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reViews 30 - Noisy-neighbours.com

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<strong>30</strong><br />

<strong>reViews</strong><br />

Madsen -<br />

Goodbye Logik<br />

(Universal)<br />

Erinnerungsarbeit.<br />

Selig waren<br />

eine saustarke<br />

Neuentdeckung.<br />

Sie erzählten von sich als Brüder im musikalischen<br />

Geiste, auf einem eigenen<br />

Planeten, beschrieben die Band als Ort<br />

einzigartiger Energie, ihre Konzerte waren<br />

Feste ungehemmter Ekstase, ihre<br />

Plattenfirma Sony sah sie auf Ewigkeit<br />

auf dem Deutsch-Rock-Olymp. Also<br />

wurde die Band durch die Konzerthallen<br />

gejagt, im Tourbus mussten die neuen<br />

Songs entstehen. Ergebnis: Die zweite<br />

Platte wurde zur Readers-Digest-Ausgabe<br />

der ersten. Livestyle ersetzte Substanz.<br />

Die Euphorie wurde zur müde<br />

nachgeäfften lächerlichen Pose und es<br />

machte mich zunehmend traurig, miterleben<br />

zu müssen, wie die Industrie eine<br />

junge, tolle Band kaputtmachte, statt auf<br />

die anfangs besinnungslos euphorisierten<br />

Jungs ein wenig aufzupassen und<br />

sie durch intensive Begleitung einzunorden.<br />

Daran musste ich denken, als ich<br />

die erste Madsen-CD rezensierte. Denn<br />

das war genau so toll, unverkrampft, direkt<br />

und gut, ehrlich und ohne erkennbare<br />

Kalkulation generationstypisch.<br />

Post-Grunge ohne Depri, subjektive Authentizität<br />

und knuddelige Sachlichkeit.<br />

Der Verzicht auf jegliches Sendungsbewusstsein.<br />

Trotzdem inhaltliche Anmerkungen<br />

aus eigenem Erleben. Stark. Erster<br />

Eindruck der neuen Scheibe: „Du<br />

schreibst Geschichte“ als Hymne derer,<br />

die noch an eine Chance für ein gutes<br />

Morgen glauben. Denn wir sind Subjekte,<br />

nicht Objekte des eigenen Lebens.<br />

Einfach so als Behauptung in den<br />

Raum gerockt. Möchte ich auch dran<br />

glauben und tu es auch die meiste Zeit.<br />

Schöne Nummer. Track 2: „Ein Sturm“ -<br />

die Antithese, in der „unsichtbare Ketten<br />

unsere Neugier lahm legen“. Eher unentschlossen<br />

im üblichen Madsen-Style<br />

nach vorne rumpelnd, nett, unangreifbar<br />

und eben deshalb langweilig. Danach<br />

ein öder Schmuserocker, der über einen<br />

vagen Vergleich zwischen einem Bonnie-and-Clyde-like-Liebespaar<br />

und<br />

`nem Geister-Piratenschiff ohne Ziel<br />

hinaus schlicht nichts anzubieten hat.<br />

Der Titeltrack des Albums beweist dann<br />

wieder mehr Punch, auch, wenn schon<br />

im Refrain der Eindruck wieder aufgewärmter<br />

Erstlings-Zutaten aufkommt.<br />

Tja, und dann retten Madsen eben mal<br />

so die Welt und da gefällt mir die Chose<br />

wieder - sie sind da stark, wo ihre demonstrative<br />

Naivität ungehemmt nach<br />

vorne rockt, wo sie ohne schlechtes Gewissen<br />

im ungebremsten Schaum die<br />

doofen Fragen stellen. Unzerbrechlich<br />

also die Grundsubstanz der Jungs aus<br />

dem Wendland, deren positivere Stimmungslage<br />

dem eigenen Erfolg geschuldet<br />

sein dürfte. Der wird sich mit<br />

dieser Platte verstetigen. Sie haben nun<br />

ihre Fans, die im richtigen Moment bereitwillig<br />

mitklatschen und ansonsten<br />

das Forum ihrer Homepage mit verliebten<br />

Kommentaren voll schreiben. Alles<br />

ist gut, sagt mir die neue Platte, dreht<br />

sich ohne schlechtes Gewissen fröhlich<br />

und beliebig um sich selbst, hinterlässt<br />

weniger Spuren in meinem Gedächtnis,<br />

als ich gehofft hatte. Tja, und da fällt mir<br />

Selig wieder ein. Spätestens beim<br />

„Happy End“, das in seiner substanzlosen<br />

Beliebigkeit nun doch den ersten<br />

Ärger auslöst, bevor 2 feine Rocksongs<br />

den Verriss verhindern. Von „neuem Mut<br />

und neuen Ideen“ schreiben sie, die sausympathischen<br />

Jungrocker aus Castorland.<br />

Hoffentlich haben sie vor der nächsten<br />

Platte mehr Zeit, um sich für diese<br />

Ideen ausreichend Zeit zu lassen.<br />

Liebe Freunde bei Universal, ich gebe<br />

zu, es war kaum möglich, den tollen Erstling<br />

zu toppen. Und der schnelle komplette<br />

Erfolg der Band verführt, gleich einen<br />

drauf setzen zu wollen. Ohne Rükksicht,<br />

und die Jungs glauben Euch<br />

wahrscheinlich sowieso alles, sind vielleicht<br />

sogar selbst der Motor beim sichselbst-überhitzen.<br />

Aber, wo ist das kritische<br />

Korrektiv? Denn gemessen am Potential<br />

der Gruppe ist das hier einfach zu<br />

wenig. Die Jungs brauchen nicht fette 3-<br />

Gang-Menus in überteuerten Hotelzimmern,<br />

sondern den direkten Kontakt zu<br />

Schichtarbeitern und Kuhscheiße und<br />

Milchmann. Sonst wird aus anarchischer<br />

Kraft eine doofe arrogante Neureichenpose.<br />

Und die Luft ist schneller<br />

raus, als ihr ahnt. Und dann wird gecancelt<br />

und die Band war schuld. Von<br />

wegen. Das ginge auf Euer Konto! Also:<br />

Lasst es das nächste Mal bitte bleiben.<br />

Lasst die Fünfe ihren Skat dreschen und<br />

gepflegt einen saufen, lasst sie in Feuerland<br />

abkühlen und Urlaub machen,<br />

sonst brennen sie wie einst die SELIGen<br />

Hamburger wie Wunderkerzen von 2<br />

Seiten ab. Und das wäre doch wirklich<br />

schade. Die Platte ist schon okay. Traurig,<br />

dass so sagen zu müssen. Weil, die<br />

Jungs rocken live wie Sau. Ohne Druck.<br />

Dem müssen sie schnellstmöglich entfliehen.<br />

Bevor es zu spät ist.<br />

Andrasch Neunert<br />

www.madsenmusik.de<br />

The Matches - De<strong>com</strong>poser<br />

(Epitaph/SPV)<br />

Was hier zunächst fast wie Wiener Kaffeehaus-Musik<br />

beginnt, wird dann doch<br />

noch zu einem höchst abwechslungsreichen<br />

Rockmusik-Album. Einem Album<br />

im wahrsten Sinne, denn „De<strong>com</strong>poser“<br />

ist eine Zusammenstellung unterschiedlicher<br />

Stilistiken, wobei der einzige rote<br />

Faden, den man zu erkennen glaubt, zunächst<br />

nur die markante Stimme von<br />

Shawn Harris zu sein scheint. Dass sich<br />

hier straight rockende Songs („What Katie<br />

Said“) mit zerhackten Tunes („Papercut<br />

Skin“), nervig-nervösen Arrangements<br />

(„Lazier Than Furniture“), schönen<br />

Melodic-Rockern („My Soft And<br />

Deep“) und hymnischen Klängen („The<br />

Barber's Unhappiness“) abwechseln,<br />

kann nach mehrmaligem Hören allerdings<br />

nicht davon ablenken, dass es<br />

THE MATCHES geschafft haben, ein<br />

beachtliches weil trotz aller Stilvielfalt in<br />

sich stimmiges Scheibchen moderner,<br />

zeitloser Rockmusik abzuliefern. Bei<br />

neun verschiedenen Produzenten ist<br />

das wahrlich nicht selbstverständlich.<br />

Angenehmerweise erinnert mich „De<strong>com</strong>poser“<br />

zudem u.a. wegen Shawn<br />

Harris' Organ häufig an die Coheed And<br />

Cambria. Wer darüber hinaus noch einen<br />

Hit wie das völlig The Darkness-mäßige<br />

„Didi (The Doe, Part 2)“ im Gepäck<br />

hat, kann unterm Strich nur gewinnen.<br />

Heavy<br />

Matou - Home Alone<br />

(Sameway Music Records/M-System)<br />

Matou, über den wir in der vom Label<br />

beigelegten „Gebrauchsinformation“<br />

nur erfahren, dass er mit bürgerlichem<br />

Namen Mathias Pokorny heißt, wandelt


mit seiner - rein akustischen - CD „Home Alone“ an der<br />

Schnittstelle von Pop, Folk und Alternative. Auf den sieben<br />

Tracks zeigt er ohne Einschränkung, dass er nicht<br />

nur ein hervorragender Songwriter, sondern auch ein<br />

vorzüglicher Vocalist ist, dessen Nasal mich ab und an<br />

den von mir hochgeschätzten Kanadier David Celia erinnert.<br />

Aber mit den Vergleichen ist das ja immer so eine<br />

Sache … Dem Interessierten sei angeraten, sich die<br />

„Home Alone“ zuzulegen; die Songs - sicher nicht immer<br />

ganz klischeefrei - liegen deutlich über dem Niveau<br />

des öffentlich-rechtlichen Radiostandards. Tolle<br />

Scheibe - allein: Sie ist mit 22 Minuten etwas kurz geraten<br />

- da sollte Herr Pokorny dringend nachlegen.<br />

Leo<br />

www.samewaymusic.de<br />

Melvins -<br />

Houdine live…A live history of gluttony and lust<br />

(Ipecac / Soulfood)<br />

Dieses Album der Melvins ist wahrscheinlich - mir sind<br />

nicht alle bekannt - das erste, auf dem sich diese Kultband<br />

nicht mehr oder weniger neu erfindet. Liegt kurz<br />

und klar daran, dass dies eine Live-Aufnahme darstellt.<br />

Im Rahmen der „Don´t look back“-Serie von All Tomorrow<br />

Parties, bei der auch andere Bands wie The Stooges,<br />

Gang Of Four oder Dinosaur Jr. eines ihrer wegweisenden<br />

Alben nochmals komplett live spielten, ist<br />

diese Aufnahme entstanden. Von daher gibt es nicht<br />

allzu viel zu dieser Scheibe zu sagen. Zu hören ist das<br />

komplette „Houdini“-Album mit etwas anderer Reihenfolge<br />

und gewissen anderen Parts. Die Aufnahmequalität<br />

ist dabei relativ gut. Als Bassist fungiert Trevor Dunn<br />

von Fantomas (auch ex Mr. Bungle). Houdini ist und<br />

bleibt ein wichtiger Meilenstein im (Noise)Rock Genre.<br />

Ob man diese Aufnahme braucht, soll dabei jede/r für<br />

sich selbst entscheiden. Nach der Wiederveröffentlichung<br />

ihres ersten vergriffenen Albums (wenn auch mit<br />

vielen Bonustracks), einem Melvins Buch, den Liverecordings<br />

der FantomasMelvins Big Band, der vorherigen<br />

zwar interessanten Resteverwertung „Mangled Demos<br />

From 1983“ und der jetzigen Live-Aufnahme<br />

wünscht man sich aber mal wieder richtig aktuelles Material<br />

von den Melvins. Sonst kommt man noch auf<br />

dumme Gedanken über das Alter und sonstiges.<br />

Christian Eder<br />

www.southern.net<br />

No-Neck Blues Band und Embryo -<br />

Embryonnck<br />

(Staubgold)<br />

Eine der vormals innovativen Psychedelic-Kraut Bands<br />

Embryo, die inzwischen aber sehr worldmusic sind, und<br />

die aus der Free-Folk Szene Amerikas stammende No-<br />

Neck Blues Band kollaborieren hier auf diesem<br />

Release. Und man bekommt in etwa das, was man erwartet,<br />

wenn man beide Bands kennt. Frei improvisierte<br />

Proberaumjams, die eben zwischen World Music und<br />

Free Folk angesiedelt sind. Mal als interessanter sich<br />

steigernder Track wie der Opener, öfter aber leider als<br />

eher uninspirierte Improvisationen, die nur auf sich<br />

selbst verweisen und sich manchmal in endlosen<br />

Klangspielereien verlieren ohne eine wirkliche Dynamik<br />

oder besondere Stimmung aufzuweisen. Von dieser<br />

Kollaboration hat man sich doch mehr erwartet. Vor allem<br />

live waren sie wesentlich spannender. Im Zweifelsfall<br />

lege man sich lieber das „Qvaris“ Album der NNCKs<br />

zu.<br />

Christian Eder<br />

www.staubgold.<strong>com</strong><br />

OOIOO - Taiga<br />

(Thrill Jockey / Rough Trade)<br />

Mit überraschend punkig rotzigem<br />

Charme eröffnen OOIOO<br />

ihr aktuelles Album „Taiga“. Zu<br />

treibenden Drums shouten die<br />

vier Japanerinnen fast schon in<br />

GI-Manier Parolenhaftes dem<br />

Hörer entgegen, während im Hintergrund Elektronik<br />

zirpt und Trillerpfeifen agieren. Der Folgetrack lebt anfangs<br />

von jazzigen Drums und Bongos, die dann von<br />

monotonen Bläsern und einem recht eigenwilligen Gesang<br />

begleitet werden, bis er sich nach einiger Zeit wie<br />

eine augenzwinkernd-ironische Barjazz-Version anhört,<br />

bevor er noch ins psychedelisch schräge kippt.<br />

Und so geht es allenthalben weiter auf. Jazzig, elektronisch,<br />

funkig, krautig und immer leicht verschroben kollidieren<br />

und interagieren hier wieder mal eine Vielzahl<br />

an Stilen und Stimmungen, Rhythmiken und Instrumentierungen.<br />

„Taiga“ ist Avant-Pop mit onomatopoetischen<br />

Vocals, Spaceworlddancemusic, hypnotischer Ethnojazz,<br />

Freefunkjazzelektro, Abstractmultisoundpop und<br />

noch viel mehr. Unglaublich ausgetüftelt und feinsinnig<br />

in Rhythmiken und Sounds ist „Taiga“ das wohl zugleich<br />

mannigfaltigste, verquerste und dennoch zugänglichste<br />

und organischste Album, das OOIOO bisher produziert<br />

haben.<br />

Christian Eder<br />

www.ooioo.jp<br />

Over The Atlantic -<br />

Junica<br />

(Carpark / Cargo)<br />

Abhängen, Akkorde schrubben,<br />

Endachtziger Indie hören und<br />

nebenbei am PC fummeln. Heraus<br />

kommt dabei post-adoleszenter<br />

Indiesound, der zwar gelegentlich rückwärts<br />

blickt, aber immer wieder neue Elemente bereichernd<br />

integriert. Over The Atlantic ist das Duo Bevan Smith<br />

und Nik Brinkman, das zweieinhalb Jahre lang immer<br />

wieder zwischen Couch, Bett und PC Songs aufgenommen<br />

hat. Diese ureigentliche Low-Fi Attitüde ist der Produktion<br />

allerdings nicht anzuhören. Melancholisch abgehangen,<br />

mit angenehmen Vocals und Sound, der<br />

zwischendrin etwas an Spacemen 3, Yo La Tengo und<br />

Co. erinnert, schaffen die Neuseeländer mit „Junica“ ein<br />

entspanntes Indietronik-Album, das allerdings ein wenig<br />

unter seinen meist recht simplen Beats leidet. Wen<br />

das nicht stört, der findet hier eine charmante Symbiose<br />

zwischen Hang zu Plusquamperfekt-Indie und modernen<br />

Soundelementen. Unaufdringlich schön, aber auch<br />

etwas unspektakulär. „Kick your shoes off on the old<br />

couch and settle in, there´s a groove worn in it for you.“<br />

Christian Eder<br />

www.myspace.<strong>com</strong>/overtheatlanticband<br />

Oxo86-<br />

10 Jahre -<br />

So beliebt Und So Bescheiden<br />

(Pukemusic/<br />

BrokenSilence)<br />

Selbst für Weinfreunde ist das<br />

Motto „Bierchansons aus Bernau“,<br />

so steht's auf der Homepage<br />

von „Oxo86“, charmant. Und besser kann man die<br />

Band nicht beschreiben. Wer aber auf „So Beliebt“ ausschließlich<br />

alkoholfetenkompatible Mitgröhl-Mucke erwartet,<br />

dem sei versichert, dass die Band zwar nicht<br />

das musikalische Rad neu erfindet, aber durchaus mit<br />

witzigen Texten aufwarten kann: Wenn die Helden der<br />

Arbeiterschaft zu „Walking-Class Heroes“ werden,<br />

wenn man in „Super-Hyper-Gummigut“ philosophiert<br />

(„Was kümmert Dich der Regenwald, Du wirst sowieso<br />

nicht alt“) oder - gar nicht „pc“ - das Frühableben adeliger<br />

Damen („Lady Diana“) kommentiert: „Zusammen<br />

mit dem Kaufhausscheich fliegt sie jetzt in's Himmelreich<br />

… ja, ich versteh' es einfach nicht - warum hat es<br />

nur Dich erwischt - und nicht den George aus Amerika<br />

- wo der doch längst schon fällig war“ - das hat echt<br />

Kultpotential, aber: Kult - das sind OXO86 ja schon<br />

lange; und auch Platten wie „Helden Wie Wir“ oder<br />

„Fröhlich Sein Und Singen“, nur zwei von denen, die in<br />

den letzten 10 Jahren veröffentlicht wurden, haben<br />

längst Kultstatus. Und wer sich bei „Oxo86“ ernsthaft<br />

über die Tatsache mokiert, dass sie selten die drei-Akkord-Grenze<br />

sprengen, den kann man doch eh nicht<br />

ernst nehmen, oder? Bin sicher, dass auch „So Beliebt<br />

und So Bescheiden“ bald Kultstatus haben wird und<br />

freue mich auf zehn weitere Jahre.<br />

Nico<br />

www.oxo86.de<br />

Paper Chase -<br />

Now you are one of us<br />

(Southern / Soulfood)<br />

Carla Bozulich -<br />

Evangelista<br />

(Constellation / Alive)<br />

<strong>reViews</strong> 31<br />

Paper Chase und Carla Bozulich - zwei Alben, die auf<br />

den ersten Blick vielleicht wenig miteinander zu tun haben.<br />

Zweifelsohne sind es aber wohl die eigenständigsten,<br />

die in diesem Heft besprochen werden, damit aber<br />

auch nicht einfach zugänglich und Abgründe auslotend.<br />

Die Alben treffen sich in ihrer düster-beklemmenden<br />

Atmosphäre. Paper Chase üben gleich auf dem Cover<br />

ätzende Gesellschaftskritik. Zum Titel „Now you are one<br />

of us“ sieht man einen erhängten Mann in einem kahlen<br />

Zimmer, in dem nur ein Fernseher steht. Auch ein<br />

Songtitel wie „The kids will grow up to be assholes“ lässt<br />

nicht unbedingt auf eine freundliche Message schließen.<br />

Angst ist dabei das emotionale Grundthema des<br />

Albums. Der charismatische Sänger und Hauptsongwriter<br />

John Congleton untersucht auf „Now you are…“<br />

die Möglichkeiten, Angst als Kontrollinstrument zu verwenden.<br />

Paranoia und abgründige Emotionen spiegeln<br />

sich auch im Sound, des recht trocken aber passend<br />

produzierten Werks wieder. Ein prägnantes, mal stoisches,<br />

mal treibendes Schlagzeug, Piano, Violine, Gitarre<br />

bilden hier eine dissonante Einheit, wobei die Gitarre<br />

nur gelegentlich und minimal ausbricht. Zwischendurch<br />

wird die Paranoia immer wieder durch sehr fragile<br />

Momente reduziert, nur um danach noch seltsamer<br />

zu agieren. Und über allem mahnt, predigt, würgt und<br />

ätzt Congletons einzigartige Stimme. Absolute Empfehlung.<br />

Auch Carla Bozulich ist eine Predigerin und überrascht<br />

auf „Evangelista“ mit einem sehr eigenen Album. Hatte<br />

sie unlängst noch mit „Red Headed Strangers“ ein countrifiziertes<br />

Album u. a. mit Coverversionen von Willi Nelson<br />

aufgenommen, ist sie hier nach einer völligen Metamorphose<br />

anzutreffen. Ein überlanger Opener mit enervierenden<br />

zerrenden Violinen gibt eine völlig neue Richtung<br />

vor. Carla Bozulich erzählt, predig, gleitet in<br />

Schreie ab. Man fühlt sich an Diamanda Galas erinnert.<br />

Das folgende „Steal Away“ ist ein etwas versöhnlicherer,<br />

aber immer noch dunkel-brüchiger Song: „I ain´t got<br />

love to stay here“ singt sie und man fühlt sich an das<br />

Cover von Paper Chase gemahnt. Später gibt es eine<br />

wunderschöne und absolut gelungene Coverversion<br />

von Lows „Pissing“, die die charismatisch-melodiöse<br />

Stimme Bozuchs aufzeigt. Auch hier eine eher untypische<br />

Instrumentierung mit Cello, Violine, Kontrabass,<br />

Orgel, Samples und Loops. Es wurde z. B. auch ein Piano<br />

im Regen aufgenommen. „Evangelista“ ist ein<br />

schwieriges düsteres und emotional abgründiges, äußerst<br />

eigenwilliges Werk von Carla Bozulich, das aber<br />

gerade deswegen auch eine unglaublich authentische<br />

Künstlerin zeigt, die einfach ihren Emotionen folgt, ohne<br />

sich um irgendwelche Erwartungshaltungen zu kümmern.<br />

Respekt!<br />

Christian Eder<br />

www.southern.net<br />

www.cstrecords.<strong>com</strong><br />

Pendikel -<br />

Don`t cry, Mondgesicht<br />

(BluNoise / Alive)<br />

„Was soll ich denn hier schreiben?<br />

Mir fällt nichts ein.“ „Schreib<br />

doch einfach: Vier Tage ohne<br />

Schnupftabak verschmachten<br />

auf dieser Insel.“ So waren sie, vor 10 Jahren, noch zu<br />

viert… fröhlich sinnentleertes Geplapper von Pippi<br />

Langstrumpf und ihren Freunden als Intro zu schräg<br />

verschachteltem Indierock mit Lust an zappaesker Planung<br />

und kreativer Improvisation. Feedbackorgien und<br />

kleine Zauberkunststücke.<br />

10 Jahre später sind die Osnabrücker nur noch zu zweit,<br />

und ihre vierte Scheibe schleicht sich an mit scheinbar<br />

