reViews 30 - Noisy-neighbours.com
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<strong>30</strong><br />
<strong>reViews</strong><br />
Madsen -<br />
Goodbye Logik<br />
(Universal)<br />
Erinnerungsarbeit.<br />
Selig waren<br />
eine saustarke<br />
Neuentdeckung.<br />
Sie erzählten von sich als Brüder im musikalischen<br />
Geiste, auf einem eigenen<br />
Planeten, beschrieben die Band als Ort<br />
einzigartiger Energie, ihre Konzerte waren<br />
Feste ungehemmter Ekstase, ihre<br />
Plattenfirma Sony sah sie auf Ewigkeit<br />
auf dem Deutsch-Rock-Olymp. Also<br />
wurde die Band durch die Konzerthallen<br />
gejagt, im Tourbus mussten die neuen<br />
Songs entstehen. Ergebnis: Die zweite<br />
Platte wurde zur Readers-Digest-Ausgabe<br />
der ersten. Livestyle ersetzte Substanz.<br />
Die Euphorie wurde zur müde<br />
nachgeäfften lächerlichen Pose und es<br />
machte mich zunehmend traurig, miterleben<br />
zu müssen, wie die Industrie eine<br />
junge, tolle Band kaputtmachte, statt auf<br />
die anfangs besinnungslos euphorisierten<br />
Jungs ein wenig aufzupassen und<br />
sie durch intensive Begleitung einzunorden.<br />
Daran musste ich denken, als ich<br />
die erste Madsen-CD rezensierte. Denn<br />
das war genau so toll, unverkrampft, direkt<br />
und gut, ehrlich und ohne erkennbare<br />
Kalkulation generationstypisch.<br />
Post-Grunge ohne Depri, subjektive Authentizität<br />
und knuddelige Sachlichkeit.<br />
Der Verzicht auf jegliches Sendungsbewusstsein.<br />
Trotzdem inhaltliche Anmerkungen<br />
aus eigenem Erleben. Stark. Erster<br />
Eindruck der neuen Scheibe: „Du<br />
schreibst Geschichte“ als Hymne derer,<br />
die noch an eine Chance für ein gutes<br />
Morgen glauben. Denn wir sind Subjekte,<br />
nicht Objekte des eigenen Lebens.<br />
Einfach so als Behauptung in den<br />
Raum gerockt. Möchte ich auch dran<br />
glauben und tu es auch die meiste Zeit.<br />
Schöne Nummer. Track 2: „Ein Sturm“ -<br />
die Antithese, in der „unsichtbare Ketten<br />
unsere Neugier lahm legen“. Eher unentschlossen<br />
im üblichen Madsen-Style<br />
nach vorne rumpelnd, nett, unangreifbar<br />
und eben deshalb langweilig. Danach<br />
ein öder Schmuserocker, der über einen<br />
vagen Vergleich zwischen einem Bonnie-and-Clyde-like-Liebespaar<br />
und<br />
`nem Geister-Piratenschiff ohne Ziel<br />
hinaus schlicht nichts anzubieten hat.<br />
Der Titeltrack des Albums beweist dann<br />
wieder mehr Punch, auch, wenn schon<br />
im Refrain der Eindruck wieder aufgewärmter<br />
Erstlings-Zutaten aufkommt.<br />
Tja, und dann retten Madsen eben mal<br />
so die Welt und da gefällt mir die Chose<br />
wieder - sie sind da stark, wo ihre demonstrative<br />
Naivität ungehemmt nach<br />
vorne rockt, wo sie ohne schlechtes Gewissen<br />
im ungebremsten Schaum die<br />
doofen Fragen stellen. Unzerbrechlich<br />
also die Grundsubstanz der Jungs aus<br />
dem Wendland, deren positivere Stimmungslage<br />
dem eigenen Erfolg geschuldet<br />
sein dürfte. Der wird sich mit<br />
dieser Platte verstetigen. Sie haben nun<br />
ihre Fans, die im richtigen Moment bereitwillig<br />
mitklatschen und ansonsten<br />
das Forum ihrer Homepage mit verliebten<br />
Kommentaren voll schreiben. Alles<br />
ist gut, sagt mir die neue Platte, dreht<br />
sich ohne schlechtes Gewissen fröhlich<br />
und beliebig um sich selbst, hinterlässt<br />
weniger Spuren in meinem Gedächtnis,<br />
als ich gehofft hatte. Tja, und da fällt mir<br />
Selig wieder ein. Spätestens beim<br />
„Happy End“, das in seiner substanzlosen<br />
Beliebigkeit nun doch den ersten<br />
Ärger auslöst, bevor 2 feine Rocksongs<br />
den Verriss verhindern. Von „neuem Mut<br />
und neuen Ideen“ schreiben sie, die sausympathischen<br />
Jungrocker aus Castorland.<br />
Hoffentlich haben sie vor der nächsten<br />
Platte mehr Zeit, um sich für diese<br />
Ideen ausreichend Zeit zu lassen.<br />
Liebe Freunde bei Universal, ich gebe<br />
zu, es war kaum möglich, den tollen Erstling<br />
zu toppen. Und der schnelle komplette<br />
Erfolg der Band verführt, gleich einen<br />
drauf setzen zu wollen. Ohne Rükksicht,<br />
und die Jungs glauben Euch<br />
