medium gas | 2010.2 - VNG Verbundnetz Gas AG
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<strong>medium</strong> <strong>gas</strong><br />
<strong>2010.2</strong><br />
Das Magazin für die Kunden und Partner der <strong>VNG</strong>-Gruppe | 19. Jahrgang | 2. Ausgabe | Juli/August 2010<br />
Schwerpunkt: Eine Stadt voll Energie<br />
Im Fokus<br />
Energie der Zukunft –<br />
Quo vadis, Kommune?<br />
Seite 28<br />
Stadt der Zukunft<br />
Masdar City – die umweltfreundlichste<br />
Stadt der Welt<br />
Seite 38<br />
Erd<strong>gas</strong>technologie<br />
Kommunen und <strong>VNG</strong> arbeiten gemeinsam<br />
an Energiekonzepten für die Zukunft<br />
Seite 42
2<br />
Inhalt<br />
AKTuEll<br />
4 <strong>VNG</strong> wächst kräftig<br />
6 Aktuelle Nachrichten<br />
aus der Energiewirtschaft<br />
und Energiepolitik<br />
MARKT<br />
10 Stadtwerke Aschersleben<br />
„Natur findet Stadt“<br />
Stadtwerke sind Hauptsponsor<br />
der Landesgartenschau.<br />
16 Transportlogistik<br />
Regelenergie sorgt für<br />
Ausgleich im Netz<br />
Dagmar Krauße erklärt die<br />
neue Regelenergieplattform<br />
von GASPOOL.<br />
18 24-h-Rennen<br />
Die Hölle ist grün<br />
Scirocco gewinnt auf Nürburgring<br />
– angetrieben von Erd<strong>gas</strong><br />
und Bioerd<strong>gas</strong>.<br />
20 Interview<br />
Bioerd<strong>gas</strong> ist der „hidden champion“<br />
Im Gespräch mit Dr. Timm Kehler<br />
Impressum<br />
Markt<br />
Aktuell<br />
Schwerpunkt<br />
21 Aus der Praxis<br />
Aktuelle Feldtests mit<br />
Erd<strong>gas</strong>techniken<br />
Branche testet neue Techniken.<br />
22 Erd<strong>gas</strong>-Brennwerttechnik<br />
belegt erneut Spitzenplatz im<br />
deutschen Heizungsmarkt<br />
22 Erd<strong>gas</strong>-E-Klasse feiert Premiere<br />
22 Neuer Partner für Kraftpaket.plus<br />
23 Großer Erfolg für Brennwert.plus<br />
23 Neues Mikro-BHKW vorgestellt<br />
23 <strong>VNG</strong> bietet Schulung zur<br />
Gesetzesnovellierung<br />
24 Mit dem Rad durchs Münsterland<br />
– kein Reisebericht!<br />
25 Veranstaltungen im nächsten Quartal<br />
SCHWERpuNKT:<br />
EINE STADT Voll ENERGIE<br />
28 Im Fokus<br />
Energie der Zukunft –<br />
Quo vadis, Kommune?<br />
So gestalten acht deutsche<br />
Kommunen schon heute ihre<br />
Energieversorgung der Zukunft.<br />
Unser Titelmotiv:<br />
Leipzig ist eine Stadt voll Energie – hier spiegelt<br />
sich die sächsische Metropole im GuD-Kraftwerk<br />
der Stadtwerke Leipzig. Foto: Dirk Brzoska<br />
38 Stadt der Zukunft<br />
Masdar City – die umweltfreundlichste<br />
Stadt der Welt<br />
In der Wüste von Abu Dhabi<br />
entsteht ein Silicon Valley für<br />
erneuerbare Energien.<br />
41 Illustration<br />
42 Erd<strong>gas</strong>technologie<br />
Kommunen und <strong>VNG</strong> arbeiten<br />
gemeinsam an Energiekonzepten<br />
für die Zukunft<br />
Jüngstes Projekt ist die Markteinführung<br />
eines neuen<br />
Micro-BHKWs der Firma Kirsch.<br />
uMSCHAu<br />
44 Im Porträt<br />
Markscheider – Vermesser unter Tage<br />
<strong>medium</strong> <strong>gas</strong> stellt den <strong>VNG</strong>-Markscheider<br />
Stefan Kalch und seine Arbeit vor.<br />
47 Ein Wort aus: Warschau<br />
Ansturm auf Shale-<strong>Gas</strong> in polen<br />
Neue <strong>Gas</strong>vorkommen könnten die<br />
Energieunabhängigkeit des Landes<br />
sichern.<br />
<strong>medium</strong> <strong>gas</strong> Das Magazin für die Kunden und Partner der <strong>VNG</strong>-Gruppe | <strong>VNG</strong> – <strong>Verbundnetz</strong> <strong>Gas</strong> Aktiengesellschaft | Braunstraße 7 | 04347 Leipzig | Postfach 24 12 63<br />
04332 Leipzig | Tel. 0341 443-0 | Fax 0341 443-2057 | www.vng.de | Redaktion Unternehmenskommunikation | Verantwortliche Redakteurin Mandy Nickel<br />
Tel. 0341 443-2045 | mandy.nickel@vng.de | Redaktionsbeirat Helge Andrä, Tino Falley, Mike Diekmann, Christian Dubiel, Bernhard Kaltefleiter, Siegbert Ketelhut,<br />
Kerstin Kietzke, Dr. Stephan Krein, Heinz Möller, Birgit Reiss, Winfried Becker, Olaf Schneider, Jan Schuster, Lydia Schuster, Susann Surma Redaktionsschluss<br />
für diese Ausgabe 30.06.2010 | für die nächste Ausgabe 14.09.2010 | Auflage 4 200 | Gestaltung, Herstellung Militzer & Kollegen GmbH | Reproduktion und Druck<br />
Scan Color Leipzig GmbH | Fotos wenn nicht anders angegeben <strong>VNG</strong> | Foto Titelseite Dirk Brzoska.<br />
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48 Weltwirtschaft<br />
Vom umgang mit Rohstoffen<br />
Das Angebot an Mineralen und<br />
Metallen wird langsam knapp –<br />
ein ressourcenschonender Umgang<br />
mit ihnen ist daher wichtig.<br />
54 Nachgefragt<br />
Ein Fall für Charlotte<br />
Honigbiene Charlotte – das Maskottchen<br />
der <strong>VNG</strong> Norge – beantwortet<br />
Ihre Fragen zum E&P-Geschäft.<br />
56 Technik I<br />
per Anhalter durch die pipeline<br />
<strong>medium</strong> <strong>gas</strong> war bei der Molchung<br />
einer eigentlich nicht-molchbaren<br />
Leitung dabei.<br />
58 Technik II<br />
10 Dinge, an denen Sie einen<br />
Inspektionsmolch ganz sicher<br />
erkennen können<br />
Eine nicht ganz ernstgemeinte<br />
Einführung in die Molchtechnik.<br />
FEATuRE<br />
umschau<br />
Feature<br />
60 10 Gründe, die sächsische Landeshauptstadt<br />
Dresden zu besuchen<br />
62 Die Narrative Figuration im Werk<br />
von Heinz Knoke<br />
66 Knoke-Ausstellung bei <strong>Gas</strong>unie<br />
Deutschland – Kunst im Zeichen<br />
des Pelikans<br />
Editorial<br />
Liebe Leserinnen und Leser,<br />
<strong>medium</strong> <strong>gas</strong> | <strong>2010.2</strong><br />
es wird die wohl größte Weltausstellung aller<br />
Zeiten – mit erwarteten 70 Millionen Besuchern.<br />
Das Thema der Expo 2010 in Shanghai ist noch<br />
bis zum 31. Oktober 2010: „Better City, Better<br />
Life“. Eine bessere Stadt, in der es sich besser<br />
leben lässt – als Entwurf für die Zukunft. Nach-<br />
haltigkeit ist eines der zentralen Themen. Das<br />
gilt nicht nur für die Megametropolen, sondern<br />
auch im kleineren Maßstab für andere Städte<br />
und Kommunen.<br />
Ihr Bernhard Kaltefleiter<br />
Bernhard Kaltefleiter,<br />
35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68<br />
3<br />
Leiter Unternehmenskommunikation<br />
Auch in der Kommunalpolitik wird Nachhaltigkeit mehr und mehr zum zentralen<br />
Leitbild. Dabei geht es nicht nur um Schonung der Ressourcen und Klimaschutz,<br />
sondern auch um handfeste ökonomische Interessen. Wer Energie spart, schont<br />
eben auch den kommunalen Haushalt. Immerhin sind auch Städte und Gemein-<br />
den große Energieverbraucher. Darüber hinaus schafft das Engagement für die<br />
Umwelt auch Arbeitsplätze. Rund 2 Millionen Menschen arbeiten in Deutschland<br />
in diesem Bereich – allein 280 000 im Bereich der erneuerbaren Energien.<br />
Eine Stadt voll Energie ist der Schwerpunkt des aktuellen <strong>medium</strong> <strong>gas</strong>. Nach<br />
Meinung vieler ist die Energienutzung der Zukunft ein zentrales Thema für<br />
Kommunen. Dreh- und Angelpunkt sind aus dieser Perspektive alle Fragen im<br />
Zusammenhang mit einer nachhaltigen kommunalen Energiepolitik. Deshalb<br />
sollten die Schlüsselposition der Städte und Gemeinden und ihre Potenziale<br />
durch die EU, den Bund und die Länder noch stärker unterstützt werden. Der<br />
Städte- und Gemeindebund erklärte dazu: „Die ökologische Infrastruktur wird<br />
die Qualität und das Profil einer Kommune und einer Region zunehmend prägen.<br />
Kommunen und ihre Stadtwerke sind hierbei zentrale Akteure.“<br />
Die Kommunen haben aufgrund ihrer Aufgaben ein hohes Interesse an einer<br />
sicheren, nachhaltigen und bezahlbaren Versorgung ihrer Bürger mit Energie.<br />
Für <strong>VNG</strong> gilt das gleiche Prinzip, deshalb arbeiten wir mit unseren kommunalen<br />
Partnern stets verlässlich und eng zusammen. Uns eint dabei ein Ziel: die<br />
sichere Energieversorgung auch in der Zukunft. Dazu bieten wir individuelle<br />
Lieferkonzepte und Beratung bei der kommunalen Versorgung, gemeinsame<br />
Projekte bei erneuerbaren Energien, gemeinsame Feldtests für neue Erd-<br />
<strong>gas</strong>technologien. Und es geht dabei auch immer um enge Partnerschaft und<br />
gegenseitige Unterstützung.<br />
Was auch immer die Weltausstellung in Shanghai zum Thema Nachhaltigkeit<br />
bringen mag … „Better City, Better Life“ – gemeinsam mit den Kommunen setzen<br />
wir dieses Expo-Motto schon heute um.
4 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature<br />
Bilanz 2009<br />
<strong>VNG</strong> wächst kräftig<br />
v. l.: Michael Ludwig (Vorstand <strong>Gas</strong>beschaffung), Klaus-<br />
Dieter Barbknecht (Vorstand Kaufmännisches/Personal),<br />
Prof. e. h. Dr.-Ing. Klaus-Ewald Holst (Vorstandsvorsitzender)<br />
und Uwe Barthel (Vorstand <strong>Gas</strong>verkauf/Technik).<br />
2009 hat <strong>VNG</strong> zwei neue Rekordmarken bei Gewinn und Absatz aufgestellt.<br />
Das verkündete der drittgrößte deutsche Erd<strong>gas</strong>importeur anlässlich seiner<br />
Bilanzpressekonferenz.<br />
Nach Aussagen von Vorstandschef Prof. e. h.<br />
Dr.-Ing. Klaus-Ewald Holst erzielte <strong>VNG</strong> einen<br />
Überschuss von 169,9 Mio. Euro. Das entspricht<br />
einer Steigerung von mehr als 20 Prozent gegen-<br />
über 2008. Der Absatz erhöhte sich im zwölften<br />
Jahr in Folge auf jetzt 183 Mrd. Kilowattstunden.<br />
Das sind 6,8 Prozent mehr als im vorletzten Ge-<br />
schäftsjahr. Dr. Holst betonte die Bedeutung<br />
dieser Zahlen, denn <strong>VNG</strong> wächst kräftig trotz eines<br />
Bedarfsrückgangs bei europäischem Erd<strong>gas</strong> und<br />
trotz steigenden Wettbewerbs.<br />
Auslandsmärkte legen deutlich zu<br />
Einen deutlichen Bedeutungszuwachs verzeichne-<br />
ten 2009 die Vertriebsbüros im Westen Deutsch-<br />
lands. Auch die Geschäfte im Ausland sind zu<br />
Prof. e. h. Dr.-Ing. Klaus-Ewald Holst zur Vertriebsstrategie: „Bestandteil<br />
unseres Vertriebskonzeptes ist die Nähe zu unseren Kunden.<br />
Ich meine damit nicht nur die räumliche Nähe, sondern auch die<br />
mentale Seite, also das Verständnis, was unsere Kunden treibt.<br />
Wir können sie so besser als Partner bei den täglichen Fragen der<br />
Erd<strong>gas</strong>anwendung unterstützen. Wir verstehen so auch besser,<br />
welche Konzepte für die jeweilige Region am besten passen. Nur so<br />
können maßgeschneiderte Lösungen überhaupt entstehen.“<br />
einer zusätzlichen<br />
Säule für das Un-<br />
ternehmengewor- den. Der Anteil des<br />
Auslandsgeschäfts<br />
hat das erste Mal in<br />
der Geschichte von<br />
<strong>VNG</strong> die Schwelle<br />
von zehn Prozent überschritten und erreichte<br />
2009 11 Prozent (2008 neun Prozent). Dazu haben<br />
insbesondere die Aktivitäten auf dem polnischen<br />
und auf dem italienischen Markt beigetragen. Die<br />
Foto: Dirk Brzoska<br />
Chancen auf den Spot- und Terminmärkten wurden<br />
ebenfalls genutzt, der Kurzfristhandel steht mitt-<br />
lerweile für 12 Prozent des <strong>VNG</strong>-Absatzes.<br />
Diversifizierung des Erd<strong>gas</strong>bezugs<br />
Auch für den Einkauf von Erd<strong>gas</strong> hat sich <strong>VNG</strong><br />
stärker auf den Spot- und Terminmärkten enga-<br />
giert. Im Geschäftsjahr 2009 hat sich ihr Anteil<br />
an der <strong>Gas</strong>beschaffung auf 22 Prozent verdoppelt<br />
und liegt auf etwa gleicher Höhe wie das Erd<strong>gas</strong><br />
aus norwegischen Quellen oder von inländischen<br />
Anbietern. Wichtigster Lieferant bleibt Russland<br />
mit einem Anteil von 35 Prozent. „Auf den Be-<br />
schaffungsmärkten herrschte 2009 eine überaus<br />
große Dynamik, die wir genutzt haben“, erklärt<br />
Dr. Holst und ergänzt: „Es ist die große Kunst,<br />
die Beschaffung von Erd<strong>gas</strong> und den Verkauf<br />
von Erd<strong>gas</strong> miteinander in Einklang zu bringen.<br />
Nur wenn es uns gelingt, zu guten Konditionen<br />
die richtigen Mengen zum richtigen Zeitpunkt<br />
einzukaufen, können wir unseren Kunden in Verbindung<br />
mit unseren Dienstleistungsangeboten<br />
konkurrenzfähige Konditionen bieten.“<br />
Großer Schritt zur Eigenproduktion<br />
Bei den Bemühungen, auch eigene Quellen zu<br />
erschließen, ist <strong>VNG</strong> 2009 einen großen Schritt<br />
vorangekommen. Seit 2006 ist <strong>VNG</strong> in Norwegen<br />
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Uwe Barthel zur Absatzentwicklung:<br />
„Wir haben im angestammten<br />
Marktgebiet der<br />
ONTRAS in den letzten Jahren<br />
wettbewerbsbedingt rund ein<br />
Viertel unseres Absatzes verloren.<br />
Alle unsere Stammkunden<br />
konnten wir aber halten.<br />
Zum Teil stellen unsere Kunden<br />
ihr Einkaufsportfolio breiter<br />
auf. Dies ist eine im Wettbewerb<br />
übliche Entwicklung.<br />
Starken Absatzzuwachs haben wir dagegen in unseren west-<br />
und süddeutschen Regionen und im Auslandsgeschäft erzielt. In<br />
den kommenden Jahren wird es unsere wichtigste Aufgabe sein,<br />
Kunden und potenziellen Kunden auch weiterhin als verlässlicher<br />
Partner zur Seite zu stehen und ihnen vielfältige Möglichkeiten<br />
einer innovativen, bedarfsgerechten und wettbewerbsorientierten<br />
<strong>Gas</strong>beschaffung zu bieten.“<br />
mit einer eigenen Tochtergesellschaft aktiv, im<br />
vergangenen Jahr wurde die Endeavour Energy<br />
Norge AS übernommen und mit der existierenden<br />
<strong>VNG</strong> Norge AS verschmolzen. Darüber hält <strong>VNG</strong><br />
aktuell Anteile an 25 Lizenzen auf dem norwe-<br />
gischen Kontinentalschelf, darunter an zwei bereits<br />
produzierenden Feldern.<br />
Bioerd<strong>gas</strong> ergänzt portfolio<br />
Vorangetrieben wurden auch die Aktivitäten zum<br />
Vertrieb von Bioerd<strong>gas</strong>. Es wird ausschließlich aus<br />
nachwachsenden Rohstoffen und biologischen<br />
Abfällen gewonnen und kann damit zu einer noch<br />
nachhaltigeren Energieversorgung in Deutschland<br />
beitragen. Dr. Holst sieht aber noch Hemmnisse:<br />
„Leider beeinträchtigen die derzeitigen gesetzlichen<br />
Regelungen, beispielsweise im Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz<br />
oder die <strong>Gas</strong>netzzugangsverordnung<br />
die Wettbewerbsfähigkeit<br />
von Bioerd<strong>gas</strong> erheblich.“ Hier müssten noch die<br />
geeigneten Anreize gesetzt werden.<br />
Michael Ludwig zur Steigerung<br />
der Handelsmengen auf<br />
den Spot- und Terminmärkten:<br />
„Bei einem steigenden Absatz<br />
und niedrigen Preisen auf den<br />
Spot- und Terminmärkten war<br />
es für <strong>VNG</strong> notwendig, sich<br />
Erd<strong>gas</strong> an den europäischen<br />
Handelspunkten zu beschaffen.<br />
Ab dem Zeitpunkt, zu dem<br />
die Öl- und <strong>Gas</strong>preise wieder<br />
enger zusammen laufen oder<br />
die Liquidität an den Handelspunkten nachlässt, kann sich der<br />
Anteil des an den Spot- und Terminmärkten beschafften <strong>Gas</strong>es<br />
im Portfolio der <strong>VNG</strong> aber auch wieder verringern.“<br />
<strong>medium</strong> <strong>gas</strong> | <strong>2010.2</strong><br />
Mitarbeiterzahl wächst – Aktionäre profitieren<br />
von unternehmenserfolg<br />
Das Wachstum der <strong>VNG</strong> <strong>AG</strong> schlägt sich in steigenden<br />
Mitarbeiterzahlen nieder. Die Belegschaft<br />
in der <strong>AG</strong> legte per 31.12.2009 um zehn Prozent<br />
auf 697 Beschäftigte zu. Auch die Aktionäre werden<br />
nach Beschluss der Hauptversammlung vom<br />
18. Mai 2010 angemessen beteiligt. Die Ausschüttung<br />
für 2009 beläuft sich auf 105 Millionen Euro.<br />
Die Steigerung um 9,4 Prozent liegt somit unter<br />
dem Gewinnzuwachs und sichert dem Unternehmen<br />
ausreichendes Kapital für Zukunftsinvestitionen.<br />
Für die zehn kommunalen Aktionäre, die<br />
25,79 Prozent an <strong>VNG</strong> halten, ist die Ausschüttung<br />
der Dividende gleichzeitig eine wichtige Stütze<br />
in der aktuellen schwierigen Haushaltssituation<br />
vieler Städte und Gemeinden.<br />
positiver Ausblick<br />
„Wir haben uns 2009 nicht nur dem Wettbewerb<br />
gestellt, wir konnten ihn auch für unsere Kunden<br />
durch günstige Angebote und für unser Unternehmen<br />
durch neue Absatz- und Beschaffungswege<br />
nutzen“, so lautete das positive Fazit von<br />
Dr. Holst.<br />
Auch in Zukunft sieht er daher ein erhebliches<br />
Marktpotenzial für Erd<strong>gas</strong> und für <strong>VNG</strong>: „Trotz der<br />
großen Pläne bei<br />
den erneuerbaren Klaus-Dieter Barbknecht zum Ausblick auf 2010: „Ob es <strong>VNG</strong> auch<br />
2010 gelingt, ein neues Rekordergebnis aufzustellen, hängt sehr<br />
Energien wird Erd-<br />
stark von Marktsituationen ab. Die Voraussage heute wäre daher<br />
<strong>gas</strong> weiter unver- ein wenig vermessen. Wir bemühen uns natürlich, das Beste auch<br />
zichtbar für die in 2010 zu geben.“<br />
Energiesicherheit<br />
bleiben. Es muss seinen Platz als Wunschenergie<br />
Nr. 1 zurückgewinnen. Und dazu müssen wir uns<br />
und unser Angebot an die Kunden immer weiterentwickeln<br />
und die unbestreitbaren energetischen,<br />
ökonomischen und ökologischen Vorzüge unseres<br />
Produkts immer wieder deutlich machen.“ Holst<br />
sieht gerade <strong>VNG</strong> mit dem Engagement in der zukunftsträchtigen<br />
dezentralen Energieversorgung<br />
durch Mini- und Mikro-Blockheizkraftwerke oder<br />
im jungen Markt für Bioerd<strong>gas</strong> gut gerüstet.<br />
Alle Informationen zur Bilanzpressekonferenz 2010 finden Sie im Internet von <strong>VNG</strong><br />
(Bereich presse/Mediathek). Dort können Sie auch den aktuellen Geschäftsbericht<br />
herunterladen oder bestellen.<br />
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6 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature<br />
<strong>VNG</strong> und ONTRAS als familienbewusstes<br />
Unternehmen gewürdigt<br />
<strong>VNG</strong> und ONTRAS sind familienbewusste Unternehmen. Das hat<br />
die berufundfamilie gGmbH, eine Initiative der Gemeinnützigen<br />
Hertie-Stiftung, mit dem Zertifikat zum „audit berufundfamilie“<br />
bestätigt. Bundesfamilienministerin Dr. Kristina Schröder und<br />
Peter Hintze, Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium,<br />
überreichten gemeinsam die Urkunde in Berlin.<br />
Das Qualitätssiegel „audit berufundfamilie“ würdigt die familienbewusste<br />
Personalpolitik des Leipziger Arbeitgebers<br />
und ist gleichzeitig auf deren kontinuierliche Verbesserung<br />
ausgerichtet. Für die Zertifizierung, die bereits 2009 erfolgte<br />
und nun offiziell bestätigt wurde, wurden alle Maßnahmen<br />
aufgenommen, die schon heute den Beschäftigten jeden Tag<br />
dabei helfen, die Ansprüche von Beruf und Familie erfolgreich<br />
miteinander zu vereinbaren. <strong>VNG</strong> bietet zum Beispiel flexible<br />
Arbeitszeitregelungen und fördert die Gesundheit der Mitarbeiter<br />
durch ein umfangreiches betriebliches Programm. Im Rahmen<br />
des Verfahrens wurden aber auch Bedürfnisse der <strong>VNG</strong>-Mitarbeiter<br />
erfasst, bei denen noch mehr Unterstützung möglich wäre.<br />
„Die familiären Interessen beeinflussen die Karriereplanung<br />
immer selbstverständlicher“, erklärt Klaus-Dieter Barbknecht,<br />
Chemnitzer Oberbürgermeisterin Barbara<br />
Ludwig, Uwe Barthel – <strong>VNG</strong>-Vorstand<br />
<strong>Gas</strong>verkauf/Technik und Superintendent<br />
a. D. Christoph Magirius. Foto: <strong>VNG</strong>/Rolf Seyboldt<br />
projekte<br />
Mauerfälle auf Tour in Chemnitz und München<br />
Nach dem Start der Bildungstour<br />
„Mauerfälle“ im März auf der Leipziger<br />
<strong>VNG</strong>-Vorstand Kaufmännisches/Personal. „Es ist Teil unserer<br />
Unternehmenskultur, unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern<br />
ein ausgewogenes Verhältnis von Berufs- und Privatleben<br />
zu ermöglichen. Das ist die Basis für Leistungsfähigkeit und<br />
Engagement“, so Barbknecht weiter.<br />
<strong>VNG</strong> und ONTRAS erhielten das begehrte Zertifikat; v. l.: Peter Hintze (Parlamentarischer<br />
Staatssekretär), Ute Herold (Leiterin Führungskräfte & Grundsätze bei<br />
<strong>VNG</strong>), Ralph Bahke (Geschäftsführer der ONTRAS – <strong>VNG</strong> <strong>Gas</strong>transport GmbH)<br />
und Dr. Kristina Schröder (Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und<br />
Jugend). Foto: berufundfamilie gGmbH<br />
Buchmesse machte die Ausstellung<br />
vom 12. bis 25. Mai im Industriemuseum<br />
in Chemnitz und vom 7. bis<br />
12. Juni im Olympia-Einkaufszentrum<br />
München halt.<br />
Die Chemnitzer Oberbürgermeisterin<br />
Barbara Ludwig und Uwe Barthel,<br />
<strong>VNG</strong>-Vorstand <strong>Gas</strong>verkauf/Technik,<br />
eröffnen mit dem Chemnitzer Ehren- Der Leipziger Pfarrer Stephan Bickhardt unterzeichnet das Mauerbürger<br />
und Superintendenten a. D.<br />
Christoph Magirius die <strong>VNG</strong>-Ausstelsegment.<br />
Foto: <strong>VNG</strong>/Dirk Brzoska<br />
lung „Mauerfälle“. Nach der Enthüllung des Mauersegments hatte Christoph Magirius, der<br />
1989 Mitinitiator der „Runden Tische“ war, dieses Kunstwerk signiert.<br />
In München eröffnete Stadträtin Dr. Ingrid Anker die <strong>VNG</strong>-Ausstellung – gemeinsam mit dem<br />
Leipziger Pfarrer Stephan Bickhardt, der als Vertreter der Bürgerrechtsbewegung in der DDR u. a.<br />
Mitbegründer von „Demokratie Jetzt“ war. Er signierte das Mauersegment im Anschluss.<br />
Alle Informationen zum projekt finden Sie auch unter: www.mauerfaelle.de<br />
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Erd<strong>gas</strong>speicher<br />
<strong>VNG</strong> und Gazprom<br />
kooperieren bei<br />
Speichersicherheit<br />
<strong>VNG</strong> und die Russische Gazprom haben zwei<br />
Kooperationsvereinbarungen unterschrieben,<br />
die die Zusammenarbeit bei der Sicherung von<br />
Untergrund<strong>gas</strong>speichern weiter festigt. Die bei-<br />
den langjährigen Partner unterstreichen damit<br />
ihre gemeinsamen Forschungsanstrengungen.<br />
„Die Bedeutung von Erd<strong>gas</strong>speichern wächst in<br />
Europa seit Jahren. Die Speicher werden auch in<br />
Zukunft eine wichtige Rolle<br />
spielen, um zum einen die<br />
Versorgungssicherheit zu<br />
gewährleisten und um zum<br />
anderen den Akteuren an<br />
den wichtigen Spot- und<br />
Terminmärkten zu ermög-<br />
lichen, Mengen- und Preis-<br />
schwankungen effektiv zu<br />
nutzen“, betonte Prof. e. h.<br />
Dr.-Ing. Klaus-Ewald Holst,<br />
Vorstandsvorsitzender<br />
von <strong>VNG</strong>, anlässlich der<br />
Internationalen Speicher-<br />
Prof. e. h. Dr.-Ing. Klaus-Ewald Holst,<br />
Vorstandsvorsitzender von <strong>VNG</strong>, be-<br />
tonte auf der Konferenz die Bedeutung<br />
von Untergrund<strong>gas</strong>speichern und<br />
verwies auf die gute Zusammenarbeit<br />
mit den russischen Partnern.<br />
fachkonferenz in Leipzig. Gemeinsam mit der<br />
Gazprom-Tochter VNIIGAZ arbeitet <strong>VNG</strong> künftig<br />
an einer energiesparenden Ejektoranlage für<br />
den UGS Bernburg. Dadurch soll die notwen-<br />
dige Verdichterleistung reduziert und der Ener-<br />
gieaufwand bei der Einspeisung von Erd<strong>gas</strong> in<br />
den Untergrundspeicher verringert werden. Eine<br />
weitere Forschungskooperation wurde mit der<br />
Gazpromenergodiagnostika vereinbart. Beide<br />
Unternehmen entwickeln Verfahren für Messungen<br />
untergrund<strong>gas</strong>speicher von <strong>VNG</strong><br />
<strong>medium</strong> <strong>gas</strong> | <strong>2010.2</strong><br />
Beschließen die weitere technische Kooperation: Sergey Vlasov, Generaldirektor der OOO Gaz-<br />
promenergodiagnostika (li., sitzend) und Dr. Volker Busack, Direktor Betrieb/Technologie<br />
(re., sitzend). Dahinter: Klaus-Dieter Barbknecht (Vorstand <strong>VNG</strong>, li.) und Оleg Е. Aksjutin<br />
(Vorstand Gazprom).<br />
О. Е. Aksjutin, Mitglied des Vorstandes der OAO Gaz-<br />
prom und Leiter des Departements für Transport,<br />
Speicherung und <strong>Gas</strong>anwendung: „Die Wichtigkeit<br />
der Untergrundspeicher wächst von Jahr zu Jahr und<br />
hat längst internationale Bedeutung. Umso wichtiger<br />
ist es, die Sicherheit der technischen Anlagen für die<br />
Speicherung von Erd<strong>gas</strong> zu gewährleisten.“<br />
in Untergrundspeichern und konzentrierten sich<br />
dabei auf eine verbesserte Zustandsbewertung<br />
von Sondeninstallationen unter <strong>Gas</strong>. Auf diesem<br />
Gebiet arbeiten <strong>VNG</strong> und die Gazprom-Tochter<br />
schon länger zusammen. Insgesamt kooperieren<br />
<strong>VNG</strong> und die OAO Gazprom bereits seit mehr als<br />
zehn Jahren gemeinsam auf den Gebieten der<br />
<strong>Gas</strong>speicherung, dem <strong>Gas</strong>transport und dem<br />
Einsatz energieeffizienter Anlagen sowie der Op-<br />
timierung bestehender Betriebsprozesse.<br />
<strong>VNG</strong> zählt zu den deutschen Speicherpionieren und den<br />
führenden nationalen Speicherbetreibern. Als drittgrößter<br />
Speicherbetreiber Deutschlands betreibt <strong>VNG</strong> derzeit vier<br />
Speicher: in Bernburg und Bad Lauchstädt (Sachsen-Anhalt),<br />
Kirchheilingen (Thüringen) und in Buchholz (Brandenburg).<br />
Zusammen können sie rund 2,6 Milliarden Kubikmeter <strong>Gas</strong><br />
aufnehmen. Diese Menge reicht aus, um etwa eine Million<br />
Einfamilienhäuser ein Jahr lang zu versorgen.<br />
35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68<br />
7<br />
Die Rolle der Untergrundspei-<br />
cherung in Russland wird nicht<br />
nur durch den Bedarf der Ab-<br />
nehmer in Russland definiert,<br />
sondern auch durch die Siche-<br />
rung der Exporte nach Europa.<br />
Wird an kalten Wintertagen<br />
die Versorgung des Landes<br />
mit bis zu 35 % durch die Spei-<br />
cher unterstützt, so kann der<br />
Gesamt<strong>gas</strong>export mit 25 %<br />
abgedeckt werden.<br />
Hier: Sergei Alexandrowitsch<br />
Khan, Stellv. Leiter des Departements<br />
für Transport, Speicherung<br />
und <strong>Gas</strong>anwendung und<br />
Leiter des Bereiches UGS der<br />
OAO Gazprom
8 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature<br />
Initiative „Erd<strong>gas</strong> pro Umwelt“ fordert stärkere<br />
Berücksichtigung erd<strong>gas</strong>gestützter Heizsysteme<br />
Bernhard Funk<br />
Die Initiative Erd<strong>gas</strong> pro Umwelt (IEU) setzt sich für<br />
die konsequente Nutzung von Heiztechnologien<br />
ein, die bereits heute gute Ergebnisse hinsichtlich<br />
CO 2-Einsparung und Energieeffizienz erzielen.<br />
„Mit der Erd<strong>gas</strong>-Brennwerttechnik steht uns eine<br />
solche Technologie zur Verfügung. Günstiger als<br />
mit Erd<strong>gas</strong> können Verbraucher CO 2 nicht ein-<br />
dena startet bundesweites Bio<strong>gas</strong>-Register<br />
Die Deutsche Energie-Agentur (dena) entwickelt derzeit zusammen mit<br />
14 führenden Unternehmen der Bio<strong>gas</strong>- und Energiebranche eine bundesweite<br />
internetbasierte Plattform zur Führung des Herkunfts- und Eigenschaftsnach-<br />
weises von Bio<strong>gas</strong>. Dieses so genannte „Bio<strong>gas</strong>register Deutschland“ soll<br />
ab Mitte 2010 die Nachweisführung für Bio<strong>gas</strong> im Erd<strong>gas</strong>netz vereinfachen<br />
und vereinheitlichen. Mit Hilfe des Bio<strong>gas</strong>registers dokumentieren Produ-<br />
zenten, Händler und Verbraucher, welche Art von Bio<strong>gas</strong> sie herstellen,<br />
handeln oder verwenden.<br />
Die BALANCE <strong>VNG</strong> Bioenergie GmbH, eine 100%ige Tochter von <strong>VNG</strong>, hat<br />
sich maßgeblich am Aufbau des Bio<strong>gas</strong>-Registers beteiligt.<br />
Deutschland baut Erd<strong>gas</strong>speicherung aus<br />
sparen. Zudem ist Erd<strong>gas</strong> ideal mit Solarthermie<br />
und Bioerd<strong>gas</strong> kombinierbar“, sagt Bernhard<br />
Funk, Sprecher der Initiative Erd<strong>gas</strong> pro Umwelt.<br />
Es fehle jedoch der nötige politische Nachdruck,<br />
die am Markt verfügbaren Technologien und klima-<br />
schonenden Energieträger effizient zu nutzen,<br />
kritisiert die IEU.<br />
www.ieu.de<br />
Neue Versorgungswege und Vorsorgestrategien sorgen dafür,<br />
dass die Erd<strong>gas</strong>speicherkapazität in Deutschland erheblich aus-<br />
geweitet wird. In den nächsten Jahren werde sich die Kapazität<br />
von 21 auf 37 Mrd. Kubikmeter erhöhen, teilte das Landesamt<br />
für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) mit. Dies bedeute<br />
Investitionen in Milliardenhöhe. Knapp drei Viertel des neuen<br />
Speichervolumens seien in Niedersachsen geplant. Mit dem<br />
Ausbau wolle die Industrie flexibel auf neue Marktentwicklungen<br />
reagieren können, die sich aus dem wachsenden Angebot an<br />
russischem Erd<strong>gas</strong> ergeben.<br />
Im Rahmen ihrer Bilanzpressekonferenz gab auch <strong>VNG</strong> bekannt,<br />
in den Ausbau der Speicher zu investieren. Am Standort Bad<br />
Lauchstädt wurde bereits 2009 mit dem schrittweisen Ausbau<br />
der Speicherkapazität um ca. 260 Mio. m³ Arbeits<strong>gas</strong>volumen<br />
begonnen. Zudem beteiligt sich <strong>VNG</strong> am Ausbau der Untergrund-<br />
<strong>gas</strong>speicher in Etzel und Jemgum.<br />
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34
500 Städte verpflichten sich, CO 2 -Ausstoß<br />
um mehr als 20 Prozent zu senken<br />
Mehr als 500 europäische Bürgermeister haben sich<br />
bei einem Bürgermeisterkonvent dazu verpflichtet,<br />
ihre CO 2-Emissionen bis zum Jahr 2020 um mehr<br />
als 20 Prozent zu verringern. Dem Konvent gehören<br />
auch die Oberhäupter von 37 deutschen Städten<br />
an. Mit der Unterzeichnung verpflichten sie sich,<br />
Energie zu sparen, erneuerbare Energien zu fördern<br />
und ihre Bürger hierfür zu sensibilisieren.<br />
Energiekommissar Günther Oettinger erklärte<br />
anlässlich des Konvents: „Städte und Regionen<br />
zeigen, dass die Begrenzung der Folgen des Klima-<br />
wandels eine der besten Strategien zur Konjunk-<br />
turbelebung ist.“<br />
Der Konvent der Bürgermeister ist eine Initiative<br />
der EU-Kommission, die sowohl vom Europäischen<br />
Parlament als auch vom Ausschuss der Regionen<br />
unterstützt wird.<br />
<strong>medium</strong> <strong>gas</strong> | <strong>2010.2</strong><br />
Energiewirtschaft steht mit 1200 Investitionszuschuss-<br />
Programmen bereit<br />
Am 7. Juli 2010 stimmte der Haushaltsausschuss<br />
des Bundestages einem Entsperrungsantrag für<br />
das Marktanreizprogramm (MAP) zu. Damit sind<br />
die Mittel wieder freigegeben, und das Bundesamt<br />
für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) kann<br />
seit 12. Juli 2010 entsprechende Förderanträge<br />
bearbeiten. Das MAP soll auch in den nächsten<br />
Jahren fortgeführt werden. Die Mittel-Entsperrung<br />
gilt allerdings nicht für das Mini-KWK-Impulspro-<br />