depressiven Klavierklängen, die den Geist von Erik Satie<br />

atmend (Anm. d. Korr.: Bruder Jakob und Satie haben<br />

sicherlich nichts gemein), uns doch allen Ernstes<br />

mitteilen wollen, „alles was wir tun ist sinnlos.“<br />

Sowas hatte ich befürchtet. Auf der 2004 aufgetauchten,<br />

als Signal für Kontinuität trotz Mannschaftsverkleinerung<br />

schlicht „3“ betitelten Platte waren sie leise ge-


32<br />

<strong>reViews</strong><br />

worden, fast retrospektiv, gut noch, ja - aber hörbar älter.<br />

Und jetzt?<br />

Kaum haben die leicht ergrauten Herren den Kassandragesang<br />

der ewig deutschen depressiven Verstimmung verklingen<br />

lassen - und im Nachgang meint man, schon da<br />

die pure Ironie durchleuchten gehört zu haben, werden wir<br />

aufgefordert: Heul doch!<br />

Gitarrensalve! Von wegen alt und milde vor sich hin trauerndes<br />

Moll. Hier wehren sich zwei mit textlicher Verve,<br />

Selbstironie und musikalischer Klasse gegen die kampflose<br />

Aufgabe der eigenen Träume, die zur Zeit in Feuilletons,<br />

Leitartikeln und peinlichen Mottoshows zu beobachten<br />

ist, wenn die Revolutionäre von einst mit nationalistischen<br />

Symbolen schmusen und frühere Gitarrentiger die<br />

Castingvorlagen für die TV-Clonefabriken des Privatfernsehens<br />

entwerfen.<br />

Schöne neue Welt. Arrangier Dich. Und alles wird gut?<br />

Hier nicht. Pendikel schmeißen schon mit der ersten Nummer<br />

eine achtminütige Hymne gegen die so vielen von uns<br />

innewohnende Verzweiflung auf ein mildrot beleuchtetes<br />

Parkett.<br />

Dabei sind nicht nur die Texte sperrig und schön, kalkuliert<br />

und doch sauehrlich. Eine nur alle JUBELjahre bei anderen<br />

deutschtextenden Gruppen erlebte reflektierte Einheit<br />

zwischen Phonetik und Aussage erlaubt mir, den Begriff<br />

Kunstwerk zu verwenden. Musik für alle von Genesis bis<br />

Postcore, von Regener bis Zappa.<br />

Ruhig in sich hineinhorchendes Innehalten, eine zornige<br />

Zitatmaschine als nicht mal verzerrender Spiegel alltäglicher<br />

Beliebigkeit hinter Buffetbarrikaden. Von einer Steuererklärung<br />

bis zur nächsten endlich den alten Zorn wieder<br />

entdeckt, ohne sich so unfehlbar zu fühlen, wie einst<br />

in den Nächten der ewigen WG-Diskussionen. Die Ismen<br />

längst aus den Köpfen verabschiedet. Der Wunsch nach<br />

Veränderung wird wieder größer. Ein Hauch von musikalischem<br />

Morgenrot nach vermutlich unzähligen im Übungsraum<br />

durchwachten Nächten. Musik wie ein guter Freund.<br />

Blunoisige Arschtritte zum Abtanzen und dann doch noch<br />

gestreichelt beim Mitdenken. Eine große Platte.<br />

Andrasch Neunert<br />

www.pendikel.de<br />

Powerman 5000 - Destroy What You Enjoy<br />

DRT / Soulfood<br />

Sie wurden einst als die legitimenen Nachfolger der dahingeschiedenen<br />

White Zombie gehandelt: Powerman 5000.<br />

Mit Alben wie „Mega!! Kung Fu Radio“ und vor allen Dingen<br />

„Transform“ sowie Touren mit Korn, Marilyn Manson<br />

und dem Ozzfest schien die Band auch auf dem besten<br />

Wege, genau dieses zu werden. Die Nähe zu White Zombie<br />

aber liegt nicht nur im teilweise ähnlichen Stil, sondern<br />

schlichtweg in den verwandtschalftlichen Beziehungen<br />

beider Bands: Sänger Spider ist der jüngere Bruder von<br />

Rob Zombie, der ehemalige Gitarrist M33 alias Mike Tempesta<br />

der des White Zombie-/Rob Zombie-Gitarristen John<br />

Tempesta.<br />

Nach der Auflösung ihres einstigen Labels Dreamwork Records<br />

allerdings stand die Band zwischenzeitlich vor einem<br />

Trümmerhaufen, Zukunft ungewiss. So überrascht es fast<br />

für einen Moment, dass es man überhaupt wieder ein<br />

neues Album zustande gebracht hat. Stilistisch setzt sich<br />

dabei die Entwicklung der vorhergehenden Alben fort: wo<br />

zu Beginn zahlreiche Spielereien lockten, geht es nun deutlich<br />

erdiger, straighter und klarer zur Sache. Rock'n'Roll mit<br />

mehr als nur einem Schuss Alternative, der teilweise ist<br />

man sich sogar für ein wenig Stadionrock nicht zu schade.<br />

Übersteht man diese, dankbarerweise rar gesäten, Momente<br />

allerdings glücklich, dann ist „Destroy What You Enjoy“<br />

eine durchaus unterhaltsame Angelegenheit, die aber<br />

nur noch inn der Stimme von Sänger Spider, die große Ähnlichkeit<br />

zu der seines Bruders hat, Parallelen zu White Zombie<br />

aufweist, von deren songwriterischen Intelligenz aber<br />

meilenweit entfernt ist.<br />

Arnulf<br />

Radio Birdman - Zeno beach<br />

(Stickman Records)<br />

Anfang (ohne Vorkenntnisse):<br />

Ganz spontan? Jetzt? Also ich? Na<br />

hörnsemal...! Okay, ich versuchs.<br />

Rock. Ja. Mit so'nem Retroeinschlag.<br />

Das war jezz gut, nich? Und<br />

das? Eine Orgel! So eine Retroorgel! Hah! Irgendwo zwi-<br />

schen The Blue Van (gerade „You Just Make It Worse“),<br />

Jet und... komm noch drauf. Na ja, die Ecke halt. Oh. Zumindest<br />

die ersten zwei Songs. Dann wird's ein bisschen...<br />

düster? Wavig? Vom Gesang her? Ja, das ist gut: Vom Gesang<br />

her. Fast ein Tacken zu viel. Aber Moment! Später<br />

geht das wieder weg. Tut gut. Mir zumindest. Wie heißen<br />

die noch gleich...?<br />

Mittelteil (ins Info gelugt):<br />

Oha. Da hab ich eine Legende im Player. 1974 wohl ins<br />

Leben gerufen war Radio Birdman eine der ersten Punkbands<br />

Down Under. Stark beeinflusst von den MC5 und<br />

den Stooges. Wobei immer mehr Garage als Punk. Und<br />

das nach wie vor. Räudig, laut, schnell. „Zeno Beach“ ist<br />

seit 25 Jahren das erste neue Studioalbum. Fette Rockgitarren,<br />

leicht retroangerifft. Ziemliche Brecher. Und bis auf<br />

obengenannten leichten Wavetouch in der Stimme - das<br />

aber nur ab und an- gefallen mir die Vogelmannradios gut.<br />

Ziemlich gut sogar. Ihr Alter merkt man Ihnen zumindest<br />

nicht an... und wegen schon zweimal erwähntem Einschlag<br />

klingt alles doch sehr sehr frisch.<br />

Endteil (mit einer spürbaren Begeisterung):<br />

Das Gute darin/dabei/dahinter: Sie kommen da her. Machen<br />

das schon lange. Keine kleinen schwedischen Buben,<br />

die vorgeben, diese oder jene Musik mit der Muttermilch<br />

aufgesaugt zu haben, neeeee, die Männers wissen<br />

wohl, von was sie sprechen. Und waren Pioniere. Sind da<br />

durchgegangen. Wegweisend. Mitgemacht. Und vor allem<br />

mitgerockt. Alles DIY. Schon immer gewesen. Independent<br />

as shit! Das ist ancheckungswürdig. Und auf Europatour<br />

sind sie auch!<br />

Matthias Horn<br />

www.radio-birdman.<strong>com</strong><br />

Rossenbach, Sven & Florian Van Volxem -<br />

Dominik Graf Filmmusik<br />

(Rent A Dog/Alive)<br />

Die CD „Dominik Graf Filmmusik“ ist ein repräsentativer<br />

Auszug der Arbeiten des Düsseldorfer Autorenteams Sven<br />

Rossenbach und Florian Van Volxem zu einigen TV-Produktionen<br />

von Dominik Graf. Unter anderem sind dies die<br />

Filme „München - Geheimnisse Einer Stadt“, „Die Freunde<br />

Der Freunde“ und „Hotte Im Paradies“. Das Infoblatt des<br />

Labels bietet interessante Details zur Vorgehensweise der<br />

beiden Musiker; so wurde die Musik „nie zum Bild oder zum<br />

fertigen Film“ komponiert. Ein Ansatz, der schon allein aufgrund<br />

der zeitlichen Probleme - man stelle sich vor, der<br />

Film müsse erst komplett abgedreht, dann erst die Musik<br />

komponiert werden - vernünftig klingt, der den Leihen aber<br />

doch etwas verblüfft. Außerdem - ein weiterer Vorteil - ist<br />

die Musik so wenig bis gar nicht abhängig vom visuellen<br />

Background - sie „funktioniert auch allein“, der Film kann,<br />

muss aber nicht „mitlaufen“. Aber auch das Problem liegt<br />

auf der Hand: wenn der Bezug zum Bild fehlt und ihm auch<br />

kein besonderes Gewicht beigemessen wird, dann ist die<br />

Musik austauschbar. Das waren noch Zeiten, in denen Musiker<br />

wie Bernhard Herman oder Miles Davis ihre Filmmusik<br />

komponierten, in dem der Film im Hintergrund auf einer<br />

großen Leinwand ablief; das hatte dann eine „dramaturgische<br />

Tiefe“, die heute nur noch selten erreicht wird.<br />

So geht das eben heutzutage nicht mehr, leider. Im Ergebnis<br />

besteht die CD aus guten („God Bless You“, Dubb“) bis<br />

großartigen Tracks („Wachet Auf“, „Tempeltanz“, „Passage“,<br />

„K Rain Due“), aber eben leider auch aus recht<br />

Nichtssagendem und, mit Verlaub: Banalem („Bossa“,<br />

„Spacelblues“). Der positive Eindruck überwiegt dennoch<br />

deutlich, und auf gut 75 Minuten zeigen Rossenbach und<br />

Van Volxem, dass es eben auch seine Vorteile hat, wenn<br />

der Zuschauer selbst entscheiden kann „was man jetzt zu<br />

fühlen hat“ und Filmmusik ohne dramaturgischen Zeigefinger<br />

komponiert.<br />

Schaffrath - Weg Aus Dornen<br />

(STF/M-Systems)<br />

Neues aus dem Hause STF! „Schaffrath“ heißt die Band<br />

um den gleichnamigen Sänger Martin Schaffrath, und gesungen<br />

wird deutsch. Zu Hause fühlt sich der Vierer im<br />

eher traditionellen Metal der Herren Dio und Dirkschneider.<br />

Klischee, also? Nix da! Dafür sorgen zum einen die<br />

interessante Stimme des Frontmannes, die sehr guten Lyrics<br />

und die hervorragende Gitarrenarbeit der Gitarristin (!)<br />

Christina Schleicher. Ganz nebenbei sorgt die Rhythmustruppe<br />

um Basser Mario Bansleben und Drumer Markus


Schleicher für die nötige Tightness. Lediglich der etwas<br />

die Frequenzen unter 250 Hertz betonende Sound des<br />

Werkes ist nicht restlos überzeugend, da hätte das<br />

Handtuch über den Boxen noch weg gedurft. Ansonsten<br />

aber ein äußerst vielversprechendes Klangwerk,<br />

das glücklicherweise und wie oben andeutet, ohne genretypische<br />

Klischees auskommt.<br />

Leo<br />

www.stf.de<br />

Otto von Schirach - Maxipad Detention<br />

(Ipecac / Soulfood)<br />

Der kubanisch/deutsche Otto von Schirach, geadelter<br />

Sonicsoundmaniac und diplomierter Beatterrorist, veröffentlicht<br />

nach diversen mir unbekannten Releases auf<br />

Pattons Ipecac sein neuestes Album „Maxipad Detention“.<br />

Mit einem unglaublich fetten Bass eröffnet dann<br />

auch „Toma Liquido de Ballena“ dieses sicke Electronicalbum.<br />

Ein kompakter, drückender abgehackter<br />

Bassbeat trifft sich hier mit wirren Elektronikspielereien<br />

und mixt Blast-Speed-Attacken und strange<br />

(Sprach)Samples mit Deathgrunts. Als ob man Kid 606,<br />

Atari Teenage Riot, Mr. Bungle und Venetian Snares<br />

zusammen an die Wand wirft und sieht, was soundtechnisch<br />

kleben bleibt. „Bling gore & diamond soaked kick<br />

drums for the reptilian women“. Schirach bringt nach<br />

anfänglicher relativer (stolpernd technoider) Stringenz<br />

im Verlauf immer weiter gestückelte Klänge. Und hier<br />

ist auch das Manko dieses Albums zu sehen. Es verliert<br />

leider an Spannung. Weder kann es eine herrlich<br />

irre Illbreakbeat Tanzbarkeit von Kid 606, noch ein energetisches<br />

Aggressionspotential a la Atari Teenage Riot<br />

aufbauen. Sicher sind hier tausend kleine und feine<br />

Ideen verwoben worden, doch auf Albumlänge wirken<br />

sie allzu bruchstückhaft und teilweise sogar etwas überladen.<br />

Trotzdem bleibt es eine interessante Scheibe für<br />

Leute mit dem Hobby „Soundsickness“.<br />

Christian Eder<br />

www.ottovonschirach.<strong>com</strong><br />

Schtimm - Time, Pace and other stories<br />

(Make My Day)<br />

Das schöne, düstere Artwork lässt interessiert aufblikken.<br />

Der alternative Dark Pop von Schtimm bietet aber<br />

leider um sehr vieles weniger für die Ohren als für die<br />

Augen. Nur wenige Male lässt einen eine Musik an sich<br />

zumindest ein wenig aufhorchen. Sehr getragener, reduzierter,<br />

öfter theatralischer dunkler Pop-Sound mit<br />

wechselnden male/female vocals, der aber aufgrund<br />

des Ideenmangels und unzureichender Dynamik<br />

einfach zu sehr vor sich hin plätschert. Auch<br />

wenn es Herbst wird. Muss nicht. 27 haben<br />

schon länger bewiesen, dass so etwas<br />

besser und interessanter geht.<br />

Christian Eder<br />

www.schtimm.<strong>com</strong><br />

Schweisser - Pororoca<br />

(Südpol Records / Alive)<br />

„Verlegt und verloren, verraten<br />

und verkauft“ fühlten sich die<br />

Schweisser aus Ex-Weilheim,<br />

insbesondere Frontmann<br />

Tommy Böck, nachdem der<br />

einst zornbebende Bürgerschreck<br />

den Metalcore gegen<br />

sanftere Töne eingetauscht<br />

hatte. Dabei geschah diese<br />

Umorientierung seinerzeit ein<br />

wenig halbherzig und die verlorenen<br />

Mähnenschüttler vor der<br />

Bühne wurden zahlenmäßig<br />

nicht durch die Popgemeinde<br />

wettgemacht, der das Ganze<br />

damals immer noch zu aggressiv<br />

klang. Es folgte ein schier<br />

endloser Streit mit EMI Publishing,<br />

dessen Ende trotz erstinstanzlicher<br />

Erfolge nicht absehbar<br />

ist. Ein Weltkonzern gegen<br />

einen deutsch textenden Rok-<br />

ker, der einst an das Gute im Menschen glaubend vorzugsweise<br />

Lyrikparties in der eigenen WG feierte und<br />

sich dann von vermeintlich guten Freunden im Stich gelassen<br />

fühlte. Auch mich rief er nicht mehr zurück. Stattdessen<br />

ging er seinem neuen Job in der Werbebranche<br />

nach und schrieb zornige Songs für eine Wiederkehr.<br />

Die wagt er jetzt mit Martin Messerschmid, Ex-<br />

Banknachbar und bekannt als Schlagzeuger von The<br />

Notwist und den Bolzplatz Heroes und Fabian Exter,<br />

Produzent, Gitarrist und Basser. Und gleich zu Beginn<br />

gibt es die Breitseite gegen die bösen Bosse. Mehr<br />

Punkrock als Noise. Mehr Faust in die Magengrube als<br />

stilvolles Florett. Strassenkampflyrik gegen Merkel, Agitation<br />

gegen Atomstaat und Plattenindustrie, Polizei<br />

und Parasiten. Das ist grundehrlich. Textlich wie musikalisch<br />

gekonnt und weitgehend berechenbar. Doch in<br />

Zeiten, die noch immer Rinnsteinlyrikbombastcore mit<br />

Hans Albers - Timbre und Riefenstahl-Filmchen inklusive<br />

Versatzstücken brauner Ideologie abfeiern, weil<br />

das in den USA dank David Lynch seit geraumer Zeit<br />

als musikalisches Synonym für Deutschland gehalten<br />

wird, allemal sympathisch. Für Freunde harter Rockmusik<br />

und alle, die Lust empfinden, an der Wiederentdekkung<br />

alter neu formulierter Feindbilder, für die, die Lust<br />

haben, politisch mal wieder Klartext zu hören und sich<br />

im gemeinsamen Schrei die nächste Revolution vorzustellen,<br />

allemal ein guter Vorschlag. Und im Übrigen ist<br />

es einfach schön, dass er wieder da ist, der Schreck<br />

oberbayerischer Vorgärten, auch wenn Mother EMI darüber<br />

not amused sein dürfte. Sie haben es sich verdient.<br />

Andrasch Neunert<br />

www.suedpolmusic.de<br />

2nd District - Emotional Suicide<br />

(PeopleLikeYou/SPV)<br />

Gibt es die „Revolvers“ eigentlich noch? Oder ist „2nd<br />

District“, das Side-Project um Drummer Tobbe und<br />

Sänger Marc Ader, der einzig überlebende? Würde<br />

mich interessieren, da ich sowohl die „Revolvers“-Sachen<br />

immer ziemlich geil fand, aber auch vom letzten<br />

District-Album „Don't Mess With The Hard Punx“ ziemlich<br />

begeistert war. Vielleicht kann mich mal jemand aufklären<br />

… Die „Emotional Suicide“ jedenfalls lässt hören,<br />

wie es zu klingen hat, wenn „Old School“ Punk auf<br />

den „Glam“ der Siebziger trifft: auf den Punkt komponierte<br />

Tracks mit großartigen Hooks (hört Euch nur mal<br />

den ultimativen Sommer-Punkhit „19th Soldier“ oder<br />

„Opportunist“ an), das Ganze mit einem klaren, transparenten<br />

Sound und mit viel „Schub nach vorne“ ausgestattet.<br />

Eine absolut gelungene Darbietung der vier<br />

33<br />

Herren aus Dortmund! Die kommen natürlich bald auf<br />

Tour, und wenn sie die Leute auch nur halbwegs so begeistern,<br />

wie es ihnen bei mir gelungen ist, dann könnten<br />

die den kommenden dunklen Winter mächtig aufhellen.<br />

Große Klasse, das!<br />

Nico<br />

www.myspace.<strong>com</strong>/seconddistrict<br />

Sigurd - Doppelgänger<br />

(Gentlemen Records / Alive)<br />

<strong>reViews</strong><br />

Es gab da mal eine Band namens Chewy. Diese war<br />

so etwas wie der Benjamin Lauth des Schweizer Indie-<br />

Rock - DIE große Hoffnung im Sturm der jungen Szene,<br />

die sich in Lausanne entwickelte. Aber wie es mit jungen<br />

Talenten so oft ist, wechseln sie viel zu früh zu einem<br />

großen Verein, halten dort dem Erwartungsdruck<br />

nicht stand, werden verheizt und irgendwann spricht<br />

dann keiner mehr von ihnen. So auch geschehen mit<br />

Chewy, die sich vor gut zwei Jahren auflösten. Nun hat<br />

sich die Hälfte der Band, in persona Mathieu Ufer und<br />

Sebastien Altevogt, wieder zusammengetan und kurzerhand<br />

die Zwei-Mann-Band Sigurd ins Leben gerufen.<br />

Bei deren Debüt hat man das Gefühl, als hätten die zwei<br />

Freunde vor den Aufnahmen beschlossen, dass einfach<br />

alles geht und nichts unmöglich ist. So paaren sie<br />

teils sehr harte Gitarrenriffs mit epischen Songstrukturen<br />

und unterstützen das Ganze ab und an mit seltsamen<br />

Sounds und des Öfteren mit verqueren, nicht selten<br />

überraschenden Songstrukturen. Im Ergebnis klingt<br />

das, als würden Fugazi zusammen mit Mogwai, Sonic<br />

Youth, Modest Mouse und Pinback versuchen, so etwas<br />

wie Hardcore mit leichten Metal-Einflussen zu spielen<br />

- oder so ähnlich zumindest. Man merkt: hier wird<br />

eigenständig, um nicht zu sagen, eigenbrödlerisch, zu<br />

Werke gegangen. Und das ist gut so, weil es eben genau<br />

so klingt, wie es klingen soll: erfrischend, neu, spontan<br />

und nicht immer leicht zugänglich - Letzteres aber<br />

nur auf den ersten, flüchtigen Blick. Nur einen Kritikpunkt<br />

müssen sich Sigurd gefallen lassen: Den selten<br />

einsetzenden Gesang hätten sie sich gleich lieber sparen<br />

sollen. Der stört nämlich oft mehr, als dass er die<br />

Songs bereichert. Ansonsten aber unbedingt hörenswert.<br />

Jochen Wörsinger<br />

www.sigurd.ch


34<br />

<strong>reViews</strong><br />

Slightly Stoopid - Closer to the sun<br />

(Stoopid / Rough Trade)<br />

Beknackter Bandname, noch schlimmeres Cover mit<br />

einem Skelett, das an einem morschen Surfbrett lehnt,<br />

die Band aus Ocean Beach California und fertig ist das<br />

perfekte Vorurteil. Doch - Heureka! - es kommt anders.<br />

Akustik Rock kombiniert mit Reggae dominiert den<br />

Sound. Dazu kletten sich alldieweil mal ein Hip-Hopoder<br />

Bluesversatzstück. Insgesamt ist das Soundbild<br />

von einem prägnanten melodischen - fast etwas aufdringlichen<br />

- Bass, entspannter Reggae-Rhythmik,<br />

Congas, Perkussion und den in diesem Genre marginalisierten<br />

Gitarren bestimmt. Wie das bei Reggae dann<br />

oft so ist, wird es auf Dauer dann doch zuuu entspannt.<br />

Wenn man nicht gerade THC-geschwängert bei 38<br />

