in</strong> uns und wir nicht <strong>in</strong> ihm, s<strong>in</strong>d alleunsere Anstrengungen vergebens.Die Worte: „Dem <strong>der</strong> uns liebt und uns erlöst hat vonunseren Sünden ... sei Ehre und Macht von Ewigkeitzu Ewigkeit“ (Offb 1,5 6) weisen darauf h<strong>in</strong>, dass nicht wires s<strong>in</strong>d, die Sünden vergeben können: Vergebung <strong>der</strong> Sündenist nur möglich durch Christus, <strong>der</strong> uns liebt und uns durchse<strong>in</strong> Blut erlöst hat.In <strong>der</strong> e<strong>in</strong>igen Geme<strong>in</strong>de sprechen wir die Vergebung <strong>der</strong>Sünden aus. Doch diese Vergebung kommt vom Himmelherab, denn von uns aus haben wir ke<strong>in</strong>e Vollmacht. Hierdarf nichts menschlich Gemachtes am Werke se<strong>in</strong>; die Gnadedes Kreuzes muss gegenwärtig se<strong>in</strong>.


141Wie e<strong>in</strong>e brennende Kerze sich verzehrt, um Licht zuspenden, so erstrahlt über uns das Licht des auferstandenenChristus durch se<strong>in</strong>en Tod. Wenn Christus <strong>in</strong> uns aufersteht,wenn die Sonne aufgeht, ist die Nacht durch den Tag besiegt.So ist es mit <strong>der</strong> Sündenvergebung. Haben wir e<strong>in</strong>malerfahren, was es bedeutet, mit Sünden beladen zu se<strong>in</strong> unddann befreit zu werden, dann geht uns durch die Vergebungunserer Sünden die Sonne Christi neu auf.Die erlösende Macht <strong>der</strong> Vergebung, die alle<strong>in</strong> <strong>in</strong> Jesusgeschenkt wird, muss das Zentrum <strong>der</strong> lebendigenGeme<strong>in</strong>de und unserer Zukunftserwartung für die ganzeWelt bleiben.Vergebung bedeutet persönliche Erlösung und Befreiung.Sie muss jedoch immer <strong>in</strong> dem weit größeren Zusammenhang<strong>der</strong> Erlösung <strong>der</strong> ganzen Welt gesehen werden. UnsereErwartung soll darauf gerichtet se<strong>in</strong>, dass durch die Vergebungdas Reich des Friedens sich über alle Nationen und alleMenschen ausbreitet. Diese Erwartung, die aus jedem Blattdes Neuen Testaments spricht, kommt von Jesus. Sie muss <strong>in</strong>uns lebendig se<strong>in</strong>, nicht e<strong>in</strong>fach als etwas, woran wir glauben,son<strong>der</strong>n als e<strong>in</strong>e brennende Sehnsucht <strong>in</strong> unseren Herzens.Sogar e<strong>in</strong> Mör<strong>der</strong> kann <strong>in</strong> Jesus Vergebung f<strong>in</strong>den. WeilJesus für uns gestorben ist, spricht se<strong>in</strong> Blut lauter alsdas Blut Abels, <strong>der</strong> den unschuldig ermordeten Menschensymbolisiert, lauter als alles anklagende Blut, das vonMenschenhand vergossen wird.


142Wir haben das wun<strong>der</strong>bare Versprechen Christi: wennwir vergeben, so kann uns Vergebung wi<strong>der</strong>fahren.Dazu gehört jedoch die scharfe Warnung: wenn wir nichtvergeben, so wird auch uns nicht vergeben. Lasst uns e<strong>in</strong>an<strong>der</strong>mit neuen Augen ansehen und e<strong>in</strong>an<strong>der</strong> als Gabe Gottesbetrachten, obwohl je<strong>der</strong> die Schwächen des an<strong>der</strong>en kennt.Paulus schreibt an die Kolosser, dass sie berufen s<strong>in</strong>d, imFrieden Christi als Glie<strong>der</strong> e<strong>in</strong>es Leibes zu leben. (Kol3,15) Wir dürfen uns nicht damit begnügen, den FriedenGottes um uns her wahrzunehmen, <strong>in</strong> unseren eigenen Herzenmuss er wohnen. Die Seele des Menschen lechzt nach Frieden.Deshalb sagt Jesus <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er letzten Nacht zu den Jüngern:„Me<strong>in</strong>en Frieden gebe ich euch. Es ist nicht <strong>der</strong> Frieden, wieihn die Welt gibt.“ (Joh 14,27)Von Natur aus haben wir ke<strong>in</strong>en Frieden, wir s<strong>in</strong>d gespalten.Aber wir s<strong>in</strong>d dazu berufen, Versöhnung mit Gott <strong>in</strong> Jesus zuf<strong>in</strong>den. Er bietet uns die Vergebung unserer Sünden an, damitwir E<strong>in</strong>heit und Frieden mit ihm und mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> f<strong>in</strong>den. Esist nicht genug, nach Frieden für uns selbst, für unsere eigeneSeele zu trachten. Für den ganzen Leib <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de, ja fürdie ganze Schöpfung müssen wir Frieden erhoffen.G r o l lAus e<strong>in</strong>em Brief:Je<strong>der</strong> ernste Christ erlebt Stunden <strong>der</strong> Gottverlassenheit,selbst Jesus wurde das nicht erspart. Dann hilft nur e<strong>in</strong>es:


143„Vater, <strong>in</strong> de<strong>in</strong>e Hände befehle ich me<strong>in</strong>en Geist.“ (Lk 23,46)Wenn wir uns bed<strong>in</strong>gungslos dem Vater übergeben, wird eruns den Weg zeigen. Wer jedoch se<strong>in</strong>em Bru<strong>der</strong> nicht vergibt,dem wird gar nichts gezeigt. Gott wird nicht barmherzig mitihm verfahren; solange er <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Groll beharrt und nichtvergeben kann, wird er von Gott verlassen bleiben.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Bleibt ganz fest im Bekämpfen von Empf<strong>in</strong>dlichkeit undvon allem, was die Liebe zerstört. Geliebter Bru<strong>der</strong>,geliebte Schwester, ihr seid nicht die e<strong>in</strong>zigen, die Grundhätten, gekränkt zu se<strong>in</strong>. Ich werde von vielen Menschengehasst und beschuldigt. Gäbe ich me<strong>in</strong>en Gefühlen nach,dann wäre mir die Tür zum Gebet, zu Gott, schon längstverschlossen. Gott erhört nur diejenigen, die vergebenkönnen.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Es schmerzt mich, dass du <strong>in</strong> de<strong>in</strong>em jungen Alter durchso schwere Kämpfe gehen musst. Aber lege de<strong>in</strong>eSchwierigkeiten nicht de<strong>in</strong>em Vater zur Last. Durch Adamstehen wir alle unter dem Fluch <strong>der</strong> Sünde und des Todes,und wir können ke<strong>in</strong> neues <strong>Leben</strong>, ke<strong>in</strong>e Re<strong>in</strong>heit des Herzensf<strong>in</strong>den, außer durch das Blut Christi. Das gilt für dich, fürmich und für alle Menschen. Halte an Jesus fest.


144Aus e<strong>in</strong>em Brief:Du bist verbittert wegen des Betrugs, <strong>der</strong> unter unsoffenbar wurde. Ja, es ist schrecklich – so schrecklich,dass es e<strong>in</strong>em das Herz zerreißen könnte. Aber du häufstSünde auf Sünde, wenn du bitter wirst. Lies den 22. Psalmund denke daran was Jesus angetan wurde und wie er Spott,Verachtung und Verrat begegnete. Er wurde nicht verbittert.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Du bittest um Vergebung für de<strong>in</strong>en Neid und de<strong>in</strong>enHass. Wir persönlich vergeben dir gerne. Aber dieVergebung <strong>der</strong> ganzen Bru<strong>der</strong>schaft – die Erneuerung <strong>der</strong>E<strong>in</strong>heit mit Jesus und se<strong>in</strong>er Geme<strong>in</strong>de – kann dir nichtgewährt werden, bis du dich nicht völlig von de<strong>in</strong>er Sündeabgekehrt hast.Wir s<strong>in</strong>d dir nicht böse. Aber wir können nicht dieVergebung im Namen <strong>der</strong> Bru<strong>der</strong>schaft aussprechen, solangesich de<strong>in</strong>e Buße nicht tiefer bewährt hat. Vielleicht hat dasschon begonnen. Wenn dem so ist, dann geh’ weiter <strong>in</strong> dieserRichtung. Gott ist gut, er wird dich nicht verwerfen. DieBru<strong>der</strong>schaft hat dich lieb, auch sie wird dich nicht verwerfen.Aber vere<strong>in</strong>igen können wir uns nicht mit dir, solange nochNeid und Hass <strong>in</strong> dir stecken.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Du schreibst, es war dir unmöglich de<strong>in</strong>e Arbeit zu tun,so aufgeregt warst du über die Kränkung, die man dirzugefügt hatte. De<strong>in</strong> Ärger muss ans Licht kommen und


145überwunden werden. Letztlich kann das Unrecht, das an<strong>der</strong>edir antun, dich nicht von Gott trennen, son<strong>der</strong>n nur dasUnrecht, das du an<strong>der</strong>en antust. Das ist überaus wichtig: alleKränkung und Bitterkeit muss überwunden werden.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Halte fest an Hoffnung und Glauben! Dann wird tiefeFreude de<strong>in</strong> Herz erfüllen und de<strong>in</strong>e Wunden heilen,e<strong>in</strong>e Freude, die alle Furcht und allen Pessimismus austreibenwird. Letztendlich soll unser Weg e<strong>in</strong> Weg <strong>der</strong> Freude se<strong>in</strong>– Freude an Gott und ane<strong>in</strong>an<strong>der</strong>, denn Liebe bedeutet imtiefsten S<strong>in</strong>n Freude.


14618. E<strong>in</strong>heitWie oft habe ich de<strong>in</strong>e K<strong>in</strong><strong>der</strong> um mich sammeln wollen,wie e<strong>in</strong>e Henne ihre Küken sammelt unter ihre Flügel,und ihr habt nicht gewollt!“ (Mt 23,37) Dieses e<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>glicheWort, zusammen mit <strong>der</strong> Bitte Jesu <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em letzten Gebet„Damit sie alle e<strong>in</strong>s seien, Vater, wie ich e<strong>in</strong>s mit dir b<strong>in</strong>“(Joh 17,21), ist e<strong>in</strong> entscheiden<strong>der</strong> und ständiger Aufrufan uns. Diese Worte rufen uns auf den Weg vollkommenerBru<strong>der</strong>liebe und E<strong>in</strong>igkeit <strong>in</strong> Jesus. Sie rufen uns auf, ihm <strong>in</strong>E<strong>in</strong>heit nachzufolgen, damit die Welt erkenne, dass wir se<strong>in</strong>eJünger s<strong>in</strong>d.Nichts verb<strong>in</strong>det und vere<strong>in</strong>igt Menschen so tief wiedie gleiche Hoffnung, <strong>der</strong> gleiche Glaube, die gleicheFreude und Erwartung. Deshalb ist es traurig, wenn e<strong>in</strong>Christ alle<strong>in</strong> steht. Es hat stets Menschen gegeben, die umihres Glaubens willen alle<strong>in</strong> stehen mussten – e<strong>in</strong>ige sogar<strong>in</strong> jahrelanger Gefangenschaft. Aber wo wahre Erwartunglebendig ist, da werden Menschen zue<strong>in</strong>an<strong>der</strong> h<strong>in</strong>gezogen.Der sie verb<strong>in</strong>dende Glaube führt zu Geme<strong>in</strong>schaft, sodass sie e<strong>in</strong>an<strong>der</strong> stärken und ermutigen können. Für Gotte<strong>in</strong>zustehen hat immer e<strong>in</strong>e vere<strong>in</strong>igende Kraft. So lasst unsdarum beten, dass wir mit allen denen, die ihn erwarten,zusammengeführt werden.


147Aus e<strong>in</strong>em Brief:Jesu erstes Gebot ist, Gott von ganzem Herzen, von ganzerSeele und mit ganzem Gemüt zu lieben und dann denNächsten wie uns selbst zu lieben. (Mt 22,37-39) In unserer<strong>in</strong>dividualistischen Zeit ist es notwendiger denn je, dass ese<strong>in</strong>e Geme<strong>in</strong>schaft von Menschen gibt, die sich im S<strong>in</strong>nedieses Gebotes absoluter Liebe und Treue ane<strong>in</strong>an<strong>der</strong> b<strong>in</strong>den.Immer wie<strong>der</strong> betont Jesus wie wichtig Liebe und völligeE<strong>in</strong>heit s<strong>in</strong>d – e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>heit, wie er sie mit dem Vater hat. (Joh14 17) Ich glaube nicht, dass wir diese letzte E<strong>in</strong>heit jemalserlebt haben, auch nicht <strong>in</strong> den heiligsten Momenten. Gottalle<strong>in</strong> weiß es. Aber wir verstehen unser <strong>Leben</strong> als e<strong>in</strong> Zeugnisdieser E<strong>in</strong>heit. Die H<strong>in</strong>gabe an Jesus können wir nicht von<strong>der</strong> H<strong>in</strong>gabe an die Schwestern und Brü<strong>der</strong> trennen.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Es stimmt, dass man Jesus überall dienen kann. Aber wenndurch ihn zwei o<strong>der</strong> drei e<strong>in</strong> Herz und e<strong>in</strong>e Seele werden- dann ist das e<strong>in</strong> großes Geschenk, etwas das Menschen nichtmachen können.Gott wi<strong>der</strong>spricht sich nicht. Er sagt nicht zu dem e<strong>in</strong>en:„Du musst <strong>in</strong> den Krieg ziehen“ und zu dem an<strong>der</strong>n:„Du darfst nicht <strong>in</strong> den Krieg gehen;“ o<strong>der</strong> zu dem e<strong>in</strong>en:„Du darfst dich scheiden lassen“ und zu dem an<strong>der</strong>n: „Dumusst de<strong>in</strong>em Ehepartner treu bleiben.“ Wenn wir offeneOhren für die Wahrheit haben und im Herzen auf Gotthören, dann werden wir merken, dass er allen Menschen dasgleiche sagt, oft sogar <strong>in</strong> praktischen D<strong>in</strong>gen.


148Wir glauben nicht an die Herrschaft e<strong>in</strong>er Mehrheit über e<strong>in</strong>eM<strong>in</strong><strong>der</strong>heit. Wir glauben, dass E<strong>in</strong>stimmigkeit durch Christusbewirkt wird, <strong>der</strong> die gleiche Wahrheit <strong>in</strong> alle Herzen sprechenwill. Diese E<strong>in</strong>heit ist e<strong>in</strong>e Gnade, e<strong>in</strong> Wun<strong>der</strong>, das wir immerwie<strong>der</strong> neu erleben. Aber sobald wir Gott und e<strong>in</strong>an<strong>der</strong> untreus<strong>in</strong>d, kann sie uns wie<strong>der</strong> genommen werden.Die E<strong>in</strong>heit aller Gläubigen ist <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zige Maßstab für dieWahrheit. Wo wahre E<strong>in</strong>heit fehlt, tritt das Charisma e<strong>in</strong>esMenschen o<strong>der</strong> die Macht e<strong>in</strong>er starken Persönlichkeit überan<strong>der</strong>e an ihre Stelle. Dann hört man auf an<strong>der</strong>e Menschen, nurweil sie starke Führernaturen s<strong>in</strong>d. Diese Ausstrahlungskraft,dieses Charisma, ist nicht nur e<strong>in</strong>e falsche Basis fürGeme<strong>in</strong>schaft, sie ist grundlegend gefährlicher Boden.Das geistliche <strong>Leben</strong> e<strong>in</strong>er Glaubensgeme<strong>in</strong>schaft ist nurdann <strong>in</strong>nerlich gesund, wenn die e<strong>in</strong>zelnen die E<strong>in</strong>heit mitGott und se<strong>in</strong>em Geist immer wie<strong>der</strong> erneut suchen. Nurdann kann das Gewissen jedes e<strong>in</strong>zelnen gesunden, nur dannkann wahre E<strong>in</strong>igkeit verwirklicht werden.Es spielt ke<strong>in</strong>e Rolle, wo E<strong>in</strong>heit gelebt wird. Wichtigist alle<strong>in</strong>, dass es e<strong>in</strong>en Ort gibt, an dem <strong>in</strong> E<strong>in</strong>heitgelebt wird.Viele Menschen streben nach religiösen Erlebnissen o<strong>der</strong>charismatischen Gaben wie das Zungenreden. Aberdar<strong>in</strong> liegt e<strong>in</strong>e Gefahr, nämlich dass im Trachten nach solchenGaben die wichtigste Botschaft des Evangeliums übersehen


149wird: E<strong>in</strong>heit und Liebe. Was würde es <strong>der</strong> Menschheit helfen,wenn Tausende und Abertausende <strong>in</strong> Zungen redeten, aberwe<strong>der</strong> Liebe noch E<strong>in</strong>heit hätten?Unser Glaube an Jesus Christus vere<strong>in</strong>igt uns als Brü<strong>der</strong>und Schwestern und drängt uns, an<strong>der</strong>e aufzurufen,ihm <strong>in</strong> absoluter Armut des Geistes mit uns geme<strong>in</strong>samnachzufolgen. Wir wollen ke<strong>in</strong>e Mitglie<strong>der</strong> machen, aber wirfühlen den Drang, an<strong>der</strong>e zur E<strong>in</strong>heit zu rufen. Der HeiligeGeist zerstreut nicht, er vere<strong>in</strong>igt. (Mt 12,30)Der Versuch, verschiedene Kirchen und Konfessionenmite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> zu versöhnen, ist nur zu begrüßen. Aberwahre E<strong>in</strong>heit – die E<strong>in</strong>heit, die alle Schranken nie<strong>der</strong>reißt- beg<strong>in</strong>nt mit Buße und Umkehr. Als <strong>der</strong> Heilige Geist zuPf<strong>in</strong>gsten herabkam, fragten die Leute: „Brü<strong>der</strong>, was sollen wirtun?“ (Apg 2,37) Sie waren zutiefst erschüttert, sie bereutenihre Sünden und wurden e<strong>in</strong> Herz und e<strong>in</strong>e Seele.Lei<strong>der</strong> ist es <strong>in</strong> <strong>der</strong> heutigen ökumenischen Bewegung oft<strong>der</strong> Fall, dass die Zäune stehenbleiben und man sich über sieh<strong>in</strong>weg die Hände schüttelt. Wir aber müssen bezeugen, dasswahre E<strong>in</strong>heit unter Menschen möglich ist, e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>heit, dienur durch Umkehr und durch e<strong>in</strong>e persönliche Begegnungmit Jesus – dem Menschen Jesus, dem lebendigen Geist, demHerrn – geschenkt werden kann.


150Aus e<strong>in</strong>em Brief:In <strong>der</strong> ökumenischen Bewegung neigt man dazu, Me<strong>in</strong>ungsverschiedenheitendurch Zugeständnisse zu lösen. SolcheZugeständnisse treten dann an die Stelle von wahrer Buße, tiefgehen<strong>der</strong>Versöhnung und <strong>der</strong> E<strong>in</strong>mütigkeit, die e<strong>in</strong>e Frucht<strong>der</strong> Umkehr ist. Am Ende werden ernste Übelstände unter denTeppich gekehrt.E<strong>in</strong>e re<strong>in</strong> gefühlsmäßige E<strong>in</strong>heit genügt nicht. In unsererGeme<strong>in</strong>schaft versprechen wir, offen mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong>zu reden, wenn Probleme auftauchen, uns gegenseitig zuermahnen und Ermahnungen anzunehmen. Wenn wir diesebrü<strong>der</strong>liche Offenheit vermeiden, weil wir ihre Konsequenzenfürchten, dann ist unsere E<strong>in</strong>heit ke<strong>in</strong>e wirkliche mehr. GottesWille ist Tat, und wir müssen ihn <strong>in</strong> die Tat umsetzen. Tunwir das, so kann Christus e<strong>in</strong>e wahrhaft e<strong>in</strong>ige, vom HeiligenGeist gere<strong>in</strong>igte Geme<strong>in</strong>de entstehen lassen. Dann könnenwir ke<strong>in</strong>en Groll mehr auf an<strong>der</strong>e haben, son<strong>der</strong>n wir werden,wie die erste Geme<strong>in</strong>de, e<strong>in</strong> Herz und e<strong>in</strong>e Seele se<strong>in</strong>.Mehr als e<strong>in</strong>mal sagt Jesus: „An den Früchten erkenntman den Baum.“ (Mt 12,33; Lk 6,44) Das dürfenwir niemals vergessen. Wir können alle erkennen, welcherArt <strong>der</strong> Baum unserer heutigen Gesellschaft ist: se<strong>in</strong>e Früchtes<strong>in</strong>d Unre<strong>in</strong>heit, Untreue, Ungerechtigkeit, Zerstörung undMord.Welcher Art waren die Früchte, die Jesus wollte? Als erstedie E<strong>in</strong>heit. Woran soll die Welt sonst se<strong>in</strong>e Jünger erkennen?


151Jesus sagt: „Sie alle sollen e<strong>in</strong>s se<strong>in</strong>, Vater, wie wir e<strong>in</strong>s s<strong>in</strong>d.“(Joh 17,21)Wie könnten wir Früchte <strong>der</strong> E<strong>in</strong>heit zeigen, wenn wirgleichzeitig e<strong>in</strong> Teil unserer heutigen Gesellschaft bleiben?Unsere Gesellschaft wird vom Mammon regiert, vom Geistdieser Welt, „<strong>der</strong> e<strong>in</strong> Lügner und Mör<strong>der</strong> ist von Anfangan“. (Joh 8,44) Sie wird von den Geistern des Zerfalls, <strong>der</strong>Zerstörung und <strong>der</strong> Trennung beherrscht, nicht vom Geist<strong>der</strong> E<strong>in</strong>heit. Wahre E<strong>in</strong>heit kann nur <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em brü<strong>der</strong>lichen<strong>Leben</strong> gefunden werden!Ist es nicht so, dass Christus die H<strong>in</strong>gabe des ganzenMenschen an se<strong>in</strong>e neue Ordnung verlangt? Die Zeit drängt.Lasst uns unsere Verantwortung übernehmen! Lasst uns mitChristus sammeln und uns mit ihm auf dem e<strong>in</strong>en Wegvere<strong>in</strong>igen, wie Zweige an dem e<strong>in</strong>en Baum des <strong>Leben</strong>s!In e<strong>in</strong>er Bru<strong>der</strong>schaft, die sich vom Heiligen Geist leitenlässt, gibt Jesus sich <strong>in</strong> vielerlei Gestalt zu erkennen, wiedie verschiedenen Farben des Regenbogens. Wir s<strong>in</strong>d allevone<strong>in</strong>an<strong>der</strong> verschieden: Gott hat uns so erschaffen wie wirs<strong>in</strong>d, und wir sollten nicht versuchen, etwas an<strong>der</strong>es zu se<strong>in</strong>.Unser ganzes Herz, unsere ganze Seele, unser ganzes Wesenmüssen wir Jesus h<strong>in</strong>geben: er soll mit uns tun was er will.Dann f<strong>in</strong>den wir wahre Erfüllung im <strong>Leben</strong> und könnene<strong>in</strong>an<strong>der</strong> so lieben, wie wir geschaffen s<strong>in</strong>d, mit all unserenEigenheiten, auch mit unseren nationalen Eigenarten. In je<strong>der</strong>Schwester, <strong>in</strong> jedem Bru<strong>der</strong> ist <strong>der</strong> gleiche Jesus erkennbar.


15219. Geme<strong>in</strong>dezuchtGeme<strong>in</strong>dezucht, wie sie <strong>in</strong> diesem Kapitel beschrieben wird, basiert auf folgeden Bibelstellen:Mt. 5, 29-30; 8, 15-20; 9;13; 16,19; 18, 8-9; Lk. 15, 7-10; Joh. 20,22-23; 1.Kor.5, 1-5; 1.Tim, 1,20Je<strong>der</strong>, <strong>der</strong> getauft werden will, soll sich vorher über dieBedeutung <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>dezucht im klaren se<strong>in</strong>. In <strong>der</strong>Bru<strong>der</strong>hof-Geme<strong>in</strong>schaft schließt jedes Mitglied durch dieTaufe e<strong>in</strong>en Bund mit Gott. Dabei verspricht <strong>der</strong> Betreffende,niemals wie<strong>der</strong> bewusst gegen Gott zu sündigen. Sollte esaber doch geschehen und <strong>der</strong>jenige möchte e<strong>in</strong>en ganz neuenAnfang machen, so bittet er darum, Geme<strong>in</strong>dezucht auf sichzu nehmen.Die kle<strong>in</strong>en Verfehlungen, die wir alle täglich begehen,können durch unser tägliches Gebet vergeben werden.Handelt es sich aber um ernstere Sünden, so können wirVergebung erlangen, <strong>in</strong>dem wir sie offen bekennen. Jakobussagt: „Bekennt e<strong>in</strong>an<strong>der</strong> eure Sünden und betet für e<strong>in</strong>an<strong>der</strong>,dass ihr gesund werdet.“ (Jak 5,16) Für noch schwerereSünden ist Geme<strong>in</strong>dezucht notwendig.Geme<strong>in</strong>dezucht kann nur auf Bitte des Betreffendenausgeführt werden. In manchen Fällen wird <strong>der</strong>jenige vonGeme<strong>in</strong>degebet und Mitglie<strong>der</strong>versammlung ausgeschlossen,bis er Buße getan und Vergebung erlangt hat. In an<strong>der</strong>enFällen ist <strong>der</strong> „kle<strong>in</strong>e Ausschluss“ angebracht, das heißt,<strong>der</strong> Betreffende darf nicht am Geme<strong>in</strong>degebet teilnehmen,noch soll ihm die Hand zum Zeichen des Friedens gebotenwerden; am täglichen <strong>Leben</strong> <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>schaft kann er jedochteilnehmen. Im Falle e<strong>in</strong>er noch schwerwiegen<strong>der</strong>en Sünde


153kann die Geme<strong>in</strong>de den „großen Ausschluss“ anwenden, wobeidem Betreffenden verkündet wird, dass er vom Reiche Gottesabgeschnitten und vom Geme<strong>in</strong>deerlebnis ausgeschlossen ist,bis er e<strong>in</strong> bußfertiges Herz gefunden hat.Sollte e<strong>in</strong> Bru<strong>der</strong> o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e Schwester e<strong>in</strong>e beson<strong>der</strong>sschwere, willentlich begangene Sünde offenbaren, so werdendie Worte des Paulus ausgesprochen: „Ich übergebe dich demSatan zum Ver<strong>der</strong>ben des Fleisches und <strong>der</strong> Errettung de<strong>in</strong>esGeistes.“ (1.Kor 5,1 5) Hier sprach <strong>der</strong> Apostel von e<strong>in</strong>emMann, <strong>der</strong> <strong>der</strong> Frau se<strong>in</strong>es Vaters beigewohnt hatte. Selbstnach e<strong>in</strong>em so schweren Vergehen hatte Paulus den Glauben,dass <strong>der</strong> Ausschluss zur Errettung <strong>der</strong> Seele dieses Menschendienen könnte. Auch wir glauben und haben es erlebt, dassMenschen, die gesündigt haben, durch die Geme<strong>in</strong>dezuchtvöllige Buße und Vergebung erlangen und wie<strong>der</strong> treue Brü<strong>der</strong>und Schwestern werden können.Der Schreiber des Briefes an die Hebräer warnt sie vor<strong>der</strong> Gefahr, bittere Wurzeln aufwachsen zu lassen, diedas Ganze vergiften können. (Heb 12,15) Diese Warnunggilt genauso für uns. Das ist <strong>der</strong> e<strong>in</strong>e Grund, warum wirGeme<strong>in</strong>dezucht anwenden, nämlich damit ke<strong>in</strong> Gift dieGeme<strong>in</strong>de zerstöre. Der an<strong>der</strong>e ist, <strong>der</strong> betreffenden Persondurch die Vergebung <strong>der</strong> Sünden die Möglichkeit zu e<strong>in</strong>emNeuanfang zu geben, um von nun an e<strong>in</strong> re<strong>in</strong>es <strong>Leben</strong> zuführen.


154Niemals darf e<strong>in</strong> Bru<strong>der</strong> o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e Schwester ausgeschlossenwerden, solange wir nicht alle erkennen, dass auch wirfür unsere Sünden gerichtet werden müssen. Geme<strong>in</strong>dezuchtist nicht dazu da, Menschen zu richten, son<strong>der</strong>n um das Böseaus <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de zu verbannen – etwas, das immer wie<strong>der</strong>auch <strong>in</strong> unseren eigenen Herzen geschehen muss.Wenn e<strong>in</strong>e Schwester o<strong>der</strong> e<strong>in</strong> Bru<strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>dezuchtauf sich nimmt, so soll uns das daran er<strong>in</strong>nern, dass BußeGnade ist. Tun sie wirklich Buße, so tun sie etwas für dieganze Geme<strong>in</strong>de, ja für die ganze Welt, weil das Böse durchJesus überwunden wird. Deshalb sollen wir e<strong>in</strong>e beson<strong>der</strong>stiefe Achtung haben vor denen, die unter Geme<strong>in</strong>dezuchtstehen; denn wir wissen, wie sehr wir selbst Gottes Gnadeund Barmherzigkeit brauchen.Niemandem darf auch nur e<strong>in</strong> Gramm mehr als se<strong>in</strong>eeigentliche Schuld aufgeladen werden. Vielmehr wollen wirdankbar se<strong>in</strong>, dass Reue, Umkehr und Versöhnung mit Gottmöglich s<strong>in</strong>d – für die Ausgeschlossenen, für uns alle, für dieganze Menschheit.Geme<strong>in</strong>dezucht ist e<strong>in</strong> Sieg des Lichts über die Dunkelheit.Mit ihr beg<strong>in</strong>nt die Heilung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Menschen. Kann sie<strong>in</strong> diesem, dem e<strong>in</strong>zig wahren S<strong>in</strong>ne angenommen werden,dann bedeutet sie Gnade.Ich glaube, dass die Frage des Ausschließens undWie<strong>der</strong>aufnehmens, ja die Frage <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>dezuchtüberhaupt, eng verbunden ist mit <strong>der</strong> Liebe Jesu und <strong>der</strong>Erlösung durch ihn. Er trägt die Sünden <strong>der</strong> ganzen Welt. Er


155nahm den Tod am Kreuz auf sich, um den Menschen immerwie<strong>der</strong> die Möglichkeit <strong>der</strong> Sündenvergebung und damit <strong>der</strong>Versöhnung mit Gott anzubieten.Der Begriff <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>dezucht überhaupt ist <strong>in</strong> <strong>der</strong> heutigenChristenheit verwischt, wenn nich fast verloren gegangen. Beidieser ernsten Frage geht es jedoch nicht um die Ansicht desBru<strong>der</strong>hofes im Gegensatz zur allgeme<strong>in</strong>en Christenheit. UnserVerständnis von Geme<strong>in</strong>dezucht stützt sich ausschließlich aufdie Worte Jesu und <strong>der</strong> Apostel. (Mt 18,15 20)In e<strong>in</strong>er im Absterben begriffenen Kirche wird oft über dieSchwächen an<strong>der</strong>er h<strong>in</strong>ter <strong>der</strong>en Rücken geredet. Da gibt eskaum Geme<strong>in</strong>dezucht und daher auch ke<strong>in</strong>e Vergebung. Jesussagt: „Wenn du de<strong>in</strong>e Gabe auf dem Altar opferst und dortkommt dir <strong>in</strong> den S<strong>in</strong>n, dass de<strong>in</strong> Bru<strong>der</strong> etwas gegen dich hat,so lass dort vor dem Altar de<strong>in</strong>e Gabe und geh zuerst h<strong>in</strong> undversöhne dich mit de<strong>in</strong>em Bru<strong>der</strong> und dann komm und opferede<strong>in</strong>e Gabe“, (Mt 5,23 24) und: „Wenn ihr steht und betet,so vergebt, wenn ihr etwas gegen jemanden habt, damit aucheuer Vater im Himmel euch vergebe eure Übertretungen.“ (Mk11,25) Heißt das nicht, wir dürfen erst dann beten, wenn wirjedem Menschen vergeben haben, wo er auch sei, ob er rechto<strong>der</strong> unrecht hat, ob er Freund o<strong>der</strong> Fe<strong>in</strong>d ist? Diese Gebotes<strong>in</strong>d fast völlig <strong>in</strong> Vergessenheit geraten.Das Gleichnis vom Unkraut unter dem Weizen (Mt 13,2430) wird oft als Rechtfertigung für Missstände <strong>in</strong> e<strong>in</strong>erGeme<strong>in</strong>de angeführt. Ich glaube, dass dieses Gleichnis sichnicht an erster Stelle auf die Geme<strong>in</strong>de bezieht, son<strong>der</strong>n auf


156die Welt im allgeme<strong>in</strong>en. Es darf nicht zum Anlass genommenwerden, Unrecht zu tolerieren. Wenn Sünde <strong>in</strong> <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>deans Licht kommt, so muss sie durch Geme<strong>in</strong>dezucht beseitigtwerden, aus Liebe zum Sün<strong>der</strong> und aus Liebe zur Geme<strong>in</strong>de;sonst ist die ganze Geme<strong>in</strong>de verloren. Paulus sagt, es darfke<strong>in</strong> Flecken o<strong>der</strong> Runzel an <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de se<strong>in</strong>, sie soll re<strong>in</strong>se<strong>in</strong> und heilig, wie Jesus selbst heilig ist. (Eph 5,27; Kol 1,22)Wir dürfen das Böse nicht mit den Worten rechtfertigen: WoWeizen ist, ist auch Spreu.Der beste Weg, im eigenen Herzen den Teufel zu besiegen,ist die völlige H<strong>in</strong>gabe an Jesus. Das gilt beson<strong>der</strong>s fürMitglie<strong>der</strong>, die unter Geme<strong>in</strong>dezucht stehen, und für solche,die mit bösen Gedanken und Gefühlen zu kämpfen haben.Nur wenn sie sich jedesmal von neuem Jesus h<strong>in</strong>geben, werdensie <strong>in</strong> dem täglichen Kampf ihrer Herzen den Sieg err<strong>in</strong>gen.Im Hebräerbrief lesen wir: „Der Geist Gottes ist schärfer alse<strong>in</strong> zweischneidiges Schwert.“ (Heb 4,12 ) Diese Schärfesollten wir <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie gegen uns selbst anwenden. DieEvangelien berichten aber auch von <strong>der</strong> Barmherzigkeit undLiebe, die vom Geist Gottes ausgeht, und diese Liebe sollenwir unseren Mitmenschen erzeigen, und ganz beson<strong>der</strong>s denSün<strong>der</strong>n.Zu Jesus können wir mit je<strong>der</strong> Not kommen. Bei ihmwerden wir Barmherzigkeit und Gnade f<strong>in</strong>den. Aber wirmüssen bereit se<strong>in</strong>, auch se<strong>in</strong>e Schärfe anzunehmen. Je<strong>der</strong>


157Christ braucht e<strong>in</strong>en Menschen, <strong>der</strong> ihm <strong>in</strong> <strong>der</strong> Liebe Christidie Wahrheit sagt, ganz gleich, wie schmerzhaft das ist, damitdas Böse <strong>in</strong> ihm ausgemerzt werden kann.Möge Gott uns das Salz <strong>der</strong> Wahrheit, aber zugleichse<strong>in</strong>e Barmherzigkeit und Liebe schenken. Dann fallenwir nicht von e<strong>in</strong>em Extrem <strong>in</strong> das an<strong>der</strong>e, dann werden wirnicht <strong>in</strong> liebloser Schärfe zue<strong>in</strong>an<strong>der</strong> sprechen. Me<strong>in</strong> VaterEberhard Arnold schrieb e<strong>in</strong>mal: „Wer se<strong>in</strong>en Bru<strong>der</strong> ohneLiebe zurechtweist, ist e<strong>in</strong> Mör<strong>der</strong>.“ E<strong>in</strong> ähnlicher Ausspruchlautet: „Liebe ohne Wahrheit lügt, aber Wahrheit ohne Liebetötet.“ Wir alle müssen erkennen, wo wir lieblos waren unddafür um Vergebung bitten.Wenn e<strong>in</strong> Bru<strong>der</strong> o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e Schwester sich etwaszuschulden kommen lässt, so habe ich aus Liebe zudiesem Menschen die Pflicht, mit ihm o<strong>der</strong> ihr darüber zusprechen. Und wenn mich jemand zurechtweist, darf ichnicht empf<strong>in</strong>dlich se<strong>in</strong>. Ich versichere euch, die Leute umJesus haben oft e<strong>in</strong> energisches Wort zu hören bekommen.Verglichen mit ihm s<strong>in</strong>d wir wahrsche<strong>in</strong>lich noch viel zuhöflich. Jesus ehrte se<strong>in</strong>e Mutter, aber er sagte auch zu ihr:„Frau, was habe ich mit dir zu tun?“ (Joh 2,4) Se<strong>in</strong>e Art Liebewar nicht immer höflich.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Wenn du Selbstgefälligkeit, Lieblosigkeit o<strong>der</strong>Sünde unter uns bemerkst, dann mache bitte dieVerantwortlichen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de darauf aufmerksam. Aber


158br<strong>in</strong>ge bitte ke<strong>in</strong>e allgeme<strong>in</strong>en Anklagen vor, und sprichnicht mit an<strong>der</strong>en darüber. Solche Gespräche s<strong>in</strong>d äußerstgefährlich und tragen nicht dazu bei, Brü<strong>der</strong> und Schwesternzusammenzubr<strong>in</strong>gen, son<strong>der</strong>n treiben sie ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>.Vom Neuen Testament her ist es ganz klar, dass dieSündenvergebung mit <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de zusammenhängt.Jesus übergibt die Schlüssel „zu b<strong>in</strong>den und zu lösen“<strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de. (Mt 16,19) Wo also auf dieser Erde zweio<strong>der</strong> drei <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Namen zusammenkommen, im S<strong>in</strong>nebed<strong>in</strong>gungsloser H<strong>in</strong>gabe an ihn, dort f<strong>in</strong>det man dieSchlüssel zu b<strong>in</strong>den und zu lösen. Vergebung ist niemals e<strong>in</strong>ere<strong>in</strong> private Angelegenheit.Gott will, dass wir klarer unterscheiden lernen. Er willaber auch, dass wir mehr Liebe, mehr Verständnis undBarmherzigkeit für an<strong>der</strong>e aufbr<strong>in</strong>gen. Geme<strong>in</strong>dezucht mussse<strong>in</strong>, aber wir dürfen nicht die Worte Jesu vergessen: „Werrichtet, <strong>der</strong> wird gerichtet“ und „mit dem Maß, mit dem ihrmesst, wird man euch wie<strong>der</strong> messen.“ (Lk 6,37+38)


15920. TaufeDer Glaube an Jesus Christus, die Gewissheit <strong>der</strong>Vergebung <strong>der</strong> Sünden durch Buße und Umkehr unddie E<strong>in</strong>glie<strong>der</strong>ung <strong>in</strong> den Leib <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de diese drei D<strong>in</strong>ges<strong>in</strong>d bei <strong>der</strong> Taufe von zentraler Bedeutung.In <strong>der</strong> Taufe schließen wir den Bund mit Gott und se<strong>in</strong>erGeme<strong>in</strong>de, <strong>in</strong>dem wir uns von ganzem Herzen Jesush<strong>in</strong>geben mit allem, was wir s<strong>in</strong>d und haben, <strong>in</strong> dem festenGlauben, dass er unsere Sünden vergibt. Diese Vergebung<strong>der</strong> Sünden ist nur durch den Tod Jesu möglich, (Eph 1,7)und wo Jesus Geme<strong>in</strong>de stiftet, da ist die Kraft <strong>der</strong> Vergebungwirksam. (Joh 20,23)Mögte Gott die Sünden e<strong>in</strong>es jeden vergeben, <strong>der</strong> nach <strong>der</strong>Taufe verlangt. Mögte Jesus sie alle durch se<strong>in</strong> Blut re<strong>in</strong>igen,damit sie zu K<strong>in</strong><strong>der</strong>n Gottes und wahren Brü<strong>der</strong>n undSchwestern werden. (Joh 1,7)Die Taufe ist e<strong>in</strong> sichtbares Zeichen <strong>der</strong> Umkehr, deshalbist sie gleichbedeutend mit völliger H<strong>in</strong>gabe. Das heißt,wir geben uns selbst auf, gießen uns ganz und gar für JesusChristus aus, so wie man e<strong>in</strong> Gefäß ausschüttet, damit wirvon uns selbst entleert und arm vor Gott stehen.Die Taufe ist das Bekenntnis e<strong>in</strong>es guten Gewissens vorGott. (1.Petr 3,21) Das ist nur möglich durch diegnädige Hilfe und die re<strong>in</strong>igende Kraft des Blutes Christi.


160(Röm 6,3-4) Es ist Christi Geist, <strong>der</strong> Geist <strong>der</strong> Wahrheit, <strong>der</strong>zu dem glaubenden Gewissen spricht und es auf die E<strong>in</strong>heitmit dem Willen Gottes h<strong>in</strong>weist. Nur hier – <strong>in</strong> <strong>der</strong> E<strong>in</strong>heite<strong>in</strong>es guten Gewissens mit Gott – ist wahrer Frieden. Hierist das Gewissen befreit von dem Gesetz und den Mächtenunseres Zeitgeistes. (Gal 3,25 27)Jesus ließ sich im Jordan taufen. Ich glaube, er verstandunter Taufe e<strong>in</strong> wirkliches Untertauchen. Aber die Formist nicht das Wichtige. Wenn ke<strong>in</strong> Wasser zum Untertauchenvorhanden ist, kann <strong>der</strong> Täufl<strong>in</strong>g auch mit Wasser übergossenwerden. Wichtig ist alle<strong>in</strong>, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Taufe mit Christus begrabenzu werden und mit ihm aufzuerstehen durch den von Gottgewirkten Glauben – gerade so wie Christus von den Totenauferstand. (Kol 2,12)Die Taufe ist e<strong>in</strong> Schritt totaler H<strong>in</strong>gabe an Gott und andie Geme<strong>in</strong>de. Dazu dürfen wir niemanden überreden.Es ist jedoch unsere Pflicht, die Menschen zur Bußeaufzurufen und sie darauf h<strong>in</strong>zuweisen, dass das Evangeliumdie schärfste Verurteilung <strong>der</strong> Sünde und gleichzeitig die<strong>in</strong>nigste E<strong>in</strong>ladung für den bußfertigen Sün<strong>der</strong> enthält. Gottlädt uns e<strong>in</strong>, mit unseren Übertretungen und unserer Not zuihm zu kommen. Ihm dürfen wir vertrauen; zu je<strong>der</strong> Zeit und<strong>in</strong> allen Situationen dürfen wir uns an ihn wenden.