wahrscheinlich sowieso alles, sind vielleicht<br />
sogar selbst der Motor beim sichselbst-überhitzen.<br />
Aber, wo ist das kritische<br />
Korrektiv? Denn gemessen am Potential<br />
der Gruppe ist das hier einfach zu<br />
wenig. Die Jungs brauchen nicht fette 3-<br />
Gang-Menus in überteuerten Hotelzimmern,<br />
sondern den direkten Kontakt zu<br />
Schichtarbeitern und Kuhscheiße und<br />
Milchmann. Sonst wird aus anarchischer<br />
Kraft eine doofe arrogante Neureichenpose.<br />
Und die Luft ist schneller<br />
raus, als ihr ahnt. Und dann wird gecancelt<br />
und die Band war schuld. Von<br />
wegen. Das ginge auf Euer Konto! Also:<br />
Lasst es das nächste Mal bitte bleiben.<br />
Lasst die Fünfe ihren Skat dreschen und<br />
gepflegt einen saufen, lasst sie in Feuerland<br />
abkühlen und Urlaub machen,<br />
sonst brennen sie wie einst die SELIGen<br />
Hamburger wie Wunderkerzen von 2<br />
Seiten ab. Und das wäre doch wirklich<br />
schade. Die Platte ist schon okay. Traurig,<br />
dass so sagen zu müssen. Weil, die<br />
Jungs rocken live wie Sau. Ohne Druck.<br />
Dem müssen sie schnellstmöglich entfliehen.<br />
Bevor es zu spät ist.<br />
Andrasch Neunert<br />
www.madsenmusik.de<br />
The Matches - De<strong>com</strong>poser<br />
(Epitaph/SPV)<br />
Was hier zunächst fast wie Wiener Kaffeehaus-Musik<br />
beginnt, wird dann doch<br />
noch zu einem höchst abwechslungsreichen<br />
Rockmusik-Album. Einem Album<br />
im wahrsten Sinne, denn „De<strong>com</strong>poser“<br />
ist eine Zusammenstellung unterschiedlicher<br />
Stilistiken, wobei der einzige rote<br />
Faden, den man zu erkennen glaubt, zunächst<br />
nur die markante Stimme von<br />
Shawn Harris zu sein scheint. Dass sich<br />
hier straight rockende Songs („What Katie<br />
Said“) mit zerhackten Tunes („Papercut<br />
Skin“), nervig-nervösen Arrangements<br />
(„Lazier Than Furniture“), schönen<br />
Melodic-Rockern („My Soft And<br />
Deep“) und hymnischen Klängen („The<br />
Barber's Unhappiness“) abwechseln,<br />
kann nach mehrmaligem Hören allerdings<br />
nicht davon ablenken, dass es<br />
THE MATCHES geschafft haben, ein<br />
beachtliches weil trotz aller Stilvielfalt in<br />
sich stimmiges Scheibchen moderner,<br />
zeitloser Rockmusik abzuliefern. Bei<br />
neun verschiedenen Produzenten ist<br />
das wahrlich nicht selbstverständlich.<br />
Angenehmerweise erinnert mich „De<strong>com</strong>poser“<br />
zudem u.a. wegen Shawn<br />
Harris' Organ häufig an die Coheed And<br />
Cambria. Wer darüber hinaus noch einen<br />
Hit wie das völlig The Darkness-mäßige<br />
„Didi (The Doe, Part 2)“ im Gepäck<br />
hat, kann unterm Strich nur gewinnen.<br />
Heavy<br />
Matou - Home Alone<br />
(Sameway Music Records/M-System)<br />
Matou, über den wir in der vom Label<br />
beigelegten „Gebrauchsinformation“<br />
nur erfahren, dass er mit bürgerlichem<br />
Namen Mathias Pokorny heißt, wandelt
mit seiner - rein akustischen - CD „Home Alone“ an der<br />
Schnittstelle von Pop, Folk und Alternative. Auf den sieben<br />
Tracks zeigt er ohne Einschränkung, dass er nicht<br />
nur ein hervorragender Songwriter, sondern auch ein<br />
vorzüglicher Vocalist ist, dessen Nasal mich ab und an<br />
den von mir hochgeschätzten Kanadier David Celia erinnert.<br />
Aber mit den Vergleichen ist das ja immer so eine<br />
Sache … Dem Interessierten sei angeraten, sich die<br />
„Home Alone“ zuzulegen; die Songs - sicher nicht immer<br />
ganz klischeefrei - liegen deutlich über dem Niveau<br />
des öffentlich-rechtlichen Radiostandards. Tolle<br />
Scheibe - allein: Sie ist mit 22 Minuten etwas kurz geraten<br />
- da sollte Herr Pokorny dringend nachlegen.<br />
Leo<br />
www.samewaymusic.de<br />
Melvins -<br />
Houdine live…A live history of gluttony and lust<br />
(Ipecac / Soulfood)<br />
Dieses Album der Melvins ist wahrscheinlich - mir sind<br />
nicht alle bekannt - das erste, auf dem sich diese Kultband<br />
nicht mehr oder weniger neu erfindet. Liegt kurz<br />
und klar daran, dass dies eine Live-Aufnahme darstellt.<br />
Im Rahmen der „Don´t look back“-Serie von All Tomorrow<br />
Parties, bei der auch andere Bands wie The Stooges,<br />
Gang Of Four oder Dinosaur Jr. eines ihrer wegweisenden<br />