Grad in einer jamaikanischen Hängematte liegt, hängt<br />

„Closer to the sun“ doch etwas arg durch. Da nützt es<br />

auch nicht viel, dass sie bei „Nothing over me“ und einem<br />

weiteren Track mal ordentlich aufs Calipunk-Pedal<br />

(Vorurteil ich hör dir trapsen…) treten. Homer Simpson<br />

kam ja schon zu Wort.<br />

Christian Eder<br />

www.slightlystoopid.<strong>com</strong><br />

Slimboy - Anthems<br />

(ModernNoise/Cargo)<br />

Was tut man, wenn man Emo macht und möglich amerikanisch<br />

klingen will? Man fliegt nach LA und mietet<br />

sich in ein Studio vor Ort ein. So ist es gelaufen, damals<br />

2004, als „Slimboy“ ihr „No Fires On Beach“ aufnahmen,<br />

und die Resonanz auf das Album muss - laut<br />

Bandhomepage - ziemlich enthusiastisch gewesen<br />

sein. Ok, ich habe mal wieder nix davon mitbekommen,<br />

was mich aber wundert, ist, dass die Jungs ihr aktuelles<br />

Album im vergleichsweise beschaulichen Berlin aufgenommen<br />

haben. Keine Ahnung, ob diesmal schlicht<br />

die Kohle gefehlt hat oder ob man inzwischen einen<br />

neuen Bandkollegen hat, der unter Flugangst leidet.<br />

Fakt ist, dass „Anthem“ der beste Beweis dafür ist, dass<br />

man nicht in die Ferne schweifen muss, um amtlich, ja,<br />

und meinetwegen: amerikanisch zu klingen. Doch nicht<br />

nur beim Sound stimmt beinahe alles; auf den insgesamt<br />

elf Tracks beweisen die vier Jungs, dass der Titel<br />

des Werkes Programm ist: alles Hymnen, halt. Schöne<br />

Scheibe.<br />

Kai<br />

www.slimboy.info<br />

Spellbind - cocoon<br />

(Modern Noise/Radar Music)<br />

Holy alternative cow! Das ist<br />

catchy und alternativ. Hymnenhaft<br />

schon erwähnt? Und ziemlich<br />

modern. Also moderne rokkige<br />

alternative Musik. Die<br />

Songs sind im Midtempo angesiedelt. Ab und an gibt<br />

es Ausbrecher. Dieser Pfad wurde zwar schon das eine<br />

oder andere Mal (zu oft) beackert und betrampelt, aber<br />

mit Spellbind weht ein kühler frischer Wind. Auf er einen<br />

Seite zumindest. Man wird an viele Bands dieses<br />

Genres angenehm erinnert. Wobei es auch daran liegen<br />

könnte, dass ich vor einiger Zeit ein bisschen die<br />

Interesse an diesem Sektor verloren habe. Wie kann<br />

man die Musik auf einen Punkt bringen? Alternative-<br />

Guitar-Pop? Yo, denke, das isses. Aber ein bisschen<br />

rund für meinen Geschmack. Und ziemlich professionell...<br />

die andere Seite daran. Ist ja nix verkehrtes, aber<br />

ein bisschen mehr ungeschliffene Ecken und Kanten...<br />

sind auch nix verkehrtes. Im Gegenteil. Aber nicht falsch<br />

verstehen: Die Platte ist ziemlich gut, kein Thema. Und<br />

Leute, die auf Musik aus dem Hause Modern Noise stehen,<br />

ein Muss, auch klare Sache. Nur für mich... da fehlt<br />

so der letzte Zacken, die letzte Kante, die die Platte für<br />

mich richtig interessant machen würde.<br />

Aber sehr schön: „Day After Day“! Macht Lust auf mehr!<br />

Bin gespannt auf weiteres!<br />

Matthias Horn<br />

www.spellbind.de<br />

Spookey Ruben - Ausfahrt Walsrode EP<br />

(Lamm / Universal)<br />

Enervierend-knödelig, jaulend- poppiger und für Ruben<br />

erstaunlich einfallsloser Sound, der seinen traurigen<br />

Kulminationspunkt im deutschsprachigen Titeltrack hat,<br />

welcher - nach den „blablas“ im Opener - mit seinen<br />

„miaumiaus“ selbst die 2:10 Länge schier endlos erscheinen<br />

lässt. Der Herr war schon mal interessanter<br />

und scheint hier gar völlig zu regredieren. Auf dem nächsten<br />

Album rhaberberbabbelt er dann wohl „Beim Wullacken<br />

niemals mit dem Mottek wackeln“.<br />

Christian Eder<br />

www.spookeyruben.<strong>com</strong><br />

S.P.Q.R.T. - Record<br />

(Rakete / Rough Trade)<br />

Schon vor anderthalb Dekaden<br />

begann die musikalische Kreativzelle<br />

aus Carl Blend und Howard<br />

Lespie Funken zu schlagen - damals<br />

noch als H.Oilers, später als<br />

Dandruff Deluxe. Nun steht uns mit S.P.Q.R.T. ihre neueste<br />

Inkarnation ins Haus. Der unangepasste Spaß am<br />

Spielen steht heuer im Vordergrund, Grenzen setzt man<br />

sich höchstens selbst. Vom elektrisch pluckernden Ambient-Störgeräusch<br />

über per Dampfwalze stoisch und<br />

nüchtern auf den Punkt getriebene Riffrocker, krachighandfeste<br />

Grooves oder verqueren Balladenstoff, zu<br />

dem psychedelische Räucherstäbchen herumgereicht<br />

werden, ist dem Duo aus New England eine variantenreiche<br />

Angelegenheit geglückt, die in etwa so klingt, als<br />

würde Kurt Ebelhäuser mit Urlaub in Polen den neuesten<br />

Teil der Desert Sessions veranstalten - und sich<br />

dabei selbst nicht allzu Ernst nehmen, scheint bei<br />

S.P.Q.R.T. doch stets ein ziemlich durchgeknallter, kaputter<br />

Humor das trockene Riff-Fundament zu stützen.<br />

Sie sind schon zwei eigenbrötlerische Weirdos, diese<br />

beiden und machen deshalb auch ganz einfach nur, was<br />

gerade so an- und einfällt. Das ist im Fall von „Lipstick“<br />

ein Hit, wie ihn auch die Queens Of The Stone Age besser<br />

kaum hingekriegt hätten oder haben (siehe auch<br />

die Ähnlichkeit zu deren „Little Sister“). Schade nur,<br />

dass diesem famos tanzbaren Highlight, beispielhaft für<br />

die ganze Platte, beim instrumentalen „Eastern Action<br />

Hero“ fünf Minuten uninspirierter Monotonie gegenüber<br />

stehen. Oder dass man sich durch sechs quälende Minuten<br />

des Nichts „Alpengluehn“ kämpfen muss, bevor<br />

man mit dem kranken Abschluss „The Angels Choir“ für<br />

seine Mühen entlohnt wird. „Record“ ist eine durchwachsene<br />

Angelegenheit, die oft zu gefallen weiß, aber<br />

in gleichem Maße auch zu nerven wie einzuschläfern<br />

vermag. Eine durch und durch seltsame wie unberechenbare<br />

Platte.<br />

Patrick Agis-Garcin<br />

www.spqrt.<strong>com</strong><br />

www.raketemusik.de<br />

Stream Of Passion - Live In The Real World<br />

(Inside Out/SPV)<br />

In für Arjen Lucassen geradezu spartanischer Aufmachung<br />

liegt die aktuelle Stream Of Passion-DVD „Live<br />

in the real world“ vor. Hatte der ehemalige Vengeance-<br />

Sechssaiter und geistige Vater teils bahnbrechender<br />

Progressive-Highlights wie Ayreon, Star One oder Ambeon<br />

bisher bei jeder DVD-Veröffentlichung u.a. durch<br />

eine unglaubliche Masse an Begleitmaterial beeindruckt,<br />

so scheint er bei „Stream Of Passion“ eher die<br />

Musik für sich sprechen lassen zu wollen und verzichtet<br />

auf haufenweise Beiwerk. Kernstück des Silberlings<br />

ist dementsprechend der Konzertmitschnitt vom 17. Februar<br />

2006 aus dem holländischen Rijssen, wo die Band<br />

den Abschlussgig ihrer Tour feierte. Sound und Bild genügen<br />

dabei erwartungsgemäß höchsten Ansprüchen,<br />

so dass die ca. 140 Minuten nicht nur deshalb Spaß<br />

machen, weil mit den Sängerinnen Marcela und Diana<br />

Bovio sowie Gitarristin Lori Linstruth drei äußerst attraktive<br />

Musikerinnen am Start sind. Ganz nebenbei kommt<br />

der geneigte Prog Metal-Fan in den Genuss der ein oder<br />

anderen bombastisch-beeindruckenden Liveversion<br />

etablierter oder neuerer Ayreon-Hits, einer netten Diashow,<br />

des „Out In The Real World“-Videoclips inklusive<br />

Making-Of, einer Tour Diary sowie eines Blicks hinter<br />

die Kulissen. Fazit: Der DVD gelingt es zu jeder Zeit,<br />

den Spaß und die Spielfreude dieser bunt zusammen<br />

gewürfelten Band zu dokumentieren - und darum ging<br />

es offenbar in erster Linie. Mission erfüllt!<br />

Heavy<br />

www.streamofpassion.<strong>com</strong><br />

Strike Anywhere - Dead FM<br />

Fat Wreck<br />

Machen wir es kurz: über diese Platte gibt es nicht viel<br />

zu sagen. Was im Allgemeinen aber eher auf die unterdurchschnittliche<br />

Qualität einer Veröffentlichung hindeutet,<br />

hat bei Strike Anywhere ganz andere Gründe.<br />

Hat sich der 1999 in Richmond, Virginia gegründete<br />

Fünfer doch schon mit nur zwei Alben den Ruf erarbeitet,<br />

eine der verlässlichsten Bands im Hardcore/Punk-<br />

Bereich zu sein. Ein Ruf, den „Dead FM“ nur untermauert:<br />

eine gute halbe Stunde Punk-Rock und Hardcore<br />

der unterhaltsamsten wie abwechslungreichsten Sorte,<br />

der sich seiner politischen Bedeutsamkeit zudem äußerst<br />

bewusst ist. Um es in einer Vokabel zusammen<br />

zu fassen: großartig!<br />

Arnulf<br />

Team Rockit -<br />

The Lowest Point In Rock'n'Roll History<br />

(FiretoneRecords/www.firetonerecords.<strong>com</strong>)<br />

Als ich vor zwei Jahren die „Duck, Duck Goose“, die erste<br />

Mini-LP der Jungs aus den USA, gehört hatte, hatte<br />

ich meinem Wunsch nach einem neuen und „ganzen“<br />

Longplayer Ausdruck verliehen. Und mit „The Lowest<br />

Point …“ haben Matt Friscia (Drums), Mark Zalewski<br />

(Bass) und Joe Sanzeri (Gitarre und Vocs) nun tatsächlich<br />

ihren ersten LP seit „Hell On Wheels“ an den Start<br />

gebracht. Und die Jungs haben mich nicht enttäuscht:<br />

Die „Lowest Point“ ist keineswegs das geworden, was<br />

man bei diesem Titel befürchten müsste; ganz im<br />

Gegenteil bietet uns der Dreier zwölf Tracks feinsten<br />

Punk'n'Rolls. Highlight ist die ACDC-Hommage „Know<br />

What I Mean“ und die eher klassische Ska-Nummer<br />

„Hillbilly Hot Rod“ - was aber nun keineswegs heißen<br />

soll, dass der Rest der Scheibe negativ aus dem Rahmen<br />

fiele. Wenn es etwas zu meckern gibt, dann dass<br />

der Sound nicht immer voll überzeugen kann: Die Gitarre<br />

ist mir etwas zu überbetont und klingt etwas „bratzig“;<br />

auch fehlt dem Sound eine klare Linie, und ab und<br />

an muss der Hörer an der heimischen Stereoanlage ein<br />

wenig nachregeln. Aber wollen wir mal nicht allzuviel<br />

rumnörgeln: Die neue „Team Rockit“ ist ein geiles Album<br />

geworden.<br />

Nico<br />

www.teamrockit.<strong>com</strong><br />

The 101 - Numbers<br />

(riptide recordings/cargo records)<br />

Heyheyhey! Das hier rockt! Zwar ein bisschen melodycorig<br />

das eine oder andere Mal, aber Rock! Und das<br />

mit einer ordentlichen Portion Pop versehen! Ich weiß<br />

zwar nix über die Backgrounds und kann auch mit den<br />

„für das moderne Emo-Genre wegweisenden Christie<br />

Front Drive“ (Info) vom Namen her nichts anfangen,<br />

aber der Herr Richter, Bandkopf hie rund ehemals Sänger<br />

bei den Wegweisern, scheint doch schon eine Art<br />

Kultstatus zu genießen! Mir fällt als erstes die seligen<br />

„Shades Apart“ ein (ob's die noch gibt...?) und aber auch<br />

die Klitsche um Nada Surf, Youth Group, Seachange...<br />

aber alles mit einem stärkeren Hang Richtung Melody-<br />

PunkcoreRock schielend. Und das sind immerhin<br />

schon tolle Namen! Gerade „Part I“, aber auch „Numbers“<br />

und „Part II“ erinnern mich an jene NadaSurf-<br />

Szene. Sind für mich auch die Songs von ganz vorne.<br />

Ansonsten bringt der Rest nur gute Laune! Das Info faselt<br />

noch was von „Catchy as hell“ und „...der perfekte<br />

Soundtrack für einen perfekten Sommer“. Meine Meinung<br />

dazu? Stimmt!!! Und zwar „as hell“! Für mich aber<br />

eher der perfekte Soundtrack für einen perfekt ausgehenden<br />

Sommer. Und unbedingt die Regler aufreissen<br />

und die schöne (Gitarren)Stimmung genießen! Prädikat<br />

wertvoll!<br />

Matthias Horn<br />

www.riptiderecordings.de


Total Chaos - 17 Years Of Chaos<br />

(Peolple Like You)<br />

Jubiläen sollten man feiern wie sie fallen, vor allem die<br />

runden; nun kann man ein siebzehnjähriges solches<br />

zwar nicht gerade als „rund“ bezeichnen, aber sei's<br />

drum; die chaotischen Polit-Punks aus Amiland, von denen<br />

jeder Punk, der etwas auf sich hält, mindestens ein<br />

Album im Schrank stehen haben sollte, werkeln seit<br />

1989 in der Szene und haben seitdem ichweißnichtwieviele<br />

Alben aufgenommen, von denen mir zumindest<br />

keines als wirklich schlechtes in Erinnerung geblieben<br />

ist. Der heiser-kratzige Gesang von Rob Chaos - nur<br />

Lemmy singt schöner - und der garagenlastige fuck-<br />

High-Fidelity-Sound sind ebenso zum Markenzeichen<br />

geworden wie die Kampfansagen an das Polit-Establishment<br />

- „Total Chaos“ lassen sich von keinem das<br />

Maul verbieten. Eine Platte für all diejenigen, die die<br />

Band nicht kennen und die mal reinriechen möchten.<br />

Und natürlich für alle Fans, die sich die Blöße einer<br />

Lücke in ihrer Sammlung nicht geben wollen.<br />

Kai<br />

www.peoplelikeyou.de<br />

Ty Tabor - Rock Garden<br />

(Inside Out / SPV)<br />

Jau! Nice one. Den letzten Longplayer seiner Hauptband<br />

Kings X musste ich mir streckenweise erst schön<br />

hören. Aber das hier geht sofort in's Ohr. Böse Zungen<br />

mögen fragen, was Ty Tabors aktuellen Output von<br />

Mainstream-Rock à la Bon Jovi (fröstel!) oder Brian<br />

Adams (würg!) unterscheidet? Mir fällt da so einiges<br />

auf. Zunächst ist die Produktion zu erwähnen, die das<br />

Raue zulässt und nicht glatt bügelt. Dann sind da noch<br />

die großartigen Melodien, die catchy, aber niemals<br />

cheesy sind, und last but not least gehen Bass und<br />

Schlagzeug so was von funky und präzise zu Werke,<br />

dass mir teilweise die Spucke wegbleibt. Tight is' gar<br />

kein Ausdruck! Richtige Aussetzer gibt es keine, ein,<br />

zwei Songs wären verzichtbar, weil sie so oder so ähnlich<br />

schon hundertmal geschrieben und aufgezeichnet<br />

wurden, aber egal. Hört mal rein, und wenn Euch der<br />

erste Titel zusagt, gefällt auch der Rest.<br />

Etwas seltsam ist das Covermotiv. Sieht aus wie das<br />

erste billige Pressefoto des Gitarristen einer Band frisch<br />

aus dem Proberaum. So nach dem Motto „ungesignt<br />

und hoffnungsvoll“. Auch den Namen Ty Tabor liest man<br />

erst mal nicht, weil zu klein gedruckt. Ich dachte zunächst,<br />

ich hätte hier das Debüt einer Band mit dem<br />

wenig originellen Namen „Rock Garden“ vor mir. Habe<br />

sogar in der Red. angerufen und gefragt, warum man<br />

mir das Labelinfo der neuen Ty Tabor Scheibe zusendet,<br />

aber die Platte selbst nicht. Sorry, soll nicht wieder<br />

vorkommen…<br />

Mike Maisack<br />

Trashmonkeys - Favourite Enemy<br />

(Lado)<br />

Ich habe mir fast eine zweite Öffnung in den Hintern gefreut,<br />

als ich „Favourite Enemy“, das neue Album der<br />

Bremer Trashmonkeys, in den Händen hielt. Der Vorgänger<br />

„The Maker“ war nämlich vor gut zwei Jahren<br />

DAS Sommeralbum für mich, denn hier war nahezu jeder<br />

Song ein kleiner Hit. Sixties, Pop, Hammond-Orgeln,<br />

Druck, Schmutz und Melodien für die Ewigkeit -<br />

das Album hatte einfach alles, was man aus der musikalischen<br />

Dekade der Sechziger kennt und an ihr so<br />

sehr liebt. Aber das Beste an „The Maker“ war, dass<br />

man nie das Gefühl hatte, dass hier geschickt auf Trittbretter<br />

aufgesprungen wurde; nein, alles klang authentisch<br />

und echt, schließlich feilt die Band ja schon seit<br />

Mitte der 90er an ihrem Sound - und damals sprach ja<br />

bekanntermaßen noch keiner von Retro.<br />

Nun jedoch zum großen Aber, das nach einer derartigen<br />

Einleitung ja irgendwie unvermeidlich erscheint.<br />

„Favourite Enemy“ muss sich nämlich an der ein oder<br />

anderen Stelle genau den oben angesprochenen Vorwurf<br />

der Trend-Hascherei und Verkrampftheit gefallen<br />

lassen. All das, was auf „The Maker“ noch locker flockig<br />

'rüberkam und echt klang, erscheint nun teilweise<br />

seltsam angestrengt und gezwungen. Man merkt der<br />

Band förmlich an, wie sie versucht auf „Favourite<br />

Enemy“ irgendwie anders zu klingen, sich dabei aber<br />

in ein Terrain begibt, das die ein oder andere Fußschlinge<br />

bereithält. So ist der Beginn des Albums vom<br />

unbedingten Willen, einen ‚Clubhit' zu landen, be-<br />

stimmt. Ein Unterfangen, das mit dem profillosen Titelstück<br />

„Favourite Enemy“ oder dem von viel zu viel Hall<br />

in der Stimme verhunzten „Attitudes in Stereo“ wohl<br />

auch geglückt sein sollte. Auch im Folgenden klingt alles<br />

eher nach zwar gut gemachtem, aber dennoch<br />

irgendwie wenig mitreißendem Punkrock als nach rotzigem<br />

Sixties-Garagebeat-Pop, und man hört das ein<br />

oder andere ‚Ohoh', ‚Ah', ‚Yeah' und ‚Hey' zuviel. Mit<br />

den Ausnahmen „My Way“ und „Around The World“ gestaltet<br />

sich die erste Hälfte des Albums also eher hölzern<br />

und fad. Erst mit dem Violent Femmes-Cover<br />

„Gone Daddy Gone“ und dem lässigen „Got Something“<br />

kommt so etwas wie Lockerheit und Charme ins Spiel,<br />

und man muss nur noch das absolut überflüssige „Simple<br />

Story“ überstehen, bevor „Favourite Enemy“ endlich<br />

richtig in Fahrt kommt. Hier gefallen vor allem das<br />

tragisch-opulente „Outside“, der mit cooler Elektronik<br />

angereicherte und überaus tanzmotivierende Remix<br />

des „The Maker“-Openers „Song No. 1“ und der leicht<br />

beschwipste Ausklang „Silver Sun“.<br />

Alles in Allem also eine durchaus solide Platte mit Höhen<br />

und Tiefen, die man sich aber mit zunehmender<br />

Spielzeit irgendwie ‚schön hören' kann. Im Vergleich zu<br />

„The Maker“ jedoch sicherlich ein Schritt in die falsche<br />

Richtung.<br />

Jochen Wörsinger<br />

www.trashmonkeys.<strong>com</strong><br />

Unavoidable - s/t<br />

<strong>reViews</strong> 35<br />

Neuestes Release des umtriebigen Linzer Punk-/Hardcore-Labels<br />

„Dambuster-Records“ um Labelchef Christian<br />

„Kobi“ Koblinger. Und dass „Unavoidable“, die<br />

übrigens Auflösungsgerüchte jüngst glaubhaft dementiert<br />

haben, „Punkrock of mass destruction“ machen,<br />

sollte uns auch nicht weiter stören, scheinen die Jungs<br />

das alles doch eher nicht so eng zu sehen und ihre<br />

Mucke ohnehin mit einer guten Portion Sarkasmus zu<br />

würzen. Auf der aktuellen LP geben die Jungs das zum<br />

Besten, was man lupenreinen „old-School-Punk“ nennen<br />

könnte. Da wird ohne Schnickschnack gebolzt, da<br />

scheppern die Becken, es kreischen die Klampfen. Das<br />

wird ganz ohne Zweifel viele Freunde finden, vor allem<br />

dann, wenn die fünf Männer aus dem oberösterreichi


36<br />

<strong>reViews</strong><br />

schen Grein baldigst tourend die Bühne entern. Darauf<br />

dürfen wir uns schonmal freuen - und bis dahin können<br />

wir ja die Platte hören.<br />

Kai<br />

www.dambusterrecords.<strong>com</strong><br />

United - Slick<br />

(Noisedeluxe Rec. / Broken Silence)<br />

Wieder eine neue Band aus Schweden. Und diesmal<br />

sogar mit ordentlich Vorschusslorbeeren ausgestattet,<br />

wurden United seinerzeit doch von Placebo entdeckt,<br />

welche die Band - obwohl damals noch ungesignt - kurzerhand<br />

in das Vorprogramm ihrer Europa-Tour<br />

2003/2004 steckten. Mit dem Sound der mittlerweile leider<br />

weit über ihren Zenit geschrittenen Briten haben<br />

United jedoch nur entfernt Gemeinsamkeiten - obwohl<br />

die musikalischen Wurzeln beider Bands augenscheinlich<br />