161Aus e<strong>in</strong>em Brief:Die Taufe macht uns nicht zu besseren Menschen. Wirsteigen nicht etwa zu Übermenschen auf, son<strong>der</strong>n wirbleiben sündhafte Menschen, zu denen Gott herabkommenwill. Und das ist e<strong>in</strong> Wun<strong>der</strong>, dessen wir niemals würdig se<strong>in</strong>können. Gott ist jedoch voller Gnade.Es ist besser sich nicht taufen zu lassen, als e<strong>in</strong>enhalbherzigen Schritt zu tun. Es ist besser ungetauftzu bleiben, als sich um <strong>der</strong> Eltern willen o<strong>der</strong> um e<strong>in</strong>erFreundschaft willen taufen zu lassen o<strong>der</strong> um <strong>in</strong> <strong>der</strong>Geme<strong>in</strong>de e<strong>in</strong> abgesichertes <strong>Leben</strong> zu f<strong>in</strong>den. Die Taufe musseure persönliche Entscheidung se<strong>in</strong>, die niemand an<strong>der</strong>es füreuch treffen kann. Millionen von Menschen s<strong>in</strong>d getauft,aber für viele ist die Taufe nur e<strong>in</strong>e leere Form. Ich möchtejedem, <strong>der</strong> getauft werden will, anraten, sich zu fragen: „B<strong>in</strong>ich bereit, um Jesu willen niemanden mehr zu lieben als ihn,we<strong>der</strong> me<strong>in</strong>e Frau, noch me<strong>in</strong>e Eltern, noch me<strong>in</strong>e K<strong>in</strong><strong>der</strong>,damit nur er <strong>in</strong> mir leben kann? B<strong>in</strong> ich bereit, für Jesus undme<strong>in</strong>e Brü<strong>der</strong> alles h<strong>in</strong>zugeben?“ Wer nicht dazu bereit ist,<strong>der</strong> soll sich nicht taufen lassen. Ihr müsst gewillt se<strong>in</strong>, für ihnzu sterben, damit er selbst <strong>in</strong> eurem Herzen leben kann. Jesusmuss euer e<strong>in</strong>ziger Schatz se<strong>in</strong>.Wenn ihr alle<strong>in</strong> um Jesu willen getauft werdet, wir<strong>der</strong> euch <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Liebe annehmen und euch se<strong>in</strong>eVergebung und se<strong>in</strong>en Frieden schenken. (Röm 8,1 4) Erwird <strong>in</strong> euch wohnen und euch helfen, jede Versuchung zuüberw<strong>in</strong>den. Durch se<strong>in</strong> Blut werdet ihr re<strong>in</strong>gewaschen.


162Recht verstanden, hängt die Taufe untrennbar mit demTod und <strong>der</strong> Auferstehung Jesu zusammen. (Röm 6,3 4)Taufe bedeutet, wirklich mit Christus zu sterben und danachmit ihm aufzuerstehen. (Mt 10,38 39; Joh 12,24 26) DieWorte „mit Christus sterben“ werden so oft gebraucht, dasssie wohl etwas von ihrer Kraft e<strong>in</strong>gebüßt haben. Denken wiraber tiefer darüber nach, was es bedeutet, dass Gott auf dieseErde gekommen und für uns gestorben ist, dann ahnen wirden Ernst se<strong>in</strong>er Bitte, mit ihm zu sterben.Die Taufe erfor<strong>der</strong>t e<strong>in</strong>e persönliche Entscheidung, se<strong>in</strong>eSünden zu bekennen und se<strong>in</strong> <strong>Leben</strong> vollständig Jesuszu übergeben. Das bedeutet, lieber zu sterben als bewusstwie<strong>der</strong> zu sündigen. Es muss zu e<strong>in</strong>er persönlichen Erfahrungwerden, dass Christus <strong>der</strong> Friede des Herzens ist, und dasser für uns gestorben ist. Aber das ist nicht alles. Wir müssene<strong>in</strong> tieferes Verständnis <strong>der</strong> Person Christi bekommen. Eswäre falsch, die persönliche Erfahrung außer acht zu lassen,doch muss man darüber h<strong>in</strong>ausblicken, um die Größe Gottesund se<strong>in</strong>es Weltalls zu erfassen und gleichzeitig aber auchdie Schwere <strong>der</strong> Not und Sünde <strong>der</strong> ganzen Menschheit zuerkennen. Möge je<strong>der</strong> von uns überwältigt werden von <strong>der</strong>Größe Jesu, <strong>der</strong> König ist über das Reich Gottes und <strong>der</strong> dieSchlüssel zur Unterwelt <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Hand hält. (Offb 1,18) Erhat die Macht über alle Mächte.Die Taufe ist ke<strong>in</strong>e menschliche E<strong>in</strong>richtung, son<strong>der</strong>n e<strong>in</strong>Schritt, durch welchen Sünden vergeben und Dämonendurch Jesus Christus und se<strong>in</strong>en Heiligen Geist ausgetrieben


163werden. Ke<strong>in</strong> Mensch kann das bewirken, auch ke<strong>in</strong> Kreisvon Menschen. Wir brauchen die Gegenwart Christi. Deshalbbitten wir ihn, beso<strong>der</strong>s <strong>in</strong> unseren Taufversammlungen unteruns zu se<strong>in</strong>; denn er ist es, den wir ehren, er, <strong>der</strong> unsere Sündendurch den Glauben an se<strong>in</strong>en Tod vergibt.Wahre Buße und Umkehr ist die Voraussetzung fürdie Vergebung <strong>der</strong> Sünden <strong>in</strong> <strong>der</strong> Taufe. Wir allemüssen <strong>der</strong> menschlichen Gerechtigkeit absagen. Ke<strong>in</strong>er vonuns ist gerecht und gut, Gott alle<strong>in</strong> ist gerecht und gut. Amschärfsten trat Jesus gegenüber den „Guten“ auf, denjenigen,die das Kreuz nicht brauchten, die me<strong>in</strong>ten, gerettet zu se<strong>in</strong> –als Abrahams K<strong>in</strong><strong>der</strong>. Aber Jesus sagt: „Die Starken bedürfenke<strong>in</strong>es Arztes, son<strong>der</strong>n die Kranken. Ich b<strong>in</strong> gekommen, dieSün<strong>der</strong> zu rufen und nicht die Gerechten.“ (Mk 2,17)S<strong>in</strong>d wir e<strong>in</strong>mal bekehrt und getauft und haben denEntschluss gefasst, Jesus nachzufolgen, dann dürfen wirunsere Glie<strong>der</strong> nicht mehr <strong>der</strong> Sünde zur Verfügung stellen.(Röm 6,12+13) Das ist von grundlegen<strong>der</strong> Bedeutung: <strong>der</strong>Kopf muss von Gottes Gnade und se<strong>in</strong>en Gedanken erfülltse<strong>in</strong>; die Hand darf nicht länger zum Blutvergießen beitrageno<strong>der</strong> unzüchtige Handlungen begehen; das Auge darf nichtlänger <strong>der</strong> s<strong>in</strong>nlichen Begierde dienen, son<strong>der</strong>n es soll GottesLiebe zu den Brü<strong>der</strong>n und Schwestern ausstrahlen.Sobald wir uns durch die Taufe an Christus h<strong>in</strong>geben,versiegeln wir unsere Glie<strong>der</strong> zu se<strong>in</strong>em Dienst. Und dochweiß je<strong>der</strong> von uns, dass auch nach <strong>der</strong> Taufe Versuchungen


164an uns herantreten, <strong>in</strong> dem e<strong>in</strong>en durch Unre<strong>in</strong>heit, <strong>in</strong>dem an<strong>der</strong>en durch Stolz, o<strong>der</strong> durch Hass und Bitterkeit.Niemand gel<strong>in</strong>gt es, sich an den eigenen Haaren aus demSchlamm zu ziehen. Wir mögen uns noch so sehr anstrengen,wir werden uns niemals selbst än<strong>der</strong>n können. Nur <strong>der</strong>Tod Jesu, se<strong>in</strong>e Vergebung und se<strong>in</strong>e Kraft, das Böse ausden Herzen zu vertreiben, befreit uns von <strong>der</strong> Sklaverei<strong>der</strong> Sünde. Versuchungen werden immer wie<strong>der</strong> kommen,aber aus e<strong>in</strong>er tiefen Glaubenserfahrung heraus können wirwi<strong>der</strong>stehen. (Röm 6) Haben wir nur das Gesetz: „du sollstnicht begehren“, und böses Begehren wallt <strong>in</strong> uns auf, dannist es schwer, damit fertig zu werden. Haben wir jedoch Jesusdurch Buße und Umkehr erlebt, dann s<strong>in</strong>d wir <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lagezu überw<strong>in</strong>den. Wir bleiben Menschen, aber wir s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong>eSklaven <strong>der</strong> Sünde mehr.


16521. Das AbendmahlDas Abendmahl ist e<strong>in</strong> Symbol, e<strong>in</strong> äußeres Zeichen dafür,dass wir gebrochen vor Jesus treten, dessen Leib für unsam Kreuz gebrochen wurde. Christus will im Herzen all <strong>der</strong>er,die das Brot brechen und den We<strong>in</strong> tr<strong>in</strong>ken, gegenwärtig se<strong>in</strong>.Mit ihm sollen wir schwach werden, um hernach durch dieGeme<strong>in</strong>schaft mit ihm <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Kraft stark zu werden. Brotund We<strong>in</strong> s<strong>in</strong>d nur Symbole, aber die Re<strong>in</strong>heit und E<strong>in</strong>heit <strong>in</strong>Christus, die sie symbolisieren und die wir im Abendmahl alsGeme<strong>in</strong>schaft mit Christus erleben dürfen, ist e<strong>in</strong>e Realität.Wie das Getreide von verschiedenen Fel<strong>der</strong>n zu Mehlzermahlen und zu e<strong>in</strong>em Laib Brot geformt wird, wiedie We<strong>in</strong>trauben aus vielen We<strong>in</strong>bergen gekeltert werden, umWe<strong>in</strong> zu erzeugen, so können wir, die wir aus verschiedenenNationen und Kulturen stammen, im Abendmahl vere<strong>in</strong>igtwerden. (1.Kor 10,16+17) Diese E<strong>in</strong>heit ist jedoch nurmöglich, wenn wir aufhören, uns selbst wichtig zu nehmen.Das Abendmahl ist e<strong>in</strong> Mahl <strong>der</strong> E<strong>in</strong>heit, und wir müssenuns bereit machen, um im rechten S<strong>in</strong>n daran teilzunehmen.Es ist e<strong>in</strong> Mahl <strong>der</strong> Er<strong>in</strong>nerung an Jesus, dessen erlösen<strong>der</strong>Geist <strong>der</strong> Vergebung für die ganze Welt, für alle Völker undNationen bereit ist. Weiter ist es e<strong>in</strong> Mahl <strong>der</strong> Erneuerungunseres Bundes mit Gott, <strong>in</strong> dem wir uns, von aller Sündenlastbefreit, ihm erneut zum Dienst weihen.Wenn wir uns daran er<strong>in</strong>nern, wie Jesus an se<strong>in</strong>em letztenAbend auf Erden das Mahl e<strong>in</strong>setzte, dann soll uns das auch


166daran er<strong>in</strong>nern, dass je<strong>der</strong> Christ bereit se<strong>in</strong> muss, se<strong>in</strong> <strong>Leben</strong>zum Opfer zu geben – ja er sollte es tatsächlich tun, wie Christuses tat. Wir leben <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Welt, die dem Reich Gottes ebensofe<strong>in</strong>dlich gegenübersteht, wie es zur Zeit Jesu <strong>der</strong> Fall war. Erverspricht uns nicht, dass es uns an<strong>der</strong>s ergehen wird als ihm.Vielmehr, dass se<strong>in</strong>e Jünger verfolgt werden, und ihnen dasGleiche angetan wird wie ihrem Meister. (Joh 15,18 20)Bei <strong>der</strong> Abendmahlsfeier bezeugen wir die Liebe unseresHerrn Jesu, dessen Tod die Vergebung unserer Sündenermöglichte, und <strong>der</strong> uns Liebe und E<strong>in</strong>heit untere<strong>in</strong>an<strong>der</strong>schenken will. Eigentlich ist es e<strong>in</strong> ganz schlichtes Mahl. Jesusbat se<strong>in</strong>e Jünger, es im Gedenken an ihn zu halten, deshalbfeiern wir es <strong>in</strong> diesem S<strong>in</strong>n.Paulus sagt, wer beim Gedächtnismahl <strong>in</strong> unwürdigerWeise das Brot isst und den We<strong>in</strong> tr<strong>in</strong>kt, <strong>der</strong> isst undtr<strong>in</strong>kt es sich selber zum Gericht. (1.Kor 11,27 29) Dassheißt, wir dürfen nicht mit e<strong>in</strong>em von Sünden belastetenGewissen zum Abendmahl gehen. Wir dürfen es aber auchnicht zulassen, dass uns Gefühle <strong>der</strong> Unwürdigkeit quälen.Paulus spricht von <strong>der</strong> <strong>in</strong>neren E<strong>in</strong>stellung, mit <strong>der</strong> wir amAbendmahl teilnehmen sollen, nämlich mit <strong>der</strong> gleichenEhrfurcht, wie sie Moses hatte, als Gott ihm den brennendenBusch zeigte und sprach: „Zieh de<strong>in</strong>e Schuhe von den Füßen,hier ist heiliger Boden.“ (2.Mose 3,5)


167Zur Zeit <strong>der</strong> Urgeme<strong>in</strong>de trafen sich die Gläubigen oftzum Abendmahl, damit die bösen Geister aus ihrerMitte vertrieben würden. Erleben wir <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bru<strong>der</strong>schafte<strong>in</strong>en Geisteskampf, dann fühlen wir uns auch gedrängt, dasAbendmahl zu halten. Jörg Blaurock, e<strong>in</strong> Führer <strong>der</strong> erstenTäufer, sagte, wenn es häufig gefeiert wird, dann werden diefalschen Brü<strong>der</strong> unter uns offenbar.Im Brechen des Brots und im Tr<strong>in</strong>ken des We<strong>in</strong>s beimAbendmahl vere<strong>in</strong>igen wir uns mit Christus im tiefstenS<strong>in</strong>n. Wie Paulus sagt, gedenken wir se<strong>in</strong>es erlösendenTodes und „verkünden ihn bis er kommt.“ (1.Kor 11,26)Wir verkünden Christi Tod als das größte Ereignis <strong>der</strong>Geschichte: durch se<strong>in</strong>e Wunden f<strong>in</strong>den wir Heilung, durchse<strong>in</strong>e Leiden f<strong>in</strong>den wir Gott; durch se<strong>in</strong> helles Licht f<strong>in</strong>denwir die Liebe. Wir beten, dass er alle<strong>in</strong> unser Herr undMeister sei; wir wollen ihn lieben, se<strong>in</strong> <strong>Leben</strong> und se<strong>in</strong>enWeg, mit unserem ganzen Se<strong>in</strong>. Christus zu lieben, heißt,mit ihm zu sterben. (Joh 12,24 25) Das bedeutet, wir müssenuns selbst absterben, was e<strong>in</strong>en schmerzhaften, oft längerenKampf kostet, den wir nur dann bestehen können, wennwir Christus und se<strong>in</strong> Kreuz über alles lieben. Es geht nichtdarum, dass wir uns selbst quälen, son<strong>der</strong>n darum, dass wirJesus f<strong>in</strong>den.Gewiss sollten wir beim Abendmahl nicht nur an ChristiLeiden und Tod denken, son<strong>der</strong>n ebenso an se<strong>in</strong>e Auferstehungvon den Toten und an se<strong>in</strong>e Himmelfahrt zum Vater, an dessenSeite er die Geme<strong>in</strong>de und das Herz e<strong>in</strong>es jeden Glaubenden


168regiert. Und wir sollten uns an se<strong>in</strong> Versprechen er<strong>in</strong>nern, dasser wie<strong>der</strong>kommen wird, um uns zu richten und das Reichse<strong>in</strong>er Herrlichkeit aufzurichten.


16922. Liebe und EheL i e b eJesus zeigt uns, was Liebe ist: se<strong>in</strong> <strong>Leben</strong> für an<strong>der</strong>e h<strong>in</strong>zugebenanstatt <strong>Leben</strong> zu nehmen; lieber <strong>der</strong> Niedrigste undDemütigste anstatt <strong>der</strong> Mächtigste se<strong>in</strong> zu wollen. Die Liebemacht uns frei. E<strong>in</strong> Mensch, <strong>der</strong> über an<strong>der</strong>e herrschen will, trägte<strong>in</strong>e gequälte Seele <strong>in</strong> sich, während e<strong>in</strong>e <strong>in</strong> Liebe entbrannteSeele fröhlich ist. Wir wünschen unseren Ehepaaren, dass dieLiebe ihr <strong>Leben</strong> so bestimmt, dass <strong>der</strong> Dienst am an<strong>der</strong>n ihnenwichtiger ist, als sich selbst zu dienen. Noch mehr wünschenwir, dass sie sich <strong>der</strong> großen Sache Gottes h<strong>in</strong>geben, und dassihre Liebe zu ihm ihnen über alles geht, auch über ihre Ehe.Im Bereich <strong>der</strong> Liebe ist nicht das Äußere, son<strong>der</strong>ndie Beziehung von Herz zu Herz, von Seele zu Seeleentscheidend. Vergessen wir nicht, dass <strong>der</strong> Körper ohne dieSeele nur mehr die Form des Menschen, nur Materie ausmacht.Deshalb dürfen wir ihn dennoch nicht verachten: „Wisst ihrnicht, dass euer Leib e<strong>in</strong> Tempel des Heiligen Geistes ist, <strong>der</strong><strong>in</strong> euch ist und den ihr von Gott habt?“ (1.Kor 6,19)Der Leib ist dafür geschaffen, den Regungen des HerzensAusdruck zu geben. E<strong>in</strong> zartes Lächeln, Augen, die bei e<strong>in</strong>emliebevollen Wort aufleuchten, o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e zarte Berührung<strong>der</strong> Hand können zu e<strong>in</strong>er glühenden Umarmung und denZärtlichkeiten <strong>der</strong> letzten Erfüllung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Vere<strong>in</strong>igungführen. Der Leib ist die sichtbar gemachte Seele.


170Aus e<strong>in</strong>em Brief:Sich vom an<strong>der</strong>en Geschlecht angezogen zu fühlen istnatürlich, aber bei weitem ke<strong>in</strong>e genügende Basis, umzu heiraten und e<strong>in</strong>e Familie zu gründen. Es ist auch ganznatürlich, dass e<strong>in</strong> Mann, <strong>der</strong> e<strong>in</strong>e Frau liebt, wissen möchte,ob sie die richtige für ihn ist. Auf diese Frage gibt es nur e<strong>in</strong>eAntwort: beide müssen das e<strong>in</strong>deutige Gefühl haben, dasse<strong>in</strong>e eheliche Verb<strong>in</strong>dung sie näher zu Jesus führen wird.Der richtige Ehepartner ist nicht e<strong>in</strong>er, <strong>der</strong> erotischbeson<strong>der</strong>s anziehend ist, son<strong>der</strong>n <strong>der</strong>, dessen Freundschaftbeide Partner näher zu Jesus führt. Ist e<strong>in</strong>e Ehe nur auf äußereAnziehung gegründet, dann wird sie leicht zerbrechen.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Lass bei <strong>der</strong> Wahl e<strong>in</strong>es Ehepartners de<strong>in</strong>e Gefühle nichtoberflächlich von e<strong>in</strong>em zum an<strong>der</strong>en wan<strong>der</strong>n. Prüfe sieim Blick auf Jesus. Für e<strong>in</strong>en Christen ist <strong>der</strong> Schritt <strong>in</strong> dieEhe nur dann richtig, wenn er sicher ist, dass dieser Schrittihn näher zu Jesus führen wird und dass beide Partner Jesusbesser geme<strong>in</strong>sam dienen können als alle<strong>in</strong>. Ich glaube nicht,dass e<strong>in</strong> Christ heiraten sollte, nur um se<strong>in</strong>e körperlichenund emotionalen Bedürfnisse zu befriedigen. Solch e<strong>in</strong>persönliches Verlangen muss vorhanden se<strong>in</strong>, darf aber nichtden Ausschlag geben.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Denkst du daran, e<strong>in</strong>en an<strong>der</strong>en Menschen durch Heiratfürs ganze <strong>Leben</strong> an dich zu b<strong>in</strong>den, so lerne vor allem


171zu lieben; lerne, de<strong>in</strong> Herz zu öffnen, lerne, an den an<strong>der</strong>enzuerst zu denken.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Was ich jetzt sage, me<strong>in</strong>e ich ernst, weil es mir umeuer Wohl geht: es ist besser, bevor ihr e<strong>in</strong>e B<strong>in</strong>dunge<strong>in</strong>geht, sicher zu se<strong>in</strong>, ob es Gottes Wille ist, dass ihr zweizusammengehört. Schrecklich ist es, wenn Zweifel kommen,nachdem man sich durch die Verlobung gebunden hat. AberZweifel zu haben, nachdem die Ehe geschlossen wurde, wäreungleich viel schrecklicher. Möge Gott euch Klarheit darüberschenken, ob ihr wirklich zusammengehört. Besser e<strong>in</strong> Endemit Schrecken als e<strong>in</strong> Schrecken ohne Ende. Ich sage das ausLiebe zu euch. Möge Gott euch führen.Aus e<strong>in</strong>em Brief:De<strong>in</strong>e Frage: „Warum fühle ich mich zu diesem Jungenh<strong>in</strong>gezogen, wenn er für e<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e bestimmt ist?“kl<strong>in</strong>gt etwas rebellisch, be<strong>in</strong>ahe so, als ob du Gott anklagenwolltest. So wie unsere schwache menschliche Natur nune<strong>in</strong>mal ist, fühlen wir manchmal gewisse Anziehungen, habenaber ke<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e Wahl, als sie abzulehnen. Ob jemand undwer für dich bestimmt ist, darüber kann ich nicht urteilen.Das Wichtige für dich ist, de<strong>in</strong> <strong>Leben</strong> Jesus h<strong>in</strong>zugeben.E h eJesus nimmt den Ehebund so ernst, dass er sogar e<strong>in</strong>enbegehrlichen Blick als „Ehebruch im Herzen“ bezeichnet.


172(Mt 5,28) Er gebraucht e<strong>in</strong> so scharfes Wort, weil er dasheilige Geschenk <strong>der</strong> E<strong>in</strong>heit zwischen zwei Menschenbeschützen will.In e<strong>in</strong>er wahren Ehe werden Mann und Frau <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>iee<strong>in</strong>s im Geist, das heißt: e<strong>in</strong>s im Glauben, e<strong>in</strong>s im ErlebenGottes und e<strong>in</strong>s <strong>in</strong> <strong>der</strong> Re<strong>in</strong>heit <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de.Zweitens bedeutet die Ehe, dass ihre Seelen e<strong>in</strong>s s<strong>in</strong>d. Mankann mit jedem gläubigen Menschen e<strong>in</strong>s im Geist se<strong>in</strong>.Aber das Band, das Mann und Frau <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ehe verb<strong>in</strong>det,unterscheidet sich grundlegend von allen an<strong>der</strong>en B<strong>in</strong>dungen.E<strong>in</strong>e beson<strong>der</strong>e Liebe und e<strong>in</strong>e beson<strong>der</strong>e Freude ist zwischendiesen beiden Menschen spürbar, sobald sie e<strong>in</strong>an<strong>der</strong> nahes<strong>in</strong>d. Weil sie sich ganz beson<strong>der</strong>s lieben, s<strong>in</strong>d sie e<strong>in</strong>an<strong>der</strong>treu und halten ihre Beziehung re<strong>in</strong>.Drittens bedeutet die Ehe, dass Mann und Frau e<strong>in</strong>Fleisch werden <strong>in</strong> <strong>der</strong> körperlichen Vere<strong>in</strong>igung. Wird dasBand dieser Vere<strong>in</strong>igung durch Untreue zerrissen, so ist dase<strong>in</strong>e furchtbare Sünde, denn <strong>in</strong> Gottes Augen ist damit dieBeziehung zerbrochen. Was anfangs e<strong>in</strong> Segen war, wirdzu e<strong>in</strong>em Fluch. Es bleibt nur die Hoffnung, dass durchBuße und durch Gottes Gnade etwas Neues geschenktwerden kann. Es gibt ke<strong>in</strong>e Entschuldigung für Ehebruch,beson<strong>der</strong>s für den nicht, <strong>der</strong> an Jesus glaubt.Der Segen Gottes liegt auf jedem Ehepaar, ob jung o<strong>der</strong> alt,welches die E<strong>in</strong>heit <strong>in</strong> <strong>der</strong> rechten Ordnung erfährt: zuerst dieE<strong>in</strong>heit im Geist, dann die E<strong>in</strong>heit von Herz und Seele, unddann die körperliche Vere<strong>in</strong>igung – und nicht umgekehrt: an


173erster Stelle die körperliche Vere<strong>in</strong>igung, während nur wenigHerzense<strong>in</strong>heit und noch weniger Geistese<strong>in</strong>heit vorhanden ist.Die Worte Jesu über s<strong>in</strong>nliche Begierde, Scheidung undWie<strong>der</strong>verheiratung (Mt 5,27-32) nehmen wir sehrernst, und wir wahren e<strong>in</strong>e scharfe Haltung gegen sexuelleUnsittlichkeit. Ke<strong>in</strong> Bru<strong>der</strong>hofmitglied darf sich scheiden lassenund e<strong>in</strong>e neue Ehe e<strong>in</strong>gehen, und ke<strong>in</strong> Wie<strong>der</strong>verheirateterkann Mitglied werden, solange er o<strong>der</strong> sie <strong>in</strong> zweiter Ehe lebt,wenn <strong>der</strong> frühere Partner noch am <strong>Leben</strong> ist.Wir glauben an die lebenslängliche Treue, auch um <strong>der</strong>K<strong>in</strong><strong>der</strong> willen, wenn K<strong>in</strong><strong>der</strong> geschenkt werden. Der Ehebundzwischen zwei Menschen muss e<strong>in</strong> Bund fürs <strong>Leben</strong> se<strong>in</strong>. Darankann nicht gerüttelt werden, denn „was Gott zusammengeführthat, das darf <strong>der</strong> Mensch nicht scheiden.“ (Mt 19,6)Die Grundlage für e<strong>in</strong>e wahre Ehe ist die Liebe zu Jesus.Ihr müsst Jesus als lebendige Kraft <strong>in</strong> euern Bunde<strong>in</strong>beziehen.Die Aufgabe des Mannes ist es, Jesus als das Haupt zuvertreten, (Eph 5,23) aber das schließt e<strong>in</strong>, dass er Jesu Beispiel<strong>der</strong> Demut folgen muss. E<strong>in</strong> Mann, <strong>der</strong> sich nicht erniedrigenwill, kann ke<strong>in</strong> Jünger se<strong>in</strong>.Die Aufgabe <strong>der</strong> Frau ist es, Jesus als den Leib, als dieGeme<strong>in</strong>de darzustellen. Sie muss sich Maria zum Beispielnehmen, die sprach: „Hier b<strong>in</strong> ich, die niedrige Magd desHerrn.“ (Lk 1,38) Kann sie das nicht annehmen, so ist sieke<strong>in</strong>e Jünger<strong>in</strong> Christi.


174Im tiefsten S<strong>in</strong>n bedeutet Ehe Geme<strong>in</strong>schaft. Gott sagt: „Esist nicht gut, dass <strong>der</strong> Mensch alle<strong>in</strong> sei.“ (1.Mose 2,18)Aus e<strong>in</strong>em Wesen schuf er zwei – Mann und Frau – die <strong>in</strong> <strong>der</strong>Ehe wie<strong>der</strong>um e<strong>in</strong>s werden.E<strong>in</strong>e Ehe kann nur Bestand haben, wenn beide Partnerdemütige und offene Herzen haben. Eifersucht undÜberheblichkeit drohen stets, sie zu trennen, aber die Liebeüberw<strong>in</strong>det alles, denn „sie ist we<strong>der</strong> arrogant noch ungehörig;sie besteht nicht auf ihrer Me<strong>in</strong>ung, sie lässt sich nicht erbittern,trägt nichts nach, freut sich nicht am Unrecht, freut sich aberan <strong>der</strong> Wahrheit.“ (1.Kor 13,4 6) Dazu gehört auch, dassdie Liebe vergebend ist. Wenn man verheiratet ist, entdecktman mit <strong>der</strong> Zeit, dass <strong>der</strong> Ehepartner nicht vollkommen ist.Kann ich aber me<strong>in</strong>em Partner vergeben, dann wird je<strong>der</strong> Tagzu e<strong>in</strong>em neuen Anfang, je<strong>der</strong> Tag hält neue Freuden bereit.„Die Liebe erträgt alles, hofft alles, glaubt alles.“ (1.Kor 13,7)Ke<strong>in</strong>e Last ist zu schwer zu tragen, wenn Liebe da ist. DieseLiebe, die alles erträgt, wird e<strong>in</strong> Ehepaar – auch angesichtse<strong>in</strong>er schweren Situation – im Glauben und <strong>in</strong> Hoffnungaufrecht erhalten.Die eheliche Treue ist von entscheiden<strong>der</strong> Wichtigkeit fürdas <strong>in</strong>nere <strong>Leben</strong> e<strong>in</strong>es jeden Partners, denn zwischen<strong>der</strong> ehelichen Liebe <strong>in</strong> geistig-seelischer H<strong>in</strong>sicht und <strong>der</strong>sexuellen Vere<strong>in</strong>igung besteht e<strong>in</strong>e tiefe Verb<strong>in</strong>dung. In e<strong>in</strong>errechten Ehe hat die körperliche Vere<strong>in</strong>igung <strong>der</strong> Partner e<strong>in</strong>entiefen Zusammenhang mit Gott. Sobald sich aber ihre sexuelleBeziehung von Gott loslöst, führt sie zu sündhaftem Verhalten,


175auch <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> Ehe. Die Heiratsurkunde gibt e<strong>in</strong>em nichtdie Freiheit, für den Körper und se<strong>in</strong>e Lüste zu leben.Wegen <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zigartigen Intimität <strong>der</strong> sexuellen Sphäre<strong>in</strong> <strong>der</strong> Ehe, f<strong>in</strong>det e<strong>in</strong>e Vere<strong>in</strong>igung ohnegleichenstatt, wenn sich Mann und Frau e<strong>in</strong>an<strong>der</strong> völlig h<strong>in</strong>geben.Diese Vere<strong>in</strong>igung ist <strong>der</strong> organische Ausdruck <strong>der</strong> ehelichenLiebe, die <strong>in</strong> <strong>der</strong> gegenseitigen H<strong>in</strong>gabe ihre Erfüllung f<strong>in</strong>det.Je<strong>der</strong> Partner kennt das <strong>in</strong>time Geheimnis des an<strong>der</strong>en. Es istGottes Wille, dass Mann und Frau dieses Geheimnis wahrenund ke<strong>in</strong>em an<strong>der</strong>en preisgeben.Unsere erste Berufung ist die <strong>Nachfolge</strong> Jesu, was es auchkosten möge. Sollte uns e<strong>in</strong> Ehepartner geschenkt werden,so sollte unsere H<strong>in</strong>gabe an Jesus umso stärker werden, nichtschwächer. Die Ehe sollte uns näher zu Jesus führen.Für alle, die <strong>in</strong> den Ehestand treten, beten wir darum, dassnichts <strong>in</strong> ihrem <strong>Leben</strong> sie von Gottes Liebe trenne, denn se<strong>in</strong>eLiebe ist immer gegenwärtig und wird sie zusammenhalten,<strong>in</strong> Not- und Leidenszeiten, sowie <strong>in</strong> Zeiten <strong>der</strong> Freude.Der Ehebund enthält das Versprechen, durch dick unddünn, durch gute und schlechte Tage e<strong>in</strong>an<strong>der</strong> treu zu bleibenund sich bis an das <strong>Leben</strong>sende von Gottes Liebe alle<strong>in</strong>abhängig zu wissen.E<strong>in</strong>e <strong>der</strong> größten Gefahren für e<strong>in</strong>e Ehe ist ständigesKritisieren, Unzufriedenheit wegen Kle<strong>in</strong>igkeiten, weilman merkt, <strong>der</strong> Ehepartner ist nicht perfekt. Wenn e<strong>in</strong>erglaubt, er habe <strong>in</strong> allem recht, dann ist er <strong>der</strong> Liebe gegenüber


176verschlossen. Mag er auch gottesfürchtig se<strong>in</strong> und auf denWillen und das Wort Gottes hören, <strong>der</strong> Fe<strong>in</strong>d wird ihn stetsim Auge behalten, um ihn zu versuchen, sogar <strong>in</strong> kle<strong>in</strong>enD<strong>in</strong>gen. Wenn die Nörgelei e<strong>in</strong>mal angefangen hat, dannerkaltet die Liebe. Wir müssen uns dieser Gefahr bewusstse<strong>in</strong>. S<strong>in</strong>d wir aber bereit, alles zu wagen, alles zu hoffen, alleszu vergeben, dann wird je<strong>der</strong> Tag zu e<strong>in</strong>em neuen Erlebnis<strong>der</strong> Liebe, auch wenn es durch schwere Zeiten geht.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Ich denke, du solltest dich ernsthaft fragen, ob du de<strong>in</strong>erFrau genug Liebe und Geduld entgegengebracht hast undob du dir wirklich Mühe gegeben hast, ihre Situation undihre Bedürfnisse zu verstehen. Der Ehemann soll die Familieführen; das bedeutet jedoch <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie Verständnis fürFrau und K<strong>in</strong><strong>der</strong> zu haben. Fehlt dieses Verständnis, dannkann er ihnen we<strong>der</strong> Liebe entgegenbr<strong>in</strong>gen noch Führunggeben.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Sobald die D<strong>in</strong>ge zwischen dir und de<strong>in</strong>em Mann <strong>in</strong> euernHerzen vor Gott klar geworden s<strong>in</strong>d, wirst du e<strong>in</strong>sehen,dass Schuld bei dir wie bei ihm liegt. Lies 1.Kor<strong>in</strong>ther 13,4 7und denke dabei an de<strong>in</strong>e Ehe:„Die Liebe ist langmütig, die Liebe ist freundlich und nichtneidisch. Die Liebe prahlt nicht, ist nicht aufgeblasen, verhältsich nicht ungehörig, sie sucht nicht das Ihre, lässt sichnicht zum Zorn reizen, sie rechnet das Böse nicht zu, sie freut


177sich nicht über die Ungerechtigkeit, sie freut sich aber an <strong>der</strong>Wahrheit. Da ist nichts, was sie nicht ertragen könnte. Sieglaubt alles, sie hofft alles, sie duldet alles.”Wenn du das liest, wirst du spüren, dass ihr beide schuldigseid und beide die Liebe <strong>in</strong> eurer Ehe verletzt habt.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Ich glaube, du hast recht: de<strong>in</strong> Mann ist <strong>in</strong>nerlich verletzt.Du kannst se<strong>in</strong>e Wunden nicht heilen, aber du kannstdich demütigen. Demut hat e<strong>in</strong>e heilende Wirkung aufe<strong>in</strong>en Menschen, den wir verletzt haben. Die Bibel sagt: „IhrFrauen, seid euern Männern untertan“, und: „Der Mann istdas Haupt <strong>der</strong> Familie“. (Eph 5,22 24)Ich weiß, dass du de<strong>in</strong>e eigene Last zu tragen hast. Unddu hast recht: man muss se<strong>in</strong>e Last am Fuß des Kreuzesnie<strong>der</strong>legen, um Heilung und Vergebung zu f<strong>in</strong>den. Dazugehört, dass wir tiefe Reue empf<strong>in</strong>den für das, was wir getanhaben. Ich denke an euch beide <strong>in</strong> großer Liebe und werdefür euch beten.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Lieber Bru<strong>der</strong>, werde ganz still vor Gott und lausche imHerzen auf se<strong>in</strong>e Stimme. Sucht ihn zusammen, du undde<strong>in</strong>e Frau. Es ist Gott, <strong>der</strong> euch zusammengeführt hat; Gottwird euch zusammenhalten; er wird euch behüten.


178S e x u a l i t ä tDer sexuelle Bereich ist ke<strong>in</strong>eswegs das Wichtigste <strong>in</strong> <strong>der</strong>ehelichen Beziehung. Die Bedeutung des Sexuallebenswird heutzutage auf völlig ungesunde Weise übertrieben. DieLiebe zwischen Mann und Frau wird allzu oft auf das re<strong>in</strong>Animalische beschränkt, als sexueller Antrieb verstanden, unddie wahre Bedeutung <strong>der</strong> Ehe wird absolut verkannt.Es liegt auf <strong>der</strong> Hand, dass es Unterschiede zwischen Mannund Frau <strong>in</strong> ihrer biologischen Beschaffenheit gibt. Aberzu behaupten, <strong>der</strong> kennzeichnende Unterschied zwischenden Geschlechtern sei re<strong>in</strong> biologisch, zeugt von e<strong>in</strong>emmaterialistisch bed<strong>in</strong>gten Denken.Die Frau verlangt danach, den Geliebten <strong>in</strong> sichaufzunehmen. Der Mann sehnt sich danach, <strong>in</strong> siee<strong>in</strong>zudr<strong>in</strong>gen und e<strong>in</strong>s mit ihr zu werden. Von Natur ausist <strong>der</strong> Mann schöpferisch und mehr dazu geschaffen, dieInitiative zu ergreifen und e<strong>in</strong>zudr<strong>in</strong>gen als zu nehmen. DieFrau ist von Natur aus dazu angelegt zu geben, zu erdulden,zu empfangen, zu tragen, zu pflegen und zu behüten. Esgehört zu dem Übel unserer Zeit, dass sich Frauen dagegenauflehnen, die Last <strong>der</strong> Schwangerschaft und die Schmerzendes Gebärens zu ertragen.Der echte Mann, auch wenn er e<strong>in</strong> schwacher Mensch ist,vertritt Christus als das Haupt. Er darf sich jedoch nicht alsHerrscher aufspielen, son<strong>der</strong>n ihm ist die apostolische Aufgabeaufgetragen: „Gehe aus und sammle: Lehre alle Menschen.Tauche sie e<strong>in</strong> <strong>in</strong> die Atmosphäre Gottes, <strong>in</strong> das <strong>Leben</strong> desVaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes“. (Mt 28, 19 20)


179Die Frau ist von dieser Aufgabe ke<strong>in</strong>eswegs ausgeschlossen,aber es ist <strong>in</strong> beson<strong>der</strong>er Weise <strong>der</strong> Auftrag des Mannes.Es besteht ke<strong>in</strong> Zweifel, dass die Unterschiede zwischenMann und Frau nicht absolut s<strong>in</strong>d. E<strong>in</strong>e echte Frau wirdChristus und die apostolische Wahrheit vertreten; <strong>in</strong> e<strong>in</strong>emechten Mann wird man auch den Gehorsam und die Demute<strong>in</strong>er Maria spüren.Psychologie ist die Religion von heute. Sie analysiertden Menschen als Lebewesen, aber nicht als EbenbildGottes. Freud hat <strong>in</strong> vielen Punkten recht, aber er lässt denHauptfaktor aus: Gott. Die Freud’sche Analyse zieht nicht<strong>in</strong> Betracht, dass <strong>der</strong> Mensch als Ebenbild Gottes geschaffenwurde, sie erklärt stattdessen den Sexualtrieb als die treibendeKraft im Menschen. Freud führt sogar die Beziehung desK<strong>in</strong>des zu Vater und Mutter auf den Sexualtrieb zurück.Die Psychologen haben recht, wenn sie lehren, dass esviele Triebe im Menschen gibt, nicht nur den Sexualtrieb,son<strong>der</strong>n auch die Gier nach Besitz und Macht. Aber ihreSchlussfolgerung, es sei schädlich, diese Triebe zu verdrängen,ist falsch. Sie lässt die Realität Gottes und die Ebenbildlichkeitdes Menschen völlig außer acht.Die eheliche Liebe und E<strong>in</strong>heit zwischen zwei Menschenhat e<strong>in</strong>e tiefe symbolische Bedeutung. Paulus sagt:„Ich deute es auf Christus und die Geme<strong>in</strong>de.“ (Eph 5,32) Insolch heiligem S<strong>in</strong>ne ist die Ehe zu verstehen, und aus diesemGrunde muss sie Gott völlig untergeordnet se<strong>in</strong>. Ihr wahres


180Wesen ist alle<strong>in</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Beziehung zu Christus und zur Ewigkeitzu begreifen. In dem Augenblick, <strong>in</strong> dem <strong>der</strong> s<strong>in</strong>nliche o<strong>der</strong>sexuelle Bereich von Gott isoliert und als Selbstzweck angesehenwird, wird die Seele beschmutzt und krank.Die Me<strong>in</strong>ung, dass zwei Menschen, die von Gott herfüre<strong>in</strong>an<strong>der</strong> bestimmt s<strong>in</strong>d, ausschließlich zum Zweck<strong>der</strong> Fortpflanzung e<strong>in</strong> Fleisch werden, ist e<strong>in</strong> ernstlicherIrrtum. Es ist e<strong>in</strong>fach nicht wahr, dass die Ehe <strong>in</strong> diesembegrenzten S<strong>in</strong>n ihren Zweck erfüllt. Die Sexualität ist ihremWesen nach <strong>in</strong>tim und geheimnisvoll. Sie soll es bleiben, dennsie steht im engsten Zusammenhang mit dem tiefsten undgeistigsten aller Erlebnisse – mit <strong>der</strong> Liebe. Gewiß s<strong>in</strong>d Sexund Liebe nicht das Gleiche, aber zwischen Sex und ehelicherLiebe muss e<strong>in</strong>e tiefe Harmonie bestehen.Im Gegensatz zu allen an<strong>der</strong>en leiblichen Erfahrungen s<strong>in</strong>ddie im engeren Bereich <strong>der</strong> Sexualität liegenden wesentlichbedeutsamer und tiefer. Ihre S<strong>in</strong>nlichkeit hat bestimmtewesentliche Bestandteile, die bis an die Wurzeln des leiblichenSe<strong>in</strong>s des Menschen und geradewegs <strong>in</strong> se<strong>in</strong>e Seele dr<strong>in</strong>gen.Sie hat e<strong>in</strong>e Tiefe und e<strong>in</strong>en Ernst, die weit über die Grenzendes Körpers <strong>in</strong> die Erfahrungen von Verstand und Geisth<strong>in</strong>e<strong>in</strong>reichen.Wenn e<strong>in</strong> Mensch so tief fällt, dass er sich unre<strong>in</strong>enBegierden völlig h<strong>in</strong>gibt, so beschmutzt er sich dadurch nochganz an<strong>der</strong>s als etwa durch Schlemmerei. Die Befriedigungunre<strong>in</strong>er sexueller Begierde verwundet den Menschen <strong>in</strong>se<strong>in</strong>em <strong>in</strong>nersten Wesen und greift die Seele an.


