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D<br />

Tryavna - die alte<br />

Stadt<br />

Bild - Mariana<br />

Erdödy-Kalinova<br />

Tryavna - ein Fest<br />

in den 40-er Jahren<br />

ie Grün<strong>der</strong> <strong>der</strong> alten Schule kommen aus <strong>der</strong> Familie Vitanov – aus<br />

<strong>der</strong>selben, mütterlicherseits, stamme auch ich. Mein Großvater Kancho<br />

Kamburov war ein angesehener Mann <strong>und</strong> Bürgermeister von Trayvna<br />

in den Jahren 1940 bis 1945. In s<strong>eine</strong>r Fabrik produzierte er meisterhaft<br />

geschnitzte Möbel.<br />

Allerdings bin ich zum ersten Mal hier. Nun kann ich den Ort kennen<br />

lernen, wo m<strong>eine</strong> Urahnen gelebt <strong>und</strong> gearbeitet haben. Den Besuch<br />

empfi nde ich als ein Symbol für mein Dankeschön. Das schulde ich den<br />

namhaft en Ikonenmalern des Vitanov Geschlechts, von denen ich m<strong>eine</strong><br />

Gabe geerbt habe. Ohne mir viele Gedanken darüber zu machen, lebt<br />

ihre Tradition in den Farben <strong>und</strong> Motiven m<strong>eine</strong>r Bil<strong>der</strong> weiter.<br />

Ich gehe die Kopfsteinpfl asterstraße im historischen Zentrum von<br />

Tryavna ent<strong>lang</strong>, die traditionellen Häuser mit klopfenden Herzen betrachtend.<br />

Nach dem Uhrturm <strong>und</strong> <strong>der</strong> alten Steinbrücke erreiche ich<br />

das Haus Daskalov, ein denkmalgeschütztes Haus <strong>und</strong> Kulturerbe Bulgariens.<br />

Erbaut von 1804 bis 1808 für Hadj 1 Christo Daskalov – <strong>eine</strong>n<br />

vermögenden Händler für Rosenöl 2 <strong>und</strong> Seide – stellt dieses Haus das bedeutendste<br />

Bauwerk aus <strong>der</strong> Periode <strong>der</strong> Bulgarischen Wie<strong>der</strong>geburt 3 dar.<br />

Zwei Künste – Architektur <strong>und</strong> Holzschnitzerei – verewigen das<br />

Geschick des Meisters Dimiter Oshanetza <strong>und</strong> s<strong>eine</strong>s Gehilfen<br />

Ivan Botshukowetza. Die Legende besagt, dass beide sechs Monate<br />

4 an ihrem Werk gearbeitet haben. In zwei Zimmern des<br />

Hauses sch<strong>eine</strong>n von den holzgeschnitzten Decken zwei Sonnen<br />

herab: die <strong>eine</strong> glühend, Symbol <strong>der</strong> Jugend, <strong>und</strong> die an<strong>der</strong>e<br />

wärmend, Symbol für Weisheit <strong>und</strong> Reife. Zusammen mit Exponaten<br />

<strong>der</strong> Kirchen- <strong>und</strong> Hausgestaltung beherbergt das einzige<br />

Museum für Schnitzkunst in Bulgarien <strong>eine</strong> Sammlung <strong>der</strong><br />

einzigartigen Werke des Holzschnitzmeisters Gentcho Maran-<br />

bulgaren in österreich • 12/2007-01/2008<br />

Ein Nachkomme <strong>der</strong> Familie Vitanov<br />

Von <strong>der</strong> alten Hauptstadt Tarnovo in Richtung m<strong>eine</strong>r Geburtstadt Plovdiv führt<br />

<strong>der</strong> Weg ent<strong>lang</strong> <strong>der</strong> Klamm des Jantra Flusses. Hier mache ich <strong>eine</strong>n Abstecher <strong>und</strong><br />

halte in Tryavna an – <strong>eine</strong> kl<strong>eine</strong> Stadt an <strong>eine</strong>m nördlichen Berghang des Balkans.<br />

Die Stadt ist berühmt für ihre Schule für Holzschnitzkunst <strong>und</strong> Ikonenmalerei.<br />

gosov. Der Nachname kommt mir bekannt vor, dann fällt mir<br />

plötzlich ein, dass bei uns in Graz ein Mitglied dieser Familie<br />

lebt – Frau Margarita Marangosova, <strong>eine</strong> Architektin. Da denke<br />

ich mir: nicht von ungefähr kommt das Sprichwort „Der Apfel<br />

fällt nicht weit vom Stamm“.<br />

Der Anblick <strong>der</strong> im Museum <strong>der</strong> Stadtkirche aufb ewahrten<br />

Werke m<strong>eine</strong>r Ahnen ist rührend für mich. Die Kirche heißt<br />

Hl. Erzengel Michael <strong>und</strong> stammt aus dem Ende des 12. Jh.<br />

Damals <strong>wurden</strong> in <strong>der</strong> Gegend noch zwei Kirchen gleichen Namens<br />

gebaut. Beide sind heute Kloster: das <strong>eine</strong> befi ndet sich<br />

im Dorf Prissovo (Prissovo Kloster), das an<strong>der</strong>e ist nahe <strong>der</strong><br />