gleich verortet sind. Diese liegen im Sound der Rokkbands<br />

der frühen 80er Jahre. Alles also etwas tiefer,<br />

melancholischer und düsterer als es zu dieser Zeit üblich<br />

war. Joy Division, The Cure und so, ihr wisst schon...<br />

Kann man sich als Hörer mit derlei Reminiszenzen anfreunden,<br />

so ist „Slick“ sicherlich ein nicht zu unterschätzender<br />

Hörgenuss. Durchaus gekonnt schlängelt sich<br />

die Band durch elf dunkle Pop-Epen, die vollgesogen<br />

von mäandernden Gitarren, glasklaren Melodien und<br />

leicht (an)klagender Wehmut, fast mantra'eske Züge<br />

annehmen - vor allem dann, wenn man der CD erlaubt,<br />

im Repeat-Modus zu laufen. Aber vielleicht ist es gerade<br />

diese eingängige Gleichförmigkeit, diese sich<br />

ständig in sich selbst kreiselnde Stimmung - immer zwischen<br />

den Polen Pathos und Resignation schwankend<br />

-, die es mir schwer macht, diese Platte wirklich zu mögen<br />

und nicht nur okay zu finden. Auch jetzt nach dem<br />

x-ten Durchlauf mag ich eigentlich nur ein Mal so richtig<br />

aufhören. Bei „Made For Us“ nämlich, das in Sachen<br />

Rhythmus und Vibe aus dem oben beschriebenen Gesamtbild<br />

ausbricht und für mich den Glanzpunkt des Albums<br />

setzt.<br />

Insgesamt ist United mit „Slick“ also ein durchaus ansprechendes<br />

Debütalbum gelungen, dem man die Professionalität<br />

und den Willen zur Authentizität durchaus<br />

anhören kann. Und wer mit den oben angesprochenen<br />

Bands konform geht, liegt ohne Zweifel sowieso richtig.<br />

Ich für meinen Teil greife bei entsprechender Stimmung<br />

aber trotzdem immer noch lieber auf Interpol zurück,<br />

die mir doch irgendwie substanzieller erscheinen.<br />

Jochen Wörsinger<br />

www.united-band.<strong>com</strong><br />

Urlaub in Polen - Health & Welfare<br />

(Tomlab / Rakete)<br />

Die Tage scheinen gezählt, und vielleicht kommt es für<br />

Urlaub in Polen zur rechten Zeit. Weiterentwicklung,<br />

neue Ufer, Experimente, … Okay. Aber bitte nicht bei<br />

Urlaub in Polen! Sind sie doch eine der ganz wenigen<br />

Bands, die sich eben wiederholen darf. Vielmehr: soll.<br />

Gefreut hätte ich mich über eine ordentlich stampfende<br />

Walze, ein kompromissloses Noiserockbrett, vielleicht<br />

eine handvoll lässig dahingerotzter, durch den Pitchshifter<br />

gedrehte Gesangsfetzen. Nichts zum Denken.<br />

Aber das hier… Urlaub in Polen waren immer grobmotorisch<br />

und klotzig. Und das gehörte so. Bei „Health &<br />

Welfare“ mangelt es jedoch an allen Ecken. An Inspiration,<br />

Qualität und letzten Endes gesundem Menschenverstand.<br />

Denn so etwas geht einfach gar nicht.<br />

Torge Hüper<br />

www.tomlab.<strong>com</strong><br />

Vito -<br />

Make good areas disturbed<br />

(Flower Shop / Rough Trade)<br />

Vito könnte man von der letzten<br />

Sophia Tour kennen, auf welcher<br />

sie als Support sowie als<br />

Backing-Band für deren Mastermind<br />

Robin Poper-Shephert (ex God Machine, ex May<br />

Queens) fungierten. Dieser hat sie auch gleich noch auf<br />

sein eigenes Label Flowershoprecordings geholt. Wie<br />

Sophia haben sich auch Vito melancholischen Sounds<br />

verschrieben, jedoch mit anderen Mitteln. Der Opener<br />

„Ultimate shame“ gibt die grundlegende Richtung vor.<br />

In über fünf Minuten schwillt der Track von einer ruhiganmutigen<br />

Melancholie sich steigernd zu fast monohaften<br />

schönen Melodiebögen an, um in einem kurzen Ausbruch<br />

zu enden. Und schon hat man sämtliche expansive<br />

Gitarrensoundpräferenzen und marginal auch<br />

noch Radiohead Querverweise - ob des theatralischen<br />

Gesangs - an der Hand. Bei den ersten beiden Tracks<br />

funktioniert diese einfache Katalogisierung noch relativ<br />

gut, bis es in „Arrested by these phenomena“ neue<br />

Klänge zu hören gibt. Hier wird es einem aber ob des<br />

Glockenspiels und der violingetragenen Popschwülstigkeit<br />

und der Bläsersätze fast zu viel. Nach sechseinhalb<br />

Minuten erfolgt dann doch noch der erlösende<br />

Bruch. Vito wollen sich augenscheinlich nicht ausschließlich<br />

auf das inzwischen recht ausgetretene Post-<br />

Gitarrenfeld festlegen lassen, strapazieren damit aber<br />

gerne mal nicht nur das Genregemüt. Vito unterscheiden<br />

sich vom Post-Indie insofern, als dass sie Vocals<br />

relativ häufig einsetzen und vor allem durch ein größeres<br />

Maß an Pathos und Theatralik, sowohl beim Gesang,<br />

als auch in der Musik. In „Washaway“ schaffen<br />

sie mit dieser Herangehensweise sogar eine recht interessante<br />

Stimmung, wenn sie elektronische Spielereien<br />

und Pathos miteinander verquicken und am Ende doch<br />

noch die Gitarren auspacken (gut gut, kennt man auch<br />

von Radiohead, siehe oben). Im Verlaufe des Albums<br />

werden sie stellenweise allerdings etwas banal, was sie<br />

aber mit guten Breaks aufzulösen wissen („Across the<br />

rubicon“). Insgesamt ist „Making good areas disturbed“<br />

ein schönes, durchdachtes Album, ruhiges Gitarrenalbum,<br />

bei dem man aber öfter an Pathos und Theatralik<br />

aneckt.<br />

Christian Eder<br />

www.vitomusic.co.uk<br />

Volt - Rörhät<br />

(Exile On Mainstream /<br />

Southern)<br />

Volt haben die Erwartungshaltungen<br />

an diesen Release mit ihrer<br />

derartig fetten und brachialen<br />

Debüt EP „Romeo k. o.“ verdammt<br />

weit in die Höhe geschraubt. Das Intensitätslevel<br />

darauf bleibt bis dato von neueren Produktionen<br />

auch international unerreicht. Auf „Rörhät“, der Titel ist<br />

kleine Remiszenz an die Roerheadds, aus denen die<br />

Band hervorgegangen ist, hat man sich dagegen einer<br />

trockeneren und auch weniger drucklastigen Aufnahme<br />

(Guido Lucas/bluBox) verschrieben. Diese ist erstmal<br />

etwas gewöhnungsbedürftig, aber eben wirklich sehr<br />

eigenständig im Sound. Vielleicht hat deshalb dieses<br />

Album eine lange Entwicklungszeit hinter mir. Nachdem<br />

es mich nicht sofort ob dieser unglaublichen Energie -<br />

wie die EP - völlig umgeblasen hat, war es einer gewissen<br />

Inkubationszeit ausgesetzt. Umso nachhaltiger und<br />

mit einer umso konsequenteren Vehemenz tritt einem<br />

nun „Rörhät“ zwar nicht vors Schienbein, aber linkisch<br />

hinterrücks in die Wade. Über mehrere Jahre absorbierten<br />

Volt anscheinend sämtliche Noise/Gitarrensounds,<br />

um am Ende neben Todd als die neuen Noisephoenixe<br />

zu erstehen. Die lärmigen intensiven Gitarrenparts von<br />

Jesus Lizard und alter AmpRep Schule, die Brachialität<br />

und Psychosis von Unsane, die trockenen Grooves von<br />

Fugazi und die sägende Monotonie Shellacs, die doomigen<br />

Parts von Melvins und Ulme - all das wird umgelegt<br />

auf eine feine Volt-Version mit hyperaggressiven<br />

Vocals am absoluten Endpunkt. „Rörhät“ ist ein unbequemes,<br />

aber eben sehr eigenständiges und fabulöses<br />

Noise-Album. Am Schluss ein monoton dröhnendes,<br />

bassdunkel vibrierendes, überlanges Stück, das eine<br />

unangenehme Spannung aufbaut, um am Ende nur<br />

kurz auszubrechen und mit geflüstertem „Unsane“ zu<br />

enden.<br />

Christian Eder<br />

www.volt-music.de<br />

Walls Of Jericho -<br />

With Devils Amongst Us all<br />

(Roadrunner Records/Roadrunner)<br />

Candace Kucsulain scheint eine schlimme Kindheit gehabt<br />

zu haben. Wie sonst ließe es sich erklären, dass<br />

die Frau ausgerechnet im Dicke-Hosen-Genre Hard-<br />

core die Frontposition einer Band einnimmt, die uns dieser<br />

Tage mit „With Devils Amongst Us All“ einen wirklichen<br />

Kotzbrocken um die Ohren haut. Und mein Gott,<br />

was brüllt die Frau sich ihre Seele aus dem zarten Leib!<br />

Mit diesem mittlerweile dritten Album bewerben sich die<br />

Herrschaften aus Detroit um die Position der härtesten<br />

Scheibe dieser nN-Ausgabe - wer auf deftiges Hardcore-Geknüppel<br />

steht, hat hier seinen Monatstipp gefunden<br />

- da „stört“ dann auch die gefühlvolle und gute<br />

Ballade(!) „No Saving Me“ nicht weiter. Ein kleines Bisschen<br />

mehr Melodie und weniger eindimensionales<br />

Gekloppe hätte „With Devils Amongst Us All“ dennoch<br />

gut getan. Drauf hätten Walls Of Jericho das nämlich.<br />

So bleibt's halt ein Kotzbrocken.<br />

Heavy<br />

Weiherer - Wia Nix<br />

(Conträr Musik/Indigo)<br />

Das dritte Album des bayrischen<br />

Grantlers, des „Bavarian Singer/Songwriter“<br />

in Mundart, des<br />

Hinterfragers, Entlarvers, Sympathen<br />

und Kritikers, des von<br />

manchen als legitimen Sohn von Hans Söllner (möchte<br />

er jetzt bestimmt nicht hören, also der Weiherer... ich<br />

schreib's trotzdem) Deklarierten - ist ein Livealbum. Wer<br />

ihn einmal gesehen hat, weiß, was es bedeutet, wenn<br />

Christoph Weiherer auf der Bühne steht, welch Ausstrahlung<br />

plötzlich vorherrscht und welch Humor/Ironie/Sarkasmus<br />

im Spiel ist. Der eher schüchtern wirkende<br />

Songwriter blüht im Eifer des Gefechts so richtig<br />

auf. Seine Ansagen zwischen den Songs - unschlagbar,<br />

sein Charme - unübertrefflich, seine Texte - Treffer!<br />

Versenkt! Die Alltagsbeobachtungen, die Gabe des<br />

Filterns von möglichst skurrilen Begebenheiten und das<br />

Aufdecken von solchen, der Sinn fürs Wesentliche, einfach<br />

grandios. Sein PC-Bewusstsein, so was von herrlich<br />

unkorrekt! Spontan und unberechenbar. Wie schafft<br />

er es nur, so scheinbar einfach die Schwächen der<br />

menschlichen Fassade aufzudecken und vor allem zu<br />

verbalisieren. „Des bissal Leben“, „Wia Nix“, „Verliebt“,<br />

Anspieltipps! Ganz zu schweigen von den Textbeiträgen.<br />

Besser als jegliche Was-bin-ich-witzisch-Comedian-TV-Show.<br />

Erstaunlich auch, dass der abgebrühte Weiherer erst<br />

26 ist. Weniger erstaunlich, dass er schon einige Preise<br />

gewonnen hat und doch relativ präsent in der Szene<br />

vertreten ist. Das ist auch gut so! Weiherer ist darüber<br />

hinaus purstes DIY. Kein Plattenvertrag, eigenes Management,<br />

alles selbst gemacht. So muss das sein,<br />

sehr geehrte Damen und Herren. Was ist Weiherer nur?<br />

Liedermacher, klar. Gleichzeitig aber Politikkritiker, Kabarettist,<br />

Protestsänger, Folkmusiker. Aber das beste:<br />

er ist einer von uns. Dem gönnt man das! Weiter so! Da<br />

genial!<br />

Matthias Horn<br />

www.weiherer.<strong>com</strong><br />

Waltari - Early Years<br />

Nordic Notes / Broken Silence<br />

Anfang bis Mitte der Neunziger gehörten sie ohne Zweifel<br />

zu den innovativsten Vetretern ihrer Zunft: die 1986<br />

in Finnland gegründete Waltari. Sich in allen Bereichen<br />

der Rockmusik zu Hause fühlend und der Fähigkeit,<br />

nicht nur über den Tellerrand hinaus zu schauen, sondern<br />

auch mit dem Mut ausgestattet, sich in unkonventioneller<br />

Art und Weise in anderen Genres zu bedienen,<br />

zählte die Band zu den Vorreitern des mittlerweile zum<br />

Unwort verkommenen Crossover. Ihr 1992 veröffentlichtes<br />

Album „Torcha!“ und vor allen Dingen die drei<br />

Jahre später auf CD gebannte Kollaboration mit dem<br />

Helsinki Symphonieorchester „Yeah! Yeah! Die! Die!<br />

(Death Metal Symphony in Deep C“ machten Waltari<br />

über einige Jahre zu Szenelieblingen, „Lights On“ und<br />

„So Fine“ wurden sogar zu Singlehits.<br />

Über die vergangenen Jahre aber wurde es etwas ruhiger<br />

um die Band, ließ die Strahlkraft ihrer Alben nach<br />

und machte auch der eine oder andere Besetzungswechsel<br />

die Situation nicht gerade leichter.<br />

Mit „Early Years“ blickt die Band nun auf zwei ihrer ganz<br />

frühen Release zurück - das 1991 veröffentlichte Debut<br />

„Monk Punk“ (mit der Death-Metal-Coverversion<br />

von „Help!“) sowie der Single-Kollektion „Pala Leipää“.


Neu gemastered und mit einem knappen Dutzend zusätzlicher Tracks versehen ist<br />

die Zusammenstellung mehr als nur eine schöne Erinnerung für Nostalgiker. Zeigt<br />

doch schon „Monk Punk“ mit seiner Mischung aus Punk, Metal, Funk und Elektronik,<br />

welche Kreativität in dieser Band steckte. Altbacken klingt dabei überraschenderweise<br />

kaum eines der Stücke, sondern im Gegenteil immer noch überraschend<br />

zeitgemäß, ja modern.<br />

Arnulf<br />

Wolfen - The Truth Behind<br />

(SinSinRecords/Alive)<br />

Wenn ich nicht irre müssten „Wolfen“ gerade ihr zehnjähriges<br />

Bestehen feiern, denn das erste Demo der Band, „No Sleep<br />

Til Blindfold“ stammt aus dem Jahre 1996. Der aktuelle Longlayer<br />

ist der dritte „echte“, und mit „The Truth Behind“ haben<br />

die fünf Kölner eine „lupenreine Metalscheibe eingehämmert“<br />

(Labelinfo). Tatsächlich hat auch der unbarmherzigste Kritiker nicht viel auszusetzen:<br />

Guter, nie eindimensionaler Gesang, klasse Gitarrenarbeit und treibende Rhythmusfraktion.<br />

Dazu ein in jeder Hinsicht satter Sound - fertig ist ein astreines Metalalbum,<br />

welches man nun gerne herumzeigen möchte. Besonders im Ohr verheddern<br />

sich der Opener „The Last Chance“, das leicht „IcedEarth“-mässige „Raisin'<br />

Hope“, „Y 2 K“, dessen opening-Riff auch von Glen Tipton und K. K. Downing stammen<br />

könnte, und „Wolfpack“; Vorteil der Band ist ein hoher Grad ein Eigenständigkeit,<br />

und selbst wenn man - wie beim Intro von „Signs“ - fast meinen könnte, dass<br />

nun doch der Epigone die Oberhand behält - „Wolfen“ verstehen es, geschickt abund<br />

mit einem völlig anderen Riff aufzutauchen und fortzufahren. Wirklich gute Performace,<br />

das.<br />

Nico<br />

www.sinsin-music.<strong>com</strong><br />

Wovenhand - Mosaic<br />

(Glitterhouse)<br />

Es ist zu schade. Veröffentlichten Wovenhand vor ein paar Jahren mit „Consider the<br />

birds“ ein wunderbar eng geknüpftes Album, konzentriert sich David Eugene Edwards<br />

inzwischen mehr und mehr auf vergangene Jahrhunderte, wirkt verbraucht und bemüht<br />

und kramt regelmäßig die fiese Mittelalter-Geige hervor. Mosaic plätschert langsam<br />

und leise dahin, als wäre nichts gewesen, regt sich kaum und berührt in<br />

gewohnt predigender Manier nur in den seltensten Fällen. Bleibt zu hoffen,<br />

dass sich Edwards für den Nachfolger wieder richtig ins Zeug legt.<br />

Torge Hüper<br />

www.glitterhouse.<strong>com</strong><br />

Yakuzi -One To All!<br />

(RookieRecords/Cargo)<br />

Punkrock mit Posaune und Trompete aus Pforzheim. Na, das passt ja schonmal<br />

wie die Faust auf's Auge, oder? Ganz so abgefahren ist es nun aber auch<br />

wieder nicht. Der Sechser um Sänger Oli Dieterle bringt zwar neben dem oben<br />

schon zitierten Blaseblech eine ganze Menge Lateinamerika in die Songs,<br />

richtet sich ansonsten aber doch am traditionellen Liedgut des Punk und Ska<br />

aus. Die vierzehn Songs schlängeln sich liebevoll in die Hörgänge und verharren<br />

dortselbst. Monotonie ist ein Fremdwort, hier „ruled“ die Abwechslung.<br />

„Yakuzi“ geben mächtig Gas und können bis auf zwei, drei etwas durchschnittliche<br />

Songs, voll überzeugen. Und selbst da bitte ich zu bedenken: Ist das Niveau<br />

hoch, gerät man leichter mal drunter. Well done, Folks!<br />

Leo<br />

www.rookie-records.de<br />

James Yorkston - The Year Of The Leopard<br />

(Domino Records / Rough Trade)<br />

Warum nennt so ein Gitarrensoftie wie James Yorkston sein Album „The Year<br />

Of The Leopard“? Weil er sich leise anschleicht? Doch nicht wirklich, er fährt<br />

ja auch dann nicht die Krallen raus, wenn wir nicht mehr damit rechnen, dass<br />

er überhaupt welche hat. Er ist einfach so was von lieb. Singt darüber, dass<br />

es ihm besser geht als vorher. Über einen verloren gegangenen Puma in der<br />

Nähe des Hauses seiner Eltern. Hallo, Freud! Ein Fest für alle Analytiker…<br />

der Songwriter, der so aussieht, wie der Herr von der Versicherung mit Doppelnamen,<br />

sucht in seiner Kindheit nach möglicher Gegenwehr. Das illustriert<br />

er musikalisch, ganz softielike, wie gesagt, mit Unterstützung einiger Freunde,<br />

als tastende Folkpopelegie. Wie schreibt er selbst über das Thema des vierten<br />

Tracks: „It`s about that time, still up at dawn, drinking, talking about everything<br />

and nothing.“ Genau so hört es sich auch an. Das ist liebevoll gemacht,<br />

hübsch orchestriert, bescheiden, sympathisch und folgenlos.<br />

Erst im fünften Song bleibt etwas hängen, wenn er zur im Background angedeuteten<br />

Popgeste zum Storytelling ansetzt, klar, präzise, selbstbewusst und<br />

ganz in seiner mitleidlos genauen Beobachtung zuhause. Der Blick aus dem<br />

Hotelzimmer wird zum Blick hinaus in die Gesellschaft, Yorkston wird zum Adler,<br />

der mit wachem Auge über der Masse kreist. Spoken Words mit sehr viel<br />

Stil: als Autor ist er Klasse.<br />

Auch danach bleibt es dabei: Seine Stärke ist nicht der auf diesem Album favorisierte<br />

stille, intime „Songwriter-spielt-Freunden-neue-Lieder-in-der-Kü-<br />

<strong>reViews</strong><br />

37<br />

che-vor-Moment“. Seine Stärke ist eher die große Geste, das Erwachen des Chansonniers<br />

ist ihm zu wünschen und in einigen Liedern findet das schon andeutungsweise<br />

statt. Bloß gut, das Jacques Brel zu seinen Favoriten zählt. Wenn Yorkston in<br />

„The Brussels Rambler“ ein kleines Akustik-Orchester im Hintergrund weiß, wird seinen<br />

leisen, präzisen Bildern der Glanz verliehen, den Stimme und Gitarre alleine nicht<br />

erzeugen können. Dann bekommt sein Songwriting die fehlende Farbe.<br />

Ach ja, die Platte macht Hoffnung auf viel, viel mehr.<br />

Und wenn er weiterhin den Puma sucht oder den Leoparden, dann richtet ihm doch<br />

bitte aus: Er versteckt sich im Konzertsaal. Bei den Instrumenten.<br />

Andrasch Neunert<br />

www.jamesyorkston.co.uk<br />

Your Ten Mofo -<br />

Things change while helium listen to everyone<br />

(Wohnzimmer Records / Broken Silence)<br />

Was soll das jetzt? Waren Your Ten Mofo noch vor ein paar Jahren auf einem recht<br />

anständigen Weg, zwar nicht gerade die musikalische Revolution zu beschwören,<br />

sich aber trotzdem mit minimalistischer Elektronik und charmanter Eigenwilligkeit<br />

ernsthaft festzusetzen, bringt das Debütalbum „Things change while helium listen to<br />

everyone“ schlichtweg Enttäuschung. Mit „Are you sleepy“, „Things change while helium<br />

listen to everyone“ oder „In the waiting line“ machen Your Ten Mofo abgesehen<br />

von einem Haufen übel synthetischer Streichersamples gewiss nichts falsch… Nur<br />

eben auch nichts richtig. Denn, sind wir ehrlich, alles in allem bringt es „Things change<br />

…“ auf nicht einmal einen eigenen Ton. Große Melodiebögen, Kopfstimmen, Glokkenspiele,<br />

fein säuberlich im gewohnten Laut-Leise-Prinzip eingeschnürt und unverschämterweise<br />

äußerlich mithilfe der Takk-Vögel verziert, bleibt lediglich die Frage,<br />

welchen Sinn Your Ten Mofo eigentlich verfolgen: Denn zu mehr als einer peinlich<br />

genauen Abbildung von Sigur Rós bringen es die Österreicher einfach nicht. Frechheit.<br />