181Der geschlechtliche Bereich des S<strong>in</strong>nlichen nimmt imMenschen e<strong>in</strong>e zentrale Stellung e<strong>in</strong>. Hier begegnen sichLeib, Seele und Geist wie <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>em an<strong>der</strong>en Bereich unserermenschlichen Existenz. Daher hat das sexuelle <strong>Leben</strong> e<strong>in</strong>eihm eigene Intimsphäre, welche <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelne <strong>in</strong>st<strong>in</strong>ktiv voran<strong>der</strong>en verbirgt. Sex ist se<strong>in</strong> Geheimnis, etwas, von dem erspürt, dass es an se<strong>in</strong> <strong>in</strong>nerstes Wesen rührt. Jedes Aufdecken<strong>in</strong> diesem Bereich legt etwas Intimes und Persönliches offen,gewährt e<strong>in</strong>em an<strong>der</strong>en Zutritt zu dem eigenen Geheimnis.Deshalb ist das Gebiet des Geschlechtlichen auch se<strong>in</strong>emWesen nach das Gebiet <strong>der</strong> Scham. Wir scheuen uns, unserGeheimnis vor an<strong>der</strong>en zu lüften.Wie furchtbar ist e<strong>in</strong>e Zeit, <strong>in</strong> welcher <strong>der</strong> Menschsich selbst und se<strong>in</strong>en Wert als Person so missachtet,dass er jegliches Schamgefühl verloren hat. Für den re<strong>in</strong>enMenschen ist <strong>der</strong> sexuelle Bereich se<strong>in</strong> eigenes, persönlichesGeheimnis. Dieses Geheimnis darf nur auf e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zige Artenthüllt werden, nämlich <strong>in</strong> <strong>der</strong> ungeteilten H<strong>in</strong>gabe an dene<strong>in</strong>en Partner <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ehe.Die sexuelle Revolution <strong>der</strong> 1970er Jahre hat die Seeledes Menschen ru<strong>in</strong>iert. Wir wollen mit unserem <strong>Leben</strong>etwas ganz an<strong>der</strong>es bezeugen, nämlich, dass absolute Re<strong>in</strong>heitund Treue <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ehe möglich s<strong>in</strong>d.Der Gedanke <strong>der</strong> geschlechtlichen Beziehung zwischenMann und Frau kommt von Gott. Wir brauchen uns


182unserer Sexualität nicht zu schämen. Dieses Gebiet ist e<strong>in</strong>fachzu heilig, um fortwährend Gesprächsstoff zu se<strong>in</strong>.Wegen se<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>zigartigen Natur kann <strong>der</strong> Geschlechtsaktzwei sehr verschiedene Gestalten annehmen: e<strong>in</strong>malkann er ehrfurchtgebietend, geheimnisvoll, edel, re<strong>in</strong> undfriedevoll se<strong>in</strong> und dadurch auf den Menschen erlösendwirken. Er kann aber auch zu e<strong>in</strong>er verbotenen H<strong>in</strong>gabe andie unverhüllte Lust werden, welche die Seele krank macht.Dann gehört er zum Bereich böser Begierde, die auf denMenschen e<strong>in</strong>en teuflischen Reiz ausübt.Jede Art von Entheiligung ist Sünde. Missbrauche ich e<strong>in</strong>enMenschen, <strong>in</strong>dem ich ihn als Gegenstand und nicht alsMenschen behandle, so verletze ich se<strong>in</strong>e Würde als EbenbildGottes. Es ist sündhafte Entheiligung, e<strong>in</strong>en Menschen zuverführen, ohne überhaupt daran zu denken, dass ich selbstfür die Seele des an<strong>der</strong>en verantwortlich b<strong>in</strong>. Und es ist e<strong>in</strong>Verbrechen, nicht nur an Geist, Seele und Leib des an<strong>der</strong>en,son<strong>der</strong>n ebenso an mir selbst.E<strong>in</strong>e noch schrecklichere Sünde ist die Verführung e<strong>in</strong>erPerson gleichen Geschlechts; das ist gottlos und pervers.Sowohl das Alte wie das Neue Testament und die Kirchenvätersprechen ganz entschieden dagegen.E<strong>in</strong>e Ehe alle<strong>in</strong> aus dem Grunde e<strong>in</strong>zugehen, körperlicheBegierden zu befriedigen, ist ganz ausgeschlossen. Wirkönnen aber unsere S<strong>in</strong>ne nicht negieren. Wenn du schönen


183Gesang hörst, wirst du nicht e<strong>in</strong>fach die Ohren davorverschließen. Die Schönheit <strong>der</strong> Schöpfung Gottes nimmst dumit den Augen wahr. Wenn im Frühl<strong>in</strong>g die Blumen blühen,erfreust du dich an ihrem Duft.E<strong>in</strong>e ähnliche Freude wird auch im ehelichen Geschlechtsverkehrerlebt. Nur getrennt von Gott führt Sex uns <strong>in</strong> dieDunkelheit <strong>der</strong> Sünde, aber Sex <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ehe abzulehnen wäreunnatürlich.Oft kommen Menschen dem Feuer <strong>der</strong> Liebe allzu nahe,ohne e<strong>in</strong> festes <strong>in</strong>neres Fundament zu haben. Ohne dierechte Gottesfurcht geht man leichtfertig e<strong>in</strong>e geschlechtlicheBeziehungen e<strong>in</strong>, und so erleidet das <strong>in</strong>nere <strong>Leben</strong> schwerenSchaden. Gott aber hält uns die Treue, und er erwartet vonuns, dass wir treu s<strong>in</strong>d.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Der Geschlechtsakt hat nur <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ehe se<strong>in</strong>en Platz.Außerhalb <strong>der</strong> Ehe ist er Sünde. Die Bibel for<strong>der</strong>tEnthaltsamkeit vor und außerhalb <strong>der</strong> Ehe. Bist du alsonicht immer den Weg <strong>der</strong> Re<strong>in</strong>heit gegangen, dann musst duVergebung f<strong>in</strong>den, um vor Gott bestehen zu können. DieseVergebung will Jesus dir schenken.E h e l o s i g k e i tDie Ehelosigkeit verlangt große Opfer. Es ist aber auche<strong>in</strong> großes Geschenk, Christus ungeteilt anzugehören.In gewissem S<strong>in</strong>ne kann die Beziehung zu Christus für den


184Unverheirateten e<strong>in</strong>e viel tiefere Bedeutung haben als für denVerheirateten, weil das Herz dann ausschließlich auf Christusausgerichtet werden kann.Mehr als e<strong>in</strong>mal vergleicht Jesus das Königreich Gottes mite<strong>in</strong>em Hochzeitsfest. Er lädt die Seele e<strong>in</strong>, sich mit ihm zuvere<strong>in</strong>igen und will sich ihr ungeteilt schenken. Nichts kann dieInnigkeit dieser E<strong>in</strong>heit mit Jesus übertreffen. Dieser höchsteBund <strong>der</strong> Seele kann jede Leere füllen. Man denke z.B. an dieZeugnisse vieler Gläubigen, sowohl <strong>in</strong> <strong>der</strong> Vergangenheit wie<strong>in</strong> <strong>der</strong> Gegenwart, die jahre o<strong>der</strong> sogar jahrzehntelang umihres Glaubens willen <strong>in</strong> Gefängnissen leiden mussten. DurchGottes Gnade kann je<strong>der</strong> von uns auch dieses Band <strong>der</strong> Liebeund E<strong>in</strong>heit f<strong>in</strong>den.Im Lukasevangelium (Kapitel 14,16 20) spricht Jesus vondenen, die die E<strong>in</strong>ladung zum Festmahl ablehnen, weil ihnenihre eigenen Interessen wichtiger s<strong>in</strong>d. Letztlich geht es darum,ganz und gar ungeteilt zu se<strong>in</strong>. Damit Gott uns ganz erfüllt,damit wir vollständig frei werden, ihm zu folgen, müssen wiruns <strong>in</strong>nerlich von allem an<strong>der</strong>en leer machen. Die Gefahr e<strong>in</strong>esgespaltenen Herzens ist dann beson<strong>der</strong>s groß, wenn unsereLiebe alle<strong>in</strong> auf Gegenstände o<strong>der</strong> Menschen ausgerichtetist. Wenn unser <strong>in</strong>neres Auge nicht mehr auf Christus alle<strong>in</strong>gerichtet ist, dann können Mutterschaft, Vaterschaft, Familie,K<strong>in</strong><strong>der</strong> – ja, sogar die eheliche Geme<strong>in</strong>schaft und Zuneigung– zu Abgöttern werden, die unsere Liebe leicht völlig <strong>in</strong>Anspruch nehmen.Unser Herz muss alle<strong>in</strong> Gott gehören. Unsere Liebe zuChristus muss so stark werden, dass wir freudig zu jedem


185Opfer bereit s<strong>in</strong>d. Es ist unser Gebet, dass wir sterben, damitChristus von uns ausstrahlt, dass wir nicht mehr für uns selbstleben, son<strong>der</strong>n dass Christus <strong>in</strong> uns lebt.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Du fragst dich, ob Jesus dich um <strong>der</strong> Sache des ReichesGottes willen zur Ehelosigkeit beruft. Ich glaube, e<strong>in</strong>esolche Berufung zur Ehelosigkeit ist möglich, nicht nur fürKatholiken. Doch ich wäre sehr vorsichtig mit e<strong>in</strong>em solchenGelübde, es muss sorgfältig bedacht werden.Aus e<strong>in</strong>em Brief:De<strong>in</strong>e <strong>in</strong>nere Not und de<strong>in</strong>en Kampf, den Gedanken andas Heiraten aufzugeben, kann ich mir gut vorstellen.Du musst aber wissen, dass du nicht die e<strong>in</strong>zige bist, die nochke<strong>in</strong>en <strong>in</strong>neren Frieden <strong>in</strong> dieser Frage gefunden hat unddarunter leidet. Wir alle müssen bereit se<strong>in</strong>, uns von Gott sogebrauchen zu lassen, wie er es will. Der Gedanke, Gott würdedich nicht lieben, ist bestimmt vom Teufel. Du klammerstdich zu sehr an das e<strong>in</strong>e große Geschenk <strong>der</strong> Ehe, während esan<strong>der</strong>e, viel größere Gaben gibt, die Gott auch für dich bereithat. Das größte Geschenk aber ist e<strong>in</strong>e brennende Liebe zuChristus. Dafür alles aufzugeben, müssen wir bereit se<strong>in</strong>.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Das Verlangen nach e<strong>in</strong>em Partner ist <strong>in</strong> jedem Menschen.Daran ist nichts Falsches. Gott hat es <strong>in</strong> den Menschenh<strong>in</strong>e<strong>in</strong>gelegt. Doch <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Nachfolge</strong> Jesu können wir unsere


186Erfüllung f<strong>in</strong>den ohne zu heiraten, auch wenn es oft mit vielenTränen und Herzensqualen verbunden ist.Ich wünsche dir, dass du <strong>in</strong> Christus so völlig geheilt wirstund e<strong>in</strong>e solche Fülle des <strong>Leben</strong>s erfährst, dass <strong>in</strong> dir ke<strong>in</strong>erleiLeere bleibt. Das ist nur durch e<strong>in</strong>e tiefe H<strong>in</strong>gabe an Jesusselbst möglich und dadurch, dass du im tiefsten Herzen se<strong>in</strong>eGnade spürst.Möge de<strong>in</strong> <strong>Leben</strong> von Christus alle<strong>in</strong> gelenkt werden,so wie er es will. Dann wirst du e<strong>in</strong>mal, wenn du Christusbegegnest, mit brennen<strong>der</strong> Lampe als zubereitete Jungfrauvor ihm stehen.


18723. FamilieK i n d e rJesus sagt, nur K<strong>in</strong><strong>der</strong> – o<strong>der</strong> solche, die wie K<strong>in</strong><strong>der</strong> s<strong>in</strong>d– werden <strong>in</strong> das Himmelreich e<strong>in</strong>gehen können. (Mk10,14+15) Im Gegensatz zu Erwachsenen s<strong>in</strong>d K<strong>in</strong><strong>der</strong> ke<strong>in</strong>ezwiespältigen Geschöpfe. Sie s<strong>in</strong>d ungeteilt, sie s<strong>in</strong>d verletzbar,sie s<strong>in</strong>d ganz und gar abhängig von Vater und Mutter. Christusruft uns zu: Werdet wie die K<strong>in</strong><strong>der</strong>! Das heißt, alles fallenzu lassen, sich nur auf Gott und aufe<strong>in</strong>an<strong>der</strong> angewiesen zuwissen.Wenn wir als Eltern Gott von ganzem Herzen undganzer Seele lieben, dann werden unsere K<strong>in</strong><strong>der</strong> dierechte Ehrfurcht vor uns haben. Und wir werden Ehrfurcht vordem K<strong>in</strong>de, vor dem wun<strong>der</strong>baren Geheimnis des K<strong>in</strong>dse<strong>in</strong>s,haben. (vgl. Mt 18,3 6) Ehrfurcht vor dem guten Geist, <strong>der</strong>zwischen Eltern und K<strong>in</strong><strong>der</strong>n wirkt, ist die Grundlage e<strong>in</strong>eswahren Familienlebens.“Die Jünger kamen zu Jesus und fragten: ‚Wer ist <strong>der</strong>Größte im Himmelreich?’ Er rief e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d, stelltees vor sie h<strong>in</strong> und sprach: ‚Ich sage euch, wenn ihr nichtumkehrt und werdet wie die K<strong>in</strong><strong>der</strong>, so werdet ihr nicht <strong>in</strong>sHimmelreich kommen.’“ (Mt 18,1 3)Diese Worte Jesu zeigen, welch hohen Wert die Seele e<strong>in</strong>esK<strong>in</strong>des <strong>in</strong> Gottes Augen hat. Wir dürfen gewiss se<strong>in</strong>, dass dieHaare auf e<strong>in</strong>es jeden K<strong>in</strong>des Haupt von Gott gezählt s<strong>in</strong>d (Lk


18812,7), und dass jedem K<strong>in</strong>d e<strong>in</strong> Schutzengel zur Seite steht(Mt 18,10), <strong>der</strong> allezeit Zugang hat zum Throne Gottes.K<strong>in</strong>dliche Unschuld ist e<strong>in</strong> ungeheurer Segen. Da aber<strong>in</strong> allen K<strong>in</strong><strong>der</strong>n auch die Neigung zur Sünde schlummert,müssen wir sie recht leiten, damit sie ihre K<strong>in</strong>dlichkeit,nämlich ihre Herzensre<strong>in</strong>heit nicht verlieren. E<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>esK<strong>in</strong>d zur Sünde zu verleiten, ist e<strong>in</strong> furchtbares Verbrechen.(Mt 18,6)Deshalb ist es e<strong>in</strong>e äußerst wichtige Aufgabe <strong>der</strong> Elternund Erzieher, <strong>in</strong> den k<strong>in</strong>dlichen Herzen e<strong>in</strong>e tiefe Liebe zuGott, zu Jesus und zu den Mitmenschen zu entfachen. Esmuss ihr Anliegen se<strong>in</strong>, den K<strong>in</strong><strong>der</strong>n von Jesus zu erzählen:Wie er <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Stall zur Welt kam, wie er lebte und wirkteund Kranke heilte, wie er K<strong>in</strong><strong>der</strong> liebte und segnete, wie eram Kreuz starb und zu Ostern wie<strong>der</strong> auferstand, und wiebedeutsam die Engelwelt im <strong>Leben</strong> Jesu war. Es ist wichtig,dass K<strong>in</strong><strong>der</strong> zur Engelwelt und zum ganzen <strong>Leben</strong> Jesu e<strong>in</strong>ek<strong>in</strong>dliche E<strong>in</strong>stellung haben. K<strong>in</strong><strong>der</strong> erleben alles viel tieferund wirklichkeitsnäher, als wir ahnen.Es ist weit wichtiger, K<strong>in</strong><strong>der</strong> zu e<strong>in</strong>er brennenden Liebe zuChristus zu führen, als sie zu lehren, noch viel weniger zuzw<strong>in</strong>gen, morgens und abends auswendig Gebete aufzusagen,die nicht aus dem Herzen kommen. K<strong>in</strong><strong>der</strong> können lernen,Gott lieb zu gew<strong>in</strong>nen durch Lie<strong>der</strong> und Geschichten aus<strong>der</strong> Bibel, vor allem durch Geschichten aus dem <strong>Leben</strong> Jesu.Liebe zu Jesus <strong>in</strong> den K<strong>in</strong><strong>der</strong>n zu erwecken, ist die vornehmsteAufgabe <strong>der</strong> Eltern und Erzieher. Dann wird <strong>in</strong> ihnen auch<strong>der</strong> Wunsch geweckt, zu Jesus zu beten.


189Es ist zwecklos, K<strong>in</strong><strong>der</strong> dazu anzuhalten, die Bibel vonvorn nach h<strong>in</strong>ten zu kennen o<strong>der</strong> sie auswendig lernenzu lassen, wenn Gott nicht direkt zu ihren Herzen spricht.Wir müssen uns davor hüten, K<strong>in</strong><strong>der</strong> unter religiösen Druckzu setzen. Wir wünschen für sie e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>fache, k<strong>in</strong>dlicheE<strong>in</strong>stellung zu Gott, zu Jesus und zur Bibel.Ebenso wie wir immer wie<strong>der</strong> unser eigenes Herz re<strong>in</strong>igenmüssen, so müssen wir auch die Herzen <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong>vorbereiten, e<strong>in</strong> guter Boden für Gottes Wort zu werden.Gott leidet, wenn e<strong>in</strong> Herz wie e<strong>in</strong> festgetretener, ste<strong>in</strong>igero<strong>der</strong> dorniger Weg geworden ist. Ständiges Predigen bereitetjedoch ke<strong>in</strong>en guten Boden; es kann vielmehr das Herzverhärten.Je<strong>der</strong> Bru<strong>der</strong>hof hat se<strong>in</strong> eigenes K<strong>in</strong><strong>der</strong>haus, K<strong>in</strong><strong>der</strong>gartenund Grundschule. Wir glauben aber nicht, dass dieGeme<strong>in</strong>schaft die Hauptverantwortung für die Erziehung<strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> übernehmen soll. Das ist Sache <strong>der</strong> Eltern, die zuHause die Grundlagen für die Erziehung legen. Alle an<strong>der</strong>en,die <strong>in</strong> <strong>der</strong> Schule o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>weitig für die K<strong>in</strong><strong>der</strong> sorgen,können lediglich die geistige Atmosphäre des Elternhausesergänzen.Die <strong>in</strong>nere Sicherheit des K<strong>in</strong>des beg<strong>in</strong>nt mit se<strong>in</strong>erBeziehung zu se<strong>in</strong>en Eltern. Nicht umsonst heißt es <strong>in</strong> denZehn Geboten: „Ehre Vater und Mutter.“ (2.Mose 20,12) DieErfahrung zeigt, dass e<strong>in</strong> Mensch, <strong>der</strong> als K<strong>in</strong>d nicht gelernthat, Vater und Mutter zu ehren, sich später im <strong>Leben</strong> nurschwer <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gesellschaft zurechtf<strong>in</strong>det.


190Aus e<strong>in</strong>em Brief:Gottesfurcht muss mit <strong>der</strong> Ehrfurcht vor Vater und Mutterbeg<strong>in</strong>nen. Die Furcht Gottes ist biblisch (5.Mose 6,13),das heißt aber nicht, dass das K<strong>in</strong>d vor se<strong>in</strong>en Eltern o<strong>der</strong> vorGott Angst haben soll. Es bedeutet nichts an<strong>der</strong>es, als tiefeEhrfurcht und tiefe Liebe zu den Eltern zu haben.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Es heißt, die ersten vier Jahre im <strong>Leben</strong> e<strong>in</strong>es K<strong>in</strong>des seiendie entscheidendsten für se<strong>in</strong>e Erziehung. Hat e<strong>in</strong> dreio<strong>der</strong>vierjähriges K<strong>in</strong>d Ehrfurcht vor den Eltern und vor Gott,dann ist viel gewonnen. Dom<strong>in</strong>iert aber <strong>der</strong> Eigenwille schon<strong>in</strong> diesem Alter, dann wird es sehr schwer se<strong>in</strong>, ihn später zuüberw<strong>in</strong>den.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Was K<strong>in</strong><strong>der</strong>erziehung betrifft, so möchte ich sagen, dassich im allgeme<strong>in</strong>en davor Bedenken habe, <strong>in</strong> Extremezu fallen und wie e<strong>in</strong> Pendel von e<strong>in</strong>er Seite zur an<strong>der</strong>en zuschw<strong>in</strong>gen: von Depression zu übertriebener Freude, vonHärte zu Weichlichkeit, von e<strong>in</strong>er zu negativen E<strong>in</strong>stellung zue<strong>in</strong>er zu positiven, welche ke<strong>in</strong>e realen Probleme mehr sieht.Man muss e<strong>in</strong>en Weg f<strong>in</strong>den, um an alle Schwierigkeiten mitFreudigkeit, Geduld und liebevoller Klarheit heranzugehen.Wir Eltern sollten uns nicht <strong>der</strong> Illusion h<strong>in</strong>geben,unsere K<strong>in</strong><strong>der</strong> seien gut. Wir müssen achtgeben, ke<strong>in</strong>zu rosiges Bild von ihnen zu haben und nicht empf<strong>in</strong>dlich zureagieren, wenn jemand sich über ihr Benehmen beklagt. Wir


191sollten unsere K<strong>in</strong><strong>der</strong> so lieb haben, dass wir bereit s<strong>in</strong>d, umihre Seelen zu kämpfen.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Ihr fühlt euch absolut hilflos gegenüber dem schwierigenBenehmen eures K<strong>in</strong>des. Bitte versteckt euch nicht h<strong>in</strong>tere<strong>in</strong>er solchen Ausrede. Wir s<strong>in</strong>d alle hilflos und von Gottabhängig; ihr seid nicht an<strong>der</strong>s. Es ist jedoch e<strong>in</strong>e Sünde, dieHände zu r<strong>in</strong>gen und zu klagen: „Wir s<strong>in</strong>d hilflos!“ Als Elternseid ihr von Gott berufen, euerm K<strong>in</strong>d zu helfen und es zulieben, aber auch für es zu kämpfen, und wenn nötig, strengzu se<strong>in</strong> und fest zu bleiben. Die Hauptsache ist, dass ihr dasHerz eures K<strong>in</strong>des gew<strong>in</strong>nt.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Ihr seid besorgt über den Egoismus, die Ich Bezogenheitund den Unfrieden bei euern K<strong>in</strong><strong>der</strong>n. Dagegen müsstihr ganz fest auftreten. Eure K<strong>in</strong><strong>der</strong> s<strong>in</strong>d, wie ihr schreibt,herrisch, empf<strong>in</strong>dlich und respektlos, weil sie im Mittelpunktse<strong>in</strong> wollen. Macht Schluss mit <strong>der</strong> Weichheit, die ihrbekannt habt, aber werdet nicht hart, dar<strong>in</strong> liegt auch ke<strong>in</strong>eHilfe. F<strong>in</strong>det die rechte Festigkeit <strong>in</strong> <strong>der</strong> Liebe Gottes, <strong>der</strong> dieD<strong>in</strong>ge, von denen ihr sprecht, nicht duldet. Wir versagen anden K<strong>in</strong><strong>der</strong>n, wenn wir uns von unseren seelischen B<strong>in</strong>dungenund Gefühlen bestimmen lassen.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Ich flehe euch an, kämpft um eure K<strong>in</strong><strong>der</strong>. Es gibt ke<strong>in</strong>enGrund zum Verzweifeln, auch bei wie<strong>der</strong>holtem Versagen


192nicht. Man darf den Kampf nicht e<strong>in</strong>fach aufgeben. Wirkönnen es nicht zulassen, dass e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d zugrunde geht. HabtVerständnis für eure K<strong>in</strong><strong>der</strong>, seid streng mit ihnen und dannauch wie<strong>der</strong> sanft und liebevoll. Es wird nicht immer leichtse<strong>in</strong>, aber ihr seid vor Gott für eure K<strong>in</strong><strong>der</strong> verantwortlich.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Ich möchte euch dazu ermutigen, geduldig mit euernK<strong>in</strong><strong>der</strong>n umzugehen. Bis zu e<strong>in</strong>em gewissen Punkt istSchärfe gesund, Ungeduld niemals. Möge Gott uns geduldigeHerzen schenken.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Ich danke dir für de<strong>in</strong>en Brief über de<strong>in</strong>en Sohn. Se<strong>in</strong>Benehmen sche<strong>in</strong>t mir ganz normal für e<strong>in</strong> zweijährigesK<strong>in</strong>d. In me<strong>in</strong>er K<strong>in</strong>dheit war es so: Me<strong>in</strong>e Eltern me<strong>in</strong>ten,was sie sagten, und es gab ke<strong>in</strong>en Weg daran vorbei. Damitwill ich nicht behaupten, dass wir als Zweijährige immergehorsam waren. Doch später wäre es undenkbar gewesen,den Eltern micht zu gehorchen. Wir wurden fest, aber nichthart angepackt, und es bestand nicht <strong>der</strong> ger<strong>in</strong>gste Zweifel,dass Vater und Mutter me<strong>in</strong>ten, was sie sagten.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Danke für euern Brief, <strong>in</strong> dem ihr über die Schwierigkeitenmit euerm dreijährigen Sohn berichtet. K<strong>in</strong><strong>der</strong> <strong>in</strong>diesem jungen Alter brauchen die <strong>in</strong>nere Sicherheit e<strong>in</strong>erfesten Hand. Heftige Ausbrüche tun ihnen nicht gut, abere<strong>in</strong>e feste, liebevolle Führung wird helfen.


193Aus e<strong>in</strong>em Brief:Es ist ganz natürlich, dass dich die schwierige Situationde<strong>in</strong>er Tochter schmerzt. Es wäre ganz unnatürlich,wenn e<strong>in</strong>e Mutter dabei ke<strong>in</strong>en Schmerz verspürte. Aber lassdadurch de<strong>in</strong>en Glauben an Gott, an Christus und an dieGeme<strong>in</strong>de tiefer werden. Dann wirst du auch Glauben fürde<strong>in</strong>e Tochter f<strong>in</strong>den und ihr helfen können.Als junger Mann führte August<strong>in</strong>us e<strong>in</strong> sündhaftes <strong>Leben</strong>.Er hatte aber e<strong>in</strong>e sehr fromme Mutter, Monika, die ohneAufhören für ihn glaubte und betete, bis er zusammenbrachund Buße tat. Später wurde er e<strong>in</strong> Diener Christi, und seitJahrhun<strong>der</strong>ten bee<strong>in</strong>flußt er Menschen <strong>in</strong> ihrer Suche nachGott. Ich wünsche dir den Glauben <strong>der</strong> Monika. Er beg<strong>in</strong>ntmit dem Schmerz, unter dem du jetzt leidest. Gott ist größerals all unser Leid.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Es ist ke<strong>in</strong> guter Trend unserer Zeit, dass solche tiefenGeheimnisse des <strong>Leben</strong>s wie z.B. die Geburt e<strong>in</strong>es K<strong>in</strong>desre<strong>in</strong> wissenschaftlich erklärt werden. Auch wenn wir es re<strong>in</strong>biologisch erklären können, wie das K<strong>in</strong>d aus <strong>der</strong> Vere<strong>in</strong>igungvon zwei Zellen im Mutterleib entsteht, so ist das nur die halbeWahrheit. Die wirklich wichtigen D<strong>in</strong>ge – das Herabkommene<strong>in</strong>er Seele, das erste Lächeln des K<strong>in</strong>des, die Fähigkeiten desHerzens, <strong>der</strong> <strong>in</strong>nere Reichtum, den <strong>der</strong> Mensch erleben kann– diese D<strong>in</strong>ge können niemals erklärt werden. Da stehen wirvor <strong>der</strong> unsichtbaren Realität <strong>der</strong> Ewigkeit.


194E<strong>in</strong>em K<strong>in</strong>d zu viel über Sexualität, Geburt und Todzu erklären kann <strong>in</strong>neren Schaden anrichten. Es solltemöglichst vermieden werden. Damit wollen wir ke<strong>in</strong>eswegse<strong>in</strong>e Erziehung zur Prü<strong>der</strong>ie befürworten. Wir glauben, dassGeburt und Tod nur im Zusammenhang mit <strong>der</strong> himmlischenWelt ihr Bestehen haben und als dieser Welt zugehörig denK<strong>in</strong><strong>der</strong>n nahegebracht werden sollten.Bei allem, was wir an K<strong>in</strong><strong>der</strong>n schätzen, müssen wir unsdarüber klar se<strong>in</strong>, dass sie, wie alle Menschen, e<strong>in</strong>e Neigungzur Sünde ererbt haben. Deswegen müssen Eltern undErzieher den Kampf gegen alles Böse im K<strong>in</strong>de aufnehmen,<strong>in</strong> welcher Form es auch auftritt, als Lügen und Stehlen, alsRespektlosigkeit gegenüber Vater, Mutter und Lehrern, o<strong>der</strong>als sexuelle Unre<strong>in</strong>heit.Wir müssen auch sehr achthaben, schon von frühesterK<strong>in</strong>dheit an unsere K<strong>in</strong><strong>der</strong> nicht zu verwöhnen. Es schadetdem Charakter des K<strong>in</strong>des, wenn wir se<strong>in</strong>en Neigungen zu sehrnachgeben. Schlappheit und Mangel an Selbstbeherrschungs<strong>in</strong>d Zeichen von Egoismus, und Egoismus führt stets zurSünde. Weichheit gegen sich selbst kann noch verschlimmertwerden durch e<strong>in</strong>e ungesunde emotionale Beziehung zwischenK<strong>in</strong><strong>der</strong>n und Eltern o<strong>der</strong> Erziehern.Wie nimmt man den Kampf gegen die Sünde <strong>in</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong>nauf? Das ist e<strong>in</strong>e schwierige Frage. Wenn es sich zum Beispielum Unanständigkeiten handelt, die bei K<strong>in</strong><strong>der</strong>n meist damitbeg<strong>in</strong>nen, dass sie sich vore<strong>in</strong>an<strong>der</strong> entblößen und gegenseitigberühren, fühlt das K<strong>in</strong>d <strong>in</strong>st<strong>in</strong>ktiv, dass das nicht recht ist.Diese Unanständigkeiten führen fast immer zum Lügen.


195Wir sollten uns <strong>in</strong> Acht nehmen, den K<strong>in</strong><strong>der</strong>n gegenüberdiese D<strong>in</strong>ge nicht zu stark zu betonen; das könnte ihreAufmerksamkeit noch mehr auf das sexuelle Gebiet lenken.Vielleicht ist es das Beste, mit e<strong>in</strong>er leichten Bestrafung dieSache abzuschließen und die Gedanken <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> auf an<strong>der</strong>eD<strong>in</strong>ge zu lenken.Wir Erwachsenen vergessen nur zu leicht, dass viele D<strong>in</strong>gefür K<strong>in</strong><strong>der</strong> nicht dasselbe bedeuten wie für uns. Wir dürfenniemals unsere eigenen Gedanken, Gefühle o<strong>der</strong> Erlebnisse<strong>in</strong> das K<strong>in</strong>d h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>projizieren. Auch dürfen wir nie vergessen,dass es <strong>in</strong> gewisser Weise bei K<strong>in</strong><strong>der</strong>n natürlich ist, durchPerioden sexueller Neugier h<strong>in</strong>durchzugehen. Das darf nichtmit Sünde verwechselt werden. Mit zu langem Ausfragenrichtet man leicht Schaden an, weil das K<strong>in</strong>d sich dabei ausAngst immer tiefer <strong>in</strong> Lügen verstricken kann. Wir sollten aberunsere K<strong>in</strong><strong>der</strong> so leiten, dass ihre Seelen re<strong>in</strong> und unschuldigbleiben.Es ist sehr unrecht, K<strong>in</strong><strong>der</strong> o<strong>der</strong> Jugendliche abzustempeln,vor allem, wenn es sich um geschlechtliche Verfehlungenhandelt. In unserer Beurteilung k<strong>in</strong>dlicher Fehltritte solltenwir uns davor hüten, vorschnell zu negativen Schlüssen <strong>in</strong>Bezug auf den Charakter e<strong>in</strong>es K<strong>in</strong>des und se<strong>in</strong>e zukünftigeEntwicklung zu kommen. Eher sollten wir ihm dazu verhelfenetwas zu f<strong>in</strong>den, was se<strong>in</strong> Interesse erweckt und ihm helfen,e<strong>in</strong>en fröhlichen Anfang zu machen.Die Erfahrung zeigt, dass wir den Weg zum Herzen e<strong>in</strong>esK<strong>in</strong>des f<strong>in</strong>den, sobald wir an se<strong>in</strong> Gewissen appellieren. ImGrunde sehnt sich ja jedes K<strong>in</strong>d nach e<strong>in</strong>em re<strong>in</strong>en Gewissen.


196Dieses Verlangen sollten wir unterstützen, denn das K<strong>in</strong>dleidet, wenn se<strong>in</strong> Gewissen belastet ist.Von e<strong>in</strong>em gewissen Zeitpunkt an ist e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d nichtmehr e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d im wahren S<strong>in</strong>ne des Wortes. In demAugenblick, wo e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d bewusst sündigt, hört es auf, K<strong>in</strong>dzu se<strong>in</strong>. Dann ist es die Aufgabe <strong>der</strong> Eltern und Lehrer, demjungen Menschen zur Umkehr zu verhelfen, und ihn zumErlebnis <strong>der</strong> Sündenvergebung durch Jesus h<strong>in</strong>zuleiten. Durchdas Kreuz Jesu kann das verlorengegangene k<strong>in</strong>dliche Wesenneu geschenkt werden.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Fraglos lernen K<strong>in</strong><strong>der</strong> auf unterschiedliche Art undWeise. Manche K<strong>in</strong><strong>der</strong> lernen am besten durch Hören,an<strong>der</strong>e durch Anschauung. Wir müssen versuchen, jedemK<strong>in</strong>d gerecht zu werden. Dabei haben wir nicht vor, alleK<strong>in</strong><strong>der</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e akademische Laufbahn zu drängen, das kämegar nicht <strong>in</strong> Frage. Das Wichtigste ist, dass K<strong>in</strong><strong>der</strong> von Liebeumgeben s<strong>in</strong>d.Geistige o<strong>der</strong> <strong>in</strong>tellektuelle Arbeit muss se<strong>in</strong>, aber wehe uns,wenn sie auf Kosten des K<strong>in</strong>des und se<strong>in</strong>er K<strong>in</strong>dlichkeitgeschieht. Die törichte Arroganz von Lehrern, sich selbst undan<strong>der</strong>e „Auserwählte“ für <strong>in</strong>tellektuell beson<strong>der</strong>s begabt zuhalten, und dadurch an<strong>der</strong>e auszuschließen, ist Dummheitund Sünde. Wir wollen uns von Christus regieren lassen, dem


197Haupt <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de. In ihm ist echtes k<strong>in</strong>dliches Wesen,wahre Barmherzigkeit und Gnade.Aus e<strong>in</strong>em Brief an e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>es K<strong>in</strong>d:Wenn du Jesus hören willst, wie er zu dir spricht, musstdu <strong>in</strong> de<strong>in</strong> Herz h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>horchen. Wenn du Gott und Jesuslieb hast, wenn du Vater und Mutter und de<strong>in</strong>e Geschwister liebhast, das ist die Stimme Jesu, <strong>der</strong> <strong>in</strong> de<strong>in</strong> Herz spricht.J u g e n dHeranwachsende Jungen und Mädchen zu Jesus zuführen, ihnen zu zeigen, wie wun<strong>der</strong>bar GottesSchöpfung ist, trotz <strong>der</strong> schrecklichen Unre<strong>in</strong>heit, Korruptionund Dunkelheit unserer Zeit, das ist e<strong>in</strong>e herrliche Aufgabe.Beson<strong>der</strong>s wichtig ist es, dass junge Menschen niemals dieEhrfurcht vor Gott und die Achtung vor Vater und Mutterverlieren, auch wenn sie sich schwer versündigen.Wir Eltern sollten das Vertrauen unserer K<strong>in</strong><strong>der</strong> vonfrühestem Alter an gew<strong>in</strong>nen und nicht warten, bis etwaim Alter von fünf o<strong>der</strong> sechs Jahren Probleme auftauchen.Warten wir zu lange, so werden wir vielleicht nur nochäußeren Gehorsam erzielen, aber nicht mehr das <strong>in</strong>nere Echonoch den Respekt, was beides äußerst notwendig ist, wennes gilt, Probleme wie Lügen, Unsittlichkeit und Ungehorsamanzupacken. Wenn dagegen e<strong>in</strong> vertrauens und erfurchtsvollesVerhältnis besteht, kann e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d sich unmöglich den Elternwi<strong>der</strong>setzen.


198Manche Jugendliche gehen durch schwierigere Entwicklungsphasenh<strong>in</strong>durch als an<strong>der</strong>e, und wir dürfen sie nichtzu streng behandeln und richten. Unsere Hauptaufgabe ist,sie zu Buße, Bekehrung und Glauben zu führen. Ich glaubenicht, dass dies durch harte Strafen erreicht werden kann.Solange noch wenigstens e<strong>in</strong> Fünkchen Ehrfurcht vor Gottund den Eltern da ist, bleibt <strong>der</strong> Weg zum Herzen des K<strong>in</strong>desoffen. Wo auch dieser letzte Ehrfurchtsfunke erloschen ist,gilt es, durch fürbittendes Gebet für e<strong>in</strong>e völlige Bekehrungzu kämpfen, denn das ist etwas, was wir Menschen nie durchÜberredung zuwege br<strong>in</strong>gen können.Aus e<strong>in</strong>em Brief:De<strong>in</strong> Sohn wird langsam erwachsen, und daraus entstehtdir als Vater e<strong>in</strong>e große Verantwortung. Ich würde ihmsagen, dass die magnetischen Anziehungskräfte zwischenJungen und Mädchen ganz natürlich s<strong>in</strong>d. Aber sie müssenvon Gott regiert werden, und ihre Entfaltung muss für se<strong>in</strong>espätere Braut aufbewahrt werden. Du kannst mit ihm überdie <strong>in</strong>timen körperlichen Beziehungen zwischen Mann undFrau sprechen. Ich me<strong>in</strong>e, du hast schon e<strong>in</strong>e gute Grundlagegelegt, um ihn aufzuklären. In <strong>der</strong> öffentlichen Schule wir<strong>der</strong> reichlich über diese D<strong>in</strong>ge hören, und es ist besser, er hörtsie zuerst von dir.Aus e<strong>in</strong>em Brief:An de<strong>in</strong>er Stelle würde ich klar und deutlich mitde<strong>in</strong>em Sohn über die Entwicklung, die se<strong>in</strong> Körperdurchmachen wird, sprechen. Sage ihm, wenn er es jetzt lernt,


199se<strong>in</strong>e Geschlechtstriebe zu beherrschen, dann wird es ihmspäter im <strong>Leben</strong> nicht schwerfallen. Wenn er es jetzt nichtfertigbr<strong>in</strong>gt, wird er später e<strong>in</strong>en schweren Kampf haben. Ichwürde ihm auch sagen, dass Sex ausschließlich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ehe undnirgendwo an<strong>der</strong>s se<strong>in</strong>en Platz hat. Er soll sich re<strong>in</strong> halten fürdas e<strong>in</strong>e Mädchen, das e<strong>in</strong>es Tages se<strong>in</strong>e Braut werden wird.Es wird nicht leicht se<strong>in</strong>, das <strong>in</strong> Worte zu fassen, denn alleswas du sagst, muss unter dem Licht Gottes stehen und mitEhrfurcht vor ihm ausgesprochen werden. Ich b<strong>in</strong> sicher, erwird dir den rechten Weg zeigen.Me<strong>in</strong> Vater hatte stets e<strong>in</strong> offenes Herz für jungeMenschen , aber er hat ke<strong>in</strong>e weltliche o<strong>der</strong> erotischeAtmosphäre geduldet. E<strong>in</strong> großes Herz haben bedeutetniemals, dem Teufel Zugeständnisse zu machen.Aus e<strong>in</strong>em Brief an e<strong>in</strong>en 17 jährigen:Lieber Bru<strong>der</strong>, ich freue mich, dass du e<strong>in</strong>en neuen Anfangmachen willst. Ich glaube, du warst e<strong>in</strong> recht stolzerjunger Mann. Lies das Alte und Neue Testament, dann wirstdu erkennen, dass <strong>der</strong> Stolz im Menschen Gott daran h<strong>in</strong><strong>der</strong>t,zu ihm zu sprechen und <strong>in</strong> ihm zu wirken. In de<strong>in</strong>em täglichen<strong>Leben</strong> hast du dich nur um dich selbst gedreht, aber ichdanke Gott, dass du jetzt mit de<strong>in</strong>er Ich Bezogenheit Schlussmachen willst. Sei e<strong>in</strong> Beispiel <strong>der</strong> H<strong>in</strong>gabe und Demut, gib<strong>in</strong> <strong>der</strong> Schule e<strong>in</strong> Zeugnis für Jesus, das wird <strong>in</strong> unserer Zeitso sehr gebraucht.


