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Juni 2011 - Stadtgespräch

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Einzelne Sozialämter in Deutschland gehen aufgrund<br />

der Urteile des Bundesfinanzhof (BFH) -Urteil<br />

vom 17.12.2008 (III R 6/07) BStBl. 2009 II S.<br />

926 und BFH-Urteil vom 9.2.2009 (III R 37/07)<br />

BStBl. 2009 II S. 928 dazu über, von Eltern volljähriger<br />

behinderter Kinder, die sich der Aufgabe stellen,<br />

ihre Kinder auch weiter in der Häuslichkeit zu<br />

betreuen, die Abzweigung des Kindergeldes zu beantragen.<br />

Die Eltern und ihre Kinder kommen nun<br />

in eine sehr schwierige Situation. Das jeweils zuständige<br />

Sozialamt stellt bei den zuständigen Kindergeldkassen<br />

einen Antrag auf Abzweigung des Kindergeldes,<br />

da es meint, die Grundsicherung der volljährigen<br />

behinderten Kinder im Haushalt der Eltern<br />

sicherzustellen. Dies ist natürlich nur dann der Fall,<br />

wenn die Eltern das Kindergeld beziehen. Erhält das<br />

Kind das Kindergeld, wird es bereits bei der Berechnung<br />

der Grundsicherungsleistung als Einkommen<br />

berücksichtigt. Nun werden die Eltern aufgrund des<br />

Abzweigungsantrages von den Familienkassen angeschrieben,<br />

da sie ermitteln müssen, welche Leistungen<br />

die Eltern für Ihre Kinder erbringen. Soweit<br />

Eltern anrechenbare Leistungen erbringen, erfolgt<br />

keine Abzweigung. Die Eltern wiederum erkennen<br />

die Folgen und teilen den Familienkassen mit, welche<br />

Taschengeld/ Handgeldleistungen sie erbringen<br />

und welche weiteren Anschaffungen und Wegekosten<br />

getragen werden, ohne wirklich die Realität darzustellen.<br />

Soweit ein Merkzeichen G vorliegt, werden die We-<br />

06/11<br />

gekostenmehraufwendungen durch den Mehrbedarfszuschlag<br />

bei der Sozialhilfe abgedeckt und<br />

daher bleiben diese unberücksichtigt. Geldleistungen<br />

werden im Verfahren des Kindergeldes angerechnet<br />

und dann im Nachgang durch die Sozialämter<br />

aufgrund der Information, dass in der Vergangenheit<br />

Geld geflossen ist, welches möglicherweise<br />

nicht angegeben wurde, als Einkommen rückwirkend<br />

angerechnet. Erstattungsforderungen stehen<br />

ins Haus. Betroffenen kann nur geraten werden,<br />

frühzeitig und zwar bei Vorlage der Aufforderung der<br />

Familienkasse, bei einem im Sozialrecht erfahrenen<br />

Berater um Hilfe zu bitten, um ungünstige und nicht<br />

reale Angaben gar nicht erst zu tätigen.<br />

Es gibt einige schlüssige Strategien und Argumente,<br />

die vorgebracht werden, um diesem Verwaltungshandeln<br />

entgegenzutreten. Allein der Umstand, dass<br />

Eltern deren volljährige Kinder in Heimen betreut<br />

werden und selbst das Kindergeld beziehen gleichgestellt<br />

werden mit den Eltern, die die schwierige Lebensleistung<br />

der Betreuung ihrer behinderten Kinder<br />

selbst übernehmen, wiederspiegelt ein Argument<br />

und eine Ungleichbehandlung kann durch nichts<br />

gerechtfertigt werden.<br />

Ein immer wieder vorgetragenes Argument, es würden<br />

nur tatsächliche keine fiktiven Leistungen berücksichtigt<br />

werden, kann bei den Betreuungsleistungen<br />

nicht gelten, da diese tatsächlich erbracht<br />

werden. Vielmehr sind die Leistungen zu ermitteln,<br />

die das Sozialamt zu tragen hätte, müsste es den Hilfebedarf<br />

und die Teilhabe des Kindes selbst finanzieren.<br />

Einer Pflegestufe bedarf es nicht zwingend,<br />

da Hilfe zur Pflege und Teilhabe am Leben auch bei<br />

Pflegstufe 0 geleistet werden muss. Den Sozialämtern<br />

ist offenbar nicht klar, dass es sehr teuer für sie<br />

werden wird, wenn die betroffenen Eltern sämtliche<br />

Leistungen durch das Sozialamt sicherstellen lassen<br />

wollen. Eine Pflicht zur stationären Betreuung gibt<br />

es nicht. Ebensowenig sind Eltern verpflichtet, ihre<br />

Kinder in der eigenen Wohnung selbst zu betreuen.<br />

Übernehmen die Eltern lediglich eine Überwachungsfunktion,<br />

werden für diese Freiräume ge-<br />

Unzulässige Abzweigung des Kindergeldes<br />

betreuender Eltern schwerbehinderter<br />

volljähriger Kinder durch Sozialämter?<br />

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schaffen die es ihnen ermöglichen selbst wieder<br />

mehr am Leben teilzuhaben, ohne dass die Fürsorge<br />

für die betreuungsbedürftigen, volljährigen<br />

behinderten Kinder darunter leidet. Dieser Mehraufwand<br />

für das Sozialamt wird 184,00 € im Monat<br />

mit großer Sicherheit überschreiten, so dass eine<br />

Abzweigung des Kindergeldes dann auch gerecht erscheint.<br />

Hervorzuheben sind einige kommunale Sozialämter,<br />

die offenbar diese wirtschaftliche Überlegung<br />

vorgezogen haben und deshalb bis heute derartige<br />

Abzweigungsanträge nicht stellen. Günstiger wird es<br />

am Ende für diese Ämter in jedem Fall.<br />

Vor Finanzgerichten sind Sammelverfahren zu dieser<br />

Problematik anhängig und man muss nunmehr<br />

abwarten, ob den Sozialämtern oder den Betroffe-<br />

Alexander Blume<br />

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht<br />

Familienrecht, Erbrecht, Vertragsrecht und<br />

Verkehrsrecht<br />

Mark Kischko<br />

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht<br />

Familienrecht, Medizinrecht, Sozialrecht und<br />

Arbeitsrecht

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