gramm. Das Förderprogramm bleibt damit weiterhin<br />
ausgesetzt. Die deutsche Energiebranche fördert<br />
dagegen auch weiterhin moderne und umwelt-<br />
schonende Wärme-Technologien. So bieten die<br />
Energieversorger nach Angaben des Bundesver-<br />
bandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW)<br />
derzeit fast 1200 Investitionszuschuss-Programme<br />
in diesem Bereich an. „Unsere Botschaft an die<br />
Verbraucher lautet: Investitionen lohnen sich noch<br />
immer“, sagte Hildegard Müller, Vorsitzende der<br />
BDEW-Hauptgeschäftsführung.<br />
<strong>VNG</strong> fördert den Einbau von Miniblockheizkraftwerken wie den ecopower der Firma Vaillant.<br />
<strong>VNG</strong> hat mit den programmen Brennwert.plus und Kraftpaket.plus bereits vor Jahren<br />
zwei eigene Marktanreizprogramme aufgelegt. Informationen dazu finden Sie unter:<br />
www.verbundnetzplus.de/kraftpaketplus und www.verbundnetzplus.de/brennwertplus<br />
35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68<br />
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10 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature<br />
Stadtwerke Aschersleben GmbH und die 3. landesgartenschau in Sachsen-Anhalt<br />
„Natur findet Stadt“<br />
Ziel der Frühjahrsvisite ist Aschersleben, die älteste Stadt Sachsen-Anhalts, und vom 24. April bis 10. oktober Austragungsort<br />
der 3. landesgartenschau. Den Besucher erwartet eine charmante kleine Stadt, die stolz auf ihre Geschichte ist und die mit<br />
etlichen touristischen Höhepunkten lockt. Aschersleben liegt im Harzvorland zwischen dem ostharz und der Magdeburger<br />
Börde. Beide Regionen bieten Naturfreunden und Geschichtsinteressierten mannigfache und interessante Ziele. Die reizvolle<br />
landschaft mit den Flusstälern der Bode, Selke und Eine laden zu Wanderungen und Radtouren ein.<br />
Von Helmut Rosan, freier Redakteur<br />
landesgartenschau im Duett<br />
von Erholung und Bildung<br />
Aschersleben hat in diese blühende Präsentation<br />
fast 40 Millionen Euro investiert und eng mit<br />
den Projekten der Internationalen Bauausstellung<br />
„IBA Stadtumbau 2010“ verbunden. Zu den<br />
Hauptsponsoren der Schau gehören die hiesigen<br />
Stadtwerke.<br />
50 000 Tulpen, die allein am Eingang Nord blühen,<br />
machen aus Aschersleben nicht gleich ein blumiges<br />
Amsterdam, sehenswert ist es aber allemal. Hier<br />
im Boden finden sich seit kurzem eine halbe Million<br />
Blumenzwiebeln, 60 000 neue Stauden und<br />
300 Bäume machen die Stadt sichtlich attraktiver<br />
und die bisherige touristische Schattenseite im<br />
Vergleich zu Quedlinburg und Wernigerode erheblich<br />
kleiner.<br />
Mitten in der Stadt wurden historische Anlagen<br />
neu hergerichtet. Durch ihre Verbindung mit modernem<br />
Stadtumbau entsteht für die Besucher<br />
ein beeindruckendes Gesamtbild. So wird die<br />
Landesgartenschau unter dem schönen und sinnigen<br />
Leitgedanken „Natur findet Stadt“ auf vier<br />
miteinander vernetzten Teilflächen, die jeweils<br />
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34
unter einem speziellen Motto stehen, im Stadt-<br />
zentrum erlebbar: Herrenbreite („Erleben“), Be-<br />
stehornpark („Erlernen“), Stadtpark („Erinnern“)<br />
und Eine-Terrassen („Erholen“).<br />
Der im Jahr 1599 in Aschersleben geborene Univer-<br />
salgelehrte Adam Olearius, der auch als Schriftstel-<br />
ler und Diplomat tätig war, ist mit seinem Wirken<br />
und vielen Forschungsreisen der inspirierende<br />
Pate der Landesgartenschau. Der geniale Kopf<br />
des 16. Jahrhunderts steht für die geschichtliche<br />
Ausstrahlung der Stadt und zugleich für deren<br />
Aufbruch zum Bildungsstandort. Im Stadtmuseum<br />
gibt es eine Sonderausstellung über Olearius’<br />
Wirken.<br />
Speziell für die Schau wurde ein Adam-Olearius-<br />
Weg entwickelt. An Erzähl- und Gartenstationen<br />
erfahren die Besucher Geschichten und Geschichte.<br />
Der Entdeckungspfad erstreckt sich über das<br />
gesamte Gartenschaugelände und bezieht auch<br />
den Promenadenring entlang der historischen<br />
Stadtbefestigungsanlage mit ein.<br />
Die historischen Flächen der Herrenbreite und des<br />
Stadtparks blieben mit ihren gewachsenen Wegebeziehungen<br />
erhalten, typische Baumreihen und<br />
Parkfelder ebenso. Auf der Herrenbreite wich der<br />
alte Springbrunnen einem modernen Fontänenfeld.<br />
Anknüpfend an die Reisen des Adam Olearius<br />
gibt es thematische Spielfelder: Schiffbruch bei<br />
<strong>medium</strong> <strong>gas</strong> | <strong>2010.2</strong><br />
Natur genießen inmitten der Stadt. Rechts: Detail der Hallenschau im Bestehornpark. Fotos: Christian Schneider<br />
Derben, Querung des Elbrus, Persische Karawanserei<br />
und Wolgawälder.<br />
Auf dem Gelände des Bestehornparks entstanden<br />
so genannte Hörfelder. Zu hören sind Olearius-Geschichten<br />
und Anekdoten aus der Welt des Wissens.<br />
Im Erdgeschoss des modernen Neubaus finden die<br />
Hallenschauen statt. Der Bestehornpark ist auch<br />
das Zentrum der <strong>Gas</strong>tronomie und vielfältiger Veranstaltungen.<br />
Unter dem Motto „Erinnern“ wurden im Stadtpark die<br />
historischen Wege wieder hergestellt. Im Zentrum<br />
des Parks ist eine nach Sternkreiszeichen geordnete<br />
„Pflanzenbibliothek“ für Gartenblumen und Stauden<br />
zu finden, in deren Mitte der sogenannte Aschersleber<br />
Globus steht. Es handelt sich um eine künstlerische<br />
Konstruktion, die an den von Olearius entwickelten<br />
Gottorfer Globus erinnert. Die Fläche am kleinen Fluss<br />
Eine dient der Erholung. Dort lädt ein Weg zum Flanieren<br />
ein und auf bequemen Sitz- und Liegemöbeln<br />
können sich die Besucher entspannen.<br />
Die 170 Tage Gartenschau beinhalten des Weiteren<br />
ein immenses Programm mit etwa 1 000 Veranstaltungen.<br />
Zu den Höhepunkten zählen neben dem<br />
großen Eröffnungsfest am 24. April acht Festivals<br />
sowie Kunst- und Lichtinstallationen. Ab dem 29. Mai<br />
gibt es beispielsweise eine Ausstellung des weltweit<br />
bekannten Leipziger Malers Neo Rauch, der in<br />
Aschersleben aufwuchs.<br />
35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68<br />
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12 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature<br />
Fortsetzung von Seite 11<br />
„Natur findet Stadt“<br />
Der Geschäftsführer der<br />
Stadtwerke Aschersleben<br />
GmbH, Peter Heister.<br />
Zu den absoluten Programm-Höhepunkten gehörte<br />
vom 14. bis 16. Mai die Präsentation von<br />
Erd<strong>gas</strong>fahrzeugen am gemeinsamen Stand der<br />
Stadtwerke und einiger Partner, darunter MITGAS<br />
und <strong>VNG</strong>, gewiss nicht. Einiges Interesse war<br />
dennoch sicher, denn es waren Testfahrten mit<br />
verschiedenen neuen Modellen möglich.<br />
Womit wir bei einem der Hauptsponsoren der<br />
Gartenschau wären: Die Stadtwerke Aschersleben<br />
GmbH (SWA).<br />
Sichere Versorgung im Vierer-pack<br />
Der Firmensitz der SWA befindet sich etwas<br />
am Rande des Stadtzentrums in einem optisch<br />
reizvoll und zweckmäßig umgestalteten alten<br />
Fabrikgebäude in der Magdeburger Straße 26.<br />
Das Unternehmen versorgt die Stadt seit vielen<br />
Jahren sicher mit Strom, Erd<strong>gas</strong>, Trinkwasser und<br />
Fernwärme und erbringt eine ganze Reihe von<br />
Dienstleistungen.<br />
Geschäftsführer Peter Heister erklärt dazu: „Wir<br />
sind immer persönlich vor Ort, suchen gemeinsam<br />
mit unseren Kunden Lösungen, wenn irgendwo<br />
die Säge klemmt und nehmen uns den Belangen<br />
SWA-Daten im Überblick<br />
Erd<strong>gas</strong><br />
Absatz: 107 018 MWh<br />
Netzlänge: 152 km<br />
Anschlüsse: 3 129<br />
Strom<br />
Absatz: 59 628 MWh<br />
Netzlänge: 335 km<br />
Anschlüsse: 5 691<br />
Fernwärme<br />
Absatz: 53 797 MWh<br />
Netzlänge: 133 km<br />
Verbrauchsstellen: 679<br />
Trinkwasser<br />
Absatz: 993 000 m³<br />
Netzlänge: 20 km<br />
Anschlüsse: 4 407<br />
SWA-Firmensitz in der Magdeburger Straße 26.<br />
unserer Kunden mit hoher Fachkompetenz an.<br />
Unsere Kundschaft dankt uns dieses seit Jahren<br />
mit Treue und Akzeptanz.<br />
Unsere erfahrenen und fleißigen Mitarbeiter sind<br />
motiviert und gut qualifiziert. Sie kennen ihr Geschäft.<br />
Damit haben wir ein gutes Potenzial, um<br />
auch in der Zukunft leistungsfähig zu sein. Die<br />
Stadtwerke Aschersleben verstehen sich als Teil<br />
der Gemeinschaft Aschersleben und Umgebung.“<br />
Peter Heister, der aus Chemnitz kommende, studierte<br />
Diplom-Betriebswirt, gehört von Anbeginn<br />
zur Stammbelegschaft und leitet das Unternehmen<br />
seit drei Jahren.<br />
Gemeinsam mit Brigitte Priepke, der Prokuristin,<br />
verweist Heister mit berechtigtem Stolz auf die<br />
Leistungen der 64 Mitarbeiter und zwei Auszubildenden.<br />
So wurde im vergangenen Jahr ein<br />
Gesamtumsatz von 30 100 T € erwirtschaftet.<br />
Die SWA werden von der MITGAS Mitteldeutsche<br />
<strong>Gas</strong>versorgung GmbH mit Erd<strong>gas</strong> versorgt, an der<br />
<strong>VNG</strong> mit 24,60 Prozent beteiligt ist.<br />
Seit 1990 können die Stadtwerke auf moderne<br />
Technik zugreifen. Zunächst wurden die alten<br />
Kohleheizwerke außer Betrieb genommen und<br />
neue Kessel zur Befeuerung mit Heizöl aufgestellt.<br />
Gleichzeitig wurde der Bau eines neuen Fernheiz-<br />
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34
netzes zur Versorgung der Innenstadt begonnen.<br />
Das neue Fernwärmenetz trug dazu bei, die An-<br />
zahl kleiner Feuerstätten und damit auch den<br />
Schadstoffausstoß in der Innenstadt und in den<br />
Wohngebieten zu verringern. Heutzutage werden<br />
Staub und Schwefeldioxid praktisch nicht mehr<br />
freigesetzt. Lediglich rund 4 t Stickoxide werden<br />
noch pro Jahr ausgestoßen.<br />
Beide Maßnahmen waren aber nur ein Anfang. Die<br />
SWA arbeiten kontinuierlich an der Verbesserung<br />
der Umweltfreundlichkeit und der Wirtschaftlichkeit<br />
ihrer Anlagen.<br />
Im Jahr 1998 wurde ein Blockheizkraftwerk in der<br />
Mehringer Straße errichtet. Auch damit tragen die<br />
SWA zur Minderung des Treibhauseffektes durch<br />
rationelle Energienutzung bei. Nicht zuletzt ist<br />
auch die Eigenproduktion des Stromes ein Grund<br />
für den günstigen Strompreis in Aschersleben.<br />
Die Stadtwerke wollen auch weiterhin ökologisch<br />
wertvolle Fernwärme zu attraktiven Preisen anbieten.<br />
Deshalb wurden rund 1,9 Millionen Euro in ein<br />
neues Blockheizkraftwerk am Standort Güstener<br />
Straße investiert, das am 21. April feierlich übergeben<br />
wurde (in Betrieb genommen zum 1. Januar<br />
2010). Der Eigenanteil der Stromerzeugung steigt<br />
mit dem weiteren BHKW auf ca. 35 % an.<br />
<strong>medium</strong> <strong>gas</strong> | <strong>2010.2</strong><br />
Neben dem wirtschaftlichen hat auch das gesellschaftliche<br />
Engagement der SWA für die Stadt und<br />
die Region einen hohen Stellenwert. Außer der<br />
großzügigen Unterstützung der Gartenschau erfreuen<br />
sich verschiedene Schulen und Sportvereine<br />
(u. a. Handball, Fußball und Basketball), der Zoo,<br />
das Park- und Lichterfest sowie das Gildefest der<br />
Kaufmannsgilde der Förderung durch die SWA.<br />
Aus der Stadtgeschichte<br />
Im Jahre 753 wird die Stadt erstmals urkundlich<br />
erwähnt. Im 11. Jahrhundert fiel Aschersleben an<br />
die Askanier mit Albrecht dem Bären an der Spitze.<br />
Die Stadt wurde im 12. Jahrhundert Mittelpunkt<br />
der Grafschaft und übernahm die Funktion des<br />
Verwaltungs- und Gerichtsortes. Albrecht der Bär<br />
ging durch die Eroberung der Nordmark und der<br />
Mark Brandenburg in die deutsche Geschichte ein.<br />
Er gilt als Begründer des Hauses Anhalt.<br />
1266 erhielt Aschersleben von Heinrich II. das<br />
Stadtrecht. Im 14. und 15. Jahrhundert wurde die<br />
eindrucksvolle Stadtbefestigungsanlage erbaut.<br />
Große Teile sind bis heute erhalten und entlang<br />
eines grünen Promenadenrings zu besichtigen. Die<br />
Stadtmauer hatte eine Gesamtlänge von 2,1 Kilometern.<br />
35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68<br />
13<br />
SWA-Mitarbeiter Jörg Schwarzer im Gespräch mit Besuchern der Landesgartenschau am<br />
gemeinsamen Stand der Stadtwerke und ihrer Partner.
14 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature<br />
Fortsetzung von Seite 13<br />
„Natur findet Stadt“<br />
In der Zeit der Raubritter verbündete sich Aschers-<br />
leben 1326 vor allem aus Handelsinteressen<br />
mit Halberstadt und Quedlinburg in einem Drei-<br />
städtebund. Dieser Bund bestand 150 Jahre.<br />
Reformation und Bauernkrieg bestimmten das<br />
16. Jahrhundert. Thomas Müntzer, der Führer des<br />
Bauernaufstandes, soll 1512/13 an der hiesigen<br />
Lateinschule gewirkt haben.<br />
Der Dreißigjährige Krieg (1618–1648) ging auch an<br />
Aschersleben nicht spurlos vorüber. Plünderungen<br />
und Zerstörungen waren an der Tagesordnung. Im<br />
18. Jahrhundert bestimmten die drei schlesischen<br />
Kriege, insbesondere der Siebenjährige Krieg, das<br />
Leben der Ascherslebener. In der zweiten Hälfte<br />
des 19. Jahrhunderts begann sich die Stadt in<br />
einem rasanten Tempo zu wandeln. Am Rande<br />
Überall in der Stadt dominiert die<br />
Landesgartenschau.<br />
der Stadt entstanden schnell wachsende Indus-<br />
trieunternehmen.<br />
Während der DDR-Zeit prägten vor allem der Werk-<br />
zeug- und Baumaschinenbau, die Verpackungs-<br />
mittelindustrie, der Rohrleitungsbau, der Bau von<br />
Förderanlagen und die Gewürzverarbeitung das<br />
Gesicht der Stadt.<br />
Die ersten Jahre nach der gesellschaftlichen Wende<br />
waren auch hier vom Zusammenbruch der großen<br />
Betriebe und Arbeitslosigkeit geprägt. Die Stadt<br />
begann sich baulich zu verändern. Häuser und<br />
Straßen wurden saniert und das hässliche Fas-<br />
sadengrau verschwand. Im Jahr 2002 gab sich<br />
Aschersleben ein Leitbild, das seither die Ent-<br />
wicklung bestimmt. Auf den Gebieten Wirtschaft,<br />
Bildung und Stadtumbau leistet die Stadt immer<br />
mehr, was sich in einer wachsenden Lebensqualität<br />
der knapp 30 000 Einwohner widerspiegelt.<br />
Aschersleben ist heute das Zentrum der modernen<br />
Vliesstoffproduktion in Sachsen-Anhalt. Traditi-<br />
onsunternehmen sind auf Wachstumskurs und die<br />
noch junge, internationale Textilindustrie entwi-<br />
ckelt sich kräftig. Amerikanische, italienische und<br />
englische Firmen der technischen Textilindustrie<br />
haben sich im Gewerbegebiet „Güstener Straße“<br />
konzentriert. Kurze Wege und gemeinsame Ent-<br />
wicklungen der ansässigen Firmen machen den<br />
Standort attraktiv. Logistiker und Drucker haben<br />
sich auf die großen Vliesstoffhersteller ausgerichtet<br />
und wachsen mit ihnen.<br />
An den Industrie- und Gewerbestandorten der<br />
Stadt wurden bisher rund 232 Mio. Euro in Ge-<br />
bäude, Maschinen und Anlagen investiert. Ein<br />
Großteil des Kapitals stammt aus dem europä-<br />
ischen Ausland und aus Nordamerika. Der hohe<br />
Grad der Internationalisierung zeigt sich in der<br />
hohen Exportquote des verarbeitenden Gewerbes<br />
von zirka 39 Prozent. Die hergestellten Produkte<br />
werden nach Großbritannien, Frankreich, die<br />
Benelux-Staaten, Österreich, Osteuropa und die<br />
USA exportiert.<br />
Stadtimpressionen einer Symbiose<br />
von Alt und Jung<br />
Mutige Ideen der Stadtplanung zeichnen die Mo-<br />
dellstadt der Internationalen Bauausstellung 2010<br />
aus. Die Stadtentwicklung hat die Aufgabe, die<br />
Erhaltung der historischen Bausubstanz mit den<br />
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34
klaren Vorgaben des modernen Stadtumbaus zu<br />
verbinden. Ziel ist es, die Stadt ganzheitlich zu<br />
entwickeln und dabei den historisch gewachsenen<br />
Strukturen genauso Rechnung zu tragen wie den<br />
wirtschaftlichen, sozialen und demographischen<br />
Prozessen des neuen Jahrtausends. Das gelingt<br />
augenscheinlich auf beispielhafte Weise.<br />
Bauliche Veränderungen gehen Hand in Hand mit<br />
inhaltlichen Zielsetzungen. Die drei Säulen des<br />
Leitbildes Wirtschaft, Bildung und Stadtumbau<br />
lassen sich immer stärker am Stadtbild ablesen:<br />
die Berufsschule im ehemaligen Fabrikgebäude,<br />
Grundschulen in sanierten Gründerzeitvillen,<br />
Graffitigalerien statt Baulücken, Firmensitze und<br />
Wohnungen in sanierter innerstädtischer Bausubstanz<br />
und moderne Industrieanlagen am<br />
Rande der Stadt. Praktizierte Werterhaltung und<br />
Wertschaffung.<br />
Die Altstadt lädt ein zum Flanieren. Das Wahrzeichen<br />
der Stadt, die 500 Jahre alte St.-Stephani-<br />
Kurzchronik<br />
<strong>medium</strong> <strong>gas</strong> | <strong>2010.2</strong><br />
Kirche, hat ihre Türen geöffnet. Am Markt dominiert<br />
das Rathaus mit seinen Giebeln und Türmen aus<br />
drei Jahrhunderten. Das ebenfalls hier gelegene<br />
Museum bietet außer Stadtgeschichte den Tempel<br />
einer Freimaurerloge, Handfeuerwaffen und<br />
etliche wechselnde Ausstellungen. Ein besonders<br />
originelles Museum ist das Kriminalpanoptikum<br />
im ehemaligen Gefängnis.<br />
Als Kultur-Treffpunkt inmitten der Altstadt lockt<br />
der Graue Hof, der älteste Profanbau. Hier sorgt<br />
der Kunst- und Kulturverein regelmäßig für eine<br />
beinahe großstädtische Atmosphäre: Ausstellungen,<br />
Konzerte, Programm-Kino und Trommlernacht<br />
ziehen Gäste aus nah und fern an. Neben<br />
der prächtig präsentierten Flora bietet auch die<br />
Fauna Sehenswertes, insbesondere der Zoo auf<br />
der Alten Burg, wo übrigens die einzigen sechs<br />
weißen Tiger im Osten Deutschlands leben. Er<br />
beherbergt überdies über 100 weitere Tierarten,<br />
darunter prächtige Sibirische Tiger.<br />
Das Rathaus von Aschersleben am Marktplatz. Daneben: Sorgfältig restaurierte Häuser in der Innenstadt.<br />
1899: Versorgung der Stadt mit elektrischer Energie durch die Ascherslebener Maschinenbau- und Aktiengesellschaft | 1911: Erwerb des elektrischen Leitungs-<br />
netzes durch die Stadt | 1927–1929: Umstellung des elektrischen Gleichstromnetzes auf Drehstromversorgung | 1950/51: Ausgliederung des Elt-Werkes aus<br />
dem „Kommunalwirtschaftsunternehmen der Stadt Aschersleben“ und Eingliederung in die „VVB Energiebezirk West“. | 1990: Herauslösung der Fernwärme-<br />
versorgungsanlagen aus dem Bestand des VEB Gebäudewirtschaft und Fortführung der Fernwärmeversorgung als Eigenbetrieb der Stadt | 1991: Gründung<br />
der Stadtwerke Aschersleben Fernwärme GmbH | 1996: Verschmelzung der Stadtwerke Aschersleben Fernwärme GmbH und der Stadtwerke Aschersleben<br />
GmbH | 1997: Übernahme der Stromversorgung von der Mitteldeutschen Energieversorgung Aktiengesellschaft. Beteiligung der ME<strong>AG</strong> (heute enviaM) mit 35 %<br />
an der Stadtwerke Aschersleben GmbH | 1998: Übernahme der <strong>Gas</strong>versorgung von der Mitteldeutschen <strong>Gas</strong>versorgung GmbH | 2003: Eröffnung eines Service-<br />
Centers in der Breiten Straße 10 in Aschersleben | 2004: Einführung eines Geografischen Informationssystems (GIS) und neuer Abrechnungssoftware für die<br />
Energielieferungen (Navision/Neutrasoft erp.) | 2006: Gründung der Stadtwerke Aschersleben Netz GmbH als 100%ige Tochter-Gesellschaft der Stadtwerke<br />
Aschersleben GmbH | 2007: Unterzeichnung der Kooperationsvereinbarung „Elektronische Datenaustauschprozesse“ zwischen den Stadtwerken Aschersleben und<br />
Staßfurt | 2008: Inbetriebnahme des Erd<strong>gas</strong>netzes im Ortsteil Winningen | 2010: Inbetriebnahme eines neuen Blockheizkraftwerkes in der Güstener Straße.<br />
35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68<br />
15
16 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature<br />
Transportlogistik<br />
Regelenergie sorgt für<br />
Ausgleich im Netz<br />
GASpool benötigt externe Regelenergie, um physische Differenzen<br />
zwischen Ein- und Ausspeisung ausgleichen zu können. Dafür betreibt<br />
das unternehmen eine eigene Regelenergieplattform.<br />
Von Dagmar Krauße, Presse GASPOOL<br />
Verlagertes Risiko: Einer für Alle<br />
Eine der wichtigsten Funktionen des Unterneh-<br />
mens GASPOOL ist das Regelenergiemanagement,<br />
insbesondere der Ein- und Verkauf von externer<br />
Regelenergie. Als Regelenergie bezeichnet man die<br />
physischen <strong>Gas</strong>mengen, die GASPOOL täglich zum<br />
Regeln und Steuern der Netze sowie zum Ausglei-<br />
chen des Saldos aller Bilanzkreisabweichungen<br />
im Marktgebiet benötigt. Reicht dazu die interne<br />
Regelenergie aus dem Netzpuffer und eigenen<br />
Speichern nicht aus, beschafft bzw. veräußert<br />
GASPOOL diese Mengen auf dem <strong>Gas</strong>markt als<br />
externe Regelenergie. In dieser Funktion wird<br />
GASPOOL zum <strong>Gas</strong>händler.<br />
Ursprünglich war der tägliche Ausgleich von <strong>Gas</strong>-<br />
mengen innerhalb eines Bilanzkreises die Aufgabe<br />
des Bilanzkreisverantwortlichen (<strong>Gas</strong>händler,<br />
Dienstleister). Durch GABi <strong>Gas</strong> wurden jedoch die<br />
individuellen Risiken Einzelner nach dem Motto<br />
„Einer für Alle“ auf den jeweiligen Bilanzkreis-<br />
netzbetreiber übertragen.<br />
Das Repo: Innovative online-lösung<br />
Für den Handel mit Regelenergie hat GASPOOL ein<br />
Online-Regelenergieportal (RePo) gewählt. „Mit<br />
dieser Plattform können wir flexibel, schnell und<br />
transparent auf den Bedarf an Regelenergie für<br />
das GASPOOL-Marktgebiet reagieren – Ausschreibungen<br />
gehören der Vergangenheit an“, erläutert<br />
GASPOOL-Geschäftsführer Dr. Ulf Kreienbrock.<br />
Es stehen zwei Produkte zur Auswahl. Das Produkt<br />
„Flexibility“ funktioniert nach dem Prinzip<br />
„Parken und Leihen“ und bietet zwei Varianten.<br />
„Flexibility 1“ („Parken und Leihen“): Das <strong>Gas</strong><br />
wird an Entry- oder Exit-Punkten eines der marktgebietsaufspannenden<br />
Netze – z. B. ONTRAS –<br />
bereitgestellt. „Flexibilität 2“ (entweder nur<br />
„Parken“ oder nur „Leihen“): Das <strong>Gas</strong> wird entweder<br />
an einem physischen Netzpunkt oder aber<br />
am GASPOOL-Hub bereitgestellt. Das Produkt<br />
„Commodity“ bietet die Alternativen „Commodity<br />
1“ (einen Tag im Voraus, „Day-ahead“) und<br />
„Commodity 2“ (langfristig, „Long term“). Beide<br />
werden an einem physischen Netzpunkt oder<br />
dem GASPOOL-Hub erfüllt. Beide Produkte ermöglichen<br />
das Angebot von Losen mit 30 MW<br />
Stundenleistung. Beim Preis (= Arbeitspreis)<br />
können Anbieter zwischen einem Festpreis oder<br />
Auf- bzw. Abschlägen auf einen Spotmarktpreis<br />
(„Commodity 2“) wählen.<br />
EEX erweitert Möglichkeiten<br />
GASPOOL nutzt auch eine zweite Möglichkeit für<br />
den Regelenergiehandel: Seit Mitte Mai ist der<br />
Marktgebietsverantwortliche als Börsenteilnehmer<br />
an der European Energy Exchange <strong>AG</strong> (EEX) für den<br />
GASPOOL ist ein Tochterunternehmen der ONTRAS sowie der Fern<strong>gas</strong>netzbetreiber DONG Energy Pipelines , <strong>Gas</strong>unie Deutschland<br />
und Win<strong>gas</strong> Transport mit Sitz in Berlin. Seit 1. Oktober 2009 ist dieses Unternehmen als Marktgebietsverantwortlicher<br />
zuständig für das Bilanzkreis- und Regelenergiemanagement des Marktgebiets GASPOOL. Dieses umfasst neben den Netzen<br />
der Anteilseigner auch das Netz der StatoilHydro Deutschland . GASPOOL betreibt auch den virtuellen Handelspunkt GASPOOL<br />
Hub. ONTRAS übernimmt im Rahmen dieser Marktgebietskooperation bestimmte Aufgaben als Dienstleister im Auftrag von GAS-<br />
POOL. Geschäftsführer sind Ingrid Peters (<strong>Gas</strong>unie), Ludger Hümbs (Win<strong>gas</strong> Transport) und Dr. Ulf Kreienbrock (ONTRAS).<br />
www.<strong>gas</strong>pool.de<br />
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Foto: aboutpixel.de/Markus Pöhlmann<br />
<strong>medium</strong> <strong>gas</strong> | <strong>2010.2</strong><br />
Flexible Quelle für Regelenergie: GASPOOL handelt jetzt auch an der Leipziger Energiebörse EEX. Foto: <strong>Gas</strong>pool<br />
Handel am Spotmarkt für Erd<strong>gas</strong> zugelassen. Der<br />
Handel an der EEX bietet GASPOOL neue Bezugs-<br />
quellen und mehr Flexibilität bei der Beschaffung<br />
von Regelenergie. Für eine intensive Vernetzung<br />
mit dem europäischen Markt bietet die EEX als<br />
Börsenplattform mit knapp 70 registrierten Teil-<br />
nehmern beste Voraussetzungen.<br />
Regelenergie gesucht<br />
Die Regelenergiesituation bei GASPOOL war im<br />
letzten Winter angespannt – übrigens gilt das<br />
Regelenergie<br />
Als Regelenergie bezeichnet<br />
man die physischen <strong>Gas</strong>men-<br />
gen, die ein Netzbetreiber<br />
täglich zum Regeln und<br />
Steuern der Netze sowie zum<br />
Ausgleichen des Saldos aller<br />
Bilanzkreisabweichungen im<br />
Marktgebiet benötigt. Reicht dazu die interne Regelener-<br />
gie aus dem Netzpuffer und eigenen Speichern nicht aus,<br />
müssen die Netzbetreiber diese Mengen auf dem <strong>Gas</strong>markt<br />
als externe Regelenergie beschaffen.<br />
auch für andere Marktgebiete. Da das Marktgebiet<br />
permanent unterdeckt war, musste GASPOOL<br />
für externe Regelenergie von Oktober 2009 bis<br />
Ende Januar 2010 erhebliche Millionenbeträge<br />
aufwenden. Durch GABi <strong>Gas</strong> kommt es aber zu<br />
zeitverzögerten Abrechnungen gegenüber den<br />
Bilanzkreisverantwortlichen, festgelegte Auf- bzw.<br />
Abschläge auf die Marktpreise finden Anwendung.<br />
Dadurch muss GASPOOL den Regelenergieein-<br />
kauf faktisch vorfinanzieren. Die Gründe für die<br />
permanente Unterdeckung liegen im komplexen<br />
Zusammenspiel verschiedenster Faktoren, die<br />
Regelungen von GABi <strong>Gas</strong> sind der wesentliche<br />
Auslöser hierfür.<br />
Nach Diskussion mit Marktgebietsverantwortlichen<br />
und Netzbetreibern hat die Bundesnetzagentur<br />
erste Maßnahmen für einen optimierten Einkauf<br />
von Regelenergie getroffen. Ein Schritt in die rich-<br />
tige Richtung: „Die reibungslose Regelenergiebe-<br />
schaffung ist und bleibt Voraussetzung für ein auf<br />
Dauer funktionierendes GASPOOL-Marktgebiet“,<br />
betont Kreienbrock.<br />
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17
18 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature<br />
24-h-Rennen<br />
Die Hölle ist grün<br />
Von Alexander Wirp, <strong>VNG</strong><br />
In diesem Jahr bewiesen vor 220 000 Fans drei<br />
mit Bioerd<strong>gas</strong> betankte und gut 330 PS starke VW<br />
Scirocco, dass auch dieser Kraftstoff bei einem<br />
der härtesten Rennen auf einer der schwierigsten<br />
Rennstrecken der Welt Siegerlorbeeren ernten<br />
kann. Waren es im vergangenen Jahr noch drei<br />
benzingetriebene und zwei mit Erd<strong>gas</strong> betankte<br />
Sciroccos, die von VW ins Rennen geschickt wurden,<br />
vertraute man dieses Jahr voll und ganz auf<br />
Bioerd<strong>gas</strong>. Das freute auch die Flora und Fauna<br />
am Ring: – 80 % CO2. Sprint statt Marathon<br />
Schon im Vorfeld des Rennens hatten die Bioerd<strong>gas</strong>-Sciroccos<br />
für Furore gesorgt. Bei Testfahrten<br />
hatten sie mit 8:47 Minuten den Rundenrekord für<br />
frontgetriebene Fahrzeuge pulverisiert. Entsprechend<br />
gut gerüstet ging es ins Qualifikationstraining<br />
für den Marathon zweimal rund um die Uhr.<br />
Während ganz vorne die Audi R8 LMS-Flotte mit<br />
Der dreimalige Formel-1-Weltmeister Jackie<br />
Stewart bezeichnete schon 1968 die Nürburgring-Nordschleife<br />
auf Grund ihrer anspruchsvollen<br />
Streckenführung sowie der angrenzenden<br />
Flora als „Grüne Hölle“. Beim 38. ADAC-Zurich-<br />
24-h-Rennen zeigten drei Volkswagen Scirocco<br />
GT24-CNG und die erd<strong>gas</strong> mobil GmbH eindrucksvoll,<br />
wie mit Bioerd<strong>gas</strong> die „Hölle grün“ wird.<br />
VW Scirocco GT24-CNG mit BioErd<strong>gas</strong> unterwegs in der „Grünen Hölle“. Fotos: Volkswagen Motorsport<br />
den Porsche 911 GT 3 R und den BMW M3 GT2<br />
um die Pole Position rangelten, erfuhren sich die<br />
Bioerd<strong>gas</strong>-Coupés eine gute Ausgangsposition für<br />
das Rennen. Wie im Vorjahr war auch die diesjährige<br />
Ausgabe des 24-h-Rennens ein mit Spannung<br />
geladenes Knallbonbon, bei dem 200 Autos an den<br />
Start gingen. 10 Führungswechsel in den ersten<br />
13 Stunden sprechen für sich. Dass es sich bei<br />
diesem Rennen schon lange nicht mehr um einen<br />
Marathon statt vielmehr um ein Sprintrennen handelt,<br />
wurde allen Beteiligten nach 21 Rennstunden<br />
klar. Der bis dato führende Hybrid-Porsche 911<br />
GT 3 R, der neben einem Ottomotor zwei jeweils<br />
60 Kilowatt starke Elektromotoren besitzt, rollte<br />
mit technischem Defekt an die Box. Nach der<br />
13-minütigen Reparaturpause lag der zweitplatzierte<br />
BMW M3 GT2 nur noch zwei Minuten hinter<br />
dem Porsche – und das nach 21 Rennstunden! Das<br />
endgültige Aus für den Hybrid-Porsche kam schließlich<br />
nach einem weiteren technischen Defekt kurz<br />
vor Rennende. Da in der Nacht gegen halb elf Uhr<br />
bereits die Siegambitionen des Vorjahressiegers,<br />
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Einmal voll tanken, bitte! Mit ca. 300 bar<br />
Druck wird das Bioerd<strong>gas</strong> der erd<strong>gas</strong> mobil<br />
GmbH in den Scirocco gepumpt.<br />
Boxenstopp: Einmal neue Reifen, bitte!<br />
der Manthey-Equipe und ihres Porsches, bei einem<br />
spektakulären Unfall bei Tempo 220 km/h an der<br />
Leitplanke zerschellten, war der Weg nun frei zum<br />
Gesamtsieg des BMW M3 GT2.<br />
Statt Emissionen bleibt die Konkurrenz zurück<br />
Mit 100 Prozent Zuverlässigkeit und 80 Prozent<br />
weniger Emissionen erreichten die Bioerd<strong>gas</strong>-<br />
Sciroccos nach 24 Stunden das Ziel. Dabei wurden<br />
lediglich die planmäßigen Boxenstopps genutzt,<br />
um die Tanks wieder mit dem durch die erd<strong>gas</strong><br />
mobil GmbH bereitgestellten Bioerd<strong>gas</strong> zu befül-<br />
len. Neben der schnellsten Rennrunde mit 9:04<br />
Minuten für frontgetriebene Fahrzeuge stand ein<br />
Dreifachsieg für die mit Bioerd<strong>gas</strong> befeuerten<br />
Sciroccos in der Klasse für alternative Antriebe<br />
in den Ergebnislisten. Damit nicht genug. Start-<br />
nummer 117, pilotiert von Rennamazone Vanina<br />
Ickx (Belgien), Nasser Al-Attiyah (Katar), Dieter<br />
Depping (Deutschland) und Klaus Niedzwiedz<br />
(Deutschland), fuhr sogar einen beeindruckenden<br />
16. Gesamtrang heraus.<br />
<strong>medium</strong> <strong>gas</strong> | <strong>2010.2</strong><br />
Nicht nur die Autos, auch die Fans gaben Voll<strong>gas</strong> und brannten ein Feuerwerk ab.<br />
35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68<br />
19<br />
So sehen Sieger aus: Dieter Depping, Nasser Al-Attiyah, VW-Motorsport-Direktor Kris Nissen,<br />
Vanina Ickx, Klaus Niedzwiedz (v. l. n. r.).