200Aus e<strong>in</strong>em Brief:Ich denke oft an die Worte Jesu: „Was nützt es demMenschen, die ganze Welt zu gew<strong>in</strong>nen auf Kosten se<strong>in</strong>erSeele?“ (Mt 16,26), beson<strong>der</strong>s wenn ich sehe, was heutzutageauf dem Gebiet <strong>der</strong> Psychologie gelehrt wird. Ich bange umihre Seelen. Was mir Sorge bereitet ist, dass die nie<strong>der</strong>enInst<strong>in</strong>kte <strong>in</strong> den Mittelpunkt gerückt und als harmlosangesehen werden, weil sie im Menschen angelegt s<strong>in</strong>d. Esist gefährlich, die Beschaffenheit <strong>der</strong> menschlichen Seele zuerklären, ohne ihre Beziehung zu Gott <strong>in</strong> Betracht zu ziehen.Aus e<strong>in</strong>em Brief an e<strong>in</strong> körperlich beh<strong>in</strong><strong>der</strong>tes K<strong>in</strong>d:Du hast e<strong>in</strong>en schwachen Körper, aber e<strong>in</strong>e lebendigeSeele. Danke Gott dafür! Es gibt viele Menschen aufdieser Welt, die e<strong>in</strong>en starken Körper, aber e<strong>in</strong>e abgestumpfteSeele haben. In Wirklichkeit s<strong>in</strong>d alle Menschen von Gottabhängig, auch wenn sie stark und gesund s<strong>in</strong>d, nur erkennensie das oft gar nicht. Das Wun<strong>der</strong>bare ist, dass du es weißt.Halte daran fest, Jesus wird dich durch alles h<strong>in</strong>durchführen.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Man ist niemals zu jung, um se<strong>in</strong> <strong>Leben</strong> Jesus zu gebenund se<strong>in</strong>e Nähe zu spüren. Ich freue mich, dass duGott alles überlassen willst und dass du demütig se<strong>in</strong> möchtest.Halte daran fest, auch wenn es durch schwere Zeiten geht.Es gibt ke<strong>in</strong> <strong>Leben</strong> <strong>der</strong> <strong>Nachfolge</strong> ohne Not und Kampf. Ichwünsche dir Gottes Behütung <strong>in</strong> allem, was du durchmachenwirst. Mögen die durchbohrten Hände Jesu dich festhalten,so wie du dich an ihm festhalten willst.


201Aus e<strong>in</strong>em Brief:Du hast recht, es ist nicht die Hauptsache, sichdem Bru<strong>der</strong>hof anzuschließen, son<strong>der</strong>n Christusnachzufolgen. Wenn du dir darüber im Klaren bist, dannwird Gott dir den besten Weg zeigen, das zu verwirklichenWir werden dich dar<strong>in</strong> unterstützen, auch wenn de<strong>in</strong> Wegnicht <strong>der</strong> Weg <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>schaft ist.Aus e<strong>in</strong>em Brief:An Gott ausschließlich als an den unendlich geduldigenund vergebenden zu denken, macht aus ihm etwas ganzan<strong>der</strong>es, als er <strong>in</strong> Wirklichkeit ist. Gott will gefürchtet werden:Es ist furchtbar, <strong>in</strong> se<strong>in</strong>e Hände zu fallen. (Hebr 10,31) De<strong>in</strong>eAuffassung von Gott ist nicht Gott, sie ist das Werkzeuge<strong>in</strong>er frechen jungen Frau. Bisher hast du de<strong>in</strong> <strong>Leben</strong> alle<strong>in</strong>ebestimmt. Ich bitte dich <strong>in</strong>ständig, habe Ehrfurcht vor GottesZorn.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Es ist gut, dass du erkennst, dass die <strong>Nachfolge</strong> Jesu vielLeid, vielleicht sogar den Tod um se<strong>in</strong>etwillen bedeutenkann. Da heißt es, mutig aufzutreten gegen den bösenGeist , dem du <strong>in</strong> <strong>der</strong> Welt, auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> öffentlichen Schulebegegnest. Ich kann gut verstehen, dass es vieles gibt, wasdich <strong>in</strong> Versuchung br<strong>in</strong>gt, beson<strong>der</strong>s auf sexuellem Gebiet.Nimmst du aber e<strong>in</strong>e klare Haltung für Jesus e<strong>in</strong>, dann wirstdu durch se<strong>in</strong> klares Licht e<strong>in</strong>e Abscheu vor dieser unre<strong>in</strong>enAtmosphäre empf<strong>in</strong>den. Möge Jesus dich von Tag zu Tagführen, mögest du niemals von se<strong>in</strong>em Willen weichen.


202Aus e<strong>in</strong>em Brief an e<strong>in</strong>en 13 jährigen:Bereits <strong>in</strong> de<strong>in</strong>em Alter steht man vor e<strong>in</strong>er Entscheidung:entwe<strong>der</strong> für o<strong>der</strong> gegen Jesus. Entscheidest du dichnicht für ihn, so wirst du dich gegen ihn entscheiden. Das iste<strong>in</strong>fach so, man kann nicht neutral bleiben.Aus e<strong>in</strong>em Brief an e<strong>in</strong>e Student<strong>in</strong>:Jesus sagt, er ist <strong>der</strong> gute Hirte, se<strong>in</strong>e Schafe kennen ihnund kennen se<strong>in</strong>e Stimme. (Joh 10,14). Du gehörst zuse<strong>in</strong>er Herde, und ich hoffe, du f<strong>in</strong>dest Zeiten <strong>der</strong> Stille, <strong>in</strong>denen du se<strong>in</strong>e Stimme hörst und <strong>in</strong>nere Erfrischung erfährst.Ich weiß, dass es <strong>in</strong> <strong>der</strong> Großstadt viele D<strong>in</strong>ge gibt, die dichablenken und dich ermüden, ganz abgesehen von den vielenStunden, die du täglich zu arbeiten hast. Auch wenn duschon so nahe am Ziel bist, ist de<strong>in</strong> <strong>in</strong>neres <strong>Leben</strong> wichtigerals <strong>der</strong> Doktortitel. Trotzdem möchte ich dich ermutigen,dranzubleiben. Es ist gut für den Charakter, etwas bis zumEnde durchzuführen.Fa m i l i e n b a n d eChristus gab se<strong>in</strong> <strong>Leben</strong> für die Geme<strong>in</strong>de h<strong>in</strong>. Er liebtsie von Herzen. Er ist <strong>der</strong> Erlöser <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de,daher ist sie von ihm abhängig. Im Evangelium wird dieGeme<strong>in</strong>de mit e<strong>in</strong>er Braut verglichen, und Christus mitihrem Bräutigam. Christus hat aber nicht nur freundlicheWorte für die Geme<strong>in</strong>de, er züchtigt sie auch mit Schärfe.(Offb 2,16+23) So darf auch das Familienleben nicht von


203weicher Gefühlsbetontheit bestimmt werden, we<strong>der</strong> zwischenMann und Frau, noch zwischen Eltern und K<strong>in</strong><strong>der</strong>n. E<strong>in</strong> allzuemotional betontes Verhältnis <strong>in</strong> den Beziehungen zerstörtdie Klarheit Christi. (Eph 5,22–33)Aus e<strong>in</strong>em Brief:Ich verstehe, dass du darum r<strong>in</strong>gst, dem Gebot „Ehre Vaterund Mutter“ nachzukommen. Du schreibst, du liebst de<strong>in</strong>enVater sehr, und das ist die Hauptsache: Es bedeutet so viel, wieihn zu ehren. Aber dass du se<strong>in</strong> Verhalten missbilligst, ist auchrecht vor Gott. Jesus sagt: „Wenn jemand zu mir kommt undhasst nicht se<strong>in</strong>en Vater, Mutter, Frau und K<strong>in</strong><strong>der</strong>, Brü<strong>der</strong> undSchwestern und dazu sich selbst, <strong>der</strong> kann nicht me<strong>in</strong> Jüngerse<strong>in</strong>.“ (Lk 14,26) Das Wort „Hass“ braucht dich nicht zuerschrecken. Jesus lehrt ke<strong>in</strong>en Hass. Hier bedeutet „hassen“,e<strong>in</strong>e klare Haltung gegen etwas Falsches e<strong>in</strong>zunehmen. Wenndu diese Worte und das Gebot, Vater und Mutter zu ehren,(2.Mose 20,12) als e<strong>in</strong>e Richtl<strong>in</strong>ie akzeptierst, dann wirst dudie richtige E<strong>in</strong>stellung zu de<strong>in</strong>en Eltern f<strong>in</strong>den.Die For<strong>der</strong>ung Jesu, e<strong>in</strong> heiliges <strong>Leben</strong> zu führen, reichtbis <strong>in</strong> die engsten Familienbande: „Wer Vater undMutter mehr liebt als mich, <strong>der</strong> ist me<strong>in</strong>er nicht wert; und werSohn o<strong>der</strong> Tochter mehr liebt als mich, <strong>der</strong> ist me<strong>in</strong>er nichtwert. Und wer nicht se<strong>in</strong> Kreuz auf sich nimmt und folgt mirnach, <strong>der</strong> ist me<strong>in</strong>er nicht wert.“ (Mt 10,37+38) Wollen wirJünger Jesu se<strong>in</strong>, so müssen wir diese Worte ernst nehmen.Jesus fährt fort: „Wer se<strong>in</strong> <strong>Leben</strong> f<strong>in</strong>den will, <strong>der</strong> wird’s


204verlieren, und wer se<strong>in</strong> <strong>Leben</strong> verliert um me<strong>in</strong>etwillen, <strong>der</strong>wird’s f<strong>in</strong>den.“ (Mt 10,39) Verlieren wir uns also vollständigum Jesu willen, dann f<strong>in</strong>den wir das ewige <strong>Leben</strong>. Klammernwir uns aber an unsere eigenen Vorstellungen und Ziele, anEigentum, Familie o<strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong>, dann verlieren wir alles.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Ich fürchte, du hast de<strong>in</strong>e erwachsenen K<strong>in</strong><strong>der</strong> zu fest andich gebunden. Das hat auch zur Entzweiung zwischende<strong>in</strong>em Mann und dir beigetragen. De<strong>in</strong>e Töchter s<strong>in</strong>d nichtfrei für Gott gewesen. Eltern müssen ihren K<strong>in</strong><strong>der</strong>n Freiheitlassen, auch dann schon, wenn sie noch kle<strong>in</strong> s<strong>in</strong>d, aber umsomehr, wenn sie erwachsen s<strong>in</strong>d. Ich me<strong>in</strong>e nicht die FreiheitUnrecht zu tun, son<strong>der</strong>n Freiheit von e<strong>in</strong>er falschen seelischenB<strong>in</strong>dung an Vater und Mutter.Wir müssen die Worte Jesu recht verstehen: „Wer nichtVater o<strong>der</strong> Mutter, Frau und K<strong>in</strong><strong>der</strong> hasst, kannnicht me<strong>in</strong> Jünger se<strong>in</strong>.“ (Lk 14,26) Jesus me<strong>in</strong>t hier nichtregelrechten Hass, denn es heißt ja auch: „Wer se<strong>in</strong>en Bru<strong>der</strong>hasst, ist e<strong>in</strong> Mör<strong>der</strong>.“ (1.Joh 3,15) Jesus me<strong>in</strong>t vielmehr, dasser uns über alles gehen muss, auch über alle emotionalenB<strong>in</strong>dungen <strong>der</strong> Familie. Oft s<strong>in</strong>d diese seelischen Bandemit dem Mammon vermischt, doch nicht immer. Je<strong>der</strong>muss mit sich selbst unerbittlich se<strong>in</strong> und die D<strong>in</strong>ge mit <strong>der</strong>Entschiedenheit Christi angehen.E<strong>in</strong>s ist klar: E<strong>in</strong>e Familie, <strong>in</strong> <strong>der</strong> ke<strong>in</strong>e Liebe herrscht,ist gottlos; aber <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Familie, die von den vernebelten


205Emotionen <strong>der</strong> Blutbande beherrscht ist, wird man ke<strong>in</strong>eLiebe zu Gott und zu Christus f<strong>in</strong>den. Lasst uns e<strong>in</strong>an<strong>der</strong>lieben mit <strong>der</strong> Liebe Christi und des Heiligen Geistes. Dannwerden die gottgewollten Bande zwischen Vater, Mutter undK<strong>in</strong><strong>der</strong>n Gottes Segen haben.


20624. Krankheit und TodAus e<strong>in</strong>em Brief:Krankheit ist immer etwas Böses, und doch müssen wir sieannehmen als von Gottes Hand kommend. Das ist e<strong>in</strong>Paradox, wie wir es auch am Kreuz erkennen können. Gottbenutzte das Kreuz, den Menschen zu erlösen; doch zugleichwar es e<strong>in</strong> Werk des Teufels.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Ich kann de<strong>in</strong>e Furcht angesichts <strong>der</strong> bevorstehendenOperation gut verstehen, ich hätte auch Angst. Dochglaube ich, dass du <strong>in</strong> Gottes Hand bist, er weiß um de<strong>in</strong>eFurcht. Es gibt unendlich viele Bibelstellen, die uns aufrufen,uns nicht zu fürchten, son<strong>der</strong>n ganz fest auf Gott zu vertrauen.Das wünsche ich dir: Gib de<strong>in</strong> <strong>Leben</strong> vertrauensvoll <strong>in</strong> se<strong>in</strong>eHände.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Ich würde dir raten, dich nicht so sehr um de<strong>in</strong>e Gesundheitzu sorgen. Der gesündeste Mensch würde verrückt, wenner dauernd se<strong>in</strong>en Puls fühlen o<strong>der</strong> se<strong>in</strong>en Herzschlag abhörenwürde. In Wirklichkeit geht es bei dir um die Angst vor demTode und vor dem Unbekannten. Aller Wahrsche<strong>in</strong>lichkeitnach hast du noch e<strong>in</strong>ige Jahrzehnte zu leben. Aber du musstdir dessen bewusst se<strong>in</strong>, dass du e<strong>in</strong>mal vor <strong>der</strong> Ewigkweitstehen wirst. Wir alle müssen unser <strong>Leben</strong> so gestalten, dasswir je<strong>der</strong>zeit <strong>der</strong> Ewigkeit begegnen können. Kurz bevor


207me<strong>in</strong>e Tante starb, schien es, als ob sie e<strong>in</strong>en flüchtigen Blick<strong>in</strong> die Ewigkeit getan hätte. Sie sagte: „ Es ist so schön, jaso wun<strong>der</strong>bar! Das <strong>Leben</strong> dort ist so viel wirklicher als dashier auf <strong>der</strong> Erde!“ Diese E<strong>in</strong>stellung war das Ergebnis unddie Erfüllung e<strong>in</strong>es <strong>Leben</strong>s <strong>der</strong> H<strong>in</strong>gabe. Das wünsche ich dirund grüße dich <strong>in</strong> Liebe.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Du schreibst, dass es mit dir körperlich bergab geht. Ichglaube aber, Jesus wird dir mit se<strong>in</strong>er Liebe und se<strong>in</strong>erKraft helfen; wenn nicht durch körperliche Heilung, danndadurch, dass er dir <strong>in</strong>neren Frieden und die Freude gibt,de<strong>in</strong>e Krankheit zu ertragen. Ich danke Gott, dass du stetsdiesen Frieden f<strong>in</strong>dest, wenn du dich an ihn wendest. Es iste<strong>in</strong> Geschenk, dass du im Blick auf die Not <strong>der</strong> ganzen Weltde<strong>in</strong> Leiden als ger<strong>in</strong>g ansehen kannst. Das kann nur Gottbewirken. Ich bete um Kraft und Führung für dich.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Falle de<strong>in</strong>en dunklen und furchtsamen Gedanken nichtzum Opfer. Wenn du Angst vor allem hast – vor dirselbst, vor de<strong>in</strong>er Schwachheit, vor de<strong>in</strong>er Sündhaftigkeit, voran<strong>der</strong>en Menschen, vor <strong>der</strong> Möglichkeit, Fehler zu machenund so weiter – dann wird de<strong>in</strong>e Seele krank werden.Du hast recht, wenn du sagst:“ Die e<strong>in</strong>zig wahre Heilungf<strong>in</strong>det man durch den Glauben an Jesus“. Welch e<strong>in</strong>ewun<strong>der</strong>volle Wahrheit! Durch Jesus verschw<strong>in</strong>det alle Furcht.Halte daran fest!


208Jakobus schreibt, wenn jemand schwer krank ist, soll er dieÄltesten <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de rufen, im Namen des Herrn für ihnzu beten und ihn mit zu Öl salben. In diesem Zusammenhangschreibt er auch: „Bekennt e<strong>in</strong>an<strong>der</strong> eure Sünden und betetfür e<strong>in</strong>an<strong>der</strong>, dass ihr gesund werdet. Denn das <strong>in</strong>ständigeGebet e<strong>in</strong>es Gerechten hat große Kraft.“ (Jak 5,14 16)In diesem S<strong>in</strong>ne legen wir unseren Schwerkranken die Händeauf. Die Salbung ist e<strong>in</strong> Ausdruck unseres <strong>in</strong>neren Beistandsund <strong>der</strong> vollen Vergebung da, wo etwas <strong>der</strong> Vergebung bedarf.So ernst die Krankheit auch se<strong>in</strong> mag, das <strong>Leben</strong> des Krankenist <strong>in</strong> Gottes Hand, und <strong>in</strong> <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de geborgen.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Was müssen wir tun, um die Gabe <strong>der</strong> Heilung zuempfangen? Im 1.Kor<strong>in</strong>therbrief (Kap.12,30) wirdklar gesagt, dass die Gabe <strong>der</strong> Heilung nicht jedem gegebenist; wohl aber kann sie <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de als solcher gegebenwerden. Die Bed<strong>in</strong>gung für den Empfang e<strong>in</strong>er so beson<strong>der</strong>enGabe ist geistige Armut und e<strong>in</strong> re<strong>in</strong>es Herz vor Gott. Ist unsalso die Gabe <strong>der</strong> Krankenheilung nicht gegeben, so liegt eswahrsche<strong>in</strong>lich an uns selbst. Es ist aber auch möglich, dass esnicht Gottes Wille ist.Die Gabe <strong>der</strong> Heilung, wie Gott sie den Blumhardt <strong>in</strong>so hohem Maße gab, war bemerkenswert. Gegen Endese<strong>in</strong>es <strong>Leben</strong>s hat sich jedoch <strong>der</strong> jüngere Blumhardt mehr undmehr gescheut, diese Gabe anzuwenden, denn er empfand, dasses nicht länger Gott war, <strong>der</strong> durch diese Wun<strong>der</strong>heilungen


209geehrt wurde. Menschen wurden geheilt, aber nur ihr Körper.Danach prahlten sie mit ihrer Heilung und e<strong>in</strong>ige ließen sichsogar deshalb verehren. Blumhardt empfand, dass Gott nichtlänger durch ihn wirken konnte, wenn die Heilung nicht mehrHand <strong>in</strong> Hand mit <strong>der</strong> Buße g<strong>in</strong>g.Blumhardts Haltung sollte uns zu denken geben. WennGott uns e<strong>in</strong>e Gabe gibt, so möchte er, dass wir sie <strong>in</strong> allerStille annehmen. Wird uns die Gnade <strong>der</strong> Krankenheilunggegeben, dann sollen nicht wir dadurch geehrt werden,son<strong>der</strong>n Gott.Beide Blumhardts warnten oft: „Empfängst du e<strong>in</strong>ebeson<strong>der</strong>e Gnade, lass sie e<strong>in</strong> Geheimnis zwischen dir undGott se<strong>in</strong> und stelle sie nicht zur Schau. Bleibe natürlich undgib Gott die Ehre.“ Auch betonten sie, dass Heilung nicht dasWichtigste sei; es ist ke<strong>in</strong>e Sünde, krank zu se<strong>in</strong>. Viel wichtigerist es, se<strong>in</strong> <strong>Leben</strong> Gott zu übergeben, auch im Krankheitsfalle,als geheilt zu werden und dann Gott zu vergessen. Sie fügtenh<strong>in</strong>zu: „Wenn Gott dich heilt, sei froh, aber behalte de<strong>in</strong>eFreudigkeit <strong>in</strong> Krankheitszeiten.“Aus e<strong>in</strong>em Brief:Gott hat <strong>in</strong> diesen Tagen durch den plötzlichen Tod <strong>in</strong>eurer Familie zu uns allen gesprochen. Wir wollen euernSchmerz mit euch tragen. Ich weiß, dass dieser Schmerz nichtso schnell vergehen wird, aber vielleicht ist das auch GottesWille. Schmerz kann uns etwas <strong>in</strong>s Herz senken und unser<strong>Leben</strong> vertiefen.


210Nach dem Tod e<strong>in</strong>es Neugeborenen:Es ist sehr schwer zu verstehen, warum e<strong>in</strong> Menschenlebenvon Gott gesandt wird, um nur e<strong>in</strong>e Stunde lang aufErden zu leben. Wir stehen hier vor e<strong>in</strong>em Geheimnis Gottes.Wir möchten fragen: „Warum ist das geschehen? Warum?“Gott alle<strong>in</strong> weiß es. Und wir glauben an ihn und an se<strong>in</strong>enSohn, den guten Hirten, auch für die kle<strong>in</strong>en Lämmer, wiedieses kle<strong>in</strong>e Wesen.Kurz vor dem Tod des eigenen K<strong>in</strong>des:Wir wissen e<strong>in</strong>fach nicht, was hier <strong>der</strong> Wille Gottesist – ob dieses K<strong>in</strong>d zum <strong>Leben</strong> bestimmt ist o<strong>der</strong>nicht. Aber das wissen wir: Wenn es se<strong>in</strong> Wille ist, wird dasK<strong>in</strong>d gesund werden. Nachdem die Ärzte gesagt haben, dasssie nichts mehr tun können, bleibt uns immer noch dasVersprechen, dass Jesus Christus alles tun kann, wenn wir nurglauben. In irgende<strong>in</strong>er Weise wird durch dieses kle<strong>in</strong>e K<strong>in</strong>d<strong>der</strong> Wille und die Barmherzigkeit Gottes offenbar werden.Erst wenn <strong>der</strong> Mensch se<strong>in</strong>e eigenen Bemühungen e<strong>in</strong>stellt,kann das Werk Christi beg<strong>in</strong>nen. Gott kann nur wirken,wenn wir ihm unser rückhaltloses Vertrauen und unsernunbed<strong>in</strong>gten Glauben schenken. Auf nichts Materielles o<strong>der</strong>Äußeres sollen wir uns verlassen, we<strong>der</strong> auf Geld noch aufärztliche Kunst, nur auf Jesus Christus alle<strong>in</strong>.Nach dem Tode des eigenen K<strong>in</strong>des:Tod ist Zerstörung, Tod ist Zertrennung. Jesus abervere<strong>in</strong>t. Wahres <strong>Leben</strong> bedeutet völlige Vere<strong>in</strong>igung. WoJesus am Wirken ist, geschieht E<strong>in</strong>heit. Deswegen möchte


211ich alle aufrufen, zur Vere<strong>in</strong>igung beizutragen. Wer nichtsammelt, <strong>der</strong> zerstreut, und wer zerstreut, dient dem Tode.Wer aber sammelt, dient Jesus und <strong>der</strong> Sammlung <strong>der</strong> Se<strong>in</strong>en<strong>in</strong> <strong>der</strong> Ewigkeit.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Liebe Schwester, ich kann es gut verstehen, dass du nochimmer unter dem Verlust de<strong>in</strong>es Vaters leidest. Es istniemals leicht, sich mit dem Tod und <strong>der</strong> Not, die er br<strong>in</strong>gt,abzuf<strong>in</strong>den. Der Tod ist <strong>der</strong> Fe<strong>in</strong>d Gottes und wird erst <strong>in</strong> <strong>der</strong>letzten Auferstehung überwunden werden.Wir dürfen jedoch auch glauben, dass <strong>der</strong> Tod für e<strong>in</strong>en<strong>Nachfolge</strong>r Christi bedeutet, ihm jetzt ganz nahe zu se<strong>in</strong>.Es ist verständlich, dass dich <strong>der</strong> Gedanke an die Ewigkeiterschüttert. Trotzdem brauchst du aber nicht ängstlich <strong>in</strong> dieZukunft zu blicken. Übergib Jesus e<strong>in</strong>fach alles.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Es tut mir sehr weh, dass ihr so Schweres erleben müsst.E<strong>in</strong> solch schmerzliches Erlebnis, wie <strong>der</strong> Tod e<strong>in</strong>esK<strong>in</strong>des, er<strong>in</strong>nert uns stets daran, dass diese Erde nicht unsereendgültige Heimat ist und se<strong>in</strong> kann, bis Jesus Christusdie Alle<strong>in</strong>herrschaft hat und Sünde, Tod, Leid, Angst undSchmerz überwunden und völlig besiegt s<strong>in</strong>d. Bis zu diesemTage – dem größten aller Tage – können wir de<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d undalle an<strong>der</strong>en K<strong>in</strong><strong>der</strong> sicher <strong>in</strong> Jesu Armen wissen.Was die Frage betrifft, ob man für e<strong>in</strong>en Verstorbenenbeten soll, weiß ich – das muss ich zugeben – ke<strong>in</strong>e richtige


212Antwort. Ich weiß nicht, ob du mit folgendem Abschnitt ausdem Johannesevangelium vertraut bist, ob du diese Wortejemals ganz <strong>in</strong> dich aufgenommen hast:„Wahrlich, ich sage euch: Wer me<strong>in</strong> Wort hört und glaubtdem, <strong>der</strong> mich gesandt hat , <strong>der</strong> hat das ewige <strong>Leben</strong> undkommt nicht <strong>in</strong> das Gericht, son<strong>der</strong>n er ist vom Tod zum<strong>Leben</strong> h<strong>in</strong>durchgedrungen. Wahrlich, ich sage euch: Eskommt die Stunde und ist schon jetzt, dass die Toten hörenwerden die Stimme des Sohnes Gottes, und die sie hörenwerden, die werden leben. Denn wie <strong>der</strong> Vater das <strong>Leben</strong> hat<strong>in</strong> sich selber, so hat er auch dem Sohn gegeben, das <strong>Leben</strong>zu haben <strong>in</strong> sich selber; und er hat ihm Vollmacht gegeben,das Gericht zu halten, weil er <strong>der</strong> Menschensohn ist. Wun<strong>der</strong>teuch darüber nicht, denn es kommt die Stunde, <strong>in</strong> <strong>der</strong> alle, die<strong>in</strong> den Gräbern s<strong>in</strong>d, se<strong>in</strong>e Stimme hören werden.”(Joh 5,24–28)Lies diese Worte aufmerksam und bedenke sie ernsthaftvor Gott. Vielleicht können sie dir die Tiefe se<strong>in</strong>er Liebe klarmachen.Je<strong>der</strong> Mensch hat Angst vor dem Tod. Aber Christushat uns versprochen, dass se<strong>in</strong>e ewige Liebe den Todüberw<strong>in</strong>det und durch alle Ewigkeiten h<strong>in</strong>durch bestehenbleibt: Hier ist etwas, das <strong>in</strong> die Tiefen allen Se<strong>in</strong>s und <strong>in</strong>die Zukunftshoffnung <strong>der</strong> Vergebung h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>reicht – trotz desphysischen Todes – und uns <strong>in</strong> das Königreich Gottes führt.


213Täglich beten wir darum, Jesus als den zu erleben, <strong>der</strong> <strong>in</strong>uns wohnt. Wir wissen aber auch, dass er zur Rechten desVaters sitzt und über die Engelwelten, Mächte und Gewaltenherrscht, wie auch über se<strong>in</strong>e Geme<strong>in</strong>de. (1.Petr 3,22) Wirhaben nur e<strong>in</strong>e schwache Ahnung von <strong>der</strong> überkosmischenGröße dieser geheimnisvollen Realitäten.In se<strong>in</strong>er Abschiedsrede sagte Jesus zu se<strong>in</strong>en Jüngern, erwolle ihnen e<strong>in</strong>e Stätte bereiten. (Joh 14,2) Es bleibt e<strong>in</strong>unergründliches Geheimnis, was diese Stätte ist und wasdort <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ewigkeit geschieht – <strong>in</strong> den Sternenwelten undEngelwelten, und mit den Seelen, die <strong>in</strong> Christus gestorbens<strong>in</strong>d. Als Stephanus geste<strong>in</strong>igt wurde, sah er den Himmeloffen und Jesus zur Rechten Gottes stehen. (Apg 7,55) Spätersah Johannes Jesus mit Augen wie Feuerflammen. (Offb 1,14)Ich habe den Glauben, dass auch wir Jesus <strong>in</strong> Person sehenwerden, wenn er wie<strong>der</strong>kommt.Stärker als jede menschliche Beziehung ist dasfundamentale Verhältnis des Menschen zu Gott. Allean<strong>der</strong>en Beziehungen s<strong>in</strong>d nur Bil<strong>der</strong> und Gleichnisse davon.Letztlich stehen wir vor Gott. Dies wird im Angesicht desTodes am deutlichsten. Wer schon an Sterbebetten gestandenhat, weiß, wie unendlich wichtig, wie wirklich endgültigdie <strong>in</strong>nere Beziehung e<strong>in</strong>es Menschen zu Gott und se<strong>in</strong>eursprüngliche B<strong>in</strong>dung an ihn ist. Am Ende, wenn e<strong>in</strong>er se<strong>in</strong>eletzten Atemzüge tut, ist diese Beziehung zu Gott das e<strong>in</strong>zige,was noch zählt.


214Es ist unter ke<strong>in</strong>en Umständen ratsam, nach e<strong>in</strong>er privatenBeziehung mit Gott zu suchen, um <strong>in</strong> <strong>der</strong> letzten Stunde des<strong>Leben</strong>s von Gott angenommen zu werden. Vom Evangeliumher wissen wir, dass die Liebe zu Gott nicht von <strong>der</strong> Liebe zumNächsten getrennt werden kann. Wir dürfen nie vergessen,dass wir ke<strong>in</strong> Verhältnis zu Gott f<strong>in</strong>den können, solange wirunseren Mitmenschen nicht beachten. Der Weg zu Gott führtüber den Bru<strong>der</strong>. Me<strong>in</strong>e Erfahrung an Totenbetten hat michgelehrt, dass Gott dem <strong>in</strong> <strong>der</strong> letzten Stunde se<strong>in</strong>es <strong>Leben</strong>ssehr nahe ist, <strong>der</strong> nach dem lebendigen Beispiel Jesu völlig fürse<strong>in</strong>e Mitmenschen gelebt hat.Der Kampf des Menschen gegen Krankheit und Todist e<strong>in</strong> Kampf, <strong>in</strong> den wir alle gestellt s<strong>in</strong>d – es ist <strong>der</strong>Kampf gegen die Mächte <strong>der</strong> Dunkelheit. Wenn e<strong>in</strong> Angriff<strong>der</strong> Dunkelheit uns bedroht, müssen wir uns entschiedenauf die Seite des Lichtes Christi stellen. Wir dürfen nichtverzweifeln, wenn unsere menschlichen Kräfte versagen,denn gerade dann kann Christus e<strong>in</strong>greifen. Im JohannesEvangelium lesen wir: „Das Licht ist noch e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e Zeitbei euch. Wandelt, solange ihr das Licht habt, damit euch dieF<strong>in</strong>sternis nicht überfalle.“ (Joh 12,35)Aus e<strong>in</strong>em Brief:Dass euer K<strong>in</strong>d schon jetzt so viel Leid und Schmerzentragen musste, wird wohl für se<strong>in</strong> ganzes <strong>Leben</strong> undauch für euch von großer Bedeutung und großem Segen se<strong>in</strong>.Es ist etwas Eigenartiges um das Leiden e<strong>in</strong>es K<strong>in</strong>des. Es ist


215doch irgendwie e<strong>in</strong> Tragen und Erleiden frem<strong>der</strong> Schuld, soals ob es den Fall <strong>der</strong> Schöpfung, den Sold <strong>der</strong> Sünde tragenmüsste, obwohl das K<strong>in</strong>d noch gar ke<strong>in</strong>en Anteil an <strong>der</strong> Sündehat. Ich habe oft darüber nachgedacht und glaube, dass dasLeiden e<strong>in</strong>es K<strong>in</strong>des <strong>in</strong> engem Zusammenhang steht mit demgrößten Leid, dem Leiden Gottes, dem Leiden Christi umdiese verlorene Schöpfung. Denn gerade die K<strong>in</strong><strong>der</strong> s<strong>in</strong>d es,die dem Herzen Jesu am nächsten s<strong>in</strong>d, und Jesus hat unsauf sie verwiesen. So glaube ich auch, dass das unschuldigeLeiden e<strong>in</strong>es K<strong>in</strong>des für die Geme<strong>in</strong>de von großer Bedeutungse<strong>in</strong> kann.Wenn wir zu leiden haben, ist es beson<strong>der</strong>s wichtig, dieFreude im Herzen zu tragen und zu bewahren. Denn unsereFreude ist ja Jesus, <strong>der</strong> Auferstandene. Dann werden dieKräfte se<strong>in</strong>es Lichtes auch Kräfte <strong>der</strong> Heilung und völligerGesundung se<strong>in</strong>.


21625. Das BöseWir leben <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Zeit, <strong>in</strong> <strong>der</strong> viele Menschen das Böseentwe<strong>der</strong> verharmlosen o<strong>der</strong> nicht glauben, dass esüberhaupt existiert. Deshalb begreifen sie we<strong>der</strong> die Größe vonGolgatha noch den Ernst von Gottes letztem Gericht. DiesesGericht, welches <strong>in</strong> <strong>der</strong> Offenbarung Johannes beschriebenist, werden wir nicht verstehen, es sei denn, wir erfassen dieMacht des Bösen. Wenn das Böse als nicht beson<strong>der</strong>s ernstangesehen wird, dann ist es nicht nötig, e<strong>in</strong>en ernsthaftenKampf dagegen zu führen.Wäre die Macht des Bösen nicht so furchtbar, so wäre dasKreuz nicht nötig gewesen. Ich habe e<strong>in</strong>mal die Frage gehört:„Warum kann Gott nicht ohne das Opfer Jesu die Sündenvergeben?“ Das ist e<strong>in</strong>e versucherische Frage. Haben wirjedoch e<strong>in</strong>mal die enorme Macht des Bösen erkannt, die Gottauf dieser Erde zu bekämpfen hat, dann wissen wir: Es gibtke<strong>in</strong>e Vergebung ohne Golgatha, ohne das Kreuz.Es gibt Menschen, die versuchen, die Tiefen und dasWesen Satans zu ergründen o<strong>der</strong> sich bemühen, denUrsprung des Bösen zu entdecken. Das ist verständlich,aber es ist nicht göttlich. Die Herzen zu vieler Menschen <strong>in</strong>unserer Gesellschaft werden belastet durch alles, was sie überMord, Unzucht und an<strong>der</strong>e Übel erfahren. E<strong>in</strong> wahrer Christsollte dem Bösen wie e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d gegenüber treten und mit denGeheimnissen des Bösen nichts zu schaffen haben.


217Der mo<strong>der</strong>ne Mensch denkt zu materialistisch. Er siehtnicht, dass es außerhalb von ihm e<strong>in</strong>e gute Macht unde<strong>in</strong>e böse Macht gibt und dass <strong>der</strong> Verlauf se<strong>in</strong>es <strong>Leben</strong>s davonabhängt, welcher Macht er se<strong>in</strong> Herz auftut.Ich erlebte Hitlerdeutschland als junger Mann undkannte Menschen, die eigentlich ganz harmlos waren, dieaber plötzlich von etwas sehr Bösem ergriffen und getriebenwurden. Auch wenn es viele gab – mehr als wir wissen – dieals Folge ihres Protests gegen dieses Böse ihr <strong>Leben</strong> verloren,so gab doch die Mehrheit nach. Es waren nicht bloß e<strong>in</strong>igewenige Männer, die hier e<strong>in</strong>e Nation regierten. Deutschlandwurde von bösen Geistesmächten, von Dämonen regiert.Auch heute können, wie zur Zeit Jesu, Dämonenausgetrieben und fortgetrieben werden. Wenn Christus aufdiese Erde zurückkehrt, wird völlige Freiheit herrschen,obwohl es durch Gericht gehen muss.Auf den öffentlichen Schulen und Universitäten begegnetman immer wie<strong>der</strong> Ersche<strong>in</strong>ungsformen des Okkulten.Mit aller Schärfe lehnen wir jeglichen Kontakt mit dämonischenMächten ab, und wir warnen auch unsere K<strong>in</strong><strong>der</strong> ernsthaftdavor. Im Bereiche Satans gibt es D<strong>in</strong>ge, von denen wir ke<strong>in</strong>eKenntnis haben sollten. Deutlicher ausgedrückt: Wir solltensie völlig ignorieren. Heutzutage wird Okkultismus häufigals e<strong>in</strong> weiteres wissenschaftliches Fach betrachtet, das manerforschen kann. Damit wollen wir nichts zu tun haben.


218E<strong>in</strong> Mensch, <strong>der</strong> wie e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Jesus lebt, braucht sichnicht vor Besessenheit von bösen Geistern zu fürchten.Wenn er allerd<strong>in</strong>gs mit Magie o<strong>der</strong> Zauberei zu tun gehabthat, dann hat er Grund zur Angst. Wir lehnen auch die„harmloseste“ Form von Spiritismus ab, wie das Tragenvon „Gesundheitsr<strong>in</strong>gen“, Tischerücken o<strong>der</strong> Kontakt mitVerstorbenen; ebenso jeglichen Aberglauben. Solche D<strong>in</strong>gekönnen harmlos beg<strong>in</strong>nen, sie können e<strong>in</strong>en Menschen aberauch an den Satan b<strong>in</strong>den, ohne dass er sich dessen bewusst ist.Sie haben ganz und gar nichts mit dem k<strong>in</strong>dlichen Glaubenan Jesus zu tun.Wir bitten um das Gericht Gottes, damit se<strong>in</strong> Lichthere<strong>in</strong>brechen kann. Je stärker se<strong>in</strong> Licht e<strong>in</strong>bricht, jestärker die Liebe se<strong>in</strong>es e<strong>in</strong>geborenen Sohnes <strong>in</strong> unseren Herzenbrennt, desto klarer wird se<strong>in</strong>e Wahrheit offenbar. WennJesus zu e<strong>in</strong>em Menschen kommt und ihn mit se<strong>in</strong>em Lichtberührt, so br<strong>in</strong>gt er das Gericht und gleichzeitig Befreiungund Erlösung. Alle Zweifel, alles was Menschen kettet undbelastet, alle Sünden, die sie h<strong>in</strong>abziehen, werden von ihmaufgezeigt, bloßgelegt und die Menschen werden befreit.Diese Befreiung und Erlösung – durch das Here<strong>in</strong>brechen desLichtes Christi bewirkt – gilt <strong>der</strong> ganzen Welt. Denn Christussagt, er sei nicht gekommen, die Welt zu richten, son<strong>der</strong>n siezu erlösen. (Joh 12,47)Christus will, dass die Unterdrückten, die Hoffnungslosensich dem Licht zuwenden und errettet werden. Gerade dieNie<strong>der</strong>geschmetterten, die sich am unwürdigsten fühlen,


219sollen sich von Gottes großer Liebe berühren lassen. Habensie diese Liebe erst e<strong>in</strong>mal gespürt, dann werden sie wissen,Gott me<strong>in</strong>t auch sie und will sie befreien. Es s<strong>in</strong>d genaudiejenigen, die Jesus annahm: die Übeltäter, die Zöllner,die Prostituierten, die unter den Menschen Verachteten. Ertadelte die Besessenen nicht, er befreite sie. Aber <strong>in</strong> ihrerBefreiung lag Gericht: Die Dunkelheit wurde offenbart undausgetrieben. Das Böse wurde ke<strong>in</strong>eswegs ignoriert, son<strong>der</strong>ndie Menschen wurden davon befreit.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Bis Jesus wie<strong>der</strong>kommt und uns völlig befreit, werden wirauf dieser Erde immer zwei Fe<strong>in</strong>de zu bekämpfen haben:Da handelt es sich zunächst um den Kampf gegen die eigeneniedrige Natur; zweitens um e<strong>in</strong>en Geisteskampf, den Kampfgegen Satan und se<strong>in</strong>e Dämonen. Eure Sünde war nicht nure<strong>in</strong>e Sache <strong>der</strong> niedrigen Natur, sie war auch satanisch. DasNeue Testament berichtet, als Judas Jesus verriet, „fuhr <strong>der</strong>Satan <strong>in</strong> ihn.“ (Lk 22,3) Ich würde nicht wagen, dies von euchzu behaupten, aber ich glaube, eure Lage tendiert dah<strong>in</strong>. Ichglaube, <strong>der</strong> Satan hätte nicht <strong>in</strong> Judas fahren können, wennJudas sich ihm nicht schon vorher verkauft hätte. Judas warbereits zu den Hohepriestern gegangen; er hatte bereits dieSilberstücke angenommen, noch ehe er zum Passahmahl mitJesus g<strong>in</strong>g, wo <strong>der</strong> Satan <strong>in</strong> ihn fuhr. (Joh 13,27)Auch wenn dieser Vergleich zu stark ist, um auf euchzuzutreffen, so habt ihr doch euer Herz bösen Mächtengeöffnet. Wo und wann hat das begonnen? Vergesst nicht,


220dass wahre Reue e<strong>in</strong> wun<strong>der</strong>bares Erlebnis ist, das man nichtzu fürchten braucht. Erlebt ihr e<strong>in</strong>mal wirkliche Buße, sowerdet ihr euer ganzes <strong>Leben</strong> lang dafür dankbar se<strong>in</strong>.Es ist grauenerregend, dass <strong>der</strong> Mensch, <strong>der</strong> nach GottesEbenbild geschaffen ist, Waffen gebaut hat, welcheMillionen von Menschenleben <strong>in</strong> kurzer Zeit auslöschenkönnen. Wir müssen Buße tun! Die Tatsache, dass die westlicheWelt solche Waffen führt, zeigt uns die Dr<strong>in</strong>glichkeit, unsfür etwas völlig An<strong>der</strong>es e<strong>in</strong>zusetzen. Für manche Leute magdies bedeuten, <strong>in</strong> die Politik zu gehen, dafür zu arbeiten undzu kämpfen, dass Staatsämter von verantwortlichen Bürgernbekleidet werden, die niemals von diesen Waffen Gebrauchmachen würden. Davor haben wir große Achtung, doch wirmüssen dem Übel auf e<strong>in</strong>er viel tieferen Ebene entgegenwirken.Der Geist, <strong>der</strong> die Menschen dazu treibt, Waffen herzustellen,ist e<strong>in</strong> böser Geist, und wir müssen ihn dadurch bekämpfen,dass wir für den guten Geist leben.Wir können den Weg Jesu nur beschreiten, wenn wir unspersönlich völlig än<strong>der</strong>n. Wenn wir behaupten, se<strong>in</strong>e<strong>Nachfolge</strong>r zu se<strong>in</strong>, aber dabei e<strong>in</strong> unre<strong>in</strong>es <strong>Leben</strong> führen,dann haben wir ke<strong>in</strong> Recht, gegen Übel wie Ungerechtigkeitzu protestieren. Wir kämpfen nicht gegen Fleisch und Blut– als gute gegen schlechte Menschen – son<strong>der</strong>n gegen Mächteund Gewalten <strong>der</strong> Dunkelheit.Durch unsere sündhaften Handlungen geben wir bösenDämonen <strong>in</strong> unserem <strong>Leben</strong> und unserer Umgebung Raum.