Torge Hüper<br />

www.yourtenmofo.<strong>com</strong>


38<br />

<strong>reViews</strong><br />

4 Ohren<br />

hören mehr als 2<br />

Alarma Man - s/t<br />

(Sinnbus Records / Alive)<br />

Eine Lektion in Sachen "Alarm Machen" erhalten wir<br />

von den vier jungen Schweden Alarma Man aus Göteborg<br />

- und das mit ausschließlich instrumentalen Mitteln.<br />

Unübersichtlich wie in einem Ameisenhaufen geht<br />

es auf ihrem Debüt mitunter zu: Zwei Gitarren und ein<br />

Bass schießen unzählige Frickel-Riffs durch den Verstärker,<br />

der diese in mächtig verzerrter Form scheinbar<br />

konfus durch den Raum schwirren lässt, bis sie sich alsbald<br />

gegenseitig in die Quere kommen. Es kommt zum<br />

Aufprall, alles scheint aus dem Ruder zu laufen, doch<br />

plötzlich löst sich das Chaos in seine Bestandteile auf.<br />

Schnell wird wieder aufgestanden und weiter geht's: Action-Hey-Ho,<br />

Atempausen not included! "Alarma Man"<br />

wirkt auf den ersten Blick wie ein hyperaktives Kind mit<br />

ADS-Syndrom, ist aber im Kern doch ein Chaos der<br />

strukturierten Sorte, weiß die Band doch stets genau,<br />

was sie da tut. Der vertrackte Dischord-Sound steht<br />

ebenso Pate wie die eigene, schwedische Hardcore-<br />

Schule, so dass die zehn Energiebrocken konstant ein<br />

ebenso intensives wie wahnwitzig hektisches Level halten<br />

können, ohne dabei nach bloßem Krach zu klingen.<br />

In Schweden erschien dieses Album ursprünglich<br />

schon im letzten Jahr und es verwundert kaum, dass<br />

Sinnbus mit dieser Lizensierung für den europäischen<br />

Markt zugeschlagen hat, passt diese gelungene, unkonventionelle<br />

Scheibe doch 1A ins Aufgebot der Berliner<br />

Schmiede mit dem Faible fürs Abseitige.<br />

Patrick Agis-Garcin<br />

Was haben die Augen begeistert geleuchtet. Enthusiasmierte<br />

Sinnbus-Jungs, die mit den tollen mutigen Veröffentlichungen,<br />

hatten ein neues Baby entdeckt, ein<br />

skandinavisches Findelkind im extrem lauten, chaotisch<br />

verschachtelten Instrumental-Format und sprachen<br />

mit mir über das Risiko und die Begeisterung am<br />

neuen Thema. Schuß Postrock meets Noise-Gewitter.<br />

Keine Kompromisse. Zweimal Gitarre, Bass, Schlagwerk.<br />

Autistisch anmutender Lärm. Viele Wiederholungen,<br />

die einander halt so abwechseln. Zorniges Beben ohne<br />

roten oder sonst wie nachvollziehbaren Faden. Ging<br />

ein Hardcoremusiker ins Bett und träumte schlecht von<br />

Frank Zappa. Traf dann auf seine Musiker am nächsten<br />

Morgen und außerdem wollten sie dem spießigen<br />

Nachbarn einen Schreck einjagen.<br />

Was mir leider auch beim dritten Durchgang fehlt, ist<br />

die Erkenntnis, wozu das Ganze gut sein soll. Zwar ist<br />

das hier weniger besinnungslos und grundlos selbstverliebt<br />

als das komplett abgehobene Gewichse auf der<br />

neuen Mars Volta, doch auch hier offenbart sich kein<br />

Spannungsbogen, der den großen Aufwand rechtfertigen<br />

würde. Bei aller Kraftmeierei: das hier dudelt. Amigamäßige<br />

Tonfölgchen werden zu apokalyptisch arrangierten<br />

Wutsuppen uminterpretiert. Ich bin mir sicher,<br />

ohne jazzig überzeichnenden, charismatischen Shouter<br />

mit harlekinesker Attitüde werden die in der skandinavischen<br />

Provinz hängen bleiben. Denn angedeutete<br />

Abgründe werden niemals ausgelotet, heiliger Zorn<br />

bleibt unausgesprochen und so verdampft das Ganze<br />

ohne Rückstände.<br />

Ziemlich originell, die Platte. Wirklich gut gemacht.<br />

Mehr nicht.<br />

Andrasch Neunert<br />

http://www.alarmaman.<strong>com</strong><br />

http://www.sinnbus.de<br />

Joyce Hotel - Limits<br />

(Make My Day Records / Alive)<br />

Düstere, industrielle Kälte fließt aus den Boxen und<br />

passt von der Stimmung her in die New Wave der New<br />

Wave. Das Songwriting ist recht eigenständig. Mir fällt<br />

jedenfalls keine „Klingt wie“-Referenz ein, die mit weniger<br />

als fünf Zutaten auskommt. Ein Versuch der Einordnung:<br />

Joy Division, Chameleons, deus, Radiohead<br />

und Interpol.<br />

Dieses Zweitlingswerk der dänischen Joyce Hotel wäre,<br />

käme es aus dem Vereinigten Königreich, wahrscheinlich<br />

der nächste Hype des Tages. Da die Jungs aber<br />

nicht aus Great Britain stammen und die üblichen Verdächtigen<br />

der „hochjubeln und schnell wieder fallen lassen“-Gazetten<br />

Bands aus Dänemark nicht wirklich auf<br />

ihrem Radar haben, besteht die Chance des kontinuierlichen<br />

Wachsens.<br />

Wenn Musik für Euch ein eher dunkles Universum ist,<br />

Euer persönlicher Soundtrack zur Apokalypse aber<br />

nicht zwingend aus Düster-Industrial und Black Metal,<br />

sondern zur Abwechslung auch mal aus windschiefen<br />

Melodien und schräger Indie-Mucke besteht, dann<br />

könnte eine neue Lieblingsband auf Euch warten.<br />

Ich persönlich kann damit zurzeit weniger was anfangen,<br />

das liegt aber an der Stimmung. Der nächste dunkle<br />

Winter kommt bestimmt und dann werde ich diese<br />

Platte gern und oft hören. Glaube ich jedenfalls.<br />

Mike Maisack<br />

Die Dänen tun es wieder! Als ich ihre letzte Platte besprach,<br />

war das für mich ein absolutes Highlight der<br />

Ausgabe. Bedrohlich, Indie, voller verschrobener Parts,<br />

hinreissender Melodien und unglaublicher Atmosphären.<br />

dEUS, weitere verschrobene belgische Kreativitätsband<br />

& Radiohead mussten damals als Anhaltspunkt<br />

herhalten. Und was weiß ich noch, was so alles.<br />

AufjedenFall war Begeisterung vorherrschend und gewiss.<br />

Jezz würde ich auch noch Depeche Mode und<br />

Interpol zitieren... ich hab's ja erkannt. Letztere werden<br />

auch überall erwähnt, wenn es um Joyce Hotel geht;<br />

man geht ja nicht blind durch die Welt... Was ja auch<br />

nicht verkehrt ist, also beides, die sehende Interpol-<br />

Welt. Aber wie soll ich mit dieser Platte durch dieses<br />

Jahr kommen? Gerade jetzt, wenn es Herbst wird? Die<br />

haben das extra gemacht, das ist Kalkül. Frech. Den<br />

perfekten Herbstplattenstatus gleich mal für sich beanspruchen,<br />

alle anderen noch folgenden Herbstplatten<br />

aus dem Rennen werfen. Die müssten sich nämlich<br />

ganz schön ins Zeug legen und wir uns warm anziehen.<br />

Ich spüre gerade eben schon die heraufziehende<br />

nicht unbedingt unangenehme Kühle, sehe die bunten<br />

Blätter vor mir, die langen Waldspaziergänge durch den<br />

Indian Summer, abendliches Teetrinken in der Küche,<br />

Kerzen und Zwei- oder auch Einsamkeit. Und was läuft<br />

da im Hintergrund? Genau, die Dänen. An ihrem musikalischem<br />

Rezept haben sie nichts geändert. Sind nur<br />

gewachsen, sicherer, reifer geworden. Man könnte ihnen<br />

aber auch Stillstand vorwerfen. Kann ich aber nicht.<br />

Zu melancholisch, leicht windschief, vertrackt und eindringlich<br />

ist „Limits“. Einlullend, aber gefährlich. Ruhiger<br />

sind sie geworden. Dadurch hat aber auch das Brodeln<br />

unter der Oberfläche zugenommen. Wieder das<br />

gesamte Instrumentenspektrum über den Vulkan gesetzt;<br />

jener diesmal nicht ausbrechen darf. Piano? Na<br />

logo! Klassische Rockinstrumentalisierung? Ham'wa<br />

auch. Allerlei organisches Orgelkroppzeuch und<br />

strange Be- und Vertonungen? Alles an Bord. Und eine<br />

unglaublich präsente Stimme? War das eine rhetorische<br />

Frage? Was soll ich noch hinzufügen? Highlight.<br />

Und noch: unglaublich, Song Nummer sechs… unter<br />

anderem.<br />

Matthias Horn<br />

www.joycehotel.<strong>com</strong><br />

www.makemydayrecords.de<br />

In letzter Minute<br />

Now It`s Overhead - Dark Light Daybreak<br />

(Saddle Creek / Indigo)<br />

Andy LeMaster hat es also wieder getan. Wieder in<br />

Träumen geschwelgt. Wieder hypnotische Mitsinghymnen<br />

im Cinemascopeformat entwickelt. Die perfekte<br />

Musik für die Scheibe danach. Ein Arrangement-Fetischist<br />

mit U2 und Pink Floyd ganz vorne im Plattenschrank.<br />

Hat sich mit Orenda Fink und Mariah Taylor<br />

die tollsten Mädels des Labels in den Übungsraum bestellt.<br />

Um seinen leisen, Horizonte hauchenden Songideen<br />

noch ein bisschen mehr Punch und Glamour zu<br />

verpassen, vermute ich mal. Doch die berührende Intimität,<br />

subjektive Kompromisslosigkeit um ihrer selbst<br />

Willen, ist diesmal nicht das Saddle-Creek-Keyword<br />

zum vermutlich sicheren, verdienten Erfolg. Der Multiinstrumentalist<br />

verliert sich bisweilen ein wenig in der<br />

teigigen Fläche seiner Synthesizer und erliegt dabei der<br />

Gefahr, Banalitäten zu Scheingröße aufzuplustern.<br />

Dies gilt gerade dann, wenn die schräg versetzten Beats<br />

den Track drei, „Walls“, nicht davor bewahren können,<br />

ein nur knapp überdurchschnittlicher Wave-Pop-<br />

Song zu sein, der immerhin gut Zwischengas gibt. Aber<br />

lassen wir Herrn LeMaster nicht über das alte Argument<br />

von der Produzentenkrankheit springen. Denn hier finden<br />

sich so viele Momente purer Schönheit - und, by<br />

the way, der seit langer Zeit raffinierteste und schönste<br />

Chorgesang (danke, Mädels!), so dass das Album weit<br />

mehr ist, als eine nette musikalische Zwischenmahlzeit.<br />

Hier geht ein Indiemusiker, der mit REM`s Michael Stipe<br />

so gut befreundet ist, dass auch dessen Lust am Midtempo-Thema<br />

und dessen schrittweiser Steigerung zur<br />

Hymne des Öfteren durchscheint, konsequent den Weg<br />

in Richtung Mainstream Success, ohne dabei die eigene<br />

Identität des schwärmerischen, sentimentalen<br />

Softies an gesichtslose Popnormierungen zu verraten.<br />

Er ist allerdings nahe dran. Am schönsten ist seine Musik<br />

für mich immer noch beim beseelten Gesang zur Gitarre,<br />

wie im wunderschönen Song „Let Up“ anfangs zu<br />

hören und thematisch ebenso raffiniert, wie sensibel<br />

weiterentwickelt. Da ist er auf einmal ganz nah. Ich kann<br />

ihn spüren. Mehr davon.<br />

Andrasch Neunert<br />

www.saddle-creek.<strong>com</strong><br />

www.nowitsoverhead.<strong>com</strong><br />

Das Hörspiel<br />

Drizzt - Die Saga vom Dunkelelf 1: Der dritte Sohn<br />

(Lausch/Alive)<br />

R. A. Salvatores Romane um die "Saga vom Dunkelelf"<br />

hat bereits Millionen Fantasy-Begeisterter in ihren Bann<br />

gezogen. LAUSCH legt nun die Umsetzung der Geschichten<br />

um den Dunkelelfen Drizzt Do'Urden in Hörspielform<br />

vor. In der Hauptrolle - Tobias Meister. Und<br />

wer den nicht kennt, der kennt zumindest seine Stimme:<br />

denn diese lieh er als Synchronsprecher bereits Brad<br />

Pit, Sean Penn oder Kiefer Sutherland. Zur Story: Das<br />

Unterreich. Die geheimnisvolle Welt unter der Oberfläche<br />

der Vergessenen Reiche. Hier herrschen die Drow,<br />

die Dunkelelfen, in ihrer prunkvollen Stadt Menzoberranzan<br />

über das Unbeherrschbare. In der Nacht, als<br />

das Haus Do'Urden gegen das sechste Haus von Menzoberranzan<br />

marschiert, soll Drizzt, der dritte Sohn des<br />

Hauses Do'Urden der grausamen Spinnenkönigin geopfert<br />

werden. Der Tod seines Bruders rettet ihm das Leben,<br />

doch ist es ein Glück, in der glücklosen Welt der<br />

Drow zu überleben? Die Saga besteht in der Hörbuch-<br />

Version aus insgesamt drei Teilen, die ab dem 29.09.<br />

im Monatsrhythmus erscheinen werden. Und: Wehe denen,<br />

die nur über den ersten Teil verfügen - denn die<br />

Spannung bis zum nächsten ist kaum auszuhalten: In<br />

Lausch-typischer Manier, keine Kosten und Mühen<br />

scheuend, ist die perfekte Umsetzung eines Stoffes gelungen,<br />

der wahrlich nicht einfach wiederzugeben ist.<br />

Wie gesagt: Die Zeit bis zum 20. Oktober, dann soll "Die<br />

Saga Vom Dunkelelf 2" erscheinen, dürfte nicht leicht<br />

werden; aber das Warten lohnt sich. (Spieldauer: 70 Minuten)<br />

Leo<br />

www.merlausch.de


KURZ<br />

UND<br />

KNAPP<br />

mit Carsten<br />

Antifamily - s/t (Difficult Fun/Broken Silence) ist das<br />

fünfte Album des Londoner „Difficult-Fun“-Labels, welches<br />

als Heimat vieler „interessanter und zukunftsweisender<br />

Künstler im Elektronik- und Underground-Popbereich“<br />

(Rough Trade Counter Culture-Compilation)<br />

gilt. In der Tat könnte man das, was „Anti-Family“ machen,<br />

als „Avantgarde“ des E-Pop bezeichnen, denn<br />

ohne Kompromisse zieht die Band ihre Vorstellung von<br />

Eno-esker Klangentwicklung durch, sogar Vergleiche<br />

mit „Neu!“ scheinen da legitim. Interessantes Projekt,<br />

aber definitiv nichts zum „eben mal reinlauschen“; wer<br />

sich aber die Zeit nimmt, wird es nicht bereuen.<br />

Fony - Mercy After Fiction (HeadroomRec/Rough-<br />

Trade) kommen aus dem englischen Surrey, und die<br />

2002 veröffentlichte CD „Routine Irregular“ dürfte vielen<br />

noch in bester Erinnerung sein. Nicht? Dann mal<br />

nachgekauft, denn nicht umsonst galten „Fony“ damals<br />

als eine der besten New<strong>com</strong>erband Englands. Mit dem<br />

aktuellen Album „Mercy After Friction“ schließt die Band<br />

nahtlos an das zuvor Gebotene an: Komplexe Songstrukturen<br />

á la „Radiohead“ treffen auf den „Noise-<br />

Rock“ der 90er; das ist aber alles andere als kopflastig,<br />

sondern höchst eingängig und manchmal sogar tanzbar.<br />

Klasse Platte.<br />

Frau Doktor - Wer Mich Leiden Kann Kommt Mit<br />

(RookieRecords/Cargo) - kommt aus Wiesbaden und<br />

hat dort eine gut gehende „Rocksteady-Ska-Soul“-Praxis;<br />

Patienten, die an „schweren Tanzbeinen“ leiden,<br />

sind hier bestens aufgehoben: die freundliche Ärztin<br />

empfiehlt zwölf extrem tanzbare, groovige und sauber<br />

produzierte Nummern, die auch den hoffnungslosesten<br />

Kranken kurieren dürften (www.rookie-records.<strong>com</strong>).<br />

<strong>reViews</strong> 39<br />

Fuckuismyname - Stay Gold, Falconass (X-Mist), Vinyl.<br />

Nicht eben radiokompatibel, was die Trierer Jungs<br />

auf ihrer aktuellen LP machen. Mit dem meines Wissens<br />

ersten „richtigen“ Longplayer - nach einer Seven-<br />

Inch vor gut drei Jahren - bieten „FuckuIsMyName“ eine<br />

ziemlich energiegeladene Postpunk-Mischung aus „Le<br />

Savy Fave“ und „Craving“, die ziemlich gut reinläuft. Für<br />

Leute, die Ihren Ohren einmal wieder etwas jenseits der<br />

abgelatschten Lauschpfade bieten möchten.<br />

Klasse Platte. Unbedingt auch mal auf<br />

www.fuckuismyname.de klicken - tolle Homepage.<br />

Funeral March - s/t (No Solution Records/Cargo) stammen<br />

aus dem Sauerländischen, und die am 20. Oktober<br />

erscheinende CD mit demselben Titel bietet eine<br />

„knallige Kombination“


John: Mein Bruder und ich, vor allem aber mein Bruder,<br />

waren damals totale Ramones-Fans; wir haben die Jungs<br />

schon gehört, als noch keiner sie kannte, als die ersten<br />

Platten rauskamen, sozusagen…<br />

nN: Man kann also sagen, dass Ihr als Punks angefangen<br />

habt?<br />

John: Ja, genau; wenig später fing mein Bruder dann an,<br />

Gitarre zu spielen und erste Songs zu schreiben; irgendwann<br />

hat er sich so ein altes Vier-Track-Tapedeck<br />

besorgt, ein TEAC, und damit war man damals seiner Zeit<br />

voraus… Wie sich die Zeiten geändert haben… Ich hatte<br />

in der Schule angefangen, Schlagzeug zu spielen. Wir<br />

begannen dann, gemeinsam Musik zu machen, was ja<br />

nahe lag und ziemlich aufregend war; außerdem stellten<br />

wir bald fest, dass uns das Aufnehmen als solches ziemlich<br />

viel Spaß machte …<br />

"Wir mochten also dieses ganze Punkrock-<br />

Zeugs was Ende der 70er rauskam und das<br />

hat uns sehr inspiriert."<br />

nN: Zwei Dutzend Platten sind Beweis genug - und ihr<br />

habt immer noch Spaß daran?<br />

John: Ja, es ist auch heute noch so, dass uns die Aufnahmesessions<br />

viel Freunde machen. Die Anfänge lagen<br />

irgendwann im Jahr 1978, meine ich. Seit dieser Zeit also<br />

machen mein Bruder und ich Musik. Wir mochten also<br />

dieses ganze Punkrock-Zeugs was Ende der 70er rauskam<br />

und das hat uns sehr inspiriert. Tatsächlich haben<br />

wir es sogar auf die Reihe bekommen, 1980 eine Single<br />

aufzunehmen, eine Split-Single zusammen mit einer<br />

befreundeten Truppe …<br />

nN: … das muss dann das "legendäre" "Look Here<br />

Come The Wormies" gewesen sein …<br />

John: … Genau so hieß der Song (bekommt einen mittleren<br />

Lachanfall ...). Nein, nicht wirklich ein Meilenstein der<br />

Rockgeschichte, aber eben unser erster Tonträger.<br />

nN: Gibt es den noch …?<br />

John: Tatsächlich habe ich gerade gestern eine Email<br />

bekommen, wonach in Polen jemand diese Single für 650<br />

Seit reichlich 25 Jahren nehmen die Brüder<br />

John und Rob Wright nun schon Platten<br />

auf, und seit der ersten Single "Look, Here<br />

Come The Wormies" - nach John's eigener<br />

Aussage nicht unbedingt ein "Meilenstein<br />

der Rockgeschichte" - haben NO<br />

MEANS NO inzwischen<br />

Dollar bei Ebay ersteigert haben soll - albern, total albern<br />

(lacht) …<br />

"Die Leute hier bei uns in Kanada sind<br />

ziemlich tolerant, musikalisch kann man<br />

sich hier austoben, die hören sich einfach<br />

alles an"<br />

nN: Ihr seid also als Punkband gestartet?<br />

John: Ja, schon, aber sozusagen "rein musikalisch". Ich<br />

meine, ich hatte weder Sicherheitsnadeln im Ohr noch<br />

jemals einen "Iro" oder sowas; Punkrock war einfach<br />

unsere musikalische Inspiration, auf den Zug sind damals<br />

ja viele Bands aufgesprungen. Und bei uns in Kanada -<br />

oder genauer in Victoria - gab es jede Menge gute Bands,<br />

von denen es aber letztlich nur zwei oder drei geschafft<br />

haben. Victoria hatte eine sehr umtriebige Szene und die<br />

Insellage hatte zusätzliche Vorteile: Wir waren ziemlich<br />

abgeschnitten vom Festland, viele Bands von dort trauten<br />

sich aufgrund der hohen Fährkosten nicht, zu uns rüberzukommen,<br />

wir blieben also weitestgehend unter uns,<br />

konnten spielen wo immer wir wollten und die Leute<br />

kamen auch immer brav, so dass die Clubs meist voll<br />

waren. Die Leute hier bei uns in Kanada sind ziemlich<br />

tolerant, musikalisch kann man sich hier austoben, die<br />

hören sich einfach alles an - manchmal vielleicht auch<br />

nur, weil sie Teil der Party, die da gerade abgeht, sein wollen,<br />

aber egal: Sie kommen und hören. So können sich<br />

hier Bands unterschiedlicher musikalischer Spielarten<br />

bestens entwickeln …<br />

NN: Wie ging es mit der Band weiter?<br />

John: Zu dieser Zeit hatten wir in der Band das Problem,<br />

dass wir keinen Gitarristen hatten, auch keinen kannten,<br />

der hätte einspringen können … Da wir natürlich auch live<br />

spielen wollten, schrieb Robbie Songs für Bass und<br />

Drums - viele dieser Sachen, die Du dann auch auf<br />

"Mama" hören kannst.<br />

nN: Das war aber nicht unbedingt von Nachteil …<br />

John: Eben! Unser Sound war ziemlich "klischeefrei",<br />

denn ohne Gitarre klingst Du einfach anders, die Songstrukturen<br />

kreisen meist um sich wiederholende Bassund<br />

Drum-<br />

Patterns und es blieb viel Energie für die Vocals und die<br />

Lyrics übrig. So entwickelten wir einen sehr eigenen Stil<br />

und dann lernten wir ja Andy Kerr kennen…


NOmeansno 41<br />

24 Tonträger veröffentlicht… 24 Platte in 25 Jahren also. Was will uns das Altherren-Trio damit eigentlich<br />

beweisen? Dass man, obwohl der Arsch langsam Falten wirft und man auf die Fünfzig zugeht,<br />

immer noch saucoolen und enorm tighten Hardcore machen kann? Wenn das so ist, dann hat die<br />

Band mit "All Roads Lead To Ausfahrt" den Beweis erbracht … Doch wie ging es damals vor gut 25<br />

Jahren eigentlich los? John, Drummer der Band und wahrscheinlich der letzte lebende Musiker, der<br />

noch älter ist als der Verfasser dieser Zeilen, zeigt sich während unseres knapp einstündigen Interviews<br />

nicht nur bestens gelaunt, sondern auch sehr auskunftsfreudig…<br />

nN: … der bis 1991 in der Band war. Was wurde aus ihm? Habt Ihr noch Kontakt?<br />

John: Ja, er lebt mittlerweile in Amsterdam; schon seit 1988 hatten wir übrigens Kontakte dorthin, er ist sozusagen dort<br />

"hängen geblieben"; die niederländische Regierung sponserte seinerzeit ein paar Festivals, auf eines wurden wir auch<br />

eingeladen. Haben übrigens recht ordentlich Kohle bekommen, damals. Sie reichte aus, um die Flugtickets zu bezahlen,<br />

und es blieb sogar noch was übrig - ich sollte mich wohl noch mal bei der holländischen Regierung bedanken, dass<br />

sie damals unsere Karriere in Europa angeschoben hat …<br />

"ich mag jede Art von - sagen wir - "aufregender" Musik!<br />

Swing zum Bespiel liebe ich"<br />

nN: Wie würdest Du eigentlich Deine Musik beschreiben? Ich meine, in welche Schublade passt es?<br />

Viele nennen es schlicht "Hardcore" oder sogar "Jazzcore"...<br />

John: Bei uns gibt es extrem unterschiedliche Einflüsse. Das geht von Pop-Musik über Jazz, Funk, Hardcore und<br />

70er-Jahre-Rock… Und auf meinem Bruder, der noch mal acht Jahre älter ist (Anm. der Redaktion: John ist 44, sein<br />

Bruder 52 ...), hatten zunächst die Beatles einen ziemlichen Einfluss, auch Black Sabbath,<br />

Jimmy Hendrix, Hard Rock überhaupt … Anfang der 70er entdeckte er dann seine Vorliebe<br />

für Jazz; und seit dieser Zeit hört er privat fast ausschließlich diese Musik - vor allem Miles<br />

Davis. Ich war jünger und fühlte mich natürlich eher zu den damals aktuellen "populären"<br />

Sachen hingezogen… Und bei No Means No verschmelzen wir alle diese Einflüsse - ich<br />

mag jede Art von - sagen wir - "aufregender" Musik! Swing zum Bespiel liebe ich. Anyway:<br />

Das alles war und ist ein Riesenspaß für uns, wir konnten völlig stressfrei aufspielen, das<br />

tun wir ja auch heute noch. Wir sind und waren einfach auf nichts festgelegt, einfach Power<br />

machen, pure Energie rüberbringen. Wichtig ist halt eine "tighte" Rhythmusabteilung, ohne<br />

diese "Tightness" kommt eben diese Energie nicht rüber; und ich glaube man kann sagen,<br />

dass NoMeansNo eine sehr "tighte" Band sind … Energie und Spaß - das ist das Wichtigste!<br />

"Musik ist eine Möglichkeit solche<br />

Gefühle zu kommunizieren, die nicht<br />

gerade leicht auszudrücken<br />

sind."