Alben nochmals komplett live spielten, ist<br />
diese Aufnahme entstanden. Von daher gibt es nicht<br />
allzu viel zu dieser Scheibe zu sagen. Zu hören ist das<br />
komplette „Houdini“-Album mit etwas anderer Reihenfolge<br />
und gewissen anderen Parts. Die Aufnahmequalität<br />
ist dabei relativ gut. Als Bassist fungiert Trevor Dunn<br />
von Fantomas (auch ex Mr. Bungle). Houdini ist und<br />
bleibt ein wichtiger Meilenstein im (Noise)Rock Genre.<br />
Ob man diese Aufnahme braucht, soll dabei jede/r für<br />
sich selbst entscheiden. Nach der Wiederveröffentlichung<br />
ihres ersten vergriffenen Albums (wenn auch mit<br />
vielen Bonustracks), einem Melvins Buch, den Liverecordings<br />
der FantomasMelvins Big Band, der vorherigen<br />
zwar interessanten Resteverwertung „Mangled Demos<br />
From 1983“ und der jetzigen Live-Aufnahme<br />
wünscht man sich aber mal wieder richtig aktuelles Material<br />
von den Melvins. Sonst kommt man noch auf<br />
dumme Gedanken über das Alter und sonstiges.<br />
Christian Eder<br />
www.southern.net<br />
No-Neck Blues Band und Embryo -<br />
Embryonnck<br />
(Staubgold)<br />
Eine der vormals innovativen Psychedelic-Kraut Bands<br />
Embryo, die inzwischen aber sehr worldmusic sind, und<br />
die aus der Free-Folk Szene Amerikas stammende No-<br />
Neck Blues Band kollaborieren hier auf diesem<br />
Release. Und man bekommt in etwa das, was man erwartet,<br />
wenn man beide Bands kennt. Frei improvisierte<br />
Proberaumjams, die eben zwischen World Music und<br />
Free Folk angesiedelt sind. Mal als interessanter sich<br />
steigernder Track wie der Opener, öfter aber leider als<br />
eher uninspirierte Improvisationen, die nur auf sich<br />
selbst verweisen und sich manchmal in endlosen<br />
Klangspielereien verlieren ohne eine wirkliche Dynamik<br />
oder besondere Stimmung aufzuweisen. Von dieser<br />
Kollaboration hat man sich doch mehr erwartet. Vor allem<br />
live waren sie wesentlich spannender. Im Zweifelsfall<br />
lege man sich lieber das „Qvaris“ Album der NNCKs<br />
zu.<br />
Christian Eder<br />
www.staubgold.<strong>com</strong><br />
OOIOO - Taiga<br />
(Thrill Jockey / Rough Trade)<br />
Mit überraschend punkig rotzigem<br />
Charme eröffnen OOIOO<br />
ihr aktuelles Album „Taiga“. Zu<br />
treibenden Drums shouten die<br />
vier Japanerinnen fast schon in<br />
GI-Manier Parolenhaftes dem<br />
Hörer entgegen, während im Hintergrund Elektronik<br />
zirpt und Trillerpfeifen agieren. Der Folgetrack lebt anfangs<br />
von jazzigen Drums und Bongos, die dann von<br />
monotonen Bläsern und einem recht eigenwilligen Gesang<br />
begleitet werden, bis er sich nach einiger Zeit wie<br />
eine augenzwinkernd-ironische Barjazz-Version anhört,<br />
bevor er noch ins psychedelisch schräge kippt.<br />
Und so geht es allenthalben weiter auf. Jazzig, elektronisch,<br />
funkig, krautig und immer leicht verschroben kollidieren<br />
und interagieren hier wieder mal eine Vielzahl<br />
an Stilen und Stimmungen, Rhythmiken und Instrumentierungen.<br />
„Taiga“ ist Avant-Pop mit onomatopoetischen<br />
Vocals, Spaceworlddancemusic, hypnotischer Ethnojazz,<br />
Freefunkjazzelektro, Abstractmultisoundpop und<br />
noch viel mehr. Unglaublich ausgetüftelt und feinsinnig<br />
in Rhythmiken und Sounds ist „Taiga“ das wohl zugleich<br />
mannigfaltigste, verquerste und dennoch zugänglichste<br />
und organischste Album, das OOIOO bisher produziert<br />
haben.<br />
Christian Eder<br />
www.ooioo.jp<br />
Over The Atlantic -<br />
Junica<br />
(Carpark / Cargo)<br />
Abhängen, Akkorde schrubben,<br />
Endachtziger Indie hören und<br />
nebenbei am PC fummeln. Heraus<br />
kommt dabei post-adoleszenter<br />
Indiesound, der zwar gelegentlich rückwärts<br />
blickt, aber immer wieder neue Elemente bereichernd<br />
integriert. Over The Atlantic ist das Duo Bevan Smith<br />
und Nik Brinkman, das zweieinhalb Jahre lang immer<br />
wieder zwischen Couch, Bett und PC Songs aufgenommen<br />
hat. Diese ureigentliche Low-Fi Attitüde ist der Produktion<br />
allerdings nicht anzuhören. Melancholisch abgehangen,<br />
mit angenehmen Vocals und Sound, der<br />
