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FT Symposium Berlin – Themenstrang FSHD-Gliedergürtel LGMD Im

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<strong>FT</strong> <strong>Symposium</strong> <strong>Berlin</strong> <strong>–</strong> <strong>Themenstrang</strong> <strong>FSHD</strong>-<strong>Gliedergürtel</strong> <strong>LGMD</strong><br />

<strong>Im</strong> Rahmen des <strong>FT</strong>-<strong>Symposium</strong> der DGM im Estrel-Hotel <strong>Berlin</strong> fanden die Vorträge und<br />

Diskussionen für den <strong>Themenstrang</strong> <strong>FSHD</strong>/<strong>LGMD</strong> statt.<br />

Schon im Vorfeld gab es einige Erwartungen: wie viele Anmeldungen würde es geben, wie<br />

würde die Veranstaltung angenommen werden, neben den üblichen umfangreichen<br />

Vorbereitungen für einen Event dieser Art.<br />

Die Frage nach den Anmeldungen war bald beantwortet. Es zeigte sich, dass der<br />

<strong>Themenstrang</strong> mit etwa 130 Personen die meisten Interessenten und Betroffenen innerhalb<br />

der geplanten Themenstränge angezogen hatte und damit eine gewisse Solidarität und<br />

Gemeinschaft vermittelte, dass die Summe der im einzelnen seltenen Erkrankungen doch<br />

gar nicht so selten waren, wie angenommen.<br />

Viele waren von weit her angereist, natürlich gab es ebenso einige Teilnehmer, die aus<br />

<strong>Berlin</strong> und der näheren Umgebung kamen. Nach den Willkommensworten von Frau Müller<br />

begann der dreiteilige Ablauf zunächst mit einem Referat von Dr. Schröter, Chefarzt der<br />

neurologischen Abteilung der Reha-Klinik ‚Hoher Meißner‘ in Bad Sooden-Allendorf. Neue<br />

Erkenntnisse bezüglich des Auftretens der einzelnen Muskelerkrankungen zeigten, dass<br />

etwa <strong>FSHD</strong> mit 7 Betroffenen pro 100000 weit häufiger ist als bisher angenommen und damit<br />

zu einem der häufigst gestellten Diagnosen innerhalb der Muskelkrankheiten zählt. In der<br />

Übersicht (die bei weitem nicht alle Erkrankungen erfasste !) wurden auch Merkmale weit<br />

seltenerer Erkrankungen deutlich, die von allen Teilnehmern äußerst interessiert zur<br />

Kenntnis genommen wurden. Der variable Verlauf vieler Muskelerkrankungen verursacht<br />

nicht nur diagnosespezifische Probleme, sondern erschwert den Betroffenen oft auch das<br />

Alltagsleben und die Akzeptanz von vielerlei Seiten.<br />

Genetische Zusammenhänge wurden recht ausführlich behandelt und Zusammenhänge der<br />

einzelnen Erkrankungen zwischen ‚Ablesen‘ vom Genort (Transkription) bis hin zur<br />

(fehlerhaften) Synthese von Proteinen (Translation und Proteinbiosynthese) anschaulich<br />

dargestellt. Die Zusammenhänge zwischen Gendefekten und ihrer Ausprägung sind immer<br />

noch schlecht verstanden und erfordern erhebliches Engagement in der Forschung und<br />

Entwicklung einer Kausaltherapie der Erkrankungen.<br />

<strong>Im</strong> Vordergrund standen jedoch die allgemein zum Teil erheblichen Schwierigkeiten in der<br />

zweifelsfreien Diagnosestellung und damit der Differentialdiagnose.<br />

Viele der MD vom Typ <strong>Gliedergürtel</strong> sind Multisystemerkrankungen, gleichwohl liegen sehr<br />

unterschiedliche Verläufe und Beteiligungen vor, die ebenso variabel sind wie die zugrunde<br />

liegenden Gendefekte. Bei vielen Erkrankungen kommt Schmerz eine besondere Bedeutung<br />

zu, etwa LWS-Probleme bei <strong>FSHD</strong>.<br />

Neben allgemeinen Maßnahmen wurden einige derzeit verfolgte Ansätze zur Therapie<br />

vorgestellt, allen voran molekulargenetische Ansätze wie Gen-Transfers oder Einsatz von<br />