42<br />

NOmeansno<br />

NN: Viele Eurer Texte, vor allem die älteren, sind zum Teil<br />

sehr politisch; glaubst Du, dass man mit einem politischen<br />

Song etwas verändern kann?<br />

John: Nein, natürlich kannst du die Welt nicht ändern. Aber Du<br />

kannst in Deinen Songs Deine Ansichten verkünden; und wenn<br />

sich Menschen Musik anhören, besonders solche, in der die<br />

Musiker etwas über sich selbst sagen und Ihre Meinung zu<br />

irgendwas ausdrücken, kann das dem Hörer die Chance geben,<br />

mal einen Blick auf sich selbst zu werfen. Wir alle sehen uns ja<br />

selbst auch durch die Augen Anderer und Musik gibt Dir die<br />

Chance, etwas über dich selbst zu lernen;. Wir sind natürlich<br />

nicht auf einer "Mission" aber wir versuchen die Leute durch<br />

unser Songs und deren Texte dazu zu bringen, über sich nachzudenken.<br />

Das ist unter anderem vielleicht auch das, was unsere<br />

Musik für viele Leute so anziehend macht, es geht also auch<br />

über die Texte… Mag schon sein, dass wir eine ziemlich "intellektuelle"<br />

Band sind, aber es geht uns nicht um irgendeine Ideologie;<br />

Musik ist eine Möglichkeit solche Gefühle zu kommunizieren,<br />

die nicht gerade leicht auszudrücken sind. Wenn bei einer<br />

Show viele Leute sind, alle sind gut drauf, alle sind "in Stimmung",<br />

dann sind alle im gleichen "Geisteszustand"; alle sind im<br />

besten Sinne miteinander verschmolzen…. "That's, when music<br />

is really at ist very best"!<br />

nN: Nun zum aktuellen Album… Der Titel "All Roads Lead To<br />

Ausfahrt". Gibt es, außer dem "Sound" des Wortes,<br />

einen bestimmten Grund für das Wort "Ausfahrt"?<br />

John: Wir haben uns natürlich viele Gedanken gemacht…<br />

Na ja, ich bin auch nicht mehr so ganz sicher, aber wir wollten,<br />

dass das Cover aussieht wie eine Anzeige; wir wollten etwas,<br />

dass das Auge "anzieht". Ich wollte zunächst den Titel "Some<br />

Conditions May Apply", dann wollten wir das Album "Nihilism<br />

For Dummies" nennen.<br />

Irgendwie hat sich das am Ende aber nicht durchgesetzt, vor<br />

allem auch, weil wir befürchteten, mit dem behelmten Dinosaurier<br />

und dem Titel ein Warenzeichen zu verletzen - wir hatten<br />

schon in der Vergangenheit viel Ärger zum Beispiel mit den<br />

Microsoft-Anwälten…. Am Ende hat sich das aktuelle Cover<br />

dann durchgesetzt. Vorher hatte ich mir in einem Buch Verkehrszeichen<br />

angesehen, und dabei stieß ich auch auf diese<br />

"Ausfahrt"-Schilder in den drei Farben; ich war total fasziniert und<br />

habe nur gedacht: "Wow, DAS wäre doch ein tolles Cover". Und<br />

"Ausfahrt", der Begriff, also "the way out", das traf sich irgendwie<br />

mit dem Grundton unserer Platte. Außerdem erinnert uns das<br />

immer an unseren Busfahrer, der in Deutschland ständig nach<br />

dem Ort "Ausfahrt" suchte, für den doch schließlich überall Schilder<br />

standen… "Ausfahrt" musste also die größte Stadt Deutschlands<br />

sein… "Ausfahrt" - beziehungsweise die englische Übersetzung<br />

- traf genau den Ton unserer Texte, passte perfekt - und<br />

wenn nicht: die Deutschen zumindest würden es verstehen können<br />

(lacht).<br />

"HipHop scheint der Punkrock dieser Tage zu<br />

sein; da gibt es viele Leute, die sehr interessante<br />

Dinge zu sagen haben"<br />

nN: Welche Beziehung hast Du zu den "zeitgemäßen"<br />

Musikformen?<br />

John: Ehrlich gesagt höre ich nicht viel Musik, ab und zu mal,<br />

eher zufällig, selten etwas Gutes. Ich kann mir aber meist nicht<br />

mal dann den Namen der Band merken. Interessant sind für<br />

mich Musiker, die mehr als "Sound und Image" ausdrücken, die<br />

sich selbst über ihre Musik ausdrücken. Ich mag Musik nicht deshalb,<br />

weil sie eine ganz bestimmte Musik ist, ich mag sie, weil der<br />

Künstler interessant ist. Ich bin auch kein Plattensammler, ich<br />

folge nicht den letzten Trends, ich höre mir so ziemlich alles an.<br />

HipHop scheint der Punkrock dieser Tage zu sein; da gibt es<br />

viele Leute, die sehr interessante Dinge zu sagen haben… Wenn<br />

Musik zu einem Gebrauchsgut wird, dann ist sie für mich uninteressant.<br />

nN: Was gibt es Neues von den Hanson Brothers?<br />

John: Zur Zeit nicht viel, also keine neue Platte; das SPIN-Magazin<br />

hat uns neulich in die Top-Ten der "Pop-Punk"-Alben gewählt.<br />

Da waren Greenday, die Ramones und viele andere namhaften<br />

Bands dabei - meine Güte, da war ich schon verwundert. Auch<br />

wenn mich das SPIN mit seiner sehr kommerziellen Ausrichtung<br />

nicht wirklich interessiert - was mich gefreut hat, dass ist die Tatsache,<br />

dass die Hansons offenbar wahrgenommen werden und<br />

wurden. Ich kann behaupten, dass mindestens acht dieser zehn<br />

Scheiben (unter anderem die RAZILLOS) zu meinen persönlichen<br />

"all time faves" gehören - und das ist schon irgendwie 'ne<br />

tolle Sache, wenn man dann mit der eigenen Scheibe auch dabei<br />

ist …<br />

nN: Es gibt also Shows, aber keine neue Scheibe?<br />

John: Nein, Pläne zu einer neuen Scheibe gibt es zur Zeit nicht<br />

- aber Live spielen wir viel, gerade auch in Verbindung mit der<br />

Eishockey-Saison; bei den PlayOffs waren wir oft Live mit den<br />

Hansons dabei. Also: Live schon, aber Platte erstmal nicht.<br />

Bis zur nächsten Deutschland-Tour werden wir wohl alle noch ein<br />

wenig ausharren müssen und uns mit dem aktuellen, jawohl:<br />

Meisterwerk ALL ROADS LEAD TO AUSFAHRT das Warten versüßen.<br />

Und bis dahin sollte man<br />

sich vielleicht auch mal mit dem<br />

Busfahrer unterhalten haben.<br />

Keule<br />

www.nomeanswhatever.<strong>com</strong><br />

Photos: John Chedsey


De Rosa - Mend<br />

(Chemikal Underground / Rough Trade)<br />

Mit der Veröffentlichung von De Rosa's Debüt<br />

"Mend" zeigt Schottlands Vorzeige-Label Chemikal<br />

Underground einmal mehr sehr guten<br />

Geschmack und unübertrefflichen Feinsinn für<br />

das Besondere. Der Glasgower Vierer um<br />

Mastermind und Kunststudent (Ach, wer hätte<br />

das gedacht... Anm. d. Verf.) John Henry klingt<br />

dabei auf den ersten Blick und vor allem bei<br />

den etwas temporeicheren Stücken wie eine<br />

weniger aufgeregte und etwas folkigere Version<br />

der Figurines, reichert die Stücke jedoch immer<br />

wieder mit kleinen, oft subtilen Noise-Einlagen<br />

und einer tiefgehenden Melancholie an - etwas,<br />

das man so von den oben genannten Dänen ja<br />

nicht unbedingt kennt. "Mend" atmet eine<br />

Schwermütigkeit, die trotz aller Ecken und Kanten<br />

wie aus einem Guss daherkommt, irgendwie<br />

ungreifbar ist und sich schwerlich in Worte<br />

fassen lässt. Alleine im getragenen "Eveline"<br />

und dem abschließenden, ausladend arrangierten<br />

"The Engineer" (meine beiden Lieblingsstücke)<br />

steckt unsagbar viel Traurigkeit, Wut<br />

und Tragik, aber auch Hoffnung und Optimismus<br />

- und das alles in jeweils nur knapp vier<br />

Minuten. Die beiden Songs stehen dabei durchaus<br />

repräsentativ für das ganze Album, denn<br />

wirklich sicher und geborgen kann man sich<br />

hier nie fühlen. Ständig zaubern De Rosa neue<br />

Instrumente, Melodien, Einflüsse und Nuancen<br />

aus dem Ärmel, zerlegen den klassischen<br />

Indie-Rock in seine Bestandteile, fügen Folk,<br />

Weilheim-Wehmut, Slow-Pop und elektronische<br />

Versatzstücke hinzu, puzzeln alles wieder<br />

fein säuberlich zusammen und schlagen dann<br />

unvermittelt mit der Keule drauf. Für alle, die<br />

auch nur eine Scheibe einer Chemikal Underground-Band<br />

im Regal haben ein absolutes<br />

Muss. Und für alle anderen eigentlich auch.<br />

Jochen Wörsinger<br />

www.wearederosa.<strong>com</strong><br />

Emirsian - A Gentle Kind Of Disaster<br />

(Noise-O-Lution / Indigo)<br />

So. Das übliche über diese Platte gleich zu<br />

Anfang: Ja, Aren Emirze verarbeitet hier den<br />

Tod seines Vaters. Ja, er singt ein Duett mit<br />

ihm, das auf alten, wiedergefundenen Kassettenrekordermitschnitten<br />

basiert. Und ja. Genau<br />

in diesem Moment ist die Platte am ergreifendsten<br />

und auch der abgestumpfteste Charakter<br />

muss merken, wie viel Herzblut, Trauer und<br />

Schmerz in dieser Musik liegt, mit welcher Hingabe<br />

Emirze jeden einzelnen Song arrangiert<br />

und zu einer Einheit zusammengefügt hat. Was<br />

bleibt aber, wenn man diesen traurigen Hintergrund<br />

von "A Gendle Kind Of Disaster" außer<br />

Acht lässt, der dieses Album nahezu unangreifbar<br />

macht, es wie ein Schutzwall umgibt und so<br />

außerhalb jeder Kritik stellt? Ein (nur) gutes<br />

Singer/Songwriter-Album? Auf den ersten Blick<br />

vielleicht. Denn subtiler und fragiler als Emirze<br />

es tut, lassen sich Songs nicht arrangieren und<br />

so kann ein erster flüchtiger Höreindruck<br />

sicherlich täuschen, da er den Einblick in die<br />

wirkliche Tiefe dieser Platte nicht sicherstellen<br />

kann. Soll heißen, dass man hier sicherlich Zeit<br />

braucht und unbedingt die richtige Stimmung.<br />

Ich, beispielsweise, schiebe dieses Review nun<br />

schon seit Wochen vor mir her, weil ich mich<br />

bisher einfach noch nicht in der Lage für diese<br />

Platte fühlte. Bei Lichte betrachtet schreitet<br />

Emirze hier auf Solopfaden entschlossen den<br />

Weg weiter, den er mit seiner Band Harmful<br />

nun schon seit Jahren verfolgt. Weg vom wilden<br />

Noise der Anfangstage, immer weiter hin<br />

zum Pop und zu emotionaler Tiefe - obgleich<br />

beides in der Wall of Sound Harmful's natürlich<br />

nicht immer gleich offensichtlich zu Tage tritt. In<br />

den akustischen, nur ganz selten mit Schlagzeug<br />

untermalten Stücken auf "A Gentle<br />

Kind..." sind so viele Momente erkennbar, die<br />

auf ganz schlüssige Art und Weise an Ansätze<br />

anknüpfen, die Emirze mit Harmful schon auf<br />

den letzten Alben der Band zeigte - nur eben<br />

mit anderen Mitteln dargestellt und umgesetzt.<br />

Und ich denke genau das ist es, was dieses<br />

Album so einzigartig macht. Ich wünsche mir,<br />

dass Emirze mit dieser Platte einiges an seelischem<br />

Ballast abgeworfen und dabei auch<br />

genug Kraft geschöpft hat, um möglichst viel<br />

der Stimmung von "A Gentle Kind..." für das<br />

nächste Harmful-Album zu nutzen. Dann erhält<br />

nämlich hoffentlich auch diese Band endlich die<br />

Aufmerksamkeit, die ihr eigentlich schon seit<br />

Jahren gebührt.<br />

Jochen Wörsinger<br />

www.noisolution.de<br />

Miss Violetta Beauregarde -<br />

Odi Profanum Vulgus Et Arceo<br />

(Temporary Residence / Cargo)<br />

"Ich hasse das gemeine Volk und halte es fern"<br />

lautet übersetzt der Titel von Miss Violetta<br />

Beauregardes neuem Album. Sie ist die neue<br />

Elektro Punk-Diva im Macho-Femme Universum<br />

und nimmt hier keine Gefangenen. Die<br />

seichte Peaches darf jetzt erst mal am Katzentisch<br />

Platz nehmen. Wobei der Vergleich sowieso<br />

hinkt und sich Miss Violetta eher - zumindest<br />

musikalisch - in der Nähe von Hanin Elias wohlfühlen<br />

wird. Miss Violetta bringt hier in knapp 20<br />

Minuten 16 Tracks rasenden femme Knob-<br />

Punk Irrsinn mit aggressiv-hyperventilierenden<br />

Vocals. Experimenteller Elektropunk, der mit<br />

der eisernen Aggrolunge von Atari Teenage<br />

Riot atmet, von kaputten Industrial Beats mit<br />

technoidem Charakter lebt und auch gern mal<br />

kurz in einen Sampleirrsinn a la Negativland<br />

abdriftet. Hier stolpert und gabbert es so was<br />

von radikal energetisch, wunderbar. Die Italienerin<br />

kotzt, erzählt und klagt dazu mit sich teils<br />

überschlagender Stimme, wie sie nicht besser<br />

zum digitalen experimentalpunksound passen<br />

könnte. Grind-Hop, Elektronoisedance, Gabberdigipunk,<br />

nennt es wie ihr wollt. Exzellent!<br />

Christian Eder<br />

www.violettasucks.<strong>com</strong><br />

The Pleasure - The Pleasure<br />

Doppel-CD<br />

(Rookie Records/Cargo records)<br />

Schön. Mit den richtigen Instrumenten. Schöner<br />

Pop. Relaxt wie ein Sonntagnachmittag,<br />

vorzugsweise sonnig und angenehm warm, die<br />

Lieblingsmenschen um einen versammelt,<br />

einen Kaffe, später ein kühles Bier im Garten;<br />

kann auch ruhig Herbst sein. Der weiße Zaun<br />

ist zwar schon ein bisschen vergilbt, blättert<br />

Highlights 43<br />

hier und da in Stückchen ab, alles bewegt sich<br />

aber noch im Rahmen. Vielleicht nächsten<br />

Sommer mal wieder streichen? Gute Idee. Aber<br />

eben herrschen warme Gedanken vor. Die Blikke<br />

streifen die Anwesenden, die hier im Garten<br />

am Tisch versammelt sind; elegante Möbelstücke,<br />

verschlungene grazile Stuhllehnen. Das<br />

Anwesen ist weitläufig, großzügig mit Grund<br />

und Boden bedacht, offen. Man spürt eine<br />

gewissen mild stimmende Freiheit. Eine leichte<br />

Brise Wind prickelt herausfordernd im Gesicht.<br />

Elegante Menschen, ja sicher, ein bisschen<br />

unangepasst, Individualisten, bestimmt auch<br />

ein paar Künstler dabei, aber elegant, auf ihre<br />

Art und Weise. Aber man weiß es ja, schließlich<br />

kennt man sie. Und Morgen, ja Morgen muss<br />

man nicht zur Arbeit. Man wird wieder hier sitzen,<br />

die ergreifende und beschützende Atmosphäre<br />

einatmen, sich einfach wohl fühlen. Im<br />

Radio spielen sie jede Menge FabFour-Songs.<br />

Genial. Einfach genau richtig. Und da ist der<br />

Moment, auf den man sein ganzes Leben lang<br />

gewartet hat. Einiges geben würde, um ihm<br />

einmal begegnet zu sein. Zum Greifen nah,<br />

man müsste nur die Hand ausstrecken, um ihn<br />

zu berühren. Aber wieso sollte man? Gerade ist<br />

es genau richtig... genug. Schön. Bunt. Weich.<br />

Sanft. Das Radio hat inzwischen auf andere<br />

Vertreter der besseren 60s gewechselt. Und<br />

dann wiederum die FabFour. Verdammt, fast zu<br />

perfekt. Aber dann konzentriert man sich wieder<br />

auf die bekannten und wärme- und geborgenheitausstrahlenden<br />

Blicke der Anwesenden.<br />

Der Gedanke verschwimmt. Wieso sollte<br />

hier auch etwas nicht stimmen? An diesem<br />

wunderschönen Sonntagnachmittag. Im Hintergrund<br />

kommt gerade "Un<strong>com</strong>mon Man" von<br />

The Pleasure. Und alles ist perfekt. So<br />

unglaublich perfekt. "What have you done? -<br />

destroyed your solitary sun - inexpressibility -<br />

you'll see" - noch nie so dargebracht. Mein<br />

Gott. Du merkst auf einmal, dass die ganze Zeit<br />

eine Band lief, all diese unglaublichen Gefühle<br />

von einer Band ausströmen. Und Du hast einen<br />

neuen Lieblingssong. In dem Moment, als eine<br />

wunderschön-brüchige Stimme, nicht zu clean,<br />

nicht zu sloppy, dich fragt, was du getan hast...<br />

Matthias Horn<br />

www.thepleasure.de und absolutes Highlight.


44<br />

Klez.E - Flimmern<br />

(Loob Musik)<br />

Highlights<br />

Das wäre ja noch schöner. Erst so ein wegweisendes<br />

und hoffnungsvolles Debut veröffentlichen<br />

("Leben daneben"), einem das<br />

gesamte Musikverständnis durcheinanderwirbeln,<br />

den Startschuss geben, so unglaublich<br />

Hoffnung auf mehr wecken, Trost geben, aufbauen<br />

und niederreißen, Freiräume und<br />

unentdeckte Welten gestalten, Brücken bauen<br />

und Mauern hochziehen, und dann so was?<br />

Stillstand. Ersticktes Herzblut. Enttäuschung.<br />

Niedergang. Flimmern. Einst Indiehoffnung im<br />

allgemeinen und privater Fav im persönlichen,<br />

dümpeln Klez.E dahin. Wo ist der Glanz des<br />

Erstlings? Die Rohheit der ersten Ausgabe?<br />

Das Unerhörte? Das Engagement vergangener<br />

Tage? Ach kommt! Wo ist das alles?<br />

Es ist da. Vertieft. Gereift (Schweißwort, passt<br />

aber). Aufgesogen. Gefestigt. Und bewiesen.<br />

Diese Platte knüpft nahtlos am Vorgänger an.<br />

Sie sind zurück. Endlich. Die, jene sich eine<br />

eigene Nische schufen. Die dachten, "Geht<br />

nicht gibt's nicht". Die einfach machten. Wie<br />

sie wollten. Und trafen. Oh ja, sie trafen. Mit<br />

unglaublicher Experimentierfreudigkeit, einer<br />

Leichtigkeit, wahren Texten und unerschöpflichen<br />

verschrobenen Ideenreichtum und<br />

Instrumentarium. Alles ist wieder vertreten.<br />

Der Rocker ("Standard"), die hinterfragende<br />

Vertonung der Gefühle ("hellgelb", "Mein<br />

Geschenk", "Strandlied"), die Kritik (ebenso<br />

"Standard", so genial, so mächtig, Text und<br />

drumherum. Oder aber erst "Werbeflaeche<br />

Mond"), die Überraschung ("Surfen im Wahnsinn",<br />

"Tag wie im Fall"), undsoweiterundsofort.<br />

Texte über Zweisamkeit und all ihre Tükken,<br />

Alltag im rasenden Zeitalter und die brüllenden<br />

Medien. Schmerzlich präsent,<br />

schmerzlich wahr. Gefühlsachterbahn und<br />

vertonte Leidenschaft. Atmen, sich zurükknehmen,<br />

Ausbruch und sich fallen lassen.<br />

Mag sein, dass diese Platte ein bisschen Zeit<br />

und Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen<br />

könnte. Wenn sie nicht sofort gezündet hat.<br />

Dann wird sie aber später aber um so heftiger<br />

zünden. Und das Wahnsinnsbooklet, Origami<br />

at its best. Die textliche Ebene! Was ein<br />

Umgang mit der deutschen Sprache, welch<br />

subtiles Einstreuen von Anspielungen, Seitenhieben<br />

und Ironie. Mit unbedingtem Identifikationspotential.<br />

Eigentlich geht das gar nicht.<br />

Ne, geht nicht. Ist aber so.<br />

Matthias Horn<br />

Und das Digiüpack erst!<br />

Faltkunst at its best!<br />

www.loobmusik.de<br />

Denison Witmer - Are You A Dreamer?<br />

(Bad Taste Records)<br />

Are You A Dreamer? Der Titel ist Programm!<br />

Hier ist ein wunderschönes Stück Musikgeschichte.<br />

So zart, fragil, so unglaublich intim.<br />

Und hinreißend. Ja, ich weiß, diese Worte<br />

benutze ich schon ab und an in diesem<br />

Zusammenhang, aber wie könnte es auch<br />

anders sein? Das ist Pop, Folk, akustische<br />

Verkörperung all jener Gefühle, die das Leben<br />

ausmachen. Hier ist Hoffnung, Liebe, Melancholie,<br />

Zerfall, Ursprung, Wissen, Glück, Verzweiflung,<br />

Geburt und Vanitas. Klingt<br />

zusammengewürfelt? Folgt aber einfach dem<br />

Plan des Lebens. Beschreibt, vereint und verkörpert.<br />

Und kurz im Web getippelt bringt<br />

zutage, dass Mr. Witmer schon einige Platten<br />

auf dem Buckel hat. Und mittlerweile eine<br />

beachtliche Anzahl von Buddies um sich<br />

geschart, die ihm natürlich bei seiner Gefühlsvertonung<br />

ordentlich unter die Arme greifen.<br />

Als da wären: Sufjan Stevens (yeah!!!), The<br />

Innocence Mission, My Morning Jacket, Rosie<br />

Thomas und ein paar mehr. Deswegen auch<br />

ab und an Frauenunterstützung am Gesang<br />

und Banjounterstützung am -ähm nun- Banjo<br />

undso. Wem eben aufgeführte Namen etwas<br />

sagen und munden, dem sei bedenkenloses<br />

Zugreifen versichert! Allen anderen sei<br />

gesagt: ihr lebt? Ihr atmet? Ihr liebt? Und leidet<br />

auch manchmal? Dann auch zugreifen!<br />

Oder unbedingt mindestens aber anchecken.<br />

Es gibt zwar schon mittlerweile soooo viele<br />

Singer/Songwriter und natürlich sind nicht alle<br />

derdiedas Nonplus. Aber hier muss<br />

Mann/Frau einfach aufhorchen. Und hinhören.<br />

Am besten zusammen. Eng. Wenn man<br />

sich näher kommt. Wenn diese Magie da ist.<br />

Aber auch sonst. Natürlich. "Are You A Dreamer"<br />

eignet sich für so viele Situationen und<br />

Lebenslagen. Anspieltipps: "Little Flowers",<br />

"Are You A Dreamer", "East From West" und<br />

alle anderen sieben weiteren Titel der Platte!<br />

So einfach ist das! Highlight? Aber absolut!!!<br />

Matthias Horn<br />

www.densionwitmer.<strong>com</strong>


N<br />

N<br />

Fortsetzung!<br />

Fortsetzung!<br />

Nakamura, Dan „The Automator“. Gast bei Peeping Tom und<br />

Produzent des „Loveage“ Albums von - Nathaniel Merriweather.<br />

- Fantômas steuern auch ein Intro für dessen erstes offizielles<br />

Mix-Album „Wanna buy a monkey?“ bei. Nakamura nutzte eine<br />

Sequenz des Fatômas´ Stücks „Investigation Of A Citizen Above<br />

Suspicion“ (von - „Directors Cut“) als Loop für das Intro<br />

Naked City. Fabelhafte radikale Grind-Jazz Band um - John<br />

Zorn und mit u. a. - Yamataka, Eye. Patton ist auf dem Track<br />

„Grand Guignol“ des aktuellen „Complete Studio Recordings“<br />

Box-Set zu hören<br />

Nosdam Odd. Bürgerlicher Name David Madson. Der MC hat<br />

diverses auf dem - Anticon Label veröffentlicht und wirkt auf zwei<br />

Tracks auf dem - Peeping Tom Album mit<br />

O<br />

Obituray. Legendäre Deathmetal Band. Siehe - Tardy, John<br />

O P<br />

Osbourne, Buzz. Gitarrist bei - Fantomas, - Fantomas Melvins<br />

Big Band und Gründungsmitglied der - Melvins<br />

Ostertag, Bob. O. steuert Samples beim Noiseprojekt - House<br />

Of Discipline, P. Vocals auf zwei Songs von Ostertags - „Fear No<br />

Love“ Album bei<br />

OU818. Titel des vierten und letzten - Mr. Bungle Demo-Tapes<br />

1989<br />

Peeping Tom<br />

kleinesPattonABC 3/3 45<br />

P<br />

Painkiller.<br />

Ursprünglich ein<br />

Deathgrindjazz-<br />

Projekt von Bill<br />

Laswell und - John<br />

Zorn. Patton wirkt<br />

auf dem aktuellen<br />

Painkiller Livealbum „50th Birthday Celebration Volume Twelve“<br />

zum 50. Geburtstag von Zorn mit Patton. (1) P. Michel, Allen der<br />

volle Geburtsname von dem um den es hier geht. (2) P. George<br />

S., General des 2. Weltkrieges (3) Nach - (2) benannter Panzertyp<br />

(4) Film über - (2) von 1971 (5) P. Harvey. Deutscher Schriftsteller<br />

(6) Stadt in Texas<br />

Peeping Tom. (1) Aktuelles, relativ kommerzielles Projekt mit<br />

vielen GastmusikerInnen. Hier kehrt Patton etwas zum Sound<br />

von Faith No More zurück, erweitert diesen aber um mehr<br />

elektronische und Hip-Hop lastige Elemente. (2) Film des Regisseurs<br />

Michael Powell, der 1959 diesen Psycho-Klassiker über<br />

einen geisteskranken Kameraassistenten, der seine weiblichen<br />

Opfer filmt, während er sie mit einem ans Stativ montierten Bajonett<br />

ermordet, abdrehte. (3) In Amerika Synonym für einen Voyeur.<br />

Perfect Victim. Live-Projekt mit - David Slusser und - Han Bennink<br />

Phono Sanjo. Auch ein reines Live-Projekt mit Patton, - DJ<br />

Eddie Def und - William Winant. Sind anscheinend nur einmal<br />

1998 in San Francisco aufgetreten<br />

Pinion. Für den gleichnamigen Film wurde Patton als Soundtrackkomponist<br />

engagiert. Er ist allerdings noch in der Produktionsphase.<br />

Es ist P. Debüt als Komponist für einen amerikanischen<br />

Film<br />

Political correctness. P. steht im Ruf nicht allzuviel darauf zu<br />

geben. Laut MTV.de hat er auf Bühnen im deutschsprachigen<br />

Raum „im Affekt schon mal den Arm zu Adolfs Gruß“ gereckt.<br />

Auch das Cover zu - General Patton zeugt nicht gerade von politischer<br />

Sensibilität. Eine Diskussion, die noch kaum geführt<br />

wurde<br />

Pranzo Oltranzista. Titel von P. Soloalbum von 1997 auf - Tzadik.<br />

Die Stücke darauf, und auch die von - Adult Themes For Voices,<br />

konzentrieren sich um die Idee einer „Musik für Liebhaber<br />

hörsturznaher Klänge“.<br />

Prince Paul. - Handsome Boy Modelling School<br />

Teil2


46<br />

kleinesPattonABC 3/3<br />

Q<br />

RT Q<br />

Quote Unquote. Song vom - Mr. Bungle Debüt zu dem sogar ein<br />

Video gedreht, das aber von MTV niemals gesendet wurde.<br />

Steht hier eigentlich nur, damit auch das Q etwas vorhalten kann<br />

R<br />

Rise Above: 24 Black Flag Songs to Benefit the West Memphis<br />

Three. Auf diesem Black Flag Tribute Sampler ist P. beim Track<br />

„Six Pack“ zu hören.<br />

Romances. Titel des - Kaada/Patton Albums<br />

Rota, Nino (1911-1979). Der vor allem als Verfasser von Filmmusiken<br />

für Regisseure wie Federico Fellini, Luchino Visconti,<br />

Francis Ford Coppola bekannte Kompositeur gilt als weiterer<br />

Parameter im Patton-Kosmos. Rota schrieb überdies, weniger<br />

bekannt, auch diverse Opern, Symphonien, Klavier- und Violoncellokonzerte<br />

Rova Saxophone Quartet. Laut dem - Zorns Label Tzadik hat P.<br />

mit dem Quartet gearbeitet. In welcher Form war nicht zu eruieren<br />

Rutmanis, Kevin. Bassist bei - Tomahawk. War auch bei den<br />

Noiserockern Cows und Melvins zeitweise aktiv.<br />

S<br />

San Francisco. Derzeitiger Wohnort Pattons.<br />

Sardonischer Humor. Experten sagen jenen P. nach. Sardonisch<br />

= boshaft, hämisch, fratzenhaft verzerrt<br />

Schott, Mike. Virtuoser Gitarrist u. a. von Junk Genius und T. J.<br />

Kirk. Schwirrt auch als Kooperationspartner im Patton-Universum<br />

rum. Weiter leider nichts zu erfahren<br />

Sepultura. Früher Legendäre Thrash-Band und mit ihrem<br />

„Roots“-Album als innovative Grenzensprenger bekannt. Inzwischen<br />

leider zur absoluten Farce verkommen. P. wirkt auf dem<br />

Sepultura-Album „Attitude“ bei den Tracks „Lookaway“ (Monster<br />

Vibe Mix) und „Mine“ mit sowie beim Track „The Waste“ vom<br />

„Against“ Longplayer. Angeblich ist er auch Autor von Sepultura-<br />

Lyrics. Einer der Songs ist auch auf dem Freddy Vs. Jason-<br />

Soundtrack zu hören.<br />

Slayer. Ex- und jetzt wieder Mitglied von S., Dave Lombardo, ist<br />

Drummer von - Fantomas.<br />

Slusser, David. Spielt Electronics beim Live-Projekt - Perfect<br />

Victim. Siehe auch - Bacharach, Burt<br />

Song Drapes - Hunt, Jerry<br />

Sparks. Auf dem S. Album „Plagiarism“ wirkt P. mit - Faith No<br />

More bei den Titeln „This Town Ain't Big Enough For Both Of Us“<br />

und „Something For The Girl With Everything“ mit<br />

Spruance, Trey. Gitarrist von - Mr. Bungle.<br />

Stanier, John. Drummer bei - Tomahawk. Vormals bei den famosen<br />

Helmet<br />

Stimme. „Ich empfinde die Stimme bei Fantômas als zweite<br />

Gitarre. Es sollte nicht sein wie üblich: hier die Band, dort der<br />

Sänger. Besonders in Rockbands herrscht die Auffassung vor,<br />

der Sänger stünde wie auf einem Podest, vor der Band, die ihn<br />

nur begleitet. Mit dieser Band wollte ich verdeutlichen, dass die<br />

Stimme einfach Teil der Musik ist. Deswegen auch keine Texte:<br />

Sie hätten die Musik ruiniert (Tagesspiegel). Vgl. - Tardy, John<br />

Stanier, John. Schlagzeuger von - Tomahawk. Vormals bei Helmet.<br />

Auch bekannt als DJ Big Bad John.<br />

Suspended Animation. Aktuelles - Fantômas Album<br />

T<br />

Taboo and Exile. Noch ein Album von - John Zorn bei dem P.<br />

mitwirkt<br />

Team Sleep. Projekt um Deftones Sänger Chino Moreno, das<br />

nach urlanger Zeit 2005 ein gleichnamiges Album veröffentlicht<br />

hat. Patton fungiert hier wieder mal als Gastsänger<br />

Tardy, John. Sänger der legendären Deathmetal Band Obituary.<br />

Sein Gesangsstil bzw. seine Art zu „texten“ waren eine Einflussgröße<br />

für Mike Patton.<br />

Tardy hatte auf den<br />

ersten Obituary Alben<br />

keinerlei Text, nur<br />

Shouts und Growls bzw.<br />

wenige Phrasen. Insbesondere<br />

bei - Fantomas,<br />

bei der Patton auch keinerlei<br />

Text verwendet,<br />

ist Tardys Einfluss zu<br />

hören<br />

The Big Gundown -<br />

15th Anniversary Special<br />

Edition. Und noch<br />

eins von - Zorn<br />

The Complete Studio<br />

Recordings. Titel einer<br />

neuen 5 CD-Box von -<br />

Naked City, auf der Patton<br />

den 18minütigen<br />

Track „Grand Guignol“<br />

mitvertont<br />

The Gift. Titel eines weiteren<br />

- Zorn Albums mit<br />

Beteiligung von Patton.


The Raging Wrath of the Easter Bunny. Titel des ersten - Mr.<br />

Bungle Demo-Tapes 1986.<br />

Tin Hat Trio. Patton ist auf dem versteckten Bonustrack (der<br />

möglicherweise den Titel „Infinito“ trägt) der Tin Hat Trio Scheibe<br />

„Memory Is An Elephant“ zu hören<br />

Tobin Amon alias Amon Adonai Santos de Araujo Tobin. Musiker<br />

und DJ, der für seine Klanggebäude aus Jazz-, Samba- und<br />

Drum & Bass-Fragmenten bekannt ist. Wirkt auf dem - Peeping<br />

Tom Album mit<br />

Tomahawk. (1) 2000 gegründete<br />

Band mit Ex-<br />

Mitgliedern von Helmet<br />

und Jesus Lizard. Haben<br />

zwei Alben namens<br />

„Tomahwak“ und „Mit<br />

Gas“ auf - Ipecac veröffentlicht.<br />

(2) Titel des<br />

ersten Tomahawk (1) Albums<br />

(3) Eine von nordamerikanischenIndianern<br />

ursprünglich für die<br />

Jagd entwickelte Axt-<br />

Waffe, später auch als<br />

Nah- oder Wurfwaffe eingesetzt<br />

(4) US-amerikanischen<br />

Marschflugkörper<br />

BGM-109 Tomahawk (5)<br />

Amerikanische Höhenforschungsrakete<br />

(6) Stadt<br />

Tom ahawk im US-Bundesstaat<br />

Wisconsin (7) Im Basketball<br />

ein einhändiger Slam-dunk. Dabei wird der Ball mit einer<br />

schneidenden Bewegung über den Kopf hinweg in den Korb<br />

geworfen (8) Ein Motorrad der Marke Dodge (9) Ein Flugzeug<br />

der Marke Piper<br />

Tzadik. Label von - John Zorn<br />

U<br />

U<br />

Universell. Trotz des fast universellen Kosmos von Patton war<br />

zu diesem Buchstaben nichts zu finden<br />

V<br />

Violent Onsen Geisha. Band um Nakahara Masaya aka Boryoku<br />

Onsen. Gerüchteweise sind Mike Patton und Bill Gould (ex-<br />

Faith No More) auf dem „Otis“ Album des Japaners mitvertreten.<br />

W<br />

Vlac Drac. Pattons „Pseudonym“ auf dem - Mr. Bungle Debüt<br />

W<br />

Watts, Jed. Drummer und Gründungsmitglied von - Mr. Bungle<br />

Weird Little Boy. Projekt und gleichnamiges Album mit - John<br />

Zorn von 1995.<br />

White People. Titel des Albums von - Handsome Boy Modelling<br />

School auf dem Patton mitgewirkt hat.<br />

William Winant. Percussionist beim - Weird Little Boy Projekt<br />

und Gast Perkussionist auf einer - Mr. Bungle Tour, dem - Disco<br />

Volante Album sowie Drummer beim Live-Projekt - Phono Sanjo<br />

Y<br />

kleinesPattonABC 3/3 47<br />

X<br />

X<br />

X-Ecutioneers - General Patton<br />

Y<br />

Yamataka Eye. Vocalist der Japanoiser Boredoms und Berufsverrückter.<br />

Sein hektischer, überdrehter Vocalstyle ist eine Einflussgröße<br />

neben - Obituarys John Tardy gewesen<br />

Yoshihide, Otomo. Der Japaner hat mit P. zusammen das Projekt<br />

- House Of Discipline<br />

Yoshimoto Nara, hat das Cover zur aktuellen Suspended<br />

Animation CD von - Fantomas designt<br />

Z<br />

Zappa, Frank. Dürfte auch weithing bekannt sein. Patton adaptierte<br />

nach Expertenmeinungen Zappas parodistische Soundideen<br />

zu Disco, Punk und Doo-Wop<br />

Zorn, John. Musikalischer Mentor, guter Freund, Kollaborateur<br />

Pattons. Spielt Saxophon und Klarinette und arbeitet als Produzent.<br />

Er ist Gründer und Inhaber des Labels Tzadik und hat mit<br />

vielen ExperimentalmusikerInnen, überwiegend aus den Bereichen<br />

Jazz und Neue Musik zusammengearbeitet. Zorns Musik<br />

ist charakterisiert durch die Verarbeitung zahlreicher musikalischer<br />

Stile aus verschiedensten Quellen, wie etwa Filmmusik zu<br />

Zeichentrickfilmen, Free Jazz, Hardcore oder jüdischer Folklore.<br />

Zorn kombiniert dabei oft kurze musikalische Sequenzen in collagenartiger<br />

Form, teilweise in rasanter Abfolge. Er bekennt sich<br />

explizit zu seiner jüdischen Herkunft und verarbeitet in einigen<br />

seiner Projekten traditionell jüdische Elemente. Weiterhin formulierte<br />

Zorn eine neue sogenannte „Radical Jewish Culture“ und<br />

verabschiedete ein Manifest über das radikale Judentum seiner<br />

Musik (vgl. Wikipedia). Zorn hat das erste - Mr. Bungle Album coproduziert.<br />