Foto: erd<strong>gas</strong> mobil<br />
20 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature<br />
Dr. Timm Kehler<br />
Interview<br />
Bioerd<strong>gas</strong> ist der „hidden champion“<br />
<strong>medium</strong> <strong>gas</strong> sprach anlässlich des 24-h-Rennens mit Dr. Timm Kehler,<br />
Geschäftsführer der erd<strong>gas</strong> mobil GmbH in Berlin.<br />
Herr Dr. Kehler, ein Dreifachsieg in der<br />
Klasse für alternative Antriebe sowie<br />
Gesamtrang 16 für den mit Bioerd<strong>gas</strong><br />
betankten VW Scirocco GT24-CNG<br />
beim 24-h-Rennen auf dem Nürburg-<br />
ring. Wie fällt die Bilanz aus Sicht der<br />
erd<strong>gas</strong> mobil GmbH aus?<br />
Ganz klar: Bioerd<strong>gas</strong> ist der Kraft-<br />
stoff für Sieger. Das beweisen die<br />
Ergebnisse. Die Erd<strong>gas</strong>-Scirocco haben<br />
nicht nur alle anderen alternativen Antriebe hinter sich<br />
gelassen, sondern auch eine große Zahl an herkömmlich<br />
angetriebenen Fahrzeugen. Die hervorragenden Platzie-<br />
rungen spiegeln auch den hohen technischen Standard<br />
des Erd<strong>gas</strong>antriebs wieder. Im Gegensatz zu den anderen<br />
alternativen Antrieben gab es keine technischen Probleme;<br />
die Rennwagen liefen reibungslos und holten so den<br />
Dreifachsieg. Und eines sollten wir nicht vergessen: Dank<br />
Bioerd<strong>gas</strong> bleibt die „Grüne Hölle“ wirklich grün.<br />
Minus 80 prozent Co2 prangte in großen lettern auf den<br />
Sciroccos. Welches potenzial sehen Sie im Kraftstoff<br />
Bioerd<strong>gas</strong> bzw. Erd<strong>gas</strong> im Automobilsektor?<br />
Bioerd<strong>gas</strong> ist der „hidden champion“ unter den Kraftstoffen.<br />
Er steht für eine serienreife Technik, geringe Tankkosten<br />
und sehr niedrigen Schadstoffausstoß. Angesichts der<br />
Klimaziele der Bundesregierung ist ein größerer Marktanteil<br />
nicht nur wünschenswert, sondern ein Muss.<br />
Wir arbeiten derzeit an einer verbindlichen Roadmap, um<br />
Erd<strong>gas</strong> und Bioerd<strong>gas</strong> als Kraftstoff weiter nach vorne zu<br />
bringen. Auch durch den Kraftstoffquotenhandel an der<br />
Tankstelle wird Bioerd<strong>gas</strong> attraktiver. Mineralölkonzerne<br />
sind zur Beimischung von Biokraftstoffen verpflichtet. Wer<br />
eine Erd<strong>gas</strong>tankstelle betreibt und Bioerd<strong>gas</strong> beimischt,<br />
kann „Bio-Quoten“ anbieten. Wir gehen von einer starken<br />
Nachfrage aus, die für Erd<strong>gas</strong>tankstellenbetreiber eine<br />
interessante Erlösquelle bietet.<br />
Ihr unternehmen richtet seit diesem Jahr gemeinsam mit<br />
Volkswagen den Scirocco R-Cup aus. Welche Erwartungen<br />
knüpfen Sie an dieses Engagement?<br />
130 Oktan und saubere Turbomotoren sind die Zukunft<br />
der Mobilität. erd<strong>gas</strong> mobil und Volkswagen Motorsport<br />
zeigen mit dem Markenpokal, wie viel Power in Erd<strong>gas</strong><br />
und Bioerd<strong>gas</strong> steckt. Es ist weltweit einmalig, dass Motorsport<br />
mit einem klimaschonendem Antrieb verbunden<br />
ist. Unser Motto lautet: „Race on Sunday, buy on Monday.“<br />
Erd<strong>gas</strong>fahrzeuge sind im Hier und Jetzt angekommen und<br />
verbinden Fahrspaß mit Sparspaß.<br />
Welche neuen Entwicklungen gibt es im Bereich der<br />
Infrastruktur für Erd<strong>gas</strong>tankstellen bzw. dem Erd<strong>gas</strong>fahrzeug-Angebot?<br />
Hier tut sich aktuell sehr viel. Dazu hat auch die Fusion<br />
von der erd<strong>gas</strong> mobil GmbH in Berlin mit der erd<strong>gas</strong> mobil<br />
GmbH & Co. KG in Essen beigetragen. Ganz oben auf unserer<br />
Prioritätenliste steht der aktive Ausbau der Infrastruktur<br />
und die Beratung der Energieversorger bei der Errichtung<br />
von Tankstellen. Der Fokus liegt auf autobahnnahen<br />
Tankstellen und qualitativ hochwertigen Standorten.<br />
Daneben ist sicherlich auch das Fahrzeugangebot ein<br />
wichtiges Thema. Auch hier geht es voran. Erstmals hat<br />
sich mit Volkswagen ein Hersteller entschlossen, sein neu<br />
aufgelegtes Volumenmodell Touran schon zum Start mit<br />
einem Erd<strong>gas</strong>-Turbomotor anzubieten. Mercedes zieht<br />
ebenfalls nach und bietet die neue E-Klasse voraussichtlich<br />
ab Herbst mit Erd<strong>gas</strong>antrieb an.<br />
Welche Rolle nimmt die erd<strong>gas</strong> mobil GmbH in diesem<br />
prozess ein?<br />
Wir geben dem Thema Erd<strong>gas</strong> und Bioerd<strong>gas</strong> als Kraftstoff<br />
neuen Schwung. Neben dem Infrastrukturausbau haben<br />
wir die Themen Marktentwicklung und Markenaufbau auf<br />
unserer Agenda. Durch unseren Sitz in Berlin haben wir viele<br />
Möglichkeiten. Wir nutzen zum Beispiel die Nähe zur Politik,<br />
um das Thema wieder auf die politische Agenda zu bringen.<br />
Wir beraten und unterstützen außerdem die Tankstellenbetreiber<br />
in ganz Deutschland und verstehen uns als<br />
Sprachrohr der <strong>Gas</strong>wirtschaft gegenüber Automobilherstellern,<br />
Politik und Öffentlichkeit.<br />
Herr Dr. Kehler, vielen Dank für das Gespräch.<br />
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<strong>medium</strong> <strong>gas</strong> | <strong>2010.2</strong><br />
Aus der praxis<br />
Aktuelle Feldtests mit Erd<strong>gas</strong>techniken<br />
Derzeit laufen bundesweit eine Vielzahl an Feldtests an, die sich mit der Erprobung neuer Erd<strong>gas</strong>technologien im Ein- und Zwei-<br />
familienhaus befassen. Im Mittelpunkt der Tests stehen u. a. micro-KWK-Anlagen und Brennstoffzellen zahlreicher Hersteller.<br />
Gemeinsam mit ihren Kunden unterstützt <strong>VNG</strong> die Feldtests und die anschließende Markteinführung fertiger Seriengeräte.<br />
Ein neues Mikro-BHKW<br />
für uckro<br />
Ein Mikro-Blockheizkraftwerk der Firma<br />
Vaillant ist jüngst in einem Einfamilienhaus<br />
in Uckro (Brandenburg) in den<br />
Feldtest gegangen. Zusammen mit dem<br />
Hersteller, den Stadt- und Überlandwerken<br />
Luckau-Lübbenau und einem<br />
örtlichen Installateur hat <strong>VNG</strong> die neue<br />
Erd<strong>gas</strong>technologie eingebaut. Das Gerät<br />
mit 2,8 kW thermischer und 1,0 kW<br />
elektrischer Leistung wird besonders<br />
viele Betriebsstunden leisten, um das<br />
320 m2 große Haus zu beheizen und<br />
gleichzeitig Strom zu erzeugen. Dieser<br />
Strom wird sowohl für die Eigenversorgung<br />
verwendet als auch ins örtliche<br />
Stromnetz eingespeist. Bei höherem<br />
Wärmebedarf liefert ein Zusatzheizgerät,<br />
ein hocheffizientes Brennwertwandgerät<br />
der Firma Vaillant, die erforderliche<br />
Wärme.<br />
Stirlingmotor wird in<br />
Bad Arolsen erprobt<br />
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21<br />
Feldtest mit der ersten Brennstoffzelle<br />
in Weißenfels<br />
In Bad Arolsen, Hessen, befindet sich<br />
eine Mikro-KWK-Anlage der Firma Viessmann<br />
im Feldtest. Die Anlage soll ein<br />
Einfamilienhaus mit 210 m2 Im Rahmen des Praxistests „Callux“<br />
errichtete <strong>VNG</strong> im April 2010 eine Brennstoffzelle<br />
im Versorgungsgebiet der<br />
Wohnfläche Stadtwerke Weißenfels. Das Gerät ist<br />
beheizen und gleichzeitig Strom erzeu- eine kleine, dezentrale Kraft-Wärmegen.<br />
Projektpartner in der ehemaligen Kopplungs-(KWK-)Anlage, die sowohl<br />
Residenzstadt sind <strong>VNG</strong> und die Energie Strom als auch Wärme verbrauchsnah<br />
Waldeck-Frankenberg GmbH (EWF). umweltfreundlich erzeugt. Dieser Feldtest<br />
erfolgt gemeinsam mit dem Anlagenhersteller<br />
Hexis GmbH aus Konstanz, den<br />
Stadtwerken Weißenfels und <strong>VNG</strong>.<br />
Die in Weißenfels eingesetzte kleine<br />
Brennstoffzellen-KWK-Anlage erzeugt<br />
aus Erd<strong>gas</strong> 1 kW elektrische Energie mit<br />
einem Wirkungsgrad von ca. 30 %. Die<br />
dabei frei werdende Wärme von etwa 2 kW<br />
dient der Raumheizung und der Bereitung<br />
von warmem Brauchwasser. Ein Zusatz-<br />
Hermann Wagener (Bauleiter/Veltum GmbH), brenner mit<br />
Arno Puy (Architekt/Architekturbüro Müntinga & 20 kW Heiz-<br />
Puy BDA), Eva Müntinga (Architekt/Architekturbüro<br />
Müntinga & Puy BDA), Ute Scholz (Operatives<br />
Marketing/<strong>VNG</strong>) und André Plättner (Technololeistungunterstützt<br />
die<br />
gie Center/<strong>VNG</strong>) besprechen den Feldtest in Bad Brennstoff-<br />
Arolsen. Fotos: EWF zelle im Bedarfsfall.<br />
Die<br />
Die Viessmann Mikro-KWK-Anlage ist Brennstoff-<br />
eine Kombination aus einem Freikolben zelle nutzt<br />
Stirlingmotor und einem hocheffizienten den Brenn-<br />
<strong>Gas</strong>-Brennwertgerät. Mit den Leistungsstoff Erd<strong>gas</strong><br />
daten des Stirlings (1 kW el und 6 kWth ) zu mehr als<br />
wird die Grundlast des Wärmebedarfs<br />
abgedeckt. Bei höherem Wärmebedarf<br />
liefert das integrierte <strong>Gas</strong>-Brennwertgerät<br />
zusätzlich bis zu 18 kWth .<br />
Ziel des Feldtests ist, die Komponenten<br />
und Geräte im Alltagsbetrieb zu erproben<br />
und die dabei gewonnenen Erkenntnisse<br />
90 % aus.<br />
zur Weiterentwicklung zu nutzen. Foto: Hexis
22 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature<br />
Studie<br />
Erd<strong>gas</strong>-Brennwerttechnik belegt erneut<br />
Spitzenplatz im deutschen Heizungsmarkt<br />
Die Erd<strong>gas</strong>-Brennwerttechnik gehört zu den Gewinnern im deut-<br />
schen Wärmemarkt. Das geht aus den Marktdaten für das Jahr<br />
2009 hervor, die der Bundesindustrieverband Deutschland Haus-,<br />
Energie- und Umwelttechnik e. V. (BDH) im Frühjahr vorstellte.<br />
Den Daten zufolge sind die Absatzzahlen für Erd<strong>gas</strong>-Brennwert-<br />
AMI 2010<br />
Erd<strong>gas</strong>-E-Klasse feiert Premiere<br />
Auf der AMI Leipzig feierte die Limousine der E-Klasse mit<br />
bivalentem Erd<strong>gas</strong>antrieb Premiere. Den E 200 NGT (Natural<br />
<strong>Gas</strong> Technology) gibt es bereits seit Frühjahr 2004, ab Herbst<br />
2010 ist der neue Wagen mit bivalentem Benzin-Erd<strong>gas</strong>-Antrieb<br />
und 184 PS wieder verfügbar.<br />
heizungen 2009 gegenüber dem Vorjahr um sieben Prozent<br />
gestiegen. Der gesamte Heizungsmarkt verzeichnete hingegen<br />
lediglich ein Plus von drei Prozent. Mit einem Anteil von mehr<br />
als 50 Prozent hat die Erd<strong>gas</strong>-Brennwerttechnik im Vergleich<br />
der Wärmeerzeuger ihren Spitzenplatz weiter ausgebaut.<br />
<strong>Verbundnetz</strong> plus I<br />
Neuer Partner für Kraftpaket.plus<br />
Der Gemeinschaftsstand „Erd<strong>gas</strong>fahrzeuge“ präsentiert sich in diesem Jahr mit<br />
einem neuen Standkonzept und neuem Branchenlogo „ERDGAS – Natürlich mobil“.<br />
<strong>VNG</strong> hat mit der Firma SenerTec einen weiteren Partner für ihr Programm Kraftpaket.plus ins Boot geholt. Das<br />
Unternehmen aus Schweinfurt produziert das Mini-Blockheizkraftwerk „Dachs“. Neben SenerTec ist auch die<br />
Geraer Vaillant-Tochter Powerplus Technology (PPT) Mitglied der Initiative.<br />
www.verbundnetzplus.de/kraftpaketplus<br />
Fotos: Christian Schneider<br />
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<strong>Verbundnetz</strong> plus II<br />
Großer Erfolg für Brennwert.plus<br />
Hannover Messe<br />
Neues Mikro-BHKW vorgestellt<br />
<strong>medium</strong> <strong>gas</strong> | <strong>2010.2</strong><br />
Mehr als 1815 neue Brennwertkessel mit elf Marktpartnern in Ostdeutsch-<br />
land installiert – das ist die stolze Zahl, die <strong>VNG</strong> im April für ihr Markt-<br />
anreizprogramm bekannt gegeben hat. Erst im Frühjahr 2009 startete<br />
<strong>VNG</strong> die Aktion gemeinsam mit teilnehmenden Energieversorgern und<br />
Installationsbetrieben. Bei dem Programm werden Endkunden für vier Jahre<br />
mit einem jährlichen Zuschuss in Höhe von 90 € für die Heizungswartung<br />
belohnt, wenn sie eine Erd<strong>gas</strong>-Brennwertheizung neu installieren, auf dieses<br />
Heizungssystem umstellen oder eine vorhandene Anlage erneuern.<br />
Ihr Ansprechpartner: Sandro pautz I Telefon: 0341 443-2370 I E-Mail: sandro.pautz@vng.de I www.verbundnetzplus.de/brennwertplus<br />
Auf der Hannover Messe feierte das von <strong>VNG</strong> entwickelte<br />
und von Kirsch HomeEnergy (Trier) produzierte microBHKW<br />
HomeEnergy L 4.12 Weltpremiere. Die Anlage macht KWK-<br />
Technologie auch für Ein- und Zweifamilienhäuser wirtschaft-<br />
lich interessant. Kirsch plant nach einer Feldtestphase mit<br />
seriengefertigten Geräten in 2010, die Markteinführung ab<br />
März 2011. Ab diesem Zeitpunkt wird auch Kirsch die am<br />
Kraftpaket.plus beteiligten Unternehmen verstärken.<br />
Durch eine dezentrale Energieversorgung mit KWK ist es<br />
möglich, bis zu 40 Prozent an Primärenergie und bis zu<br />
60 Prozent der CO2-Emissionen gegenüber der konventionellen<br />
getrennten Erzeugung von Strom und Wärme<br />
einzusparen. Die KWK-Technologien sind außerdem ohne<br />
jede Umrüstung dafür geeignet, Bioerd<strong>gas</strong> zu nutzen und<br />
die CO2-Bilanz damit noch weiter zu verbessern.<br />
35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68<br />
23<br />
Die leistungsdaten des microBHKW<br />
HomeEnergy l 4.12<br />
• 5–12 kW thermische Leistung<br />
• 2–4 kW elektrische Leistung<br />
• Gesamtwirkungsgrad: 95 %<br />
• Wirkungsgrad thermisch: 70 %<br />
• Wirkungsgrad elektrisch: 25 %<br />
• Variante: Erd<strong>gas</strong><br />
• Gewicht: ca. 200 kg<br />
• Schallpegel in 1 m Abstand: max 55 dB(A)<br />
• Maße (h x b x t): 1 270 x 675 x 790 mm<br />
• Ab<strong>gas</strong>werte: ½ TH Luft<br />
ERDGAS.training<br />
<strong>VNG</strong> bietet Schulung zur Gesetzesnovellierung<br />
Unter dem Titel „Anwendung und Umwelt“ findet am<br />
31. August 2010 in Perleberg die nächste Veranstaltung<br />
der Schulungsreihe ERDGAS.training statt. Im Mittelpunkt<br />
stehen aktuelle politische Vorgaben, unter anderem<br />
aus dem Erneuerbare Energiengesetz, dem Erneuerbare<br />
Ihre Ansprechpartnerin: ulrike otto I Telefon: 0341 443-2832 I E-Mail: ulrike.otto@vng.de<br />
Energien Wärmegesetz sowie neue Gesetze und neue<br />
Regelungen zu KWK.<br />
Außerdem macht Sie der Kurs fit für die Beratung zur<br />
Energieträgerauswahl und gibt einen Ausblick auf den<br />
Modernisierungsmarkt.
