Einfach Durchatmen - Ev. Kirchengemeinden Carolinensiel und ...

2 Nachgedacht
Advent
Zeit der Erwartungen
Menschen mögen´s groß,
Leben gern auf großem Fuß,
auch wenn sie anderen
dabei auf die Füße treten.
Gott mag´s klein.
Wählt die kleinste Schuhgröße.
Und hilft uns auf die Beine.
Gott wird ein Kind,
damit wir Kinder Gottes werden.
(Jürgen Werth)
Wieder schreiben wir vor Weihnachten
unsere Wunschzettel. Wir warten. Erwarten
die Erfüllung unserer großen und kleinen
Wünsche. Die Erwartungen sind groß.
An die Geschenke, an das Leben, nicht zu
vergessen an die anderen. Es ist ein Kreuz
mit den Erwartungen. Wo hohe Erwartungen
sind, ist die Gefahr des Absturzes und
der abgrundtiefen Enttäuschung groß.
Wo sollen Menschen nur hin mit ihren ganzen
Erwartungen, Hoffnungen und Sehnsüchten?
Die Adventszeit, die Vorbereitungs-
und damit Wartezeit auf Weihnachten
gibt uns eine ganz besondere Antwort.
Advent – Warten auf Jesus. Was können
wir erwarten von seinem Kommen an
Weihnachten? Ist das nicht viel Größeres,
als das, was man uns täglich glauben machen
will? Angstmacherei können wir nicht
gebrauchen. Von niemandem. Wozu auch?
Christen haben doch etwas zu erwarten!
Wie in jedem Jahr so werden wir auch in
diesem Jahr auf Weihnachten hin mit unseren
hochgesteckten Erwartungen losgehen
und am Ende schlicht in einem Stall
landen. Wie in jedem Jahr wird es in diesem
Stall nicht viel geben, außer Leben.
Das Leben von Tieren, Hirten, von einem
neuen Elternpaar und von einem kleinen
Kind.
In der Schlichtheit des Stalles werden wir
dann sehen: Nur eine Erwartung ist wahr
FOTO: LEHMANN.
geworden, nämlich die: Da ist einer wie wir
Mensch geworden - mensch - lich. Einer
von uns. Für uns. Mit uns.
Nicht immer weiter hetzen. Augen zu und
durch. Erfüllen sich die Erwartungen
nicht, jagen wir gleich den nächsten
hinterher. Ich glaube, nur wer innehält und
sich den Erwartungen und ihren vielleicht
nicht immer unseren Vorstellungen entsprechenden
Erfüllungen stellt, wer das
aushält, auch in der Nacht, der kann vom
Licht, von dem großen Licht, das alle unsere
Erwartungen letztlich übertreffen
wird - nur der kann von diesem Licht der
Weihnacht auch gefunden werden.
Dieses Licht hat vermutlich nichts mit unseren
hell erleuchteten Straßenzügen und
Häusern zu tun, sondern begegnet uns fast
immer nur im Schatten, mit dem Blick in
einen dunklen Stall.
Ich glaube, ein Blick in den Stall von
Bethlehem lohnt sich. Da sind wir gut aufgehoben
mit allen Erwartungen, Hoffnungen,
Sehnsüchten. Auch mit den enttäuschten.
Vielleicht werden wir nämlich in
diesem Stall sehen, worauf es sich wirklich
lohnt zu warten: Nämlich darauf, dass wir
irgendwann nicht mehr fragen müssen, ob
es wirklich wahr ist.
Veronika Hansberg
TITELBILD: WINTER IN OSTFRIESLAND. WOMUE @FOTOLIA.COM