zwischendrin etwas an Spacemen 3, Yo La Tengo und<br />
Co. erinnert, schaffen die Neuseeländer mit „Junica“ ein<br />
entspanntes Indietronik-Album, das allerdings ein wenig<br />
unter seinen meist recht simplen Beats leidet. Wen<br />
das nicht stört, der findet hier eine charmante Symbiose<br />
zwischen Hang zu Plusquamperfekt-Indie und modernen<br />
Soundelementen. Unaufdringlich schön, aber auch<br />
etwas unspektakulär. „Kick your shoes off on the old<br />
couch and settle in, there´s a groove worn in it for you.“<br />
Christian Eder<br />
www.myspace.<strong>com</strong>/overtheatlanticband<br />
Oxo86-<br />
10 Jahre -<br />
So beliebt Und So Bescheiden<br />
(Pukemusic/<br />
BrokenSilence)<br />
Selbst für Weinfreunde ist das<br />
Motto „Bierchansons aus Bernau“,<br />
so steht's auf der Homepage<br />
von „Oxo86“, charmant. Und besser kann man die<br />
Band nicht beschreiben. Wer aber auf „So Beliebt“ ausschließlich<br />
alkoholfetenkompatible Mitgröhl-Mucke erwartet,<br />
dem sei versichert, dass die Band zwar nicht<br />
das musikalische Rad neu erfindet, aber durchaus mit<br />
witzigen Texten aufwarten kann: Wenn die Helden der<br />
Arbeiterschaft zu „Walking-Class Heroes“ werden,<br />
wenn man in „Super-Hyper-Gummigut“ philosophiert<br />
(„Was kümmert Dich der Regenwald, Du wirst sowieso<br />
nicht alt“) oder - gar nicht „pc“ - das Frühableben adeliger<br />
Damen („Lady Diana“) kommentiert: „Zusammen<br />
mit dem Kaufhausscheich fliegt sie jetzt in's Himmelreich<br />
… ja, ich versteh' es einfach nicht - warum hat es<br />
nur Dich erwischt - und nicht den George aus Amerika<br />
- wo der doch längst schon fällig war“ - das hat echt<br />
Kultpotential, aber: Kult - das sind OXO86 ja schon<br />
lange; und auch Platten wie „Helden Wie Wir“ oder<br />
„Fröhlich Sein Und Singen“, nur zwei von denen, die in<br />
den letzten 10 Jahren veröffentlicht wurden, haben<br />
längst Kultstatus. Und wer sich bei „Oxo86“ ernsthaft<br />
über die Tatsache mokiert, dass sie selten die drei-Akkord-Grenze<br />
sprengen, den kann man doch eh nicht<br />
ernst nehmen, oder? Bin sicher, dass auch „So Beliebt<br />
und So Bescheiden“ bald Kultstatus haben wird und<br />
freue mich auf zehn weitere Jahre.<br />
Nico<br />
www.oxo86.de<br />
Paper Chase -<br />
Now you are one of us<br />
(Southern / Soulfood)<br />
Carla Bozulich -<br />
Evangelista<br />
(Constellation / Alive)<br />
<strong>reViews</strong> 31<br />
Paper Chase und Carla Bozulich - zwei Alben, die auf<br />
den ersten Blick vielleicht wenig miteinander zu tun haben.<br />
Zweifelsohne sind es aber wohl die eigenständigsten,<br />
die in diesem Heft besprochen werden, damit aber<br />
auch nicht einfach zugänglich und Abgründe auslotend.<br />
Die Alben treffen sich in ihrer düster-beklemmenden<br />
Atmosphäre. Paper Chase üben gleich auf dem Cover<br />
ätzende Gesellschaftskritik. Zum Titel „Now you are one<br />
of us“ sieht man einen erhängten Mann in einem kahlen<br />
Zimmer, in dem nur ein Fernseher steht. Auch ein<br />
Songtitel wie „The kids will grow up to be assholes“ lässt<br />
nicht unbedingt auf eine freundliche Message schließen.<br />
Angst ist dabei das emotionale Grundthema des<br />
Albums. Der charismatische Sänger und Hauptsongwriter<br />
John Congleton untersucht auf „Now you are…“<br />
die Möglichkeiten, Angst als Kontrollinstrument zu verwenden.<br />
Paranoia und abgründige Emotionen spiegeln<br />
sich auch im Sound, des recht trocken aber passend<br />
produzierten Werks wieder. Ein prägnantes, mal stoisches,<br />
mal treibendes Schlagzeug, Piano, Violine, Gitarre<br />
bilden hier eine dissonante Einheit, wobei die Gitarre<br />
nur gelegentlich und minimal ausbricht. Zwischendurch<br />
wird die Paranoia immer wieder durch sehr fragile<br />
Momente reduziert, nur um danach noch seltsamer<br />
zu agieren. Und über allem mahnt, predigt, würgt und<br />
ätzt Congletons einzigartige Stimme. Absolute Empfehlung.<br />
Auch Carla Bozulich ist eine Predigerin und überrascht<br />
auf „Evangelista“ mit einem sehr eigenen Album. Hatte<br />
sie unlängst noch mit „Red Headed Strangers“ ein countrifiziertes<br />
Album u. a. mit Coverversionen von Willi Nelson<br />