Er ist auch<br />

die erste Person mit<br />

der Patton improvisiert<br />

hat und mit ihm<br />

auf Plattenkauftrips<br />

nach Japan geflogen.<br />

Wirkt u. a. beim -<br />

Weird Little Boy Projekt<br />

mit. Patton ist auf<br />

Z<br />

folgenden Alben von<br />

John Zorn mitbeteiligt:<br />

„Elegy“, „IAO“, „Masada<br />

Anniversary Edition<br />

Vol. 2: Voices in the<br />

Wilderness“, „Masada<br />

Anniversary Edition<br />

Vol. 3: The Unknown<br />

Masada“, „Moonchild“,<br />

„Taboo and Exile“,<br />

„The Big Gundown -<br />

John, Zorn<br />

15th Anniversary Special<br />

Edition“, „The Gift“<br />

Zorn/Douglas/Patton/Laswell/ Burger/Perowsky. Gemeinsames<br />

Benefizprojekt vorgenannter Musiker, welches 2006 ein<br />

Album namens „The Stone: Issue One“ veröffentlicht haben<br />

Zucatosta, Titi. Pattons Ehefrau<br />

Christian Eder


48<br />

Alarma Man<br />

ALARMA MAN<br />

ein selbstbewußter Ameisenhaufen<br />

Höchst selten kommt es vor, dass das Berliner Sinnbus-Kollektiv Platten veröffentlicht, die nicht dem eigenen Künstler-<br />

kreis entspringen. Bei den schwedischen Genossen Alarma Man aus Göteborg konnte man aber gar nicht anders als zu sagen:<br />

"Das ist toll, das muss auch hierzulande gehört werden." Mit ihrem wahnwitzig hektischen, intensiven Instrumentalnoisemath-<br />

rockindiegitarrenhardwhateverschubladenverweigerungscore und einem Debüt, das einer aufregenden, ungestümen Energie-Lektion<br />

in zehn Kapiteln gleicht, passt das Quartett aber auch ganz vortrefflich ins Aufgebot des Konventionen weitläufig umschiffenden<br />

Labels. Ungeachtet der wenigen Worte auf ihrer unbetitelten Debütscheibe, standen uns Drummer Andreas, Bassist Niklas<br />

und die beiden Gitarristen Calle und Viktor für ein paar Fragen bereitwillig zur Verfügung.<br />

nN: Die Art von Musik, die ihr spielt -<br />

ob man das nun Mathrock, Post-<br />

Hardcore oder was auch immer<br />

nennt - verbindet man üblicherweise<br />

eher mit einem Sinn für trokkene<br />

Rationalität und einer mathematisch<br />

anmutenden Geometrie<br />

aus Songstrukturen. Ihr dagegen<br />

lasst mit Songtiteln wie "Cheese<br />

My Dad", "Fell In Love With A<br />

Woman Twice My Size" oder "I Am<br />

Eleven Years Old, I Have No<br />

Animals" und selbstironischen<br />

Musikvideos offensichtlich auch<br />

eine Menge Humor in eurer Musik<br />

zu. Ist das eine beabsichtigte Positionierung<br />

oder einfach nur ein<br />

Spaß?<br />

Viktor: Nun ja, es ist in gewisser Hinsicht<br />

schon ziemlicher Nonsense, mehr Blödsinn<br />

als alles andere.<br />

Calle: Unsere Songs müssen einen<br />

Namen tragen. Da wir keine Lyrics benutzen,<br />

müssen wir andere Bezugspunkte<br />

schaffen - nicht nur für den Hörer, sondern<br />

auch für uns selbst, wenn wir im<br />

kreativen Prozess über die Songs diskutieren.<br />

Einige dieser Arbeitstitel haben es<br />

tatsächlich auch auf die fertige Platte<br />

geschafft. Das ist die ganze Wahrheit.<br />

nN: In einem Alarma Man-Song passiert<br />

meist unheimlich viel auf<br />

einmal. Es ist meist ein hektisches<br />

Treiben, das in Sachen Unübersichtlichkeit<br />

an einen Ameisenhaufen<br />

erinnert. Viele kleine Elemente<br />

kommen zusammen, formieren<br />

sich gemeinsam zu einer kompakt<br />

ausgetüftelten Komposition und<br />

machen erst als Ganzes wirklich<br />

Sinn. Strukturiertes Chaos könnte<br />

man das wohl nennen. Mich würde<br />

deshalb interessieren, wie bei<br />

euch der Songwriting-Prozess abläuft.<br />

Niklas: Wir sind ziemlich chaotische<br />

Typen, glaube ich. Ich mag es, wenn in<br />

einem Song ziemlich viel im gleichen<br />

Moment passiert, alles aus dem Ruder<br />

zu laufen scheint und sich das große<br />

Chaos urplötzlich in seine Bestandteile<br />

auflöst und etwas klares, simples folgt.<br />

Für das Songwriting sind Viktor, Calle<br />

und ich verantwortlich. Fast immer<br />

denkt sich einer von uns ganz allein<br />

beide Gitarrenparts, den Bass und<br />

skizzenhaft auch die Drums aus, bevor<br />

wir uns alle zusammen im Studio treffen<br />

und langsam Songs daraus entstehen<br />

lassen. Im kreativen Prozess hantieren<br />

wir viel mit Computern herum, aber<br />

letztlich spielen wir doch immer alles<br />

live ein.<br />

Viktor: Es braucht eine ganze Weile<br />

und eine Reihe von Ansätzen für verschiedene<br />

Arrangements, bis wir mit<br />

einem Song zufrieden sind. Wenn er<br />

aber dann fertig ist, haben wir absolut<br />

nichts mehr daran zu mäkeln - dann<br />

ist er zur Perfektion getrieben worden!<br />

nN: Eure Songs sind ziemlich komplex<br />

und brauchen einige Durchgänge,<br />

bis sich dem Hörer ihre Struktur<br />

erschließt und man sie allmählich<br />

durchschaut. Deshalb hätte ich<br />

gerne einen Rat: Was wäre ein perfektes<br />

Setting, um sich die Platte<br />

reinzuziehen und was muss man<br />

als Hörer mitbringen, um sich in<br />

den labyrinthartigen Songkonstrukten<br />

zurechtzufinden?<br />

Andreas: Ich würde empfehlen, eine<br />

Prügelei anzuzetteln oder sich direkt vor<br />

dem voll aufgedrehten Verstärker der<br />

Stereoanlage deiner Wahl hemmungslos<br />

zu besaufen.<br />

Niklas: Da stimme ich zu, ein gesteigerter<br />

Alkoholpegel ist ein gutes Setting.<br />

Viktor: Ich meinerseits höre mir das<br />

Album am liebsten an, wenn ich mit<br />

Kopfhörern durch die Stadt laufe.<br />

Man kann auch gut dazu Auto fahren.<br />

Was deine zweite Frage betrifft: Um<br />

mit unserer Musik klarzukommen, muss<br />

man wohl eine gewisse musikalische<br />

Offenheit und ein wenig Geduld mitbringen.<br />

So sollte man sich einen Weg<br />

durch unseren Irrgarten bahnen können,<br />

ohne die Orientierung zu verlieren. Aber<br />

die Frage ist doch, ob man sich nicht<br />

lieber darin verlieren sollte! Es macht<br />

doch eigentlich viel mehr Spaß, sich<br />

komplett in der Musik zu verlieren,<br />

oder?<br />

nN: Die meisten Instrumentalplatten<br />

leben vom Gegensatz zwischen<br />

Laut und Leise und beinhalten<br />

Parts, in denen zugunsten eines<br />

langsamen Aufbaus von Atmosphäre<br />

und Spannung auch mal


auf Lautstärke verzichtet wird. Ihr<br />

dagegen behaltet den Fuß ständig<br />

auf dem Gaspedal. Der hohe Energie-<br />

und Noise-Level eurer Platte<br />

wird konstant aufrechterhalten. So<br />

verhalten sich Alarma Man-Songs<br />

bildhaft gesprochen wie hyperaktive<br />

Kinder mit ADS-Syndrom. Eine<br />

Atempause gönnt ihr dem Hörer<br />

nicht.<br />

Viktor: Bei Alarma Man geht es um energetische<br />

Musik. Für atmosphärische,<br />

stimmungsvolle Parts haben wir keinen<br />

Platz in unseren Songs - bisher zumindest.<br />

Mal schauen, ob sich da in Zukunft<br />

noch etwas ändert.<br />

Andreas: Eigentlich hatten wir anfangs<br />

sogar nur eine einzige Ruhepause auf<br />

dem Album eingeplant, und zwar eine<br />

exakt eine Sekunde andauernde Stille<br />

zwischen zwei Songs in der zweiten<br />

Albumhälfte. Einige unserer Freunde<br />

beschwerten sich allerdings, nachdem<br />

wir ihnen das Album in dieser Fassung<br />

vorgespielt hatten. Es war ihnen einfach<br />

zu stressig. Also haben wir uns dazu<br />

entschieden, vereinzelt Ruhepole wie<br />

"Signed Up For Games And Theory"<br />

und "Illuminati" einzubauen.<br />

nN: In fast jeder Rezension, die ich zu<br />

eurem Album gelesen habe, taucht<br />

der Vergleich mit euren legendären<br />

Landsmännern von Refused<br />

und Breach auf. Sind das Bands,<br />

die tatsächlich einen Einfluss auf<br />

Alarma Man ausgeübt haben? Ich<br />

würde tippen, dass ihr euch eher<br />

Bands aus dem Dischord-Umfeld<br />

zum Vorbild genommen habt.<br />

Viktor: Sowohl Refused als auch Breach<br />

waren außergewöhnliche Bands, die in<br />

jedem Fall einen Einfluss auf uns gehabt<br />

haben, den ich allerdings nicht als maßgeblich<br />

bezeichnen würde. Mich stört<br />

es nicht, dass diese Namen in Reviews<br />

immer wieder auftauchen, diese Vergleiche<br />

dienen den Leuten einfach als Fixpunkte<br />

zur leichteren Kategorisierung<br />

unserer Musik. Ich persönlich stehe<br />

übrigens tatsächlich total auf den DC-<br />

Sound und die Dischord-Szene.<br />

Calle: Ich könnte gar nicht sagen, was<br />

ich als Einfluss ansehe. Alarma Man wird<br />

wohl nur von sich selbst beeinflusst.<br />

nN: Warum habt ihr euch entschieden,<br />

als Instrumentalband ohne Gesang<br />

zu agieren? Gab es überhaupt<br />

einen Zeitpunkt, an dem ihr<br />

das bewusst entschieden habt<br />

oder hat sich das in den Anfangstagen<br />

der Band ganz natürlich<br />

ergeben?<br />

Niklas: Für uns ist es überhaupt keine<br />

große Sache, ob die Songs nun Gesang<br />

beinhalten oder nicht. Es gibt ebenso<br />

viel großartige instrumentale Musik wie<br />

es tolle Bands gibt, die auf das Element<br />

der Stimme zurückgreifen.<br />

Viktor: Wir wollen einfach coole Rockmusik<br />

spielen, ohne dabei zu sehr den<br />

üblichen überstrapazierten Rock ´n´ Roll-<br />

Klischees anheim zu fallen. Es hat sich<br />

ganz einfach aus dem natürlichen Verlauf<br />

der Dinge ergeben, dass wir als<br />

instrumentale Band angefangen haben.<br />

Eine ganze Weile lang waren wir damit<br />

zufrieden, mittlerweile allerdings arbeiten<br />

Alarma Man<br />

wir schon im Proberaum öfters auch mal<br />

mit Vocals.<br />

49<br />

nN: Um den Werdegang von Alarma<br />

Man mal ein bisschen genauer zu<br />

veranschaulichen: Wann und wie<br />

habt ihr als Band zusammengefunden?<br />

Calle: Niklas und ich haben angefangen<br />

zusammen zu spielen, nachdem wir<br />

2001 unseren Schulabschluss in der<br />

Tasche hatten. Mit unserem damaligen<br />

Drummer gab es Probleme, woraufhin<br />

Andreas auf den Plan trat und zur Band<br />

hinzustieß. Eine ganze Weile lang war<br />

das unser Line-Up, doch plötzlich entschied<br />

sich unser Gitarrist dazu, die<br />

Brocken hinzuschmeißen. Also überredeten<br />

wir Viktor dazu, der Band beizutreten.<br />

Er war es auch, der das Klangbild<br />

von Alarma Man entscheidend veränderte.<br />

Plötzlich hatten wir mehr Tempo drin<br />

und alles klang viel chaotischer. Erst zu<br />

diesem Zeitpunkt waren Alarma Man<br />

wirklich geboren.<br />

nN: Welcher Szene in Göteborg fühlt<br />

ihr euch zugehörig - wenn überhaupt<br />

einer? Ich könnte mir vorstellen,<br />

dass es schwierig ist,<br />

gleichgesinnte Bands zu finden,<br />

die wie ihr nicht wirklich einem<br />

spezifischen Genre angehören<br />

und sich zwischen alle Stühle setzen.<br />

Andreas: Wir gehören eigentlich zu gar<br />

keiner Szene.<br />

Viktor: Hmm…vielleicht die "Wirklich gute<br />

Liveband"-Szene?


50<br />

Alarma Man<br />

Calle: Alarma Man ist nicht Teil von<br />

etwas anderem. Alarma Man ist Alarma<br />

Man.<br />

nN: Ursprünglich erschien euer Album<br />

in Schweden auf dem kleinen<br />

Label Car Crash Records schon im<br />

letzten Jahr, Sinnbus hat die Veröffentlichung<br />

nun für den deutschen<br />

Markt lizenziert. Wie kam es zu der<br />

Zusammenarbeit?<br />

Andreas: Der Ausgangspunkt war unsere<br />

Zusammenarbeit mit Björn Bauch von<br />

"Under The Stars, Me!", unserer Booking-<br />

Agentur. Durch diesen Kontakt wurden<br />

wir eines Tages gefragt, ob wir nicht<br />

Interesse an einer Kooperation mit Sinnbus<br />

hätten. Nun, wir dachten, das wäre<br />

ganz cool. Und schau an, das ist es tatsächlich.<br />

Viktor: Sinnbus wollten uns, weil wir eine<br />

fantastische Band sind. So leicht ist das.<br />

nN: Was denkt ihr darüber, dass die<br />

Platte außerhalb von Schweden<br />

nun ein zweites Mal veröffentlicht<br />

wird? Ist das nicht eine Art Déjà-Vu<br />

für euch, eine Wiederholung eines<br />

abgeschlossenen Kapitels eurer<br />

Band-Historie?<br />

Niklas: Nein, eigentlich nicht. Ich finde<br />

das wundervoll! Wir sind noch immer<br />

stolz auf das Album und es macht auch<br />

noch immer viel Spaß, diese Songs live<br />

zu spielen. Da wir in der Zwischenzeit<br />

auch schon an neuem Material werkeln,<br />

fühlt es sich für uns auch nicht wirklich<br />

wie ein Rückschritt an.<br />

Viktor: Es ist doch einfach toll, dass sich<br />

überhaupt jemand für unsere Musik interessiert!<br />

Ich sehe die erneute Veröffentlichung<br />

einfach als kostenlosen Bonus für<br />

uns an.<br />

nN: In Schweden habt ihr dieses Jahr<br />

eine Twelve-Inch mit euren Car<br />

Crash-Labelmates Knife And Ape<br />

veröffentlicht, auf der ihr eure<br />

Songwriter-Palette erstmals um<br />

Vocals ergänzt habt. Ist das die<br />

Richtung, die ihr auch in Zukunft<br />

verfolgen werdet? Was steht als<br />

nächstes an im Alarma Man-Kosmos?<br />

Andreas: Unser Ziel wird es sein, ein<br />

noch besseres Album zu machen und<br />

den Vorgänger zu übertreffen. Sicher ist,<br />

dass einige der neuen Songs Gesang<br />

beinhalten werden und andere wiederum<br />

instrumental bleiben. Es wird eine gute<br />

Mischung sein.<br />

nN: Was versprecht ihr euch von der<br />

Deutschland-Tour im November?<br />

Im Mai wart ihr schon mal hier, was<br />

für Erfahrungen habt ihr da<br />

machen können?<br />

Niklas: Ich bin mir ziemlich sicher, dass<br />

es fabulös werden wird. Wir lieben es,<br />

auf Tour zu sein. Im Rahmen unseres<br />

Mai-Besuchs haben wir vor allem gelernt,<br />

auf deutschen Fußböden zu schlafen.<br />

Viktor: Ich bin schon ziemlich aufgeregt<br />

und freue mich total auf Deutschland.<br />

Hoffentlich werden wir vor mehr<br />

Zuschauern und in größeren Clubs spielen<br />

können als bisher. Es ist ein gutes<br />

Gefühl und eine Art Belohnung, wenn<br />

sich dein Publikum von Tour zu Tour kontinuierlich<br />

vergrößert.<br />

nN: Letzte und vielleicht schwierigste<br />

Frage: Was glaubt ihr, wäre ein<br />

angemessener Tanzstil im Rahmen<br />

eines Alarma Man-Konzerts?<br />

Andreas: Macht einfach, was ihr wollt.<br />

Calle: Ihr solltet uns imitieren!<br />

Viktor: Frag mal Napoleon Dynamite…<br />

Patrick Agis-Garcin<br />

http://www.alarmaman.<strong>com</strong><br />

http://www.sinnbus.dea<br />

Photos im Streifen:rotea FLora Hamburg


1.Tag / Donnerstag, 03.08.06<br />

Nach einer gemütlichen Zugfahrt, in der ich<br />

das tolle Steinbeck (Lest auch die Früchte<br />

des Zorns oder Tortilla Flat) Buch "Jenseits<br />

von Eden" fertig lesen konnte, kam ich voller<br />

Vorfreude am Halderner Bahnhof an. Dort<br />

hatten Mitarbeiter einer regionalen Biermarke<br />

einen Shuttle für das Gepäck eingerichtet,<br />

von dem ich aber keinen Gebrauch machte.<br />

Etwas überrascht kam ich dann am Zeltplatz<br />

an, denn dieser war für Donnerstagfrühnachmittag<br />

ordentlich gefüllt. Meine ersten Begleiter<br />

waren auch schon da und so ging es an<br />

den Zeltaufbau. Danach wurde noch ein<br />

großer, kleiner Abstecher ins kulinarische<br />

Haldern gemacht. Wieder zurück gingen wir<br />

direkt über Los und zogen uns im wundervollen<br />

Spiegelzelt die ersten fünf Bands rein.<br />

Den viel versprechenden Auftakt machten<br />

die dreckig-rockenden Kanadier The Waking<br />

Eyes. Leider kämpften die nachfolgenden<br />

Mystery Jets trotz guter Songs mit der richtigen<br />

Mischung, so dass mich Vater und Sohn<br />

Harrison samt Mitstreiter nicht so überzeugen<br />

konnten. Als Martha Wainwright nur mit<br />

einer Akustikgitarre die Bühne enterte, war<br />

ich noch gespannt. Diese positive Interessiertheit<br />

sollte sich schnell in eine extreme<br />

Verspanntheit verwandeln. Ich bekam richtig<br />

gehend Angst vor ihrer Stimme. So müssen<br />

sich die Normannen bei dem Konzert<br />

von Troubadix gefühlt haben. Leider<br />

wurde es danach mit dem affig-affektierten<br />

Melancholiker Joos Zweegers und seiner<br />

Band Novastar nicht viel besser. Aus Angst<br />

wurde Genervtheit an dem belanglos elegischen<br />

Gedudel.<br />

Glücklicherweise wussten Lambchop diese<br />

negativen Gefühle vollkommen zu löschen.<br />

Immer wieder eine Freude, Herrn Wagner<br />

(bei dem selbst ein Soundcheck kurzweilig<br />

wird) bei der Arbeit/Muße zu sehen. Ein<br />

einfach schönes Betthupferl.<br />

2.Tag / Freitag, 04.08.06<br />

Die Hollywood Porn Stars machten den<br />

Auftakt ohne mich, die Dänen Utah hörte ich<br />

zu kurz, um mir eine Meinung zu bilden. Aber<br />

ich wollte ja auch vor allem Daniel Benjamin<br />

sehen, dessen gleichnamiges Debütalbum<br />

einige Indiepopperlen ( "Beautiful") enthält.<br />

Doch der hatte heute jedenfalls seinen<br />

koketten Tag und seine Band war leider<br />

nicht wirklich gut. Ich bin jedenfalls froh für<br />

ihn, dass er das ganze Konzert überstanden<br />

hat und nicht aus lauter Bescheidenheit im<br />

Boden versunken ist. Schade, da hätte ich<br />

doch lieber Anna Ternheim gesehen und<br />

gehört. Dafür lieferten die jungen Briten von<br />

Mumm- Ra mit ihrem Mix aus Beach Boys,<br />

Kinks und Beta Band eine wirklich gute Leistung<br />

ab. Vor allem der sehr energiegeladene<br />

Sänger zog in seinen Bann. Vom Zelt ging es<br />

nun an die Freiluftbühne, und am Himmel<br />

braute sich Ungemütliches zusammen. Ich<br />

hörte Jochens Stimme im Ohr gleichwie Elias<br />

Warnung vor Ahab. Zunächst war zwar nicht<br />

alles klar, doch regnete es auch nicht und<br />

Morning Runner gefielen. Die Zutons wirbelten<br />

dann mit ihrem späten 60er Repertoire<br />

über die Bühne und überzeugten durch große<br />

Harmonie und Spielfreude. Leider konnten<br />

auch sie die Regenwolken hinweghuhuen<br />

(vielleicht hätten sie "Pressure point" spielen<br />

müssen), und so nahm das Unheil dann bei<br />

We Are Scientists seinen Lauf, so dass ich<br />

nach 2 Songs klatschnass Richtung eigenes<br />

Luxus-Igluzelt waten musste. Da dieses auch<br />

schon 20 Jahre auf dem Buckel hat und nicht<br />

mehr ganz dicht ist, war dort Wasser schöpfen,<br />

warten und hoffen angesagt. So spielten<br />

auch The Cooper Temple Clause ohne<br />

mich, wobei ich die eh nicht so toll finde.<br />

Doch meine Helden Motorpsycho wollte<br />

ich auf keinen Fall verpassen. So packte ich<br />

mich unwetterfest ein, schwankte wie ein<br />

Michelinmännchen durch den Matsch und<br />

blieb erst direkt vor der Bühne stehen, wo<br />

die Herren Saether und Ryan ein psychedelisches<br />

Soundgewitter aufziehen ließen, um<br />

das Reale in seine Schranken zu weisen.<br />

Homöopathisches Prinzip erfolgreich, und<br />

nach einer Reise durch die letzten 20 Bandjahre<br />

wich das Lächeln nicht mehr aus meinem<br />

Gesicht und ich konnte plötzlich auf dem<br />

Wasser gehen. Die Haldern- Dinosaurier<br />

(bereits Anfang der 90er Headliner) Element<br />

of Crime konnten mit ihrer romantischen Art<br />

Pluspunkte sammeln und bereiteten das Feld<br />

für mein persönliches Festival- Highlight:<br />

Mogwai. Wieviel hatte ich zuvor schon von<br />

den Live-Auftritten der Glasgower gelesen.<br />

Nun kamen sie mit Reiserucksäcken beladen<br />

auf die Bühne und ich dachte noch..., doch<br />

die Band spielte schon und ich dachte gar<br />

nichts mehr. Mogwai tauchen tief, fliegen<br />

hoch und nehmen einen mit auf eine Reise<br />

vom Beginn der Erde bis zu ihrem Untergang<br />

liveDabei: Haldern Special 51<br />

Haldern - Pop Festival<br />

03.08.06 - 05.08.06<br />

(dem vierten laut den Hopis). Einzig und<br />

allein Godfrey Reggios großartiger Film<br />

"Koyaanisqatsi" kam mir in den Sinn.<br />

Für die Revs und Final Fantasy, die noch<br />

im Zelt spielten, war kein Platz mehr im<br />

Kopf, doch der kanadische Violinist Owen<br />

Pallett, der die letzte Fantasie verkörpert,<br />

zog wie aus zuverlässiger Quelle zu erfahren<br />

war die Haldern Gemeinde noch sehr in<br />

seinen Loop-Bann.<br />

3.Tag / Samstag, 05.08.06<br />

Die erste Band, die ich heute zu hören<br />

bekam waren die guten, pop-punkigen Rifles,<br />

als ich im Halderner See schwamm. Hernach<br />

überraschte mich mit den Islands erneut eine<br />

kanadische Combo äußerst positiv, was ich<br />

von den Guillemots mit ihrem nervig sophisticatetem<br />

Mix aus Hippie- Appeal und lärmigen<br />

Ethnoeinflüssen nicht behaupten kann.<br />

Leider musste ich wegen Schmerzen in meinem<br />

Fuß das Gelände verlassen und konnte<br />

die fantastische Live- Show der Wrens, den<br />

Urgesteinen New Jerseys, nicht mitverfolgen.<br />

Diese hatten zwei Wochen zuvor in Heidelberg<br />

so dermaßen das Karlstor gerockt, na,<br />

ich kann Euch sagen. Bei den Kooks war ich<br />

dann wieder da, doch die arrogante Art des<br />

Sängers ließ durchaus vorhandenen Spaßfaktor<br />

sinken. Der gefällige Paolo Nutini<br />

spielt auch auf dem New Pop Festival -<br />

keine Kanten, alles glatt. Dies kann man<br />

von James Dean Bradfield, dem Mann,<br />

der sich selbst gern als "kleinen walisischen<br />

Schlumpf, der auf der Bühne versucht,<br />

Gitarre zu spielen" und Kopf der Manic<br />

Street Preachers ist, wahrlich nicht behaupten.<br />

Doch sein Auftritt war auch nicht mehr<br />

als gut. Er machte Platz für Neil Hannon<br />

(Divine Comedy), der sein Wohnzimmer<br />

betrat und mit dem Publikum zu spielen<br />

begann. Kaum jemanden hat das Publikum<br />

hier so ins Herz geschlossen wie den lässigen<br />

und humorvollen Briten, der dieses Jahr<br />

für seine Verhältnisse richtig auf die Tube<br />

drückte. Da der Fuß immer höllischer weh<br />

tat, sagte ich dem Haldern und seinen tollen<br />

Securitymen nach diesem gelungenen<br />

Abschluss leise Servus. Mit einer Träne<br />

im Knopfloch, denn Kante zu verpassen<br />

schmerzte auch ein wenig.<br />

Mario Kiermeier


52<br />

videoThek<br />

Sasori - Jailhouse 41 Vol. 2<br />

Japan 1972<br />

Regie: Shunya Ito<br />

89 Minuten<br />

Rapid Eye Movies (aus der Reihe Nippon Classics)<br />

www.rapideyemovies.de<br />

Wow. Was? Jetzt auch noch drüber schreiben? Okay... Nunja. Heftig? Heftig.<br />

Ersteinmal zu Beginn: Für den Westeuropäer ist das schon nicht ganz so leicht<br />

verdauliche Kost. Diese brutale Langsamkeit der Schnitte, der Kameraführung.<br />