24 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature<br />
Marketingaktion<br />
Mit dem Rad durchs Münsterland –<br />
kein Reisebericht!<br />
Im Frühjahr 2009 wurde eine gemeinsame Aktion von <strong>VNG</strong> und den Stadtwerken Greven begonnen,<br />
um inaktive Hausanschlüsse wieder zu aktivieren. Durchaus mit Erfolg, deshalb startet die Aktion<br />
auch dieses Jahr wieder.<br />
Ab März 2009 hatten die Stadtwerke Greven<br />
rund 750 Grundstückseigentümer mit inaktiven<br />
Erd<strong>gas</strong>hausanschlüssen angeschrieben und den<br />
persönlichen Besuch eines externen Energieberaters<br />
angekündigt. Im verstreuten Netzgebiet<br />
der Stadtwerke Greven – die Region liegt in der<br />
ländlichen Umgebung des Münsterlandes – erwies<br />
sich diese Aktion als logistische Meisterleistung.<br />
Energieberater Sven Ahrendt aus Berlin löste das<br />
Problem auf sehr unkonventionelle Art und Weise:<br />
So wie es im Münsterländer Raum üblich ist, nutzte<br />
er für die täglichen Besuche ein Fahrrad.<br />
Im Rahmen der Kundengespräche erstellte er eine<br />
überschlägige Wärmebedarfsberechnung und nahm<br />
die aktuellen Objektdaten der Heizungsanlagen<br />
auf. Im Mittelpunkt der Beratungsgespräche ging<br />
es darum, welche Vorteile die Erd<strong>gas</strong>anwendung<br />
bietet, wie man seine Anlage auf Erd<strong>gas</strong> umstellen<br />
oder eine neue Anlage installieren könne.<br />
Im Dialog mit dem Endverbraucher<br />
Erfolg ist nur möglich, wenn potenzielle Kunden Qualität erkennen können und dem Unternehmen<br />
Vertrauen entgegenbringen. Mit persönlichen Verkaufsgesprächen unterstützt <strong>VNG</strong><br />
ihre Kunden umfassend bei der Gewinnung von Haushaltskunden und Kleinverbrauchern<br />
für das Produkt „Erd<strong>gas</strong>“.<br />
Ihr Ansprechpartner: Klaus-Dieter Grumm<br />
Telefon: 0341 443-2903 I E-Mail: klaus-dieter.grumm@vng.de<br />
Sven Ahrendt hat sein Fahrrad bereits<br />
wieder flottgemacht – die nächste Aktion<br />
startete in diesem Frühjahr.<br />
„Wir können die Hausbesitzer, mit denen wir im<br />
Laufe des vergangenen Jahres gesprochen haben,<br />
in drei Gruppen unterteilen“, erklärt Sven Ahrendt.<br />
Das seien zum einen die potenziellen Kunden, die<br />
sich mit hoher Wahrscheinlichkeit in den nächsten<br />
drei Jahren für eine Aktivierung ihres aktuell nicht<br />
genutzten Hausanschlusses entscheiden werden.<br />
Hinzu kommen jene Grundstücksbesitzer, die<br />
dem Energieträger Erd<strong>gas</strong> zwar positiv gegenüber<br />
stehen, sich aber aus verschiedensten Gründen<br />
nicht in den nächsten drei Jahren zur Aktivierung<br />
des Hausanschlusses entschließen würden. Dieser<br />
Gruppe wird der Vertrieb der Stadtwerke Greven<br />
in den kommenden Jahren große Aufmerksamkeit<br />
schenken und sie regelmäßig über das Produkt<br />
Erd<strong>gas</strong> informieren. Schließlich traf Sven Ahrendt<br />
auch auf jene Grevener, für die die Nutzung des<br />
Hausanschlusses für Erd<strong>gas</strong> nicht infrage kommt.<br />
Darüber, ob und inwiefern sie zukünftig kommunikativ<br />
angesprochen werden, ist derzeit noch offen.<br />
Dass die Aktion in Greven durchaus von Erfolg<br />
gekrönt war, davon ist Sven Ahrendt überzeugt:<br />
„Innerhalb des Aktionszeitraumes haben die Stadtwerke<br />
Greven 29 Hausanschlüsse in Betrieb genommen.“<br />
Das mag auch der Grund sein, warum Sven<br />
Ahrendt sein Fahrrad zum Frühlingsbeginn wieder<br />
flottgemacht hat – und seit einigen Wochen bei<br />
Wind und Wetter im Münsterland unterwegs ist.<br />
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Vertrieb.Consult<br />
Vertrieb.Consult ist spezialisiert auf Verkaufsförde-<br />
rung und Absatzsteigerung von Energieprodukten.<br />
Diese thematische und branchenspezifische Fokus-<br />
sierung ist die Garantie, dass wir bestens mit Ihren<br />
Herausforderungen vertraut sind und Sie optimal<br />
bei der Fortführung Ihrer unternehmerischen<br />
Erfolgsgeschichte unterstützen können.<br />
Nächste Veranstaltungen von Vertrieb.Consult:<br />
18. September 2010: „Industriekunden“<br />
28. oktober 2010: „Die Wohnungswirtschaft“<br />
www.vertrieb-consult.de<br />
24. bis 27. August 2010<br />
oNS 2010 – offshore Northern Seas<br />
Stavanger, Norwegen<br />
www.ons.no<br />
31. August 2010<br />
ERDGAS.training:<br />
„Anwendung & umwelt“<br />
Perleberg<br />
www.verbundnetzplus.de<br />
01. bis 30. September 2010<br />
Tagung „Energie und Rohstoffe 2010“<br />
Technische Universität Clausthal<br />
www.energie-und-rohstoffe.org<br />
02. September 2010<br />
13. Energietag Rheinland-pfalz<br />
Fachhochschule Bingen<br />
03. bis 05. September 2010<br />
Tag der Sachsen<br />
Oelsnitz<br />
www.tds.sachsen.de<br />
6. bis 7. September 2010<br />
5. Deutscher Energiekongress –<br />
Energie im Wettbewerb<br />
München<br />
www.deutscher-energiekongress.de<br />
14. bis 15. September 2010<br />
5. ICG-Branchentreffen<br />
Berlin<br />
www.innovation-congress.de<br />
15. September 2010<br />
ERDGAS.training: „Erd<strong>gas</strong>verkauf II“<br />
Leipzig, <strong>VNG</strong><br />
www.verbundnetzplus.de<br />
16. bis 17. September 2010<br />
4. EuRoFoRuM-Konferenz<br />
„Wärmemarkt aktuell“<br />
Köln<br />
www.euroforum.de<br />
18. September 2010<br />
Vertrieb.Consult „Industriekunden“<br />
Leipzig<br />
www.vertrieb-consult.de<br />
29. bis 30. September 2010<br />
7. Deutscher Regulierungskongress,<br />
EuRoFoRuM-Konferenz<br />
Berlin<br />
www.regulierungskongress.de<br />
26. bis 27. oktober 2010<br />
6. ICG Branchentreffen Netze<br />
Berlin<br />
28. oktober 2010<br />
Vertrieb.Consult<br />
„Die Wohnungswirtschaft“<br />
Leipzig<br />
www.vertrieb-consult.de<br />
04. November 2010<br />
Absolventenmesse leipzig<br />
Leipzig<br />
<strong>medium</strong> <strong>gas</strong> | <strong>2010.2</strong><br />
Veranstaltungen im nächsten Quartal<br />
Die gat 2010 findet vom 30. November bis 1. Dezember<br />
in Stuttgart statt.<br />
Die Messe ist die wichtigste Veranstaltung der<br />
Erd<strong>gas</strong>branche in Deutschland. Sie bildet jedes<br />
Jahr ein erstklassiges Forum zum brancheninternen<br />
Austausch über alle technik- und innovationsbezogenen<br />
Themen.<br />
<strong>VNG</strong> auf der gat 2010:<br />
Messe Stuttgart | Halle 4<br />
Stand 4C51<br />
www.gat-dvgw.de<br />
04. bis 05. November 2010<br />
Kommunikationstreffen der<br />
pR- und Marketingverantwortlichen<br />
der <strong>VNG</strong>-Kunden<br />
Leipzig<br />
www.vng.de<br />
05. bis 06. November 2010<br />
Azubi- und Studententage<br />
Leipzig<br />
14. bis 16. November 2010<br />
Erd<strong>gas</strong> Marketing Treff<br />
Leipzig<br />
23. bis 24. November 2010<br />
11. ICG-Stadtwerkekongress<br />
Multitalent Stadtwerk<br />
München<br />
25. November 2010<br />
Vertrieb.Consult<br />
„Interaktives Intensivtraining“<br />
Leipzig<br />
www.vertrieb-consult.de<br />
30. November bis 01. Dezember 2010<br />
gat 2010 – <strong>Gas</strong>fachliche<br />
Aussprachetagung Stuttgart<br />
www.gat-dvgw.de<br />
30. November bis 02. Dezember 2010<br />
7. oldenburger <strong>Gas</strong>tage<br />
Oldenburg<br />
www.oldenburger-<strong>gas</strong>tage.de<br />
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25
26 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature<br />
Eine Stadt voll Energie<br />
Wie kann oder muss die Energieversorgung von morgen aussehen, welchen<br />
Einfluss darauf haben die Städte und Gemeinden in Deutschland, mit<br />
welchen Energiekonzepten positionieren sich Stadtwerke und<br />
Regionalversorger in ihrer Region? Diese und<br />
weitere Fragen beantwortet der Schwerpunktteil<br />
in dieser Ausgabe.<br />
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32 33 34
<strong>medium</strong> <strong>gas</strong> | <strong>2010.2</strong><br />
27<br />
Leipzig präsentiert sich energiegeladen. In der<br />
sächsischen Metropole haben eine Vielzahl an<br />
Energieunternehmen ihren Sitz. Im Cluster<br />
Energie- und Umwelttechnik haben<br />
sie sogar ihre Innovationskraft<br />
gebündelt.<br />
Foto: Dirk Brzoska<br />
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28 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature<br />
Im Fokus<br />
Energie der Zukunft – Quo vadis, Kommune?<br />
<strong>medium</strong> <strong>gas</strong> hat sich in acht deutschen Kommunen umgesehen – und dabei interessante<br />
Ideen, innovative Konzepte und Modellprojekte gefunden, wie Kommunen mit lokalen<br />
Energieversorgern als Bündnispartner ihre energetische Zukunft gestalten.<br />
Von Mandy Nickel, Redaktion<br />
Schon heute lebt die Hälfte der Bevölkerung in<br />
Städten – Tendenz steigend. Sie verbrauchen den<br />
größten Teil der Energie, sorgen zudem für einen<br />
nicht unerheblichen Ausstoß an Treibhaus<strong>gas</strong>en.<br />
Die energetische Entwicklung von Städten ist<br />
daher ein zentrales Thema der Zukunft. Sicher<br />
sollte sie sein, wirtschaftlich und umweltgerecht –<br />
so wie es die deutsche Bundesregierung in ihrer<br />
Energiepolitik festschreibt.<br />
Den Kommunen und ihren Stadtwerken kommt<br />
damit ein wichtiger energiepolitischer Auftrag zu:<br />
Sie müssen die Energieversorgung von morgen so<br />
nachhaltig wie möglich gestalten. Schlagworte wie<br />
„Ausbau erneuerbarer Energien“, „Energieeffizienz<br />
und Energieeinsparung“, „Bildung, Qualifizierung,<br />
Forschung und Entwicklung“ oder „Klimaschutz<br />
und Energie“ spielen ebenso eine Rolle wie Energieerschließung<br />
im Ausland und der Aufbau eigener<br />
Netzinfrastrukturen.<br />
Natürlich ist die Ausgangssituation unterschiedlich<br />
in großen und kleinen Städten. Es gibt nicht das<br />
eine Rezept für alle Städte. Nicht jede Kommune<br />
wird sich wie die Stadtwerke Aalen für eine<br />
Nahwärmeversorgung entscheiden oder eigene<br />
Energieforschungseinrichtungen wie in Dres-<br />
Beispiele für Institutionen und Bündnisse im kommunalen Klimaschutz<br />
den oder Leipzig etablieren können. Christian<br />
Schramm, Präsident des Deutschen Städte- und<br />
Gemeindebundes (DStGB) und Oberbürgermeister<br />
der Stadt Bautzen fasste es in einem Interview<br />
einmal so zusammen: „Die größten Potenziale<br />
im unmittelbaren Einflussbereich der Kommunen<br />
bestehen bei der Steigerung der Energieeffizienz<br />
von Gebäuden, insbesondere durch energetische<br />
Sanierung, durch eine größere Energieeinsparung<br />
bei der Außen- und Innenbeleuchtung sowie durch<br />
die verstärkte Nutzung von erneuerbaren Energien.“<br />
Auch der Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung<br />
und der Übergang von der zentralen Versorgung<br />
zu dezentralen Energieversorgungssystemen<br />
dürfte für viele Kommunen ein nicht unerhebliches<br />
Handlungsfeld sein.<br />
Keine Stadt in Deutschland kommt heute mehr<br />
umhin, sich mit nachhaltigen Energiekonzepten<br />
zu beschäftigen. Kommunen sind gleichzeitig<br />
Verbraucher, Vorbild, Planer und Versorger für<br />
Energie. Sie müssen ihren Bürgern eine sichere<br />
und auch bezahlbare Energieversorgung anbieten,<br />
gleichzeitig der globalen Herausforderung des<br />
Klimaschutzes gerecht werden. Jede Stadt wird<br />
dabei ihr eigenes individuelles Profil entwickeln<br />
müssen – je nach Größe, Lage und Infrastruktur.<br />
Die optimale ist die individuelle Lösung.<br />
Klima-Bündnis der europäischen Städte: Das Klima-Bündnis der europäischen Städte mit indigenen Völkern der Regenwälder/Alianza del Clima e. V. ist<br />
Europas größtes Städtenetzwerk zum Klimaschutz und hat sich den Erhalt des globalen Klimas als Ziel gesetzt. I www.klimabuendnis.org<br />
Kommunale Umwelt-Aktion U.A.N.: Die U.A.N. ist ein kommunaler Umweltverband in Deutschland, der Kommunen, kommunalen Verbänden und kommunalen<br />
Unternehmen bei der Lösung örtlicher Umweltaufgaben hilft. I www.umweltaktion.de<br />
European Energy Award: Der European Energy Award ® ist das Qualitätsmanagementsystem und Zertifizierungsverfahren, mit dem die Klimaschutzaktivitäten<br />
der Kommune erfasst, bewertet, geplant, gesteuert und regelmäßig überprüft werden. I www.european-energy-award.de<br />
Europäisches Netzwerk „Gesunde Städte“ der WHO: Ihm gehören heute etwa 1200 Städte und Gemeinden mit insgesamt mehr als 49 Mio. Einwohnern an.<br />
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RHEINLAND-<br />
PFALZ<br />
NORDRHEIN-<br />
WESTFALEN<br />
SAARLAND<br />
Energietechnologie<br />
Energieeinsparung<br />
SCHLESWIG-<br />
HOLSTEIN<br />
Hamburg<br />
BREMEN<br />
NIEDERSACHSEN<br />
HESSEN<br />
Aalen<br />
BADEN-<br />
WÜRTTEMBERG<br />
ostholstein<br />
Sicherheit<br />
Kraft-Wärme-Kopplung<br />
Bioerd<strong>gas</strong><br />
THÜRINGEN<br />
SACHSEN-<br />
ANHALT<br />
Wirtschaftlichkeit<br />
Erfurt<br />
BAYERN<br />
Upstream<br />
<strong>medium</strong> <strong>gas</strong> | <strong>2010.2</strong><br />
MECKLENBURG-<br />
VORPOMMERN<br />
München<br />
Umweltverträglichkeit<br />
BRANDENBURG<br />
lEIpZIG<br />
SACHSEN<br />
dezentrale Versorgung<br />
Berlin<br />
Energieeffizienz<br />
Dresden<br />
Acht Kommunen in Deutschland –<br />
acht unterschiedliche Energie-<br />
konzepte für die Zukunft. Wie<br />
diese Konzepte aussehen, lesen<br />
Sie auf den kommenden Seiten.<br />
35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68<br />
29
Foto: Katja Bruns, © Ostsee-Holstein-Tourismus e.V.<br />
30 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature<br />
Bioerd<strong>gas</strong> für Ostholstein<br />
www.kreis-oh.de | www.zvo.com<br />
Einer ZfK-Studie von Januar 2010 zufolge bietet<br />
nur jeder sechste Energieversorger in Deutsch-<br />
land nachhaltig produziertes Erd<strong>gas</strong> an. Was im<br />
Strombereich schon lange zum Geschäftsmo-<br />
dell gehört, ist in der Erd<strong>gas</strong>branche damit noch<br />
nicht flächendeckend verbreitet. Allerdings – so<br />
schreibt es das kommunale Blatt – beziehen nicht<br />
alle Versorger auch tatsächlich Bioerd<strong>gas</strong>. Viel-<br />
mehr „neutralisierten“ sie herkömmliches Erd<strong>gas</strong><br />
durch den Kauf von CO 2-Minderungszertifikaten<br />
in Schwellenländern.<br />
Ganz im Norden von Deutschland, in Ostholstein<br />
zwischen Kieler Bucht und der Lübecker Bucht,<br />
setzt man nicht auf solche Zertifikate, sondern<br />
auf wirklich nachhaltige Bioerd<strong>gas</strong>produkte. Be-<br />
kannt ist die Region vor allem durch die Gemeinde<br />
Timmendorfer Strand. Tourismus ist der wichtigste<br />
Wirtschaftsfaktor, damit ist für Ostholstein die<br />
Sicherung der natürlichen Ressourcen ein wichtiger<br />
politischer Eckpfeiler.<br />
Seit September 2009 bietet die ZVO Energie GmbH<br />
ihren Kunden zwei Bioerd<strong>gas</strong>-Produkte an. Mit<br />
„ZVO Bio 10“ kann Erd<strong>gas</strong> mit einem 10-prozen-<br />
tigen Bioerd<strong>gas</strong>anteil erworben werden. Dieser<br />
ostholstein<br />
205 000 Einwohner<br />
Dominanter Wirtschaftsfaktor sind der<br />
Tourismus und die Gesundheitswirtschaft.<br />
Wichtigster Versorger der Region ist der<br />
Zweckverband Ostholstein (ZVO).<br />
Die ZVO GmbH übernimmt Dienstleistungen in<br />
den Bereichen <strong>Gas</strong>, Wärme und Wasser sowie<br />
Abfall- und Wertstoffwirtschaft.<br />
Vertrag kann wahlweise über 12 oder 24 Monate<br />
geschlossen werden. Das Produkt „ZVO Thermo“<br />
hat die gleichen Eigenschaften wie „ZVO Bio 10“,<br />
mit dem Unterschied, dass die Vertragslaufzeit<br />
über 24 Monate geht. Als Bonus erhalten die Kun-<br />
den eine Thermografieauswertung ihres Hauses.<br />
„Wir unterstützen mit dem Einsatz von Bioerd<strong>gas</strong><br />
Eigentümer von neuen Gebäuden, die nach dem<br />
geltenden Recht seit dem 1. Januar 2009 erneuer-<br />
bare Energien für ihre Wärmeversorgung einsetzen<br />
müssen“, beschreibt ZVO-Geschäftsführer Mathias<br />
Annighöfer das Produkt des Zweckverbandes.<br />
Das Bioerd<strong>gas</strong> kommt übrigens aus der NAWARO-<br />
Anlage in Güstrow, Lieferant ist <strong>VNG</strong>.<br />
Wenn man der ZfK-Studie Glauben schenken<br />
darf, dann wird sich der Anteil an Bioerd<strong>gas</strong><br />
in den kommenden Jahren rapide ändern. Von<br />
einer Verdoppelung der Angebote ist die Rede.<br />
Die aktuellen Beimischungsquoten von 10 Pro-<br />
zent könnten dann sogar vereinzelt auf 30 und<br />
100 Prozent steigen.<br />
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Foto: aboutpixel.de/canjac<br />
Grüne Energie für Hamburg<br />
Die Bedeutung von erneuerbaren Energien wächst<br />
seit einigen Jahren stetig an. Laut der Arbeits-<br />
gruppe Erneuerbare Energien Statistik wurden<br />
im Jahr 2009 in Deutschland mehr als 10 Prozent<br />
des gesamten Verbrauchs an Wärme, Strom und<br />
Kraftstoffen durch erneuerbare Energien bereit-<br />
gestellt. Viele Kommunen und Stadtwerke bauen<br />
ihr Engagement für erneuerbare Energien derzeit<br />
sogar noch weiter massiv aus. Hier zählt nicht nur<br />
die Anlagenseite, sondern auch die Vermarktung<br />
von Bioenergieprodukten.<br />
Wenn man an den Ausbau der erneuerbaren Ener-<br />
gien denkt, dann denkt man in erster Linie an<br />
den Bau von Windparks, Bio<strong>gas</strong>anlagen oder<br />
Solarfelder. In Norddeutschland war das den<br />
Hamburgern nicht ausreichend – sie gründeten<br />
einen neuen kommunalen Versorger, der Sau-<br />
ber-Energie made in Hamburg herstellen und<br />
vertreiben sollte.<br />
2009 ging die neue Hamburg Energie GmbH an den<br />
Start. Erklärtes Ziel von Beginn an: alle Kunden<br />
mit sauberer, also regenerativer Energie zu versor-<br />
gen. Im Gegensatz zur hiesigen Stromkonkurrenz<br />
distanziert sich der Versorger von Atom- und Kohle-<br />
<strong>medium</strong> <strong>gas</strong> | <strong>2010.2</strong><br />
strom. Vielmehr setzt man in der Elbmetropole auf<br />
Eigenproduktion aus Windparks und effizienter<br />
Kraft-Wärme-Kopplung sowie Stromzukäufen<br />
aus umweltfreundlichen Quellen. Erwachsen ist<br />
die Idee von Hamburg Energie aus der Tatsache,<br />
dass sich viele Hamburger ökologisch Strom aus<br />
der Region wünschten.<br />
Hamburg<br />
Mittlerweile hat Hamburg Energie auch das Fern-<br />
wärme- und Erd<strong>gas</strong>netz der Stadt übernommen.<br />
Hier macht Hamburg aber derzeit noch eine Aus-<br />
nahme, die Stadt wird zunächst mit Erd<strong>gas</strong>, nicht<br />
mit Bioerd<strong>gas</strong> beliefert. Aber in zwei bis drei Jahren<br />
werde die Stadt damit versorgt, wurde Enno Iser-<br />
mann, Sprecher der Behörde für Stadtentwicklung<br />
und Umwelt, erst jüngst im Hamburger Abendblatt<br />
zitiert. Geschäftsführer Michael Beckereit ging<br />
sogar noch einen Schritt weiter. Im selben Blatt<br />
sprach er von einem Bio<strong>gas</strong>-Tarif ab 2010 für<br />
Haushalts-, Gewerbe- und Bündelkunden.<br />
www.hamburg.de | www.hamburg-energie.de<br />
ca. 1 780 000 Einwohner<br />
35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68<br />
31<br />
Die Stadt hat sich dem Umweltschutz<br />
verschrieben und wurde 2009<br />
von der EU-Kommission sogar zur<br />
„Grünen Hauptstadt Europas“ gekürt.<br />
Seit 2009 hat Hamburg wieder einen<br />
eigenen kommunalen Energiever-<br />
sorger – die Hamburg Energie GmbH.<br />
In einem „Manifest“ schreibt die<br />
Stadt ihrem Versorger zehn Richt-<br />
linien fest, etwa, dass der Strom frei<br />
von Kohle- und Atomenergie sein<br />
muss.
Foto: aboutpixel.de/Bert Spindler<br />
32 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature<br />
München bohrt<br />
nach Erd<strong>gas</strong><br />
www.muenchen.de | www.swm.de<br />
Eine sichere Energieversorgung setzt auf einen<br />
breit gefächerten Energiemix. Sie gewährleistet,<br />
dass jederzeit ein ausreichend großes Angebot<br />
an Energie vorhanden ist. Für Deutschland ist<br />
diese Komponente angesichts knapper eigener<br />
Ressourcen und gewachsener Importabhängigkeit<br />
keine unwichtige. Wie Städte und Gemeinden die<br />
ständige Verfügbarkeit von Energie ermöglichen,<br />
ist in starkem Maße abhängig von ihrer Größe.<br />
Kleinere Kommunen schließen sich beispielsweise<br />
zu Bündnissen zusammen, um die Beschaffung zu<br />
optimieren, andere erhöhen die Produktionskapa-<br />
zitäten durch Kraftwerksbeteiligungen. Selbst ein<br />
Einstieg ins Upstreamgeschäft für Erd<strong>gas</strong> ist eine<br />
Option, das zeigt das Beispiel München.<br />
München<br />
Die bayerische Landeshauptstadt ist über die<br />
Stadtwerke München (SWM) und deren Beteiligung<br />
an der Bayern<strong>gas</strong> Norge an Explorationsfeldern in<br />
ca. 1 300 000 Einwohner<br />
In der bayerischen Landeshauptstadt haben sich<br />
rund 20 000 Hightech-Unternehmen angesiedelt.<br />
In München sind sowohl große Konzerne als auch<br />
mittelständisch geprägte Unternehmen beheimatet.<br />
Größter Versorger der Region sind die Stadtwerke<br />
München GmbH (SWM).<br />
Mit einem Umsatz von 4,7 Mrd. € (2008) und knapp<br />
7000 Mitarbeitern zählen die SWM zu den größten<br />
deutschen Stadtwerken.<br />
Norwegen, Dänemark und Großbritannien betei-<br />
ligt. Erst vor vier Jahren sind die SWM zusammen<br />
mit drei weiteren Partnern ins Upstreamgeschäft<br />
eingestiegen. Das ambitionierte Ziel hat Geschäfts-<br />
führer Dr. Kurt Mühlhäuser so fomuliert: Bis 2014<br />
sollen alle Heiz<strong>gas</strong>kunden in und um München aus<br />
eigenen Quellen versorgt werden. Das entspricht<br />
jährlich etwa acht Milliarden Kilowattstunden<br />
Erd<strong>gas</strong>.<br />
Ein zweiter Eckpfeiler kennzeichnet die Energie-<br />
politik in München und die Arbeit der SWM: der<br />
Klimaschutzgedanke. So investieren die SWM in<br />
den nächsten Jahren über 200 Millionen Euro in<br />
den Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung und des<br />
Fernwärmenetzes, beides wichtige Maßnahmen<br />
zur CO 2-Reduzierung in der Stadt.<br />
Darüber hinaus bauen die SWM massiv die Nutzung<br />
erneuerbarer Energien aus. Investitionsvolumen:<br />
rund 9 Milliarden Euro. Sie setzen dabei auf regi-<br />
onale Projekte, aber auch auf internationale, wie<br />
jüngst bei einem Offshore-Windpark vor Wales.<br />
Mit den bisher angestoßenen und realisierten<br />
Projekten können sie ihre Ökostrom-Produktion<br />
von 350 Millionen auf rund 1 800 Millionen kWh<br />
pro Jahr steigern – genug Strom für über 90 % der<br />
Münchner Haushalte. Bis 2015 sollen alle Münchner<br />
Haushalte mit Ökostrom versorgt werden können,<br />
bis 2025 sogar der gesamte Münchner Strombedarf<br />
gedeckt werden.<br />
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Aalen erzeugt Strom<br />
und Wärme vor Ort<br />
Umweltverträglichkeit in der Energieversorgung zielt<br />
darauf ab, die natürlichen Ressourcen so schonend wie<br />
möglich einzusetzen und den Anteil erneuerbarer Energien<br />
in Zukunft zu erhöhen. Das Potenzial in den Städten und<br />
Gemeinden ist hier zweifelsohne am größten.<br />
Im Bereich der Energieeffizienz konnten in den vergangenen<br />
Jahren bereits große Fortschritte erzielt werden. Energie-<br />
beratungsstellen sind heute in beinahe jeder Kommune<br />
vorhanden, ebenso Energieeinsparprojekte mit Schu-<br />
len, Krankenhäusern und anderen öffentlichen Einrich-<br />
tungen.<br />
Eine wichtige Grundlage für mehr Effizienz sind Kraftwerke<br />
mit Kraft-Wärme-Kopplung, die den Primärenergieträger<br />
optimal ausnutzen. Wenn solche KWK-Anlagen wie im Fall<br />
der Stadt Aalen auch noch dezentral für das Nahwärmenetz<br />
verwendet werden, ist der energetische Nutzen noch um<br />
ein Vielfaches höher.<br />
Seit Ende der 1980er Jahre sind in Aalen bereits die Themen<br />
Energieeffizienz und Umweltschutz wichtige kommunale<br />
Handlungsfelder. Schon 1987 gab es in der Stadt das erste<br />
Förderprogramm für Energieeinsparmaßnahmen und zur<br />
Nutzung erneuerbarer Energien. Vom Energiestammtisch<br />
über erneuerbare Energien in städtischen Gebäuden bis<br />
<strong>medium</strong> <strong>gas</strong> | <strong>2010.2</strong><br />
hin zum kommunalen Energiemanagement gibt es nichts,<br />
was die Stadt nicht versucht, um die CO 2-Emissionen<br />
stetig zu vermindern. Ein Minus von zehn Prozent aller<br />
fünf Jahre hat sie sich zum Ziel erklärt.<br />
Einen wichtigen Beitrag liefert der städtische Energiever-<br />
sorger, die Stadtwerke Aalen. Für die Fachhochschule,<br />
das Thermalbad, das Landratsamt und das <strong>Gas</strong>werk<br />
nutzen sie moderne Anlagen mit Kraft-Wärme-Kopplung<br />
auf Erd<strong>gas</strong>basis. Dadurch, dass in den Anlagen Strom<br />
erzeugt und die anfallende Abwärme gleichzeitig genutzt<br />
wird, erreichen die Anlagen nicht nur hohe Wirkungsgrade<br />
von bis zu neunzig Prozent, sondern „verwerten“ die<br />
Primärenergie auch wesentlich effizienter. Das reduziert<br />
zugleich den Ausstoß von Treibhaus<strong>gas</strong>en um 20 bis<br />
30 Prozent.<br />
Aalen<br />
Quelle: Stadt Aalen<br />
Die Idee der Nahwärme – der Erzeugung von Wärme in<br />
kleinen, dezentralen Einheiten – spielt in der Unterneh-<br />
mensstrategie der Stadtwerke eine zentrale Rolle. Sie<br />
planen daher auch, die Nahwärmeversorgung und die<br />
KWK-Potenziale in der Stadt weiter auszubauen.<br />
ca. 66 700 Einwohner<br />
35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68<br />
33<br />
Größter Arbeitsort der Region<br />
Ostwürttemberg<br />
Wichtigster Wirtschaftsfaktor<br />
ist das produzierende Gewerbe,<br />
insbesondere die Metall-<br />
verarbeitung.<br />
Wichtigster Energieversorger<br />
der Region sind die Stadtwerke<br />
Aalen GmbH.<br />
Sie haben bereits 1998 eine<br />
eigene Marke für Strom und<br />
<strong>Gas</strong> eingeführt.<br />
www.aalen.de | www.sw-aalen.de | www.limes-thermen.de
Foto: Michael Bader<br />
34 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature<br />
Leipzig vernetzt sich<br />
zur Energiemetropole<br />
Global denken, lokal handeln – der Leitspruch der Umweltkon-<br />
ferenz im brasilianischen Rio de Janeiro von 1992 wirkt noch<br />
heute. Im Artikel 28 des Aktionsprogramms sind die Kommunen<br />
angesprochen als bürgernaheste politische Ebene. Ihnen wurde<br />
der Auftrag erteilt, mit ihren Bürgern, Unternehmen und Verbänden<br />
eine offene Diskussion über Energieversorgung, Umweltschutz<br />
sowie wirtschaftliche und soziale Entwicklungen zu führen.<br />
In Leipzig gestaltet sich die Organisation dieses Diskussions-<br />
prozesses vergleichsweise einfach. Viele große und kleine<br />
Unternehmen aus der Energiebranche haben in der Region ihren<br />
Sitz, angefangen bei Versorgern wie die Stadtwerke Leipzig und<br />
<strong>VNG</strong> über die Energiebörse EEX bis hin zu Forschungseinrich-<br />
tungen wie das Biomasseforschungszentrum oder das Institut<br />
für Energetik und Umwelt gGmbH. Gemeinsam haben sie sich<br />
im Cluster Energie- und Umwelttechnik zusammengeschlos-<br />
sen. Die Idee hinter dem Cluster: Leipzig zu einer europawei-<br />
ten Energiemetropole machen, innovative Energietechniken<br />
umsetzen, Konzepte für die Leipziger Energieversorgung von<br />
morgen entwickeln.<br />
Aktuell beschäftigt sich das Cluster mit vier Projekten: ein<br />
Biomassekraftwerk für die Bioabfälle der Stadt Leipzig, ein<br />
Konzept zur Effizienzsteigerung der Stadtbeleuchtung, ein<br />
ganzheitliches Konzept für eine energieeffiziente Stadt unter<br />
der Berücksichtigung des demografischen Wandels und ein<br />
ÖKOPROFIT ® -Projekt.<br />
www.leipzig.de | www.swm.de<br />
leipzig<br />
ca. 515 000 Einwohner<br />
Leipzig setzt auf ein integriertes Stadtentwick-<br />
lungskonzept, das unter anderem auch Aussagen<br />
über eine effiziente und umweltverträgliche<br />
Energienutzung trifft.<br />
Eine der wichtigsten Zukunftsbranchen ist für<br />
die Stadt die Energie- und Umwelttechnik, deshalb<br />
vernetzen sich die Unternehmen der Region in<br />
einem Cluster.<br />
Größter Energieversorger sind die Stadtwerke<br />
Leipzig GmbH, nach eigenen Aussagen immerhin<br />
größtes Stadtwerk in den neuen Bundesländern.<br />
Führendes und in den meisten Fällen auch ausführendes<br />
Unternehmen im Energiecluster Leipzig sind die Stadtwerke<br />
Leipzig. Sie haben beispielsweise im vergangenen Jahr<br />
einen Projektvorschlag erarbeitet, der ein dynamisches<br />
Modell zur Steigerung der Energieeffizienz in der Stadt unter<br />
Berücksichtigung des demographischen Wandels bis 2030<br />
beinhaltet. Auch im Bereich der erneuerbaren Energien sind<br />
sie Vorreiter in der Region: mit dem Biomasse-Heizkraftwerk<br />
Wittenberg-Piesteritz und dem Biomasse-Kraftwerk in Bischofferode/Holungen<br />
haben die Leipziger zwei Anlagen zur Energieerzeugung<br />
auf Basis regenerativer Energien im Einsatz.<br />
Während das Leipziger Energiecluster zwar praxisorientiert<br />
arbeitet, aber doch nicht zum Anfassen ist, planen Prof. Dr. Hans-<br />
Jochen Schneider und Dipl.-Ing. André Jaschke ein Erlebnis-Zentrum<br />
für Energietechnik und Energielösungen nach dem Vorbild<br />
der Autostadt in Wolfsburg. Als Erlebniswelt EnergieCity preisen<br />
die beiden ihre Idee an. Und sie wollen sogar noch einen Schritt<br />
weiter gehen: Die Erlebniswelt soll als Kompetenzzentrum für<br />
die Vernetzung der Branchen der erneuerbaren Energien, der<br />
Energieeffizienz und des nachhaltigen Bauens dienen.<br />
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34
Foto: Stadt Dresden/Christoph Münch<br />
Dresdner Forscherdrang<br />
für mehr Effizienz<br />
„Die sächsischen Unternehmen sind gut aufgestellt“,<br />
lobte der sächsische Wirtschaftsminister Sven<br />
Morlok jüngst das Innovationspotenzial säch-<br />
sischer Unternehmen im Hinblick auf Energie-<br />
effizienz und Energieanwendung. Dabei machte<br />
der Minister auch deutlich, dass Energieeffizienz<br />