221Wir müssen realistisch se<strong>in</strong> und erkennen: das Böse ist nichtetwas Abstraktes. In <strong>der</strong> Bibel werden e<strong>in</strong>ige Dämonen sogarmit Namen genannt. (Lk 8,30) Ke<strong>in</strong> Mensch, beson<strong>der</strong>ske<strong>in</strong>er, <strong>der</strong> behauptet, e<strong>in</strong> Christ zu se<strong>in</strong>, hat Grund,sich Dämonen zu öffnen und ihnen mit se<strong>in</strong>em <strong>Leben</strong> <strong>in</strong>irgende<strong>in</strong>er Weise zu dienen. Tut er es dennoch, so werden sienicht nur ihm schaden, son<strong>der</strong>n ebenso <strong>der</strong> ihn umgebendenGeme<strong>in</strong>schaft.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Für Jesus ist das <strong>Leben</strong> <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de etwas äußerstKostbares. Deshalb ist die Seele <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de ständig<strong>in</strong> großer Gefahr, vom Satan angegriffen zu werden. JohannChristoph Blumhardt schreibt: Als <strong>der</strong> himmlische Vater Jesusdazu berief, K<strong>in</strong><strong>der</strong> des Lichts hervorzurufen, sah er bereitsvoraus, dass Satan ihm folgen und K<strong>in</strong><strong>der</strong> <strong>der</strong> Dunkelheithervorbr<strong>in</strong>gen würde; diese Satansk<strong>in</strong><strong>der</strong> würden sogar<strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de Christi gedeihen auf dem Boden, aufwelchem nur K<strong>in</strong><strong>der</strong> des Lichts wachsen sollten. Hier stehenwir vor e<strong>in</strong>er erschreckenden Tatsache, aber wir müssen damitrechnen. Es geschieht am ehesten dann, wenn menschlicheMacht die Herrschaft übernimmt, da wo Christi Macht alle<strong>in</strong>herrschen sollte.Jesus sagt, dass alle Menschen den Menschensohn sehenwerden „sitzen zur Rechten <strong>der</strong> Kraft.“ (Mk 14,62) Ernennt se<strong>in</strong>en Vater „die Kraft“. Das ist die größte Wirklichkeit,weit größer als unser sterbliches <strong>Leben</strong>. Wenn wir uns vor


222dem Bösen fürchten – und diese Furcht kann sehr real se<strong>in</strong>–, können wir immer auf Jesus vertrauen. Auch er ist e<strong>in</strong>eRealität. Er ist im Zentrum des Thrones Gottes. Er ist Hauptund Herz <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de. Er versteht unser Herz, wie wir esselbst nicht verstehen.Es ist e<strong>in</strong> Irrtum zu glauben, dass wir unser eigenes Herzkennen. Wir verstehen uns selbst nur oberflächlich, nur Gottkennt unser Herz wirklich. Auch wenn wir den schwerstenPrüfungen und Angriffen des Bösen ausgesetzt s<strong>in</strong>d, sokönnen wir uns doch stets vertrauend an Gott wenden, mitfester Hoffnung auf den Sieg.Nur durch den Gekreuzigten kann man wahren Friedenf<strong>in</strong>den; auch die e<strong>in</strong>ige Geme<strong>in</strong>de kann uns nicht dazuverhelfen. Der e<strong>in</strong>zige Ort, an dem wir Friede und Ruhe f<strong>in</strong>denkönnen, ist Golgatha. Wir s<strong>in</strong>d nicht <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lage, unseremör<strong>der</strong>ischen o<strong>der</strong> ehebrecherischen Taten wegzuwaschen.Um von <strong>der</strong> F<strong>in</strong>sternis befreit zu werden, müssen wir uns demLicht zuwenden, und am Kreuz unsere Sünden nie<strong>der</strong>legen.Dort, wie wir <strong>in</strong> <strong>der</strong> Offenbarung lesen, re<strong>in</strong>igt uns das BlutChristi. (Offb 1,5 + 7,14)Aus e<strong>in</strong>em Brief:Ich habe de<strong>in</strong>en verzweifelten Hilferuf vernommen undhabe großes Verständnis für dich. De<strong>in</strong>e Gedankenängstigen dich so sehr, dass sie Macht über dich gew<strong>in</strong>nen.Du musst dich von dieser Angst abwenden. Sie flüstert dirdiese Gedanken e<strong>in</strong> und dadurch f<strong>in</strong>den noch verzweifeltereÄngste und Beklemmungen E<strong>in</strong>gang <strong>in</strong> de<strong>in</strong> Herz.


223Lass dich nicht durch de<strong>in</strong> Angst aus dem Gleichgewichtbr<strong>in</strong>gen. Wenn du sie h<strong>in</strong>ter dir lassen und auf Gott vertrauenkannst, dann kann vieles an<strong>der</strong>s werden. Zweifle niemalsdaran, dass Gott e<strong>in</strong>greifen und dir helfen will; sei gewiss,dass er dich liebt und dir viel näher ist, als du ahnst.Jesus hat uns versprochen, immer bei uns zu se<strong>in</strong>, bis andas Ende aller Tage. (Mt 28,20) Aber die dunklen Mächte:Unre<strong>in</strong>heit, Geldgier, Mord, Hass und Unversöhnlichkeit, dieuns umgeben und Brü<strong>der</strong> und Schwestern <strong>in</strong> <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>deangreifen, dürfen nicht unterschätzt werden. Jesus muss esvorausgesehen haben, dass die Geme<strong>in</strong>de von den Mächten<strong>der</strong> Hölle angegriffen werden wird, denn er sagte zu Petrus,dass auch sie die Geme<strong>in</strong>de nicht überw<strong>in</strong>den werden. (Mt16,18) Deshalb müssen wir allezeit wachen und beten.Zusammen mit <strong>der</strong> übrigen leidenden Menschheit tragenwir das Verlangen, dass das Netz <strong>der</strong> Dämonen, welchesdie Erde umspannt, zerrissen werde, selbst wenn es großenAufruhr bedeuten würde. Wir haben den Glauben, dass Gottzu se<strong>in</strong>er Zeit e<strong>in</strong>greifen wird durch das Here<strong>in</strong>brechen se<strong>in</strong>esReiches.


22426. Der <strong>in</strong>nere KampfDie unsichtbaren Mächte, die uns auf <strong>der</strong> Erde umgeben,br<strong>in</strong>gen uns entwe<strong>der</strong> großes Leid o<strong>der</strong> große Freude.Es gibt göttliche Mächte, die uns Frieden, Gerechtigkeit,Freude, Sündenvergebung und Geme<strong>in</strong>schaft br<strong>in</strong>gen. DieseMächte s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Jesus Christus verkörpert. Aber es gibt auchf<strong>in</strong>stere Mächte: Mord, Neid, Ehrgeiz und Ungerechtigkeit.Auch sie s<strong>in</strong>d unsichtbar. Wenn sie sich aber e<strong>in</strong>mal <strong>der</strong> Seelee<strong>in</strong>es Menschen bemächtigen, dann treiben sie ihn dazu, böseTaten zu begehen.Die Mächte, von denen hier die Rede ist, s<strong>in</strong>d nicht etwaabstrakt weil sie unsichtbar s<strong>in</strong>d. Darüber müssen wir uns klarse<strong>in</strong>. Wir haben es hier mit ganz realen D<strong>in</strong>gen zu tun, nichtmit e<strong>in</strong>er Philosophie o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>er abstrakten Lehre, son<strong>der</strong>nmit konkreten Mächten – mit Licht und mit F<strong>in</strong>sternis, mitGut und mit Böse, mit Zerstörung und mit E<strong>in</strong>heit; mitMächten, die töten wollen und mit Mächten, die <strong>Leben</strong>br<strong>in</strong>gen wollen.Als Jesus die Teufel aus besessenen Menschen austrieb,wurden ihre Seelen geheilt. Se<strong>in</strong>e Fe<strong>in</strong>de sagten: „Er treibtdie Teufel mit e<strong>in</strong>em Oberteufel aus.“ Doch Jesus antwortete:„Wenn ich den Teufel mit e<strong>in</strong>em Oberteufel austriebe, wärese<strong>in</strong> Reich une<strong>in</strong>s und würde <strong>in</strong> sich zerfallen.“ (Lk 11,15 18)Des Teufels Armee ist gut diszipl<strong>in</strong>iert: sie weiß sehr gut, wieman e<strong>in</strong>e Menschenseele, e<strong>in</strong>e Gruppe und sogar e<strong>in</strong> ganzesVolk angreifen kann. Aus dem Evangelium wissen wir, dass die


225Schlacht zwischen Gott und Satan sich auf <strong>der</strong> ganzen Erdeabspielt. Das gleiche gilt für jedes menschliche Herz. Wirmüssen e<strong>in</strong>fach damit rechnen, dass <strong>der</strong> Teufel wütend ist,wenn zwei, drei o<strong>der</strong> mehr Menschen <strong>in</strong> Jesus völlig e<strong>in</strong>s s<strong>in</strong>d.E<strong>in</strong>en schärferen Kampf zwischen Gott und Satan hat es niegegeben, als jenen, den Jesus auf Golgatha gekämpft hat. Esschien Jesus sogar, als ob Gott ihn verlassen hätte. Und dennochlegte er se<strong>in</strong>e Seele und se<strong>in</strong>en Geist voller Vertrauen <strong>in</strong> dieHand des Vaters. Dadurch war <strong>der</strong> Sieg errungen, nicht nur fürdiese Erde son<strong>der</strong>n für alle Mächte, Gewalten und Engel.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Wir kämpfen nicht gegen Fleisch und Blut, nicht gegenMenschen. Es ist e<strong>in</strong> Kampf um die Atmosphäre <strong>der</strong>wahren Geme<strong>in</strong>de, die Atmosphäre Gottes <strong>in</strong> je<strong>der</strong> christlichenGeme<strong>in</strong>schaft und im Herzen e<strong>in</strong>es jeden Bru<strong>der</strong>s und je<strong>der</strong>Schwester. Wir alle müssen durch Leid und durch Gerichtgehen, aber das ist nicht das Ende. Das Gericht ist nur <strong>der</strong>Anfang zu neuer Freude und neuer Hoffnung. Es br<strong>in</strong>gt denSieg <strong>der</strong> Befreiung. Es soll uns für die Liebe, für den Dienstund für Gott frei machen.Die Atmosphäre auf jedem Bru<strong>der</strong>hof muss ständig erneuertwerden, damit sie die Liebe und Re<strong>in</strong>heit Jesu ausstrahlt. Nurdann können wir diese Liebe an alle Menschen weitergeben.Die Vorstellung, Jesus habe e<strong>in</strong>e neue Philosophiegebracht o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e Religion gegründet, ist völligverkehrt. Se<strong>in</strong>e Person, se<strong>in</strong> Geist, se<strong>in</strong>e Sache, se<strong>in</strong> Heil stelltke<strong>in</strong>e Philosophie dar, wie die <strong>der</strong> Griechen o<strong>der</strong> Ägypter. Er


226war und ist e<strong>in</strong>e Person, und er selbst ist es, <strong>der</strong> uns begegnet.Die Worte: „Wenn ihr nicht das Fleisch des Menschensohnsesst und se<strong>in</strong> Blut tr<strong>in</strong>kt, so habt ihr ke<strong>in</strong> <strong>Leben</strong> <strong>in</strong> euch“bedeuten mir viel. (Joh 6,53) Das ist ke<strong>in</strong>e Philosophie irgende<strong>in</strong>es großen Mannes; das ist Jesus selbst.Niemand kann Jesus gegenüber gleichgültig bleiben. Manmuss sich für ihn o<strong>der</strong> gegen ihn entscheiden. Die Tatsache,dass wir sündige Menschen s<strong>in</strong>d, h<strong>in</strong><strong>der</strong>t uns nicht daran, zuJesus zu kommen. Auch wenn wir versucht werden, ist daske<strong>in</strong> H<strong>in</strong><strong>der</strong>nis. Und wenn Böses uns quält, so braucht unsdas nicht zu h<strong>in</strong><strong>der</strong>n. Aber Gleichgültigkeit Jesus gegenüberkönnen wir ebensowenig dulden, wie den Versuch, mitunserem menschlichen Verstand Jesus auszulegen. „Das istGottes Lamm, das <strong>der</strong> Welt Sünde trägt“ (Joh 1,29); „Für dieVergebung <strong>der</strong> Sünden hat er diesen Tod auf sich genommen“(Heb 9,15) – wenn wir diese Worte mit dem Herzen stattmit dem Verstand aufnehmen, dann wissen wir: das ist ke<strong>in</strong>ePhilosophie, das ist <strong>Leben</strong>.Was Jesus für uns Menschen bedeutet, muss <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er ganzenHöhe, Tiefe und Breite erfahren werden. Das Kreuz, welchesfest stand und nach wie vor steht, muss uns <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em geistlichenS<strong>in</strong>n gegenwärtig se<strong>in</strong>. Es ragt h<strong>in</strong>auf zum Himmel, zum ThronGottes; se<strong>in</strong> Querbalken ist wie die ausgebreiteten Arme, dienoch immer da s<strong>in</strong>d für e<strong>in</strong>e verlorene Menschheit.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Brü<strong>der</strong> und Schwestern, lasst uns wach bleiben: Jedesmal,wenn Gott etwas Gutes unter den Menschen ausrichtet,scheut <strong>der</strong> Teufel ke<strong>in</strong>e Anstrengung, es zu zerstören. Denkt


227daran, wie Jesus nach se<strong>in</strong>er Taufe vom Teufel versucht wurde,weil se<strong>in</strong> Herz so völlig re<strong>in</strong> war und er ganz und gar Gottangehörte.Nichts ist dem Fürsten dieser Welt ärgerlicher, als e<strong>in</strong>eGeme<strong>in</strong>de <strong>in</strong> ihrer ersten Liebe. In <strong>der</strong> Offenbarung lesenwir, wie es dem Teufel bereits zur Zeit des Johannes gelang,<strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de Schaden zuzufügen. Das geschah <strong>in</strong> solchemAusmaß, dass Jesus <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de zu Sardes sagen musste, siehabe nur den Namen, dass sie lebt, sei aber tot. (Offb 3,1)Selbst dieser Geme<strong>in</strong>de gab er die Möglichkeit wach zu werden,umzukehren und zur wahren, echten Liebe zurückzukehren.Wenn ich me<strong>in</strong> tiefstes Herz sprechen lassen darf, so habeich den Glauben, dass Jesus so nahe zu uns kommen will, um unsvöllig zu re<strong>in</strong>igen, dass es ist, als ob se<strong>in</strong> Blut unser Blut wäre.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Ich protestiere gegen die Auffassung, dass es falsch sei, mitstarken Emotionen zu reagieren, wenn Gott beleidigt wird,wenn Brü<strong>der</strong> und Schwestern rücksichtslos behandelt werdeno<strong>der</strong> wenn die Geme<strong>in</strong>de angegriffen wird. Ich glaube nicht, dassJesus ruhig und gelassen war, als die Ehre Gottes auf dem Spielstand und er die Geldwechsler aus dem Tempel trieb. Bis an me<strong>in</strong><strong>Leben</strong>sende werde ich gegen kühle Nüchternheit protestieren,wenn Gottes Werk <strong>in</strong> Gefahr ist, zerstört zu werden.In unserem Eifer für Gottes Sache ist die Tendenz, dieMenschen nach theoretischen Maßstäben zu richten, e<strong>in</strong>eunserer schlimmsten Versuchungen. Es muss e<strong>in</strong>e solche


228Ausgießung des Geistes Gottes über uns kommen, dass alles<strong>in</strong> uns und unter uns offenbar wird. Dann werden Klarheitund Entschiedenheit von selbst kommen. Lasst uns dieseLiebe zu Christus mit tiefstem Ernst von Gott erflehen, damitalle F<strong>in</strong>sternis und alles Böse <strong>in</strong> unserer Hausgeme<strong>in</strong>schaftoffenbar wird.Wenn wir uns Jesus im Glauben h<strong>in</strong>geben, kann er unsre<strong>in</strong>igen. In se<strong>in</strong>en Abschiedsreden sagt Jesus: „Ichb<strong>in</strong> <strong>der</strong> wahre We<strong>in</strong>stock, ihr seid die Reben.“ (Joh 15,5)Um Frucht zu br<strong>in</strong>gen müssen wir gere<strong>in</strong>igt werden, und dasW<strong>in</strong>zermesser des Gärtners muss tief <strong>in</strong> unser Herz schneiden.(Joh 15, 1 2) Als Jünger Jesu bedürfen wir <strong>der</strong> Re<strong>in</strong>igung,bedürfen wir dieses Messers, dieser Schärfe <strong>in</strong> unseremHerzen und <strong>in</strong> unserem <strong>Leben</strong>. Wenn wir dem Gärtner, <strong>der</strong>uns re<strong>in</strong>igen will, wi<strong>der</strong>streben, s<strong>in</strong>d wir <strong>in</strong> den Augen Gottesuntreu und können ke<strong>in</strong>e Frucht br<strong>in</strong>gen.S<strong>in</strong>d wir bereit das Wort Christi tief <strong>in</strong> unser Herzschneiden zu lassen, o<strong>der</strong> wollen wir uns immer wie<strong>der</strong>davor schützen und uns dagegen verhärten? Wir merken garnicht, wie oft wir Gott im Wege stehen. Aber wir können ihnbitten, uns <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Gnade und Liebe mit se<strong>in</strong>em Wort zubeschneiden, auch wenn es schmerzt.Wir müssen unser ganzes Vertrauen alle<strong>in</strong> auf Gottsetzen. Doch wir müssen auch e<strong>in</strong>an<strong>der</strong> vertrauen.Ohne gegenseitiges Vertrauen können wir nicht leben, obwohl


229wir genau wissen, dass Menschen versagen. Petrus, <strong>der</strong> Jesusdreimal verleugnete, war dennoch e<strong>in</strong>er se<strong>in</strong>er vertrautestenApostel. (Joh 18,15 27; 21,15) Er versagte. Aber dann g<strong>in</strong>ger h<strong>in</strong>aus und we<strong>in</strong>te bitterlich. Auch für uns gibt es ke<strong>in</strong>enan<strong>der</strong>en Weg, als so tief zu bereuen und so bitterlich zuwe<strong>in</strong>en, wie er es tat.Auch wenn wir zugeben müssen, dass wir versagt haben,dürfen wir nicht alles verloren geben o<strong>der</strong> denken, <strong>der</strong> Bodensei uns unter den Füßen fortgerissen. Gottes Gericht ist GottesGüte und kann nicht von se<strong>in</strong>er Gnade und Barmherzigkeitgetrennt werden. Wenn wir uns durch die Buße vor Gottdemütigen, dann wird unser <strong>Leben</strong> nichts se<strong>in</strong>, dann wirdChristus <strong>in</strong> uns leben.Ganz gewiss ist es Sünde, Gottes Wirken <strong>in</strong> uns zu benutzen,um unseren eigenen Stolz zu för<strong>der</strong>n. Aber es ist ebenso e<strong>in</strong>eSünde, das Wirken Gottes zu leugnen, wenn wir versagen.Unser Versagen sollte uns demütigen machen und zu Gottführen.Die Worte, die <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de zu Sardes gesagt werden,be<strong>in</strong>halten wohl das Schlimmste, was e<strong>in</strong>er Geme<strong>in</strong>degesagt werden kann: „Du hast den Namen, dass du lebst,und bist tot.“ (Offb 3,1) Ist e<strong>in</strong>e Geme<strong>in</strong>de tot, so ist sie wiedas Salz, das se<strong>in</strong>en Geschmack verloren hat und nur nochfortgeworfen wird, um von den Leuten zertreten zu werden.Jede Geme<strong>in</strong>de steht <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gefahr e<strong>in</strong>zuschlafen, ihr <strong>Leben</strong>zu verlieren.


230Aber wir haben den Glauben, dass Jesus, wenn er auch nur<strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen wenigen noch <strong>Leben</strong> f<strong>in</strong>det, Geduld haben wird,damit sie Buße tun. (Offb 3,4)In <strong>der</strong> kurzen Geschichte unseres Bru<strong>der</strong>hofes haben wir denKampf um die Re<strong>in</strong>heit <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de zur Genüge kennengelernt:den Kampf gegen <strong>in</strong>nere Stumpfheit, dagegen, e<strong>in</strong>e Geme<strong>in</strong>dezu se<strong>in</strong>, die den Namen hat, dass sie lebt, aber <strong>in</strong> Wirklichkeit totist. Aber immer dann, wenn Jesus uns züchtigt, gibt er uns Zeitzur Umkehr – als Geme<strong>in</strong>de und als e<strong>in</strong>zelne.E<strong>in</strong> Wort aus dem Evangelium ist uns beson<strong>der</strong>s wichtiggeworden: Wir sollen das Salz <strong>der</strong> Erde se<strong>in</strong>. (Mt 5,13)Schmerzlich mussten wir erfahren, wie gefährlich es für e<strong>in</strong>eGeme<strong>in</strong>de ist, wenn <strong>der</strong> Geschmack, die Kraft des Salzesverlorengeht. Salz gibt e<strong>in</strong>er faden Speise Geschmack undverh<strong>in</strong><strong>der</strong>t, dass sie verdirbt. Unser Zeitalter braucht dasSalz. Unsere Schuld ist es, falsche Geister zu lange toleriertzu haben. Jesus warnt sehr scharf vor falschen Propheten undvor denjenigen, die von Frieden sprechen, wo ke<strong>in</strong> Frieden istund von Liebe, wo ke<strong>in</strong>e Liebe ist.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Wir müssen den Weg f<strong>in</strong>den, dem Gebot Jesu – an<strong>der</strong>enzu vergeben, wie er uns vergibt – zu gehorchen.An<strong>der</strong>erseits müssen wir aufmerksam se<strong>in</strong>, damit ke<strong>in</strong>eF<strong>in</strong>sternis <strong>in</strong> die Geme<strong>in</strong>de h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>kommt. Das br<strong>in</strong>gt michmanchmal <strong>in</strong> große Spannung. Paulus schreibt, wir sollendem Bru<strong>der</strong> Verständnis, Vergebung und Freundlichkeit


231entgegenbr<strong>in</strong>gen. (Kol 3,12 17). Das muss se<strong>in</strong>. DerGeisteskampf jedoch, <strong>in</strong> dem wir stehen, macht es h<strong>in</strong>reichendklar, dass wir ke<strong>in</strong>erlei F<strong>in</strong>sternis <strong>in</strong> das <strong>Leben</strong> <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>deh<strong>in</strong>e<strong>in</strong>lassen dürfen. Möge Gott uns helfen, die Lösungdieser Spannung auf se<strong>in</strong>em Weg, und nur auf se<strong>in</strong>em Wegzu f<strong>in</strong>den.Wenn <strong>in</strong> jedem Herzen Gott alle<strong>in</strong> waltet, dannwerden wir e<strong>in</strong>e gesunde Geme<strong>in</strong>schaft se<strong>in</strong>, vollerFreude, voller H<strong>in</strong>gabe und voller Liebe. Je<strong>der</strong> wird es an <strong>der</strong>Atmosphäre spüren. Je<strong>der</strong> wird zum an<strong>der</strong>n gehen und ihnfür zugefügtes Unrecht o<strong>der</strong> Lieblosigkeit um Verzeihungbitten. Und das wird nicht geschehen, weil es uns jemandvorschreibt, son<strong>der</strong>n aus e<strong>in</strong>em <strong>in</strong>neren Drang heraus.In je<strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de braucht es Stimmen, die es wagen, dieSache Christi zu vertreten, auch wenn es für den, <strong>der</strong> se<strong>in</strong>eStimme erhebt und für die an<strong>der</strong>en schmerzlich se<strong>in</strong> sollte.Aber das darf nur <strong>in</strong> <strong>der</strong> Liebe Christi geschehen, sonstversündigen wir uns.Jesus kam auf die Erde, die Werke des Teufels zu zerstören(1.Joh 3,8). Ihm stehen unzählige Engel Gottes zur Seite,die ihm <strong>in</strong> diesem Geisteskampf beistehen. Aber auch demSatan steht e<strong>in</strong> Heer von Engeln zur Verfügung: böse Geister,Teufel, Dämonen.Dieser Geisteskampf sieht so aus: Der Heilige Geist, <strong>der</strong>Geist Jesu, hilft uns, Gott zu f<strong>in</strong>den; er schenkt uns se<strong>in</strong>eGedanken und se<strong>in</strong>e Liebe. Er hilft uns, alle bösen und


232unre<strong>in</strong>en Gefühle zu überw<strong>in</strong>den. Gleichzeitig aber wirkt<strong>der</strong> Teufel <strong>in</strong> unseren Herzen und flüstert uns böse, unre<strong>in</strong>e,mör<strong>der</strong>ische, neidische, misstrauische Gedanken e<strong>in</strong> und dasVerlangen nach Macht. Und doch hat je<strong>der</strong> von uns e<strong>in</strong>enSchutzengel, <strong>der</strong> uns behütet, wenn wir nach dem Gutentrachten.Christus muss bis <strong>in</strong> die tiefsten Tiefen unseres Se<strong>in</strong>se<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>gen, tiefer als unsere Gedanken, tiefer als unsereGefühle – bis <strong>in</strong> die allerletzten Tiefen h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>. Je<strong>der</strong> Mensch,<strong>der</strong> etwas von großen <strong>in</strong>neren Kämpfen weiß, hat e<strong>in</strong>eAhnung davon. Durch Christus wird er den Mut f<strong>in</strong>den, trotzallen Unglaubens zu glauben, auch da, wo ke<strong>in</strong>e Hoffnungzum Glauben mehr vorhanden zu se<strong>in</strong> schien; und Kraft wir<strong>der</strong> bekommen, nicht die Hoffnung aufzugeben, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>eman<strong>der</strong>en doch noch Liebe zu f<strong>in</strong>denAus e<strong>in</strong>em Brief:Es ist verständlich, dass du Angst davor hast, was an<strong>der</strong>evon dir denken könnten. Auch wenn man das verstehenkann, so ist es doch Sünde. Wenn wir uns alle<strong>in</strong> von Gottabhängig fühlen, dann haben wir den Mut, gegen jedenaufzutreten, <strong>der</strong> gegen unser Gewissen o<strong>der</strong> gegen das e<strong>in</strong>esan<strong>der</strong>en verstößt o<strong>der</strong> gar an<strong>der</strong>e schlecht behandelt. Es iste<strong>in</strong>e Sünde, aus Furcht zu schweigen. Diese Sünde habe ich <strong>in</strong>me<strong>in</strong>em <strong>Leben</strong> oft begangen, ich habe aber auch die bitterenFrüchte erlebt, die das für mich selbst und für die Geme<strong>in</strong>debrachte.


233Wir alle kennen die Kämpfe des menschlichen Herzens,aber wir müssen darüber h<strong>in</strong>ausblicken: Wir müssenden ungeheuer großen Kampf <strong>der</strong> ganzen Geme<strong>in</strong>de gegendie F<strong>in</strong>sternis klar erkennen. Und letztlich müssen wir dasalles im Zusammenhang mit dem viel größeren Kampfsehen, den Gott mit se<strong>in</strong>en Heerscharen von Engeln und mitse<strong>in</strong>en Sternen des Lichts und <strong>der</strong> Harmonie <strong>in</strong> <strong>der</strong> ganzenSchöpfung führt.„Ihr seid das Salz <strong>der</strong> Erde. Wird aber das Salz fade,womit soll man ihm die Salzkraft wie<strong>der</strong>geben? Es hatdann weiter ke<strong>in</strong>en Wert; man muss es wegwerfen und vonden Leuten zertreten lassen.“ (Mt 5,13) Wenn wir Salz se<strong>in</strong>wollen, dann können wir ke<strong>in</strong>e Diplomaten se<strong>in</strong>, die dieArgumente des Bösen gutheißen. Wir können nicht „fair“se<strong>in</strong>. Wir müssen absolut e<strong>in</strong>seitig se<strong>in</strong> <strong>in</strong> unserer Treue zuGott und zu Jesus.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Wir müssen uns für Christus entscheiden, o<strong>der</strong> wirs<strong>in</strong>d gegen ihn. (Mt 12,30) Die Weltsituationtreibt uns dazu, für Christus e<strong>in</strong>zustehen - gegen Gewalt,Ungerechtigkeit, Hass und Unre<strong>in</strong>heit. Es gilt, Zeugnis zugeben, nicht nur <strong>in</strong> Worten son<strong>der</strong>n <strong>in</strong> Taten. Unser <strong>Leben</strong>muss beweisen, dass es e<strong>in</strong>en besseren Weg gibt.


234Aus dem Abendmahlsbund:(Der Abendmahlsbund, von He<strong>in</strong>rich Arnold nie<strong>der</strong>geschrieben, wurde nach e<strong>in</strong>em Jahr <strong>in</strong>nerenKampfes am 30. Dezember 1975 von allen getauften Mitglie<strong>der</strong>n des Bru<strong>der</strong>hofs unterschrieben,um die Haltung <strong>der</strong> Bru<strong>der</strong>schaft zu verschiedenen wichtigen Themen klarzustellen.)Wir wissen uns <strong>in</strong> E<strong>in</strong>heit unter Gottes Gericht undGnade gestellt.Wir geloben, <strong>in</strong> Ehrfurcht vor Gott, vor Christus und vorse<strong>in</strong>em Heiligen Geist zu leben.Das Kreuz, an dem wir die Vergebung <strong>der</strong> Sünden f<strong>in</strong>denkönnen, ist <strong>der</strong> Mittelpunkt unseres <strong>Leben</strong>s.Wir bekämpfen jeglichen Mangel an Ehrfurcht vor Gott,vor Christus und vor se<strong>in</strong>er Geme<strong>in</strong>de.Wir bekämpfen jeden Missbrauch des Namens Gottes,se<strong>in</strong>es Christus und des Heiligen Geistes.Wir bekämpfen alle Ehrfurchtslosigkeit dem k<strong>in</strong>dlichenGeist Jesu gegenüber, wie er <strong>in</strong> den K<strong>in</strong><strong>der</strong>n lebt, und wirwollen für diejenigen älteren K<strong>in</strong><strong>der</strong> kämpfen, <strong>in</strong> denen <strong>der</strong>k<strong>in</strong>dliche Geist zum Teil verlorengegangen ist.Wir bekämpfen jede seelische und körperliche Misshandlungvon K<strong>in</strong><strong>der</strong>n.Wir bekämpfen alles Streben nach Macht über Seelenan<strong>der</strong>er, e<strong>in</strong>schließlich K<strong>in</strong><strong>der</strong>n. Wir trachten nach <strong>der</strong>Atmosphäre <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de und <strong>der</strong> Engel Gottes.Wir geloben, im Gebet um das Licht Jesu zu bitten, damitalle, die gebunden s<strong>in</strong>d, und alle, die von bösen Gedankengequält werden, befreit werden mögen, und dass alle diejenigen,die <strong>der</strong> Dunkelheit willentlich dienen, geoffenbart und zurBuße gerufen werden mögen.Wir bekämpfen den Geist des Mammons und alle falsche


235Liebe, die mit dem Mammon verbunden ist.Wir bekämpfen allen menschlichen Hochmut und jedeForm von Eitelkeit.Wir bekämpfen allen Stolz, e<strong>in</strong>schließlich desKollektivstolzes.Wir bekämpfen den Geist <strong>der</strong> Unversöhnlichkeit, desNeides und des Hasses.Wir geloben, unsere eigene Macht und unsere eigene„Größe“ am Kreuz nie<strong>der</strong>zulegen.Wir bekämpfen jede Form <strong>der</strong> Herabwürdigung an<strong>der</strong>er,e<strong>in</strong>schließlich <strong>der</strong>er, die <strong>in</strong> Sünde gefallen s<strong>in</strong>d.Wir bekämpfen jegliche Grausamkeit gegen e<strong>in</strong>enMenschen, auch wenn er gesündigt hat.Wir bekämpfen alle Formen von Magie und Neugier übersatanische F<strong>in</strong>sternis.Wir bitten um den Mut, freudig bereit zu se<strong>in</strong>, wenn wirum <strong>der</strong> Gerechtigkeit willen leiden und verfolgt werden.Wir bitten um die Vergebung unserer Sünden, denn ohneJesus können unsere Herzen und unsere Taten nicht re<strong>in</strong> se<strong>in</strong>.Wir bitten darum, für die Welt leben zu dürfen, wie es Jesus<strong>in</strong> Johannes 17 ausdrückt: „Sie alle sollen e<strong>in</strong>s se<strong>in</strong>, so wieChristus e<strong>in</strong>s ist mit dem Vater, damit die Welt glauben kann,dass Christus vom Vater gesandt ist.“ Mit Christus bitten wir,nicht aus dieser Welt herausgenommen zu werden, son<strong>der</strong>nvor <strong>der</strong> Macht des Bösen bewahrt zu bleiben.Wir bitten Christus, er möge unsere Bru<strong>der</strong>schaft durchse<strong>in</strong>e Wahrheit weihen. Die Wahrheit ist das Wort Christi. Wirbitten darum, dass er uns sende, e<strong>in</strong> Licht <strong>in</strong> <strong>der</strong> Welt zu se<strong>in</strong>.


23627. WeltleidWenn wir nach den Wurzeln des Weltleids fragen, sof<strong>in</strong>den wir sie <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gier nach Besitz, das ist <strong>der</strong> Geistdes Mammons. Dieser Geist ist vom Satan, <strong>der</strong> <strong>der</strong> Mör<strong>der</strong>von Anbeg<strong>in</strong>n war, sagte Jesus. (1.Tim 6,10; Joh 8,44) Erbr<strong>in</strong>gt Dunkelheit und Tod. Viele se<strong>in</strong>er Diener verbergensich h<strong>in</strong>ter großartigen Idealen. Trotz dieser Ideale br<strong>in</strong>gtdieser Geist Ungerechtigkeit und Ver<strong>der</strong>ben hervor, und dass<strong>in</strong>d die Ursachen des Leidens, heute und zu allen Zeiten.Wenn wir mit uns selbst ehrlich s<strong>in</strong>d, werden wir sehen, wieeng das Leiden <strong>der</strong> Welt mit unserer eigenen Schuld und mit<strong>der</strong> Schuld aller Menschen verbunden ist. Weil das Leidenallen geme<strong>in</strong> ist, s<strong>in</strong>d auch wir e<strong>in</strong> Teil davon und müssen mitallen leidenden Menschen mitleiden.Es gibt so viel Schmerz auf <strong>der</strong> Welt! Wenn wir von GottesLiebe erfüllt s<strong>in</strong>d, werden wir diesen Schmerz selbsterfahren. Wir werden etwas von <strong>der</strong> Not <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong>, <strong>der</strong> Alten,<strong>der</strong> geistig Gestörten, <strong>der</strong> Ungewollten und <strong>der</strong> Hungerndennachempf<strong>in</strong>den. Wenn wir jedoch unseren Blick nur auf dasLeid <strong>der</strong> Welt richten, dann ist unser Bild e<strong>in</strong>seitig. Um <strong>der</strong>Sache Gottes willen müssen wir erkennen und verkündigen,dass das Leid e<strong>in</strong>e Frucht <strong>der</strong> großen Sünde und Schuld <strong>der</strong>Welt ist, e<strong>in</strong>e Frucht <strong>der</strong> Rebellion des Menschen gegenGott.


237Gott alle<strong>in</strong> weiß, wieviel von <strong>der</strong> Weltnot durch menschlicheSünde verursacht wird, und wieviel unverschuldetesLeid ist. Es ist gesagt worden: Wenn man die Sünde <strong>der</strong> Weltund das Leid <strong>der</strong> Welt auf e<strong>in</strong>e Waage legt, so halten sie dasGleichgewicht. Ich weiß nicht ob das so stimmt, aber e<strong>in</strong>s istklar: Sünde und Leid gehören zusammen. Krieg beispielsweiseist Sünde, hat aber auch enormes Leid zur Folge. Gott siehtbeides, die Sünde und das Leid.Wir glauben an das unbeschreibliche Verlangen Gottes,die Menschheit nicht nur von ihrer Not, son<strong>der</strong>n auchvon ihrer Sünde zu erlösen. Wir dürfen aber nicht über dieWeltnot reden, ohne uns bewusst zu machen, dass die Sünde<strong>der</strong> Welt auch unsere Sünde ist, durch die Gott verletzt wird.Hätte Gott nicht den Willen, die Menschen durch Jesus zuretten, dann gäbe es nichts als geistlichen und körperlichenTod auf dieser Erde. Jesus ist das Lamm Gottes, das die Sünden<strong>der</strong> Welt trägt. Er ist die Antwort, die e<strong>in</strong>zige Antwort, aufalle Sünde und Not.In den heutigen Weltkirchen hat Geld e<strong>in</strong>e große Macht,aber es fehlt an Mitleid mit den Armen. Das sollte unsherausfor<strong>der</strong>n, uns noch viel mehr den Armen zuzuwenden.Wir wissen, dass die ersten Gläubigen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de zuRom ihre eigenen Armen und die Armen <strong>der</strong> ganzen Stadternährten. Sie lebten <strong>in</strong> <strong>der</strong> ersten Liebe zu Jesus, und daranmangelt es bei uns. Die Stunde ruft uns auf, zur ersten Liebezurückkehren.


