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Der Nescafé-PlaN: wer Profitiert? - Erklärung von Bern

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Dokumentation<br />

#02_2011/CHF 6.—<br />

alter<br />

affee<br />

<strong>Der</strong> <strong>Nescafé</strong>-<strong>PlaN</strong>: <strong>wer</strong> <strong>Profitiert</strong>?


inhalt<br />

eiNführuNg<br />

<strong>Der</strong> <strong>Nescafé</strong>-Plan in Mexiko 4<br />

iNVestitioNeN<br />

Zahlen im Kontext 6<br />

KaffeeaNBau<br />

Von der Armut in die Abhängigkeit? 8<br />

ProDuKtioN uND DistriButioN<br />

Qualität oder <strong>Nescafé</strong>? 10<br />

KoNsuM<br />

Mogelpackung für die Armen 12<br />

fazit 14<br />

impressum<br />

evB-Dokumentation «Kalter Kaffee – <strong>Der</strong> <strong>Nescafé</strong>-Plan: Wer<br />

profitiert?» 02/September 2011, CHF 6.– auflage 22 500 herausgeberin<br />

<strong>Erklärung</strong> <strong>von</strong> <strong>Bern</strong> (EvB), Dienerstrasse 12, Postfach,<br />

8026 Zürich, T 044 277 70 00, F 044 277 70 01, info@evb.ch,<br />

www.evb.ch, texte Andrea Hüsser, Flurina Doppler redaktion<br />

Oliver Classen, Susanne Rudolf Konzept, gestaltung,<br />

illustrationen Clerici Partner Design, Zürich Druck ROPRESS<br />

Genossenschaft, Zürich. Gedruckt mit Biofarben auf Cyclus Print,<br />

100 % Altpapier, klimaneutraler Druck<br />

wenn nicht anders erwähnt, stammen die fotos <strong>von</strong><br />

andrea hüsser.<br />

Das evB-Magazin inkl. Dokumentation erscheint 5- bis<br />

6-mal jährlich. evB-Mitgliederbeitrag: fr. 60.– pro Kalenderjahr.<br />

spendenkonto: 80-8885-4<br />

Glossar<br />

4c <strong>Der</strong> Common Code for the Coffee Community<br />

(4C) ist ein <strong>von</strong> Kaffeeröstern und -händlern,<br />

Kaffeeproduzenten sowie Nichtregierungsorganisationen<br />

erarbeiteter Mindeststandard für den<br />

Kaffee-Massenmarkt. 4C ist kein Siegel sondern ein<br />

Verhaltenskodex, der eine schrittweise Verbesserung<br />

hinsichtlich sozialen, ökologischen und<br />

wirtschaftlichen Kriterien anstrebt. Die Einhaltung<br />

der Richtlinien wird zwar überprüft, eine Nichteinhaltung<br />

hat aber keinen Ausschluss aus dem<br />

Verband zur Folge. >www.4c-coffeeassociation.org<br />

rainforest alliance Das Umweltsiegel Rainforest<br />

Alliance zeichnet Südprodukte wie Kaffee, Bananen,<br />

Kakao oder Tee aus, die gewisse Umwelt- und<br />

Sozialstandards erfüllen. Auf den Plantagen<br />

müssen grundlegende Arbeitsrechte eingehalten<br />

<strong>wer</strong>den, ein Mindestpreis oder eine Sozialprämie<br />

sind nicht vorgeschrieben. Die Richtlinien umfassen<br />

diverse Umweltkriterien, diese sind umfassend,<br />

aber insgesamt deutlich weniger streng als die<br />

Kriterien der Bio-Landwirtschaft. Chemisch-synthetische<br />

Dünger und Pflanzenschutzmittel sind nicht<br />

verboten, sollen aber reduziert <strong>wer</strong>den. Die Einhaltung<br />

der Richtlinien wird jährlich vor Ort überprüft<br />

und zertifiziert. >www.rainforest-alliance.org<br />

fairtrade Die Richtlinien der internationalen<br />

Fairtrade-Organisation FLO schreiben die Bezahlung<br />

eines Mindestpreises und einer Fairtrade-<br />

Prämie an die Bauern und Bäuerinnen vor. Die<br />

Fairtrade-Produzenten und -Produzentinnen<br />

müssen zahlreiche Umweltkriterien erfüllen, diese<br />

sind umfassend, aber insgesamt deutlich weniger<br />

streng als die Kriterien der Bio-Landwirtschaft.<br />

Chemisch-synthetische Dünger und Pflanzenschutzmittel<br />

sind nicht verboten, sollen aber reduziert<br />

<strong>wer</strong>den. Die Einhaltung der Richtlinien wird<br />

jährlich vor Ort überprüft und <strong>von</strong> einer unab hängigen<br />

Stelle zertifiziert. >www.fairtrade.net<br />

Biologische landwirtschaft In der biologischen<br />

Landwirtschaft sind chemisch-synthetische<br />

Dünger und Pflanzenschutzmittel verboten und<br />

es gelten zahlreiche Anforderungen betreffend<br />

Boden fruchtbarkeit und Bodenschutzmassnahmen.<br />

Arbeitsrechtliche Fragen sind in einigen privaten<br />

Bio-Standards geregelt, in den staatlichen Bioverordnungen<br />

(CH, EU, USA) jedoch nicht. Die<br />

Einhaltung der Richtlinien wird jährlich vor<br />

Ort überprüft und <strong>von</strong> einer unabhängigen Stelle<br />

zertifiziert. >www.ifoam.org


evB_Dokumentation_September 2011 kalter kaffee 3<br />

edito dito<br />

$ $<br />

Kaffee ist ein klassisches Produkt, das den globalen Süden mit<br />

dem Norden verbindet. Und Nestlé ist ein klassischer Konzern, der<br />

diese Verbindung seit Jahrzehnten prägt und <strong>von</strong> ihr profitiert.<br />

36 Jahre ist es her, seit der Slogan «Nestlé tötet Babies» die Schweiz<br />

aufrüttelte und auf die aggressive Vermarktung <strong>von</strong> künstlicher<br />

Babynahrung und die damit verbundenen Gefahren aufmerksam<br />

machte. <strong>Der</strong> damals schon weltgrösste Nahrungsmittelkonzern<br />

prozessierte gegen die Urheber der Kampagne, die EvB begleitete<br />

den Nestlé-Prozess mit Informationsaktionen.<br />

Ist Nestlé seitdem fairer und nachhaltiger geworden? Seit 2005<br />

propagiert der Konzern sein Konzept der «gemeinsamen Wertschöpfung»,<br />

das neben den Aktionärsinteressen auch soziale und ökologische<br />

Verantwortung beinhaltet. Ein wichtiger Bestandteil da<strong>von</strong><br />

ist der 2010 lancierte <strong>Nescafé</strong>-Plan. Bis 2020 will Nestlé weltweit<br />

500 Millionen Franken in Kaffee-Projekte investieren, mit dem offi -<br />

ziellen Ziel, Anbaumethoden zu verbessern, Erträge zu sichern<br />

und die Einkommen der Bauern zu steigern. Bedeutet diese Initiative<br />

tatsächlich eine Kurskorrektur oder steckt dahinter bloss eine<br />

besonders raffinierte Imagepolitur?<br />

Schon in den 1970er-Jahren wollte Nestlé angeblich die Säuglingssterblichkeit<br />

in den Entwicklungsländern bekämpfen und hat faktisch<br />

das Gegenteil bewirkt. Heute will der Konzern Kaffeebauernfamilien<br />

aus der Armut helfen. Besonders stark profitieren soll<br />

Mexiko. Wie, erfahren Sie in «Kalter Kaffee – <strong>Der</strong> <strong>Nescafé</strong>-Plan: Wer<br />

profitiert?». Die EvB hat bei den Betroffenen nachgefragt und zeigt<br />

anhand des <strong>Nescafé</strong>-Plans in Mexiko exemplarisch, die weniger<br />

sichtbaren Hintergründe und Konsequenzen <strong>von</strong> Nestlés Konzept<br />

der «gemeinsamen Wert schöpfung». andrea Hüsser<br />

Marion Nitsch


4 kalter kaffee<br />

eiNführuNg<br />

<strong>Der</strong> <strong>Nescafé</strong>-Plan<br />

in Mexiko<br />

Nestlé hat im mexikanischen Kaffeemarkt eine Vormachtstellung und<br />

will diese mit dem «<strong>Nescafé</strong>-Plan» weiter ausbauen. Dadurch fühlen sich<br />