mehr ist als die bloße Vermeidung von Energie-<br />
verlusten. Vielmehr stünden die Entwicklung<br />
neuer innovativer Konzepte, Technologien und<br />
Werkstoffe im Mittelpunkt.<br />
Die Landeshauptstadt Dresden hat sich dieser<br />
wissenschaftlich-technischen Herausforderung in<br />
besonderer Weise angenommen. Die Technische<br />
Universität Dresden zählt mittlerweile zu einem<br />
der wichtigsten Zentren der Energieforschung in<br />
Sachsen. Hinzu kommen die vier großen institu-<br />
tionellen Forschungseinrichtungen Fraunhofer,<br />
Helmholtz, Leibniz und Max-Planck sowie eine<br />
Vielzahl privater Institutionen. Einen Spitzenplatz<br />
in Deutschland hat sich die Elbmetropole vor<br />
allem in den Bereichen Werkstoffentwicklung,<br />
Nanotechnologie sowie Photovoltaik erworben,<br />
mittlerweile haben sich die Forschungseinrich-<br />
tungen aber auch auf das Thema Energieeffizienz<br />
spezialisiert.<br />
<strong>medium</strong> <strong>gas</strong> | <strong>2010.2</strong><br />
Wie effizient man Erd<strong>gas</strong> schon heute einsetzen<br />
kann, zeigen die Stadtwerke Dresden (DREW<strong>AG</strong>).<br />
Beispielsweise im <strong>Gas</strong>turbinen-Heizkraftwerk Nos-<br />
sener Brücke: 85 Prozent des Brennstoffs werden<br />
dort mit KWK genutzt. In einem konventionellen<br />
Kraftwerk werden hingegen nur 40 Prozent der<br />
eingesetzten Energie tatsächlich in Strom umge-<br />
wandelt. Dadurch, dass die DREW<strong>AG</strong> die bei der<br />
Stromerzeugung entstehende Wärme für die Fern-<br />
wärmeversorgung nutzt, schont sie die natürlichen<br />
Rohstoffe. Gleichzeitig sind die Emissionswerte<br />
dieser KWK-Kraftwerke um ein Vielfaches geringer<br />
als bei herkömmlichen Kraftwerken.<br />
So modern und effizient die Kraftwerkstechnologie<br />
ist, so sehr scheint die Effizienz im Mobilitätssek-<br />
tor noch zu fehlen. Erd<strong>gas</strong>fahrzeuge sind für die<br />
DREW<strong>AG</strong> zwar eine echte Alternative zu Benzin-<br />
und Dieselfahrzeugen, seit vergangenem Jahr aber<br />
längst nicht die einzige. Der Dresdner Versorger<br />
hat die Entwicklung des Elektromobils für sich<br />
entdeckt, will im Rahmen des Projektes „Modell-<br />
region Elektromobilität Sachsen“ in diesem Jahr<br />
bereits erste Ladestationen in der Stadt errichten.<br />
Auch der Test von Elektrofahrzeugen im eigenen<br />
DREW<strong>AG</strong>-Fuhrpark ist im Gespräch.<br />
Dresden<br />
Foto: Stadt Dresden/Christoph Münch<br />
ca. 508 000 Einwohner<br />
35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68<br />
35<br />
Die sächsische Landeshauptstadt<br />
hat sich zum Top-Ten-Wirtschafts-<br />
und Wissenschaftsstandort in<br />
Deutschland etabliert.<br />
Vor allem in den Zukunftsbranchen<br />
Informations- und Kommunika-<br />
tions-, Nano- und Biotechnologie,<br />
setzt Dresden wichtige Entwick-<br />
lungsimpulse.<br />
Für die Forschung zu und der<br />
Anwendung von energieeffizienten<br />
Technologien engagiert sich die<br />
DREW<strong>AG</strong> – Stadtwerke Dresden<br />
GmbH.<br />
www.dresden.de | www.drewag.de
Foto: aboutpixel.de/Walter Dannehl<br />
36 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature<br />
www.berlin.de | www.<strong>gas</strong>ag.de<br />
Berlin<br />
ca. 3,45 Millionen Einwohner<br />
Die deutsche Hauptstadt hat in den vergangenen<br />
zwanzig Jahren einen grundlegenden Struktur-<br />
wandel vollzogen.<br />
In Berlin<br />
brennt man für die Brennstoffzelle<br />
Vor dem Hintergrund der verbindlichen Klimaschutzziele<br />
der Bundesregierung spielen der Ausbau von erneuerbaren<br />
Energien und die Nutzung von Energieeinsparmaßnahmen<br />
eine entscheidende Rolle. Nicht minder unwichtig sind<br />
auch effiziente Energietechnologien. Im Vorfeld zum<br />
Weltklimagipfel in Kopenhagen im Dezember 2009 nannte<br />
Bundesumweltminister Norbert Röttgen den Klimaschutz<br />
ein „ökonomisches und technologisches Wettrennen“.<br />
Technologie sei der Schlüssel, Wachstum und Wohlstand<br />
in Deutschland zu sichern, ohne die Abhängigkeit von<br />
Energie und Ressourcen zu erhöhen, so Röttgen weiter.<br />
Schon heute fördert Deutschland die nicht-nukleare<br />
Energieforschung, setzt dabei Schwerpunkte auf die KWK-<br />
Technologie, moderne Kraftwerkstechnologien – und nicht<br />
zuletzt auch auf die Brennstoffzelle. In Minikraftwerken<br />
ersetzt sie die Heizung und produziert gleichzeitig Strom.<br />
Weit über 70 Brennstoffzellen-Heizgeräte von drei Herstel-<br />
lern sind in Deutschland im Rahmen des aktuellen Callux-<br />
Feldtestprogrammes bereits in Betrieb gegangen, etwa<br />
800 Anlagen sollen bis Ende 2012 erprobt werden.<br />
Mehrere Brennstoffzellen auf Basis der Kraft-Wärme-Kopp-<br />
lung stehen für Feldtestzwecke in Berlin. Die deutsche<br />
Hauptstadt hatte sich schon 2008 zur KWK-Modellstadt<br />
Berlin setzt beim Umweltschutz als eine der<br />
wenigen deutschen Städte auf den Einsatz von<br />
umweltfreundlichem Erd<strong>gas</strong> als Kraftstoff.<br />
15 öffentliche Erd<strong>gas</strong>tankstellen gibt es dafür<br />
bereits im gesamten Stadtgebiet.<br />
Wichtiger Partner der Stadt für umweltverträgliche<br />
Energieversorgung ist die GAS<strong>AG</strong>.<br />
erkoren. Bereits von 2003 bis 2006 konnte der örtliche<br />
<strong>Gas</strong>versorger GAS<strong>AG</strong> eine Brennstoffzelle in einem Berliner<br />
Einfamilienhaus testen. Im Sommer dieses Jahres kommt<br />
die nächste Generation Brennstoffzelle in die Hauptstadt,<br />
um dort im Feldtest die Praxistauglichkeit zu erproben.<br />
Dazu zählen die Brennstoffzellen-Technik der Gamma 1.0,<br />
Inhouse 5000 und BlueGen. Die Feldtests werden – wie<br />
2003 – wieder von <strong>VNG</strong> begleitet, laufen jetzt aber unter<br />
der Callux-Initiative.<br />
Obwohl die GAS<strong>AG</strong> betont, dass sie auch in Zukunft<br />
Brennstoffzellen-Technik in Form von Pilotprojekten in<br />
der Praxis erproben wird, steht die Technologie derzeit<br />
nicht an oberster Stelle. Wichtiger ist dem Berliner Ver-<br />
sorger die Einführung von Mini- und Mikro-KWK-Anlagen<br />
verschiedener Hersteller. Den Vertrieb dieser Anlagen für<br />
den Privatgebrauch hat die GAS<strong>AG</strong> bereits Ende 2009 ge-<br />
startet. Bis Ende 2010 sollen 500 der Mikro-KWK-Anlagen<br />
verkauft werden. Bis zum Jahr 2015 will das Unternehmen<br />
dann jährlich 8 000 Anlagen verkaufen.<br />
Für das neue Berliner Energiekonzept 2020 sind die KWK-<br />
Technologien ein wichtiger Baustein. Berlins Wirtschafts-<br />
senator Harald Wolf hat den Grundsatz festgelegt: Um<br />
40 Prozent im Vergleich zu 1990 sollen die CO 2-Emissionen<br />
in Berlin bis 2020 sinken. Ohne KWK-Anlagen, da ist sich<br />
Wolf sicher, lassen sich die Vorgaben nicht umsetzen. Ihr<br />
Anteil an der Stromerzeugung soll daher von 40 Prozent<br />
auf 60 Prozent steigen.<br />
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34
Foto: aboutpixel.de/Matthias Feige<br />
Energieexperten machen<br />
Schule in Erfurt<br />
Wie sieht der Weg zu mehr Energieeffizienz aus? Die Bun-<br />
desregierung gibt in ihrem Mesebergpaket klare Vorgaben<br />
im Hinblick auf die Angebots-, Produkt- und Kommunikati-<br />
onsseite vor. Die Rede ist von moderner KWK-Technologie,<br />
von energiesparenden Geräten – und nicht zuletzt von<br />
nachhaltiger Bildung und Energieberatung.<br />
Eine wichtige Zielgruppe für einen ressourcenschonenden<br />
und energieeffizienten Einsatz von Energie sind Kinder<br />
und Jugendliche. Was liegt näher, als dass Schüler zu<br />
kleinen Energieexperten werden und sich aktiv mit<br />
umwelttechnischen Themen auseinandersetzen? Die<br />
Ideen und Handlungen, die sie in der Schule lernen,<br />
geben sie idealerweise an ihre Eltern, an Altersgenos-<br />
sen und Freunde weiter. Gleichzeitig gehören Schulen<br />
auch zu jenen öffentlichen Gebäuden, die noch einen<br />
vergleichsweise hohen Energieverbrauch haben. Das<br />
Einsparpotenzial ist daher besonders groß.<br />
Ein Modellprojekt unter dem Motto „Erfurter Schulen<br />
sparen Energie“ hat die thüringische Landeshauptstadt<br />
bereits 2004 gestartet. Die Bilanz der vergangenen sechs<br />
Jahre fällt durchaus positiv aus: zwischen 2004 und 2009<br />
wurden nach eigenen Angaben 516 563 kWh Elektro-<br />
energie, 97 633 EUR Energiekosten und 258 283 kg CO 2<br />
eingespart. Auch der Anteil der beteiligten Schulen hat sich<br />
kontinuierlich erhöht von anfänglich 16 auf 30 Schulen.<br />
<strong>medium</strong> <strong>gas</strong> | <strong>2010.2</strong><br />
Für die Schulen hat das Projekt zwei wesentliche Vorteile:<br />
Einerseits können sie durch Verbrauchsmessungen schon<br />
von Beginn an Einsparpotenziale aufdecken, andererseits<br />
erhalten sie einen Teil der eingesparten Energiekosten<br />
zur freien Verwendung.<br />
Erfurts Oberbürgermeister Andreas Bausewein und Bür-<br />
germeisterin Tamara Thierbach wollen noch mehr Schulen<br />
für das Projekt begeistern. Nur so könne es gelingen, den<br />
Kreis der „Energiebewussten“ immer größer zu ziehen und<br />
ein bewusstes, nachhaltiges Handeln als Tagesmaxime<br />
zu fördern.<br />
Das kommunale Schulsparprojekt ist übrigens nur eines<br />
von vielen Nachhaltigkeitsprojekten in Erfurt. Die Stadt-<br />
werke Erfurt Gruppe engagiert sich ebenfalls mit vielfäl-<br />
tigen Bildungsangeboten im Kinder- und Jugendbereich. Die<br />
Angebotspalette reicht vom Unterricht bei den Stadtwerken<br />
bis hin zu Besichtigungen der technischen Einrichtungen.<br />
Auch Wettbewerbe wie der Solarbauwettbewerb, der zur<br />
Beschäftigung mit erneuerbaren Energien anregt, oder<br />
der Papiersammelwettbewerb sind ein Teil der Initiativen<br />
der Stadtwerke Erfurt Gruppe, um nachhaltige Themen<br />
zu transportieren.<br />
Erfurt<br />
ca. 200 000 Einwohner<br />
Laut Auskunft der Stadt hat<br />
35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68<br />
37<br />
Erfurt einen ausgewogenen Mix<br />
von produzierendem Gewerbe,<br />
Dienstleistungen sowie Einzel-<br />
handel.<br />
Aktuell erarbeitet die Thüringer<br />
Landeshauptstadt ein inte-<br />
griertes Klimaschutzkonzept,<br />
durch das sie bis 2020 mindestens<br />
20 % Kohlendioxid gegenüber<br />
2008 einsparen will.<br />
Kommunaler Dienstleister, vor<br />
allem für Energieeffizienz und<br />
erneuerbare Energien, sind die<br />
Stadtwerke Erfurt.<br />
www.erfurt.de | www.stadtwerke-erfurt.de
38 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature<br />
Stadt der Zukunft<br />
Masdar City – die umweltfreundlichste<br />
Stadt der Welt<br />
Masdar City ist wie ein „Silicon Valley für erneuerbare Energien“.<br />
Die Kommune wird weltweit Vorbildcharakter haben.<br />
Von Dr. Axel Schnell, freier Publizist<br />
Masdar City ist die umweltfreundlichste Stadt<br />
der Welt und sie wächst in der Wüste von Abu<br />
Dhabi. Rund 25 Kilometer von der gleichnamigen<br />
Hauptstadt des Emirats entfernt, entsteht auf<br />
sechs Quadratkilometern die erste nachhaltige<br />
Umweltstadt – ohne Kohlendioxid, ohne Abfall<br />
und ohne Autos: Versorgen wird sich die Stadt,<br />
deren Grundstein im Oktober 2008 gelegt wurde,<br />
durch erneuerbare Energien. Schon ab 2016 sollen<br />
50 000 Bewohner hier leben. Kosten des Projekts:<br />
rund 22 Milliarden Dollar. Geplant wird Masdar<br />
City vom britischen Stararchitekten Lord Norman<br />
Foster, der unter anderem auch die Kuppel auf dem<br />
Berliner Reichstag plante.<br />
Masdar City ist ein ehrgeiziges Projekt: Pro Schicht<br />
wirken hier mehr als 3 000 Arbeitskräfte, drei<br />
Schichten täglich, sieben Tage die Woche. Rund<br />
um die Uhr wird an diesem Wüstentraum gear-<br />
beitet. Es wirkt, als hätte Abu Dhabi, das zur<br />
Föderation der Vereinigten Arabischen Emirate<br />
(VAE) gehört, keine Zeit zu verlieren. Eines ist<br />
klar: Eines Tages wird das Öl ausgehen. Für Abu<br />
Dhabi ist dieser Tag allerdings noch fern. Nach<br />
Schätzungen lagert unter dem Wüstensand des<br />
Emirates noch genug Erdöl bis zum Ende dieses<br />
Jahrhunderts. Die wichtigsten Bodenschätze der<br />
VAE sind Öl und Erd<strong>gas</strong>, von denen sich mehr<br />
als 90 Prozent in Abu Dhabi befinden. Es gibt<br />
erwiesene Ölreserven in den VAE von mehr als<br />
98 Milliarden Barrel und erwiesene Erd<strong>gas</strong>reserven<br />
von 6 Billionen Kubikmeter. Trotzdem sorgt das<br />
Emirat Abu Dhabi schon für die Zeit nach dem Öl<br />
vor. Und ein wichtiges Projekt für die Zukunft der<br />
Energiegewinnung ist Masdar – ein arabisches<br />
Wort, das für Quelle oder Ursprung steht. Über<br />
den Konzern Masdar, zu dem auch das Projekt<br />
Masdar City gehört, will sich Abu Dhabi vom<br />
Technologieimporteur zum Technologieexporteur<br />
entwickeln. Ziel ist dabei eine führende Rolle im<br />
Markt für erneuerbare Energien. Und da kann es<br />
offenbar eben nicht schnell genug gehen.<br />
Masdar ist eine Quelle, die nicht nur in der Wüste,<br />
sondern für die ganze Welt sprudeln soll.<br />
„Wir wollen zur Hauptquelle für die künftigen<br />
Energielösungen der Welt werden“, verkündete<br />
Sultan Ahmed Al Jaber auf dem Weltgipfel für<br />
Zukunftsenergie in Abu Dhabi Anfang des Jahres.<br />
Ein Treffen, das die „New York Times“ als „Davos<br />
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34
der erneuerbaren Energien“ bezeichnet. Ein Land,<br />
das förmlich auf dem Öl sitzt, baut mit Masdar<br />
City nun eine Stadt, die ohne einen Tropfen davon<br />
auskommt. Eine Freihandelszone für technologie-<br />
orientierte Unternehmen vornehmlich aus dem<br />
Ökologiesektor. Auch Energiegiganten wie BP,<br />
Shell oder General Electric haben schon zugesagt.<br />
„Wir haben derzeit keinen Mangel an Energie,<br />
aber das wollen wir auch nie erleben“, erklärte<br />
der Sultan, der das Unternehmen Masdar leitet,<br />
damals gegenüber den Medien. „Wir denken über<br />
uns selbst hinaus.“<br />
Das ist auch der Tenor des Werbefilms für die<br />
Ökostadt: „Bald werden wir die Erkenntnisse aus<br />
Masdar City mit der ganzen Welt teilen“, heißt<br />
es dort. Und: „Die Bewohner werden die höchste<br />
Lebensqualität genießen können in dem Bewusst-<br />
sein, dass sie der Umwelt nicht schaden“, heißt<br />
es in dem Werbefilm für Masdar. In der Wüste<br />
entsteht ein globales Technologiezentrum für<br />
Nachhaltigkeit. Ein stadteigenes Fotovoltaikwerk<br />
soll die Energie für Klimaanlagen und Strom<br />
<strong>medium</strong> <strong>gas</strong> | <strong>2010.2</strong><br />
liefern. Auch Windenergie ist im Einsatz. Was<br />
übrig bleibt, soll ins Stromnetz eingespeist wer-<br />
den für andere Städte. Das Wasser kommt aus<br />
einer solarbetriebenen Entsalzungsanlage. Der<br />
Müll der Stadt soll zu fast 100 Prozent recycelt<br />
werden.<br />
In deutschen Städten wird gelegentlich ein autofreier<br />
Tag ausgerufen, in Masdar City wird es keinen<br />
Tag mit Autos geben. Wer mit dem Fahrzeug<br />
nach Masdar City kommt, muss es vor der Stadt<br />
auf einem Parkplatz abstellen. Die Straßen der<br />
Modellstadt für die Zukunft sind ausschließlich<br />
den Fußgängern vorbehalten. Für die Mobilität<br />
sorgt ein dichtes Netz aus Metrostationen und<br />
Elektro-Fahrzeugen auf Schienen. Dabei sind<br />
die Transportmöglichkeiten maximal 200 Meter<br />
voneinander entfernt. Zusätzlich wird es für den<br />
Einsatz in der Stadt spezielle Elektrofahrzeuge<br />
geben. Für Fußgänger und Radfahrer wird es<br />
unter anderem durch Wasseranlagen und Parks<br />
kühl und angenehm sein. Damit auch hier kein<br />
Wasser vergeudet wird, werden die Pflanzen mit<br />
35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68<br />
39
40 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature<br />
Fortsetzung von Seite 39<br />
Masdar City – die umweltfreundlichste<br />
Stadt der Welt<br />
wiederaufbereitetem Brauchwasser gegossen.<br />
Wer in Masdar City lebt, muss nicht auf Annehm-<br />
lichkeiten verzichten. So wird es Shoppingcenter<br />
geben und alles, was ein „vibrierendes Stadtleben“<br />
(Foster) ausmacht. Das ist sicher ganz im Sinne<br />
des Sultans Ahmed Al Jaber, der gesagt hat: „Wer<br />
grüne Projekte verfolgt, muss nicht zwingend<br />
langweilig sein.“ Dabei ist für die Architekten<br />
bei der Planung Flexibilität wichtig. Foster gegen-<br />
über der Presse: „Wir müssen auf neue Technolo-<br />
gien reagieren können, die in den nächsten zehn<br />
und mehr Jahren unsere Art zu leben verändern<br />
werden – Dinge, die erst noch erfunden werden<br />
müssen und die wir derzeit nur erträumen können.“<br />
Um die hohen Ansprüche zu realisieren, arbeitet<br />
der Stararchitekt mit rund 500 Fachleuten aus<br />
aller Welt zusammen.<br />
Trotz ihrer großen Bedeutung ist Masdar City nur<br />
eine der fünf Geschäftseinheiten der Masdar Ini-<br />
tiative in Abu Dhabi. Ein weiterer Bereich sind die<br />
Solarkraftwerke. Bis 2020 sollen Solarkraftwerke<br />
mit einer Gesamtleistung von 1500 Megawatt rund<br />
200 Kilometer südlich der Hauptstadt 20 Prozent<br />
des jährlichen Strombedarfs des Landes decken.<br />
Der dritte Geschäftsbereich der Masdar-Initiative<br />
soll ausländische Firmen ins Emirat holen. Dazu<br />
Sultan Ahmed Al Jaber in einem Interview: „Wenn<br />
Sie heute die Situation im Bereich der alternativen<br />
Energien anschauen, so ist der Sektor über die<br />
ganze Welt zerstückelt. Abu Dhabi bietet diesen<br />
Firmen die einmalige Chance einer gemeinsamen,<br />
globalen Plattform für die Entwicklung alternati-<br />
ver Energien. Die Stadt wird in einer speziellen<br />
Zone angesiedelt mit ausgesprochen wirtschafts-<br />
freundlichen Bestimmungen. So wird es dort keine<br />
Steuern irgendwelcher Art geben.“ Und gegenüber<br />
einem TV-Sender: „Unsere weltweiten Recherchen<br />
haben ergeben, dass es für erneuerbare Energien<br />
keine Zentrale wie etwa das Silicon Valley für die<br />
Computerindustrie gibt. Wir bauen nun dieses<br />
Zentrum, um Wissenschaftler, Ausbildungspro-<br />
gramme, Geldgeber und Unternehmer zusammen<br />
zubringen.“<br />
Bereits eröffnet ist der vierte Geschäftszweig: das<br />
Masdar Institute of Science and Technology. Hier<br />
wird die neu gegründete Internationale Agentur<br />
für erneuerbare Energien (Irena) ihren Sitz in<br />
Masdar City nehmen. Später wird sich auch die<br />
Fraunhofer-Gesellschaft dort niederlassen, die<br />
das Projekt als „eines der weltweit führenden<br />
Beispiele für nachhaltige Entwicklung“ bezeichnet.<br />
Fünfter Geschäftsbereich der Masdar-Initiative ist<br />
der Handel mit Emissionszertifikaten nach dem<br />
Kyoto-Protokoll.<br />
Ökologie als Staatsangelegenheit? Dass es den<br />
Scheichs damit ernst ist, bestätigt Eduardo<br />
Gonçalves, Global Coordinator der WWF-Initiative<br />
One Planet Living. Abu Dhabi und die anderen<br />
Emirate arbeiten eng mit dem World Wide Fund For<br />
Nature (WWF) zusammen. Gonçalves: „Masdar City<br />
wird der zentrale Knotenpunkt des weltweit größten<br />
erneuerbaren Energiebetreibers, der Masdar-<br />
Initiative, sein.“ Weiter erklärte er in einem Inter-<br />
view: „Masdar wird ein wichtiger Knotenpunkt von<br />
Forschung, Entwicklung und des Marketings. Hier<br />
kommen mehrere Aspekte zusammen: Das Kapital<br />
ist vorhanden, die Infrastruktur, hier wird es die<br />
Arbeitskräfte geben. Hier werden die besten Köpfe<br />
in einer Universität vereint, die der Erforschung der<br />
nachhaltigen Technologien gewidmet sind.“<br />
„Trotzdem werden alternative Energien keine Kon-<br />
kurrenz zu den klassischen Kohlenwasserstoff-<br />
Energieträgern darstellen“, so Sultan Ahmed Al<br />
Jaber in einem Interview. Sie könnten „höchstens<br />
eine ergänzende Funktion haben“ und helfen, „die<br />
immer größer werdende Lücke zwischen dem wach-<br />
senden Energiebedarf und dem Angebot auf dem<br />
Weltmarkt zu schließen“. So werde die Welt etwa<br />
„immer Öl brauchen“, und sei es nur für die indus-<br />
trielle Produktion von gewissen Materialien.<br />
Masdar ist bereits in Deutschland angekommen:<br />
Im vergangenen Oktober eröffnete die Solartochter<br />
Masdar PV aus Abu Dhabi ein Werk zur Herstellung<br />
von Dünnschicht-Solarzellen in Ichtershausen<br />
am Erfurter Kreuz. 140 Millionen Euro hat die<br />
Firma investiert, 600 Arbeitsplätze sollen hier<br />
entstehen.<br />
Und plötzlich sind Masdar und die Zukunft gar<br />
nicht mehr so weit entfernt.<br />
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<strong>medium</strong> <strong>gas</strong> | <strong>2010.2</strong><br />
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41
42 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature<br />
Erd<strong>gas</strong>technologie<br />
<strong>VNG</strong> arbeitet mit Marktpartnern und Kommunen<br />
an Energiekonzepten für die Zukunft<br />
<strong>VNG</strong> arbeitet seit vielen Jahren eng mit kommunalen Energieunternehmen und Regionalversorgern zusammen, um gemeinsam<br />
neue Konzepte für die Energieversorgung der Zukunft zu entwickeln. Ein erstes zukunftsträchtiges projekt wurde im April<br />
2010 der Öffentlichkeit vorgestellt.<br />
Von Christian Dubiel und Marek Preißner, <strong>VNG</strong><br />
Starke Energieunternehmen<br />
Stadtwerke und Regionalversorger besitzen sehr<br />
viel unternehmerisches Know-how, um eine nach-<br />
haltige Energiewirtschaft zu forcieren und Akzente<br />
für einen nachhaltig geprägten Energiemix zu<br />
setzen. <strong>VNG</strong> sowie Vertreter verschiedener Energieversorgungsunternehmen<br />
aus ganz Deutschland<br />
haben dieses Potenzial jetzt in einem gemeinsamen<br />
Feldtestprojekt für ein neues Mikro-BHKW<br />
gebündelt.<br />
Neues Mikro-BHKW am Markt<br />
Auf der Hannovermesse wurde im April dieses<br />
Jahres das Kirsch HomeEnergy microBHKW L 4.12<br />
der Kirsch GmbH aus Trier (Kirsch) erstmals der<br />
Öffentlichkeit vorgestellt. Die Firma Kirsch ist<br />
Lizenznehmer für das von <strong>VNG</strong> im Rahmen einer<br />
Grundlagenentwicklung konzipierte und patentierte<br />
luftgekühlte Mikro-BHKW (L-MBHKW) und<br />
führt diese Entwicklung zur serienreifen Vermark-<br />
Dr. Jörg Hartan (Technologie Center <strong>VNG</strong>) erklärt das neue Gerät. | Klaus Mies, Geschäftsführer Kirsch GmbH (re.)<br />
tung. Die Anlage ist vornehmlich für den Einsatz<br />
in Ein- und Zweifamilienhäusern vorgesehen und<br />
erzeugt Wärme und Strom für den Eigenbedarf.<br />
langer Weg zur Serienreife<br />
Die Entwicklungsphase des L-MBHKW begann<br />
bereits 1996. Eine erste Pilotanlage wurde im<br />
Jahr 1999 in einem Einfamilienhaus installiert<br />
und versorgt es seitdem zuverlässig mit Wärme<br />
und Strom. Zwei weitere Pilotanlagen wurden für<br />
umfangreiche Testzwecke in den Jahren 2007 und<br />
2008 bei <strong>VNG</strong> eingesetzt. Im Anschluss an die langjährige<br />
Entwicklungs- und Vorbereitungszeit wurde<br />
schließlich die erste in Zusammenarbeit mit Kirsch<br />
produzierte Demonstrationsanlage am 1. Oktober<br />
2009 im Heizhaus am <strong>VNG</strong>-Untergrund<strong>gas</strong>speicher<br />
in Bad Lauchstädt in Betrieb genommen. 15 weitere<br />
Demonstrationsanlagen folgten, die für Testläufe<br />
in Ein- und Zweifamilienhäusern eingebaut<br />
wurden. Als Partner standen unter anderem die<br />
Stadtwerke Chemnitz, Leipzig, Erfurt und DREW<strong>AG</strong><br />
sowie die Berliner GAS<strong>AG</strong> und die Mannheimer<br />
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Mikro-BHKWs<br />
<strong>medium</strong> <strong>gas</strong> | <strong>2010.2</strong><br />
Mikro-BHKWs nutzen das Prinzip der Kraft-Wärme-Koppelung in Ein- und Zweifamilienhäusern. In KWK-Anlagen werden<br />
gleichzeitig Strom und Wärme produziert. Dieses Vorgehen entspricht einer optimalen Nutzung der eingesetzten Rohstoffe<br />
und führt zu Einsparungen von Primärenergie gegenüber einer getrennten Erzeugung und somit zu verminderten<br />
CO 2-Emissionen.<br />
Die KWK-Technologie wird gesetzlich gefördert und kann mit Erd<strong>gas</strong> als auch mit Bioerd<strong>gas</strong> betrieben werden. Der Einsatz<br />
des „grünen“ <strong>Gas</strong>es führt zu einer zusätzlichen Verbesserung der CO 2-Bilanz.<br />
MVV bereit und unterstützten diese Phase aktiv.<br />
Weiterhin begleiten seit Beginn an verschiedene<br />
Hochschulen, wie die TU Bergakademie Freiberg,<br />
die HTWK Leipzig und die TU Dresden das Projekt<br />
aus wissenschaftlicher Sicht.<br />
Die Feldtestphase mit bis zu 150 seriennahen<br />
Geräten wird an Standorten in ganz Deutschland<br />
durchgeführt. Zahlreiche weitere kommunale<br />
Versorger haben bereits ihr Interesse an der neuen<br />
Technologie bekundet.<br />
Impulse für die Zukunft<br />
<strong>VNG</strong> und die kommunalen Stadtwerke sowie wei-<br />
tere Energieversorgungsunternehmen arbeiten<br />
derzeit mit Hochdruck daran, energieeffiziente<br />
Technologien bis zur Marktreife zu entwickeln.<br />
Sie sehen die KWK-Technologie im Allgemeinen<br />
und das Mikro-BHKW im Besonderen als einen<br />
weiteren Baustein, die Energieversorgung der<br />
Zukunft auch im privaten Bereich zu gestalten.<br />
Das neue microBHKW L 4.12 der Firma Kirsch<br />
ist dabei aber lediglich ein Bindeglied. Die Pro-<br />
jektpartner sind sich einig: Ein Gerät von nur<br />
einem Hersteller ist nicht ausreichend, um die<br />
Akzeptanz der Technologie zielführend zu stei-<br />
gern. Um die Mikro-BHKWs flächendeckend im<br />
Markt zu etablieren, werden die Marktpartner<br />
deshalb zusätzliche Hersteller und Produkte<br />
unterstützen. Bereits heute werden gemeinsam<br />
mit Partnerunternehmen und <strong>VNG</strong> Feldtests von<br />
Mini- und Mikro-KWK-Anlagenherstellern in einer<br />
Sierksdorf<br />
großen Innovationskampagne eingesetzt und zur<br />
Markteinführung unterstützt. Darüber hinaus sind<br />
andere Technologien wie die <strong>Gas</strong>wärmepumpe<br />
oder auch die Brennstoffzelle Bestandteil die-<br />
ser Initiative. Denn je breiter das Spektrum an<br />
innovativen Produkten und Dienstleistungen ist,<br />
desto schneller lassen sich die Klimaschutzziele<br />
umsetzen.<br />
Wittenberg<br />
Rostock<br />
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Essen<br />
Herborn<br />
Trier<br />
Kusel Frankenthal<br />
Kaiserslautern<br />
Freiburg<br />
Saarbrücken<br />
Mannheim<br />
Stuttgart<br />
Reutlingen<br />
Sindelfingen<br />
Erfurt<br />
Rudolstadt<br />
Neustadt<br />
Ansprechpartner für den Feldtest: Marek preißner (<strong>VNG</strong>)<br />
Telefon: 0341 443-2916 | E-Mail: marek.preissner@vng.de<br />
Leipzig<br />
Berlin<br />
43<br />
Die Städte planen mit ihren<br />
Versorgern, an dem Feldtest mit<br />
dem neuen Mikro-BHKW der<br />
Firma Kirsch teilzunehmen.<br />
Weitere Städte haben bereits<br />
Interesse angemeldet.<br />
Parchim<br />
Neubrandenburg<br />
Halle<br />
Eisenberg<br />
Informationen zum microBHKW l 4.12 und zur Vermarktung finden Sie<br />
auf der Internetseite der Firma Kirsch: www.kirsch-energie.de<br />
Schönebeck<br />
Dresden<br />
Chemnitz<br />
Freiberg<br />
Annaberg-<br />
Buchholz<br />
Lübben<br />
Cottbus<br />
Luckau
44 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | umschau | Feature<br />
CH4<br />
Im porträt<br />
Markscheider – Vermesser unter Tage<br />
Das Markscheidewesen ist einer der ältesten Berufe im Bergbau. Seit dem 13. Jahrhundert hat sich die Arbeit um ein Vielfaches<br />
„vertechnisiert“. <strong>medium</strong> <strong>gas</strong> sprach mit dem <strong>VNG</strong>-Markscheider Stefan Kalch über seine Arbeit und die Anforderungen an<br />
den Beruf.<br />
Berufsbild Markscheider<br />
Einen kurzen Überblick über das markscheiderische<br />
Berufsbild gibt der Deutsche Markscheider-Verein<br />
e. V. auf seinen Internetseiten. Die<br />
Berufsmöglichkeiten der Absolventen/innen<br />
des Studiengangs „Markscheidewesen“ sieht<br />
der Verband aufgrund ihrer breiten Fachausbildung<br />
in Verbindung mit fundierten technischen,<br />
betriebswirtschaftlichen und rechtlichen Kenntnissen<br />
als sehr vielfältig.<br />
Weitere Informationen: www.dmv-ev.de<br />
Von Mandy Nickel, Redaktion<br />
„Glück auf“ hallt es aus dem Telefonhörer, als<br />
ich Stefan Kalch am Apparat habe, um einen Ge-<br />
sprächstermin zu vereinbaren. Ich muss lachen<br />
ob des traditionellen Grußes, der ja eigentlich<br />
die Hoffnung auf einen ertragreichen Abbau und<br />
ein gesundes Ausfahren zum Ausdruck bringt.<br />
Eine Woche später sitze ich mit ihm und seinem<br />
Kollegen Sebastian Schindler im Büro und lasse<br />
mich in die Geheimnisse der Bergwerkskontrolle<br />
und der Markscheiderei einführen.<br />
Mittelalterlicher Beruf Der Markscheider, so<br />
erklärt Stefan Kalch, ist der wohl älteste Beruf<br />
im Bergwerksgeschäft. Er ist spätestens seit<br />
dem 13. Jahrhundert, regional sogar schon eher,<br />
nachweisbar. Der Name geht auf<br />
die Markscheide zurück, die die<br />
Grenzen des Gebietes festlegt,<br />
in dem der Abbau von Boden-<br />
schätzen erlaubt war. Oberste<br />
Aufgabe des Markscheiders war<br />
es, die Markscheide eines Berg-<br />
werks in der Örtlichkeit, über<br />
und unter Tage festzulegen,<br />
die laufenden bergbaulichen<br />
Aktivitäten in Karten und Rissen zu dokumen-<br />
tieren und Streitigkeiten von Feldesnachbarn<br />
zu schlichten.<br />
Verantwortung für das Risswerk Heute wie<br />
früher liegt die primäre Aufgabe des Markscheiders<br />
darin, das Risswerk zu verantworten – also jene<br />
vom Gesetzgeber vorgeschriebenen Informationen,<br />
die die Gesamtheit der bergbaulichen Darstel-<br />
lungen umfassen und die zur Bergaufsicht und der<br />
unternehmerischen Führung (Planung, Betrieb,<br />
Verwahrung, Nachsorge) mindestens notwendig<br />
sind. Gemeint sind damit z. B. Darstellungen, die die<br />