Myostatin, das für die Begrenzung des Muskelwachstums eine Rolle spielt, oder die Rolle<br />

von etwa Ataluren (PTC 124).<br />

Die gesammelten Erkenntnisse wurden untereinander lebhaft ausgetauscht <strong>–</strong> zunächst<br />

mittels Fragen an den Referenten, später untereinander - und waren vielfach<br />

Gesprächsthema beim Essen oder auch danach.


Die im Vortrag von Dr. Schröter bereits zum Teil ausgeführten Punkte, dass Muskelkranke<br />

insbesondere von Bewegungstraining verschiedener Art profitieren, wurden im Vortrag des<br />

zweiten Gastes, der Physiotherapeutin Frau Elke Maron aus <strong>Berlin</strong>, sehr detailliert behandelt<br />

und an Hand von vorliegendem Bild- und Film-Material zum Greifen nah nacheinander<br />

angesprochen und in beeindruckend ansprechender und würdigender Weise an die<br />

agierenden Charaktere präsentiert.<br />

Dabei wurden einige grundsätzliche Punkte deutlich, wie die notwendige Differenzierung<br />

nach Krankheitsdynamik, erforderliche Pausen nach Belastung, Vermeiden anaerober<br />

physiologischer Vorgänge, Anzeichen einer Überbelastung sowie Freude an Bewegung.<br />

Die Bandbreite der zur Verfügung stehenden Maßnahmen reichen von MTT (medizinischer<br />

Trainingstherapie) über einzel- und gruppentherapeutische Maßnahmen, zum Teil im<br />

Wasser, bis zu ergänzenden Wärmebehandlungen, psychologische Unterstützung und<br />

letztlich speziell an die Bedürfnisse des einzelnen angepassten Therapiekonzepte mit dem<br />

Ziel der längst- und bestmöglichen Funktionserhalte der betroffenen Körperpartien.<br />

Bereits die Bezeichnung des Krankheitsbildes <strong>FSHD</strong> legt nahe, dass auch hier mehrere<br />

Organe und Körperteile betroffen sind, die speziell auch die Mimik sowie die Augen betreffen<br />

und somit angepasste physio- und ergotherapeutische sowie ggf. weitere Maßnahmen<br />

erfordern.<br />

Entsprechend müssen auch bei anderen Erkrankungsgruppen spezielle<br />

physiotherapeutische Konzepte entworfen werden, die besondere Aufmerksamkeit und<br />

Rückmeldung sowohl vom Therapeuten an den Betroffenen als auch vom Betroffenen zum<br />

Therapeuten fordern, um ein möglichst gutes Ergebnis zu erzielen. Essentiell sind dabei die<br />

Freude an den Bewegungsabläufen und Vermeidung von Schmerz jeder Art.<br />

Dabei spielen auch ergänzende Maßnahmen wie Wärmebehandlungen aller Art eine große<br />

Rolle. Auch Elektrotherapie und manuelle Lymphdrainagen kommen zur Anwendung. Ist die<br />

Atemmuskulatur betroffen, sind atemerleichternde Stellungen sinnvoll; entsprechende<br />

Techniken sollten erlernt werden.<br />

Bei alledem spielt die Tagesform eine erhebliche Rolle und muss unbedingt berücksichtigt<br />

werden.<br />

Die Therapie ‚im Team‘ von Ergotherapeuten, Logopäden, spezialisierten Ärzten in den<br />

Muskelzentren, Hausärzten, Orthopäden, Neurologen, Psychologen sowie Krankenkassen<br />

und Sanitätshäuser bilden den individuell zusammenzustellenden ‚Mix‘ der erforderlichen<br />