aufgenommen, ist sie hier nach einer völligen Metamorphose<br />
anzutreffen. Ein überlanger Opener mit enervierenden<br />
zerrenden Violinen gibt eine völlig neue Richtung<br />
vor. Carla Bozulich erzählt, predig, gleitet in<br />
Schreie ab. Man fühlt sich an Diamanda Galas erinnert.<br />
Das folgende „Steal Away“ ist ein etwas versöhnlicherer,<br />
aber immer noch dunkel-brüchiger Song: „I ain´t got<br />
love to stay here“ singt sie und man fühlt sich an das<br />
Cover von Paper Chase gemahnt. Später gibt es eine<br />
wunderschöne und absolut gelungene Coverversion<br />
von Lows „Pissing“, die die charismatisch-melodiöse<br />
Stimme Bozuchs aufzeigt. Auch hier eine eher untypische<br />
Instrumentierung mit Cello, Violine, Kontrabass,<br />
Orgel, Samples und Loops. Es wurde z. B. auch ein Piano<br />
im Regen aufgenommen. „Evangelista“ ist ein<br />
schwieriges düsteres und emotional abgründiges, äußerst<br />
eigenwilliges Werk von Carla Bozulich, das aber<br />
gerade deswegen auch eine unglaublich authentische<br />
Künstlerin zeigt, die einfach ihren Emotionen folgt, ohne<br />
sich um irgendwelche Erwartungshaltungen zu kümmern.<br />
Respekt!<br />
Christian Eder<br />
www.southern.net<br />
www.cstrecords.<strong>com</strong><br />
Pendikel -<br />
Don`t cry, Mondgesicht<br />
(BluNoise / Alive)<br />
„Was soll ich denn hier schreiben?<br />
Mir fällt nichts ein.“ „Schreib<br />
doch einfach: Vier Tage ohne<br />
Schnupftabak verschmachten<br />
auf dieser Insel.“ So waren sie, vor 10 Jahren, noch zu<br />
viert… fröhlich sinnentleertes Geplapper von Pippi<br />
Langstrumpf und ihren Freunden als Intro zu schräg<br />
verschachteltem Indierock mit Lust an zappaesker Planung<br />
und kreativer Improvisation. Feedbackorgien und<br />
kleine Zauberkunststücke.<br />
10 Jahre später sind die Osnabrücker nur noch zu zweit,<br />
und ihre vierte Scheibe schleicht sich an mit scheinbar<br />
depressiven Klavierklängen, die den Geist von Erik Satie<br />
atmend (Anm. d. Korr.: Bruder Jakob und Satie haben<br />
sicherlich nichts gemein), uns doch allen Ernstes<br />
mitteilen wollen, „alles was wir tun ist sinnlos.“<br />
Sowas hatte ich befürchtet. Auf der 2004 aufgetauchten,<br />
als Signal für Kontinuität trotz Mannschaftsverkleinerung<br />
schlicht „3“ betitelten Platte waren sie leise ge-
32<br />
<strong>reViews</strong><br />
worden, fast retrospektiv, gut noch, ja - aber hörbar älter.<br />
Und jetzt?<br />
Kaum haben die leicht ergrauten Herren den Kassandragesang<br />
der ewig deutschen depressiven Verstimmung verklingen<br />
lassen - und im Nachgang meint man, schon da<br />
die pure Ironie durchleuchten gehört zu haben, werden wir<br />
aufgefordert: Heul doch!<br />
Gitarrensalve! Von wegen alt und milde vor sich hin trauerndes<br />
Moll. Hier wehren sich zwei mit textlicher Verve,<br />
Selbstironie und musikalischer Klasse gegen die kampflose<br />
Aufgabe der eigenen Träume, die zur Zeit in Feuilletons,<br />
Leitartikeln und peinlichen Mottoshows zu beobachten<br />
ist, wenn die Revolutionäre von einst mit nationalistischen<br />
Symbolen schmusen und frühere Gitarrentiger die<br />
Castingvorlagen für die TV-Clonefabriken des Privatfernsehens<br />
entwerfen.<br />
Schöne neue Welt. Arrangier Dich. Und alles wird gut?<br />
Hier nicht. Pendikel schmeißen schon mit der ersten Nummer<br />
eine achtminütige Hymne gegen die so vielen von uns<br />
innewohnende Verzweiflung auf ein mildrot beleuchtetes<br />
Parkett.<br />
Dabei sind nicht nur die Texte sperrig und schön, kalkuliert<br />
und doch sauehrlich. Eine nur alle JUBELjahre bei anderen<br />
deutschtextenden Gruppen erlebte reflektierte Einheit<br />
zwischen Phonetik und Aussage erlaubt mir, den Begriff<br />
Kunstwerk zu verwenden. Musik für alle von Genesis bis<br />
Postcore, von Regener bis Zappa.<br />
Ruhig in sich hineinhorchendes Innehalten, eine zornige<br />
Zitatmaschine als nicht mal verzerrender Spiegel alltäglicher<br />
Beliebigkeit hinter Buffetbarrikaden. Von einer Steuererklärung<br />
bis zur nächsten endlich den alten Zorn wieder<br />
entdeckt, ohne sich so unfehlbar zu fühlen, wie einst<br />
in den Nächten der ewigen WG-Diskussionen. Die Ismen<br />