238Aus e<strong>in</strong>em Brief:Das 25. Kapitel des Matthäusevangeliums berichtet dieWorte Jesu von den Hungrigen, den Durstigen, denNackten und Gefangenen. Auch wir tragen Sorge um dieseMenschen, um den Hunger und die Not <strong>der</strong> Welt. Aber wassollen wir tun? Es geht uns zu gut. Wir sollten weniger essenund mit weniger auskommen, um mit den Armen zu teilen.Die ersten Christen fasteten e<strong>in</strong> o<strong>der</strong> zwei Tage <strong>in</strong> <strong>der</strong> Woche,um den Armen zu essen zu geben. Es ist nicht genug, nur mitunseren Brü<strong>der</strong>n und Schwestern zu teilen. Wenigstens e<strong>in</strong>Bru<strong>der</strong> <strong>in</strong> je<strong>der</strong> unserer Geme<strong>in</strong>schaften sollte dazu ernanntwerden, Menschen <strong>in</strong> Not aufzusuchen, ihnen Nahrungsmittelund Kleidung zu br<strong>in</strong>gen, und sich darum zu kümmern, dasssie ausreichende Heizung haben und was sonst zum <strong>Leben</strong>notwendig ist.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Du sagst, die Armen haben ja gar ke<strong>in</strong>e Sehnsucht nachGott, sie s<strong>in</strong>d abgestumpft. Du hättest e<strong>in</strong>mal längereZeit <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Obdachlosenasyl zugebracht. Die Menschenwollten nichts an<strong>der</strong>es, als selbst nach oben gelangen, selbstan<strong>der</strong>e unterdrücken, und so fort. Du sagst sogar, es hätteke<strong>in</strong>en Zweck zu versuchen, solchen Leuten zu helfen; siewollten ja nichts an<strong>der</strong>es.Aber dies alles, lieber Bru<strong>der</strong>, ist nicht aus dem Geist <strong>der</strong>Liebe Jesu. Es ist wahr, dass viele Menschen <strong>in</strong>nerlich stumpfs<strong>in</strong>d, aber diese Apathie ist die höchste Potenz ihrer Not.Sie ist e<strong>in</strong> Zeichen, wohl das schlimmste Zeichen dafür, wie


239stark <strong>der</strong> Fe<strong>in</strong>d Jesu, <strong>der</strong> Mör<strong>der</strong> von Anfang, noch überdie Menschen herrscht. Glaubst du nicht, dass es Jesus tiefbetrübt, wenn wir über die Not unserer Mitmenschen <strong>in</strong> sokalter überheblicher Weise sprechen?Glaubst du, dass dies e<strong>in</strong>e Jesus Ges<strong>in</strong>nung ist? Glaubstdu, er wäre für uns Menschen gestorben, wenn das se<strong>in</strong>eE<strong>in</strong>stellung gewesen wäre? Gott hat uns doch nicht dazubeauftragt, so über die Armen und Unterdrückten zu reden.Ne<strong>in</strong>, wir s<strong>in</strong>d gerufen unsere Mitmenschen zu lieben, ganzbeson<strong>der</strong>s diejenigen, denen es so schlecht geht, dass sieke<strong>in</strong>en Ausweg mehr sehen.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Grundsätzlich ist <strong>der</strong> Bru<strong>der</strong>hof immer bereit gewesen,e<strong>in</strong>em Obdachlosen Unterkunft für e<strong>in</strong>e Nachtanzubieten. Manchmal brachte uns die Polizei Obdachlosemitten <strong>in</strong> <strong>der</strong> Nacht, sogar Familien mit K<strong>in</strong><strong>der</strong>n, und wir habenimmer e<strong>in</strong>en Weg gefunden, ihnen e<strong>in</strong> Nachtquartier zu geben.Unter dem Hitlerregime wurde dem Bru<strong>der</strong>hof verboten, Gästeaufzunehmen. Wir ließen jedoch die zuständige Stelle wissen,dass wir niemandem e<strong>in</strong> Quartier verweigern würden, auchwenn es die Polizei missbilligte; wir würden e<strong>in</strong>er heimatlosenPerson niemals die Türe verschließen.Der ganze S<strong>in</strong>n unseres Zeugnisses würde verloren gehen,wenn wir nicht gewillt wären, e<strong>in</strong>em Menschen <strong>in</strong> Not e<strong>in</strong>Nachtquartier zu geben. Das Wichtigste ist die Liebe. Paulussagt, selbst wenn wir all unseren Besitz hergeben würden, hättenaber ke<strong>in</strong>e Liebe, so wäre alles nichts nütze. (1.Kor 13,3)


240In den ersten Jahren des Bru<strong>der</strong>hoflebens kamen öfterjunge Mädchen zu uns, die e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d erwarteten und auf<strong>der</strong> Suche nach e<strong>in</strong>er Bleibe waren, zu uns. Me<strong>in</strong> Vater ludsie dann e<strong>in</strong>, wenigstens zwei o<strong>der</strong> drei Nächte bei uns zuverbr<strong>in</strong>gen. Manche dieser Mädchen waren von ihren Elternh<strong>in</strong>ausgeworfen worden und blieben bei uns, bis ihre Babysgeboren waren.Es kamen auch Tr<strong>in</strong>ker und Diebe zu uns, und Leute, dievon <strong>der</strong> Polizei gesucht wurden. E<strong>in</strong>mal wohnte e<strong>in</strong> Mann beiuns, <strong>der</strong> e<strong>in</strong>en Mord begangen hatte und deshalb zwanzig Jahrelang im Gefängnis gesessen hatte. Me<strong>in</strong>e Eltern machten sichke<strong>in</strong>e Sorgen über die eventuellen Folgen, die uns K<strong>in</strong><strong>der</strong>ndadurch entstehen könnten. Aber wir kamen niemals mitsexueller Unre<strong>in</strong>heit <strong>in</strong> Berührung. Unanständiges Benehmenseitens <strong>der</strong> Menschen, die wir aufnahmen, hat me<strong>in</strong> Vaternicht geduldet.Ke<strong>in</strong>er dieser Menschen hat sich uns angeschlossen, undich glaube nicht, dass auch nur e<strong>in</strong>er von ihnen an uns alsGeme<strong>in</strong>de <strong>in</strong>teressiert war. Sie waren e<strong>in</strong>fach heimatlos. Aberme<strong>in</strong> Vater verweigerte ke<strong>in</strong>em von ihnen e<strong>in</strong> Dach über demKopf. Im Hebräerbrief 13,2 heißt es, e<strong>in</strong>ige haben, ohne es zuwissen, Engel beherbergt, als sie Fremde aufnahmen.Wir erleben e<strong>in</strong>e Umwälzung <strong>in</strong> unserem Land, und dierechtsextremen Gruppen s<strong>in</strong>d sehr aktiv. Gleichzeitigs<strong>in</strong>d an<strong>der</strong>e, die sich e<strong>in</strong>deutig für die Ideale von Gerechtigkeitund Frieden unter den Menschen und Nationen e<strong>in</strong>setzen,auch sehr aktiv. Wir dürfen nicht daneben stehen. Wenn


241Menschen für ihre Überzeugung <strong>in</strong>s Gefängnis gehen o<strong>der</strong>ihr <strong>Leben</strong> h<strong>in</strong>geben, müssen wir tiefe Achtung und Ehrfurchtdavor haben. Aber wir sollten e<strong>in</strong> noch tieferes Verlangenhaben nach e<strong>in</strong>er Gerechtigkeit, die größer ist als die, welcheauf die Menschenrechte gegründet ist.Mich beschäftigt e<strong>in</strong> Vorfall, <strong>der</strong> <strong>in</strong> unserer Nähegeschehen ist, und ich weiß nicht, wie wir daraufreagieren sollen: E<strong>in</strong> Mann aus unserer Nachbarschaft wurdedurch Schläge auf den Kopf verletzt, weil er antisemitischePlakate entfernte. Wie sollen wir gegen e<strong>in</strong>e solche Gewalttatprotestieren? Wo liegt unsere Verantwortung? Dieser Fragemüssen wir uns ganz offen stellen. Wir haben sehr weniggetan. Wir haben uns an den Protestmärschen gegen denRassismus im Süden <strong>der</strong> USA beteiligt, und wir haben unsoffen gegen den Krieg <strong>in</strong> Vietnam ausgesprochen. Wir habenmit Senatoren und Abgeordneten im Repräsentantenhausgesprochen und ihnen unsere ernsten Anliegen vorgelegt.Aber das alles ist sehr wenig.Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft liegen <strong>in</strong> GottesHand, und wenn wir uns Gott h<strong>in</strong>geben, müssen wir bereitse<strong>in</strong> zu leiden und sogar zu sterben.Unsere Herzen s<strong>in</strong>d kle<strong>in</strong> – ich weiß es von mir selbst– doch wenn wir uns von Gott bewegen lassen, dann f<strong>in</strong>denwir die Antwort auf die Frage nach unserer Verantwortung.Je<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Weg wird <strong>in</strong> die Irre führen. Wenn Gottes Liebeunsere Herzen bewegt, wird unser <strong>Leben</strong> neue Tiefen undHöhen erfahren, und Gott wird uns führen, das Richtige zu


242tun. Aber wir müssen ihn darum bitten, unsere Herzen zubewegen – heute, morgen und jeden Tag.Gleichgültigkeit angesichts von Ungerechtigkeit ist e<strong>in</strong>eschreckliche Sünde. Deshalb haben wir große Achtungvor <strong>der</strong> Bürgerrechtsbewegung. Viele Menschen <strong>in</strong> dieserBewegung br<strong>in</strong>gen Opfer für die Gerechtigkeit, e<strong>in</strong>ige habensogar ihr <strong>Leben</strong> geopfert. Aber <strong>der</strong> Kampf um das Bürgerrechtals solches wird das Reich Gottes nicht herbeiführen. Dasdürfen wir nicht aus den Augen verlieren, trotz unsererAchtung vor denen, die alles dafür geopfert haben. Etwasviel Größeres muss geschenkt werden, etwas, das wir nichtmachen können: die gewaltige Atmosphäre des Geistes Jesu,die die ganze Welt durchdr<strong>in</strong>gen muss.Die Ungerechtigkeit nimmt weiterh<strong>in</strong> zu, gerade deshalbwollen wir an <strong>der</strong> Hoffnung auf das Reich Gottesfesthalten. Lasst uns versuchen dem Reich Gottes entsprechendzu leben, um <strong>der</strong> Welt e<strong>in</strong>e neue Gerechtigkeit zu zeigen, diesogar die Liebe zum Fe<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>schließt. Das ist die Antwortauf die große Not unserer Zeit <strong>in</strong> <strong>der</strong> ganzen Welt.Daniel und die an<strong>der</strong>en Propheten, wie auch Johannesim Buch <strong>der</strong> Offenbarung, sprechen von den„letzten Tagen“ ehe das Reich Gottes kommt, <strong>in</strong> denen <strong>der</strong>Menschheit schwere Gerichte bevorstehen. Die Hungersnöteund Seuchen jedes Jahrhun<strong>der</strong>ts, die Verfolgung unserertäuferischen Vorfahren und unzähliger an<strong>der</strong>er kle<strong>in</strong>er


243Gruppen, <strong>der</strong> Dreißigjährige Krieg und die Ausrottung <strong>der</strong>Indianer <strong>in</strong> Amerika s<strong>in</strong>d alles Beispiele enormen Leidens, <strong>in</strong>denen sich viele dieser Prophezeihungen vom kommendenGericht erfüllen. Dazu gehören auch <strong>der</strong> Erste und <strong>der</strong> ZweiteWeltkrieg, <strong>in</strong> denen vielleicht die schrecklichsten Greuelgeschahen, die die Menschheit bis dah<strong>in</strong> gesehen hat. Dieletzten Tage haben schon begonnen.Es gibt so unendlich viel Not auf <strong>der</strong> Welt, viel mehr als unsbewusst ist. Manches ist wirtschaftliche und soziale Not,aber <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em tieferen S<strong>in</strong>n bedeutet es e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>nere Not, diedurch die dunklen Mächte <strong>der</strong> Ungerechtigkeit, des Mordesund <strong>der</strong> Untreue im <strong>Leben</strong> <strong>der</strong> Menschen hervorgerufenwird. Früher glaubten manche von uns, dass durch politischeund soziale Maßnahmen radikale Verän<strong>der</strong>ungen <strong>in</strong> unsererGesellschaft herbeigeführt werden könnten und dass dadurchdiese Not beseitigt würde. Aber wie wir immer wie<strong>der</strong> gesehenhaben, verfangen sich die verantwortlichen Politiker <strong>der</strong>heutigen Welt im Netz ihrer Unehrlichkeit. Der kalte Dollarherrscht, Unre<strong>in</strong>heit und Untreue s<strong>in</strong>d weitverbreitet.Wir wissen, dass unsere wenigen Bru<strong>der</strong>höfe die Welt nichtverän<strong>der</strong>n werden, aber Christus kann es. Wir wollen uns ihmfreiwillig h<strong>in</strong>geben. Er verlangt unsere ganze Persönlichkeitund unser ganzes <strong>Leben</strong>. Er kam, die Welt zu retten, und wirglauben, dass er – nicht e<strong>in</strong> menschlicher Führer – e<strong>in</strong>es Tagesdie Welt regieren wird. Für ihn leben wir, für ihn geben wiralles h<strong>in</strong>, für ihn s<strong>in</strong>d wir bereit zu sterben.


24428. MissionUnser tiefstes Verlangen ist es, als ganzer Kreis <strong>der</strong>Bru<strong>der</strong>schaft an<strong>der</strong>en suchenden Menschen die Handzu reichen. Das bedeutet jedoch nicht, dass wir jetzt allelosfahren, um irgendwo über unseren Glauben zu predigen.Echte Sendung muss von Gott geschenkt werden, sie muss <strong>in</strong>uns brennen und uns zu Menschen führen, die offene Ohrenhaben. Wir dürfen die Leute nicht e<strong>in</strong>fach anpredigen. Wirwollen persönliche Begegnungen f<strong>in</strong>den, so wie sie nicht vonuns gemacht werden können. Nur Gott kann uns das richtigeWort für die richtige Person zur richtigen Zeit geben.Es liegt uns nicht daran, Mitglie<strong>der</strong> für den Bru<strong>der</strong>hofzu werben, wie manche Leute me<strong>in</strong>en. Wenn das <strong>der</strong>Fall wäre, dann würde unsere Bewegung bald Schiffbrucherleiden. Wir wollen sammeln, weil Jesus uns den Auftragzum Sammeln gab. (Mt 12,30; 23,37)Als me<strong>in</strong> Bru<strong>der</strong> Hardy <strong>in</strong> den dreißiger Jahren an <strong>der</strong>Universität Tüb<strong>in</strong>gen studierte, bat ihn me<strong>in</strong> Vater, e<strong>in</strong>igeöffentliche Vorträge für ihn <strong>in</strong> die Wege zu leiten. Hardysorgte für große Plakate mit <strong>der</strong> Bekanntmachung, Dr.Eberhard Arnold werde über den Bru<strong>der</strong>hof sprechen.Als me<strong>in</strong> Vater das sah, protestierte er heftig: „Das werdeich mit Sicherheit nicht tun. Ich will von <strong>der</strong> SacheGottes sprechen. Den Bru<strong>der</strong>hof werde ich nicht e<strong>in</strong>malerwähnen.“ Das muss unser Hauptanliegen se<strong>in</strong>: die SacheGottes.


245Wir spüren den Drang, <strong>in</strong> engeren Kontakt mit vielenMenschen zu kommen, doch all unser Hoffen undStreben muss unter dem Verlangen stehen, dass zu je<strong>der</strong>Stunde und an jedem Ort nicht unser Wille, son<strong>der</strong>n GottesWille geschehe. Dem wollen wir uns willig fügen. Die letztenJahre haben uns gezeigt – o<strong>der</strong> hätten uns zeigen müssen – wieunfähig, wie sündhaft, wie machtlos wir s<strong>in</strong>d. Die Missionhängt alle<strong>in</strong> davon ab, ob unser Glaube lebendig ist.Lasst uns wachsam se<strong>in</strong>, damit wir nicht aus eigenerKraft Mission betreiben. Es wird genug gepredigt <strong>in</strong><strong>der</strong> Welt. So viele Menschen gehen h<strong>in</strong>aus und predigenaus eigenen Stücken. Ich b<strong>in</strong> ganz und gar für Mission,aber nur, wenn es Gottes Wille ist, <strong>der</strong> uns bewegt, undnicht unser eigenes Ich.In <strong>der</strong> Urgeme<strong>in</strong>de, die e<strong>in</strong>e beson<strong>der</strong>s lebendige Missionbetrieb, gab es zwei wesentliche Voraussetzungen: DieGläubigen waren e<strong>in</strong>es S<strong>in</strong>nes, sie waren e<strong>in</strong> Herz unde<strong>in</strong>e Seele, und sie waren bußfertig. Diese E<strong>in</strong>stimmigkeitvon Herz, Seele und Geist und gleichzeitig die Demut undBußfertigkeit des Paulus müssen wir f<strong>in</strong>den.Dem Missionsauftrag können wir nicht entgehen.Damit e<strong>in</strong>e Geme<strong>in</strong>de am <strong>Leben</strong> bleibt, müssenSendboten ausgesandt werden, womöglich zu zweit wie <strong>in</strong> <strong>der</strong>Urgeme<strong>in</strong>de o<strong>der</strong> bei den Täufern des 16. Jahrhun<strong>der</strong>ts. DieStadt muss hoch auf dem Berg stehen, das Licht muss weith<strong>in</strong>aussche<strong>in</strong>en.


246Kann die Welt an den Kirchen von heute erkennen, dassJesus Christus vom Vater <strong>in</strong> die Welt gesandt wurde? Habenwir nicht e<strong>in</strong>e ungeheuere Verantwortung? Jesu letzten Wortean se<strong>in</strong>e Jünger waren: „Gehet h<strong>in</strong>aus <strong>in</strong> alle Welt und predigtdas Evangelium aller Kreatur. Wer da glaubt und getauftwird, <strong>der</strong> wird selig werden; wer aber nicht glaubt, <strong>der</strong> wirdverdammt werden.“ (Mk 16,15-16)Dass es noch e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong> Pf<strong>in</strong>gsten geben wird, woTausende an e<strong>in</strong>em Tage getauft werden, ist rechtunwahrsche<strong>in</strong>lich. Aber unser Anliegen ist es, dass die SaatJesu <strong>in</strong> unserer verdorbenen Gesellschaft ausgesät wird, auchwenn wir es Gott überlassen müssen, ob die Saat aufgeht undFrucht trägt. Die zwölf Apostel konnten e<strong>in</strong>en großen Erfolgverzeichnen: Sie waren von Christus bevollmächtigt. So etwasist seitdem niemals wie<strong>der</strong> geschehen.Ich weiß, dass Mission nicht erzwungen werden kann, aberes ist me<strong>in</strong> tiefes Verlangen, dass die Saat ausgesät werde, dass dieMenschen erwachen, dass sie Jesus lieben und se<strong>in</strong> Wort halten.Dann wird er zu ihnen kommen und unter ihnen wohnen.Lasst uns darum bitten, dass wir, so oft wir den Namen desHerrn erwähnen und se<strong>in</strong> Evangelium verkünden, es mit<strong>der</strong> Glut des Heiligen Geistes tun. Das ist es, was unserer ZeitNot tut, was unsere arme Erde braucht, die von Gottes Sohnheimgesucht wurde und nicht von ihm vergessen ist.Das Kreuz ist tief <strong>in</strong> die Erde gepflanzt. Es ragt zumHimmel h<strong>in</strong>auf, und se<strong>in</strong>e ausgebreiteten Arme zeigen uns,


247wie Christus nach allen Menschen hungert und dürstet. Erhat gesagt: „Wenn ich erhöht se<strong>in</strong> werde von <strong>der</strong> Erde, so willich alle Menschen zu mir ziehen.“ (Joh 12,32)Es gibt e<strong>in</strong>en gewissen Wi<strong>der</strong>spruch <strong>in</strong> unserem <strong>Leben</strong>:E<strong>in</strong>erseits möchten wir die ganze Menschheit <strong>in</strong> die Armeschließen. Wir würden am liebsten Tausende, ja Millionen vonMenschen überzeugen, als Brü<strong>der</strong> und Schwestern <strong>in</strong> Christuszu leben; so viele wie möglich sollen zu uns kommen, damitwir alles mit ihnen teilen können. Wir hoffen auch, dass unsermissionarischer Drang immer stärker wird. Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>enSeite s<strong>in</strong>d uns zwei o<strong>der</strong> drei h<strong>in</strong>gegebene Menschen lieber alshun<strong>der</strong>te, die gleichgültig s<strong>in</strong>d. Das Salz unseres Zeugnissesdarf nicht verloren gehen. Lieber bleiben wir e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e Scharvon Menschen, unter denen echte Liebe und wahrer Glaubenan Christus lebt, als e<strong>in</strong>e Massenbewegung, die von Hass undNeid durchsetzt ist.In den ersten drei Evangelien heißt es, dass die zwölf Apostelausgesandt wurden mit den Worten: „Gehet h<strong>in</strong> und machtzu Jüngern alle Völker: Taufet sie <strong>in</strong> dem Namen des Vatersund des Sohnes und des Heiligen Geistes.“ (Mt 28,19; Mk16,15; Lk 24,47) Im Johannesevangelium spricht Jesus vone<strong>in</strong>er an<strong>der</strong>en Art Sendung: „Damit sie alle e<strong>in</strong>s seien. Wiedu, Vater, <strong>in</strong> mir bist und ich <strong>in</strong> dir, so sollen auch sie <strong>in</strong>uns e<strong>in</strong>s se<strong>in</strong>, damit die Welt glaube, dass du mich gesandthast.“(Joh 17,21)Das ist heute für uns beson<strong>der</strong>s wichtig. Hier legt Jesusden Schwerpunkt nicht auf das Predigen des Evangeliums,


248um die Weltmenschen zu gew<strong>in</strong>nen, son<strong>der</strong>n auf die E<strong>in</strong>heitse<strong>in</strong>er <strong>Nachfolge</strong>r: „Damit sie alle e<strong>in</strong>s seien, dass die Weltglaube, dass du mich gesandt hast.“ In diesem Gebet Jesuwird deutlich, dass Mission die E<strong>in</strong>heit <strong>der</strong> Jünger me<strong>in</strong>t.E<strong>in</strong>heit kostet Kampf; sie wird durch Leiden und durchGeme<strong>in</strong>dezucht teuer erkauft; sie setzt voraus, dass wir immerwie<strong>der</strong> vergeben, lieben und vertrauen, auch denen, die unsverletzt o<strong>der</strong> geschadet haben.Wenn die E<strong>in</strong>heit stark unter uns ist, dann wird sie <strong>in</strong> dieWelt h<strong>in</strong>ausstrahlen – wie, das wissen wir nicht, aber wirwissen, es wird geschehen.Es muss mehr und mehr Liebe von unserem Kreis ausgehen,damit wir als e<strong>in</strong>mütige Geme<strong>in</strong>de Missionare aussendenkönnen. Solange wir dazu nicht imstande s<strong>in</strong>d, leben wirnicht alle<strong>in</strong> um <strong>der</strong> Liebe willen. Wenn wir ke<strong>in</strong>e Kraft fürdie Mission übrig haben, so ist das e<strong>in</strong> Zeichen, dass unsereGeme<strong>in</strong>de noch nicht völlig <strong>der</strong> Liebe h<strong>in</strong>gegeben ist. Unddas sollte uns bescheiden machen.Wir leben <strong>in</strong> Geme<strong>in</strong>schaft, weil wir Brü<strong>der</strong> undSchwestern se<strong>in</strong> wollen. Das ist unsere oberste Berufung:Bru<strong>der</strong> zu se<strong>in</strong>, auch den Armen und Anspruchslosen, damitke<strong>in</strong>er auf den an<strong>der</strong>en herabblickt und niemand <strong>in</strong> se<strong>in</strong>erNot vergessen wird. Wir s<strong>in</strong>d da, um für unsere K<strong>in</strong><strong>der</strong>,unsere Brü<strong>der</strong> und Schwestern, unsere Alten, Witwen undWaisen zu sorgen. Es ist nicht unsere erste Aufgabe, Menschenaus den Elendsvierteln herauszuholen. Dadurch könnte <strong>der</strong>wesentliche Auftrag sogar zerstört werden, <strong>in</strong>dem wir uns


249zerstreuen und alles ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong> fällt. Dann würde aus demBru<strong>der</strong>hof e<strong>in</strong>e <strong>der</strong> vielen Organisationen, die beson<strong>der</strong>s fürdie Sozialarbeit e<strong>in</strong>gerichtet s<strong>in</strong>d.Betrachten wir unser <strong>Leben</strong> <strong>der</strong> <strong>Nachfolge</strong> e<strong>in</strong>mal imLichte <strong>der</strong> Worte Jesu über die Erweckung <strong>der</strong> Totenund die Austreibung von Teufeln. (Mt 10,8; Mk 16,15 18)Hier zeigt es sich, wie arm an Geist wir als Geme<strong>in</strong>de s<strong>in</strong>d.Das ist e<strong>in</strong> Grund zur Demut, aber nicht zur Resignation.In se<strong>in</strong>em letzten Brief schrieb me<strong>in</strong> Vater: „Zu e<strong>in</strong>er rechtenAussendung s<strong>in</strong>d wir [<strong>der</strong> Bru<strong>der</strong>hof] noch nicht gelangt. Siezu erbitten, wird immer dr<strong>in</strong>gen<strong>der</strong>.“ Er hoffte immer, dass dieapostolische Sendung – die Auferweckung <strong>der</strong> Toten und dieAustreibung von Dämonen – <strong>in</strong> unserer Zeit neu geschenktwerde. Es kam ihm nicht darauf an, dass sie ihm persönlicho<strong>der</strong> dem Bru<strong>der</strong>hof geschenkt würde, wenn sie nur an irgende<strong>in</strong>em Ort geschähe.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Obwohl mir die apostolische Sendung – auf die Straßenund an die Zäune zu gehen und die Menschen zudem großen Fest <strong>in</strong> Gottes Reich e<strong>in</strong>zuladen – e<strong>in</strong> <strong>in</strong>nerstesAnliegen ist, so weiß ich, dass je<strong>der</strong> Tag, <strong>in</strong> wahrer E<strong>in</strong>heitgelebt, auch Sendung ist. Lies e<strong>in</strong>mal Johannes 17 <strong>in</strong> diesemS<strong>in</strong>n: An <strong>der</strong> E<strong>in</strong>heit und Liebe se<strong>in</strong>er Jünger untere<strong>in</strong>an<strong>der</strong>soll die Welt erkennen, dass Jesus vom Vater gesandt wurde.(Joh 17,21) E<strong>in</strong>e größere Schau als diese gibt es nicht. Wennwir uns nur zu e<strong>in</strong>er solchen E<strong>in</strong>heit durchkämpfen, dann


250kann Gott uns die Kraft geben, beide Arten von Sendung zuunternehmen, und alle Schwestern und Brü<strong>der</strong> werden daranteilnehmen.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Die Schärfe Jesu, als Teil des Evangeliums, wird <strong>in</strong> <strong>der</strong>heutigen Christenheit nicht mehr gepredigt. Johannes<strong>der</strong> Täufer begann se<strong>in</strong>e Botschaft mit den Worten: „IhrSchlangenbrut, wer hat euch denn gewiss gemacht, dass ihrdem künftigen Zorn entr<strong>in</strong>nen werdet? Seht zu, dass ihrrechtschaffene Frucht <strong>der</strong> Buße br<strong>in</strong>gt! Denkt nur nicht, dassihr von euch sagen könnt: Wir haben Abraham zum Vater!“(Mt 3,7–9)Ich halte es für me<strong>in</strong>e <strong>in</strong>nere Berufung und Pflicht, dasEvangelium mit <strong>der</strong> gleichen Schärfe zu verkündigen, aberauch mit <strong>der</strong> gleichen Güte und Barmherzigkeit, die wir imNeuen Testament f<strong>in</strong>den.Jesus sandte se<strong>in</strong>e Apostel unter dem Zeichen des Lammesaus. (Lk 10,3) Je<strong>der</strong>, <strong>der</strong> e<strong>in</strong>mal unter Druck gestandenhat, beson<strong>der</strong>s unter religiösem Druck, weiß warum er das tat.Noch klarer wird das an <strong>der</strong> Taube, dem Symbol des HeiligenGeistes. Wie e<strong>in</strong>e Taube kam <strong>der</strong> Geist auf Jesus herab, ohneGewalt o<strong>der</strong> Druck auszuüben, nichts Böses im S<strong>in</strong>n, unfähiganzugreifen o<strong>der</strong> den freien Willen zu unterdrücken.Das ist <strong>der</strong> Charakter <strong>der</strong> apostolischen Sendung: ke<strong>in</strong>Zwang, ke<strong>in</strong> Druck, ke<strong>in</strong>e Überredung. Niemals darf e<strong>in</strong>estarke Persönlichkeit die schwächere unterdrücken. Harmlos


251wie e<strong>in</strong>e Taube muss sie se<strong>in</strong>. Und doch, neben den WortenJesu: „Seid unschuldig wie die Tauben,“ steht: „Seid klug wiedie Schlangen.“ (Mt 10,16)Was unsere Teilnahme an den <strong>der</strong>zeitigen sozialenProtestbewegungen angeht, so hoffe ich sehr, dass wirfe<strong>in</strong>fühlig genug s<strong>in</strong>d, um zu unterscheiden, was an solchenAktionen von Gott her kommt und was nicht, und das ersterezu för<strong>der</strong>n, aber das letztere abzulehnen. Wir brauchen dieOffenheit, um etwas Neues aufzunehmen, gleichzeitig abermüssen wir e<strong>in</strong> Zeugnis wahrer Bru<strong>der</strong>schaft geben.In unserer korrupten Zeit ist es die Verantwortung <strong>der</strong>Geme<strong>in</strong>de, die Menschen zu e<strong>in</strong>em <strong>Leben</strong> <strong>in</strong> Gott und<strong>in</strong> Jesus aufzurufen. Wenn wir die heutige Gesellschaftbetrachten, dann sehen wir, wie verdorben die Menschheitist, – e<strong>in</strong>e Menschheit, <strong>in</strong> <strong>der</strong> ke<strong>in</strong>e Rede von Versöhnungmit Gott ist. Die Versöhnung mit Gott kann nur durch dasKreuz geschehen. Ohne Jesus, ohne se<strong>in</strong> Leiden und se<strong>in</strong>enTod, kann ke<strong>in</strong> Mensch den Weg zu Gott f<strong>in</strong>den.Ich b<strong>in</strong> dankbar, dass unter uns die Sehnsucht nach <strong>der</strong>apostolischen Sendung lebendig ist. Aber solange wir nichtvon Gott gesandt werden, wie Paulus von Gott gesandt war,werden wir niemals <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lage se<strong>in</strong>, auf Mission zu gehen,auch nicht im bescheidensten Rahmen. Paulus berichtet vonse<strong>in</strong>er Bekehrung, dass Jesus ihn gesandt habe, „die Augen <strong>der</strong>Menschen zu öffnen, damit sie aus <strong>der</strong> F<strong>in</strong>sternis <strong>in</strong>s Lichtkommen, aus <strong>der</strong> Gewalt Satans zu Gott. So werden sie die


252Vergebung <strong>der</strong> Sünde empfangen und das Erbteil samt denen,die geheiligt s<strong>in</strong>d durch den Glauben an mich.“ (Apg 26,18)Das ist <strong>der</strong> S<strong>in</strong>n <strong>der</strong> Sendung. Es ist klar, dass sie niemalse<strong>in</strong> menschliches Unternehmen se<strong>in</strong> kann. Wir s<strong>in</strong>d unfähigdazu, absolut unfähig, ohne e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>nerste Beziehung zu Gott,zu Christus und zu se<strong>in</strong>er Geme<strong>in</strong>de.


253D A S R E I C H G O T T E S


25429. JesusJesus war <strong>der</strong> leidende Knecht. Von se<strong>in</strong>er Geburt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>emelenden Stall, bis zu se<strong>in</strong>em Tod am Kreuz zwischen zweiVerbrechern, war se<strong>in</strong> <strong>Leben</strong> <strong>der</strong> re<strong>in</strong>en Liebe geweiht. Er warwirklich Mensch und wahrer Gott; er war das fleischgewordeneWort; er war <strong>der</strong> Sohn Gottes, aber er nannte sich selbst denMenschensohn.Jesus Christus ist <strong>der</strong> Erlöser, <strong>der</strong> zu uns schwachensündhaften Menschen kommt. Er befreit uns von Sündeund von dämonischen Mächten. Er macht uns zu wahrenMenschen. Er ist <strong>der</strong> Heiland, <strong>der</strong> Arzt, <strong>der</strong> umsonst heilt. Erist <strong>der</strong> wahre We<strong>in</strong>stock, <strong>der</strong> lebendige Baum. Er ist <strong>der</strong>selbegestern, heute und <strong>in</strong> alle Ewigkeit. Jesus ist die Seele <strong>der</strong>Barmherzigkeit, <strong>der</strong> Menschenfreund, <strong>der</strong> Rufer zu e<strong>in</strong>emneuen <strong>Leben</strong>. Er ist <strong>der</strong> wahre und gute Hirte, <strong>der</strong> König desGottesreiches. Er heißt Wun<strong>der</strong>bare Kraft, Mächtiger Gott,Ewiger Vater, Friedefürst.Christus ist die Kraft <strong>der</strong> Sammlung: „Wie oft habe ichde<strong>in</strong>e K<strong>in</strong><strong>der</strong> versammeln wollen wie e<strong>in</strong>e Henne ihre Kükenunter ihre Flügel, und ihr habt nicht gewollt.“ (Lk 13,34)Se<strong>in</strong> letztes Gebet galt se<strong>in</strong>en Jüngern: er bat um E<strong>in</strong>heit undLiebe unter ihnen. (Joh 17,21) Das neue <strong>Leben</strong> <strong>in</strong> Christusüberw<strong>in</strong>det jegliche Trennung, es führt zur Geme<strong>in</strong>schaftunter den Menschen, so dass sie e<strong>in</strong> Herz und e<strong>in</strong>e Seelewerden. Christus ist die Offenbarung <strong>der</strong> Liebe Gottes undse<strong>in</strong>es Reiches.


255Mit Herz und Seele müssen wir diesen Jesus erfahren. Undnoch mehr: Wir müssen ihn erfahren als den Herrn über alleD<strong>in</strong>ge, König über alle Welten Gottes. Mit unserer ganzenKonzentration müssen wir uns auf ihn, den Kommenden undauf die Ersche<strong>in</strong>ung se<strong>in</strong>es Reiches richten.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Ich weiß, dass du Schwierigkeiten mit manchen biblischenAussagen über Christus hast. Willst du aber nichtden ganzen Christus, dann wird dir auch <strong>der</strong> Teil, den duakzeptierst, durch die F<strong>in</strong>ger gleiten, und du wirst mit leerenHänden dastehen. Ich bitte dich aus Liebe und Anteilnahme,nimm dir das zu Herzen.Letztlich kommt es darauf an, dass du den von <strong>der</strong> JungfrauMaria durch den Heiligen Geist geborenen Jesus Christusannimmst, dem alle Macht im Himmel und auf Erdengegeben ist, <strong>der</strong> auf die Erde kam, um das ganze Weltall mitGott zu versöhnen, <strong>in</strong>dem er Frieden machte durch se<strong>in</strong> Blutam Kreuz. (Kol 1,20)An Christus glauben heißt, dass wir gewillt s<strong>in</strong>d, diegeheimnisvollen D<strong>in</strong>ge zu glauben, die wir we<strong>der</strong> sehennoch empf<strong>in</strong>den noch mit unserem Intellekt wahrnehmenkönnen.Manchmal frage ich mich, ob wir den ganzen Christusgenügend erfassen. Für jeden Christen – für dene<strong>in</strong>zelnen wie für die Kirchen – besteht die Gefahr, nur e<strong>in</strong>enTeil von Christus anzunehmen und dem treu zu se<strong>in</strong>. Den


256ganzen Christus müssen wir f<strong>in</strong>den, dem ganzen Christusmüssen wir dienen.Es ist nicht me<strong>in</strong>e Sache zu verkündigen: „Dieses hier ist<strong>der</strong> ganze Christus.“ Und wenn wir das ganze Evangeliumauswendig lernten, so könnten wir doch nicht sagen, wirhaben den ganzen Christus. Nur <strong>der</strong> Heilige Geist vermagihn uns zu br<strong>in</strong>gen.Das Böse <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Menschen sieht Jesus so scharf undklar, dass man me<strong>in</strong>en könnte, er habe ke<strong>in</strong>e Liebe zuihm; aber se<strong>in</strong>e Hoffnung für ihn ist so groß, als wäre nichtsBöses <strong>in</strong> ihm. Im Neuen Testament f<strong>in</strong>den wir sowohl scharfeWorte von <strong>der</strong> ewigen Verdammnis wie auch Worte vonbarmherziger Liebe. Alles an Jesus müssen wir lieben – se<strong>in</strong>eSchärfe und se<strong>in</strong>e Barmherzigkeit.Wenn wir uns nach se<strong>in</strong>er Schärfe ausstrecken, dann werdenunsere Herzen gere<strong>in</strong>igt und beschnitten. Wir könnten jedochnicht e<strong>in</strong>en Tag leben, wenn se<strong>in</strong>e Liebe, se<strong>in</strong>e Barmherzigkeitund Gnade nicht noch größer als se<strong>in</strong>e Schärfe wären.Es ist e<strong>in</strong> Fehler zu glauben, Jesus sei nur tapfer und starkgewesen. In Schwachheit wurde er gekreuzigt. Das ist e<strong>in</strong>tiefes Geheimnis. (2.Kor 13,4) Um unseretwillen wurde erschwach, um <strong>der</strong> Sünde <strong>der</strong> Welt willen, um Versöhnung undden Sieg Gottes auf die Erde und <strong>in</strong> den Himmel zu br<strong>in</strong>gen.Und darum lieben wir ihn.In Schwachheit wurde Jesus gekreuzigt, jetzt aber lebt er <strong>in</strong><strong>der</strong> Kraft Gottes. Auch wir s<strong>in</strong>d schwach, wie er es war, aber


257durch die Kraft Gottes dürfen wir e<strong>in</strong>s mit ihm werden unddie Fülle des <strong>Leben</strong>s erlangen.S<strong>in</strong>d wir aber stolz, dann können wir nicht <strong>in</strong> <strong>der</strong> KraftGottes leben. Als starke und geistig große Menschen stehenwir Gott im Weg. S<strong>in</strong>d wir aber schwach, so ist das ke<strong>in</strong>H<strong>in</strong><strong>der</strong>nis.Im 15. Kapitel des Johannesevangeliums spricht Jesus ausdem Innersten se<strong>in</strong>es Herzens über die E<strong>in</strong>heit se<strong>in</strong>er<strong>Nachfolge</strong>r. Er spricht von sich selbst als dem We<strong>in</strong>stock undvon se<strong>in</strong>em Vater als dem W<strong>in</strong>zer, <strong>der</strong> jede Rebe abschneidet,die ke<strong>in</strong>e Frucht br<strong>in</strong>gt; und jede Rebe, die Frucht br<strong>in</strong>gt,re<strong>in</strong>igt er, dass sie mehr Frucht br<strong>in</strong>ge.Der Herr schneidet uns nicht so vollständig ab, dass wirvertrocknen; er re<strong>in</strong>igt uns vielmehr und b<strong>in</strong>det uns erneutan se<strong>in</strong>en We<strong>in</strong>stock. Diese Erfahrung von Gericht und Strafemüssen wir durchmachen, denn Jesus sagt, wer Frucht br<strong>in</strong>gt,den re<strong>in</strong>igt er.Wenn <strong>der</strong> W<strong>in</strong>zer die Reben re<strong>in</strong>igt, so gebraucht er dazue<strong>in</strong> Messer. Wir müssen ihn darum bitten, dass se<strong>in</strong> Messertief <strong>in</strong> unsere Herzen schneide, und wenn es noch so wehtut, damit wir, so von ihm gere<strong>in</strong>igt, auf den e<strong>in</strong>en We<strong>in</strong>stockaufgepfropft werden können.Unser Heiland hat es versprochen: „Bleibet <strong>in</strong> mir, und ichwerde <strong>in</strong> euch bleiben.“ (Joh 15,4+7) Mögen wir doch alle<strong>in</strong> ihm bleiben und er <strong>in</strong> uns, das ist me<strong>in</strong> tiefes Anliegen. Esgibt nichts Größeres, nichts Schöneres, nichts Beglücken<strong>der</strong>esals die E<strong>in</strong>heit mit Jesus Christus.


258Als die Engel den Hirten erschienen, verkündigten sie:„Euch ist e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d geboren. E<strong>in</strong> Sohn ist euch geschenkt.“(Lk 2,11) Laßt uns dieses Wort zu Herzen nehmen: Euch iste<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d geboren. Es handelt sich nicht nur darum zu glauben,dass <strong>in</strong> Bethlehem e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d geboren wurde, son<strong>der</strong>n: Euch iste<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d geboren. Das dürfen wir ganz persönlich glauben– Jesus kam für jeden e<strong>in</strong>zelnen von uns.Das <strong>Leben</strong> Jesu begann <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Stall und endete amKreuz zwischen zwei Verbrechern. Paulus sagte, erwolle nichts an<strong>der</strong>es verkündigen, als diesen gekreuzigtenChristus. (1.Kor 2,2) Auch wir haben nichts, woran wir unshalten können, als diesen Christus. Wir müssen uns immerwie<strong>der</strong> fragen: S<strong>in</strong>d wir gewillt, se<strong>in</strong>en Weg zu gehen, vomStall bis zum Kreuz?Als se<strong>in</strong>e Jünger erwarten uns ke<strong>in</strong>e angenehmen undguten Zeiten. Jesus sagt, wir müssen uns selbst verleugnenund mit ihm und für ihn leiden; das ist <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zige Weg, ihmnachzufolgen. Dah<strong>in</strong>ter aber liegt die Herrlichkeit des ewigen<strong>Leben</strong>s – die glühende Liebe Gottes, die so viel größer ist alsunser Herz und unser eigenes <strong>Leben</strong>.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Jesus war e<strong>in</strong> starker Mann <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em ganz neuen S<strong>in</strong>n: Er wargleichzeitig sehr schwach und sehr stark. Er schämte sichnicht, Tränen über Jerusalem zu vergießen; er hatte Jerusalemsammeln wollen, wie e<strong>in</strong>e Henne ihre Küken. (Mt 23,37) Erempfand es nicht als Schande, bei <strong>der</strong> Erweckung des Lazarus


259öffentlich zu we<strong>in</strong>en, (Joh 11,35) auch nicht, <strong>in</strong> Gethsemanese<strong>in</strong>e Qualen zu bekennen. (Mt 26,36 41) Im weltlichen S<strong>in</strong>nes<strong>in</strong>d das ke<strong>in</strong>e Merkmale e<strong>in</strong>es „starken“ Mannes. Doch dieLiebe Jesu war so stark, dass er die furchtbarsten Schmerzen,ja die Gottverlassenheit ertragen konnte. (Mt 27,46; Luk22,44) In dieser Kraft erfüllte er den Auftrag, <strong>der</strong> ihm vonse<strong>in</strong>em Vater gegeben war.In wahrer Schwachheit werden wir machtlos, und <strong>in</strong> wahrerMachtlosigkeit f<strong>in</strong>den wir Kraft. Das ist das Geheimnis.Je<strong>der</strong> von uns muss e<strong>in</strong> ganz persönliches Verhältnis zu Jesusf<strong>in</strong>den. Als junger Mann konnte ich es nicht verstehen,warum das Gefühl von Freude und Liebe, das ich <strong>in</strong> den erstenWochen nach me<strong>in</strong>er Bekehrung hatte, nicht anhielt. Dasbeunruhigte mich sehr. Als ich me<strong>in</strong>en Vater danach fragte,sagte er: „Du kannst de<strong>in</strong> Christentum nicht auf Gefühlebauen. Es gibt Zeiten, <strong>in</strong> denen man e<strong>in</strong>fach nachfolgen muss,ohne tiefe Gefühle.“Paulus vergleicht das Verhältnis Jesu zu se<strong>in</strong>er Geme<strong>in</strong>demit <strong>der</strong> Ehe, <strong>in</strong> <strong>der</strong> es Zeiten voller Freude und Zeiten vollKummer gibt. Das Wichtigste dabei ist die Treue. UnsereGefühle werden nicht ständig die gleichen bleiben.Wenn wir zur erstn Liebe zurückgerufen werden, kann unse<strong>in</strong> gewaltiges Glücksgefühl erfüllen, e<strong>in</strong> Geschenk von Gott.Dieses Gefühl wird nicht e<strong>in</strong> <strong>Leben</strong> lang anhalten. S<strong>in</strong>d wiraber treu, dann bleibt unser Verhältnis zu Christus bestehen,selbst <strong>in</strong> Zeiten von Schmerz und Tränen, Kummer und<strong>in</strong>nerer Leere.