viele Kaffeebauernfamilien in ihrer Existenz bedroht.<br />

1 TCC, Cafe<br />

Barometer 2009<br />

Die Kulturpflanze Kaffee stammt aus Äthiopien, wo<br />

sie erstmals im 9. Jahrhundert erwähnt wurde. In<br />

Europa wurde die aromatische Bohne im 17. Jahrhundert<br />

durch die Kaffeehäuser populär. Die<br />

Schweiz gehört heute zu den fünf Ländern mit dem<br />

weltweit grössten Kaffeekonsum pro Kopf. Heute<br />

ist Kaffee der <strong>wer</strong>tmässig meist gehandelte Rohstoff<br />

unter den sogenannten Agrarrohstoffen und<br />

wird <strong>von</strong> rund 25 Millionen Kleinbauernfamilien<br />

und Plantagenbesitzern angebaut, die vielfach seit<br />

Generationen da<strong>von</strong> leben.<br />

Nachhaltigkeit à la Nestlé<br />

Kaffeeanbau ist aber, wie andere Landwirtschaftszweige,<br />

ein unsicheres Geschäft. Stark schwankende<br />

und intransparent konstruierte Marktpreise,<br />

schlechtes Wetter, Schädlingsbefall, schwierige<br />

geografische Verhältnisse und fehlendes Kapital<br />

für Investitionen sind nur einige der Probleme, mit<br />

denen die Kaffeeanbauenden zu kämpfen haben.<br />

Die stete Zunahme der Marktmacht einer Handvoll<br />

globaler Händler und Röster trägt zur Verstärkung<br />

dieser häufig existenziellen Risiken bei.<br />

Nestlé verarbeitet ungefähr 10 Prozent aller<br />

Kaffeebohnen und ist mit einem Output <strong>von</strong><br />

870 000 Tonnen die grösste Rösterin weltweit. Aktuell<br />

stammen gerade mal 2,7 Prozent 1 da<strong>von</strong> aus<br />

sogenannt nachhaltigem Anbau. <strong>Der</strong> Grossteil da<strong>von</strong><br />

wird allerdings vom Common Code for the Coffee<br />

Community (4C, s. Glossar) verifiziert, dessen<br />

schwache Kriterien vielseitig bemängelt <strong>wer</strong>den.<br />

Im Sommer 2010 hat Nestlé seinen <strong>Nescafé</strong>-<br />

Plan lanciert. 500 Millionen Franken weltweit<br />

will der Konzern bis ins Jahr 2020 in landwirt-<br />

schaftliche Forschung und ländliche Weiterbildungsprojekte<br />

investieren, um die Kaffeeproduktion<br />

zu erhöhen und dabei den Wasserverbrauch<br />

und den Pestizideinsatz zu reduzieren.<br />

Mexikanische Verhältnisse<br />

Im Rahmen seines <strong>Nescafé</strong>-Plans will der Konzern<br />

sein Engagement neben den Philippinen, Indonesien<br />

und Thailand vor allem in Mexiko ausweiten.<br />

Das bevölkerungsreiche Land gehört mit Brasilien<br />

und Argentinien zugleich zu Nestlés wichtigsten<br />

Absatzmärkten in Lateinamerika. In der globalen<br />

Kaffeeproduktion liegt Mexiko auf dem siebten<br />

Platz; das Land ist nach Peru wichtigster Bio-Kaffeehersteller<br />

und einer der Hauptexporteure <strong>von</strong><br />

Fairtrade-Kaffee. Mexiko baut zu 95 Prozent Arabica-Kaffee<br />

an. Diese im Hochland angebaute Sorte<br />

liefert den qualitativ besseren Kaffee und macht<br />

rund 60 Prozent des weltweiten Angebots aus. Robusta-Kaffee<br />

ist <strong>von</strong> geringerer Qualität, erzielt<br />

deshalb an den volatilen Rohwarenbörsen viel tiefere<br />

Preise und wird hauptsächlich für die Herstellung<br />

<strong>von</strong> löslichem Instant-Kaffee verwendet.<br />

Rund 500 000 Familien in 3500 Gemeinden leben<br />

in Mexiko direkt vom Kaffeesektor, insgesamt sind<br />

es gegen drei Millionen Menschen. Im Gegensatz<br />

zu Brasilien, wo die Bohnen mehrheitlich auf<br />

Grossplantagen in Monokulturen angepflanzt <strong>wer</strong>den,<br />

findet der Kaffeeanbau in Mexiko traditionellerweise<br />

im kleinbäuerlichen Umfeld auf ein<br />

bis zwei Hektaren in Mischkulturen statt. Ein<br />

Grossteil der biologischen Kaffeekulturen befindet<br />

sich in den Händen <strong>von</strong> Indigenen, welche die<br />

ursprünglich afrikanischen Pflanzen voll in ihre


evB_Dokumentation_September 2011 kalter kaffee 5<br />

«ein unternehmen, das auf langfristigen<br />

erfolg abzielt, muss Werte nicht<br />

nur für seine aktionäre, sondern<br />

auch für Gesellschaft und umwelt,<br />

erzeugen. Bei nestlé nennen wir dies<br />

‹gemeinsame Wertschöpfung›.»<br />

nestlé<br />

Nestlé Photostream Flickr<br />

Kleinbauern<br />

Mexikos Präsident felipe calderón und Nestlés<br />

ceo Paul Bulcke trafen sich im Januar 2010 am<br />

wef in Davos.<br />

Lebensweise integriert haben – hauptsächlich in<br />

Oaxaca, Chiapas, Veracruz und Puebla. 2010 leben<br />

rund 80 Prozent der Kaffeeanbauenden und 46,2<br />

Prozent der Gesamtbevölkerung Mexikos in Armut,<br />

rund 7 Prozent mehr als vier Jahre zuvor. Während<br />

die Bevölkerung verarmt, blieben die makroökonomischen<br />

Zahlen des Landes stabil. Mexiko ist damit<br />

ein klassisches Land der sogenannten «reichen<br />

Regierung und armen Bevölkerung».<br />

Nestlé in Mexiko<br />

Zwei <strong>von</strong> drei Tassen Kaffee, die in Mexiko getrunken<br />

<strong>wer</strong>den, basieren auf löslichem Pulver. Nestlé<br />

Lokale Zwischenhändler<br />

Kooperativen<br />

Aufbereitungsanlage<br />

«nestlé erscheint auf dem kaffeemarkt mit<br />

verschiedensten Gesichtern und stellt<br />

konditionen: über Zwischenhändler, über das<br />

Landwirtschaftsministerium oder über Präsident<br />

Calderón, der in Davos mit Paul Bulcke die<br />

Regeln für mexikos kaffeesektor aufstellt.»<br />

RiGoBeRto ContReRaS DíaZ, kaFFeeBaueR, oaxaCa<br />

ProDuKtioNsProzess VoN Kaffee<br />

Händler Exporteur Röster<br />

mit seiner Megamarke <strong>Nescafé</strong> hat daran einen<br />

Marktanteil <strong>von</strong> 80 Prozent. Dafür führt die Firma<br />

seit vielen Jahren billigen Robusta aus Brasilien,<br />

Vietnam, Indonesien und Ecuador ein. Diese Dumpingimporte<br />

halten die Preise in Mexiko niedrig,<br />

wogegen Kleinbäuerinnen und Kleinbauern seit<br />

Jahren erfolglos protestieren.<br />

Neuerdings versucht Nestlé über staatliche<br />

Subventionsprogramme den Anbau <strong>von</strong> Robustakaffee<br />

in Mexiko zu fördern. Dafür wurde eine<br />

Pflanze entwickelt, die sich besonders gut für die<br />

<strong>Nescafé</strong>-Produktion eignet. Weil sich die Kaffeebäuerinnen<br />

und -bauern jedoch vor Einkommensverlusten<br />

wegen geringerer Robusta-Preise fürchten,<br />

beteiligen sie sich bisher kaum an diesem<br />

Programm. Als Antwort darauf hat Nestlé seine<br />

Importe nochmals massiv erhöht. Schliesslich soll<br />

die Kapazität der Ende 2011 fertig erweiterten und<br />

laut <strong>Nescafé</strong>-Plan dann weltgrössten <strong>Nescafé</strong>-Fabrik<br />