längst aus den Köpfen verabschiedet. Der Wunsch nach<br />
Veränderung wird wieder größer. Ein Hauch von musikalischem<br />
Morgenrot nach vermutlich unzähligen im Übungsraum<br />
durchwachten Nächten. Musik wie ein guter Freund.<br />
Blunoisige Arschtritte zum Abtanzen und dann doch noch<br />
gestreichelt beim Mitdenken. Eine große Platte.<br />
Andrasch Neunert<br />
www.pendikel.de<br />
Powerman 5000 - Destroy What You Enjoy<br />
DRT / Soulfood<br />
Sie wurden einst als die legitimenen Nachfolger der dahingeschiedenen<br />
White Zombie gehandelt: Powerman 5000.<br />
Mit Alben wie „Mega!! Kung Fu Radio“ und vor allen Dingen<br />
„Transform“ sowie Touren mit Korn, Marilyn Manson<br />
und dem Ozzfest schien die Band auch auf dem besten<br />
Wege, genau dieses zu werden. Die Nähe zu White Zombie<br />
aber liegt nicht nur im teilweise ähnlichen Stil, sondern<br />
schlichtweg in den verwandtschalftlichen Beziehungen<br />
beider Bands: Sänger Spider ist der jüngere Bruder von<br />
Rob Zombie, der ehemalige Gitarrist M33 alias Mike Tempesta<br />
der des White Zombie-/Rob Zombie-Gitarristen John<br />
Tempesta.<br />
Nach der Auflösung ihres einstigen Labels Dreamwork Records<br />
allerdings stand die Band zwischenzeitlich vor einem<br />
Trümmerhaufen, Zukunft ungewiss. So überrascht es fast<br />
für einen Moment, dass es man überhaupt wieder ein<br />
neues Album zustande gebracht hat. Stilistisch setzt sich<br />
dabei die Entwicklung der vorhergehenden Alben fort: wo<br />
zu Beginn zahlreiche Spielereien lockten, geht es nun deutlich<br />
erdiger, straighter und klarer zur Sache. Rock'n'Roll mit<br />
mehr als nur einem Schuss Alternative, der teilweise ist<br />
man sich sogar für ein wenig Stadionrock nicht zu schade.<br />
Übersteht man diese, dankbarerweise rar gesäten, Momente<br />
allerdings glücklich, dann ist „Destroy What You Enjoy“<br />
eine durchaus unterhaltsame Angelegenheit, die aber<br />
nur noch inn der Stimme von Sänger Spider, die große Ähnlichkeit<br />
zu der seines Bruders hat, Parallelen zu White Zombie<br />
aufweist, von deren songwriterischen Intelligenz aber<br />
meilenweit entfernt ist.<br />
Arnulf<br />
Radio Birdman - Zeno beach<br />
(Stickman Records)<br />
Anfang (ohne Vorkenntnisse):<br />
Ganz spontan? Jetzt? Also ich? Na<br />
hörnsemal...! Okay, ich versuchs.<br />
Rock. Ja. Mit so'nem Retroeinschlag.<br />
Das war jezz gut, nich? Und<br />
das? Eine Orgel! So eine Retroorgel! Hah! Irgendwo zwi-<br />
schen The Blue Van (gerade „You Just Make It Worse“),<br />
Jet und... komm noch drauf. Na ja, die Ecke halt. Oh. Zumindest<br />
die ersten zwei Songs. Dann wird's ein bisschen...<br />
düster? Wavig? Vom Gesang her? Ja, das ist gut: Vom Gesang<br />
her. Fast ein Tacken zu viel. Aber Moment! Später<br />
geht das wieder weg. Tut gut. Mir zumindest. Wie heißen<br />
die noch gleich...?<br />
Mittelteil (ins Info gelugt):<br />
Oha. Da hab ich eine Legende im Player. 1974 wohl ins<br />
Leben gerufen war Radio Birdman eine der ersten Punkbands<br />
Down Under. Stark beeinflusst von den MC5 und<br />
den Stooges. Wobei immer mehr Garage als Punk. Und<br />
das nach wie vor. Räudig, laut, schnell. „Zeno Beach“ ist<br />
seit 25 Jahren das erste neue Studioalbum. Fette Rockgitarren,<br />
leicht retroangerifft. Ziemliche Brecher. Und bis auf<br />
obengenannten leichten Wavetouch in der Stimme - das<br />
aber nur ab und an- gefallen mir die Vogelmannradios gut.<br />
Ziemlich gut sogar. Ihr Alter merkt man Ihnen zumindest<br />
nicht an... und wegen schon zweimal erwähntem Einschlag<br />
klingt alles doch sehr sehr frisch.<br />
Endteil (mit einer spürbaren Begeisterung):<br />
Das Gute darin/dabei/dahinter: Sie kommen da her. Machen<br />
das schon lange. Keine kleinen schwedischen Buben,<br />
die vorgeben, diese oder jene Musik mit der Muttermilch<br />
aufgesaugt zu haben, neeeee, die Männers wissen<br />
wohl, von was sie sprechen. Und waren Pioniere. Sind da<br />
durchgegangen. Wegweisend. Mitgemacht. Und vor allem<br />
mitgerockt. Alles DIY. Schon immer gewesen. Independent<br />
as shit! Das ist ancheckungswürdig. Und auf Europatour<br />
sind sie auch!<br />