260Jesus sagt: „Wer mich liebt, wird sich nach me<strong>in</strong>en Wortenrichten. Ich werde mit me<strong>in</strong>em Vater zu ihm kommen undwir werden bei ihm wohnen.“ (Joh 14,23) Es gibt nichtsIntimeres als <strong>in</strong> dem Herzen e<strong>in</strong>es an<strong>der</strong>en zu wohnen.Jesus sagt auch: „Wer me<strong>in</strong> Blut nicht tr<strong>in</strong>kt und me<strong>in</strong>Fleisch nicht isst, kann nicht zu mir gehören.“ (Joh 6,53) Se<strong>in</strong>Evangelium ist die Botschaft <strong>der</strong> vollkommenen E<strong>in</strong>heit, sieschließt alle Halbherzigkeit aus. Jesus zieht das eiskalte Herzdem lauwarmen vor. (Offb 3,15)Wenn wir jemanden liebhaben, dann möchten wirse<strong>in</strong> Aller<strong>in</strong>nerstes kennen. Ihn nur von außen herzu kennen, genügt uns nicht. So verhält es sich mit unsererLiebe zu Gott. In <strong>der</strong> H<strong>in</strong>gabe an ihn lernen wir se<strong>in</strong> <strong>in</strong>nerstesWesen kennen, den Charakter se<strong>in</strong>er Liebe. Es genügt nicht,nur von Gott zu sprechen. Wir erwarten se<strong>in</strong>e Offenbarung.Die Bibel sagt, wen <strong>der</strong> Herr liebt, den züchtigt er.(Hebr 12,6) Deshalb wollen wir Gott danken, wenn er unszüchtigt, denn es ist e<strong>in</strong> Zeichen se<strong>in</strong>er Liebe. Die völligeBefreiung, die uns durch die Vergebung <strong>der</strong> Sünden zuteilwird, werden wir nicht erleben, solange wir nicht dieSchärfe Jesu annehmen. Erst wenn wir ihn ganz annehmen,werden wir auch se<strong>in</strong>e Güte, se<strong>in</strong>e Barmherzigkeit und se<strong>in</strong>eunendliche Liebe erfahren.Es gibt e<strong>in</strong>e gewisse Art <strong>der</strong> Beziehung zu Jesus, die wirablehnen, e<strong>in</strong>e re<strong>in</strong> subjektive Beziehung, <strong>in</strong> <strong>der</strong> dieGröße Gottes und <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de außer acht gelassen wird,


261so als ob es nur auf me<strong>in</strong>e Seele und me<strong>in</strong>e Rettung ankäme.Es wäre jedoch falsch, e<strong>in</strong> persönliches <strong>in</strong>niges Verhältnis zuJesus als an und für sich subjektiv abzulehnen. Se<strong>in</strong>e Liebe,se<strong>in</strong> Tod am Kreuz, se<strong>in</strong>e Vergebung – das alles muss uns zue<strong>in</strong>er ganz unmittelbaren Erfahrung werden.In Christus ist alles gegeben, was wir brauchen um Gottzu f<strong>in</strong>den. Aber es nützt uns nichts, wenn wir es nur mitdem Verstand erkennen, ebenso wenig wie es e<strong>in</strong>e Hilfe ist,die Bibel auswendig zu lernen o<strong>der</strong> lange Gebete aus demGedächtnis aufzusagen. Im Grunde unseres Herzens müssenwir von Jesus angerührt werden, dann wird er uns durch se<strong>in</strong>ePerson beleben. Das me<strong>in</strong>t er mit dem Wort vom Essen se<strong>in</strong>esLeibes und vom Tr<strong>in</strong>ken se<strong>in</strong>es Blutes. (Mt 26,26 016028) Esist das Gegenteil e<strong>in</strong>er re<strong>in</strong> verstandesmäßigen Erfahrung, esist e<strong>in</strong>e Erfahrung aus <strong>der</strong> Tiefe des Herzens.Den Juden war <strong>der</strong> Gedanke, Jesu Blut zu tr<strong>in</strong>ken undse<strong>in</strong> Fleisch zu essen, e<strong>in</strong> Ärgernis, denn das GesetzMose verbot ihnen, Blut zu tr<strong>in</strong>ken. Aber Jesus wollte se<strong>in</strong>enJüngern e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>heit und Geme<strong>in</strong>schaft zeigen, die nurmit Fleisch und Blut zu vergleichen war: nämlich die ewigeGeme<strong>in</strong>schaft mit ihm im Königreich Gottes.Wahre <strong>Nachfolge</strong> verlangt von uns, Jesus so sehr zulieben, dass jede an<strong>der</strong>e Liebe, auch die Liebe zu Frauund K<strong>in</strong><strong>der</strong>n, ger<strong>in</strong>g ist im Vergleich. So sehr sollen wir ihnlieben, dass selbst <strong>der</strong> kle<strong>in</strong>ste Teil se<strong>in</strong>er Botschaft uns vongrößter Bedeutung ist. Deshalb sollen wir alles an ihm lieben;


262se<strong>in</strong>en Tod ebenso wie se<strong>in</strong>e Auferstehung, se<strong>in</strong> Gerichtebenso wie se<strong>in</strong> zukünftiges ewiges Königreich.Se<strong>in</strong> <strong>in</strong>nerstes Wesen ist es, das wir lieben sollen, wie er es<strong>in</strong> se<strong>in</strong>em <strong>Leben</strong> und Sterben geoffenbart hat. Dieses <strong>in</strong>nersteWesen nennt die Bibel Geist Gottes. Die größte Aufgabee<strong>in</strong>es Christen ist es, Jesus zu lieben, ihn zu erkennen undse<strong>in</strong> <strong>in</strong>nerstes Wesen zu erfassen.Den ganzen Jesus müssen wir lieben: se<strong>in</strong>e Taten undse<strong>in</strong>e Worte, se<strong>in</strong>e Gleichnisse; die Weigerung, irdischeGüter anzusammeln; die Re<strong>in</strong>heit se<strong>in</strong>es Herzens und dieTreue <strong>der</strong> Beziehungen; se<strong>in</strong>e Traurigkeit und se<strong>in</strong> Schmerzüber die Ungerechtigkeit <strong>der</strong> Menschen, se<strong>in</strong>en Tod mit denVerbrechern. Am meisten aber sollen wir ihn selbst, se<strong>in</strong>ePerson lieben, se<strong>in</strong> Herz und se<strong>in</strong> Blut.Jesus kam als Arzt für die Kranken und als Hirte für dieVerlorenen; er kam nicht für die, die sich gesund undgerecht wähnen. (Mt 9,12; Joh 10,14) Jesus ist die LiebeGottes, die auf Erden zur Tat wird. Das muss man im eigenenHerzen erfahren, um zu begreifen, dass <strong>Nachfolge</strong> Jesu Leidenbedeutet. Es kann ke<strong>in</strong> bequemer Weg se<strong>in</strong>.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Gib dich täglich <strong>der</strong> Person Jesus h<strong>in</strong>. Dann wird esdir möglich se<strong>in</strong>, für ihn zu brennen und alle Ich-Bezogenheit aufzugeben.


263Als Jesus auf <strong>der</strong> Erde lebte, versprach er wie<strong>der</strong>zukommenund das Reich Gottes zu gründen, e<strong>in</strong> Königreich desFriedens und <strong>der</strong> Liebe. In dem Gleichnis von den zehnJungfrauen waren fünf bereit, aber die fünf törichten hattenke<strong>in</strong> Öl <strong>in</strong> ihren Lampen – ke<strong>in</strong>e brennende Liebe zu Gottund Menschen. Wenn sie auch die äußere Form <strong>der</strong> Lampenhatten, so war doch ihr <strong>in</strong>neres Feuer erloschen. Und Jesussagte, er kenne sie nicht, und so konnten sie ke<strong>in</strong>en Anteil amKönigreich haben. (Mt 25,1 13)Dieses Gleichnis me<strong>in</strong>t uns, me<strong>in</strong>t unsere Zeit. Fastzweitausend Jahre ist es her, seit Jesus auf <strong>der</strong> Erde war. Wirhaben uns an das Warten gewöhnt. Die Welt geht weiter ihrenLauf. Aber die Zeit wird kommen, wenn wir wünschten, wirhätten Öl.Wollen wir <strong>Nachfolge</strong>r Christi se<strong>in</strong>, so müssen wirbereit se<strong>in</strong>, alles im Glauben zu erdulden und allesh<strong>in</strong>zugeben, wie er es tat. Immer wie<strong>der</strong>, <strong>in</strong> je<strong>der</strong> neuenGeneration muss die Geme<strong>in</strong>de die restlose H<strong>in</strong>gabe desgekreuzigten Christus verkündigen.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Ich danke Gott, dass du etwas von <strong>der</strong> Wirklichkeit Jesu <strong>in</strong>de<strong>in</strong>em <strong>Leben</strong> verspürst. Erhalte diese kle<strong>in</strong>e Flamme am<strong>Leben</strong> und lass sie wachsen. Jesus kann nur so weit <strong>in</strong> de<strong>in</strong>Herz kommen, wie es von an<strong>der</strong>en D<strong>in</strong>gen entleert ist. Wenne<strong>in</strong> Eimer voll Wasser ist, kann man nichts mehr h<strong>in</strong>zutun;ist er aber ausgeleert, dann kann man ihn wie<strong>der</strong> füllen. Du


264musst leer werden. Jesus wird dich anrühren, auch wenn ernur wenig Raum hat.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Vergiss nicht, dass de<strong>in</strong> Herz ausgeleert und geistlich armse<strong>in</strong> muss, wenn Jesus dar<strong>in</strong> walten soll. Du darfst dirke<strong>in</strong> privates Eckchen reservieren! Betrachte alle D<strong>in</strong>ge aus <strong>der</strong>Sicht Jesu, statt von de<strong>in</strong>em eigenen Gesichtspunkt. Was dudenkst und fühlst ist unwichtig. Wichtig ist <strong>der</strong> Wille Christi.Hast du dich e<strong>in</strong>mal se<strong>in</strong>em Willen h<strong>in</strong>gegeben, dann wirdsich de<strong>in</strong>e ganze Gefühlswelt verwandeln.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Wenn du wirklich nur Jesus dienen willst, dann zeige es<strong>in</strong> <strong>der</strong> Praxis: <strong>in</strong> <strong>der</strong> Erziehung de<strong>in</strong>er K<strong>in</strong><strong>der</strong>, <strong>in</strong> de<strong>in</strong>erE<strong>in</strong>stellung de<strong>in</strong>em Mann gegenüber, <strong>in</strong> de<strong>in</strong>er Haltung zurGeme<strong>in</strong>de. Es ist nicht wahr, dass du e<strong>in</strong>e arme Person bist,wie du schreibst. Ich wünschte du wärst es, denn Jesus sagt:„Selig s<strong>in</strong>d die Armen im Geist.“ (Mt 5,3) Manchmal bist dusehr reich, reich an Me<strong>in</strong>ungen und reich <strong>in</strong> <strong>der</strong> E<strong>in</strong>schätzungde<strong>in</strong>er selbst. Bitte, werde <strong>in</strong> Wahrheit e<strong>in</strong> armer Mensch.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Ich weiß, dass Gott dir e<strong>in</strong> warmes Herz gegeben hat,aber de<strong>in</strong>e alte Natur muss sterben, damit du se<strong>in</strong>e Liebeempfangen kannst. Dann kann er dich gebrauchen, so wieer dich gemacht hat. Mit Christus zu sterben bedeutet nicht,ausgelöscht zu werden. Es bedeutet, unser <strong>in</strong>nerstes Wesen


265vor ihm auszugießen, unsere Sünden zum Kreuz zu br<strong>in</strong>gen,und mit ihm, <strong>der</strong> für uns gestorben ist, e<strong>in</strong>s zu werden.Wenn e<strong>in</strong> Weizenkorn <strong>in</strong> die Erde fällt, so stirbt es.(Joh 12,24) Es ist ke<strong>in</strong> Korn mehr, son<strong>der</strong>n durchden Tod br<strong>in</strong>gt es Frucht hervor. Dar<strong>in</strong> besteht das wahreChristentum, denn diesen Weg g<strong>in</strong>g Jesus, als er für jedenvon uns am Kreuz starb. Wenn unser <strong>Leben</strong> e<strong>in</strong>e Fruchtse<strong>in</strong>es Todes am Kreuz se<strong>in</strong> soll, dann dürfen wir nicht mehre<strong>in</strong>zelne Körner bleiben. Auch wir müssen bereit se<strong>in</strong> zusterben.Habt Christus immerfort vor Augen, so dass ihr fürihn sterben könnt! Wir alle sehnen uns danach, ihmnäher zu kommen. Deshalb wünsche ich uns allen, dass wir<strong>in</strong> dem e<strong>in</strong>en Geist und <strong>in</strong> dem e<strong>in</strong>en Dienst stehen mögen,so dass die Gnade Gottes stets mit uns ist. Wenn dann <strong>der</strong> Tagkommen sollte, dass wir unser Blut für ihn vergießen müssen,dann sollen wir uns darüber freuen und werden dadurch denSieg err<strong>in</strong>gen.Jesus verspricht uns: wenn wir ihn lieben und se<strong>in</strong>e Geboteerfüllen, dann wird er uns lieben und wird sich unsoffenbaren. (Joh 14,21) Es geht hier nicht um e<strong>in</strong>e Theologieo<strong>der</strong> um e<strong>in</strong>e Lehre, son<strong>der</strong>n um die <strong>Leben</strong>sfrage, die realePerson Jesus anzunehmen, den Menschensohn, <strong>der</strong> uns liebtund sich uns offenbaren will. Bleiben wir <strong>in</strong> Jesus, dannwird er <strong>in</strong> uns bleiben, und wir können mit Paulus sagen:


266„Ich lebe, doch nun nicht ich, son<strong>der</strong>n Christus lebt <strong>in</strong> mir.“(Gal 2,20)Wie Gott se<strong>in</strong>en Sohn <strong>in</strong> die Welt gesandt hat kannwe<strong>der</strong> erklärt noch verstanden werden. Johannes sagtganz e<strong>in</strong>fach: „Das Wort wurde Fleisch.“ (Joh 1,14) DiesesWort ist se<strong>in</strong>e Liebe, die er durch den Heiligen Geist <strong>in</strong> <strong>der</strong>Jungfrau Maria ausgoss. Nur <strong>in</strong> diesem S<strong>in</strong>ne können wir dasGeheimnis <strong>der</strong> Jungfrauengeburt begreifen.Es ist unsere Bitte, den wirklichen Christus schauen zudürfen: zuerst wie er war – e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>es K<strong>in</strong>d, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>emStall <strong>in</strong> Bethlehem geboren; dann e<strong>in</strong> verurteilter Mann, aufGolgatha am Kreuz hängend, zwischen zwei Verbrechern; wieer heute ist – das Haupt aller D<strong>in</strong>ge, vor allem se<strong>in</strong>er Geme<strong>in</strong>de;und wie er am Ende <strong>der</strong> Zeiten se<strong>in</strong> wird, wenn er kommtals Richter, die <strong>Leben</strong>den und die Toten zu richten, und alsBräutigam bei dem großen Festmahl im Reiche Gottes.S<strong>in</strong>d wir bereit, den gleichen Leidensweg zu gehen, denJesus auf <strong>der</strong> Erde gegangen ist? S<strong>in</strong>d wir gewillt, uns ihmvöllig h<strong>in</strong>zugeben, sodass wir bereit s<strong>in</strong>d, verfolgt zu werden,geschlagen und getötet zu werden um se<strong>in</strong>etwillen?Jesus Christus! Er muss zu allen Zeiten das Zentrumbleiben; die Geme<strong>in</strong>de darf nicht im Zentrum se<strong>in</strong>. Wirbrauchen e<strong>in</strong>e beständige Erneuerung von <strong>in</strong>nen her, damitme<strong>in</strong>e ich die ständig neue Begegnung mit Gott und mitChristus. Das muss <strong>in</strong> Geme<strong>in</strong>deversammlungen, wie auch


267im Herzen jedes e<strong>in</strong>zelnen stattf<strong>in</strong>den. Das Innewohnen desVaters und des Sohnes geschieht durch den Heiligen Geist.Das ist Wie<strong>der</strong>geburt.D a s l e b e n d i g e W o r t„Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott,und Gott war das Wort. Alle D<strong>in</strong>ge s<strong>in</strong>d durch dasselbegemacht, und ohne dasselbe ist nichts gemacht, was gemachtist.“ (Joh 1,1+3) Durch das Wort hat Gott sich selbst geäußert.Er wurde Fleisch und wohnte als Mensch unter uns. Er warund ist <strong>der</strong> Christus. Durch se<strong>in</strong> Wort spricht Gott <strong>in</strong> das Herz<strong>der</strong> Menschen und richtet sie. Wenn sie das Wort aufnehmenund Buße tun - wenn sie Schmerz und Reue empf<strong>in</strong>den überihre Ungerechtigkeit, ihre Lügenhaftigkeit, Mord, Unre<strong>in</strong>heitund Dunkelheit –, dann bricht das Reich Gottes an.Nichts kann uns helfen, nichts als das Wort Gottes. Mitdem Wort me<strong>in</strong>en wir nicht den toten Buchstaben <strong>der</strong>Bibel. Die Bibel ist das e<strong>in</strong>zige Buch, <strong>in</strong> welchem die WorteJesu und <strong>der</strong> Propheten nie<strong>der</strong>geschrieben s<strong>in</strong>d. Das machtsie zu dem heiligsten Buch, das es gibt. Aber die Bibel selbstist nicht das Wort Gottes, sie zeugt nur von ihm. Wenn wirbeim Lesen <strong>der</strong> Bibel spüren, Gott spricht direkt zu unseremHerzen, und unser Herz zu brennen beg<strong>in</strong>nt, das ist daslebendige Wort. Der Geist macht lebendig, <strong>der</strong> Buchstabetötet. (2.Kor 3,6)Der tote Buchstabe des Alten und des Neuen Testamentsist die Waffe des Antichristen. Er kommt mit <strong>der</strong> Bibel <strong>in</strong>


268<strong>der</strong> Hand. Als die Katholiken und Lutheraner die Täufer<strong>der</strong> Reformationszeit verfolgten, kamen sie mit <strong>der</strong> Bibel <strong>in</strong><strong>der</strong> Hand und ertränkten, verbrannten, enthaupteten un<strong>der</strong>hängten die Gläubigen.Es kommt nicht darauf an, was wir über das Wort Gottesfühlen o<strong>der</strong> denken, o<strong>der</strong> dass wir es auswendig lernen;es würde uns auch nichts nützen, alle Worte Jesu im NeuenTestament auswendig zu kennen. Son<strong>der</strong>n es geht darum, dassse<strong>in</strong>e Worte uns von Gott selbst <strong>in</strong>s Herz gebrannt werden.Das ist das Evangelium.S<strong>in</strong>d wir gewillt, das Wort Gottes zu hören, das schärferschneidet als e<strong>in</strong> zweischneidiges Schwert? Im Hebräerbriefheißt es, das Wort Gottes ist lebendig, ihm müssen wirRechenschaft geben. Se<strong>in</strong> Schwert dr<strong>in</strong>gt durch und schneidetMark und Be<strong>in</strong>. Aber dann heißt es, dass wir <strong>in</strong> Jesus e<strong>in</strong>enhaben, <strong>der</strong> unsere Schwächen, Ängste und <strong>in</strong>neren Nöteversteht. (Heb 4,12 15) Wenn wir bereit s<strong>in</strong>d, uns diesemscharfen Schwert zu überantworten, so werden wir Jesusf<strong>in</strong>den. Lehnen wir ihn ab, so werden auch wir abgelehnt.Jesus sagt, <strong>der</strong> Mensch lebt nicht von Brot alle<strong>in</strong>, son<strong>der</strong>nvon jedem Wort, das aus dem Munde Gottes kommt.(Mt 4,4) Wir haben ke<strong>in</strong>en schweigenden Gott. Das Wortist nicht starr, als ob es aus Eisen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e feste Form gegossenwäre, o<strong>der</strong> als ob es <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Buch enthalten wäre, auch dannnicht, wenn dieses Buch die Bibel ist.


269Das Wort wi<strong>der</strong>spricht niemals den Propheten des AltenTestaments, es wi<strong>der</strong>spricht auch nicht dem Neuen Testament,son<strong>der</strong>n es wird immer wie<strong>der</strong> von Gottes Mund <strong>in</strong> dasHerz von Menschen gesprochen. Ständig br<strong>in</strong>gt es uns neueOffenbarungen, und macht alles für uns lebendig. Ohne daslebendige Wort Gottes können wir nicht leben.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Es freut mich, dass dir die Bibel lebendig geworden ist. Dasist so wichtig, nicht <strong>der</strong> tote Buchstabe – <strong>der</strong> lebendigeJesus. Wir dürfen uns nicht so stark mit äußeren Aktivitätenbeschäftigen, dass unser <strong>in</strong>neres <strong>Leben</strong> Schaden nimmt. WennJesus das Zentrum unseres <strong>Leben</strong>s ist, dann wird unser <strong>in</strong>neres<strong>Leben</strong> wie e<strong>in</strong>e Flamme se<strong>in</strong>, die für ihn brennt.D e r H e i l i g e G e i s tDer Heilige Geist ist wie das Wasser: er sucht denniedrigsten Ort. Er kommt nur zu den gebrochenenund demütigen Herzen.Das große Pf<strong>in</strong>gstereignis – die Gründung <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>deChristi durch das Herabkommen des Heiligen Geistes– ist für uns alle e<strong>in</strong> Aufruf. Daran sehen wir, dass etwasgeschehen kann, was die ganze Welt bewegt, wenn <strong>der</strong> Geistauf e<strong>in</strong>e Schar warten<strong>der</strong> Jünger ausgegossen wird. DieErwartung <strong>der</strong> Gläubigen <strong>in</strong> Jerusalem war so groß, dass ane<strong>in</strong>em Tag dreitausend zu ihrer Zahl h<strong>in</strong>zugefügt wurden.(Apg 2,41)


270Heute brauchen wir die Gabe des Heiligen Geistes mehrdenn je – <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Zeit, <strong>in</strong> <strong>der</strong> so viele böse Geister amWerk s<strong>in</strong>d, Geister <strong>der</strong> Unre<strong>in</strong>heit, <strong>der</strong> Ungerechtigkeit, desUngehorsams, des Mordes und <strong>der</strong> Zerstörung. Wann immerwir zusammenkommen, bei <strong>der</strong> Arbeit, beim Gottesdienst,beim S<strong>in</strong>gen o<strong>der</strong> Schweigen, müssen wir auf den HeiligenGeist warten. Wir wollen ihn aber nicht nur für uns erwarten,wir müssen <strong>in</strong> viel größeren Dimensionen denken. Lasst unsdarum bitten, dass <strong>der</strong> Geist Gottes über die Gottlosigkeit auf<strong>der</strong> ganzen Erde here<strong>in</strong>bricht.Die Erwartung des Heiligen Geistes kann niemals e<strong>in</strong>persönliches Erlebnis bleiben, sie führt zu Geme<strong>in</strong>schaft.Als <strong>der</strong> Heilige Geist über die Jünger <strong>in</strong> Jerusalem kam, wurdensie e<strong>in</strong> Herz und e<strong>in</strong>e Seele. (Eph 4,4) Die Liebe erfüllte sie sovöllig, dass sie nicht länger für sich selbst leben konnten. Dasist das größte Geschenk: das Erlebnis <strong>der</strong> E<strong>in</strong>heit mit JesusChristus <strong>in</strong> Geme<strong>in</strong>schaft mit an<strong>der</strong>en.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Es muss e<strong>in</strong> unbeschreibliches Erlebnis gewesen se<strong>in</strong>, als<strong>der</strong> Heilige Geist über die Jünger Christi ausgegossenwurde. Ihre Liebe war so groß, dass sie e<strong>in</strong> Herz und e<strong>in</strong>eSeele wurden und das Evangelium Jesu Christi verkündeten,obwohl sie wussten, dass sie deshalb würden leiden müssen.(Apg 4,32) Möge <strong>der</strong> Heilige Geist auch unsere Herzenentzünden, so dass wir <strong>in</strong> dieser leidenden Welt für die SacheChristi wirken können.


271Im Neuen Testament wird <strong>der</strong> Heilige Geist mit e<strong>in</strong>erTaube verglichen. (Mt 3,16) E<strong>in</strong>e Taube ist sanft, sie willniemandem etwas antun, sie wird sich niemandem aufzw<strong>in</strong>gen.Sie flieht vor den Raubvögeln. Durch den Sündenfall s<strong>in</strong>dwir alle Raubvögel, und wir alle haben den Heiligen Geistvertrieben, ohne es zu wissen. Wird dem Geist Wi<strong>der</strong>standgeleistet, so flieht er. Er kommt nur zu den Niedrigen, denGebrochenen, und zu denen, die ihn suchen.


27230. Das KreuzWarum war es notwendig, dass das Blut Jesu für dieVergebung <strong>der</strong> Sünden vergossen wurde? Gott ist sogroß, so mächtig, er hätte die Menschheit ohne das Kreuzerlösen können. So denken viele Leute, aber sie s<strong>in</strong>d imIrrtum. Wir müssen bedenken, dass Gott nicht nur hun<strong>der</strong>tProzent Liebe ist, die es ihm erlaubt hätte, unsere Sündenohne das Kreuz zu vergeben; Gott ist auch hun<strong>der</strong>t ProzentGerechtigkeit. Sowohl Gottes Gerechtigkeit wie se<strong>in</strong>e Liebemussten <strong>der</strong> Engelwelt geoffenbart werden, denn es gibtsowohl böse wie heilige Engel.Den Sohn Gottes zu töten, das war die schlimmste Tat,die je von Menschen vollbracht wurde. Und gerade <strong>in</strong> diesemAugenblick bewies Gott uns Menschen se<strong>in</strong>e größte Liebe,<strong>in</strong>dem er jedem von uns die Möglichkeit gab, die Vergebung<strong>der</strong> Sünden und den Frieden mit Gott zu f<strong>in</strong>den.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Wir müssen den gekreuzigten Christus ständig <strong>in</strong> unstragen. Um ihn zu empfangen, müssen wir immerwie<strong>der</strong> still werden vor Gott. Der Gekreuzigte will <strong>in</strong> unsleben, damit wir von diesem Innersten aus alles Äußereüberw<strong>in</strong>den können. Durch ihn erhalten alle D<strong>in</strong>ge ihrenwahren S<strong>in</strong>n. Nur durch die E<strong>in</strong>heit mit dem Gekreuzigtenerlangen wir den wahren Herzensfrieden. Nur durch Christusf<strong>in</strong>den wir volles Vertrauen zu Gott. In Christus f<strong>in</strong>den wir


273das schärfste Zornesgericht über alles Böse, aber gleichzeitigdie Offenbarung se<strong>in</strong>er Gnade.Wenn wir nicht glauben, dass es e<strong>in</strong>e Macht des Bösengibt, dann werden wir Jesus nicht verstehen. Niemandzweifelt daran, dass Jesus kam, die Menschen zu retten.Aber bis wir nicht begriffen haben, dass er kam, um sich imKampf zwischen Gott und Satan e<strong>in</strong>zusetzen, um die Werkedes Teufels zu zerstören, werden wir die Notwendigkeit desSühnopfers am Kreuz nicht verstehen können.Mit dem Gedanken, Gott sei nichts als Liebe, isolierenwir uns von <strong>der</strong> Möglichkeit, von ihm berührt zuwerden. Je<strong>der</strong> weiß, dass Gott Sünde vergibt, aber es wird oftvergessen, dass er sie zuvor richtet. Das mo<strong>der</strong>ne Denken willnichts von dem Sühnopfer Christi wissen. Wahrsche<strong>in</strong>lichist es die Idee von e<strong>in</strong>em ausschließlich liebenden Gott, dieuns daran h<strong>in</strong><strong>der</strong>t, uns unter se<strong>in</strong> Gericht zu stellen. Wirmöchten gerne glauben, dass Liebe und Vergebung alles sei,was notwendig ist. Das ist aber nicht das ganze Evangelium,damit machen wir Gott zu menschlich.Es ist von entscheiden<strong>der</strong> Wichtigkeit, dass das Kreuzdas Zentrum unseres <strong>Leben</strong>s ist – zentral für unsereBerufung, zentral für unsere Verkündigung. Das Lamm Gottesam Kreuz steht vor Gottes Thron (Offb 5,6). Das Kreuz ist<strong>der</strong> Mittelpunkt des Universums. Se<strong>in</strong>e Bedeutung, <strong>in</strong> se<strong>in</strong>erganzen Höhe, Tiefe und Breite muss uns zur mystischen


274Offenbarung durch den Heiligen Geist werden. Es genügtnicht, dass wir daran glauben, wir müssen Gott darum bitten,dass er es uns zu e<strong>in</strong>er lebendigen Erfahrung werden lasse.Das Kreuz ist <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zige Ort, an dem <strong>der</strong> MenschBefreiung f<strong>in</strong>den kann, nicht nur von sexuellerUnre<strong>in</strong>heit, son<strong>der</strong>n von allem, was die Seele befleckt:Betrug, Heuchelei, Lieblosigkeit, Neid. Erst wenn wir denGekreuzigten gefunden haben, können wir re<strong>in</strong> werden.Aus e<strong>in</strong>em Brief:Das Kreuz im Zentrum unseres <strong>Leben</strong>s zu haben,bedeutet, dass uns nichts lieber wird als das Kreuz –von morgens früh bis abends spät, <strong>in</strong> je<strong>der</strong> <strong>Leben</strong>slage. Bei<strong>der</strong> Eheschließung versprechen zwei Menschen, e<strong>in</strong>an<strong>der</strong> zulieben, bis <strong>der</strong> Tod sie scheidet, aber unsere Liebe zu demKreuz Christi muss durch den Tod h<strong>in</strong>durch bis <strong>in</strong> das ewige<strong>Leben</strong> h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>gehen.Wenn e<strong>in</strong>er von uns e<strong>in</strong>em Verbrecher begegnet, so wir<strong>der</strong> ihn entwe<strong>der</strong> verurteilen o<strong>der</strong> er wird sich se<strong>in</strong>ererbarmen. Nur Gott kann beides im gleichen Augenblicktun: nur Gott kann ihn mit Gnade und Barmherzigkeitüberfluten.Wenn wir <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Notlage bei Gott Hilfe suchen – undwir erleben viel Not – dann sollten wir ihn nicht <strong>in</strong>erster L<strong>in</strong>ie wegen unserer eigenen Sorgen anrufen, son<strong>der</strong>nwir sollten unsere Gedanken dorth<strong>in</strong> lenken, wo das Leid <strong>der</strong>


275Welt begonnen hat. Br<strong>in</strong>gen wir nur unsere eigene Last vorGott, dann vergessen wir, wie groß Gott ist. S<strong>in</strong>d wir unsbewusst, dass Gott seit dem Sündenfall unseretwegen leidenmuss, beson<strong>der</strong>s durch den Kreuzestod Christi, dann dürfenwir ihn auch bitten, uns von unserer Not zu befreien.Jesus kam, die Werke des Teufels zu zerstören. Krankheitund Tod s<strong>in</strong>d Werke des Teufels. Gott lässt sie zu, aber<strong>in</strong> Christus nimmt er sie auf sich selbst. Die sieben letztenAussprüche Jesu beg<strong>in</strong>nen mit den Worten: „Me<strong>in</strong> Vater, ist’smöglich, so gehe dieser Kelch an mir vorüber; doch nichtwie ich will, son<strong>der</strong>n wie du willst.“(Mt 26,39) Wir könnenuns ke<strong>in</strong>e Vorstellung machen von allem, was dieser Kelchenthielt. Aber Jesus war bereit, ihn anzunehmen. Obwohl erdie Nähe Gottes nicht spürte, gab er dennoch se<strong>in</strong>en Geist <strong>in</strong>die Hände des Vaters. Das ist <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zige Weg, die Werke desTeufels zu überw<strong>in</strong>den.Wenn ich an Jesus denke, so sehe ich se<strong>in</strong> Kreuz: tief <strong>in</strong><strong>der</strong> Erde verwurzelt, hoch h<strong>in</strong>auf ragend, die Arme weitausgebreitet, um alle, die zu ihm kommen, zu empfangen. DasKreuz ist <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zige Ort, wo völliger Sieg über Versuchungund Sünde, und über den Teufel selbst, zu f<strong>in</strong>den ist; e<strong>in</strong>enan<strong>der</strong>en Ort gibt es nicht.Gott will uns die Größe des Kreuzes offenbaren. Wir allewissen um das Kreuz und se<strong>in</strong>e Bedeutung; wir alleglauben daran; wahrsche<strong>in</strong>lich s<strong>in</strong>d wir alle davon bewegt.Aber ich glaube, Gott will, dass es wie e<strong>in</strong> Schwert tief <strong>in</strong>


276unsere Herzen schneide. Es kann sich wohl ke<strong>in</strong>er von unsvorstellen, was es bedeutet, dass Jesus Gottverlassenheiterleben musste, damit wir Vergebung unserer Sünden undewiges <strong>Leben</strong> <strong>in</strong> Gott f<strong>in</strong>den.Laßt uns darum bitten, dass alle H<strong>in</strong><strong>der</strong>nisse <strong>in</strong> uns überwundenwerden, damit wir den Tod Jesu Christi <strong>in</strong>se<strong>in</strong>em ganzen Ausmaß erleben können. Se<strong>in</strong> unschuldigesLeiden und se<strong>in</strong> Tod am Kreuz hat uns noch nicht tief genugerschüttert. Jesus vergoss se<strong>in</strong> Blut, um jedem bußfertigenHerzen die Vergebung <strong>der</strong> Sünden zu ermöglichen. Wie amKreuz s<strong>in</strong>d se<strong>in</strong>e Arme weit ausgebreitet für alle, die glaubenund zur Buße bereit s<strong>in</strong>d.Wir wissen, dass vieles von unserem Willen abhängt,und doch können wir die Wie<strong>der</strong>geburt durch denHeiligen Geist, wie die Menschen sie zu Pf<strong>in</strong>gsten erlebendurften, nicht durch unsere eigene Anstrengung erreichen.Wir müssen unsere S<strong>in</strong>ne und Herzen Gott übergeben undihn bitten: „Verwandle sie!“Unsere Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft muss vonGott verwandelt werden, damit wir von den TodesschmerzenChristi und von se<strong>in</strong>er Auferstehung ergriffen werden. Wirs<strong>in</strong>d zu sehr mit uns selbst beschäftigt, unsere Herzen s<strong>in</strong>d vonEigenliebe, Neid und so vielem an<strong>der</strong>en erfüllt, so dass wirnicht mehr so e<strong>in</strong>fach reagieren können wie die Menschen zuPf<strong>in</strong>gsten. Damals kam <strong>der</strong> Heilige Geist und durchbohrte dieHerzen wie e<strong>in</strong> Schwert, das durch Mark und Be<strong>in</strong> schneidet.


277(Heb 4,12) Heute wollen wir flehen: Sende de<strong>in</strong>en heiligenGeist, damit er uns durchbohre! Sei uns gnädig! Verän<strong>der</strong>euns bis <strong>in</strong> die Tiefen unseres Se<strong>in</strong>s.Wenn wir <strong>in</strong> Jesu Fußstapfen treten wollen, müssen wirerkennen,dass es e<strong>in</strong>e Stunde Gottes für alles gibt: fürEheschließung o<strong>der</strong> Mission, für Verfolgung und Tod. Wirdürfen nicht mehr unsere eigenen Zeitpläne festlegen wollen.Wir haben uns Gott so h<strong>in</strong>zugeben, dass se<strong>in</strong>e Stunde unsereStunde se<strong>in</strong> muss, <strong>in</strong> Freude o<strong>der</strong> Leid, o<strong>der</strong> im Tr<strong>in</strong>ken desbitteren Kelches Jesu bis zur Neige. All denen, die mir dieLiebsten s<strong>in</strong>d, wünsche ich nichts mehr als die Bereitschaft,den bitteren Kelch bis zum letzten Tropfen zu tr<strong>in</strong>ken. Füruns ist das unvergleichlich viel leichter als es für Jesus war,denn er ist uns auf dem Weg des Leidens vorausgegangen. Wirmüssen mit solcher Liebe für ihn entbrennen, dass wir denKelch, <strong>der</strong> für uns bereitet ist, mit Freuden bis zum letztenTropfen tr<strong>in</strong>ken.Jesus g<strong>in</strong>g den Weg des Kreuzes um unseretwillen. Er hättevergebens gelitten, wenn wir nicht bereit s<strong>in</strong>d, für ihnzu sterben, unser <strong>Leben</strong> für ihn zu verlieren. Lasst uns Gottdarum bitten, dass unser Denken und Fühlen durch Jesu Todam Kreuz, se<strong>in</strong> H<strong>in</strong>absteigen <strong>in</strong> die Hölle, se<strong>in</strong>e Auferstehungund se<strong>in</strong> Emporfahren <strong>in</strong> den Himmel bewegt werde.Ihr müsst die Demut des Kreuzes f<strong>in</strong>den. Ihr könnt die ganzeWelt durchsuchen, die Vergebung <strong>der</strong> Sünden werdet ihrnirgendwo f<strong>in</strong>den, außer am Kreuz.


278Wir können Jesus nicht begegnen, ohne dem Kreuz zubegegnen. Se<strong>in</strong>e Person strahlt den Leidensweg aus.Durch se<strong>in</strong> Opfer werden unsere Herzen von se<strong>in</strong>er Liebezu allen Menschen überflutet und von dem Drang erfüllth<strong>in</strong>auszugehen, um alle zu retten, die <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gewalt <strong>der</strong>F<strong>in</strong>sternis s<strong>in</strong>d. Ich kann mir nicht vorstellen, dass man Jesusnachfolgen kann, ohne e<strong>in</strong> tiefes Verständnis für se<strong>in</strong>e Leidenzu haben. Wenn wir Jesus lieb haben, wird <strong>in</strong> uns <strong>der</strong> Wunsch,für ihn zu leiden, ganz von selbst emporquellen.Wir müssen unsere persönlichen Kämpfe h<strong>in</strong>ter uns lassen,um die großen Gedanken Gottes zu erfassen. Das eigeneSeelenheil durch das Kreuz zu erleben, ist wichtig, aber wenn mandabei stehenbleibt, ist es wertlos. Das Kreuz ist so viel größer als allesPersönliche, es umfasst die ganze Erde, ja weit mehr als diese Erde.Es gibt Geheimnisse, die Gott alle<strong>in</strong> kennt. Der Tod Jesuam Kreuz ist e<strong>in</strong> solches Geheimnis. Paulus schreibt,dass durch das Kreuz nicht nur die Erde, son<strong>der</strong>n auch <strong>der</strong>Himmel und alle Mächte und Gewalten <strong>der</strong> Engelwelt mitGott versöhnt werden. (Kol 1,20) Den Menschen und sogarden Engeln s<strong>in</strong>d diese Geheimnisse verborgen.E<strong>in</strong>s aber wissen wir: Christus hat den Tod, den letztenFe<strong>in</strong>d überwunden. Am Kreuz hat etwas stattgefunden, etwasGroßes, Mächtiges, etwas, das weit über uns Menschen undweit über die Grenzen unserer Erde h<strong>in</strong>ausreicht.