in Toluca voll ausgeschöpft <strong>wer</strong>den.<br />

Vordergründiges Ziel des <strong>Nescafé</strong>-Plans ist die<br />

Optimierung der globalen Kaffeeversorgung. Das<br />

Grossprojekt ruht dafür auf vier <strong>von</strong>einander abhängigen<br />

Säulen, den Hauptpfeilern der Wertschöpfungskette:<br />

1. Investitionen, 2. Kaffeeanbau,<br />

3. Produktion und Distribution und 4. Konsum.<br />

Diese vier Kernelemente strukturieren auch diesen<br />

Kommentar. So wird in jedem der vier Kapitel<br />

dargestellt, a) wie und was Nestlé öffentlich kommuniziert,<br />

b) was die betroffene Bevölkerung in<br />

Mexiko da<strong>von</strong> hält und c) wie die EvB diese beiden<br />

Perspektiven einschätzt und mit recherchierten<br />

Fakten ergänzt.<br />

Restaurationsbetriebe<br />

Grosse Plantagen (häufig mit eigener Aufbereitungsanlage) Detailhändler<br />

Von der Bohne zur tasse: Nestlé kontrolliert die gesamte Produktionskette des Kaffees.<br />

KonsumentInnen


6 kalter kaffee<br />

iNVestitioNeN<br />

zahlen ahlen im Kontext<br />

Nestlé<br />

Mit der Lancierung des <strong>Nescafé</strong>-Plans<br />

hat Nestlé im August 2010 ein umfangreiches<br />

Programm zur Sicherung der<br />

eigenen Rohstoffbasis gelegt. <strong>Der</strong> Konzern<br />

beabsichtigt, bis 2020 weltweit<br />

500 Millionen Franken in Kaffeeprojekte<br />

zu investieren – 150 Millionen Franken<br />

sind für Nespresso reserviert.<br />

«Wir sind stolz, dass <strong>Nescafé</strong>, die<br />

grösste Kaffeemarke der Welt, für diese<br />

globale Initiative steht, welche durch<br />

die gesamte Kaffeeversorgungskette hindurch<br />

Wert schöpft: vom Produzenten<br />

über den Konsumenten bis hin zu uns.<br />

Die gemeinsame Wertschöpfung ist integraler<br />

Teil unserer Geschäftsstrategie.<br />

«Die gemeinsame Wertschöpfung<br />

ist integraler teil t<br />

unserer Geschäftsstrategie.»<br />

nestlé estlé<br />

$ $<br />

«nestlé lässt seine kaffeeproduktion<br />

vom mexikanischen<br />

Staat subventionieren und<br />

kommuniziert zugleich seine<br />

grossartigen investitionen<br />

in mexiko.»<br />

FeRnanDo CeLiS, DiRektoR DeR mexikaniSCHen<br />

kLeinBaueRnoRGaniSation CnoC<br />

Um den langfristigen Erfolg eines Unternehmens<br />

zu gewährleisten, muss<br />

gleichzeitig Wert sowohl für die Aktionäre<br />

als auch für die Gemeinschaften,<br />

in denen das Unternehmen tätig ist, geschöpft<br />

<strong>wer</strong>den», so Nestlé CEO Paul<br />

Bulcke. 1 Wie viel <strong>von</strong> den 500 Millionen<br />

Franken bis im Jahr 2020 nach Mexiko<br />

fliessen soll, schreibt Nestlé nicht.<br />

Zwar mangelt es auf nationaler Ebene<br />

nicht an Investitionsankündigungen, allerdings<br />

ist nie klar ersichtlich, welche<br />

Zahl in welcher bereits enthalten ist. Im<br />

Januar 2010 kündigte Nestlé Mexiko<br />

eine Investition <strong>von</strong> 390 Millionen Dollar<br />

für die nächsten drei Jahre an. Einen<br />

Monat später steht in einer Pressemitteilung,<br />

dass Nestlé jährlich 570 000<br />

Franken in Nachhaltigkeitsprojekte im<br />

Kaffee- und Kakaosektor in Mexiko investiert.<br />

2 Im November 2010 heisst es<br />

weiter, dass <strong>von</strong> den 390 Millionen<br />

Dollar 72 Millionen für die Erweiterung<br />

der <strong>Nescafé</strong>-Fabrik in Toluca eingesetzt<br />

<strong>wer</strong>den sollen. Am diesjährigen WEF<br />

versprach Paul Bulcke dem mexikanischen<br />

Staatspräsidenten weitere 60 Millionen<br />

Franken für Nachhaltigkeitsprojekte<br />

in Mexiko. Rund 30 Prozent da<strong>von</strong><br />

sollen in die Kaffeeherstellung fliessen.<br />

zvg


evB_Dokumentation_September 2011 kalter kaffee 7<br />

$ $<br />

BetroffeNe KaffeeorgaNisatioNeN<br />

saNtos roBlero<br />

geschäftsführer coopcafé 3<br />

«Trotz schöner Investitionsankündigungen wird<br />

der Konzern sehr wahrscheinlich auf die Preise<br />

drücken, und die Verlierer <strong>wer</strong>den einmal mehr<br />

die Kaffeeanbauenden sein. Erfahrungsgemäss gibt<br />

es alle 20 Jahre ungefähr zwei Jahre, in denen sie<br />

wirklich gute Preise bekommen für ihre Ware.<br />

Deshalb ist es so schwierig, sich <strong>von</strong> Krisen zu erholen.<br />

Wenn die Preise wenigstens über drei Jahre<br />

stabil bleiben würden, könnte man sich ein finanzielles<br />

Pölsterchen zulegen.»<br />

leoNarDo DuráN olgíN<br />

Berater in der Kooperative tosepan, Puebla 4<br />

«Über das staatliche Programm Trópico Húmedo<br />

des Landwirtschaftsministeriums bekommen jene<br />

Bauern, die Fairtrade-Kaffee produzieren, 450 Pe -<br />

sos pro Hektare. Wer eine neue Robusta-Plantage<br />

anlegt, erhält dafür 5700 Pesos pro Hektare. Auch<br />

eVB-KoMMeNtar<br />

Nestlé ist weltweit und in Mexiko grösster Kaffeeproduzent und<br />

nützt seine Marktmacht hemmungslos aus. Diese Kehrseite des<br />

<strong>Nescafé</strong>-Plans bekommen die zitierten Kaffeebauern besonders<br />

zu spüren. <strong>Der</strong> Konzern profitiert vom klientelistischen System<br />

Mexikos.<br />

Das bringt Nestlé gemäss nationalen Bauernorganisationen<br />

zum Beispiel 2,5 Mio. Franken aus dem staatlichen Förderprogramm<br />

Trópico Húmedo, das die Bauern zum Anbau <strong>von</strong> Robusta-Kaffee<br />

aus Nestlé-Pflanzen motivieren soll.<br />

Indirekt kommt der Konzern zudem in den Genuss weiterer<br />

Subventionen aus dem Programa de Fomento Productivo des<br />

Landwirtschaftsministeriums. Nestlé bestreitet, sich in die Politik<br />

einzumischen oder Unterstützung der Regierung zu erhalten.<br />

Mit verschiedenen Anreizsystemen und politischem Kalkül<br />

versucht Nestlé, Mexiko den Robusta-Kaffee schmackhaft zu<br />

machen. Unter der Einflussnahme des Konzerns auf die Verteilung<br />

der Subventionen leiden die Bio- und Fairtrade-Bauern und<br />

-Bäuerinnen, die im Vergleich zu Nestlé nur wenig Ressourcen<br />

haben, um für ihre Anliegen zu lobbyieren.<br />

1 Medienmitteilung <strong>von</strong> Nestlé zur Lancierung des <strong>Nescafé</strong>-Plans vom 27.8.2010.<br />

2 Medienmitteilung <strong>von</strong> Nestlé Mexiko zur Zusammenarbeit <strong>von</strong> Nestlé mit der<br />

mexikanischen Regierung im Kaffee- und Kakaosektor vom 5.2.2010.<br />

3 Bio- und Fairtrade-Kooperativenetz<strong>wer</strong>k in Chiapas: 37 Kooperativen und<br />

12 000 Kaffeebauern als Mitglieder.<br />

4 Fairtrade-Kooperative mit 17 000 Mitgliedern, die vorwiegend Kaffee, Honig<br />

und Pfeffer anbauen.<br />

5 In der Dachorganisation CNOC (Coordinadora Nacional de Organizaciones<br />

Cafetaleros) sind rund 70 000 Kleinbauern und -bäuerinnen aus 114 regionalen<br />