Behandlung Neuromuskulär Erkrankter Menschen.<br />

Besondere Aufmerksamkeit kommt Hilfsmitteln zu, die insbesondere eine <strong>Im</strong>mobilisierung<br />

und drohenden Verlust an Lebensqualität abwenden oder zumindest so lange wie möglich<br />

herauszögen sollen. Dazu gehört auch die Vermeidung einer Pflegebedürftigkeit.<br />

Die Wahl eines geeigneten Physiotherapeuten ist ebenso sensibel und individuell wie die<br />

einer geeigneten Reha-Klinik für eine medizinische Rehabilitation. Die Klinik der Wahl sollte<br />

Erfahrungen mit Muskelkranken haben und der Aufenthalt 4-6 Wochen betragen, um einen<br />

sinnvollen Therapieerfolg zu gewährleisten. In Abständen von 1-2 Jahren sollte möglichst<br />

regelmäßig die Therapie wiederholt werden.


In der anschließenden Fragerunde wurden einige Fragen zur Therapie beantwortet und<br />

unklares weiter ausgeführt. Frau Maron erhielt, ebenso wie Herr Dr. Schröter, ein kleines<br />

Präsent als Zeichen unserer Wertschätzung.<br />

Nach einer weiteren Pause stellte sich im dritten Teil das Thementeam vor. Dabei fand der<br />

ein oder andere Besucher sicherlich Parallelen zur eigenen Krankheitsgeschichte oder<br />

Lebenssituation.<br />

Der versprochene Austausch auf Augenhöhe und die oftmals drängenden Fragen der<br />

Betroffenen wurden so gut wie möglich beantwortet. Es wurde viel diskutiert, Erfahrungen<br />

wurden ausgetauscht und viele Dinge wurden erörtert, so etwa Fragen nach Lebensplanung,<br />

Familie, Ausbildung, Schule und Beruf, politischer Lobby, sozialmedizinische Fragen, und<br />

vieles mehr. Besonderes Interesse galt dem Verhalten und sozialem ‚Spürsinn‘ der<br />

Familienmitglieder <strong>–</strong> zwischen betroffenen Eltern und (gesunden) Kindern bzw. betroffenen<br />

Kindern und gesunden Eltern und einem sozialen Netz der Integration. Das Für und Wider<br />

der Familienplanung bei Menschen mit (drohender) Muskelerkrankung wurde ebenso<br />

diskutiert.<br />

Ein weiterer Punkt von besonderem Interesse war die Ausbildung und berufliche<br />

Orientierung muskelkranker Menschen, die individuell angepasste Beratung einerseits und<br />

eine individuelle Entscheidung der Berufsfindung und des selbstbestimmten Lebens<br />

andererseits.<br />

Dies berührt etwa Fragen nach einem Studium, einem behindertengerechten Arbeitsplatz<br />

sowie der Leistungsfähigkeit des Betroffenen angepassten Arbeitszeit und <strong>–</strong>bedingungen,<br />

Vermeiden von Stress, dem Umsetzen von Gesetzen und Verordnungen wie der UN-<br />

Resolution, dem Gesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen, dem Recht auf Teilhabe<br />

am Berufsleben und vielem mehr<br />

Es wurde lange diskutiert und das offizielle Ende der Veranstaltung markierte nicht das Ende<br />

des individuellen Austausches und der vielen Fragen, die ungeklärt blieben.<br />

Insofern möchte ich weiter zum Austausch insbesondere der diagnosespezifischen Probleme<br />

und damit verbundener Fragen anregen, im Namen des Thementeams und der Deutschen<br />

Gesellschaft für Muskelkranke.<br />

Ein ganz großes Kompliment an alle Mitwirkenden und an ein tolles Publikum, nicht zu<br />

vergessen das Freiburger Organisationsteam der Bundesgeschäftsstelle.<br />

Weitere Informationen im Internet:<br />

www.dgm.org<br />

www.reha-klinik.de<br />

www.elan-physio.de


<strong>Im</strong> Anhang die Beantwortung einiger Fragen, die schriftlich an uns formuliert wurden.<br />

