05.12.2012 Aufrufe

Verdichtete Architektur

Verdichtete Architektur

Verdichtete Architektur

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Accessibility<br />

TEXT MARC WOLFENSBERGER BILD ALBERT ZIMMERMANN<br />

In der Haupteingangshalle steht eine relativ ungeduldige Menge<br />

von Leuten acht Aufzugstüren gegenüber. Alle gucken automatisch<br />

hin und her, um zu sehen, welche Tür sich wohl zuerst<br />

öffnen wird. Eine ältere Frau klammert sich an ihren Krücken fest.<br />

Sie hat den ersten Aufzug um ein Haar verpasst. Als der zweite<br />

Aufzug ankommt, ertönt eine Ansagestimme: «Dieser Aufzug fährt<br />

nach oben.» Rund 20 Personen strömen hinein… ein ganz schönes<br />

Durcheinander an jeder Haltestelle – und das bis zum 11. Stock.<br />

«Mit täglich mehr als 2000 Fahrten pro Anlage ist das Centre hospitalier<br />

universitaire vaudois (CHUV) vermutlich das Gebäude mit dem<br />

meisten Personenverkehr im Kanton Waadt!», sagt François Xaintray,<br />

technischer Leiter und stellvertretender Bauleiter des CHUV. Fast<br />

45 000 Patienten werden im CHUV jedes Jahr behandelt, und die Zahl<br />

steigt kontinuierlich. «Wir haben eine durchschnittliche Belegungsrate<br />

von annähernd 100 Prozent. Das bedeutet, dass viele Zimmer, die<br />

eigentlich für eine Zweierbelegung vorgesehen waren, in Zeiten der<br />

Überbelegung mit einem dritten Bett ausgestattet werden», betont<br />

François Xaintray weiter.<br />

Das CHUV ähnelt wirklich einer kleinen Stadt. Es gibt eine Bank,<br />

einen Friseur, einen Blumenladen, einen Postschalter usw. Sogar<br />

ein Andachtsraum und eine Kapelle stehen den Patienten zur Verfügung.<br />

Allein 1800 komplette Menüs werden jeden Tag an die<br />

Patienten ausgegeben.<br />

Dreissig Jahre auf dem Buckel<br />

Die Aufzüge stammen noch aus den 1980er-Jahren, als das Gebäude<br />

erbaut wurde. Sie haben orangefarbene, vom Zahn der Zeit<br />

abgenutzte Türen und noch die alten Fahrstuhlknöpfe, die in jedem<br />

Stockwerk aufleuchten. In den unteren Stockwerken des Gebäudes<br />

befinden sich die OP-Trakte. Etwas mulmig kann einem schon werden,<br />

wenn man dort liest: Zentrum für Brandverletzte, Transplantationszentrum,<br />

Intensivstation usw. Um in Stosszeiten nicht so<br />

lange warten zu müssen, haben einige Ärzte ihre ganz eigene<br />

Lösung gefunden: Sie nehmen etwa zehn Meter weiter die Aufzüge,<br />

die den Patienten vorbehalten sind. «Das ist nicht sehr vorbildlich,<br />

aber man gewinnt wirklich Zeit», meint noch ein Neurologe in<br />

weissem Kittel, bevor er unauffällig hinter der Tür eines der beiden<br />

Aufzüge verschwindet. «Das machen vor allem die Ärzte aus den<br />

oberen Stockwerken», räumt der stellvertretende Pflegedienstleiter<br />

Patrick Genoud ein. «Aber das muss sich ändern, denn dadurch<br />

werden auch wichtige Aufzüge blockiert.»<br />

Und das wird sich schon recht bald ändern. Das CHUV hat nämlich<br />

beschlossen, seine Aufzugsanlagen zu modernisieren. Den Anfang<br />

macht die Haupteingangshalle, die hier auch als Octoplex bekannt<br />

20<br />

Das Universitätsspital von<br />

Lausanne, im Volksmund CHUV<br />

genannt, ist bereits<br />

über 30 Jahre alt.<br />

ist. Zunächst werden die Aufzüge mit der PORT-Technologie von<br />

Schindler ausgerüstet. Mithilfe dieser Technologie können die Fahrgäste<br />

mit gleichem Fahrziel zusammengefasst und so schneller und<br />

effektiver transportiert werden. Anschliessend werden bis Ende<br />

2013 jeweils immer zwei Anlagen parallel modernisiert. Nach Abschluss<br />

der Arbeiten wird die Wartezeit um ein Drittel kürzer sein.<br />

Innovative PORT-Technologie<br />

François Xaintray, blickt dieser Veränderung mit einer gewissen<br />

Sorge entgegen. «Der grosse Unterschied zwischen einem Klinikum<br />

und einem Unternehmen besteht unter anderem darin, dass sich<br />

hier immer verschiedene Menschen aufhalten. Es kommen ständig<br />

neue Besucher, und man weiss nicht, wie sie auf diese drastische<br />

Veränderung bei der Nutzung der Aufzugsanlagen reagieren<br />

werden.»<br />

Durch die PORT-Technologie «ist der Aufzug weit mehr als ein<br />

ein faches Transportmittel, das nach oben und unten fährt», so<br />

Anne-Sophie Oury, die Leiterin des Projekts bei Schindler. «Das<br />

PORT-System optimiert die Fahrten, indem die Fahrgäste pro<br />

Stockwerk zusammengefasst werden. Zudem können mehrere<br />

Zwischenhalte übersprungen werden, sodass man schneller ans Ziel<br />

gelangt.» Die Aufzüge können ausserdem in Notfällen nach Priorität<br />

zugewiesen werden, zum Beispiel bei einem Feuerwehreinsatz.<br />

Sie berücksichtigen die Bedürfnisse von Menschen mit Mobilitätseinschränkungen<br />

und eignen sich daher besonders für soziale<br />

Einrichtungen wie Krankenhäuser oder Pflegeheime.<br />

Der technische Leiter des CHUV konnte sich davon im Universitätsspital<br />

Bern selbst überzeugen, denn dort wurde vor einigen Jahren

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!