Lage der entstehenden untertägigen Hohlräume,<br />
der sie erschließenden Bohrungen bzw. Schächte<br />
und der obertägigen Anlagen zur Markscheide und<br />
der Örtlichkeit zeigen. Aber auch Angaben zum<br />
Bergbauunternehmer (Chronik), zu überlagernden<br />
Schutzgebieten, den Darstellungen der Lagerstätten-<br />
ausbildung in geologischen Grundrissen und Quer-<br />
schnitten sowie Darstellungen der Auswirkungen<br />
von bergbaulicher Tätigkeit auf die Tagesoberfläche<br />
werden im Risswerk veröffentlicht. Was genau in<br />
einem Risswerk wie dargestellt und nach welchen<br />
Zeitabständen es nachgetragen werden muss,<br />
regeln das Bundesberggesetz (BBergG) und die<br />
Markscheider-Bergverordnung (MarkschBergV).<br />
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Dokumentation für die Bergaufsicht „Die<br />
vollständige, übersichtliche und nachvollziehbare<br />
Dokumentation im Risswerk ist wegen dessen<br />
Urkundscharakter (öffentliche Urkunde im Sinne<br />
§ 415 ZPO) sowie der komplexen und dynamischen<br />
Betriebsweise bei der Untergrund<strong>gas</strong>speicherung<br />
unentbehrlich. Einerseits benötigen wir sie für<br />
die planmäßige Betriebsführung, andererseits<br />
kann der Gesetzgeber damit ordnungsgemäß<br />
seiner Bergaufsicht nachkommen“, begründet<br />
Stefan Kalch die Bedeutung eines bergmännischen<br />
Risswerkes. Die „Zwei-Mann-Markscheiderei“ von<br />
<strong>VNG</strong> mit Stefan Kalch und Sebastian Schindler<br />
ist die zentrale Anlaufstelle für Auskünfte zu<br />
den Geodaten der Untergrund<strong>gas</strong>speicher. Beide<br />
verfügen über die Informationen und stellen sie<br />
berechtigten Nutzern im Unternehmen oder auch<br />
Dritten zur Verfügung.<br />
Verpflichtung für das Bergwerk Einmal im<br />
Jahr muss Stefan Kalch das aktuelle Risswerk für<br />
alle <strong>VNG</strong>-Speicher auf zahllose A1-Risse projizie-<br />
ren und an die jeweiligen Landesbergbehörden<br />
versenden. Auf bis zu 50 Risse kommt er dabei<br />
pro Speicher. Obwohl schon stillgelegt gehört<br />
übrigens auch der UGS Ketzin noch dazu. Für ihn<br />
trägt <strong>VNG</strong> nach wie vor die bergwerksrechtliche<br />
Verantwortung. „Eigentum verpflichtet“, nennt<br />
das Stefan Kalch. Immerhin wurden in die Spei-<br />
cherformation etwa 80 Bohrungen abgeteuft, die<br />
zwar nicht mehr sichtbar sind, abgeschnitten und<br />
mit Zement und Ton verfüllt wurden, aber dennoch<br />
<strong>medium</strong> <strong>gas</strong> | <strong>2010.2</strong><br />
die Natürlichkeit der Ablagerungen zerstört haben.<br />
Außerdem lagern noch in mehr als 250 Metern<br />
Tiefe die nicht mehr rückförderbaren Mengen an<br />
Kissen<strong>gas</strong>.<br />
Nicht-Sichtbares sichtbar machen Zu allen<br />
Zeiten setzte die Tätigkeit des Markscheiders gute<br />
Kenntnisse in Mathematik und ein gutes räum-<br />
liches Denken voraus. Immerhin muss man als<br />
Markscheider Nicht-Sichtbares in vielen hundert<br />
Metern Tiefe darstellen und dabei mit aller Sorgfalt<br />
auch die Maße richtig bestimmen. Eine Affinität<br />
gegenüber mathematischen Formeln reicht aber<br />
allein nicht aus, um Markscheider zu werden. Als<br />
Grundvoraussetzung gilt in Deutschland ein Stu-<br />
dium im Bereich Markscheidewesen an einer deut-<br />
schen wissenschaftlich-technischen Hochschule.<br />
Stefan Kalch hat das an der TU Bergakademie in<br />
Freiberg absolviert – immerhin die weltweit älteste<br />
Bergbauuniversität. Danach ging es für den Diplom-<br />
Ingenieur für zweieinhalb Jahre zum Referendariat<br />
an das Sächsische Oberbergamt. Wie auch beim<br />
Lehramts- und Jurastudium musste er eine zweite<br />
Staatsprüfung ablegen. Erst danach konnte er<br />
sich Assessor des Markscheidefachs nennen und<br />
erhielt die Konzession als Markscheider von den<br />
unterschiedlichen Landesbergbehörden. Jetzt darf<br />
er laut Gesetz „Tatsachen mit öffentlichem Glaube<br />
beurkunden“. Mit dieser weitreichenden Befugnis<br />
ausgestattet handelt er wie ein Bergnotar, der mit<br />
seiner Unterschrift auf jedem Risswerk für dessen<br />
Richtigkeit bürgt.<br />
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45<br />
In Bad Lauchstädt wurden<br />
Bohrungen für die Speichererweiterung<br />
abgeteuft. Stefan<br />
Kalch hatte hier im Vorfeld gut<br />
zu tun, unter anderem hat er<br />
die Suche nach Ansatzpunkten<br />
für die Bohrungen mitgeplant,<br />
war für die Anpassung<br />
der Markscheide zwischen<br />
<strong>VNG</strong> und DOW verantwortlich<br />
und hat den Genehmigungsprozess<br />
beim Landesbergamt<br />
in Sachsen-Anhalt begleitet.<br />
Fotos: Christian Schneider
46 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | umschau | Feature<br />
Fortsetzung von Seite 45<br />
Markscheider – Vermesser unter Tage<br />
Kavernenquerschnitt<br />
Markscheidewesen bei <strong>VNG</strong> Markscheider<br />
waren seit jeher Grundvoraussetzung, damit ein<br />
Unternehmen bergbaulich aktiv sein konnte. Auch<br />
<strong>VNG</strong> musste bereits vor der Inbetriebnahme des<br />
ersten Untergrund<strong>gas</strong>speichers in Ketzin Risswerke<br />
von einem Markscheider anfertigen lassen,<br />
damit sie die Genehmigung erhalten konnte. Bis<br />
Anfang der 1990er Jahre lag die Verantwortung<br />
durch den Markscheider jedoch nicht bei <strong>VNG</strong>,<br />
sondern im <strong>Gas</strong>kombinat Schwarze Pumpe. Dort<br />
gab es eine zentrale Markscheiderei, die alle<br />
Aufgaben übernahm. Als <strong>VNG</strong> nach der Wende<br />
damit begann, Speicher massiv auszubauen,<br />
und neue rechtliche Rahmenbedingungen für<br />
die Risswerkserstellung galten, nahmen auch<br />
die Pflichten des „Bergbauunternehmers“ <strong>VNG</strong><br />
stetig zu. Deshalb stellte das Unternehmen einen<br />
eigenen Markscheider ein, der zur zentralen<br />
Koordinierungsstelle für alle bergrechtlichen und<br />
vermessungstechnischen Aufgaben wurde. Er<br />
fertigt nicht nur die Risswerke für alle Speicher<br />
an, sondern beauftragt und überwacht auch die<br />
Dienstleister, die die Daten und Dokumente zu<br />
den Risswerksbestandteilen liefern. Dazu zählen<br />
beispielsweise die Firmen SOCON (Kavernenvermessungen)<br />
und C+E Vermessungstechnik<br />
(Vermessung von übertägigen Betriebsanlagen<br />
und -einrichtungen).<br />
Fachbegriffe aus der Markscheiderei<br />
Markscheide<br />
Die Markscheide ist die unterirdische Grenze eines Bergbaugebietes, in dem<br />
Abbauaktivitäten erlaubt sind. „Mark“ ist das alte deutsche Wort für Grenze.<br />
Risswerk<br />
Das Risswerk ist ein in § 63 BBergG festgelegter Begriff und umfasst alle vom<br />
Gesetzgeber vorgeschriebenen Informationen, bestehend aus dem Grubenbild<br />
und den sonstigen Unterlagen, wie Rissen, Karten und Plänen. Inhalt und Form des<br />
Risswerkes ergeben sich aus der Markscheider-Bergverordnung, die Darstellung<br />
aus den Normen für das Bergmännische Risswerk.<br />
Zechenbuch<br />
Das Zechenbuch wurde seit jeher von Unternehmen geführt, um alle Anordnungen<br />
von Zechenleitung und Bergbehörden an die Grubenbeamten weiterzugeben.<br />
Alle Grubenbeamten mussten das Zechenbuch lesen und gegenzeichnen. Damit<br />
wussten alle Mitarbeiter, an welche Bestimmungen sie sich zu halten hatten.<br />
Auch heute noch müssen alle im Bergbau tätigen Unternehmen ein Zechenbuch<br />
„nach näheren Weisungen des Oberbergamtes“ führen. Hinterlegt sind, wie auch<br />
früher schon, alle Schriftwechsel mit den Behörden, deren Genehmigungen und<br />
Anordnungen mit den notwendigen Kenntnisnahmen des Unternehmers.<br />
Zusammenarbeit mit den Bergämtern<br />
Ein weiterer – nicht unwesentlicher – Aufgabenschwerpunkt<br />
für Markscheider wie Stefan Kalch<br />
sind „Behördengänge“. In Deutschland unterliegen<br />
alle untertägigen Aufsuchungs- und Gewinnungsarbeiten<br />
besonderen Genehmigungsverfahren<br />
durch die Bergbehörden. Diese Verfahren begleitet<br />
der Markscheider, u. a. durch die Anfertigung von<br />
Lagerissen. Hier ist die Markscheide für das Feld<br />
eingetragen, in dem die Aufsuchung bzw. Gewinnung<br />
von Bodenschätzen beantragt wurde. Sofern<br />
das Bergrecht (Erlaubnis, Bewilligung, Bergwerkseigentum)<br />
erteilt wurde, muss der Markscheider im<br />
gesetzlich vorgeschriebenen Betriebsplanverfahren<br />
zahlreiche Risswerke und Bergschadensanalysen<br />
vorlegen. Klingt nach sehr viel Bürokratie; als<br />
ehemaliger Referendar beim Sächsischen Oberbergamt<br />
weiß Stefan Kalch damit aber durchaus<br />
umzugehen. Außerdem ist <strong>VNG</strong> bereits seit Mitte<br />
der 1960er Jahre im Speichergeschäft aktiv und<br />
kann damit auf ein langjähriges Know-how im<br />
Bergbetrieb zurückgreifen. Das ist natürlich auch<br />
bei den Landesbergbehörden bekannt.<br />
Zechenbuch führen Um alle Anfragen, Anordnungen<br />
und Genehmigungen der Landesbergämter<br />
zu überblicken, führt Stefan Kalch ein Zechenbuch.<br />
Heute wie früher ist das ein Postein- und<br />
-ausgangsbuch, in dem jeglicher Briefwechsel mit<br />
den Bergbehörden sowie die Kenntnisnahme der<br />
verantwortlichen Personen zu den Verwaltungsakten<br />
abgelegt und den einzelnen Betriebsplanverfahren<br />
zugeordnet wird. Mit einem Buch hat das<br />
Zechenbuch allerdings nichts mehr gemeinsam,<br />
denn in Zeiten von Computer und Internet ist es<br />
zu einem Dokumentenverwaltungssystem inklusive<br />
unternehmensübergreifender Workflow- und<br />
Suchfunktionen geworden. Damit kann man sogar<br />
bis in die Anfangszeiten der <strong>VNG</strong>-Untergrund<strong>gas</strong>speicher<br />
zurückblicken.<br />
Ohne Technik – ob nun bei Vermessungsarbeiten<br />
oder bei der Datenanalyse – kommt ein Markscheider<br />
heute nicht mehr aus. Sie unterstützt ihn dabei,<br />
geologische Informationen zu analysieren und zu<br />
interpretieren und damit den sinnbildlich richtigen<br />
Weg zu einer sicheren, umweltfreundlichen und<br />
nachhaltigen Nutzung der unterirdischen Bodenschätze<br />
zu weisen. Darauf bleibt abschließend nur<br />
noch eins zu sagen: Glück auf!<br />
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Ansturm auf Shale-<strong>Gas</strong> in Polen<br />
Große multinationale unternehmen drängen nach polen, um nach<br />
nicht-konventionellen <strong>Gas</strong>vorkommen zu suchen und sie zu erschließen.<br />
Schiefer (Englisch: shale) ist das neueste Zauber-<br />
wort auf dem polnischen Energiemarkt. Polen<br />
könnte laut Schätzungen über 1,4–3,0 Trillionen<br />
Kubikmeter Shale-<strong>Gas</strong>-Vorkommen verfügen. Für<br />
ein Land, das ca. 14 Milliarden Kubikmeter jährlich<br />
verbraucht und über nachgewiesene Reserven<br />
von 98 Milliarden Kubikmetern verfügt – bei einer<br />
Produktion von 4,1 Milliarden Kubikmetern – würde<br />
dies die Energieunabhängigkeit beträchtlich stei-<br />
gern. Bei den Zahlen über die Größe der Vorkommen<br />
handelt es sich um vorläufige Schätzungen, die<br />
auf einem Vergleich zwischen den geologischen<br />
Bedingungen in Polen und in den USA basieren.<br />
Mehr Aufschluss über die tatsächliche Größe<br />
könnten Testbohrungen ergeben.<br />
Im Laufe der vergangenen drei Jahre hat das<br />
polnische Umweltministerium 49 Explorati-<br />
onskonzessionen für Shale-<strong>Gas</strong> an Unterneh-<br />
men wie ExxonMobil, ConocoPhillips, Chevron,<br />
Aurelian, Marathon Oil Corp und Talisman Energy<br />
erteilt. Lane Energy Poland, eine polnische<br />
Tochterfirma von 3Legs Resources, hat im Mai<br />
Testbohrungen in Zusammenarbeit mit Conoco<br />
Phillips aufgenommen, kurze Zeit später auch mit<br />
BNK Petroleum. Die PGNiG (Polnische Erdölbergbau<br />
und <strong>Gas</strong>-Aktiengesellschaft) plant ebenfalls auf<br />
dem Shale-Markt einzusteigen, allerdings in Zu-<br />
sammenarbeit mit ausländischen Unternehmen.<br />
Vorausgesetzt die Suche verläuft erfolgreich,<br />
wäre das Shale-<strong>Gas</strong> in Polen innerhalb von 10 bis<br />
15 Jahren kommerziell nutzbar. Mindestens 4 Jahre<br />
wird es allein dauern, die potenziellen Ressourcen<br />
zu dokumentieren. Obwohl bis jetzt keine der<br />
Zahlen bestätigt wurde, könnte das Potenzial<br />
doch riesig sein.<br />
Nicht-konventionelle Erwartungen<br />
Zum nicht-konventionellen Erd<strong>gas</strong>, das seine<br />
Bezeichnung der Tatsache verdankt, dass es<br />
schwerer zu fördern ist als konventionelles <strong>Gas</strong>,<br />
gehören Shale-<strong>Gas</strong>, Tight <strong>Gas</strong> und Kohleflöz<strong>gas</strong>.<br />
Shale-<strong>Gas</strong> ist in dichten Gesteinsformationen in<br />
großer Tiefe eingeschlossen.<br />
<strong>medium</strong> <strong>gas</strong> | <strong>2010.2</strong><br />
Obwohl es schwieriger zu gewinnen ist als kon-<br />
ventionelles <strong>Gas</strong>, sind die Vorräte auch deutlich<br />
größer. Laut einiger Schätzungen könnten die<br />
Vorräte an nicht-konventionellem <strong>Gas</strong> 10 Mal<br />
größer sein als die Vorräte an konventionellem<br />
<strong>Gas</strong>. Die Entwicklung neuer Technologien wie<br />
Horizontalbohrverfahren und hydraulischer Brech-<br />
verfahren hat die Produktivität verbessert und<br />
die Kosten gesenkt, sodass die Produzenten mit<br />
der Förderung zuvor nicht profitabler Ressourcen<br />
beginnen konnten.<br />
Auf der Jagd nach dem amerikanischen Traum<br />
Shale-<strong>Gas</strong> hat sich auf dem US-Energiemarkt<br />
bereits als „Marktveränderer“ erwiesen und die<br />
Energieunabhängigkeit des Landes verbessert.<br />
Zum jetzigen Zeitpunkt hat Shale-<strong>Gas</strong> einen Anteil<br />
von 10 Prozent an der Produktion in den USA, man<br />
geht aber davon aus, dass dieser Anteil bis 2020<br />
auf 50 Prozent steigen könnte. Nicht-konventi-<br />
onelles <strong>Gas</strong> macht bereits jetzt 50 Prozent der<br />
US-<strong>Gas</strong>produktion aus. Gemäß einigen Schät-<br />
zungen wurden in den vergangenen drei Jahren<br />
ca. 100 Milliarden US-Dollar in die Shale-<strong>Gas</strong>-<br />
Technologie investiert.<br />
Die internationale Energieagentur weist auf einige<br />
Hindernisse bei der Entwicklung von Shale-<strong>Gas</strong>,<br />
wie zum Beispiel die Einschränkungen in Bezug<br />
auf den Zugang zu den Ressourcen, die großen<br />
Wassermengen, die für die Bohrungen benötigt<br />
werden, die Auswirkungen auf die Umwelt bei der<br />
Extraktion und die Entfernung von der vorhandenen<br />
Pipeline-Infrastruktur hin. Das bisher bekannte<br />
größte Umweltproblem besteht darin, dass die<br />
Extraktionstechnologie für das Shale-<strong>Gas</strong>, die<br />
so genannte „Fraktionierung“, das Grundwasser<br />
verschmutzen könnte.<br />
Auch wenn eine größere Energieunabhängigkeit<br />
durch Shale-<strong>Gas</strong> möglich ist, wird dies noch eine<br />
Zeitlang dauern. Zum jetzigen Zeitpunkt scheint man<br />
sich in Polen aber schon darüber zu freuen, dass<br />
man diese Option überhaupt untersuchen kann.<br />
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47<br />
Ein Wort aus ...<br />
Moskau<br />
Bologna<br />
Berlin<br />
Stavanger<br />
Brüssel<br />
Wien<br />
Zürich<br />
Warschau<br />
Poznań<br />
Oslo<br />
Prag<br />
Bratislava<br />
Dr. Jacek Kwiatkowski<br />
Dr. Jacek Kwiatkowski leitet<br />
das Büro von <strong>VNG</strong> in Warschau.
48 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | umschau | Feature<br />
Weltwirtschaft<br />
Vom Umgang mit<br />
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34
Foto: aboutpixel.de/Regine Schöttl | Thomas Günther | Evgeni T. | Don Espresso | Chribier<br />
<strong>medium</strong> <strong>gas</strong> | <strong>2010.2</strong><br />
Rohstoffen<br />
Auf der 3. Rohstoff-Konferenz im März in Freiberg war es ein wichtiges Thema:<br />
Die Rohstoffressourcen werden knapp. Das gilt zwar weniger für fossile Rohstoffe,<br />
dafür umso mehr für mineralische, insbesondere Metalle.<br />
Von Thomas Stein, freier Publizist<br />
Als biologische Grundlage alles Lebens auf der<br />
Erde gilt unstrittig das Wasser, zu dem auch wir<br />
Menschen aus siebzig Prozent bestehen. Selbst-<br />
verständlich ist aber, dass es zu allen Zeiten<br />
auch anderer Materie bedurfte, um bestehen und<br />
sich weiter entwickeln zu können: Gewinnung<br />
und Nutzung von Rohstoffen waren und sind die<br />
Voraussetzung unserer Existenz und sozioökonomischen<br />
Entwicklung. Jeder Deutsche verbraucht<br />
im Laufe seines etwa 80 Jahre währenden Lebens<br />
statistisch rund 1100 Tonnen Rohstoffe. In den<br />
Generationen, die nach dem Zweiten Weltkrieg<br />
aktiv waren, wuchs der Verbrauch schon allein<br />
deshalb rasant an, weil für den Wiederaufbau jede<br />
Menge Rohstoffe benötigt wurden. Zum Glück für<br />
die Deutschen waren Steine, Ton, Kies und Erde<br />
im eigenen Land reichlich verfügbar und aufgrund<br />
der großen Vorkommen auch noch einigermaßen<br />
kostengünstig.<br />
Der internationale Wettbewerb um Rohstoffe hat<br />
sich verschärft. Solange die Zahl der Menschen<br />
sich nur langsam erhöhte und Rohstoffe nur danach<br />
beurteilt wurden, ob man geographisch und<br />
geologisch an sie herankam, schien die Verfügbarkeit<br />
nur durch Macht und Willkür derjenigen<br />
begrenzt, die in ihrem Besitz waren. Seit Menschengedenken<br />
wurden Kriege immer auch um<br />
Rohstoffe geführt.<br />
35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68<br />
49
ne<br />
He H<br />
50 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | umschau | Feature<br />
Fortsetzung von Seite 49<br />
Vom umgang mit Rohstoffen<br />
Der ersatzlose Verbrauch wiederum hinterlässt<br />
Spuren, die manchmal noch nach Jahrtausenden zu<br />
erkennen sind. Die Abholzung ganzer Landstriche<br />
in Italien und Südfrankreich für die römische<br />
Kriegs- und Handelsflotte hat in den zurücklie-<br />
genden 2000 Jahren und bis heute das Bild der<br />
Landschaften geprägt und Auswirkungen bis hin<br />
zum Klima gezeitigt. Mit Beginn der Industrialisie-<br />
rung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts<br />
änderte sich zweierlei: Die Erdbevölkerung wächst<br />
seitdem in atemberaubender Geschwindigkeit<br />
und die Rohstoffe werden knapper und mithin<br />
nach dem Gesetz des Marktes teurer. Vor allem<br />
in den zurückliegenden drei Jahrzehnten hat der<br />
Verbrauch von Rohstoffen dramatische Dimensi-<br />
onen angenommen.<br />
Beim Stichwort Rohstoffpreise denken sicher die<br />
meisten Menschen zuerst mit Schrecken an das<br />
Jahr 2008 zurück, als sie nahezu täglich an den<br />
Tankstellen mehr bezahlen mussten oder sich är-<br />
gerten, wenn sie zur falschen Zeit Heizöl bestellen<br />
oder noch Monate später für teurer gewordenes<br />
Erd<strong>gas</strong> tief in die Tasche greifen mussten. Bei<br />
Erd<strong>gas</strong> bestehen langfristige Lieferverträge zwi-<br />
schen Produzenten- und Konsumentenländern.<br />
Das ändert zwar nichts an der Endlichkeit, bietet<br />
aber Zeit zur Erschließung weiterer Vorkommen<br />
sowie zur Suche nach Alternativen, vor allem durch<br />
erneuerbare Energien.<br />
Ne Li Be Li Be<br />
B C NB<br />
OC F N NeO<br />
F Ne<br />
Ar Na Mg Na Mg Al Si PAl SSi ClP ArS<br />
Cl Ar<br />
ne Argon Sodium Magnesium Aluminum Silicon Phosphorus Aluminum Sulfur Silicon Chlorine Phosphorus ArgonSulfur<br />
Sodium Magnesium Chlorine Argon<br />
e<br />
um<br />
Helium Hydrogen<br />
Neon Lithium Beryllium<br />
Lithium Beryllium<br />
Boron Carbon Nitrogen Boron Oxygen Carbon Fluorine Nitrogen Neon Oxygen Fluorine Neon<br />
Kr<br />
ne Krypton Potassium Calcium Scandium Potassium Titanium Calcium ZincNickel Gallium Germanium Zinc Arsenic Gallium Selenium Germanium Bromine Arsenic Krypton Selenium Vanadium Scandium Chromium Titanium Bromine Krypton<br />
Manganese Vanadium Iron Chromium Cobalt Manganese NickelIron<br />
Copper Cobalt Copper<br />
Xe Rb<br />
Lu<br />
Lutetium<br />
Lr<br />
um Lawrencium<br />
H<br />
Hydrogen<br />
Zunehmende Materialvielfalt in der Halbleiterindustrie<br />
K Ca ScK TiCa VSc CrTi MnV FeCr CoMn Ni Fe CuCo<br />
ZnNi GaCu GeZn AsGa SeGe BrAs KrSe<br />
Br Kr<br />
Sr<br />
YRb<br />
ZrSr<br />
NbY<br />
MoZr<br />
TcNb<br />
RuMo<br />
RhTc<br />
PdRu<br />
AgRh<br />
CdPd<br />
InAg SnCd SbIn TeSn ISb<br />
XeTe<br />
I<br />
Rn Cs Ba Cs Hf Ba Ta WHf<br />
ReTa<br />
OsW<br />
IrRe<br />
Pt Os AuIr<br />
HgPt<br />
TlAu PbHg BiTl PoPb AtBi<br />
RnPo<br />
At<br />
ne Radon Cesium Barium Cesium Hafnium Barium Tantalum Tungsten Hafnium Rhenium Tantalum Osmium Tungsten Iridium Rhenium Platinum Osmium GoldIridium<br />
Mercury Platinum Thallium Gold Lead Mercury Bismuth Thallium Polonium Lead Astatine Bismuth Radon Polonium Astatine Radon<br />
Fr Ra Fr RfRa<br />
Db SgRf BhDb HsSg<br />
Mt BhUun Hs Uuu MtUub Uun UuuUuq<br />
Uub Uuh Uuq Uuh<br />
Francium Radium FranciumRutherfordium Radium Seaborgium Rutherfordium Bohrium Dubnium Hassium Seaborgium Dubnium Meitnerium Bohrium Ununnilium Hassium Unununium MeitneriumUnunbium Ununnilium Unununium Ununquadium Ununbium Ununhexium Ununquadium Ununhexium<br />
La<br />
Ce PrLa NdCe PmPr SmNd EuPm Gd Sm TbEu<br />
DyGd HoTb ErDy TmHo<br />
YbEr<br />
LuTm<br />
Yb<br />
Lanthanides<br />
Lanthanum Cerium P raseodymium LanthanumNeodymium<br />
Ytterbium Erbium Cerium raseodymium Samarium Neodymium Europium PromethiumGadolinium Samarium Terbium Europium Promethium P Ytterbium<br />
Dysprosium Gadolinium Holmium Terbium Erbium Dysprosium Thulium Holmium Lutetium Thulium<br />
Lutetium<br />
Ac<br />
Th PaAc UTh NpPa PuU AmNp CmPu<br />
Bk Am Cf Cm EsBk FmCf Md Es No Fm LrMd<br />
No<br />
Actinides<br />
He<br />
Helium<br />
Xe<br />
Xenon<br />
Rn<br />
Lu<br />
Lr<br />
Engpässe drohen derzeit weniger von fossilen<br />
Rohstoffen als von mineralischen, insbesondere<br />
von Metallen. Vielschichtig und kompliziert stellt<br />
sich die Situation an den Märkten dar. Bestimmte<br />
Paradigmen gelten nicht mehr. So etwa der Satz,<br />
dass nur 20 Prozent der Weltbevölkerung, nämlich<br />
die in den entwickelten Ländern, 80 Prozent der<br />
Rohstoffe verbrauchen. Mit dem Eintritt Chinas<br />
und Indiens in das internationale Marktgeschehen<br />
ist innerhalb weniger Jahre nunmehr etwa die<br />
Hälfte der Weltbevölkerung am Wettlauf um die<br />
Rohstoffe beteiligt.<br />
Neue Gemengelage<br />
Ein anderer wichtiger Faktor kommt hinzu: Es kon-<br />
kurrieren nicht mehr nur Nationen und Regionen<br />
um bestimmte Rohstoffe, sondern in einem rasch<br />
fortschreitenden Prozess auch ganz unterschied-<br />
liche Produktgruppen. So kann es passieren, dass<br />
demnächst die Erbauer von Windkraftanlagen sich<br />
mit den Herstellern von Hybridautos streiten oder<br />
die Produzenten von Handys mit den Großen der<br />
Autoindustrie. Grund sind die knappen Ressourcen<br />
von sogenannten Seltenerdmetallen wie Lanthan<br />
oder auch ein Kampf um Edelmetalle wie Platin<br />
und Palladium.<br />
1990er 2000er<br />
Xenon Rubidium Strontium Yttrium Rubidium Zirconium Strontium Niobium Yttrium Molybdenum ZirconiumTechnetium<br />
Niobium Ruthenium MolybdenumRhodium<br />
Technetium Palladium Ruthenium Silver Rhodium Cadmium Palladium IndiumSilver Tin Cadmium Antimony Indium TelluriumTin Iodine Antimony Xenon Tellurium Iodine<br />
Lanthanides<br />
Actinides<br />
Actinium Thorium Uranium Thorium Neptunium Protactinium Plutonium Uranium Americium Neptunium Curium Plutonium Protactinium Actinium<br />
Berkelium AmericiumCalifornium Curium Einsteinium Berkelium Fermium Californium Mendelevium Einsteinium Nobelium Fermium Lawrencium Mendelevium Nobelium Lawrencium<br />
He<br />
Helium<br />
„Der Siegeszug umweltfreundlicher Technologien<br />
könnte in den nächsten Jahren durch Engpässe<br />
in der Rohstoffversorgung gebremst werden“,<br />
schrieb im Sommer 2009 der Informationsdienst<br />
„Business in China“. Gemeint ist damit das Quasi-<br />
Monopol Chinas bei den Seltenerdmetallen, ohne<br />
Na Mg Na Mg Al Si PAl SSi ClP ArS<br />
Cl Ar<br />
K Ca ScK TiCa VSc CrTi MnV FeCr CoMn Ni Fe CuCo<br />
ZnNi GaCu GeZn AsGa SeGe BrAs KrSe<br />
Br Kr<br />
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34<br />
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Hydrogen<br />
H<br />
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Li Be Li Be<br />
B C NB<br />
OC F N NeO<br />
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Lithium Beryllium<br />
Lithium Beryllium<br />
Boron Carbon Nitrogen Boron Oxygen Carbon Fluorine Nitrogen Neon Oxygen Fluorine Neon<br />
Sodium Magnesium Aluminum Silicon Phosphorus Aluminum Sulfur Silicon Chlorine Phosphorus ArgonSulfur<br />
Sodium Magnesium Chlorine Argon<br />
Potassium Calcium Scandium Potassium Titanium Calcium ZincNickel Gallium Germanium Zinc Arsenic Gallium Selenium Germanium Bromine Arsenic Krypton Selenium Vanadium Scandium Chromium Titanium Bromine Krypton<br />
Manganese Vanadium Iron Chromium Cobalt Manganese NickelIron<br />
Copper Cobalt Copper<br />
Rb<br />
Rubidium<br />
Sr<br />
YRb<br />
ZrSr<br />
NbY<br />
MoZr<br />
TcNb<br />
RuMo<br />
RhTc<br />
PdRu<br />
AgRh<br />
CdPd<br />
InAg SnCd SbIn TeSn ISb<br />
XeTe<br />
I<br />
Strontium Yttrium Rubidium Zirconium Strontium Niobium Yttrium Molybdenum ZirconiumTechnetium<br />
Niobium Ruthenium MolybdenumRhodium<br />
Technetium Palladium Ruthenium Silver Rhodium Cadmium Palladium IndiumSilver Tin Cadmium Antimony Indium TelluriumTin Iodine Antimony Xenon Tellurium Iodine<br />
Cs Ba Cs Hf Ba Ta WHf<br />
ReTa<br />
OsW<br />
IrRe<br />
Pt Os AuIr<br />
HgPt<br />
TlAu PbHg BiTl PoPb AtBi<br />
RnPo<br />
At<br />
Cesium Barium Cesium Hafnium Barium Tantalum Tungsten Hafnium Rhenium Tantalum Osmium Tungsten Iridium Rhenium Platinum Osmium GoldIridium<br />
Mercury Platinum Thallium Gold Lead Mercury Bismuth Thallium Polonium Lead Astatine Bismuth Radon Polonium Astatine Radon<br />
Fr Ra Fr RfRa<br />
Db SgRf BhDb HsSg<br />
Mt BhUun Hs Uuu MtUub Uun UuuUuq<br />
Uub Uuh Uuq Uuh<br />
Francium Radium FranciumRutherfordium Radium Seaborgium Rutherfordium Bohrium Dubnium Hassium Seaborgium Dubnium Meitnerium Bohrium Ununnilium Hassium Unununium Meitnerium Ununbium Ununnilium Unununium Ununquadium Ununbium Ununhexium Ununquadium Ununhexium<br />
Lanthanides<br />
Actinides<br />
La<br />
Ce PrLa NdCe PmPr SmNd EuPm Gd Sm TbEu<br />
DyGd HoTb ErDy TmHo<br />
YbEr<br />
LuTm<br />
Yb<br />
Lanthanides<br />
Lanthanum Cerium P raseodymium LanthanumNeodymium<br />
Ytterbium Erbium Cerium raseodymium Samarium Neodymium Europium PromethiumGadolinium Samarium Terbium Europium Promethium P Ytterbium<br />
Dysprosium Gadolinium Holmium Terbium Erbium Dysprosium Thulium Holmium Lutetium Thulium<br />
Lutetium<br />
Ac<br />
Th PaAc UTh NpPa PuU AmNp CmPu<br />
Bk Am Cf Cm EsBk FmCf Md Es No Fm LrMd<br />
No<br />
Actinides<br />
Actinium Thorium Uranium Thorium Neptunium Protactinium Plutonium Uranium Americium Neptunium Curium Plutonium Protactinium Actinium<br />
Berkelium AmericiumCalifornium Curium Einsteinium Berkelium Fermium Californium Mendelevium Einsteinium Nobelium Fermium Lawrencium Mendelevium Nobelium Lawrencium<br />
He<br />
Helium<br />
He<br />
Helium<br />
Xe<br />
Xenon<br />
Rn<br />
Lu<br />
Lr
die heute kein Handy funktioniert und auch kein<br />
Hybridauto, von reinen Elektro- oder Wasserstoff<br />
getriebenen Fahrzeugen einmal ganz zu schweigen.<br />
Um ein Beispiel zu geben: In einem Hybridauto<br />
sind etwa 15 Kilogramm Lanthan, eines der wich-<br />
tigsten Seltenerdmetalle, verbaut. China besitzt<br />
oder kontrolliert heute etwa 97 Prozent dieser<br />
Seltenerdmetalle und zeigt sich ausgesprochen<br />
zugeknöpft bei der Weitergabe. Mehr als die<br />
Hälfte dieser Stoffe verarbeitet die Volksrepublik<br />
jetzt schon im eigenen Land. Noch dramatischer<br />
könnte die Lage werden, wenn die verarbeiteten<br />
Seltenerdmetalle nicht einmal zur Bedienung der<br />
eigenen Industrieproduktion ausreichen.<br />
Der Siegeszug der Handys<br />
An keinem anderen Produkt sind die Verände-<br />
rungen so gut abzulesen wie an der Verbreitung<br />
der Funktelefonie. Handys haben sich innerhalb<br />
von nur anderthalb Jahrzehnten geradezu en-<br />
demisch über die ganze Welt verbreitet. Vor gut<br />
zehn Jahren nutzten noch etwa 300 Millionen<br />
Menschen auf der Erde diese vergleichsweise<br />
neue Kommunikationstechnologie, vornehmlich<br />
in den entwickelten Ländern Europas, Asiens<br />
und Nordamerikas. Heute sind es über vier Milli-<br />
arden in der ganzen Welt. Pro Jahr setzen die fünf<br />
großen Hersteller inzwischen weit mehr als eine<br />
Milliarde neuer Geräte ab. Man kann sicher sein,<br />
dass beispielsweise in vielen Ländern Afrikas<br />
die alte Technologie des Festnetzes komplett<br />
Weltweite produktion von<br />
mineralischen Rohstoffen in Mrd. t<br />
Europa<br />
Asien<br />
Australien<br />
Afrika<br />
Südamerika<br />
<strong>medium</strong> <strong>gas</strong> | <strong>2010.2</strong><br />
übersprungen und stattdessen gleich der Aufbau<br />
einer Infrastruktur für die Mobilfunktechnologie<br />
in Angriff genommen wird.<br />
Der Siegeszug der Handys bringt allerdings eine<br />
Reihe von Problemen mit sich. Ein Mobilfunkgerät<br />
wird heute aus mindestens 40 verschiedenen<br />
Materialien hergestellt. Ein korrespondierendes<br />
Beispiel belegt die Entwicklung: Erforderte die<br />
Herstellung eines Rechnerprozessors noch in<br />
den achtziger Jahren 12 verschiedene Metalle,<br />
so sind es heute mindestens 60. Das allein ist<br />
angesichts der Ressourcenknappheit mancher<br />
benötigten Rohstoffe schon alarmierend genug.<br />
Eine gefährliche Dimension bekommt das Problem,<br />
wenn man den Umgang mit „alten“ Handys in<br />
Deutschland betrachtet. Der Gebrauchszyklus<br />
eines Gerätes beträgt hierzulande ungefähr zwei<br />
Jahre. Dabei könnte die Nutzungsdauer theore-<br />