Ein herzliches Dankeschön an Frau Dr. Vollmer sowie Herrn Dr. Schröter.<br />

Frage 1:<br />

<strong>FSHD</strong> und Beatmung<br />

Ich verwende seit kurzem ein Beatmungsgerät für die Nacht. Fast gleichzeitig stellte ich fest,<br />

dass mir das Sprechen immer schwerer fällt.<br />

Hängt dies mit der Beatmung zusammen oder einfach nur mit der verringerten<br />

Leistungsfähigkeit der Atemmuskulatur?<br />

Antwort:<br />

Die erste Frage ist nicht eindeutig zu beantworten. Die Patientin/der Patient muss sich<br />

neurologisch und evtl. HNO-ärztlich untersuchen lassen. Die Sprechstörungen können auch<br />

direkt durch die Gesichtsmuskelschwäche im Rahmen der <strong>FSHD</strong> bedingt sein. Ohne den<br />

Patienten direkt untersucht zu haben, ist eine Klärung leider nicht möglich.<br />

Frage 2:<br />

Ich beginne in Kürze eine Schmerztherapie.<br />

Wie kann ich bei <strong>FSHD</strong> schädigende Überlastungen vermeiden, wenn die Schmerzsignale<br />

fehlen?<br />

Antwort:<br />

Für die Beurteilung der Überlastung ist der Schmerz ein wichtiges Zeichen. Auch unter einer<br />

speziellen Schmerztherapie wird eine Schmerzzunahme eine Möglichkeit der Beurteilung<br />

bringen. Aber auch eine anhaltende Verstärkung der Schwäche über 1 bis 2 Stunden über<br />

die Aktivität hinaus ist ein Hinweis. In diesem Zeitraum sollte sich der Patient wieder erholt<br />

haben. Auch (vermehrt) Muskelkrämpfe können Hinweis auf eine stattgefundene<br />

Überlastung sein.<br />

Frage 3:<br />

Ein Patient mit <strong>LGMD</strong>2a fragt: Ist es möglich, bei meiner Erkrankung ein<br />

Elektrostimulationsgerät für die Muskeln (z.B. Bauchmuskeln) anzuwenden?<br />

Grund: Übergewicht soll nicht nur durch Ernährungsumstellung sondern auch durch<br />

Kalorienverbrauch bekämpft werden. Sportl. Aktivitäten sind wegen der schon stark<br />

eingeschränkten Bewegungsmöglichkeiten bzw. geringer Körperbelastung kaum möglich.<br />

Antwort:<br />

Den Einsatz von Elektrostimulationsgeräten halte ich nicht für sinnvoll. Es erscheinen<br />

gelegentlich mal wissenschaftliche Artikel über den Nutzen bei Muskeldystrophien, aber in<br />

der Praxis hat es sich nicht bewährt. Bis in die 80er Jahre hinein war Elektrotherapie ja sehr<br />

intensiv eingesetzt worden. Auch zum Verbrennen von Fett sind die Geräte nicht effektiv.<br />

Dann würde ich eher versuchen, mit dem Motomed oder Theravital mich zu bewegen. Damit<br />

werden gleich Gelenke durchbewegt, Muskeln aktiviert, ggfs. auch Ödeme mobilisiert, auch<br />

<strong>–</strong> wenn auch im bescheidenen Rahmen <strong>–</strong> Fette verbrannt.


<strong>Im</strong> Laufe der letzten Wochen kam <strong>–</strong> ausgehend von den o.g. Fragen - die Idee auf, eine<br />

ständige Rubrik mit häufigen Fragen Muskelkranker zu verschiedenen Themen im<br />

Muskelreport einzurichten. Die positive Resonanz darauf darf ich als Aufruf verstehen,<br />

unsere Leserinnen und Leser zu ermuntern, mich beim fachlichen Gestalten dieser Rubrik zu<br />

unterstützen.<br />

Herzlichen Dank für Ihre Meinungen.<br />

Bruno Kugel

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