27931. ErlösungAus e<strong>in</strong>em Brief:Mit se<strong>in</strong>em Gleichnis von den zehn Jungfrauen betontJesus die Realität <strong>der</strong> Bestrafung für Sünde und desVerlusts des ewigen Heils. (Mt 25, 1 13) Der Gedanke an e<strong>in</strong>eewige Strafe ist zweifellos beängstigend. Aber die vollkommeneLiebe vertreibt die Furcht. (1 Joh 4,18) Wer Furcht hat, denktnoch an die Strafe, und wer an die Strafe denkt, <strong>der</strong> liebt nichtmit ganzem Herzen. Die Spannung zwischen diesen beidenPolen – zwischen <strong>der</strong> Furcht vor <strong>der</strong> Strafe und <strong>der</strong> Liebe, diealle Furcht vertreibt – kann nur durch das Erlebnis <strong>der</strong> Liebeüberwunden werden, e<strong>in</strong>er Liebe, die wie e<strong>in</strong> Funke aus Gottvon e<strong>in</strong>em Pol zum an<strong>der</strong>en spr<strong>in</strong>gt.Wenn du e<strong>in</strong>e tiefe Liebe zu jemandem hast, wirst duke<strong>in</strong>e Angst vor ihm haben. Und so ist es auch, wenn duJesus wirklich liebst. Dann wirst du ihn nicht fürchten. DasGleichnis von den zehn Jungfrauen soll uns e<strong>in</strong>e Warnungse<strong>in</strong>, aber du kannst Jesus nicht aus Furcht dienen.Es ist Gottes Wille, dass alle Menschen erlöst werden,dass ke<strong>in</strong>er verloren werde. (2. Petr. 3,9) Und doch heißtes im Evangelium, dass niemand errettet wird, es sei denndass er wie<strong>der</strong>geboren wird durch den Heiligen Geist unddurch Buße und Bekehrung zum Glauben kommt. Jesus,<strong>der</strong> mehr Liebe hat als alle Menschen, spricht deutlich vonVerdammnis. Obwohl Gott allmächtig ist und obwohl es se<strong>in</strong>


280ausdrücklicher Wille ist, dass alle gerettet werden, zw<strong>in</strong>gt eruns se<strong>in</strong>en Willen nicht auf. Se<strong>in</strong> Wesen ist das des Lammes– Christus – und <strong>der</strong> Taube – <strong>der</strong> heilige Geist. (Offb 5,6;Mt 3,16) So kommt es auf jeden e<strong>in</strong>zelnen von uns an, obwir uns für die Gnade <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>geburt öffnen o<strong>der</strong> nicht.Freilich müssen wir zuerst demütig und zerbrochen werden,denn ohne scharfes Gericht ist Wie<strong>der</strong>geburt nicht möglich,und Gottes Gericht ist die Liebe.In Römer 8 spricht Paulus von <strong>der</strong> Errettung <strong>der</strong>Auserwählten. Man könnte fragen: „Was geschieht mit denan<strong>der</strong>en? Werden sie auch gerettet?“ Petrus wirft Licht auchauf diese Frage: „Der Herr zögert nicht, die Verheißung zuerfüllen, wie so manche denken; er ist nur langmütig gegeneuch. Denn er will nicht, dass jemand verloren gehe, son<strong>der</strong>ndass alle zur S<strong>in</strong>nesän<strong>der</strong>ung vorwärtsschreiten.“ (2.Petr 3,9)So ist es also klar: Gott will, dass alle, auch se<strong>in</strong>e Fe<strong>in</strong>de,Buße tun und errettet werden. Aber wir dürfen uns nichtversündigen, <strong>in</strong>dem wir se<strong>in</strong>e Geduld ausnützen.Wenn Christus <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Menschen zum Sieg kommt,so ist das nicht das Resultat e<strong>in</strong>er allmählichenEntwicklung, es bedeutet nicht, dass man e<strong>in</strong> immer bessererMensch wird. Es bedeutet, von Gott gerichtet zu werdenund sich zu än<strong>der</strong>n. Unentschiedenheit darf nicht <strong>in</strong> Fragekommen. Entwe<strong>der</strong> man wendet sich ganz Jesus zu, o<strong>der</strong> manfällt schließlich unter das Gericht Gottes.Der Gedanke <strong>der</strong> Verdammnis des sündigen Menschen istsehr schwer zu akzeptieren und mit <strong>der</strong> Liebe <strong>in</strong> E<strong>in</strong>klang zu


281br<strong>in</strong>gen, die Jesus am Kreuz so mächtig offenbart hat. Aberke<strong>in</strong>er, <strong>der</strong> <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Sünde gebunden bleibt, kann <strong>in</strong> dasReich Gottes e<strong>in</strong>gehen, sonst bliebe das Universum auf ewigentzweit. Wir verstehen die Fülle <strong>der</strong> Liebe Gottes nicht, aberwir wissen, dass Jesus, <strong>der</strong> die Sünden <strong>der</strong> ganzen Welt trägt,vor dem Thron Gottes steht. (Offb 5,6) Die Hauptsache bleibtse<strong>in</strong> Opfer für die Errettung <strong>der</strong> ganzen Welt. Das dürfen wirniemals aus den Augen verlieren.Als K<strong>in</strong>d hatte ich immer das Gefühl, dass e<strong>in</strong>es Tages dieMassen, das Proletariat, zu Gott h<strong>in</strong> bewegt würden.Vielleicht war ich von den vielen Anarchisten, Sozialisten undReligiös-Sozialen bee<strong>in</strong>flusst, die bei uns e<strong>in</strong> und aus g<strong>in</strong>gen.Als ich etwas älter war, las ich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Offenbarung Johannis,wie e<strong>in</strong>e Zornesschale nach <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en über die Erdeausgegossen wird und die Menschen dennoch ke<strong>in</strong>e Buße tunwollen. (Offb 16) Das fand ich sehr schwer, denn ich konntees nicht akzeptieren, dass nur e<strong>in</strong> Bruchteil <strong>der</strong> Menschheiterrettet würde. Das g<strong>in</strong>g gegen me<strong>in</strong>e ganze Denkweise.Ich durchsuchte die Bibel – die Propheten und das NeueTestament – mit dieser e<strong>in</strong>en Frage im H<strong>in</strong>terkopf. Als ichdas Johannesevangelium las, kam ich an die Stelle, wo Jesussagt, dass das Gericht über die ganze Erde kommen wird:„Nun wird <strong>der</strong> Fürst dieser Welt ausgestoßen werden, undich werde alle Menschen zu mir ziehen.“ (Joh 12,31+32) WieJesus das tun wird, weiß ich nicht, aber ich glaube fest, dasser alle Menschen zu sich ziehen wird, dass er nicht nur füre<strong>in</strong> paar Menschen am Kreuz gestorben ist. Jesus sagt, <strong>der</strong>


282Weg zur Wahrheit ist schmal und nur wenige werden ihnf<strong>in</strong>den; die meisten werden den breiten Weg gehen, <strong>der</strong> zurVerdammnis führt. Das ist wahr und lässt sich nicht bestreiten,aber es wäre schrecklich, wenn wir denken würden, wir hättenden schmalen Weg gefunden, und hätten ke<strong>in</strong>e Liebe fürdiejenigen, die den breiten Weg gehen.Das 8. Kapitel des Johannesevangeliums beg<strong>in</strong>nt damit,dass die Pharisäer e<strong>in</strong>e Frau, die beim Ehebruch ergriffenwurde, ste<strong>in</strong>igen wollen, und es endet damit, dass sie Jesusste<strong>in</strong>igen wollen. (Joh 8,1 11 + 59) Jesus erzürnte die Juden,weil er ihnen offen sagte, wer er ist und was se<strong>in</strong> Auftrag ist,nämlich dass er gekommen ist, die Menschheit zu retten.Dieses Kapitel stellt e<strong>in</strong>e entscheidende Frage an uns alleund an jeden e<strong>in</strong>zelnen von uns: S<strong>in</strong>d wir bereit, denWorten Jesu zu glauben, o<strong>der</strong> bezweifeln wir sie? Jesus sagt,wenn wir nicht glauben, bleiben wir Sklaven; wir s<strong>in</strong>d nichtfrei, auch wenn wir me<strong>in</strong>en, frei zu se<strong>in</strong>. (Joh 8,34+35) Ersagt, es gibt ke<strong>in</strong>en an<strong>der</strong>en Weg, Errettung und Befreiung zuf<strong>in</strong>den, als durch den Glauben an ihn. Er sagt auch: „Wennihr nicht glaubt, werdet ihr sterben <strong>in</strong> euren Sünden“ und„Wer me<strong>in</strong> Wort hält, <strong>der</strong> wird den Tod nicht sehen.“(Joh8,24 + 51) Diese Worte mussten gesagt werden, denn sie s<strong>in</strong>ddie Wahrheit, und sie bleiben für alle Zeiten bestehen. Habenwir Glauben, dann werden wir Freiheit von <strong>der</strong> Sünde, von<strong>der</strong> Furcht vor dem Tod und von <strong>der</strong> Herzenskälte unsererZeit f<strong>in</strong>den. Haben wir den Glauben nicht, werden wir die


283Sklaven dieser D<strong>in</strong>ge bleiben. Der Aufruf ergeht an e<strong>in</strong>enjeden von uns, Jesus zu lieben und die Freiheit, die er unsanbietet, anzunehmen.In dem Gleichnis von den zehn Jungfrauen spricht Jesusnicht von <strong>der</strong> Welt, son<strong>der</strong>n von den Christen. (Mt 25,1 13)Alle, die dem Bräutigam entgegen g<strong>in</strong>gen, waren Jungfrauen– mit an<strong>der</strong>en Worten, sie waren alle Christen – aber fünfwaren weise und fünf waren töricht. Sie alle hatten die äußereForm, die Lampenschale, aber nicht alle hatten Öl. Das Öl,von dem Jesus spricht, ist <strong>der</strong> Heilige Geist, das <strong>Leben</strong>, dasvon Gott kommt, aber nur fünf <strong>der</strong> Jungfrauen hatten Öl.An den Seligpreisungen sehen wir die Merkmale <strong>der</strong>er, dieden Heiligen Geist haben. Sie s<strong>in</strong>d arm im Geist, sie trauern, sies<strong>in</strong>d sanftmütig, sie hungern und dürsten nach Gerechtigkeit,sie s<strong>in</strong>d barmherzig und re<strong>in</strong>en Herzens, sie s<strong>in</strong>d Friedensstifter,und sie werden verfolgt um <strong>der</strong> Gerechtigkeit willen. Die ganzeBergpredigt zeigt uns, wie wir leben sollen: Wir sollen niemalszum Gebet kommen, ohne unserem Bru<strong>der</strong> vergeben zu haben;wir sollen unsere Fe<strong>in</strong>de lieben und die segnen, die uns fluchen;wir sollen we<strong>der</strong> Geld noch Schätze auf Erden sammeln; wirsollen unser volles Vertrauen auf den Vater setzen; wir sollenke<strong>in</strong>e Gewalt anwenden. (Mt 5–7)Dass die törichten Jungfrauen nicht <strong>in</strong> das Himmelreichh<strong>in</strong>e<strong>in</strong> dürfen, ist e<strong>in</strong> scharfes Gericht und e<strong>in</strong> zweifacherAufruf an uns. E<strong>in</strong>mal, zu wachen und zu warten, dass<strong>der</strong> Heilige Geist unser ganzes Se<strong>in</strong> än<strong>der</strong>t, damit wir,wie<strong>der</strong>geboren, täglich und stündlich von Jesus berührt


284werden; zum an<strong>der</strong>n, für diejenigen da zu se<strong>in</strong>, die mit unsauf dem Weg s<strong>in</strong>d, dem Bräutigam zu begegnen, und sie zuer<strong>in</strong>nern, Öl <strong>in</strong> ihren Lampen zu haben. Die äußere Formgenügt nicht; es ist nicht damit getan, <strong>in</strong> Geme<strong>in</strong>schaft zuleben o<strong>der</strong> die äußeren Anfor<strong>der</strong>ungen des Christentums bis<strong>in</strong> alle E<strong>in</strong>zelheiten zu erfüllen. Die <strong>Nachfolge</strong> muss aus e<strong>in</strong>emlebendigen Herzen entspr<strong>in</strong>gen.Es ist möglich, dass Gott e<strong>in</strong>en Menschen dazu bestimmt,ihm beson<strong>der</strong>s anzugehören. Johannes <strong>der</strong> Täufer warvor se<strong>in</strong>er Geburt auserwählt. (Luk 1,15) Ich könnte mirauch vorstellen, dass Paulus vor se<strong>in</strong>er Geburt von Gott zudem bestimmt war, was er wurde. Aber wenn es so etwas gibt,dass Gott für gewisse Menschen e<strong>in</strong>e beson<strong>der</strong>e Bestimmungvorgesehen hat, noch ehe sie auf die Welt kommen, wie ist esdann mit all den an<strong>der</strong>en? Im Alten Testament steht: „Me<strong>in</strong>stdu, dass ich Gefallen habe am Tode des Gottlosen, spricht<strong>der</strong> Herr, und nicht viel mehr daran, dass er sich bekehrtvon se<strong>in</strong>en Wegen und am <strong>Leben</strong> bleibt?“ (Hes 18,23) Undim Neuen Testament lesen wir: „Denn Gott will nicht, dassjemand verlorengehe, son<strong>der</strong>n dass je<strong>der</strong>mann zur Bußef<strong>in</strong>de.“ (2. Petr 3,9) Die Bibel macht es also klar: Gott will,dass alle Menschen errettet werden.Jesus sagt zu Simon Petrus: „Siehe, <strong>der</strong> Satan hat begehrt,euch zu sieben wie den Weizen. Ich aber habe für dichgebeten, dass de<strong>in</strong> Glaube nicht aufhöre. Und wenn du<strong>der</strong>e<strong>in</strong>st dich bekehrst, so stärke de<strong>in</strong>e Brü<strong>der</strong>.“(Lk 22,31


28532) Ich glaube, <strong>der</strong> Satan verlangt, auch uns zu sieben. Wirmüssen Jesus bitten, für uns zu beten, dass unser Glaube nichtversage, auch um <strong>der</strong> Brü<strong>der</strong> willen.Jedesmal, wenn ich versage, empf<strong>in</strong>de ich stark die Worte:„Und <strong>der</strong> Herr wandte sich um und sah Petrus an.“(Lk 22,61)Ich b<strong>in</strong> mir sicher, Jesus hat sich viele Male umgewandt unduns sehr traurig angesehen. Als Jesus sagte, Petrus würde ihnverleugnen, stellte er nicht e<strong>in</strong>e vorher bestimmte Tatsachefest, die ihn unberührt ließ. Es schmerzte ihn, auch wenner bereits wusste, dass es geschehen würde. Das gleichegeschah bei Judas. Als Jesus erschau<strong>der</strong>te und sagte: „E<strong>in</strong>ervon euch wird mich verraten“, (Joh 13,21) erlitt er wirklicheSeelenqual. Mögen wir alle e<strong>in</strong> offenes Herz haben, wennJesus uns anblickt. Er will se<strong>in</strong>e <strong>Nachfolge</strong>r behüten; aberauch nachdem sie von ihm auserwählt waren, s<strong>in</strong>d sie <strong>in</strong> <strong>der</strong>Gefahr, verloren zu werden.Wehe uns, wenn wir me<strong>in</strong>en, wir werden <strong>in</strong> den Himmelkommen, weil wir auf dem Bru<strong>der</strong>hof leben. Wennwir das glauben, lieben wir Christus nicht genug.Im Römerbrief schreibt Paulus, dass Jesus nicht nur fürdie Juden kam, son<strong>der</strong>n für alle Menschen. Er sagt weiter:„Nicht <strong>der</strong> ist e<strong>in</strong> Jude, <strong>der</strong> es äußerlich ist, auch ist nicht das dieBeschneidung, die äußerlich am Fleisch geschieht; son<strong>der</strong>n <strong>der</strong>ist e<strong>in</strong> Jude, <strong>der</strong> es <strong>in</strong>wendig ist.“ (Röm 2,28+29) So ist es auchbei e<strong>in</strong>em wahren Christen: er ist nicht äußerlich erkennbar,auch wenn er getauft ist. Wasser über e<strong>in</strong>e Person zu gießen o<strong>der</strong>


286sie <strong>in</strong>s Wasser zu tauchen, ist an sich ke<strong>in</strong> Mittel zur Errettung.„Wahre Beschneidung ist die des Herzens, die im Geist undnicht im Buchstaben geschieht. Das Lob e<strong>in</strong>es solchen ist nichtvon Menschen son<strong>der</strong>n von Gott.“(Röm 2,29)Das ist e<strong>in</strong> wichtiger Punkt: <strong>der</strong> Glaube ist nicht dieNie<strong>der</strong>schrift e<strong>in</strong>er Reihe formaler Regeln. Paulus bezog sichauf das Gesetz Mose, aber auch heute können wir Sklavenvon geschriebenen Gesetzen se<strong>in</strong>; das ist e<strong>in</strong> Dilemma füruns auf dem Bru<strong>der</strong>hof. Die Freiheit des Geistes, <strong>in</strong> demalle<strong>in</strong> wir Frieden <strong>in</strong> Gott f<strong>in</strong>den können, dürfen wir niemalsaufgeben.Auch wenn wir den Gedanken des Paulus über die Errettungnicht ganz folgen können, so ist doch <strong>der</strong> tiefere S<strong>in</strong>n se<strong>in</strong>erWorte leicht zu verstehen. Die Pharisäer hielten das Gesetz,aber sie waren stolze Heuchler, während „wir dafürhalten,dass <strong>der</strong> Mensch gerecht wird ohne das Gesetz, alle<strong>in</strong> durchden Glauben.“ (Röm 3,28)Ihr fragt, was es mit dem tausendjährigen Reich, <strong>der</strong>Auferstehung <strong>der</strong> Gerechten und dem zukünftigenKönigreich Gottes auf sich hat. Ich rate euch: überlasstdas alles Gott. Was die Zukunft betrifft, stehen wir vorGeheimnissen. Für dieses und jenes kennen wir die Ursachennicht. Entscheidend ist nur, dass am Ende Gott alles <strong>in</strong> allemist. Er wird über alles Böse und ihm Fe<strong>in</strong>dliche siegen. (1 Kor24 28) Sollte dies nicht auch unsere größte Erwartung se<strong>in</strong>?


28732. Das Reich GottesEs sollte uns ganz klar se<strong>in</strong>: Das Reich Gottes kann nichtbestehen, wo Bomben auf schuldige und unschuldigeMenschen geworfen werden, wo es Rassismus unter denMenschen gibt, wo Millionen verhungern, während e<strong>in</strong>igeWenige Überfluss an Nahrung haben und wo Menschenwegen <strong>der</strong> Automatisierung zu hun<strong>der</strong>ttausenden arbeitsloswerden.Wenn wir die Ungerechtigkeit <strong>der</strong> Welt <strong>in</strong> ihrer wahrenNatur erkennen, dann sehnen wir uns auch nach dem ReichGottes. Se<strong>in</strong>e Gerechtigkeit wird erst dann here<strong>in</strong>brechen,wenn unser Herz nach Liebe und Frieden strebt. Wer unbewegtbleibt, kann nicht am Reich Gottes teilhaben. Deshalb sagteJohannes <strong>der</strong> Täufer: „Tut Buße, denn das Reich Gottes istnahe.“ (Mt 3,2) Und Jesus sagt: „Trachtet zuerst nach demReich Gottes und se<strong>in</strong>er Gerechtigkeit, und alles an<strong>der</strong>e wirdeuch dazugegeben.“ (Mt 6,33)Jesus kam, um alle Menschen für das Reich Gottesvorzubereiten. Wir wissen es nur zu gut, dass es noch nichtgekommen ist. Er sagt, dass das Reich unter uns se<strong>in</strong> wird,wenn wir Gott von ganzem Herzen und von ganzer Seelelieben, und unseren Nächsten wie uns selbst. Wenn wir dasdoch täten, nicht nur mit Worten, son<strong>der</strong>n mit unserer Tat!


288Jesus kam nicht als e<strong>in</strong> großer König o<strong>der</strong> Staatsmann,son<strong>der</strong>n als e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>es K<strong>in</strong>d. Das haben die Menschennoch nicht begriffen. Er verkündete das Kommen desGottesreiches. Vielleicht hat es noch nie e<strong>in</strong>e Zeit gegeben, <strong>in</strong><strong>der</strong> dieses Kommen nötiger war, als die unsere. Heute besitzendie Menschen mehr Macht als je zuvor, und die Macht ihrerWaffen ist beängstigend. Die Beziehungen <strong>der</strong> Menschen,Rassen und Nationen untere<strong>in</strong>an<strong>der</strong> s<strong>in</strong>d ungelöst, und dieHerrschaft ist <strong>in</strong> <strong>der</strong> Hand <strong>der</strong>er, die das Geld haben.Jesus sagt, dass wir arm werden müssen. Wenn wir auf ihnhören und weltliche Privilegien und Macht über Menschenaufgeben, dann werden unsere Herzen für Gottes Reichgeöffnet. Ach hätten wir doch nur e<strong>in</strong>e Ahnung davon, wasdieses Reich bedeutet: Buße, glühende Liebe und, vor allem,die Herrschaft Gottes.Für ihre Sicherheit und Freiheit bauen die Nationen <strong>der</strong>Welt auf die gefährlichsten Waffen, die es je gegeben hat.Demgegenüber s<strong>in</strong>d wir dazu berufen, unsere Sicherheit aufdas ganz an<strong>der</strong>e zu bauen, nämlich auf das, was von Gott herkommt. Und <strong>in</strong> uns brennt das Verlangen, dass allen Völkernetwas von Gott gegeben werden möchte. Es genügt nicht, dasswir e<strong>in</strong> vollkommenes, friedliches <strong>Leben</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>deführen. Unser Verlangen wird erst dann gestillt se<strong>in</strong>, wenndie ganze Erde nicht mehr unter <strong>der</strong> Herrschaft <strong>der</strong> Gewalt,son<strong>der</strong>n unter <strong>der</strong> Herrschaft Gottes steht.Als Jesus fünftausend Menschen mit fünf Broten und zweiFischen speiste, geschah etwas sehr Merkwürdiges: DieMenschen wollten ihn zw<strong>in</strong>gen ihr König zu werden. Aber


289Jesus sagte ihnen: „Ihr kommt zu mir, weil ich euch gespeisthabe“, und g<strong>in</strong>g weg. (Joh 6,11–15) Diejenigen, die ihn zumKönig machen wollten, verließen ihn. E<strong>in</strong>ige wurden sogarzu se<strong>in</strong>en Fe<strong>in</strong>den. Danach sagte Jesus zu den Zwölfen: „Alledie an<strong>der</strong>en s<strong>in</strong>d fortgegangen; wollt ihr mich jetzt auchverlassen?“ (Joh 6,67) Auch wir müssen bereit se<strong>in</strong>, dieseFrage zu beantworten: „Wollt ihr mich auch verlassen?“Es ist bezeichnend, dass die Menschen Jesus erst dann zumKönig machen wollten, als er ihnen Brot gegeben hatte. DiesenWunsch hatten sie nicht e<strong>in</strong>mal, nachdem er e<strong>in</strong>en Menschenvom Tode auferweckt hatte. An sich ist es nicht falsch, vonGott zu erwarten, dass er uns Brot gibt, o<strong>der</strong> von Jesus, dass erunsere Bedürfnisse befriedigt. Jesus lehrte uns, unseren Vaterim Himmel um das tägliche Brot zu bitten. Aber er lehntees scharf ab, se<strong>in</strong> Reich auf <strong>der</strong> Ebene des Materialismusaufzubauen. Lieber hätte er se<strong>in</strong>e <strong>Nachfolge</strong>r verloren, als se<strong>in</strong>Reich auf e<strong>in</strong>er falschen Grundlage zu bauen.Jesus will sich jedem von uns schenken, so wie er se<strong>in</strong> Fleischund se<strong>in</strong> Blut h<strong>in</strong>gab. Dies ist ke<strong>in</strong>e Philosophie son<strong>der</strong>nwirkliche Nahrung. Es ist das <strong>Leben</strong>, und je<strong>der</strong>, <strong>der</strong> es erlebt,wird dadurch verän<strong>der</strong>t, nicht nur für e<strong>in</strong>en Augenblick,son<strong>der</strong>n für alle Ewigkeit.Christus verspricht uns das ewige <strong>Leben</strong>, nicht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>emKönigreich, das auf Arbeit und Brot gegründet ist, son<strong>der</strong>n <strong>in</strong>e<strong>in</strong>em Reich, das auf den Glauben aufgebaut ist. Gewöhnlichfor<strong>der</strong>t e<strong>in</strong> König das Blut se<strong>in</strong>er Untertanen, aber Christusgab se<strong>in</strong> Blut für die Se<strong>in</strong>en. Er gab Leib und <strong>Leben</strong> für das<strong>Leben</strong> an<strong>der</strong>er h<strong>in</strong>. Zu dem Zeitpunkt, als Jesus zu den Jüngern


290von se<strong>in</strong>em Leib und se<strong>in</strong>em Blut sprach, hatte er – soweit wirwissen – die größte Anhängerschaft se<strong>in</strong>er Wirkungszeit. Aberdanach verließen ihn viele. Deshalb fragte Jesus die Zwölf:„Wollt ihr mich auch verlassen?“ Die Antwort von Petrus istwun<strong>der</strong>bar: „Herr, woh<strong>in</strong> sollen wir gehen? De<strong>in</strong>e Worte s<strong>in</strong>dWorte ewigen <strong>Leben</strong>s.“ (Joh 6,50 68)Es ist wichtig, dass wir uns entscheiden, ob wir e<strong>in</strong>e gutfunktionierende christliche Geme<strong>in</strong>de se<strong>in</strong> wollen, die Jesuszu ihrem König gemacht hat, o<strong>der</strong> ob wir den Weg des Kreuzesgehen wollen. Es muss uns ganz klar se<strong>in</strong>, dass <strong>der</strong> Weg Jesu<strong>der</strong> Weg des Kreuzes ist, e<strong>in</strong> Weg vollständiger persönlicherVerän<strong>der</strong>ung, e<strong>in</strong>e Gesellschaft auf e<strong>in</strong>er völlig an<strong>der</strong>en Basisals Arbeit und Brot und Privilegien. Wir müssen dazu bereitse<strong>in</strong>, dass Fe<strong>in</strong>de uns umgeben, dass wir verachtet werden,weil wir se<strong>in</strong>en Weg gehen.Die Entwicklung unserer Gesellschaft <strong>in</strong> diesemJahrhun<strong>der</strong>t mit ihrer unglaublichen Ungerechtigkeitund ihrem grauenhaften Blutvergießen zeigt uns, dass das Heilnicht von Menschen kommen kann. Es muss von Gott kommen.Um so mehr müssen wir Gott bitten, noch e<strong>in</strong>mal se<strong>in</strong> Reichund se<strong>in</strong>e Gerechtigkeit unter den Menschen zu offenbaren.Jesus selbst ist das Königreich Gottes. Wenn er Sündenvergab – das war Reich Gottes. Wenn er se<strong>in</strong>e Freunde <strong>in</strong>E<strong>in</strong>mütigkeit um sich versammelte – das war Reich Gottes.Wenn er Dämonen und unre<strong>in</strong>e Geister austrieb – das warReich Gottes. Jede se<strong>in</strong>er Taten unter den Menschen war ReichGottes.


291Manchmal frage ich mich, ob unsere Geme<strong>in</strong>schaftdas Reich Gottes vollkommen vergessen hat, undob die Unterscheidung zwischen <strong>der</strong> persönlichen Seligkeitund dem Reich Gottes noch klar genug ist. Beides ist vongrößter Bedeutung. Die ewige Seligkeit ist sehr wichtig – esist wun<strong>der</strong>bar, die Nähe von Christus zu erleben und durchihn erlöst zu werden. Aber das Reich Gottes ist das Größte!Man kann die Nähe des Gottesreiches nicht zeitgemäßbestimmen. Jesus sagte: „Das Himmelreich ist jetztnahe!“ (Mt 4,17) Und es war, so paradox es kl<strong>in</strong>gt, damalsnäher als jetzt. Es war damals nicht zeitlich näher, son<strong>der</strong>nräumlich näher.Das Reich Gottes muss erkämpft und errungen werden.(Jak 5,16) Das Gebet des Menschen hat da e<strong>in</strong>engroßen E<strong>in</strong>fluß. (Mk 9,29)Wenn wir Interesse an Christus und se<strong>in</strong>er Sache haben,dann haben wir Interesse an se<strong>in</strong>em Reich. Denn umdieses Reich auf die Erde zu br<strong>in</strong>gen, kam Christus auf dieseErde und litt. Die Geme<strong>in</strong>de hat e<strong>in</strong>e sehr große Aufgabe <strong>der</strong>Sendung für dieses Reich Gottes.Was für e<strong>in</strong>e gewaltige Sache ist es, für das Reich Gottes zuleben! Schreckt nicht zurück, lebt dafür, sucht danach! Undihr werdet f<strong>in</strong>den, dass es etwas Mächtiges ist, das e<strong>in</strong>en völligüberwältigt. Es löst jedes Problem auf Erden. Alles wird neu,je<strong>der</strong> wird den an<strong>der</strong>n lieben <strong>in</strong> Christus. Alles, was durch


292den Tod getrennt war, wird vere<strong>in</strong>igt werden. Und dann wirddie Liebe regieren.Die Geme<strong>in</strong>de hat von Jesus den Auftrag, für se<strong>in</strong> Reichund für se<strong>in</strong>e Zukunftsherrschaft zu wirken und auchzu arbeiten. Es gibt nichts Größeres auf Erden als für diesesReich zu wirken. Lebt <strong>in</strong>tensiv! Nutzt die Zeit für das Reich!Liebt e<strong>in</strong>an<strong>der</strong>!Gott braucht e<strong>in</strong>en Ort auf <strong>der</strong> Erde, wo er here<strong>in</strong>brechenkann. Solch e<strong>in</strong> Ort war Maria, <strong>der</strong>en Bereitschaft esmöglich machte, dass Christus <strong>in</strong> Bethlehem geboren wurde.Wenn Gott auch nur e<strong>in</strong>en Ort hat, wo er e<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>gen kann,sei es <strong>in</strong> Bethlehem, <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a, Russland, o<strong>der</strong> Vietnam – <strong>in</strong>e<strong>in</strong> Menschenherz irgendwo auf <strong>der</strong> Welt – so ist das, als obsich e<strong>in</strong>e Tür öffnete. Wenn die Tür zu e<strong>in</strong>em Raum auchnur um e<strong>in</strong>en Spalt geöffnet wird, dann kann das Lichth<strong>in</strong>e<strong>in</strong>kommen. Und wenn Gottes Licht irgendwo e<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>genund die Herzen von zwei o<strong>der</strong> drei Menschen bewegen kann,dann wird das auf alle an<strong>der</strong>en e<strong>in</strong>e Wirkung haben – auchauf Staatsoberhäupter, Generäle und Soldaten. Ich kann nichtglauben, dass die Menschen so von e<strong>in</strong>an<strong>der</strong> isoliert s<strong>in</strong>d, dasssie davon nicht bee<strong>in</strong>flusst würden.Wie durch Adam die ganze Menschheit gefallen ist, sowird die ganze Menschheit durch Jesus – den „neuen Adam“,den wahren Menschen, Gott selbst – Freiheit, Heilung undErlösung f<strong>in</strong>den. (Röm 5, 12 19)


293Lasst uns Gott anrufen und ihn bitten, dass wir für se<strong>in</strong>Reich kämpfen dürfen. Je tiefgehen<strong>der</strong> wir diesen Kampfführen, je mehr wir das Kreuz Christi, die Auferstehung undPf<strong>in</strong>gsten erleben, um so näher ist uns das Reich Gottes.Lebt <strong>in</strong>tensiv <strong>in</strong> <strong>der</strong> Erwartung des Herrn! Wer nicht <strong>in</strong> je<strong>der</strong>H<strong>in</strong>sicht den Herrn bald erwartet, <strong>der</strong> wartet überhauptnicht. Jetzt frage ich mich jeden Abend, ob ich wirklichgenug geliebt, gehofft, gekämpft und gearbeitet habe. JedeErwartung des Reiches Gottes muss zu Taten führen.Karl Barth sagte e<strong>in</strong>mal, dass das Reich Gottes als dasvollkommen an<strong>der</strong>e offenbart werden muss. Es istvollkommen unabhängig von uns, dass wir es nicht mitunseren eigenen Interessen vermischen dürfen. Ich halte dasfür e<strong>in</strong>e sehr wichtige Erkenntnis. Solange wir uns nicht völligum se<strong>in</strong>etwillen selbst aufgeben, stehen wir <strong>in</strong> Opposition zuihm und s<strong>in</strong>d se<strong>in</strong>er nicht würdig.Gott hätte die Geschichte <strong>der</strong> Menschheit auf Golgathaabschließen können, als Jesus den Tod und den Teufelüberwand. Aber er tat es nicht, und so hatte das Böse e<strong>in</strong>eweitere Gelegenheit. Seitdem werden viele Menschen aus allenVölkern für das Reich Gottes gewonnen, aber viele lassen sichauch verführen. Der Grund dafür bleibt uns verschlossen.Aber ich weiß, dass Gott <strong>der</strong> Herrscher des Weltalls ist. Se<strong>in</strong>Urteil muss bestehen.Wir lesen, dass die Verführten, diejenigen, die das Tier undse<strong>in</strong> Bild anbeten und das Zeichen an ihrer Stirn o<strong>der</strong> an ihrer


294Hand erhalten, den We<strong>in</strong> des Zornes Gottes tr<strong>in</strong>ken werden.(Offb 14, 9 10) Wir wissen nicht, wann das geschehen wird.Wir müssen unsere K<strong>in</strong><strong>der</strong> dazu erziehen, mutig für dieWahrheit e<strong>in</strong>zustehen, damit sie fest bleiben können, wenndas Reich here<strong>in</strong>bricht.Wieweit hängt das Reich Gottes mit dem JüngstenGericht zusammen? Wie wird das Reich Gotteskommen? Wie wird es aussehen? Vieles ist uns durch dieAussagen Jesu selbst überliefert, ferner durch die Schriften<strong>der</strong> frühen Christen und durch das Wirken des Geistes imHerzen <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen Menschen. Jesus hat gesagt, dass nur<strong>der</strong> Vater die Stunde kennt, wann das Reich Gottes anbrechenwird – nicht e<strong>in</strong>mal <strong>der</strong> Sohn Gottes weiß es. (Mt 24,36)An diese Fragen können wir nur mit größter Ehrfurcht undVorsicht herangehen. Wir wissen aber auch, wie sehr dieersten Christen das Reich erwarteten. Alle Worte <strong>der</strong> Apostelzeugen davon.Wir wissen nicht, wie nah o<strong>der</strong> fern wir – zeitlichgesehen – dem Reich Gottes s<strong>in</strong>d. Aber wir wissen,dass wir dem Geiste nach sehr nah o<strong>der</strong> sehr weit entferntse<strong>in</strong> können, und das ist die entscheidende Frage. Jesus sagt,dass das Kommen des Reiches sich durch bestimmte Zeichenankündigen wird, und e<strong>in</strong>ige dieser Zeichen erkennenwir schon heute. (Luk 21,9–11) Aber er sagt auch, dass eswie e<strong>in</strong> Dieb <strong>in</strong> <strong>der</strong> Nacht kommen wird, d.h. <strong>in</strong> e<strong>in</strong>emAugenblick, wenn niemand es erwartet o<strong>der</strong> daran denkt.(Luk 12,39+40)


295Es gibt viele Geheimnisse, die wir nicht ergründen können,Gott hält sie vor uns verborgen. Aber wir dürfen uns freuen:Das Kommen des Reiches ist sicher, es ist e<strong>in</strong> Reich desFriedens und <strong>der</strong> Gerechtigkeit.Wir wissen nicht, warum Gott es erlaubte, dass Tod undSünde <strong>in</strong> die Schöpfung E<strong>in</strong>gang fanden, aber wirwissen, dass <strong>der</strong> Mensch sich vom Bösen verführen ließ. Wirwissen we<strong>der</strong>, welchen Kampf Gott vor <strong>der</strong> Schöpfung gegendas Böse geführt hat, noch welchen Anteil <strong>der</strong> Mensch andiesem Kampf hat. Wir wissen aber, dass es e<strong>in</strong> entscheiden<strong>der</strong>Kampf war, <strong>der</strong> den Sohn Gottes selbst ans Kreuz brachte.In <strong>der</strong> Offenbarung lesen wir von <strong>der</strong> Schlacht, die amEnde <strong>der</strong> Zeit im Himmel stattf<strong>in</strong>den wird. (Offb 19,11 21)Die Geme<strong>in</strong>de, als <strong>der</strong> Leib Christi, muss hier auf Erdendieselbe Schlacht führen. Wie Gott se<strong>in</strong>en eigenen Sohn nichtverschonte, son<strong>der</strong>n ihn hergab, die größte Not zu erleiden,gerade so wird das Here<strong>in</strong>brechen des Reiches Opfer undLeiden von <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de for<strong>der</strong>n.Wenn sich das Geistige vom Materiellen trennt, dieSeele vom Körper: das bedeutet Tod. Die E<strong>in</strong>heitdagegen ist das <strong>Leben</strong>. Jesus brachte die Botschaft e<strong>in</strong>es neuenReiches, <strong>in</strong> dem Seele und Leib, Geistiges und Materiellesnicht mehr getrennt se<strong>in</strong> werden. In diesem neuen Reich wird<strong>der</strong> Schöpfer e<strong>in</strong>s mit se<strong>in</strong>er Schöpfung se<strong>in</strong>.


296Wenn wir die Erde ansehen, so wie sie jetzt ist, dann istes klar, dass e<strong>in</strong> Gericht unvermeidlich ist. Tatsächlichwird dieses Gericht bereits durch die Sünde <strong>der</strong> Menschenvollzogen. Wenn wir jedoch die Worte Christi tiefer begreifen,wird es uns klar, dass Gnade und Erbarmen über das Gerichttriumphieren werden.Wir erwarten e<strong>in</strong>en neuen Himmel und e<strong>in</strong>e neue Erde,aber wir brauchen uns ke<strong>in</strong>e Gedanken darüber zu machen,wann und wie das Reich kommen wird; wir wissen, dass eskommt. Petrus sagte, dass die Geme<strong>in</strong>de helfen muss, dasKommen des Tages Gottes voranzutreiben. (2.Petr 3,11+12)So wissen wir, dass wir dazu beitragen sollen, etwas von se<strong>in</strong>emReich unter uns lebendig werden zu lassen.Im Anfang, noch vor <strong>der</strong> Erschaffung des Weltalls, warGott, <strong>der</strong> unendlich liebende Vater, und bei ihm war dasWort, Jesus Christus, und <strong>der</strong> Heilige Geist. Am Ende <strong>der</strong>Zeit wird Gott alle<strong>in</strong> herrschen. Die stöhnende Natur wir<strong>der</strong>löst und das Weltall voller Freude se<strong>in</strong>. Re<strong>in</strong>e Freude, Liebe,Harmonie und Gerechtigkeit werden die Erde erfüllen. (Offb7,17) Gott wird alle Tränen abwischen, und da wird ke<strong>in</strong>Tod, ke<strong>in</strong> Leid und ke<strong>in</strong> Schmerz mehr se<strong>in</strong>. (Offb 21,4) DieSehnsucht nach dieser Zukunft brennt <strong>in</strong> allen Herzen.Welch e<strong>in</strong> großes Geschenk wäre es, wenn uns die Augengeöffnet würden, um auch nur e<strong>in</strong>en kle<strong>in</strong>en Schimmer<strong>der</strong> großen Zukunftsvision Jesu wahrzunehmen und überunser eigenes unbedeutendes <strong>Leben</strong> h<strong>in</strong>auszublicken. Gewiss


297ist unser Blick begrenzt, aber wir sollten Gott wenigstensdarum bitten, dass er uns aus unserer kle<strong>in</strong>lichen Welt undaus unserer Ich Bezogenheit herausruft. Wir dürfen ihn bitten,uns an <strong>der</strong> großen Ernte teilhaben zu lassen, die e<strong>in</strong>gebrachtwerden muss – die Ernte aller Nationen und aller Menschen,e<strong>in</strong>schließlich <strong>der</strong> zukünftigen Generationen.


298N a c h w o r tDie <strong>Nachfolge</strong> Jesu war lange Zeit e<strong>in</strong> Stiefk<strong>in</strong>d imdeutschen, landeskirchlichen Protestantismus. Mit <strong>der</strong>Verfolgung und Vertreibung des sogenannten „Täufertums“<strong>in</strong> <strong>der</strong> Reformationszeit g<strong>in</strong>g dieser schwere Weg und diesekostbare Perle verloren.Erst Eberhard Arnold entdeckte beide – <strong>in</strong> den 1920erJahren – auf dem Bru<strong>der</strong>hof <strong>in</strong> <strong>der</strong> Rhön wie<strong>der</strong>. Erst DietrichBonhoeffer fand sie im Wi<strong>der</strong>stand gegen die satanischenMächte <strong>der</strong> Hitler-Diktatur wie<strong>der</strong> und g<strong>in</strong>g den Weg Jesubis zum Tod am Galgen 1945. Von Eberhard Arnold und vonDietrich Bonhoeffer lernen wir, dass die <strong>Nachfolge</strong> Jesu, dasgeme<strong>in</strong>same <strong>Leben</strong>, die Bergpredigt und die Reich GottesHoffnung untrennbar zusammen gehören.Johann He<strong>in</strong>rich Arnold, Sohn <strong>der</strong> unvergesslichen Eberhardund Emmy Arnold, lebte ganz <strong>in</strong> diesem Geist <strong>der</strong> <strong>Nachfolge</strong>und des geme<strong>in</strong>samen <strong>Leben</strong>s. Er spricht und schreibt ausErfahrung und aus verarbeiteter Erfahrung: aus Weisheit.Diese kluge Auswahl aus se<strong>in</strong>en Schriften und persönlichenBriefen zu wichtigen Fragen des christlichen <strong>Leben</strong>s <strong>in</strong> <strong>der</strong><strong>Nachfolge</strong> wirkt auf mich wie e<strong>in</strong> Brevier zum Nachdenkenund Meditieren. Man liest es nicht „durch“, son<strong>der</strong>n liest undstockt und kommt auf eigene Gedanken. Ähnliches habe ichnur bei Dietrich Bonhoeffer und Christoph Blumhardt erlebt.Im Unterschied zur modischen, leichten Esoterikliteraturspricht He<strong>in</strong>rich Arnold aus den Härten und Tiefen des<strong>Leben</strong>s, aus se<strong>in</strong>en Schmerzen und se<strong>in</strong>en Tröstungen. Er


299kennt das Dunkel des Leidens an <strong>der</strong> Gottverlassenheitund die Abgründe <strong>der</strong> Versuchungen. Er ist gefangen <strong>in</strong><strong>der</strong> engen Weite des gekreuzigten Christus. Er sieht immerwie<strong>der</strong> über die Gegenwart h<strong>in</strong>aus <strong>in</strong> die wun<strong>der</strong>bareZukunft des kommenden Reiches Gottes: „Reue bedeutetZuwendung zum Reich Gottes“, schreibt er an e<strong>in</strong>er Stelleund befreit den Bereuenden von <strong>der</strong> Selbstbetrachtung, dievon <strong>der</strong> Selbstbestrafung so leicht zum Selbstmitleid führt.„Zuwendung zum Reich Gottes”, das ist das <strong>Leben</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong><strong>Nachfolge</strong> Jesu.Ich wünsche diesem Buch nachdenkliche und wache Leser.Jürgen MoltmannTüb<strong>in</strong>gen, im März 1996

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