Organisationen aus den Hauptkaffeeanbaugebieten Mexikos organisiert.<br />

die Produktion <strong>von</strong> Robusta-Setzlingen wird<br />

unterstützt. <strong>Der</strong>en Herstellung ist grösstenteils in<br />

den Händen <strong>von</strong> Nestlé. Kurzfristig mag das attraktiv<br />

sein, langfristig ist der Anbau <strong>von</strong> minder<strong>wer</strong>tigem<br />

Kaffee wegen der tieferen Preise jedoch<br />

verheerend für die Bauernfamilien. Zum Glück<br />

scheinen unsere Protestaktionen zu wirken, denn<br />

bislang beteiligten sich nur wenige Bauern am<br />

Nestlé-Programm.»<br />

ferNaNDo celis<br />

Direktor der mexikanischen Kleinbauernorganisation<br />

cNoc 5<br />

«Nestlé lässt seine Kaffeeproduktion vom mexikanischen<br />

Staat subventionieren und kommuniziert<br />

zugleich seine grossartigen Investitionen in Mexiko.<br />

Zur Optimierung der staatlichen Zuschüsse<br />

wendet Nestlé verschiedene Strategien an. Auf<br />

oberster Ebene sichert sich CEO Paul Bulcke regelmässige<br />

Treffen mit Mexikos Präsidenten Felipe<br />

Calderón. Über den nationalen Verein für landwirtschaftliche<br />

Angelegenheiten (Consejo Nacional<br />

Agropecuario), bei dem Nestlé Mitglied ist,<br />

half der Konzern denn auch, Calderóns Wahlkampagne<br />

zu finanzieren, so wie 2010 auch jene des<br />

Gouverneurs <strong>von</strong> Veracruz, Javier Duarte. Parallel<br />

dazu infiltriert Nestlé – jeweils auf oberster Ebene<br />

– neben dem Landwirtschaftsministerium auch<br />

den Dachverband der Grossproduzenten (CMPC)<br />

und den nationalen Bauernverband (CNC), das<br />

sind zwei der drei Stimmen im Produzentensektor<br />

des mexikanischen Kaffeeverbandes (Amecafé), in<br />

welchem Industrie, Händler und Produzierende<br />

zusammengeschlossen sind (siehe Grafik S. 14) und<br />

kontrolliert so die politische Gestaltung des Kaffeesektors.<br />

Zum Beispiel veranlasst der Konzern<br />

den Staat zu Subventionsprogrammen, die den Anbau<br />

<strong>von</strong> billigem Robusta-Kaffee für die <strong>Nescafé</strong>-<br />

Produktion fördern. Gleichzeitig importiert die<br />

mexikanische Kaffeeindustrie – allen voran Nestlé<br />

– über die USA seit Jahren Robusta. Zwischenhändler<br />

<strong>von</strong> Nestlé berichten uns, dass sich diese<br />

Importe 2011 <strong>von</strong> 30 000 auf 60 000 Tonnen erhöht<br />

hätten. Seit Jahren protestieren wir gegen diese<br />

Billigimporte, weil sie massiv auf die lokalen Kaffeepreise<br />

drücken und unsere Existenz bedrohen.<br />

Obschon das nationale Gesetz zur nachhaltigen<br />

ländlichen Entwicklung Analysen zu den Auswirkungen<br />

der Kaffeeimporte auf die Kaffeeanbauenden<br />

verlangt und regelmässige Studien zur loka -<br />

len Marktsituation vorschreibt, <strong>wer</strong>den diese <strong>von</strong><br />

Nestlé seit jeher blockiert. Dies ermöglicht es dem<br />

Konzern, ohne Legitimationsprobleme Einfluss auf<br />

Politik und Landwirtschaft zu nehmen.»


8 kalter kaffee<br />

KaffeeaNBau<br />

Von der armut<br />

in die abhängigkeit?<br />

Nestlé<br />

<strong>Nescafé</strong> hat zum Ziel, seinen di rekt bei<br />

Produzenten einge kauf ten Kaffee bis<br />

2015 auf 180 000 Tonnen zu verdoppeln.<br />

Zudem soll der gesamte Direkteinkauf<br />

bis 2015 mit dem Siegel 4C ausgezeichnet<br />

sein. Die Hälfte da<strong>von</strong> (90 000 Tonnen)<br />

soll bis 2020 zusätzlich mit dem<br />

Umweltsiegel Rainforest Alliance zertifiziert<br />

sein. Ebenfalls bis 2020 will Nestlé<br />

weltweit 220 Mio. Kaffeepflanzen mit<br />

eVB-KoMMeNtar<br />

Was zusätzlich zu erwähnen ist: Direkt eingekaufter Kaffee<br />

mit einem Umwelt-, Sozial- oder Qualitätszertifikat gilt als<br />

besonders gut verkäuflich. Heute kauft Nestlé weltweit rund<br />

10 Prozent seines Kaffees direkt, also nicht über Zwischenhändler<br />

ein. Geht der <strong>Nescafé</strong>-Plan auf, wird bis 2015 doppelt<br />

so viel Kaffee (180 000 Tonnen) direkt eingekauft, und der<br />

direkt eingekaufte grüne Kaffee wird nach dem schwachen<br />

4C- Standard produziert. Bis im Jahr 2020 soll ausserdem ein<br />

Teil des <strong>Nescafé</strong>s (90 000 Tonnen) unter «Berücksichtigung<br />

der Prinzipien <strong>von</strong> Rainforest Alliance» eingekauft <strong>wer</strong>den.<br />

Das heisst, selbst dann würden bis im Jahr 2020 immer noch<br />

fast 80 Prozent <strong>von</strong> Nestlés Kaffeeprodukten aus anderen,<br />

nicht rückverfolgbaren Quellen stammen.<br />

Das wäre ein ziemlich dürftiges Resultat, wenn man bedenkt,<br />

wie prekär die Situation im Kaffeesektor aussieht.<br />

Zudem kommuniziert Nestlé keine länderspezifischen Zielvorgaben.<br />

Die 4000 Kaffeebäuerinnen und Kaffeebauern, die<br />

in Mexiko direkt mit Nestlé kooperieren, repräsentieren<br />

jedenfalls gerade mal 0,8 Prozent des gesamten Sektors.<br />

Handelt es sich dabei um Plantagenbesitzer, lohnt sich die<br />

hoher Ertragskapazität und speziellen<br />

Krankheitsresistenzen verteilen. In Mexiko<br />

möchte Nestlé bis 2015 fünf Millionen<br />

Pflanzen produzieren, die unter den<br />

Bauern, die an einem entsprechenden<br />

Programm beteiligt sind, verteilt <strong>wer</strong>den<br />

sollen. Dieses Programm bietet technische<br />

Hilfe beim Kaffeeanbau und der<br />

Aufbereitung nach der Ernte. Zusammen<br />

mit der Firma Agromod und dem<br />

mexikanischen Forschungsinstitut für<br />

Forst- und Landwirtschaft (INIFAP) eröffnet<br />

Nestlé zudem eine Zuchtstation<br />

für besonders ergiebige und resistente<br />

Kaffeepflanzen. Zurzeit arbeitet Nestlé<br />

in Mexiko mit 4000 Kaffee Anbauenden<br />

direkt zusammen und unterstützt diese<br />

mit technischem Know-how und neuen<br />

Bäumen, die ihre Produktivität künftig<br />

um 25 – 100 Prozent steigern sollen.<br />

«nestlé arbeitet direkt mit 4000 kaffee kkaffee<br />

produzenten zusammen. Wir geben ihnen<br />

technische unterstützung und krankheits<br />

resistente Hochertragspflanzen.»<br />

nestlé<br />

Zusammenarbeit mit dem Konzern besonders. Für die Kleinbauern<br />

lohnt es sich allerdings nicht, auch wenn die Erträge<br />

bis zu 100 Prozent höher ausfallen. Denn der Preis für Robusta-Kaffee<br />

ist nicht halb so hoch wie jener für Arabica und<br />

wird früher oder später wegen Überproduktion noch mehr<br />

sinken.<br />

Wie bereits erwähnt, entwickelt und verteilt Nestlé Pflanzen<br />

mit den spezifischen Eigenheiten, die für den löslichen<br />

Kaffee gebraucht <strong>wer</strong>den. Viele Bauern und Bäuerinnen in<br />

Mexiko haben Zweifel, ob diese nicht gentechnisch verändert<br />

sind. Die Angst ist nicht ganz unbegründet: In Europa hat<br />

Nestlé seit 2006 ein Patent auf genmanipulierte Kaffeepflanzen,<br />

die die erwähnten Eigenschaften aufweisen. In Mexiko<br />

ist der Patentantrag noch hängig. Durch die Zusammenarbeit<br />

mit dem staatlichen Forschungsinstitut 1 Zusammenarbeit mit dem Konzern besonders. Für die Klein Kleinbei<br />

der Entwicklung<br />

der Pflanzen und das Sponsoring <strong>von</strong> Kursen für Mitarbeitende<br />

des Instituts beeinflusst Nestlé die Stossrichtung der Forschung,<br />

sichert sich das generierte Know-how und profitiert<br />

zusätzlich <strong>von</strong> der staatlichen Finanzierung des Instituts.