tisch bis auf sieben Jahre ausgedehnt werden.<br />
Mehr als 50 Prozent der ausgedienten Altgeräte<br />
werden illegal als „Elektroschrott“ exportiert,<br />
der Rest bleibt gewissermaßen als Reserve in<br />
den Haushalten.<br />
Auf der 3. Deutsch-Russischen Rohstoff-Konferenz,<br />
zu der sich im März Wissenschaftler, Unternehmensführer<br />
und Politiker im sächsischen<br />
Freiberg trafen, hielt Prof. Armin Reller, Leiter des<br />
Wissenschaftszentrums Umwelt und Inhaber des<br />
Lehrstuhls für Ressourcenstrategie an der Universität<br />
Augsburg, einen viel beachteten Vortrag, in<br />
dem er seinen Zuhörern unter anderem durch die<br />
Bildhaftigkeit der Sprache das Thema nahe brachte.<br />
Reller erläuterte, in einer Tonne ausrangierter<br />
Handys sei bedeutend mehr Gold zu finden als in<br />
einer Tonne Aushubs einer südafrikanischen<br />
Goldmine. Das Alarmsignal<br />
hatten alle Zuhörer gehört: Wir brauchen<br />
einen verantwortungsvollen<br />
Umgang mit einmal verbauten Rohstoffen!<br />
In einer wissenschaftlichen<br />
Abhandlung hatte Reller es 2009 so<br />
formuliert: „Ziel ist eine umfassende<br />
Stoffkreislaufwirtschaft, die sich im<br />
Optimalfall durch möglichst geringe<br />
Mengen- und Qualitätsverluste der<br />
verwendeten Materialien auszeichnet<br />
und damit einer weiteren Dissipation<br />
von strategischen Materialien vor-<br />
Nordamerika beugt. Die Trennung von hochkom-<br />
35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68<br />
51<br />
3. Rohstoff-Konferenz<br />
Die Rohstoff-Konferenz ist ein<br />
bilaterales Forum, auf dem sich<br />
jährlich deutsche und russische<br />
Rohstoffexperten treffen und<br />
über aktuelle Themen für die<br />
Versorgungssicherheit bei Rohstoffen<br />
sprechen. Initiiert wurde<br />
die Konferenz vom Deutsch-Russischen<br />
Rohstoff-Forum, einer<br />
zentralen Dialogplattform zur<br />
Entwicklung von Strategien für<br />
die effektive Nutzung fossiler,<br />
mineralogischer und alternativer<br />
Rohstoff-Ressourcen. Es<br />
wurde am 10. Oktober 2006 im<br />
Beisein von Bundeskanzlerin Angela<br />
Merkel und des russischen<br />
Präsidenten Wladimir Putin von<br />
der Technischen Universität<br />
Bergakademie Freiberg und<br />
dem St. Petersburger Staatlichen<br />
Bergbauinstitut gegründet. <strong>VNG</strong><br />
unterstützt das Forum zusammen<br />
mit dem russischen Unternehmen<br />
OOO Gazexport.<br />
Weitere Informationen<br />
finden Sie unter:<br />
www.rohstoff-forum.org
52 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | umschau | Feature<br />
Fortsetzung von Seite 51<br />
Vom umgang mit Rohstoffen<br />
BIp 941,1 Mrd. Euro<br />
Die Bedeutung<br />
der Rohstoffindustrie<br />
für die russische<br />
Wirtschaft<br />
Ausfuhrgüter 257 Mrd. Euro<br />
plexen Materialverbünden und die Rückgewinnung<br />
der darin enthaltenen Wertstoffe stellt jedoch<br />
höchste Anforderungen an die Recyclingtech-<br />
nik, die aus technischen oder wirtschaftlichen<br />
Gründen derzeit noch nicht erreicht werden.“ Und<br />
an anderer Stelle kommt der Wissenschaftler zu<br />
dem Schluss: „Insbesondere bei seltenen und<br />
hochstrategischen Metallen sind Sekundärroh-<br />
stoffe aus Altgeräten die wichtigste heimische<br />
Rohstoffquelle Deutschlands.“<br />
Rohstoffpolitik ist Sicherheitspolitik<br />
Die Ressourcenknappheit führt zu neuen Abhängig-<br />
keiten, die sich noch vor wenigen Jahren niemand so<br />
recht vorzustellen wagte. Das Thema ist inzwischen<br />
auf die Agenda der Sicherheitspolitik gerückt.<br />
Der Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz,<br />
Wolfgang Ischinger, meinte gegenüber der Zeitung<br />
„Wirtschaftswoche“, die neue Abhängigkeit sei<br />
„schlimmer als beim Öl“. Die Rolle des Staates in<br />
dieser Frage weiß der ehemalige Staatssekretär<br />
des Auswärtigen Amtes sehr genau zu definie-<br />
ren: „Die Sicherung der Versorgung ist auch eine<br />
strategische staatliche Aufgabe. Andere Staaten<br />
machen das teilweise sehr eindrücklich,<br />
wie die Chinesen.“ In den Worten des<br />
früheren Diplomaten spiegelt sich<br />
ein deutlicher Sinneswandel wider.<br />
Die altruistische Grundhaltung,<br />
die über ein halbes Jahrhundert<br />
die deutsche Außen- und Entwick-<br />
lungspolitik bestimmt hat, ist der Er-<br />
kenntnis gewichen, dass Hilfe durchaus<br />
an Bedingungen geknüpft sein kann: „Entwick-<br />
lungshilfe wird aus Steuergeldern erbracht und darf<br />
deshalb durchaus auch eigenen Interessen dienen.<br />
Wir sollten also die Entwicklungshilfe für Länder<br />
stärken, die für unsere Rohstoffversorgung<br />
strategisch besonders wichtig sind“,<br />
meint Ischinger.<br />
Selbst mit Blick auf die vergleichs-<br />
weise gut abgesicherte Versorgung<br />
mit fossilen Rohstoffen ist die Ton-<br />
lage heute eine andere als früher.<br />
Auf der 3. Deutsch-Russischen Roh-<br />
stoff-Konferenz waren mitunter klare<br />
Worte zu hören. So betonte die Staatsministerin<br />
im Auswärtigen Amt, Cornelia Pieper, zwar, dass<br />
Russland der wichtigste Lieferant bleibe, aber:<br />
„Russland ist auf die Abnahme durch westliche<br />
Länder genauso angewiesen wie wir auf die Lie-<br />
ferungen.“<br />
unterschiedliche Strategien<br />
Im Verteilungskampf um Rohstoffe offenbaren<br />
sich unterschiedliche Strategien der Lieferländer.<br />
Russland überlässt bis jetzt die Verarbeitung<br />
den Partnerländern, in denen das Öl und <strong>Gas</strong><br />
auch verbraucht wird. Der Ausbau einer eigenen<br />
Verarbeitungsindustrie, wie ihn Wladimir Putin in<br />
seiner Amtszeit als Präsident von der heimischen<br />
Wirtschaft forderte, ist bis heute noch nicht weit<br />
fortgeschritten. Die Absichtserklärung Putins,<br />
innerhalb weniger Jahre müssten 40 Prozent der<br />
russischen Öl- und <strong>Gas</strong>förderung im eigenen<br />
Land aufbereitet werden, zeigt indes, wohin die<br />
Reise gehen soll und es kann kein Zweifel daran<br />
bestehen, dass Moskau dieses Ziel im Auge behalten<br />
wird.<br />
Die chinesische Politik hat von vornherein eine<br />
andere Linie eingeschlagen. Sie setzte klar darauf,<br />
im eigenen Land eine möglichst vollständige<br />
Wertschöpfungskette zu schaffen. In Beijing weiß<br />
man genau, dass dem Land mit dem Besitz und<br />
einem weitgehenden Verarbeitungsmonopol für<br />
strategisch wichtige Rohstoffe nicht nur Geld zufließt,<br />
sondern dass der Einfluss des Landes auf die<br />
politischen Geschicke in der Welt den Dimensionen<br />
einer Supermacht entsprechen wird.<br />
Geradezu bescheiden wirkt dagegen der Versuch<br />
Boliviens, seine eigenen Interessen beim<br />
begehrten Rohstoff Lithium zur Geltung zu bringen.<br />
Derzeit ist zwar Chile mit 75 Prozent der<br />
Weltproduktion führend, aber die größten Reserven<br />
liegen im bolivianischen Salar de Uyuni<br />
in knapp 3 700 Meter Höhe. Die Regierung des<br />
Präsidenten Evo Morales hat an dem Salzsee erste<br />
Versuche der Gewinnung zugelassen, bei denen<br />
Wissenschaftler der Technischen Universität<br />
Bergakademie Freiberg ein völlig neues Verfahren<br />
mit Erfolg erprobten. Morales, der bereits die<br />
Verstaatlichung der Erd<strong>gas</strong>industrie im Lande<br />
durchsetzte, möchte vor allem die Rechte der<br />
indigenen Bevölkerung gegen die Interessen von<br />
weltweit agierenden Großkonzernen gewahrt wis-<br />
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34
sen. Das Lithium-Projekt<br />
ist bei einer bis jetzt nicht<br />
einmal in Ansätzen vor-<br />
handenen Infrastruktur<br />
an Transport- und Kom-<br />
munikationsmöglich-<br />
keiten ohne finanzielle<br />
und technische Unterstüt-<br />
zung von außen nicht re-<br />
alisierbar. International<br />
wird gleichsam hörbar mit<br />
den Hufen gescharrt, weil<br />
der steigende Bedarf an<br />
Lithium für immer größer<br />
werdende Stromspeicher-<br />
systeme, z. B. für Hybrid-<br />
und Elektroautos, die<br />
Erschließung dringlich<br />
macht.<br />
Wekusko Lake<br />
Kanada<br />
Bernic Lake Barraute<br />
Great Salt Lake<br />
Silver Peak<br />
Searless Lake<br />
Brawley<br />
Salar de Uyuni<br />
Salar de Atacama<br />
Salar de Hombre Muerto<br />
Erz- und Solelagerstätten<br />
Erzlagerstätten (Pegamatit/Spodumen)<br />
Solelagerstätten (Salare)<br />
sehr hohe Lithiumanteile<br />
USA<br />
Chile<br />
k. A.<br />
Bolivien<br />
Brasilien<br />
Argentinien<br />
Lithium-Reserven<br />
Alvarr es<br />
Minas Gerais<br />
Salar de Rinc n<br />
Salar de Olaroz<br />
Koralpe<br />
Cachoeira<br />
Larritta<br />
Simbabwe<br />
Länder mit bedeutenden Lithiumreserven<br />
Pegmatit, Spodumen Sole<br />
Pegmatit, Spodumen und Sole<br />
<strong>medium</strong> <strong>gas</strong> | <strong>2010.2</strong><br />
(derzeit wirtschaftlich abbauwürdige) Reserven<br />
Jadar<br />
Qaidam<br />
Manono<br />
© S. Meissner | A. Reller<br />
Lehrstuhl für Ressourcenstrategie<br />
Wissenschaftszentrum Umwelt<br />
Institut für Physik Universität Augsburg Welt gesamt<br />
Neue Chancen auch für<br />
deutsche lagerstätten<br />
So absurd es klingt, aber<br />
hohe Lithiumanteile<br />
geringe Lithiumanteile<br />
Reservenbasis (= derzeit wirtschaftlich abbauwürdige<br />
Reserven + zukünf tig wirtschaftlich und technisch<br />
mögliche abbauwürdige Reserven<br />
die Ressourcenknappheit<br />
birgt auch Chancen<br />
Globale Verteilung der Lithiumlagerstätten und Lithiumproduktion<br />
in sich. Das gilt sogar für rohstoffarme Staaten umweltschonende Technologie zur Herstellung<br />
wie Deutschland. Das Land ist voll von Regionen, von hochreinem Lithiumkarbonat aus den Erzen<br />
aus denen mit Rohstoffen seit Jahrzehnten oder entwickeln. Sie könnte dann auch in ähnlichen<br />
gar Jahrhunderten kein Geld mehr zu verdienen Lagerstätten, etwa in Russland oder in England,<br />
war. Das Ruhrgebiet erscheint ausgekohlt, im angewendet werden. Seit einigen Jahren eröffnen<br />
Erzgebirge ist der Bergbau weitgehend nur noch sich auch für eine andere traditionelle Bergbau-<br />
schöne Tradition. Lediglich Braunkohle im Taregion Aussichten auf die Wiederbelebung. In<br />
gebau wird noch gefördert, wenn auch nur, um der Lausitz bei Spremberg lagern nach konkreten<br />
die modernen Braunkohlekraftwerke zu füttern. Erkundungen 200 Millionen Tonnen Kupfererz, aus<br />
Jetzt aber ist es gerade der Preisanstieg für mi- denen zwei Millionen Tonnen Kupfer gewonnen<br />
neralische Rohstoffe, der den Abbau von Erzen werden könnten. Gleichsam als Nebenprodukte<br />
trotz des enormen technischen und damit finan- fielen dann etwa 25 Spezialmetalle wie Gold,<br />
ziellen Aufwands wieder lukrativ machen könnte. Silber, Platin oder Blei an. Bei den steigenden<br />
Denn Lithium beispielsweise gibt es nicht nur in Preisen für Metalle könnte daraus ein Milliarden-<br />
südamerikanischen Salzseen, sondern auch im geschäft werden. Auch in anderen Gegenden wie<br />
Erzgebirge. Nach Schätzungen liegen in Zinnwald dem Harzvorland oder der Rhön wollen Forscher<br />
etwa 50 Kilotonnen Lithium. „Wir gehen davon aus, wieder auf die Suche nach vielversprechenden<br />
dass der Gehalt sogar noch höher liegt“, erklärt Formationen gehen. Es gäbe für die Realisierung<br />
Jens Gutzmer, Professor für Lagerstättenlehre entsprechender Vorhaben weniger technische<br />
und Petrologie an der TU Bergakademie Freiberg. Probleme als personelle. Wo bekäme man in<br />
„Die Vorkommen in Sachsen rangieren, was die kürzester Zeit mehrere tausend Bergleute mit dem<br />
Menge an enthaltenem Lithium betrifft, weltweit erforderlichen Wissen her, nachdem der ganze<br />
unter den Top-10-Lagerstätten.“ Prof. Gutzmer und Berufszweig über Jahrzehnte dem Niedergang<br />
seine Mitarbeiter wollen eine kostengünstige und anheimgegeben war?<br />
Bikita<br />
Greenbushes<br />
China<br />
Goltsovoe<br />
Jahresproduktion von Lithium<br />
35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68<br />
k. A.<br />
unser Autor<br />
Australien<br />
k. A.<br />
53<br />
Thomas Stein ist seit<br />
Jahrzehnten als Journalist<br />
für öffentlich-rechtliche<br />
Rundfunkanstalten tätig.<br />
Seine Schwerpunkte sind<br />
Politik und Wirtschaft in<br />
den ostdeutschen Bun-<br />
desländern. Seit den 90er<br />
Jahren des vergangenen<br />
Jahrhunderts bearbeitet er<br />
auch regelmäßig energie-<br />
wirtschaftliche Themen.<br />
Urikskoe<br />
Ulug-Tanzek<br />
Sichuan
54 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | umschau | Feature<br />
Nachgefragt<br />
Ein Fall für Charlotte<br />
Das Explorations- und produktionsgeschäft von Erdöl und Erd<strong>gas</strong> ist in jeder Hinsicht ein komplexes<br />
unterfangen, egal ob es um seismische Messungen und Interpretationen oder technische Raffinessen<br />
einer Tiefseebohrung geht.<br />
Charlotte, die fleißige Honigbiene der <strong>VNG</strong> Norge, beantwortet in jeder Ausgabe von <strong>medium</strong> <strong>gas</strong><br />
Fragen zum norwegischen E&p-Geschäft.<br />
Jüngst ist der Energiekonzern Bp durch seine<br />
gesunkene Ölplattform im Golf von Mexiko in die<br />
Schlagzeilen geraten. <strong>VNG</strong> Norge ist in Norwegen<br />
auch Betriebsführer und führt Bohrungen eigen-<br />
verantwortlich durch. Kann eine solche Havarie<br />
auch dort passieren?<br />
Die Gegebenheiten im Golf von Mexiko sind nicht<br />
unmittelbar mit denen auf dem Norwegischen<br />
Kontinentalschelf (NCS) vergleichbar. Jedoch<br />
kann man Havarien auch auf dem NCS nie voll<br />
und ganz ausschließen. Aber: In Norwegen<br />
herrschen die weltweit höchsten Sicherheits-<br />
auflagen für Betreiber von Bohrplattformen,<br />
was die Risiken einer Havarie minimiert. Jeder<br />
Betriebsführer unterliegt den Anforderungen des<br />
Norwegischen Ministeriums für Erdöl und Ener-<br />
gie (MPE) sowie der Petroleum Safety Authority<br />
(PSA). Bohrgenehmigungen werden nur erteilt,<br />
wenn alle Sicherheitsauflagen der Behörden<br />
erfüllt sind. Mit einer Sicherheitsvorrichtung,<br />
einem ferngesteuerten Schalter, mit dem Ven-<br />
tile an der Bohranlage geschlossen und<br />
somit der unkontrollierte Austritt von<br />
Erdöl/Erd<strong>gas</strong> aus dem Bohrloch („Blow<br />
out“) vermieden werden kann, hätte<br />
die Katastrophe im Golf von Mexiko<br />
wahrscheinlich verhindert werden kön-<br />
nen. Dieser Schalter musste jedoch nicht<br />
zwingend installiert werden, während er in<br />
Norwegen vorgeschrieben ist.<br />
Wie ist die <strong>VNG</strong> Norge auf Havarien vorbereitet?<br />
Neben den staatlichen Behörden prüft auch <strong>VNG</strong><br />
Norge als Betriebsführer und als Partner jede Pla-<br />
nung und Durchführung einer Bohrung akribisch<br />
gemäß einer detaillierten Checkliste.<br />
<strong>VNG</strong> Norge hat zahlreiche Maßnahmen<br />
eines qualifizierten Risiko- und Not-<br />
fallmanagement ergriffen und umge-<br />
setzt. Diese Prüfung umfasst vor<br />
allem den Betriebsführer, seine<br />
technische und personelle Ausstattung<br />
und Erfahrung, sofern <strong>VNG</strong> Norge Partner<br />
ist, und die geologischen Verhältnisse<br />
der Erdöl-/Erd<strong>gas</strong>-Lagerstätte. Außer-<br />
dem wird die Bohrungsplanung bezüglich der<br />
durchzuführenden Tätigkeiten und bezüglich<br />
der einzusetzenden Ausrüstung und des zu ver-<br />
wendeten Materials intensiv überprüft. Als Be-<br />
triebsführer auf dem NCS musste <strong>VNG</strong> Norge zudem<br />
Versicherungen abschließen, die Störungen bei<br />
Bohrungen, Schäden an Installationen, Schäden<br />
Dritter und Produktionsverluste abdeckt.<br />
Die Meerestiefe in den Lizenzgebieten der <strong>VNG</strong><br />
Norge beträgt zum großen Teil maximal 500 m.<br />
Bohrungen in diesen Gewässern haben den Vorteil,<br />
dass auftretende Störungen leichter zu bewältigen<br />
sind, etwa durch den Einsatz von Tiefseetauchern,<br />
und damit Schlimmeres verhindert werden kann.<br />
In der Barentsee und der Norwegischen See gibt<br />
es jedoch auch Gebiete mit einer Tiefe von mehr<br />
als 1500 Metern.<br />
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34
Im Rahmen der staatlichen lizenzrunde ApA<br />
2009 hat <strong>VNG</strong> Norge im Januar 2010 Anteile an<br />
drei neuen Explorationslizenzen erworben. Wie<br />
funktioniert das Bewerbungsverfahren?<br />
Seit 2003 finden jährlich die so genannten<br />
APA-Lizenzrunden statt. E&P-Unternehmen kön-<br />
nen sich um Lizenzgebiete auf dem Norwegischen<br />
Kontinentalschelf bewerben, die bereits teilwei-<br />
se erschlossen sind. Nach Ausschreibung der<br />
APA-Gebiete im Frühjahr beginnen die E&P-Ge-<br />
sellschaften mit vorbereitenden Explorationsar-<br />
beiten, in der Regel seismischen Auswertungen<br />
und geologischen<br />
Interpretationen<br />
der Zielgebiete.<br />
Bis zum Herbst<br />
müssen die<br />
Bewerber ihre Anträge beim MPE einreichen,<br />
wobei dies im Alleingang oder als Teil eines<br />
Gruppenantrags geschehen kann. Dabei ist eine<br />
Bearbeitungsgebühr zu entrichten. Sie beträgt<br />
100 000 NOK (ca. 12 500 €) für jeden Antrag auf<br />
Zuteilung einer Produktionslizenz. Nach Ablauf der<br />
Bewerbungsfrist entscheiden die norwegischen<br />
Behörden meist am Anfang des Folgejahres, wie<br />
die zukünftigen Konsortien für die APA-Lizenzen<br />
aussehen werden. Mit dem Zuschlag für eine<br />
Lizenz erhalten die E&P-Firmen auch zahlreiche<br />
Arbeitsverpflichtungen. Diese umfassen zunächst<br />
die Durchführung von geologischen, geophysikalischen<br />
und reservoirtechnischen Studien sowie<br />
das Sammeln oder Reprocessing von 3D-Seismik.<br />
Innerhalb von zwei bzw. drei Jahren nach<br />
Lizenzzuteilung müssen die Lizenznehmer dann<br />
entscheiden, ob sie eine Bohrung niederbringen<br />
oder nicht („Drill-or-Drop-Entscheidung“). Fällt<br />
diese Entscheidung positiv aus, muss in der Regel<br />
innerhalb der nächsten zwei Jahre die Explorationsbohrung<br />
stattfinden sowie eine Entscheidung<br />
zur Weiterführung der Lizenz getroffen werden.<br />
Wird die Lizenz nicht an den norwegischen Staat<br />
zurückgegeben, ist innerhalb der folgenden zwei<br />
Jahre der PDO (Plan of Development and Opera-<br />
<strong>medium</strong> <strong>gas</strong> | <strong>2010.2</strong><br />
tion) bei den norwegischen Behörden einzureichen,<br />
der die Grundlage für die Feldentwicklung<br />
darstellt.<br />
Der norwegische Staat unterstützt unternehmen<br />
bei Explorationsaktivitäten in Form von „Tax Refund“<br />
und „uplift“. Was heißt das genau?<br />
Um E&P-Firmen Anreize zu geben, die immer<br />
kostenaufwendigere Exploration auch auf risikoreichere<br />
Gebiete auszudehnen, beteiligt sich der<br />
norwegische Staat indirekt an Explorationskosten,<br />
indem er sowohl im Misserfolgsfall als auch im<br />
Erfolgsfall bis zu 78 % der Explorationskosten auf<br />
Antrag hin erstattet (Tax Refund). Im Misserfolgsfall,<br />
z. B. bei einer trockenen Bohrung, hat das zur<br />
Folge, dass ein E&P-Unternehmen die Explorationskosten<br />
für eine Bohrung zu 100 % vorschießt<br />
(„Brutto“-Kosten, gross costs), und dann, nach<br />
Ablauf eines Fiskalkjahres, 78 % dieser Kosten<br />
erstattet bekommt und somit nur noch 22 % der ursprünglichen<br />
Bruttokosten als Nettoverlust stehen<br />
bleiben. Zu den rückerstattungsfähigen<br />
Kosten zählen die Explorationsund<br />
Erweiterungskosten sowie<br />
die Carry-Zahlungen. Nicht-rückerstattungsfähig<br />
sind unter anderem<br />
administrative Kosten sowie etwaige<br />
Bonuszahlungen.<br />
Damit E&P-Unternehmen einen Anreiz erhalten,<br />
auch kleinere Entdeckungen oder Entdeckungen in<br />
infrastrukturell schlechter erschlossenen Regionen<br />
zu entwickeln und den Entwicklungszeitraum zu<br />
verkürzen, wurde die so genannte „Uplift“-Regelung<br />
geschaffen. Diese besagt, dass für die<br />
Festlegung der so genannten Special Petroleum<br />
Tax (SPT) in Höhe von 50 % nicht die gleiche<br />
Steuerbasis gilt, die für die Körperschaftssteuer<br />
in Höhe von 28 % berechnet wird. Die Basis für<br />
die Berechnung der SPE wird um einen Betrag<br />
vermindert, der 7,5 % der Entwicklungskosten<br />
(CAPEX) entspricht und der über vier Jahre nach<br />
dem jeweiligen Investitionsjahr SPT-mindernd<br />
geltend gemacht werden kann.<br />
Sie wollen wissen, wie Kohlenwasserstoffe in der Erdkruste entstehen, wie viel Zeit zwischen Fund und Förderung vergeht oder wie eine<br />
Bohrplattform auf hoher See arbeitet? Schreiben Sie Ihre Frage per E-Mail an charlotte@vng.de oder per Post an <strong>VNG</strong> – <strong>Verbundnetz</strong> <strong>Gas</strong> <strong>AG</strong>,<br />
Öffentlichkeitsarbeit/Interne Kommunikation, Braunstraße 7, 04347 Leipzig.<br />
35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68<br />
55
56 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | umschau | Feature<br />
Sobald der Molch vor der Schleuse steht, müssen Armaturen geöffnet werden, um ihn „einfahren“ zu lassen. Am Stahlhaken wird der Molch aus seinem dunklen<br />
Versteck gezogen. Rund sechs Stunden war der Molch in der Leitung unterwegs, völlig verunreinigt und verklebt wurde er danach aus der Leitung geholt.<br />
Technik<br />
Per Anhalter durch die Pipeline<br />
Mit einem Molch wurde die FGl 28 auf einem zwanzig Kilometer<br />
langen Teilstück gereinigt und überprüft. <strong>medium</strong> <strong>gas</strong> war dabei.<br />
Von Mandy Nickel, Redaktion<br />
„Achtung. An der Fern<strong>gas</strong>leitung 28, Bahnhof<br />
Kraftwerk Lippendorf in Böhlen, hat Einfahrt<br />
der Molch aus Nempitz. Bitte treten Sie von der<br />
Molchkante zurück.“ Ganz ehrlich, einen derartigen<br />
Humor können nur Techniker haben. Den brauchen<br />
sie aber auch, denn als das Technik-Amphib ge-<br />
gen Mittag aus der Molchschleuse geholt wird,<br />
prasseln bei kühlen Temperaturen noch heftige<br />
Regentropfen vom Himmel herab.<br />
Trotz Miesewetters sind das Team von <strong>VNG</strong>, die<br />
Mitarbeiter von der Firma Vorwerk sowie das<br />
Molchabholkommando der Firma PII Pipetronix<br />
bester Laune. „Eigentlich gilt die Leitung zwischen<br />
Fotos: Christian Schneider<br />
Nempitz und Lippendorf als nicht molchbar – wir<br />
haben es trotzdem geschafft“, erklärt Alexander<br />
Ziehe zur Freude der Anwesenden. Er hat die<br />
gesamte Molchung als Forschungsprojekt mit-<br />
begleitet.<br />
Bereits einen Tag zuvor fiel der Startschuss für die<br />
Molchung, als das Gerät der Firma PII Pipetronix<br />
abends in Nempitz in die ehemalige Stadt<strong>gas</strong>lei-<br />
tung eingesetzt wurde. Aber erst früh um sechs<br />
wurde es auf den Weg geschickt. Warum gerade<br />
frühmorgens? „Weil dann der Durchsatz in der<br />
Leitung höher ist, da mehr <strong>Gas</strong> von den Haus-<br />
haltskunden gezogen wird“, schildert Ziehe. Die<br />
Strömungsgeschwindigkeit und der Druck in der<br />
Leitung sind für das „Amphib“ sehr wichtig, ohne<br />
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34
sie würde er sich keinen Meter bewegen. Druck-<br />
differenz oder Delta p nennen das die Techniker.<br />
Mit rund ein bis drei Metern pro Sekunde bewegt<br />
er sich danach idealerweise fort. Nur dann kann<br />
er verwertbare Analysen machen.<br />
Molche treten in einer Vielzahl von Formen, Mate-<br />
rialien und Kombinationen auf. So gibt es verschie-<br />
denste Molchtypen für beinahe jede Anforderung –<br />
vom Reinigungs-, Geometrie- oder Dichtmolch<br />
bis hin zum intelligenten Molch für Inspektions-<br />
aufgaben. Letzterer kam auch auf der FGL 28 zum<br />
Einsatz. Seine Aufgabe: Den Zustand der Leitung<br />
erfassen, dabei unter anderem die Dicke<br />
der Rohrwand messen. Da-<br />
für ist er vollge-<br />
stopft mit aller-<br />
lei Messtechnik.<br />
Zunächst baut<br />
der Molch ein<br />
starkes Magnet-<br />
feld parallel zur<br />
Rohrwand auf. Mit seinen Fühlern (Sensoren)<br />
registriert er danach Abweichungen der in der<br />
Rohrwand eingebrachten Magnetflusslinien.<br />
An Stellen mit geringerer Wanddicke ändert sich<br />
das Magnetfeld (sogenanntes Magnetstreu-<br />
flussverfahren). Die Daten speichert er, sie wer-<br />
den später ausgelesen und am Rechner ausge-<br />
wertet.<br />
Gut 20 Kilometer hat der Inspektionsmolch seit<br />
den frühen Morgenstunden zurückgelegt, gegen<br />
Mittag melden Detektoren am Boden seine An-<br />
kunft in Sichtweite zum Kraftwerk Lippendorf.<br />
Jetzt geht plötzlich alles ganz schnell. Armaturen<br />
werden geöffnet, um dem Molch die Einfahrt in<br />
die Molchschleuse zu gewähren. Sobald er rein-<br />
gerutscht ist, werden hinter ihm die Armaturen<br />
wieder geschlossen. Eine Stunde muss der Molch<br />
jetzt in der Schleuse warten, nicht weil er von der<br />
Fahrt so erschöpft ist, sondern weil Bestimmungen<br />
des Explosionsschutzes dies vorschreiben. Die<br />
Mitarbeiter von <strong>VNG</strong> und Vorwerk nutzen die<br />
Zeit, um die Schleuse endgültig zu entspannen.<br />
Dazu wird das <strong>Gas</strong> ausgeblasen, anschließend<br />
wird die Schleuse mit Stickstoff gespült. Dieses<br />
Prozedere ist wichtig, damit beim Öffnen der<br />
Schleuse ein <strong>gas</strong>freier und damit ungefährlicher<br />
Raum vorhanden ist.<br />
<strong>medium</strong> <strong>gas</strong> | <strong>2010.2</strong><br />
Warum macht man eine Inspektionsmolchung überhaupt?<br />
Inspektionsmolchungen sind ein Bestandteil des Pipeline Integrity Management Sys-<br />
tems (kurz PIMS), mit dem <strong>VNG</strong> und ONTRAS die Sicherheit von Leitungen und Anlagen<br />
gewährleisten. Eine Molchung ist zwar gesetzlich nicht vorgeschrieben, durch sie erhält<br />
man jedoch genaue Aussagen über den Zustand von Leitungen. Im Ergebnis einer Zu-<br />
standsbewertung werden die Molchzyklen pro Leitung festgelegt. Allerdings gelten rund<br />
die Hälfte des 7000-Kilometer-Netzes von ONTRAS als nicht molchbar. Molchungen sind<br />
ein hochkomplexes und kostenintensives Verfahren, allerdings ist ihr Aufwand um ein<br />
Vielfaches geringer als der Leitungsneubau.<br />
Nachdem der 60-Minuten-Countdown abgelaufen<br />
ist, wird die Tür der Molchschleuse geöffnet. Bis auf<br />
zwei im weißen Plastikoverall gekleidete Herren<br />
halten alle auf der Baustelle Abstand. Der Grund<br />
für die Zurückhaltung fließt auch augenblick-<br />
lich heraus: eine schwarze, klebrige Masse aus<br />
früheren Stadt<strong>gas</strong>zeiten, die der Molch auf seiner<br />
Fahrt durch die Leitung vor sich hergeschoben<br />
hat. „Damit müssen wir ganz besonders aufpas-<br />
sen“, erklärt Alexander Ziehe, „denn die Masse<br />
darf nicht ins Erdreich gelangen.“ So schädlich<br />
sie für die Umwelt ist, so schwer würde sie sich<br />
auch wieder von der Kleidung lösen. Deshalb ist<br />
Schutzkleidung ein unbedingtes Muss.<br />
Ein Großteil dieser Stoffe ist fünf Minuten später<br />
in einen Auffangbehälter abgeflossen. Mit einem<br />
Seilgewinde wird der Molch jetzt langsam aus sei-<br />
ner Gefangenschaft in der Schleuse befreit. Wenig<br />
später liegt der vier Meter und 850 Kilogramm<br />
schwere Koloss auf einem Schlitten, über und<br />
über von schwarzer Masse verklebt. Jetzt wird der<br />
Molch auf einen LKW gehoben und zur Spezialrei-<br />
nigung gebracht. Mindestens drei Stunden wird<br />
das dauern, bis er wieder auf Hochglanz poliert<br />
ist. Erst dann kann das Speicherelement mit den<br />
Analysedaten ausgelesen werden.<br />
Mittlerweile steht das Molch-Team um <strong>VNG</strong> seit<br />
mehr als sechs Stunden in der Kälte. Zumindest<br />
ist jetzt aber ein Ende des Arbeitstages absehbar.<br />
Während die Freude über die geglückte Molchung<br />
noch groß ist, beginnen Arbeiter bereits wieder<br />
mit den Abbauarbeiten für die mobile Schleuse,<br />
die nur eigens für die Molchung der FGL 28 ange-<br />
baut wurden. Sie wird an anderer Stelle wieder<br />
zum Einsatz kommen, um einen Molch in die<br />
Erd<strong>gas</strong>leitung einzubringen oder ihn wieder he-<br />
rauszuholen. Dann aber hoffentlich bei wärmeren<br />
Temperaturen.<br />
35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68<br />
57
58 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | umschau | Feature<br />
10 Dinge,<br />
FÜHLER<br />
1.<br />
Mit seinen Fühlern – eigentlich sind es Sensoren – kann<br />
der Molch Korrosionen und Schadstellen auf der Rohrwandoberfläche<br />
entdecken. Mittels des so genannten Magnetstreuflussverfahrens<br />
kann er damit sogar den Stahlmantel<br />
der <strong>Gas</strong>leitungen „durchleuchten“. Bis zu 200 Sensoren hat<br />
ein intelligenter Molch an Bord. Sie sind rundum so verteilt,<br />
dass sie die Rohrwand vollständig abtasten können.<br />
SENDER<br />
3.<br />
Am Molch befindet sich ein Sender, mit dem<br />
das Gerät in der Leitung geortet werden kann.<br />
Durch die Signale erfolgt die Molchverfolgung<br />
an der Erdoberfläche.<br />
an denen Sie einen<br />
Inspektionsmolch<br />
ganz sicher erkennen<br />
können<br />
ODOMETER<br />
Odometer sind mitlaufende<br />
Räder, die die Wegmessung<br />
vornehmen. Damit kann<br />
später den gemessenen<br />
Daten auch der genaue Ort<br />
in der Leitung zugeordnet<br />
werden.<br />
M<strong>AG</strong>NETE<br />
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34<br />
2.<br />
4.<br />
Quelle: Images courtesy of GE Oil & <strong>Gas</strong>- PII Pipeline<br />
Solutions GE © 2010 All, Rights Reserved<br />
Mit den zwei rundum platzierten Magnetreihen<br />
(für Nord- und Südpol) induziert der Molch ein<br />
Magnetfeld in die Leitungswand. Während sich<br />
der Molch bewegt, wird der Magnetfluss aufgezeichnet.<br />
Änderungen im Magnetfluss weisen<br />
auf Anomalien in der Rohrwand hin. Das Magnetfeld<br />
baut sich übrigens nicht so schnell wieder ab,<br />
die Leitung bleibt also auch mehrere Jahre nach<br />
der Molchung noch magnetisch.