Stadt Drjanovo (Drjanovo Kloster). Alle Drei Bauten sind dem<br />

Sieg des Hauses Asen 5 über den byzantinischen Kaiser Isaak II<br />

Angelos im Winter 1190 gewidmet.<br />

In <strong>der</strong> Periode <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>geburt wurde die Tryavnaer Kirche<br />

zum Mittelpunkt regen geistigen Lebens. Deshalb beschlossen<br />

Text: Mariana Erdödy-Kalinova<br />

Übersetzung: Krasimira Plachetzky<br />

angesehene Bürger von Tryavna – ohne Wissen des damaligen türkischen<br />

Bezirkshauptmann Feizi Aga – mit gesammelten Gel<strong>der</strong>n den Bau <strong>eine</strong>r<br />

neuen größeren Kirche in Auft rag zu geben. Mit Hilfe von Bestechungen<br />

<strong>und</strong> Schlauheit wurde das Bauverbot für Kirchen umgangen. Die Mauern<br />

<strong>der</strong> neu gebauten Kirche <strong>wurden</strong> dann durch angezündete Strohbuschen<br />

als alt getarnt. Auch jetzt fällt die Kirche nicht gleich ins Auge. Mit den<br />

tief in die Erde eingegrabenen Mauern 6 sieht man vom Hauptplatz nur das<br />

Dach mit den typischen Steinplatten <strong>und</strong> dem hölzernen Glockenturm.<br />

Niemand würde vermuten, welch <strong>eine</strong> Schönheit sich im Inneren versteckt:<br />

vom meisterhaft geschnitzten Altar, <strong>der</strong> vom damaligen Pfarrer <strong>und</strong><br />

ruhmreichen Meister Papa Vitan Zonjuv mit Hilfe von Papa Vitan dem<br />

Jungen angefertigt wurde, bis zum Bischofsstuhl, <strong>der</strong> reich an Holzschnitzornamenten<br />

verziert ist. . Im letzten werden verschiedene Stilrichtungen<br />

harmonisch vereint: Barock, Rokoko wie auch Empire <strong>und</strong> Louis XVI.<br />

Die Altarikonen stammen ebenfalls von den Vitanovs: Die heilige Mutter<br />

Gottes Odigitria (die Wegweiserin) ist von Papa Vitan, die restlichen Ikonen<br />

sind Werke s<strong>eine</strong>s Sohnes Joanikij Papa Vitanov <strong>und</strong> s<strong>eine</strong>s Bru<strong>der</strong>s,<br />

Simeon Zonjuv.<br />

Im Jahr 1865 wurde zum ersten Mal in Tryavna <strong>der</strong> Tag <strong>der</strong> Heiligen<br />

Brü<strong>der</strong> Cyrill <strong>und</strong> Method 7 gefeiert. Zu diesem Anlass bestellte man <strong>eine</strong><br />

Ikone. Dieselbe wurde von Zonju Simeonov gemalt, <strong>der</strong> sich von <strong>der</strong> im<br />

Jahr 1864 in Wien gedruckten Lithographie inspirieren ließ. Die Ikone hat<br />

<strong>eine</strong>n prächtigen Holzrahmen <strong>und</strong> stellt zwei historische Szenen dar: Knjaz<br />

Boris 8 empfängt das Sakrament <strong>der</strong> Taufe <strong>und</strong> die Predigt an das bulgarische<br />

Volk.<br />

Im Stadtviertel Tepawitzite steht das gut erhaltene Haus des Popen Koju<br />

Vitanov. Das Gebäude gehört <strong>der</strong> bulgarischen Kammer <strong>der</strong> Architekten.<br />

Ich habe das Glück, dort übernachten zu dürfen <strong>und</strong> am nächsten Morgen<br />

die unberührte Schönheit des Laubwaldes in <strong>der</strong> Umgebung zu genießen.<br />

Der schöpferische Geist <strong>der</strong> Familie lebt nicht nur in den wertvollen Ikonostasen<br />

<strong>und</strong> zahlreichen Sammlungen, son<strong>der</strong>n in ihren Nachfahren weiter.<br />

Viele von uns leben im Ausland <strong>und</strong> arbeiten als Künstler, Designer,<br />

Musiker o<strong>der</strong> Lehrer. Der große Name verpfl ichtet jedoch unser Land würdig<br />

zu vertreten. Dass wir stolz sind auf die bulgarische Kunst, Quelle unserer<br />

Inspiration <strong>und</strong> Selbstwertgefühls, brauche ich nicht zu erwähnen. �<br />

1. steht für Pilger <strong>und</strong> hatte<br />

<strong>eine</strong>n Titelgebrauch.<br />

2. Im Großhandel kostet ein<br />

Kilogramm echtes bulgarisches<br />

Rosenöl über 5000 €. Bulgarien<br />

produziert immer noch 80% des<br />

Rosenöls weltweit.<br />

3. Mitte 18 Jh. bis Ende 19 Jh.<br />

4. vom Gedenktag des Heiligen<br />

Georg 23. April bis zum 26. Oktober,<br />

Heiligen Dimitri<br />

5. das Haus Asen ist ein bulgarisches<br />

Herrschergeschlecht<br />

6. laut Gesetz durft en die Kirchen<br />

nicht höher als ein berittener<br />

türkischer Soldat sein<br />

7. Cyrill <strong>und</strong> Method werden<br />

als Entwickler des kyrillischen<br />

Alphabets in Bulgarien gefeiert<br />

8. ein bulgarischer Fürst, bekannt<br />

für die Christianisierung<br />

s<strong>eine</strong>r Untertanen<br />

DAS UNBEKANNTE BULGARIEN<br />

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