evB_Dokumentation_September 2011 kalter kaffee 9<br />

BetroffeNe KaffeeorgaNisatioNeN<br />

rigoBerto coNtreras Díaz<br />

Kaffeebauer, Kooperative Michiza 2 , oaxaca<br />

«Wir sind weder an konventionellem Robusta-<br />

Kaffee noch an den <strong>von</strong> Nestlé entwickelten Wunderbäumen<br />

interessiert. Wir wollen unsere eigenen<br />

biologischen Arabica-Bohnen weiterentwickeln<br />

und unser traditionelles Wissen anwenden.<br />

Mit den Geldern, die in Nestlés Züchtungen fliessen,<br />

entfallen Investitionen in die Weiterentwicklung<br />

<strong>von</strong> Sorten, die wir, die Bio- und Fairtradebauern,<br />

bräuchten. Nestlé erscheint auf dem<br />

Kaffeemarkt mit verschiedensten<br />

Ge sichtern und stellt seine<br />

Konditionen: über selbstständige<br />

oder transnationale Zwischenhändler<br />

wie Amsa 3,<br />

über das Landwirtschaftsministerium<br />

(Sagarpa) oder<br />

über Präsident Calderón,<br />

der in Davos mit Paul Bulcke<br />

die Regeln für Mexikos<br />

Kaffeesektor aufstellt.»<br />

Wir sind weder an konventionellem<br />

Robusta­kaffee noch an den <strong>von</strong><br />

nestlé entwickelten Wunderbäumen<br />

interessiert. Wir wollen unsere<br />

eigenen biologischen arabica­<br />

Bohnen weiterentwickeln und unser<br />

traditionelles Wissen anwenden.<br />

RiGoBeRto ContReRaS DíaZ, kaFFeeBaueR<br />

1 Medienmitteilung <strong>von</strong> Nestlé Mexiko zur Zusammenarbeit <strong>von</strong> Nestlé mit der mexikanischen<br />

Regierung im Kaffee- und Kakaosektor vom 5. Februar 2010.<br />

2 Bio- und Fairtrade-Kooperative mit rund 1100 Mitgliedern aus der Provinz Oaxaca.<br />

3 Amsa (Agroindustrias Unidas de Mexico) ist die mexikanische Tochterfirma des<br />

in der Schweiz angesiedelten Agrarrohstoffhändlers Ecom Trading.<br />

4 Bio- und Fairtrade-Kooperative mit ungefähr 350 Mitgliedern aus 24 Kaffeegemeinden<br />

in Chiapas. Juventino García Robledo, Kaffeebauer und Vertreter<br />

des Aufsichtsrats; Hernán Figueroa Pérez, Kaffeebauer und Kassier; Nestor<br />

Hernández Gómez, Kaffeebauer und Präsident der Kooperative; Sixto Bonillo,<br />

Koordinator und landwirtschaftlicher Berater.<br />

saNtos roBlero<br />

geschäftsführer <strong>von</strong> coopcafé<br />

«Nestlé und andere Händler konkurrenzieren das<br />

System des fairen Handels in Mexiko. Die Mitglieder<br />

<strong>von</strong> Organisationen verkaufen ihren Kaffee<br />

häufig an Zwischenhändler, die cash auf die Hand<br />

bezahlen. Dagegen gibt es bei Kooperativen für<br />

den abgegebenen Kaffee oft nur eine Anzahlung.<br />

Wegen der fehlenden Kapitalreserven erhalten sie<br />

den vollen Betrag erst, wenn die Kaffeekäufer ihre<br />

Rechnungen beglichen haben. Wir wollen verhindern,<br />

dass sich grosse Firmen in den Fairtrade-<br />

Markt einmischen, denn dieser ist aus dem Bestreben<br />

entstanden, Unabhängigkeit <strong>von</strong> internationalen<br />

Konzernen wie Nestlé zu ermöglichen und zu<br />

gewährleisten.»<br />

JuVeNtiNo garcía roBleDo,<br />

herNáN figueroa Pérez,<br />

Nestor herNáNDez góMez,<br />

sixto BoNillo<br />

Kaffee-Kooperative cesmach 4<br />

Sixto: Eine gesicherte Vorfinanzierung ist für<br />

einen Kaffeebauern etwas vom Wichtigsten. Ohne<br />

Kredite ist der Kaffeeanbau und -handel in der<br />

Region und vor allem für die Kooperativen limitiert,<br />

ohne funktioniert das Kaffeegeschäft nicht.<br />

Nestor: Genau die fehlen uns momentan für<br />

die Pflege der Plantagen, die Vorbereitungen der<br />

Aussaat und den Unterhalt der Baumschulen, wo<br />

wir unser eigenes Saatgut produzieren.<br />

Sixto: Deshalb ärgern wir uns, wenn der Staat<br />

über seine Programme grosse Unternehmen wie<br />

Amsa oder Nestlé fördert.<br />

Hernán: Dieses System und die hohen Weltmarktpreise<br />

schwächen die Kooperativen. Die<br />

Kaffeebauern verkaufen vermehrt an Zwischenhändler,<br />

die kurzfristig etwas mehr oder bar auf<br />

die Hand bezahlen.<br />

Juventino: Das Problem bei den Zwischenhändlern<br />

ist die Gefahr der Verschuldung durch<br />

die hohen Zinsen für die Vorfinanzierung, die sie<br />

verlangen.


10 kalter kaffee<br />

ProDuKtioN uND DistriButioN<br />

Qualität<br />

oder <strong>Nescafé</strong>?<br />

«Die Fabrik in toluca t ttoluca<br />

oluca wird<br />

nach ihrer Fertigstellung<br />

die grösste nescafé­Fabrik<br />

escafé Fabrik<br />

weltweit sein.»<br />

nestlé estlé<br />

Nestlé<br />

Sch<strong>wer</strong>punkt des <strong>Nescafé</strong>-Plans in diesem<br />

Bereich sind Investitionen in die<br />

ökologische Nachhaltigkeit der <strong>Nescafé</strong>-<br />

Fabriken. 40 Mio. Franken will Nestlé<br />

jährlich weltweit dafür aufbringen. Damit<br />

soll der Energieverbrauch bis 2020<br />

um 20 Prozent pro Tonne Kaffee und<br />

der Wasserverbrauch um 30 Prozent pro<br />

Tonne verringert <strong>wer</strong>den. Zudem sollen<br />

alle <strong>Nescafé</strong>-Fabriken mit den Abfallprodukten,<br />

die bei der Kaffeeverarbeitung<br />

entstehen, geheizt <strong>wer</strong>den. Zudem<br />

verpflichtet sich der Konzern, das Gewicht<br />

der Verpackungen und den Gebrauch<br />

<strong>von</strong> rezyklierbaren Materialien<br />

zu optimieren. Dafür unterstützt <strong>Nescafé</strong><br />

entsprechende Initiativen.<br />

In Mexiko sollen 74 Mio. Franken<br />

in den Ausbau der <strong>Nescafé</strong>-Fabrik in<br />

Toluca fliessen – mit dem Ziel einer<br />

40-prozentigen Produktivitätssteigerung.<br />

Nach ihrer Fertigstellung Ende 2011<br />

soll Toluca die grösste <strong>Nescafé</strong>-Fabrik<br />

weltweit sein.<br />

«in der nescafé­Fabrik<br />

in toluca kann jeder<br />

kaffee verarbeitet <strong>wer</strong>den.<br />

Schlechter kaffee wird<br />

<strong>von</strong> nestlé durch technologische<br />

Raffinessen trinkbar<br />

gemacht und mit cleverem marketing<br />

verkauft.»<br />

ÁLvaRo aGuiLaR, BeRateR<br />

DeR kooPeRative toSePan<br />

in PueBLa<br />

Gemäss <strong>Nescafé</strong>-Plan wird Nestlé<br />

nach der Expansion die Reste, die bei<br />

der Verarbeitung des Kaffees entstehen,<br />

als alternative Energie einsetzen und so<br />

die CO2-Emissionen um 47 786 Tonnen<br />

senken. Zudem gibt es schon jetzt 4 km 2<br />

Solarzellen auf der Fabrik in Toluca, die<br />

den nötigen Strom liefern, um das Wasser<br />

für den Verarbeitungsprozess vorzuheizen.