Fotos: aboutpixel.de/Bernd Boscolo (1.); Miriam Sehr (2.); d-jey (3.); Rosita Sellmann (4.); Kristin Schotta (7.); seahorse (8.); Ronald Leine (9.); Peter Smola (10.) | Bredehorn. J/pixelio.de<br />
MANSCHETTEN<br />
Manschetten – in der Regel bestehen sie aus<br />
Kunststoff – zentrieren den Molch in der Leitung,<br />
dichten ihn zur Rohrwandung ab und dienen<br />
somit zur Fortbewegung.<br />
GELENKE<br />
Molche bestehen<br />
aus zylindrischen<br />
5.<br />
Körpern, die durch Gelenke miteinander<br />
verbunden sind. Diese Gelenke sind beweglich,<br />
so dass der Molch gekrümmte Rohre (Bögen)<br />
befahren kann.<br />
SPEICHER<br />
7.<br />
Auf seiner Fahrt durch die Unterwelt sammelt<br />
der Molch eine große Anzahl an Daten, die er<br />
auf einem internen Speicher ablegt. Die Daten<br />
können später ausgelesen und ausgewertet<br />
werden.<br />
9.<br />
<strong>medium</strong> <strong>gas</strong> | <strong>2010.2</strong><br />
COUNTDOWN-ZäHLER<br />
35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68<br />
6.<br />
59<br />
Molche tragen in sich eine Countdown-Uhr. Diese dient als<br />
automatische Abschaltung, auch aus Sicherheitsgründen.<br />
Sie zählt 60 Minuten rückwärts, sobald der Molch in die Molch-<br />
schleuse gerutscht ist und Atmosphärendruck herrscht.<br />
ELEKTRONIK-GEHIRN<br />
Intelligente Molche sind mit allerlei Prüf- und Messtechnik<br />
ausgestattet. Damit können sie während ihrer Fahrt durch<br />
die Leitung jede Menge Daten sammeln. Reinigungs- oder<br />
Trocknungsmolche haben dagegen keine aufwendige<br />
Elektronik an Bord. Auch wenn Molche sehr kompakt sind<br />
und ihr „Hirn“ vergleichsweise klein ist – sie besitzen eine<br />
enorme Rechenleistung.<br />
SPEED-CONTROL<br />
8.<br />
10.<br />
Manchen Autofahrer würde die Geschwindigkeitsregelung<br />
vor einem Knöllchen bewahren, der Molch braucht<br />
sie, um zu jeder Zeit eine gute Datenanalyse<br />
zu gewährleisten. Eigentlich bewegt sich der<br />
Molch durch den <strong>Gas</strong>fluss automatisch mit,<br />
ein Bypasssystem erlaubt ihm aber auch bei<br />
Bedarf, die Geschwindigkeit zu reduzieren.
60 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature<br />
Stadtansichten<br />
10 Gründe, die sächsische Elbmetropole<br />
Dresden zu besuchen<br />
Die sächsische landeshauptstadt ist ein Eldorado für die liebhaber von Kunst, Kultur und Geschichte.<br />
Dresden ist ein Mythos – dem sich <strong>VNG</strong> seit vielen Jahrzehnten verbunden fühlt.<br />
Von Mandy Nickel, Redaktion<br />
1. Stadt mit Tradition<br />
Die historische Altstadt von Dresden mit ihren zahlreichen Sehenswürdigkeiten<br />
und alten Gebäuden ist ein absolutes Muss für jeden Besucher in<br />
Dresden. Die Klassiker wie Dresdner Zwinger, Semperoper, Fürstenzug,<br />
Hofkirche, Grünes<br />
Gewölbe oder Frauenkirche<br />
liegen nah beieinander,<br />
können auch<br />
an einem Tag zu Fuß<br />
erkundet werden.<br />
Wer Dresden von<br />
oben sehen möchte,<br />
muss auf den knapp<br />
70 Meter hohen<br />
Aussichtspunkt des<br />
Rathausturmes.<br />
3. Brücke schlagen zwischen Alt und Neu<br />
Man sollte unbedingt über eine Brücke laufen, wenn man in<br />
Dresden ist. Besonders vom Neustädter Elbufer aus kann man<br />
die seit einiger Zeit wieder komplettierte Skyline der Altstadt<br />
bewundern. Interessant ist auch der Blick von der Babisnauer<br />
Pappel, einem Aussichtspunkt auf den Südhängen von Dresden.<br />
Der Blick schweift von Meißen (Dom) über ganz Dresden bis<br />
hinter Pirna, dem Elbsandsteingebirge, einem Teil des<br />
Erzgebirges, bei guter Fernsicht sogar bis in das Lausitzer<br />
Gebirge bei Zittau an der polnischen Grenze.<br />
Das „Blaue Wunder“ in Dresden<br />
2. Eine Stadt der Kirchen<br />
Dresden bietet sage und<br />
schreibe 63 Kirchen aus<br />
unterschiedlichen Epochen.<br />
Die wohl bekanntesten<br />
unter ihnen sind die Kreuzkirche,<br />
die Hofkirche und<br />
nicht zuletzt die wieder<br />
aufgebaute Frauenkirche.<br />
Die zweischalige Kuppel<br />
in der Frauenkirche ist mit<br />
mehr Raum zwischen den<br />
Schalen gebaut als die von<br />
Michelangelo im Petersdom<br />
in Rom. Die in die<br />
innere Kuppelschale eingearbeiteten Glasfenster<br />
ermöglichen einen „freien Flug“ über dem Herzen<br />
des Kirchenschiffes, dem Altar, wenn man mutig<br />
genug ist, sich drauf zu legen.<br />
4. Kulturmetropole mit Charme<br />
Kulturelle Höhepunkte<br />
gibt es das<br />
ganze Jahr über in<br />
Dresden, angefangen<br />
beim Opernball in der<br />
Semperoper über die<br />
Filmnächte am Elbufer<br />
bis hin zum Dixieland-<br />
Festival mit Straßen-<br />
und Dampferparade<br />
auf der Elbe. Im<br />
nahegelegenen Radebeul<br />
finden jedes Jahr<br />
im Mai die Karl-May-Festtage statt. Besonderes Highlight<br />
zur Weihnachtszeit ist der über die Dresdner Stadtgrenzen<br />
hinaus bekannte historische Striezelmarkt.<br />
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34
Foto: knipseline/PIXELIO<br />
5. Kulinarische Köstlichkeiten<br />
Die Dresdner Exportschlager schlechthin sind natürlich<br />
das Radeberger Bier und der Dresdner Christstollen.<br />
Eine besondere Spezialität sind auch Quarkkäulchen, die<br />
man unbedingt einmal probieren muss. Gelegenheit zur<br />
Verkostung bietet das Grand Café & Restaurant Coselpalais,<br />
immerhin schon 1765 erbaut und seit dieser Zeit<br />
auch eines der bedeutendsten barocken Bauten in Dresden.<br />
7. Blick von oben<br />
Wer einen guten Überblick über die Stadt haben will,<br />
dem empfiehlt sich bei gutem Wetter ein Ausflug nach<br />
Loschwitz. Der Stadtteil liegt knapp 100 Meter höher als<br />
der Rest der Stadt, die Loschwitzer Elbhänge gehören damit<br />
zu einer der bevorzugten Wohnlagen in Dresden. Eine um<br />
1900 erbaute Schwebebahn bringt den Fahr<strong>gas</strong>t in viereinhalb<br />
Minuten zur schönen Aussicht. Mit einer Standseilbahn<br />
gelangt man zum Luisenhof, einer beliebten Ausflugs<strong>gas</strong>tstätte<br />
im etwa 100 Meter höher gelegenen Stadtteil<br />
Weißer Hirsch. Loschwitz ist übrigens auch abends einen<br />
Ausflug wert, hier gibt es eine Vielzahl kleiner, romantischer<br />
Kneipen.<br />
9. Dem Mythos auf der Spur<br />
Im ehemaligen <strong>Gas</strong>ometer in Dresden hat der bekannte Berliner<br />
Künstler Yadegar Asisi ein 360°-Panorama der Elbestadt anno<br />
1756 erschaffen. Die Ausstellung im Panometer war 2008 der gemeinsame<br />
Beitrag der Asisi Factory und der DREW<strong>AG</strong> zur 800-Jahr-<br />
Feier der Stadt. 105 Meter lang und 27 Meter hoch ist die Installation,<br />
im Maßstab 1:1. Sie zeigt die entscheidende Epoche Dresdens,<br />
als die Stadt den Mythos als Elbflorenz begründete. Das barocke<br />
Dresden scheint für einen kurzen Augenblick wieder lebendig zu<br />
werden – ein absolutes Besuchermuss.<br />
<strong>medium</strong> <strong>gas</strong> | <strong>2010.2</strong><br />
6. Ruhe und Entspannung an der Elbe<br />
35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68<br />
61<br />
Dresden liegt landschaftlich wunderschön eingebettet zwischen dem Elbsandsteingebirge<br />
im Osten und dem Erzgebirge im Süden. Für Wanderer<br />
sind beide Regionen gleichsam beliebt. Auch die Innenstadt von Dresden<br />
bietet wunderschöne landschaftliche Reize, allen voran durch die Elbauen<br />
und Elbhänge. Sie prägen ganz wesentlich die hohe Lebensqualität der<br />
Stadt. Die Flusslandschaft wird Sommer wie Winter vielseitig genutzt, sei<br />
es für ein Picknick zu zweit, ein erholsames Nickerchen oder eine ausgedehnte<br />
Radtour auf dem 260 Kilometer langen Elberadweg.<br />
8. Weißes Gold seit 300 Jahren<br />
Es war die Sucht von August dem Starken nach<br />
dem „weißen Gold“, der Dresden seine einzigartige<br />
Porzellangeschichte verdankt. 1710 wurde<br />
die traditionsreiche Meissner Manufaktur gegründet,<br />
seit 1872 wird zudem in Freital-Potschappel,<br />
vor den Toren der Residenzstadt Dresden, kunstvolles<br />
Zierporzellan hergestellt. Die Dresdner<br />
Sammlung ist zugleich die qualitätsvollste und<br />
umfangreichste keramische Spezialsammlung<br />
der Welt, nicht zuletzt wegen ihrer herausragenden<br />
Bestände frühen Meissner Porzellans sowie<br />
ostasiatischer Porzellane des 17. und frühen<br />
18. Jahrhunderts.<br />
10. partyszene in Neustadt<br />
Die Dresdner Neustadt,<br />
am rechten Elbufer, ist<br />
schon zu DDR-Zeiten das<br />
Szene- und Gründerzeitviertel<br />
für Künstler und<br />
Aussteiger. Besonders „in“<br />
ist die Kunsthof Passage,<br />
kunstvoll sanierte und miteinander<br />
verbundene Höfe.<br />
Wer abends in Dresden<br />
ausgehen will, ist in der<br />
Neustadt goldrichtig. Hier<br />
findet man tolle Kneipen,<br />
junge Leute, wilde Biergärten, viel abgefahrene Mode<br />
und lustige Shops und gute Musik.
62 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature<br />
Kunst & Kultur I<br />
Die Narrative Figuration im<br />
Werk von Heinz Knoke<br />
Heinz Knoke (1922–1991), Siesta, 1971<br />
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<strong>medium</strong> <strong>gas</strong> | <strong>2010.2</strong><br />
„... gute Kunst ist in jedem Fall diejenige,<br />
über die man mit allen Versuchen, etwas zu sagen,<br />
niemals Befriedigendes wird sagen können ...“<br />
Von Bodo Pientka, Buchautor und Kunstsammler<br />
Dieser Satz von Francis Ponge (1899–1988) re-<br />
sümiert nicht allein die Begegnung mit dem Werk<br />
von Heinz Knoke, es ist auch eine Bemerkung,<br />
die in diesem Falle auf den Künstler selbst zu-<br />
trifft. Bei der intensiven Beschäftigung mit seiner<br />
künstlerischen Tätigkeit ist der Lebenshabitus<br />
des Kunstschaffenden aber nicht losgelöst von<br />
seinem Werk zu denken.<br />
Heinz Knoke, Jahrgang 1922, war ein Einzelgänger.<br />
Das Glück des Künstlers, seine schöpferische Arbeit<br />
im Gleichklang mit den Strömungen der internati-<br />
onalen Kunstszene voranzutreiben, ist ihm nicht<br />
zuteil geworden. Er hat die Position seiner Kunst<br />
gewissermaßen im Windschatten dessen, was man<br />
Kunstszene nennt, markiert. Unbeeindruckt von<br />
zumeist gegenläufigen Tendenzen zeitgenössischer<br />
Kunst entstand so ein Werk, das in all seinen<br />
Schattierungen ein zentrales Thema anvisiert: Im<br />
Zentrum der künstlerischen Arbeit Heinz Knokes<br />
steht der Mensch. Knoke hat sich in allen Phasen<br />
seiner künstlerischen Entwicklung immer aufs Neue<br />
mit der menschlichen Figur auseinandergesetzt.<br />
Doch es ist die hohe künstlerische Qualität dieser<br />
Arbeiten, die in seinen Bildern, Zeichnungen und<br />
Graphiken gleichrangig auffällt.<br />
Ausgangspunkt der Kunst Heinz Knokes ist die<br />
Figuration. Die Physiognomien der Körper, in<br />
denen sich Haltungen menschlicher Existenz<br />
nachzeichnen, stehen im Blickpunkt. Das Spek-<br />
trum der Protagonisten, die Knoke dabei ins Spiel<br />
bringt, ist breit gefächert. Es reicht vom Boxer,<br />
vom Athlet über den gebeutelten Geschäftsmann<br />
oder Akteur im Zwielicht bis hin zu Figuren, die<br />
der Mythologie entlehnt sind. In der Darstellung<br />
eines Athleten ebenso wie in der Vorstellung einer<br />
mythologischen Szene gelingt es Knoke, Figuren<br />
unseres Zeitalters ins Bild zu bannen, Figuren, die<br />
auf dem schmalen Grat der Geschichte unseres<br />
Jahrhunderts balancieren.<br />
Aus den Verzerrungen der Körper spricht die<br />
Beschädigung des Lebens, die sich in die Körper<br />
eingezeichnet hat. So deklinieren Knokes Bilder die<br />
Menschen im Spannungsfeld von heroischer Tat<br />
und erbärmlicher Vergänglichkeit. Abgeschattet im<br />
Halbdunkel von heller Aktion und traumatischem<br />
Schlaf, erscheinen sie als Sinnbilder menschlicher<br />
Existenz im 20. Jahrhundert. Dargestellt ist oft die<br />
kämpferische Position der einzelgängerischen<br />
Individualität, die sich in den Bildern Knokes mit<br />
gesteigerter Vehemenz Ausdruck verleiht. Das<br />
künstlerische Vokabular der kalkulierten, erzäh-<br />
lerischen Figuration in seinen Werken spricht aus<br />
Knokes Leben. Immer ist die expressive Dichte<br />
der künstlerischen Gestaltung erstes Kriterium,<br />
bleibt die realistische Darstellung der angelehnten<br />
Figuration treu.<br />
In der retrospektivischen Betrachtung der künst-<br />
lerischen Entwicklung Heinz Knokes steht seine<br />
Auseinandersetzung mit graphischen Techniken<br />
ganz vorn. Knoke widmete sich großangelegten<br />
Mappenwerken, deren Sujets geschichtlicher oder<br />
mythologischer Natur sind. Figuration, Linie und<br />
Kontur sind das beherrschende Charakteristikum<br />
dieser Arbeiten, in denen die graphische Vorge-<br />
hensweise Knokes deutlich wird.<br />
Ausgehend von Studienreisen in den Vorderen<br />
Orient, auf denen sich Knoke intensiv mit der Kunst<br />
der Assyrer beschäftigt hat, entstand 1965 die<br />
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63
64 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature<br />
Fortsetzung von Seite 63<br />
Die Narrative Figuration<br />
im Werk von Heinz Knoke<br />
Mensch mit Pferd, 1966 Gaukler, 1966<br />
Assurbanipal, 1965, Blatt d<br />
große Mappe „Assurbanipal“, eine Folge von acht<br />
Aquatinta-Radierungen. In den Reliefs von Ninive<br />
wird Assurbanipal, der große assyrische Herrscher,<br />
auf der Löwenjagd gezeigt. Außerordentlich sind<br />
die Plastizität und Dynamik dieser Szenen, die<br />
allein aus der harten Lineatur gewonnen werden.<br />
Fliegende Pferde, bohrende Pfeile, mit denen ein<br />
Heer von Löwen niedergestreckt wird, am Boden<br />
erlegt und mit dem Tode ringend, Opfer eines<br />
Geschehens, das Assurbanipal in stoischer Ruhe<br />
beherrscht. Knoke hat diese Szenen in seinem<br />
graphischen Zyklus ins Phantastische gewendet. In<br />
einem Meer von Linien verschmelzen Krieger und<br />
Opfer in inniger Verstrickung. Überproportionierte<br />
Körperteile, Pferdeschenkel, Hufe, fratzenhafte<br />
Gebilde, Fabelgestalten, die Statur des Herrschers –<br />
all dies erschließt sich dem Betrachter in immer<br />
neuen Überblendungen. Mit größtem Raffinement<br />
Ohne Titel, 1968<br />
werden das nuancenreiche Spektrum der Töne<br />
zwischen Schwarz und Weiß, die figuralen Facetten<br />
der Körper erschlossen. Die Dynamik der Reliefs<br />
von Ninive wird in die Dynamik eines Geflechtes<br />
der Linien übertragen. Auf den Motiven der Ra-<br />
dierungen verschwimmt die klare Konturierung<br />
in eine Nicht-Ordnung des Phantastischen, statt<br />
der Eindeutigkeit der Konturen findet sich die<br />
Transparenz der Figuration. Für Knoke war es eine<br />
Frage der Identität mit den Vorbildern aus Ninive<br />
und nicht nur die bloße Darstellung der Absurdität<br />
des Schrecklichen.<br />
Ohne Titel (figürliche Komposition), 1970<br />
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<strong>medium</strong> <strong>gas</strong> | <strong>2010.2</strong><br />
Assurbanipal, 1965, Blatt b Prometheus, 1968, Blatt a<br />
Prometheus, 1968, Blatt c<br />
Eine weitere große Mappe von acht Aquatinta-<br />
Radierungen aus dem Jahre 1968 beschäftigt sich<br />
mit dem Thema „Prometheus“. Hier ist besonders<br />
die Verschmelzung von Körpern und die innigliche<br />
Vereinigung der Akteure als Figurenarrangement<br />
hervorgehoben. Die Auseinandersetzung des Pro-<br />
metheus mit den anderen Göttern, die Einbringung<br />
des Feuers, das Angekettetsein an den Felsen des<br />
Kaukasus, das Groteske der Situation hat Knoke in<br />
expressiver Weise dargestellt. Wiederum gibt es<br />
eine klare Linienführung, kräftiges Entgegenset-<br />
zen von Schwarz und Weiß, aber in diesem Zyklus<br />
sind durch die Verwendung von Zwischentönen<br />
die Schattierungen nicht so hart getroffen. Das<br />
Zerschlagen und Trennen einer vormals bestehen-<br />
den Ganzheit bestimmt diese Abfolge. Das Leiden<br />
auf der einen und das Glück auf der anderen Seite<br />
wird in schaurig-schönen Bildern präsentiert.<br />
Knoke brachte den Fluss der Handlung in visionär<br />
geschaute Szenerien. Die graphische Technik der<br />
durch Aquatinta erreichbaren Nuancierungen<br />
suggeriert das Fortschreiten des organischen<br />
Prozesses in einer Welt des Halbdunkels. Allein<br />
aus dem Gefüge und der Verflechtung der Linien<br />
erschließen sich die Bilder auf die vielschichtige<br />
Art des zu Sehenden dem Betrachter.<br />
Eine ganz andere Struktur der Linienführung zeigt<br />
ein Zyklus von Arbeiten, bei denen Knoke Kör-<br />
perfragmente isoliert und, ins Überdimensionale<br />
vergrößert, ins Zentrum des Blickes setzt. Auf der<br />
zweifarbigen Radierung „Siesta“ von 1971 beleben<br />
die Körper der sich Umarmenden die Bildfläche wie<br />
eine Landschaft. Das vordergründige Beinfrag-<br />
ment beherrscht das Bild und die Hautstruktur<br />
der beiden Figuren wird durch fein abgestimmte<br />
Schattierungen herausgearbeitet. Die passiv<br />
schlummernde Energie der figuralen Komposition<br />
wird sichtbar und diese Arbeit formuliert sich in<br />
Anlehnung an einen phantastischen Realismus.<br />
Es war der Auftakt Knokes zu motivistischen Ele-<br />
menten, die seine Kunst in den darauffolgenden<br />
Jahrzehnten bestimmen sollten.<br />
Heinz Knoke starb 1991. Seine Kunst hat sich nicht<br />
allen erschlossen und von der Kunstgeschichte<br />
des zwanzigsten Jahrhunderts wird er noch etwas<br />
verhalten beurteilt. Das widerspiegelt den Stellen-<br />
wert seines künstlerischen Schaffens nicht und<br />
kann auch nicht die allgemeingültige Ansicht sein.<br />
Francis Bacon (1561–1626) sagte einmal, dass wir<br />
50 bis 80 Jahre brauchen, um ein Kunstwerk richtig<br />
einschätzen zu können. In der kurzen Zeitspanne<br />
von Knokes Tod bis heute ist die Reflexion zu seinem<br />
Werk durch die Künstlergemeinschaft noch nicht<br />
erfolgt und die Freunde und Sammler seiner Kunst<br />
sind eine kleine eingeschworene Gemeinde. Knoke<br />
verdient als Maler und Graphiker aber mehr als nur<br />
lokale Aufmerksamkeit. Dazu sollen dieser Artikel<br />
und die Ausstellung beitragen. Sonst müsste der<br />
Geist aussterben.<br />
Gleichzeitig mit dem Erscheinen dieses Artikels in<br />
der Zeitschrift „<strong>medium</strong> <strong>gas</strong>“ findet im Gebäude der<br />
Hauptverwaltung der <strong>VNG</strong> – <strong>Verbundnetz</strong> <strong>Gas</strong> <strong>AG</strong><br />
Leipzig eine Ausstellung mit Originalradierungen<br />
von Heinz Knoke statt. Anschließend geht die<br />
Ausstellung in das Pelikanhaus in Hannover – das<br />
Stammhaus der <strong>Gas</strong>unie Deutschland.<br />
unser Autor<br />
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65<br />
Bodo Pientka ist Mitar-<br />
beiter der <strong>VNG</strong>-Tochter<br />
ONTR AS – <strong>VNG</strong> <strong>Gas</strong>-<br />
transport GmbH. Er ist<br />
ein bekannter Leipziger<br />
Kunstsammler und be-<br />
sitzt unter anderem auch<br />
eine große Anzahl an Bil-<br />
dern von Heinz Knoke.
66 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature<br />
Kunst & Kultur II<br />
Kunst im Zeichen des<br />
Pelikans – Knoke-Ausstellung<br />
bei <strong>Gas</strong>unie<br />
Wenn im November die <strong>VNG</strong>-Ausstellung mit Grafiken des Künstlers Heinz<br />
Knoke aus der Sammlung pientka auch in Hannover in der Firmenzentrale von<br />
<strong>Gas</strong>unie Deutschland gezeigt wird, dann gibt es gleich mehrere Gründe, die<br />
für diesen ort sprechen.<br />
Dr. Philipp v. Bergmann-Korn, Pressesprecher<br />
<strong>Gas</strong>unie Deutschland Services GmbH<br />
Natürlich stehen an erster Stelle die engen Geschäftsbeziehungen zwischen<br />
<strong>VNG</strong> und ihrem Netzbetreiber ONTRAS zur <strong>Gas</strong>unie Deutschland, denn die<br />
beiden Netzunternehmen engagieren sich heute in einer erfolgreichen Marktgebietskooperation.<br />
Darüber hinaus gehörte das Vorgängerunternehmen der<br />
<strong>Gas</strong>unie Deutschland, die in Hannover ansässige BEB, zu den westdeutschen<br />
Erd<strong>gas</strong>unternehmen, die früh unternehmerische Verantwortung in den neuen<br />
Bundesländern übernommen hatten. 2010 stellt zugleich das Jubiläum der<br />
deutschen Einheit dar, die sich im Oktober zum 20. Mal jährt. Ferner verbindet<br />
gerade die beiden wichtigen deutschen Messestandorte Leipzig und Hannover<br />
eine enge Beziehung, die vor den Fall der Mauer zurückreicht: Die bereits 1987<br />
zwischen der niedersächsischen Landeshauptstadt und der größten Messestadt<br />
der damaligen DDR geschlossene Städtepartnerschaft entwickelte sich in den<br />
Jahren nach 1989 zu einer lebendigen, sehr aktiven Beziehung. Aber noch eine<br />
weitere Beziehung besteht – diese hat unmittelbar mit dem Ort, an dem die<br />
Knoke-Ausstellung in Hannover gezeigt wird, zu tun.<br />
Denn seit September 2008 befindet sich die Zentrale der <strong>Gas</strong>unie Deutschland<br />
am Pelikanplatz in Hannover – in einem Teil des ehemaligen Pelikan-Verwaltungsgebäudes.<br />
Dies ist eine sowohl wirtschaftshistorisch wie kulturgeschichtlich<br />
wichtige Adresse für die Stadt an der Leine. Hier wurde vor über 100 Jahren auf<br />
rund 21 000 Quadratmetern das Pelikanwerk mit Laboratorien, Werkstätten,<br />
Produktionshallen, Lagerräumen und Verwaltungsgebäuden in Betrieb genommen.<br />
Der in U-Form angelegte Flügelbau im Backstein-Look verfügte bereits<br />
damals über fortschrittliche Sozialeinrichtungen wie Speisesäle und Räume für<br />
einen Werksarzt. Bei seiner Fertigstellung 1906 galt das Gebäude als größter<br />
Eisenbetonbau Deutschlands. Damit fand zu Beginn des letzten Jahrhunderts<br />
die gleichermaßen stürmische wie erfolgreiche Entwicklung eines Unternehmens<br />
gut 70 Jahre nach seiner Gründung ihren baulichen Abschluss und Höhepunkt.<br />
Noch heute steht der Name Pelikan für hochwertige Schreibwerkzeuge und<br />
Künstlermaterialien. Begonnen hatte das hannoversche Traditions-Unternehmen<br />
Mitte der 1830er Jahre mit einer kleinen Farben- und Tintenfabrik in einem alten<br />
Bauernhaus 30 Kilometer vor den Toren der Stadt. Dass ein Unternehmen sich<br />
aus einer Art Garagenbetrieb entwickelt, ist also alles andere als ein Phänomen<br />
von IT-Start-ups in der New Economy. Pelikan-Tinten und Farben wurden<br />
Das Pelikanhaus in Hannover. Fotos: <strong>Gas</strong>unie<br />
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Über <strong>Gas</strong>unie<br />
<strong>medium</strong> <strong>gas</strong> | <strong>2010.2</strong><br />
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67<br />
schnell in Deutschland, aber auch im angrenzenden<br />
Ausland, darunter Österreich, Italien, Ungarn und<br />
Kroatien, bekannt. Nicht zuletzt gelang dies, weil<br />
mit einer für die Zeit einmaligen Markenstrategie<br />
– der Pelikan ist dem Wappen der ersten Eigentü-<br />
merfamilie Wagner entnommen – der Absatz der<br />
Produkte planmäßig vorangetrieben wurde. Das<br />
Pelikan-Logo, eines der ersten eingetragenen Wa-<br />
renzeichen in Deutschland, findet sich noch heute auf vielen baulichen Details<br />
– auf Steinfriesen und Skulpturen, aber auch auf den Gullydeckeln in dem nach<br />
dem Unternehmen benannten Pelikan-Viertel in Hannover. Und es ist noch nicht<br />
so lange her, dass im Wasserbassin vor dem Verwaltungsgebäude sogar lebende<br />
Pelikane gehalten wurden – die allerdings wurden aus Tierschutzgründen – im-<br />
merhin zählt die benachbarte Podbielskistraße zu den Ausfallstraßen mit der<br />
größten Verkehrsdichte der Stadt – in den hannoverschen Zoo übersiedelt.<br />
Als dann 1929 das wohl berühmteste Produkt der Pelikanwerke, der legendäre<br />
Pelikan-Füllfederhalter mit seiner grün-gestreiften Binde und der innovativen<br />
Kolbenmechanik das Licht der Welt erblickt, da leitete bereits Fritz Beindorff<br />
die Geschicke des Unternehmens, eine der bekanntesten Unternehmerpersön-<br />
lichkeiten Hannovers. Beindorff, dessen Interesse nicht nur aus professionellen<br />
Gründen der Werbung galt, konnte zahlreiche Künstler dafür gewinnen, sich an<br />
Plakatwettbewerben und Auftragsarbeiten für die Produkte seines Unternehmens<br />
zu beteiligen. Bezeichnenderweise sprach man damals von der Reklamekunst. Es<br />
ist der Jugendstil, dessen Merkmale sich auch am Verwaltungsgebäude finden,<br />
der erstmals eine Verbindung von Werbung und Kunst eingeht. Und so lassen<br />
sich unter den Künstlern zahlreiche bekannte Grafiker finden, darunter auch der<br />
Hannoveraner Dichter, Maler und Werbegrafiker Kurt Schwitters, der eng mit dem<br />
Dadaismus verbunden ist. Beindorff, der sich auch als Mäzen und Unterstützer<br />
der Kunst hervortat, gehörte 1916 zu den Gründern der Kestner-Gesellschaft,<br />
einem privaten Kunstverein, der es sich zur Aufgabe gemacht hatte, zeitgenös-<br />
sische Künstler mit internationaler Bedeutung nach Hannover zu holen und aus-<br />
zustellen. Wie Bodo Pientka herausgefunden hat, gehörte auch der in Hannover<br />
geborene und ausgebildete Heinz Knoke zu den Künstlern, die Kontakte zur<br />
Kestner-Gesellschaft hatten – womit sich der Beziehungs-Kreis schließt.<br />
<strong>Gas</strong>unie ist ein europäisches <strong>Gas</strong>infrastrukturunternehmen und das erste <strong>Gas</strong>transportunternehmen mit einem<br />
grenzüberschreitenden Netz in Europa. Der jährliche <strong>Gas</strong>durchsatz beträgt zirca 125 Mrd. m³. Das Unternehmen dient<br />
dem allgemeinen Interesse in den Märkten, in denen es aktiv ist und bemüht sich darum, Werte für alle Beteiligten<br />
zu schaffen. <strong>Gas</strong>unie Deutschland mit Sitz in Hannover ist ein 100-prozentiges Tochterunternehmen der NV Nederlandse<br />
<strong>Gas</strong>unie und verantwortlich für das Management, den Betrieb und den Ausbau eines rund 3 200 Kilometer<br />
langen Fernleitungsnetzes in Norddeutschland. <strong>Gas</strong>unie Deutschland beschäftigt insgesamt rd. 230 Mitarbeiter.<br />
Aufgrund seiner geographischen Lage im Norden Deutschlands ist das Leitungsnetz der <strong>Gas</strong>unie Deutschland<br />
Teil der nordwesteuropäischen <strong>Gas</strong>drehscheibe innerhalb der europäischen Erd<strong>gas</strong>-Transitleitungen.
Hier ist was drin!<br />
Mit Forschung, Entwicklung und Umsetzung im<br />
Markt wollen wir den Einsatz von Erd<strong>gas</strong> noch<br />
effizienter und klimafreundlicher gestalten.<br />
Deshalb unterstützen wir unseren Partner<br />
Kirsch GmbH bei der Markteinführung des<br />
weltweit ersten luftgekühlten Mini-Blockheiz-<br />
kraftwerkes.<br />
Was <strong>VNG</strong> mit dem Marktprogramm Kraft-<br />
paket.plus noch tut, damit innovative System-<br />
technik bei den Anwendern und Marktpartnern<br />
punktet, erfahren Sie auf:<br />
www.verbundnetzplus.de/kraftpaketplus<br />
<strong>VNG</strong> – <strong>Verbundnetz</strong> <strong>Gas</strong> Aktiengesellschaft | Braunstraße 7 | 04347 Leipzig | Telefon + 49 341 443-0 | Fax + 49 341 443-1500 | info@vng.de | www.vng.de<br />
<strong>medium</strong> <strong>gas</strong> | 19. Jahrgang | 2. Ausgabe | Juli/August 2010