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Neurochirurgie in Deutschland von 1932 bis 1945 - Deutsche ...

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1 <strong>Neurochirurgie</strong><br />

<strong>von</strong> den Anfängen <strong>bis</strong> zum späten<br />

19. Jahrhundert<br />

K.-A. Bushe †, H. Collmann<br />

Die <strong>Neurochirurgie</strong> gehört zu den jüngsten Fächern der Mediz<strong>in</strong>: Nur wenig mehr als hundert<br />

Jahre ist es her, daß die ersten geplanten operativen E<strong>in</strong>griffe am Zentralnervensystem<br />

durchgeführt wurden. Denn erst im 19. Jahrhundert wurden die drei entscheidenden<br />

Voraussetzungen für derartige E<strong>in</strong>griffe geschaffen, nämlich Grundvorstellungen <strong>von</strong> der<br />

funktionellen Anatomie des Nervensystems zu entwickeln, die Wund<strong>in</strong>fektion zu beherrschen<br />

und den Operationsschmerz auszuschalten.<br />

Dagegen lassen sich Vorläufer der <strong>Neurochirurgie</strong> über mehrere Jahrtausende<br />

zurückverfolgen. E<strong>in</strong>e erste Ahnung <strong>von</strong> der langen Geschichte entstand gegen 1870, als<br />

Schädel aus ste<strong>in</strong>zeitlichen Fundstätten mit unzweifelhaft künstlich gesetzten<br />

Trepanationsöffnungen auftauchten, und der Pariser Neurologe und Anthropologe Pierre Paul<br />

Broca feststellte, daß e<strong>in</strong>ige dieser Schädel Knochenkallus aufwiesen, daß der E<strong>in</strong>griff also<br />

überlebt worden war (Broca 1876). Die Entdeckung löste leidenschaftliche Diskussionen über<br />

Techniken und Beweggründe dieser E<strong>in</strong>griffe aus. Waren es rituelle E<strong>in</strong>griffe, magische<br />

Handlungen oder Operationen mit therapeutischen Zielen? Funde <strong>in</strong> der Ukra<strong>in</strong>e, <strong>in</strong> Armenien<br />

und Peru, aber auch <strong>in</strong> Mitteldeutschland (Ullrich 1963) lassen vermuten, daß die Trepanation<br />

durchaus der Behandlung <strong>von</strong> Schädelbrüchen, vielleicht sogar der Behandlung <strong>von</strong><br />

Anfallsleiden oder <strong>von</strong> Kopfschmerzen diente. Diese Erklärung wird durch Beobachtungen an<br />

Völkern der Südsee gestützt, da man bei den dort gefundenen Schädeln ebenso wie bei den<br />

peruanischen Funden feststellte, daß die Schädelnähte aufgesucht wurden und als fehlgedeutete<br />

Frakturspuren Zielort der Operation waren. Berichte aus der Südsee wiesen zudem auf die<br />

Behandlung <strong>von</strong> Schädelbrüchen nach Kampfverletzungen h<strong>in</strong> und zusätzlich auf die<br />

Behandlung <strong>von</strong> Kopfschmerzen und Anfallsleiden. So ergibt sich die heutige Auffassung vom<br />

Ziel prähistorischer Trepanationen zum Teil aus der Kenntnis außereuropäischen Fundmaterials.<br />

Dabei hat es sich mit hoher Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit nicht um eigentliche neurochirurgische<br />

E<strong>in</strong>griffe, d. h. Operationen am Gehirn gehandelt. Vielmehr spricht alles dafür, daß der E<strong>in</strong>griff<br />

auf den Knochen beschränkt blieb.<br />

Der operative Ablauf läßt sich am besten an den Schädeln aus Peru rekonstruieren, die alle<br />

Stadien der Trepanation aufweisen. E<strong>in</strong>e der Methoden war der sogenannte<br />

Überkreuzungsschnitt, der quadratisch, rechteckig oder dreieckig geführt wurde, <strong>bis</strong> nach<br />

abschließender Glättung e<strong>in</strong> rundes oder ovales Trepanationsloch zurückblieb. Als Instrument<br />

diente e<strong>in</strong> sogenannter Tumi (Abb. 1.1).<br />

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