evB_Dokumentation_September 2011 kalter kaffee 11<br />

BetroffeNe KaffeeorgaNisatioNeN<br />

álVaro aguilar ayóN<br />

Berater der Kooperative tosepan, Puebla<br />

«In der <strong>Nescafé</strong>-Fabrik in Toluca kann jeder Kaffee<br />

verarbeitet <strong>wer</strong>den, auch wenn er noch so schlecht<br />

ist. Wir verkaufen unseren guten Kaffee an unsere<br />

Kunden aus dem fairen Handel, den Unbrauchbaren<br />

an Nestlé. Schlechter Kaffee oder solcher, der<br />

durch unsorgfältige Herstellung verunreinigt oder<br />

beschädigt ist und den die Bauern billig verkaufen<br />

müssen, wird <strong>von</strong> Nestlé durch technologische<br />

Raffinessen trinkbar gemacht und mit<br />

cleverem Marketing verkauft. Weil <strong>Nescafé</strong><br />

für viele Leute zu teuer ist, hat der Konzern<br />

angefangen, den Kaffee in kleinen Portionenbeuteln<br />

zu verkaufen. Statt in die Kaffeequalität<br />

zu investieren, fliesst das Geld also ins Marketing.<br />

Unser Ziel ist es, Qualitätskaffee auch hier<br />

in Mexiko verkaufen zu können, um nicht nur<br />

vom Exportmarkt abhängig zu sein und um<br />

endlich eine lokale Kaffeetrinkkultur zu etablieren.<br />

Früher gab es in unserer Region viele<br />

verschiedene Kaffee-Einkäufer, dann kamen<br />

die grossen, zahlten höhere Preise und eliminierten<br />

so die kleinen. Als Amsa mit Nestlé den<br />

Markt dominierte, wurden die Preise wieder ge-<br />

Nestlé Photostream Flickr<br />

senkt. Wir verlangen Transparenz und Mitspracherecht<br />

in der Gestaltung der politischen Regeln auf<br />

dem nationalen Kaffeemarkt. Doch die wegweisenden<br />

Entscheidungen <strong>wer</strong>den am WEF in Davos<br />

oder anderswo getroffen.»<br />

áNgeles Mariscal<br />

Journalistin bei «la Jornada» 1<br />

«Um die Armut in Mexiko zu bekämpfen, will die<br />

Provinz Chiapas die Bauern in die freie Marktwirtschaft<br />

zwingen. Das bedeutet, dass sie Unterstützungsgelder<br />

bekommen, wenn sie ihre kleinen<br />

Maisfelder aufgeben und stattdessen auf dafür vorgesehenen<br />

Grossflächen Exportprodukte anbauen.<br />

So wird beispielsweise der Anbau <strong>von</strong> Palmöl sehr<br />

gefördert. Hauptabnehmerin des Palmöls ist Nestlé,<br />

die es für ihre frisch renovierte Coffee-mate-Fabrik<br />

2 hier in Chiapas braucht. Denn dieses Pulver<br />

besteht hauptsächlich aus Maisextrakten, Palmöl,<br />

Milchproteinen und künstlichem Geschmack. Dieser<br />

rein kommerzielle Ansatz <strong>von</strong> Armutsbekämpfung<br />

birgt viele soziale Gefahren. Beispielsweise<br />

müssen dem Anbau <strong>von</strong> Exportgütern die Produkte<br />

für die Eigenversorgung weichen. Das verteuert<br />

die lokalen Lebensmittel und treibt die Menschen<br />

in noch grössere Armut.»<br />

eVB-KoMMeNtar<br />

Dass Nestlé innovative Massnahmen ergreift, um die negativen<br />

Umweltauswirkungen der Fabriken zu reduzieren, hat Vorbildcharakter<br />

für die Branche. Die besagte <strong>Nescafé</strong>-Fabrik verursacht<br />

allerdings hohe soziale Kosten, die nicht kommuniziert <strong>wer</strong>den.<br />

Denn deren erhöhte Produktivität erfordert einen massiven<br />

Mehr einkauf <strong>von</strong> Billigkaffee. Solange Nestlé seine Einkaufspreispolitik<br />

nicht fairer gestaltet, leiden entsprechend mehr Kaffeebauernfamilien<br />

unter den Konsequenzen. Zudem baut Nestlé<br />

mit dem Ausbau in Toluca seine dominante Marktstellung weiter<br />

aus (siehe Grafik S. 15). Während in den 1970er-Jahren noch über<br />

20 Prozent des Endpreises an die Produzenten gingen und über<br />

40 Prozent der totalen Wertschöpfung im Süden blieben,<br />

schrumpften diese Anteile in den 1990er-Jahren auf 13 beziehungsweise<br />

16 Prozent. Parallel dazu stieg die im Norden generierte<br />

Wertschöpfung <strong>von</strong> 45 auf fast 80 Prozent.<br />

1 «La Jornada» ist eine der wichtigsten Tageszeitungen Mexikos.<br />

2 Coffee-mate ist ein Milch- oder Rahmersatz in Pulverform, das dem <strong>Nescafé</strong><br />

hinzugefügt <strong>wer</strong>den kann.


12 kalter kaffee<br />

KoNsuM<br />

Mogelpackung für<br />

die armen<br />

Nestlé<br />

Mit 10 Milliarden Franken Umsatz jährlich<br />

ist <strong>Nescafé</strong> die weltweit erfolgreichste<br />

Kaffeemarke. 4600 Tassen da<strong>von</strong> <strong>wer</strong>den<br />

rund um den Globus pro Sekunde<br />

konsumiert. <strong>Nescafé</strong> gibt es in verschiedenen<br />

Mischungen und Geschmacksrichtungen,<br />

die den jeweiligen lokalen<br />

Vorlieben angepasst <strong>wer</strong>den. Für die verschiedenen<br />

Einkommensschichten wird<br />

<strong>Nescafé</strong> in unterschiedlichen Verpackungsgrössen<br />

und zu unterschiedlichen<br />

«unsere marken wie nido ido und<br />

nescafé sind nicht nur<br />

unentbehrlich, sondern auch<br />

ein wichtiger teil der<br />

Familientraditionen.»<br />

nestlé estlé<br />

Preisen verkauft. Um den Energieverbrauch<br />

zu reduzieren, der für die Zubereitung<br />

des Pulverkaffees benötigt wird,<br />

lanciert Nestlé einen neuen Wasserkocher.<br />

Weitere Investitionsprojekte oder<br />

-zahlen im Bereich Konsum nennt der<br />

<strong>Nescafé</strong>-Plan nicht, weder allgemein<br />

noch für Mexiko. Bei Bekanntgabe des<br />

Projektes in Mexiko wies Nestlé-CEO<br />

Paul Bulcke jedoch darauf hin, dass der<br />

1 Medienmitteilung <strong>von</strong> Nestlé Mexico zu den geplanten<br />

Investitionen des Konzerns in Mexiko vom 30. Januar 2010.<br />

2 ALCA (Area de Libre Comercio de las Américas)<br />

3 Cepco (Coordinadora Estatal de Productores de Café de Oaxaca) ist eine Dachorganisation<br />

<strong>von</strong> zurzeit 34 Kaffee-Kleinbauernorganisationen aus der Provinz<br />