Matthias Horn<br />
www.radio-birdman.<strong>com</strong><br />
Rossenbach, Sven & Florian Van Volxem -<br />
Dominik Graf Filmmusik<br />
(Rent A Dog/Alive)<br />
Die CD „Dominik Graf Filmmusik“ ist ein repräsentativer<br />
Auszug der Arbeiten des Düsseldorfer Autorenteams Sven<br />
Rossenbach und Florian Van Volxem zu einigen TV-Produktionen<br />
von Dominik Graf. Unter anderem sind dies die<br />
Filme „München - Geheimnisse Einer Stadt“, „Die Freunde<br />
Der Freunde“ und „Hotte Im Paradies“. Das Infoblatt des<br />
Labels bietet interessante Details zur Vorgehensweise der<br />
beiden Musiker; so wurde die Musik „nie zum Bild oder zum<br />
fertigen Film“ komponiert. Ein Ansatz, der schon allein aufgrund<br />
der zeitlichen Probleme - man stelle sich vor, der<br />
Film müsse erst komplett abgedreht, dann erst die Musik<br />
komponiert werden - vernünftig klingt, der den Leihen aber<br />
doch etwas verblüfft. Außerdem - ein weiterer Vorteil - ist<br />
die Musik so wenig bis gar nicht abhängig vom visuellen<br />
Background - sie „funktioniert auch allein“, der Film kann,<br />
muss aber nicht „mitlaufen“. Aber auch das Problem liegt<br />
auf der Hand: wenn der Bezug zum Bild fehlt und ihm auch<br />
kein besonderes Gewicht beigemessen wird, dann ist die<br />
Musik austauschbar. Das waren noch Zeiten, in denen Musiker<br />
wie Bernhard Herman oder Miles Davis ihre Filmmusik<br />
komponierten, in dem der Film im Hintergrund auf einer<br />
großen Leinwand ablief; das hatte dann eine „dramaturgische<br />
Tiefe“, die heute nur noch selten erreicht wird.<br />
So geht das eben heutzutage nicht mehr, leider. Im Ergebnis<br />
besteht die CD aus guten („God Bless You“, Dubb“) bis<br />
großartigen Tracks („Wachet Auf“, „Tempeltanz“, „Passage“,<br />
„K Rain Due“), aber eben leider auch aus recht<br />
Nichtssagendem und, mit Verlaub: Banalem („Bossa“,<br />
„Spacelblues“). Der positive Eindruck überwiegt dennoch<br />
deutlich, und auf gut 75 Minuten zeigen Rossenbach und<br />
Van Volxem, dass es eben auch seine Vorteile hat, wenn<br />
der Zuschauer selbst entscheiden kann „was man jetzt zu<br />
fühlen hat“ und Filmmusik ohne dramaturgischen Zeigefinger<br />
komponiert.<br />
Schaffrath - Weg Aus Dornen<br />
(STF/M-Systems)<br />
Neues aus dem Hause STF! „Schaffrath“ heißt die Band<br />
um den gleichnamigen Sänger Martin Schaffrath, und gesungen<br />
wird deutsch. Zu Hause fühlt sich der Vierer im<br />
eher traditionellen Metal der Herren Dio und Dirkschneider.<br />
Klischee, also? Nix da! Dafür sorgen zum einen die<br />
interessante Stimme des Frontmannes, die sehr guten Lyrics<br />
und die hervorragende Gitarrenarbeit der Gitarristin (!)<br />
Christina Schleicher. Ganz nebenbei sorgt die Rhythmustruppe<br />
um Basser Mario Bansleben und Drumer Markus
Schleicher für die nötige Tightness. Lediglich der etwas<br />
die Frequenzen unter 250 Hertz betonende Sound des<br />
Werkes ist nicht restlos überzeugend, da hätte das<br />
Handtuch über den Boxen noch weg gedurft. Ansonsten<br />
aber ein äußerst vielversprechendes Klangwerk,<br />
das glücklicherweise und wie oben andeutet, ohne genretypische<br />
Klischees auskommt.<br />
Leo<br />
www.stf.de<br />
Otto von Schirach - Maxipad Detention<br />
(Ipecac / Soulfood)<br />
Der kubanisch/deutsche Otto von Schirach, geadelter<br />
Sonicsoundmaniac und diplomierter Beatterrorist, veröffentlicht<br />
nach diversen mir unbekannten Releases auf<br />
Pattons Ipecac sein neuestes Album „Maxipad Detention“.<br />
Mit einem unglaublich fetten Bass eröffnet dann<br />
auch „Toma Liquido de Ballena“ dieses sicke Electronicalbum.<br />
Ein kompakter, drückender abgehackter<br />
Bassbeat trifft sich hier mit wirren Elektronikspielereien<br />
und mixt Blast-Speed-Attacken und strange<br />
(Sprach)Samples mit Deathgrunts. Als ob man Kid 606,<br />
Atari Teenage Riot, Mr. Bungle und Venetian Snares<br />
zusammen an die Wand wirft und sieht, was soundtechnisch<br />
kleben bleibt. „Bling gore & diamond soaked kick<br />
drums for the reptilian women“. Schirach bringt nach<br />
anfänglicher relativer (stolpernd technoider) Stringenz<br />
im Verlauf immer weiter gestückelte Klänge. Und hier<br />