Diese Totalen. Diese krasse Story. Moment, Story? Es gibt Vergewaltigungsszenen,<br />

Entmannungen (konsequenterweise auch dieses), viel (nicht ganz so realistisches)<br />

Blut, Brutalität, fiese Grimassen und all so'n Zeuch. Gespickt mit<br />

Mystischem und Mythischem, mit kulturellen Hintergründen, die wir gar nicht<br />

kapieren können, falls wir nicht (Hallo Carsten Collenbusch!) Japanologen sind.<br />

Auch für mich, der Takeshi Kitano zu einem seinen Lieblingsfilmmacher zählt -<br />

unvergessen das so gnadenlos geniale Hana Bi, Violent Cop, Brothers, und<br />

noch so viele Outputs, bei denen "Beat" seine Finger im Spiel hat - ist der Film<br />

erst mal nur heavy. Aber es gibt da wohl eine Story, basierend auf dem ersten<br />

Film der Sasuri-Reihe: Die Hauptakteurin ist in einem äußerst brutalen Gefängnis<br />

-wohl nicht ohne Grund- untergebracht, sadistische Spiele der Gefängniswärter<br />

natürlich an der Tagesordnung. Nach einer Flucht mit anderen weiblichen<br />

Gefangenen sehen sich jene einer Katz-und-Maus-Flucht ausgesetzt, in dem<br />

die Rollen der Jäger und Gejagten nicht ganz so fix<br />

festgelegt sind. Männer werden als bedrohliche<br />

sexualtriebgesteuerte (aber auch armselige und<br />

lächerliche) Wesen dargestellt, Frauen als Objekt der<br />

Begierde, die aber nicht weniger gefährlich sind.<br />

Grenzenlose Brutalität und Erniedrigung beider<br />

Lager bestimmen die Tagesordnung.<br />

Dazwischen immer wieder surreale<br />

mythische Sequenzen, wie eingangs<br />

schon berichtet. Das alles zieht sich<br />

durch bis zum gnadenlosen Ende...<br />

Ein Film des "Sexploitaion"-Genres<br />

der 70er. Nach dem<br />

Genuss bleibt der rezensierende<br />

Betrachter erst mal ratlos zurück.<br />

Das alles mutet teilweise sehr theater-<br />

, aber auch märchenhaft an;<br />

was ist Realität, was sind Traumsequenzen,<br />

was ist zu ertragen, was geht darüber hinaus, wird aber trotz krassüberspitzter<br />

Darstellung dennoch toleriert? Oft ertappt man sich dabei, zu überlegen,<br />

ob das jetzt gerade wirklich passiert ist, sein kann. Ähnliches ist mir nur<br />

bei Michael Hanekes "Funny Games" wiederfahren, in meinen Augen nebst<br />

David Lynch's "Lost Highway" einer der heftigsten Filme, die mein Leben bisher<br />

kreuzten... Dazu ein wunderschönes Lied, das nicht sehr schmeichelhaft mit<br />

Männern umgeht, aber mit traumhaft schönen Klängen die Flucht und Taten der<br />

Frauen untermalt, sich dabei auch genug Zeit und Wiederholungen nimmt, um<br />

sich in den Kopf zu bohren. Hier gibt es keine Opfer- und keine eindeutigen<br />

Täterrolle, jeder bzw. jede übernimmt diesen Part. Selber angucken? Ja, selber<br />

angucken. Ist natürlich nicht für Jedermann/Jedefrau, interessant zwar, aber<br />

nicht ganz unproblematisch. Für Gedankenwelt, inneren Frieden und moralische<br />

Instanzen. Aber wohl unbedingt notwendig???<br />

Matthias Horn<br />

TNT - Live In Madrid<br />

(MTM/SPV)<br />

TNT sind - der Name lässt's vermuten<br />

- im klassischen Hartwurstsektor<br />

beheimatet und hier<br />

eine der besseren Bands. Mit<br />

vorliegender Live-DVD feiert<br />

sich die Band, die im Laufe ihrer<br />

inzwischen 24jährigen Karriere<br />

etliche Highlights des Melodic<br />

Hardrock-Sektors abgeliefert<br />

hat, zu guten Teilen auch selbst<br />

ab. Hierfür ließen sich Tony Harnell<br />

und seine Gefolgschaft am<br />

1. April 2006 in einem kleinen aber feinen Madrider Club nach<br />

allen Regeln der Kunst hoch leben. Apropos Harnell - der Mann<br />

am Mikro gab am Abend der Aufzeichnung sein TNT-Abschiedskonzert,<br />

was den Erwerb des Silberlings noch einmal interessanter<br />

machen dürfte. Die optische Umsetzung ist mit sechs<br />

Kameras ziemlich gelungen, und die Akustik entspricht dem,<br />

was das Auge tatsächlich sieht - abgesehen von den charakteristischen<br />

(und in der Tat schwer umsetzbaren) Chören. Die<br />

Stimmung im Publikum und auf der Bühne ist durchweg gut, die<br />

Songauswahl mit vielen Klassikern ebenfalls, Mr. Harnell's Stimme<br />

ist nach wie vor einfach beeindruckend und sogar das Solo<br />

von Saitenhexer Ronnie LeTekro fällt angenehm originell aus,<br />

so dass man sich als Hardrock-Freund am Ende nur noch fragen<br />

muss, ob man sich die DVD mit oder ohne der 82-minütigen<br />

Audio-Version des Gigs (mit identischer Setlist) besorgen<br />

soll. Einziges Manko: Es hätten sowohl ein paar Live-Tracks<br />

mehr als auch ein bisschen mehr "Bonus" sein dürfen - die zwei<br />

Mono-Livetakes aus Oslo und vom 2004er Sweden Rock sowie<br />

die Signing-Session vom 2004er Deep Impact Festival kommen<br />

gerade mal auf zehn Minuten. Dennoch ist "Live In Madrid" ein<br />

sehenswertes Dokument einer erstklassigen Melodic Hardrock-<br />

Band geworden, die es in dieser Konstellation bedauernswerter<br />

Weise wohl nicht mehr geben wird.<br />

Heavy<br />

Tokyo Drifter<br />

Japan 1966<br />

Regie: Seijun Suzuki<br />

Länge: 82 Min.<br />

Rapid Eye Movies (aus der Reihe Nippon Classics)<br />

www.rapideyemovies.de<br />

Tetsu ist ein Yakuza-Killer, dessen Syndikat aufgrund eines perfiden<br />

Ränkespiels um Immobilien, Geld und Macht, angezettelt<br />

vom finster-stylischen Yakuzaboss Otsuka, in Trümmern liegt.<br />

Der herrenlose Tetsu muss flüchten, ständig verfolgt von den<br />

Schergen Otsukas. Seine Odyssee entwickelt sich zu einer tödlichen<br />

Reise ohne Wiederkehr, und wie es sich für den japanischen<br />

Yakuza-Film der 60er Jahre gehört, ist Tetsus langer Weg<br />

mit Leichen gepflastert. Soviel zur Story von Tokio Drifter, im<br />

Verlaufe derer der Zuschauer schon mal leicht den Faden verlieren<br />

kann. Bei genauerer Betrachtung erscheint die oberflächlich<br />

vorgetragene Geschichte von Tokio Drifter aber ohnehin<br />

zweitrangig, denn Regisseur Suzuki erweckt den Eindruck, als<br />

läge seine eigentliche Intention nicht in einer stringent und<br />

schlüssig vorgetragenen Handlung. Vielmehr legt er sein<br />

Augenmerk eher auf filmische Ästhetik und natürlich das Innenleben<br />

seiner Figuren, welches er mit filmeigenen Mitteln - so<br />

scheint es zumindest - nach außen zu kehren versucht. Her-


ausragendes Stilmittel ist dabei ein ungewöhnliches Spiel mit<br />

Farben. So ändert sich das Farbarrangement der Mise-en-<br />

Scène während einer Einstellung oftmals schlagartig und einigen<br />

Figuren sind bestimmte Farben zugeordnet. Hinzu kommt<br />

ein immer wiederkehrendes musikalisches Thema, das Tetsu<br />

auf seinem Weg begleitet.<br />

All das verleiht dem Film nicht nur eine ganz besondere Stimmung,<br />

sondern regt den Zuschauer natürlich auch zu wilden<br />

Interpretationen und Spekulationen über die Aussage und Intention<br />

einzelner Szenen an. Witzig erscheint in diesem<br />

Zusammenhang, dass der gealterte Suzuki im auf der DVD als<br />

Extra enthaltenen Interview leicht schmunzelnd zugibt, dass<br />

viele Farbkompositionen und -spielereien nur zufällig bzw. aufgrund<br />

spontaner Ideen am Set zustande kamen und er eigentlich<br />

nie eine bestimmte Aussageabsicht mit den Figurenfarben<br />

und farblichen Arrangements verfolgte...<br />

Insgesamt muss sich Tokio Drifter den Vorwurf gefallen lassen,<br />

dass auf den Style, der natürlich genretypisch eine wichtige<br />

Rolle spielt, etwas zu viel Gewicht gelegt wurde. Darunter leidet<br />

nicht nur - wie oben schon erwähnt - die Story, sondern mit<br />

zunehmender Filmdauer auch der Sehspaß. Denn irgendwie<br />

hat mich der Film trotz der zahlreichen visuellen Spielereien und<br />

der sich daraus ergebenden Vieldeutigkeit, trotz der teils beeindruckenden<br />

Einstellungen und trotz der dargebotenen Tragik<br />

der Figur des Tetsu nicht gepackt. Vieles war mir einerseits zu<br />

gewollt und an anderer Stelle dann auch wieder zu unmotiviert.<br />

Wohl eher was für Rezipienten, denen die Form wichtiger ist als<br />

die Funktion.<br />

Jochen Wörsinger<br />

Tokyo Fist<br />

Japan 1995<br />

Regie: Shinya Tsukamoto<br />

Länge: 87 Min.<br />

Rapid Eye Movies<br />

www.rapideyemovies.de<br />

Tsuda und seine Freundin Hizuru führen eine tröge Alltagsbeziehung,<br />

in der jegliche Spontaneität und jedwedes (sexuelles)<br />

Verlangen über die Jahre verloren gegangen sind. Er arbeitet<br />

mehr oder minder desillusioniert als Versicherungsvertreter. Ihre<br />

größte Herausforderung ist es, pünktlich zu Tsudas Feierabend<br />

das in der Designerküche zubereitete Abendessen auf den<br />

Tisch zu stellen. In diese festgefahrene Eintönigkeit tritt unvermittelt<br />

der Profiboxer Kojima, der seinem alten Schulfreund<br />

Tsuda eines Tages zufällig über den Weg läuft. Zum Ungemach<br />

Tsudas häufen sich Kojimas unangemeldete Besuche zusehends<br />

und er merkt, wie seine Freundin Hizuru immer mehr von<br />

der testosterongetränkten Anziehungskraft des mysteriösen<br />

Schulfreundes fasziniert ist. Sie trennt sich schließlich von<br />

Tsuda, verfällt einem zerstörerischen Masochismuswahn, der<br />

bis zur Selbstverstümmelung reicht und zieht zu Koijma. Der<br />

gehörnte Tsuda, zutiefst gekränkt und angetrieben von blinder<br />

Wut, versucht Kojima mit seinen eigenen Waffen zu schlagen<br />

und stürzt sich seinerseits fast wahnhaft ins Boxtraining. Sein<br />

videoThek<br />

53<br />

einziges Ziel dabei: Rache an Kojima. Erst im weiteren Verlauf der Geschichte<br />

wird klar, dass Tsuda und Kojima eine dunkle Abmachung aus den gemeinsamen<br />

früheren Schultagen verbindet, an die sich aber offensichtlich nur Kojima<br />

gehalten hat...<br />

Was sich hier recht spannend und wie ein interessantes Psychogramm liest, ist<br />

filmisch leider oft nur reichlich halbgar umgesetzt. Einige Wendungen erscheinen<br />

ziemlich willkürlich und auch die wahnhafte Entwicklung der Charaktere<br />

sowie die damit verbundenen Handlungsmotive sind stellenweise nur schwerlich<br />

nachzuvollziehen. Dem Experimentalfilmer und Regisseur des bei Kritikern<br />

und Publikum umstrittenen Kunstfilms "Tetsuo: The Iron Man" Shinya Tsukamoto<br />

gelingt es trotz einer teils sehr symbolträchtigen Filmsprache (Farbfilter,<br />

Handkamera und starkes Gewicht auf deskriptive Montage) nur unzureichend,<br />

dass der Zuschauer den Protagonisten ihre fast schon pathologischen Obsessionen<br />

abnimmt und sich mit der düsteren, auf Perversion und körperliche Metamorphose<br />

referierenden Thematik identifiziert. Vieles<br />

erscheint seltsam unausgesprochen, und oft<br />

steht man vor einer dramaturgischen<br />

Lücke oder sucht den Missing Link.<br />

So steigert sich der Film zusehends<br />

in eine matschige Gewaltorgie,<br />

die zugegebenermaßen<br />

beeindruckend inszeniert ist<br />

und in ihrer Ästhetik an die<br />

surrealen (Körper-)Welten<br />

eines David Cronenberg<br />

erinnert. Als Zuschauer<br />

bleibt man aber seltsam<br />

unberührt zurück und fragt<br />

sich etwas ratlos, warum das<br />

denn nun alles so gekommen<br />

ist. Ich denke das muss man<br />

mögen, um es gut zu finden.<br />

Jochen Wörsinger


54<br />

terMine<br />

2nd DISTRICT<br />

20.10.06 Schwerte - Rattenloch<br />

27.10.06 Hannover - Chez Heinz<br />

03.12.06 Donauwörth - Juz tbc<br />

22.12.06 Bochum - Zwischenfall*<br />

28.12.06 Essen - Punk Im Pott Festival<br />

* + Heartbreak Engines<br />

AIDS WOLF<br />

11.11.06 Würzburg - Cafe Cairo<br />

13.11.06 Hamburg - Hafenklang<br />

14.11.06 Bremen - TBA<br />

17.11.06 Saarlouis - Juz Saarlouis<br />

18.11.06 Esslingen - Komma<br />

AMPERSAND<br />

07.12.06 Jena - Café Wagner<br />

08.12.06 Leipzig - Die Nato<br />

13.01.07 Essen - KKC<br />

JASON ANDERSON<br />

11.10.06 Berlin - Trompete<br />

13.10.06 Dresden - Art Der Kultur<br />

19.10.06 München - Kafé Kult<br />

20.10.06 Esslingen - Komma<br />

BLACKMAIL<br />

10.10.06 Konstanz - KuLa<br />

15.10.06 München - Feierwerk e.V.<br />

16.10.06 Regensburg - Alte Mälzerei<br />

17.10.06 Erlangen - E-Werk<br />

18.10.06 Würzburg - AKW!<br />

19.10.06 Leipzig - Conne Island<br />

20.10.06 Cottbus - Gladhouse<br />

21.10.06 Potsdam - Waschhaus e.V.<br />

27.10.06 Kaiserslautern - Kammgarn<br />

28.10.06 Köln - Gebäude 9<br />

BLUNOISE FESTIVALS<br />

09.10.06 Hamburg - Studio One<br />

Nova Drive & American Lead Guitar<br />

19.10.06 Osnabrück - Kleine Freiheit<br />

ULME, Pendikel<br />

03.11.06 Köln - Blue Shell<br />

Nova Drive, American Lead Guitar &<br />

Gästen<br />

BRATSCH<br />

14.10.06 Köln - Philharmonie<br />

01.12.06 Waiblingen -<br />

Kulturhaus Schwanen<br />

THE CLERKS<br />

31.10.06 Hürth - Bürgerhaus<br />

26.12.06 Bergheim - Medio<br />

DANKO JONES/GOGOL BORDEL-<br />

LO/BEDOUIN SOUNDCLASH<br />

08.11.06 Köln - E-Werk<br />

10.11.06 Filderstadt - Filharmonie<br />

21.11.06 Wiesbaden - Schlachthof<br />

22.11.06 Berlin - Columbiahalle<br />

23.11.06 Hamburg - Docks<br />

THE DRONES<br />

20.10.06 Freiburg - Rattenspiegel<br />

THOMAS DYBDAHL<br />

28.10.06 Hamburg - Molotow<br />

<strong>30</strong>.10.06 Köln - Studio 672<br />

31.10.06 Berlin - Lido<br />

FACE ABOUT FACE<br />

20.10.06 Bayreuth - Glashaus<br />

23.10.06 Erfurt - Jugendhaus Fritzer<br />

24.10.06 München - Sunny Red<br />

25.10.06 Hildesheim -<br />

Kulturfabrik Löseke<br />

26.10.06 Cottbus - La Casa<br />

27.10.06 Berlin - Antje Öklesund<br />

28.10.06 Halle - Reilstrasse<br />

GAGARIN<br />

10.10.06 München - Kranhalle<br />

11.10.06 Darmstadt - Centralstation<br />

15.10.06 Dortmund - FZW<br />

16.10.06 Bremen - Junges Theater<br />

17.10.06 Berlin - Quasimodo<br />

18.10.06 Dresden - Star Club<br />

19.10.06 Hamburg - Fabrik<br />

GOB SQUAD<br />

14.10.06 Hamburg - Planet Subotnik<br />

16.11.06 Kiel - Schaubude<br />

21.11.06 Bonn - Bla<br />

16.12.06 Lichtenau-Immeldorf -<br />

Weißes Roß<br />

PETER HAMMILL<br />

15.11.06 Berlin - Quasimodo<br />

16.11.06 Erfurt - Museumskeller<br />

17.11.06 Halle - Objekt 5<br />

18.11.06 Auerbach -<br />

Göltzschtalgalerie Nicolaikirche<br />

19.11.06 Nürnberg - Hirsch<br />

20.11.06 Bonn - Harmonie<br />

MAXIMILIAN HECKER<br />

20.10.06 Magdeburg - Feuerwache<br />

21.10.06 Essen - Grend<br />

22.10.06 Darmstadt - Centralstation<br />

28.10.06 Aachen - Musikbunker<br />

29.10.06 Saarbrücken - Helmutt<br />

31.10.06 München - Orange House<br />

14.11.06 Hamburg - Uebel & Gefährlich<br />

15.11.06 Berlin - Roter Salon<br />

16.11.06 Dresden - Star-Club<br />

17.11.06 Bielefeld - Forum<br />

THE HIDDEN CAMERAS<br />

11.10.06 Dortmund - Pauluskirche<br />

12.10.06 Hamburg - Übel & Gefährlich<br />

25.10.06 Leipzig - Schaubühne<br />

27.10.06 München - Atomic<br />

28.10.06 Salzburg - Rockhouse<br />

02.11.06 Erlangen - E Werk<br />

03.11.06 Berlin - Volksbühne<br />

HOBOTALK<br />

02.11.06 Dortmund - FZW<br />

04.11.06 Kempen - Kuba<br />

06.11.06 Hamburg - Knust<br />

11.11.06 Schwerin - Speicher<br />

JAPANTHER/THE GOOD GOOD<br />

10.10.06 Leipzig - Fruehauf<br />

11.10.06 Bielefeld - AJZ<br />

12.10.06 Mainz - KUZ<br />

LAMPSHADE<br />

17.10.06 Köln - Gebäude 9<br />

18.10.06 München - Feierwerk<br />

20.10.06 Hannover - Musikzentrum<br />

21.10.06 Kassel - Musiktheater<br />

22.10.06 Dresden - Scheune<br />

23.10.06 Berlin - White Trash<br />

24.10.06 Wetzlar - Franzis<br />

25.10.06 Jena - Rosenkeller<br />

26.10.06 Bonn - Mausefalle<br />

27.10.06 Bielefeld - Forum<br />

28.10.06 Erfurt - Museumskeller<br />

MIDLAKE/FIONN REGAN<br />

16.10.06 Dresden - Star-Club<br />

17.10.06 München - Orange House<br />

18.10.06 Stuttgart - Schocken /<br />

19.10.06 Bonn - Harmonie<br />

26.10.06 Berlin - Mudd-Club<br />

27.10.06 Hamburg -<br />

Uebel & Gefährlich<br />

NOVA DRIVE<br />

09.09.06 Frankfurt - Im Bett<br />

17.11.06 Berlin - Schokoladen<br />

PENDIKEL<br />

19.10.06 Osnabrück -<br />

Kleine Freiheit + ULME<br />

20.10.06 Hannover -<br />

UJZ Korn + Clara Motors<br />

21.10.06 Darmstadt -<br />

Oettinger Villa + ULME<br />

04.11.06 Aachen - JZ + Nicoffeine<br />

05.11.06 Münster - Gleis 22 +<br />

Don Caballero<br />

09.11.06 Jena - Rosenkeller + ULME<br />

10.11.06 Berlin - Magnet Club + ULME<br />

16.11.06 Frankfurt - Das Bett<br />

17.11.06 Marburg - Café Trauma (tba)<br />

23.11.06 Hamburg - Astra Stube (tba)<br />

PERE UBU<br />

10.10.06 München -<br />

Kranhalle/Feierwerk<br />

11.10.06 Darmstadt - Centralstation<br />

12.10.06 Bonn - Harmonie<br />

15.10.06 Dortmund - FZW<br />

16.10.06 Bremen - Junges Theater<br />

17.10.06 Berlin - Quasimodo<br />

18.10.06 Dresden - Starclub<br />

19.10.06 Hamburg - Fabrik<br />

THE POPZILLAS<br />

13.10.06 Stuttgart - Universum<br />

19.10.06 Hamburg - Studio One<br />

20.10.06 Emden - Alte Post<br />

13.01.06 Königshofen - Kulturschock<br />

LUKAS SIMONIS<br />

27.10.06 Bremen - Zakk<br />

28.10.06 Hamburg - Horbar<br />

29.10.06 Berlin - Ausland<br />

SOMETREE<br />

19.10.06 Würzburg - Cafe Cairo<br />

20.10.06 Donauwörth - Stellwerk<br />

21.10.06 Weinheim - Café Central<br />

26.10.06 Fulda - Kulturkeller<br />

27.10.06 Waldshut - Kornkeller<br />

28.10.06 Saarbrücken - Garage<br />

29.10.06 Gießen - MUK<br />

SPOKE<br />

27.10.06 München - Feierwerk<br />

TAPE<br />

20.10.06 Münster - Cuba<br />

TOOL<br />

18.11.06 München - Zenith<br />

03.12.06 Oberhausen -<br />

König-Pilsener ARENA<br />

04.12.06 Leipzig - Arena<br />

05.12.06 Stuttgart - Porsche Arena<br />

12.12.06 Mannheim - Maimarktclub<br />

TRANSMISSIONARY SIX<br />

13.10.06 Münster - Cuba<br />

16.10.06 Bonn - Mausefalle 33 1/3<br />

17.10.06 Halle - Saale, Objekt 5<br />

18.10.06 Frankfurt - Main, Das Bett<br />

19.10.06 Neu-Ulm - Café d'art<br />

26.10.06 Augsburg - Kerosin<br />

27.10.06 Berlin - Mudd Club<br />

28.10.06 Zossen - Energie Café<br />

29.10.06 Dresden - Dreikönigskirche<br />

02.11.06 Nürnberg - K 4<br />

ULME/GOODWITCH OF THE<br />

SOUTH*/PENDIKEL**<br />

19.10.06 Osnabrück - Kleine Freiheit**<br />

09.11.06 Jena - Rosenkeller**<br />

10.11.06 Berlin - Magnet Club**<br />

11.11.06 Spremberg - JC Erebos<br />

01.12.06 Dortmund - Soundgarden<br />

02.12.06 Bielefeld - Forum<br />

17.01.07 Heidelberg - Schwimmbad*<br />

19.01.07 Flensburg - Kühlhaus*<br />

20.01.07 Hamburg - Logo*<br />

03.02.07 Potsdam - Waschhaus*<br />

VOLT<br />

25.10.06 München - Kafe Kult<br />

WILLIARD GRANT CONSPIRACY<br />

(SOLO)<br />

17.10.06 Karlsruhe - Jubez<br />

18.10.06 Wetzlar - Franzis<br />

19.10.06 Kiel - Weltruf<br />

20.10.06 Hamburg - Hasenschaukel<br />

21.10.06 Dortmund - Pauluskirche<br />

WOVEN HAND<br />

16.11.06 A-Salzburg - Nonntal<br />

17.11.06 Geislingen - Rätschenmühle<br />

20.11.06 Frankfurt - Brotfabrik<br />

21.11.06 Essen - Zeche Carl<br />

Ansonsten<br />

Hausmusik Festival. 15 Jahre<br />

Hausmusik - 27./28.10.06 München -<br />

Feierwerk<br />

Tied and Tickled Trio, MS John Soda,<br />

Fred Is Dead (sic!), Couch, Squares<br />

On Both Sides, Spoke, A Million Mercies,<br />

ISO 68, Carlo Fashion, Fonoda.<br />

Plus Comicausstellung und Lesung.<br />

www.hausmusik.<strong>com</strong>/konzerte.html<br />

Music Unlimited - 10./11./12.11.06<br />

Wels (A) - Schlachthof<br />

The Ex, Mohammed Jimmy Mohammed,<br />

Attwenger feat. Fred Frith, Zeena<br />

Parkins, Thermal, Carla Kihlstedt &<br />

Stevie Wishart & Fred Frith, Charming<br />

Hostess, Iswhat?! u. a.<br />

www.musicunlimited.at<br />

American Music Club performs<br />

silent film "Street Angel" -<br />

22.11. Hamburg - Fabrik<br />

Die Band um Mark Eitzel und "spezial<br />

guests" (u.a. von The Residents fame)<br />

spielen live die Musik zum Stummfilm<br />

"Street Angel".

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