Oaxaca.<br />

«nestlé kontrolliert alle<br />

akteure im ganzen Prozess, <strong>von</strong><br />

der Bohne bis zur tasse. Wenn<br />

ein politischer akteur vorschläge<br />

des konzerns ablehnt,<br />

droht dieser, in ein anderes<br />

Land zu gehen.»<br />

JoSeFina aRanDa, BeRateRin DeR<br />

kaFFee­kooPeRative kaFF ­kooP<br />

CePCo in oaxaCa<br />

Konzern dort seit 80 Jahren tätig sei und<br />

meinte: «Unsere Marken wie Abuelita,<br />

Nido, Carnation und <strong>Nescafé</strong> sind nicht<br />

nur unentbehrliche Lebensmittel, sondern<br />

auch ein wichtiger Teil der Familientraditionen.<br />

Unsere fortwährenden<br />

Investitionen zeigen unser Bestreben,<br />

die mexikanischen Konsumenten täglich<br />

zu erfreuen.» 1


evB_Dokumentation_September 2011 kalter kaffee 13<br />

<strong>Der</strong> Mehr<strong>wer</strong>t des <strong>Nescafé</strong>-Plans für Konsumentinnen und<br />

Konsumenten ist unklar. Wirklich günstig ist nämlich<br />

auch der preis<strong>wer</strong>teste <strong>Nescafé</strong> nicht. Er wird für<br />

ärmere Gesellschaftsschichten nur erschwinglich,<br />

weil er in kleinen Mengen gekauft <strong>wer</strong>den kann – ein<br />

geschickter Marketingzug <strong>von</strong> Nestlé. In Mexiko wirbt<br />

Nestlé zudem mit Kaffee als natürlicher Quelle <strong>von</strong> gesunden<br />

Antioxidanten, die helfen sollen, die Körperzellen<br />

vor freien Radikalen zu schützen. Die Legitimität dieser<br />

Aussage ist fraglich, wenn man bedenkt, dass ein<br />

Grossteil dieses Kaffees minder<strong>wer</strong>tig oder gar beschädigt ist.<br />

Problematisch ist auch, dass in einem Kaffee produzierenden<br />

Land wie Mexiko ein Unternehmen Marktleader ist, das den<br />

Hauptteil der Kaffeemischung importiert. Die ökonomische Antwort<br />

könnte folgendermassen lauten: Kurzfristig kann sich der<br />

Konzern, dank dem nordamerikanischen Freihandelsabkommen<br />

(NAFTA), das einen zollfreien Warenfluss zwischen Mexiko,<br />

den USA und Kanada erlaubt, dem US-Markt zuwenden. <strong>Der</strong><br />

Plan der USA für eine Freihandelszone, die ganz Lateinamerika<br />

und die Karibik mit Ausnahme Kubas umfassen soll, 2 eVB-KoMMeNtar eVB-Ko<br />

ferNaNDo celis<br />

Direktor der mexikanischen Kleinbauern-<br />

<strong>Der</strong> Mehr<strong>wer</strong>t des <strong>Nescafé</strong>-Plans für Konsumentinnen und organisation cNoc<br />

Konsumenten ist unklar. Wirklich günstig ist nämlich<br />

«Nestlé suggeriert mit seiner Werbung, dass der<br />

auch der preis<strong>wer</strong>teste <strong>Nescafé</strong> nicht. Er wird für<br />

Konzern auch der armen Bevölkerung Zugang zu<br />

ärmere Gesellschaftsschichten nur erschwinglich,<br />

Luxusprodukten wie Kaffee verschaffe, während<br />

weil er in kleinen Mengen gekauft <strong>wer</strong>den kann – ein<br />

die Menschen in anderen lateinamerikanischen<br />

geschickter Marketingzug <strong>von</strong> Nestlé. In Mexiko wirbt<br />

Ländern mit niedrigerem Einkommen längst ge-<br />

Nestlé zudem mit Kaffee als natürlicher Quelle <strong>von</strong> ge<br />

mahlenen Kaffee trinken. <strong>Der</strong> Pro-Kopf-Konsum<br />

sunden Antioxidanten, die helfen sollen, die Körperzel<br />

ist in Mexiko mit 1,2 Kilo pro Jahr sehr tief (in<br />

len vor freien Radikalen zu schützen. Die Legitimität die<br />

Brasilien sind es 5 Kilo). Dominiert <strong>Nescafé</strong> wei-<br />

ser Aussage ist fraglich, wenn man bedenkt, dass ein<br />

terhin den Markt in Mexiko, wird der Konsum<br />

Grossteil dieses Kaffees minder<strong>wer</strong>tig oder gar beschädigt ist.<br />

nicht mehr gross ansteigen, denn über <strong>Nescafé</strong>,<br />

der aus einer Mischung <strong>von</strong> qualitativ schlechtem<br />

Kaffee und nicht deklarierten Zusatzstoffen<br />

besteht, lernen die Konsumierenden den wahren<br />

Kaffeegeschmack nicht kennen. Um den Konsum<br />

dennoch anzukurbeln, stellt Nestlé in Bäckereien<br />

und Läden <strong>Nescafé</strong>-Automaten auf, die Kaffee<br />

mit Geschmacksrichtungen wie Zimt oder Vanille<br />

anbieten. Mit viel Zucker, Milch und künstli-<br />

lässt<br />

chem Aroma versehen, tritt die Qualität der Kaf-<br />

Nestlé hoffen, künftig auch den gesamten lateinamerikanischen<br />

feebohnen in den Hintergrund. Damit wird auch<br />

Markt mit billig produziertem <strong>Nescafé</strong> beliefern zu können.<br />

verständlich, warum und <strong>von</strong> wem ein Gesetz,<br />

das <strong>von</strong> den Kaffeebauernvereinigungen erarbeitet<br />

wurde, blockiert wird. In der mexikanischen<br />

Abgeordnetenkammer ist seit 2005 ein Kaffee-<br />

Gesetz hängig, das zwar <strong>von</strong> den Abgeordneten<br />

BetroffeNe<br />

verabschiedet, vom Senat jedoch mit fadenscheinigen<br />

Änderungsvorschlägen zurückgeschickt<br />

KaffeeorgaNi-<br />

Kaffeeorga<br />

wurde. Das Gesetz verlangt unter anderem ein verbindliches<br />

Zahlungssystem, das höhere Preise für<br />

sa satio tioNeN<br />

bessere Qualität vorschreibt und einen limitierten<br />

Verunreinigungsgrad <strong>von</strong> verkaufsfertigem Kaffee<br />

<strong>von</strong> drei Prozent (wie es z.B. in Brasilien längst<br />

die Regel ist). Zurzeit ist ein Verunreinigungsgrad<br />

<strong>von</strong> 30 Prozent erlaubt. Zudem darf ein Kaffeeprodukt<br />

höchstens 10 statt wie aktuell 30 Prozent<br />

Zucker enthalten, um als solches verkauft zu<br />

<strong>wer</strong>den.»<br />

cisac.oax.com<br />

cisac.oax.com<br />

luís herNáNDez<br />

Journalist bei «la Jornada»<br />

«Nestlé dominiert die Kaffeekonsumgewohnheiten<br />

der Bevölkerung in Mexiko und<br />

den USA mit seinem aufdringlichen Marketing<br />

für den minder<strong>wer</strong>tigen <strong>Nescafé</strong>. Über die so gene<br />

rierte Nachfrage rechtfertigt Nestlé sein Vorgehen<br />

in der Förderung <strong>von</strong> Billigkaffeeanbau.»<br />

JosefiNa araNDa<br />

wissenschafterin und Beraterin der<br />

Kaffee-Kooperative cepco, oaxaca 3<br />

«Nestlé kontrolliert alle Akteure im ganzen Prozess,<br />

<strong>von</strong> der Bohne bis zur Tasse. Wenn ein politischer<br />

Akteur Vorschläge des Konzerns ablehnt,<br />

droht dieser, in ein anderes Land zu gehen. Die<br />

Kaffeeproduzierenden kämpfen ums Überleben<br />

und haben keine Ressourcen, langfristige und<br />

wirksame Lobbyarbeit im Senat und der Abgeordnetenkammer<br />

zu betreiben, damit das Kaffeegesetz<br />

endlich durchkommt.»


