CHAI-aktuelle-Ausgabe
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3. DAY<br />
Heute geht’s „dörflicher“ zu.<br />
Ich besuche die Stadt Tanta und<br />
die berühmte Ahmad al-Badawi<br />
Moschee, benannt nach einem<br />
Sufi-Mystiker. Dass in dieser<br />
Stadt viele „Sufis“ gibt, ist unübersehbar.<br />
Auf dem Weg in die<br />
Stadt fahr ich an einigen Dörfern<br />
vorbei. Eines sieht sehr verlassen<br />
aus, neben kleinen Betonhäusern<br />
sind auch Steinruinen zu sehen.<br />
Umso mehr wundere ich mich,<br />
dass mitten in der Verlassenheit<br />
eine Frau einen kleinen Stand<br />
auf dem Boden hat und frisches<br />
Gemüse verkauft. Als ich neben<br />
dem Friedhof mit den alten Gräbern<br />
vorbeigehe, höre ich Kinder.<br />
Ich folgte den Stimmen und<br />
sah einen kleinen Buben einen<br />
Esel reiten. Er dreht sich zu mir<br />
um und lächelt herzig in meine<br />
Kamera rein ☺<br />
Mein zweites Dorf ist schon<br />
weitaus größer. Doch offensichtlich<br />
ist das Dorf in zwei geteilt:<br />
der muslimische Teil und der<br />
koptisch christliche Teil. Woran<br />
ich es erkenne? Über den<br />
Hauseingängen ist bei den koptischen<br />
Familien ein Kreuz und<br />
bei den muslimischen Familien<br />
ein „Allahu akbar“ in arabischer<br />
Schrift zu sehen. Läufst du auf<br />
einer christlich bewohnten Straße,<br />
merkst du schon bald, dass<br />
im weiteren Verlauf der Straße,<br />
Häuser mit muslimischen Bewohnern<br />
zu finden sind. Die<br />
Menschen – sie bewegen sich<br />
einfach hin und her, mal eine<br />
Christin im muslimischen Teil<br />
oder umgekehrt. Ihre religiöse<br />
Identität ist nicht einmal bei allen<br />
offensichtlich erkennbar. Vor<br />
allem bei den Kindern, sie rennen<br />
spielen schreien und bewegen<br />
sich kreuz und quer – keine<br />
Grenzen. Zwei religiöse Identitäten,<br />
ein sehr enger Raum und<br />
doch ein Mit- und Nebeneinander…<br />
Es ist schön dies mit eigenen<br />
Augen zu sehen…<br />
Doch nun geht’s wieder zurück<br />
nach Kairo – die Stadt der<br />
Pharaonen! – Oh, nein! Das war<br />
ja nicht Kairo, das war die 18km<br />
südlich von Kairo liegende Stadt<br />
Memphis! Denn Kairo wurde ja<br />
von den muslimischen Fatimiden<br />
erst um die Jahrhundertwende<br />
gegründet…<br />
4. DAY<br />
Was baut man, um die Stadt<br />
vor Feindkräften zu beschützen?<br />
Genau, Festungen! So baute<br />
auch der Ayyubidenkönig Salah<br />
al-Din die bis heute erhaltene<br />
„Zitadelle Salah al-Din“: Mein<br />
heutiger Routenbeginn. Gespannt<br />
auf das, was mich dort erwartet,<br />
begebe ich mich in Richtung<br />
der Anhöhe der Zitadelle.<br />
Auf dem Weg dahin fahre ich<br />
an der so genannten „Stadt der<br />
Toten“ vorbei, was die ÄgypterInnen<br />
„al-Qarafa“ nennen, d.h.<br />
der Friedhof. Die Stadt der Toten<br />
erstreckt sich über mehrere<br />
Kilometer. Begraben sind da<br />
viele bekannte Persönlichkeiten,<br />
wie dem bekannten Rechtsschulengründer<br />
Imam Schafi, von<br />
5 Sultanen, von Sufi-Scheichs<br />
wie dem ar-Rifai, mehrere Emire<br />
aus den früheren Dynastien<br />
oder z.B. der mamlukischen<br />
Prinzessin Tughay/Umm Anuk<br />
und und und. Wieso dieser riesige<br />
Friedhof „Stadt der Toten“<br />
genannt wird? Denn in diesem<br />
Stadtteil leben auch „lebendige“<br />
Menschen und zwar etwa<br />
300 000! Der Gedanke daran ist<br />
schon ein bisschen mulmig. Die<br />
ärmere Stadtbevölkerung hat<br />
sich hier zwischen den Gräbern<br />
und Grabdenkmäler niedergelassen…<br />
- Da kommen wir schon<br />
bei der Zitadelle an.<br />
<strong>CHAI</strong>//15