14 kalter kaffee<br />

fazit<br />

iNVestitioNeN iM KoNtext<br />

9700 Millionen:<br />

Nestlé-Gewinn 2010.<br />

0,57 Millionen:<br />

Nestlés jährliche Investitionen in<br />

Nachhaltigkeits projekte im Kaffee-<br />

und Kakaosektor in Mexiko.<br />

2,5 Millionen:<br />

50 Millionen:<br />

Jährliche Investition (ab 2010)<br />

in die welt weite Kaffee produktion.<br />

74 Millionen:<br />

Investition in die Erweiterung der <strong>Nescafé</strong>-<br />

Fabrik in Mexiko insgesamt.<br />

Nestlés Einnahmen über staatliche<br />

Subventionen aus dem Programa Trópico<br />

Húmedo (2010).<br />

43,6 Millionen:<br />

Mexikanische Staatsinvestitionen<br />

in Kaffeeprojekte.<br />

3000 Millionen:<br />

Weltweiter Nespresso-Umsatz (2010).<br />

10,57 Millionen:<br />

Salär <strong>von</strong> Nestlé-CEO Paul Bulcke (2010).<br />

8,3 Millionen:<br />

Salär <strong>von</strong> Peter Brabeck, Verwaltungsratspräsident<br />

(2010).<br />

Alle Angaben in Schweizer Franken.<br />

Erst wenn die <strong>von</strong> Nestlé kommunizierten<br />

Zahlen in einen Vergleich gesetzt <strong>wer</strong>den,<br />

bekommen sie Aussagekraft und <strong>wer</strong>den<br />

relativiert. Bei genauerem Hinschauen wird<br />

klar, dass der Konzern nicht nur investiert,<br />

sondern auch <strong>von</strong> verschiedenen staatlichen<br />

Subventionsprogrammen profitiert.<br />

cleVeres loBByiNg<br />

Mitglied<br />

ceo Paul<br />

Bulcke<br />

Präsident<br />

felipe<br />

calderón<br />

Lobbyist<br />

Einfluss<br />

felix<br />

Martínez<br />

Consultant<br />

Treffen<br />

während<br />

des WEF<br />

Präsident des Direktorenrates<br />

Direktor<br />

ehem. Vizedirektor<br />

für Corporate Affairs<br />

Mexiko<br />

ehem.<br />

Angestellter<br />

verkauft<br />

als Zwischenhändler<br />

Kaffee<br />

hector gabriel<br />

Barreda Nader<br />

Direktor<br />

sagarPa<br />

Ministerium<br />

für Land wirtschaft<br />

aMecafé<br />

Offizieller<br />

Kaffeeverband<br />

(Produzenten,<br />

Staat, Industrie)<br />

Geschäftsführer<br />

(eingesetzt<br />

durch<br />

SAGARPA)<br />

unterstützt<br />

Kanditatur<br />

für ICO Lobbyist<br />

rodolfo<br />

trampe tauber<br />

kanditiert als<br />

Direktor<br />

ico<br />

Int. Kaffee-<br />

organi sation<br />

Budget und Gesetzgebung<br />

unterstützt<br />

Kanditatur für ICO<br />

aMsa<br />

uNPc-cNc<br />

Kaffeesektor des<br />

nationalen<br />

Bauernverbandes<br />

kauft Kaffee<br />

aNacafé<br />

Verband der<br />

Kaffeeindustrie<br />

Parlament<br />

BauerNfaMilieN<br />

Nestlé beeinflusst die mexikanische Kaffee-Politik und somit die<br />

miserablen Lebensbedingungen der Kaffeebauernfamilien<br />

durch direkte Kontakte in die wichtigsten Organe des Sektors<br />

sowie zum Präsidenten persönlich.


evB_Dokumentation_September 2011 kalter kaffee 15<br />

BilligiMPort für BilligProDuKtioN<br />

import: 60 000 Tonnen<br />

g esamtproduktion: 240 000 Tonnen<br />

MexiKo<br />

export: 153 000 Tonnen<br />

Arabica Robusta<br />

Weil nicht genügend Bauernfamilien den güns tigen<br />

Robusta-Kaffee anbauen wollen, mit dem Nestlé<br />

die ausgebaute <strong>Nescafé</strong>-Fabrik in Toluca füttern will,<br />

erhöht der Konzern die Importe des Billigkaffees.<br />

Das drückt auf die lokalen Kaffeepreise.<br />

eiNsaMe <strong>wer</strong>tschöPfuNg<br />

Kleinbauern<br />

und arbeiter<br />

internationale<br />

händler<br />

25 000 000<br />

Nestlé, Kraft,<br />

röstfirmen 3<br />

sara lee<br />

Detailhändler<br />

Neumann, Volcafe,<br />

ecoM, Kraft, Nestlé<br />

Konsumenten 500 000 000<br />

Die Marktkonzentration der internationalen<br />

Händler und Röstfirmen, unter ihnen Nestlé, führt<br />

zu einem zunehmenden Transfer der finanziellen<br />

Ressourcen und einer Akkumulation <strong>von</strong> Know-how<br />

<strong>von</strong> den Kaffeeanbauenden hin zu einer Handvoll<br />

multi nationaler Konzerne.<br />

<strong>Der</strong> <strong>Nescafé</strong>-Plan, das jüngste Projekt aus der Ka Kategorie<br />

«Creating Shared<br />

Values» soll Nestlé besseren Zugang zu den Ressourcen verschaffen,<br />

den Kaffeebauern Kaffeebauernfamilien<br />

Einkommenssicherheit gewähren und gleichzeitig<br />

die Umwelt achten.<br />

statt gemeinsame<br />

<strong>wer</strong>tschöpfung zu schaffen, baut Nestlé seine<br />

Marktkonzentration und die Kontrolle über die Produktionskette aus,<br />

kassiert dank klientelistischen Beziehungen zur Politik staatliche<br />

subventionen, <strong>von</strong> welchen früher vermehrt<br />

fairtrade- Kooperativen<br />

profitieren konnten, und verhindert mit geschickten PPr-strategien,<br />

dass<br />

in Mexiko der lokale Qualitätskaffee den Durchbruch schafft und<br />

stattdessen <strong>Nescafé</strong> aus importierten Billig bohnen die Kaffeetassen<br />

dominiert.<br />

Viele Kaffee bau ern familien sind enttäuscht. <strong>Der</strong> scheinbare Kurswechsel in<br />

Richtung fairere Produktion gleicht also eher einer Imagepolitur.<br />

5<br />

= 55% des welt-<br />

weiten Handels<br />

= 40 % des weltweiten<br />

Kaffeemarktes


Quellen<br />

Kaffeekooperativen<br />

– Cepco: www.cepco.org.mx<br />

– Cesmach: www.cesmach.com.mx<br />

– CNOC: www.conoc.org.mx/cnoc.html<br />

– Coopcafe: http://usuarios.multimania.<br />

es/cafemuseocafe/coopcafe.html<br />

– Tosepan: www.uniontosepan.org<br />

Nestlé<br />

– www.nestle.com<br />

– www.nescafe.com<br />

– <strong>Der</strong> <strong>Nescafé</strong>-Plan mit Datenblatt zu<br />

Mexiko: www.nestle.de/Gemeinsame-<br />

Wertschoepfung/Rohstoffe/<br />

Documents/Nescafe_Plan.pdf<br />

Verbände und Ministerien<br />

– Anacafé: www.anacafemexico.com<br />

– Amecafe: www.amecafe.org.mx<br />

– Amsa: www.agroindustriasmexico.<br />

com.mx<br />

– ICO, Internationale Kaffeeorganisation:<br />

www.ico.org<br />

– Sagarpa: www.sagarpa.gob.mx<br />

Mit dem 2010 lancierten <strong>Nescafé</strong>-Plan gibt der Grosskonzern<br />

Nestlé vor, neue Wege zu beschreiten. Die Rede ist<br />

<strong>von</strong> gemeinsamer Wertschöpfung, hohen Investitionen in<br />

Kaffeeprojekte, verbesserten Anbaumethoden oder <strong>von</strong><br />

höheren Einkommen für die Bauernfamilien.<br />

Die EvB hat sich den <strong>Nescafé</strong>-Plan in einem der Projektländer,<br />

Mexiko, genauer angeschaut und nachgeforscht.<br />

In dieser Dokumentation stellen wir die Nestlé-Argumente<br />

auf den Prüfstand und lassen Betroffene vor Ort zu<br />

Wort kommen.<br />

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K<br />

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