ist auch das Manko dieses Albums zu sehen. Es verliert<br />
leider an Spannung. Weder kann es eine herrlich<br />
irre Illbreakbeat Tanzbarkeit von Kid 606, noch ein energetisches<br />
Aggressionspotential a la Atari Teenage Riot<br />
aufbauen. Sicher sind hier tausend kleine und feine<br />
Ideen verwoben worden, doch auf Albumlänge wirken<br />
sie allzu bruchstückhaft und teilweise sogar etwas überladen.<br />
Trotzdem bleibt es eine interessante Scheibe für<br />
Leute mit dem Hobby „Soundsickness“.<br />
Christian Eder<br />
www.ottovonschirach.<strong>com</strong><br />
Schtimm - Time, Pace and other stories<br />
(Make My Day)<br />
Das schöne, düstere Artwork lässt interessiert aufblikken.<br />
Der alternative Dark Pop von Schtimm bietet aber<br />
leider um sehr vieles weniger für die Ohren als für die<br />
Augen. Nur wenige Male lässt einen eine Musik an sich<br />
zumindest ein wenig aufhorchen. Sehr getragener, reduzierter,<br />
öfter theatralischer dunkler Pop-Sound mit<br />
wechselnden male/female vocals, der aber aufgrund<br />
des Ideenmangels und unzureichender Dynamik<br />
einfach zu sehr vor sich hin plätschert. Auch<br />
wenn es Herbst wird. Muss nicht. 27 haben<br />
schon länger bewiesen, dass so etwas<br />
besser und interessanter geht.<br />
Christian Eder<br />
www.schtimm.<strong>com</strong><br />
Schweisser - Pororoca<br />
(Südpol Records / Alive)<br />
„Verlegt und verloren, verraten<br />
und verkauft“ fühlten sich die<br />
Schweisser aus Ex-Weilheim,<br />
insbesondere Frontmann<br />
Tommy Böck, nachdem der<br />
einst zornbebende Bürgerschreck<br />
den Metalcore gegen<br />
sanftere Töne eingetauscht<br />
hatte. Dabei geschah diese<br />
Umorientierung seinerzeit ein<br />
wenig halbherzig und die verlorenen<br />
Mähnenschüttler vor der<br />
Bühne wurden zahlenmäßig<br />
nicht durch die Popgemeinde<br />
wettgemacht, der das Ganze<br />
damals immer noch zu aggressiv<br />
klang. Es folgte ein schier<br />
endloser Streit mit EMI Publishing,<br />
dessen Ende trotz erstinstanzlicher<br />
Erfolge nicht absehbar<br />
ist. Ein Weltkonzern gegen<br />
einen deutsch textenden Rok-<br />
ker, der einst an das Gute im Menschen glaubend vorzugsweise<br />
Lyrikparties in der eigenen WG feierte und<br />
sich dann von vermeintlich guten Freunden im Stich gelassen<br />
fühlte. Auch mich rief er nicht mehr zurück. Stattdessen<br />
ging er seinem neuen Job in der Werbebranche<br />
nach und schrieb zornige Songs für eine Wiederkehr.<br />
Die wagt er jetzt mit Martin Messerschmid, Ex-<br />
Banknachbar und bekannt als Schlagzeuger von The<br />
Notwist und den Bolzplatz Heroes und Fabian Exter,<br />
Produzent, Gitarrist und Basser. Und gleich zu Beginn<br />
gibt es die Breitseite gegen die bösen Bosse. Mehr<br />
Punkrock als Noise. Mehr Faust in die Magengrube als<br />
stilvolles Florett. Strassenkampflyrik gegen Merkel, Agitation<br />
gegen Atomstaat und Plattenindustrie, Polizei<br />
und Parasiten. Das ist grundehrlich. Textlich wie musikalisch<br />
gekonnt und weitgehend berechenbar. Doch in<br />
Zeiten, die noch immer Rinnsteinlyrikbombastcore mit<br />
Hans Albers - Timbre und Riefenstahl-Filmchen inklusive<br />
Versatzstücken brauner Ideologie abfeiern, weil<br />
das in den USA dank David Lynch seit geraumer Zeit<br />
als musikalisches Synonym für Deutschland gehalten<br />
wird, allemal sympathisch. Für Freunde harter Rockmusik<br />
und alle, die Lust empfinden, an der Wiederentdekkung<br />
alter neu formulierter Feindbilder, für die, die Lust<br />
haben, politisch mal wieder Klartext zu hören und sich<br />
im gemeinsamen Schrei die nächste Revolution vorzustellen,<br />
allemal ein guter Vorschlag. Und im Übrigen ist<br />
es einfach schön, dass er wieder da ist, der Schreck<br />
oberbayerischer Vorgärten, auch wenn Mother EMI darüber<br />
not amused sein dürfte. Sie haben es sich verdient.<br />
Andrasch Neunert<br />
www.suedpolmusic.de<br />
2nd District - Emotional Suicide<br />
(PeopleLikeYou/SPV)<br />
Gibt es die „Revolvers“ eigentlich noch? Oder ist „2nd<br />
District“, das Side-Project um Drummer Tobbe und<br />
Sänger Marc Ader, der einzig überlebende? Würde<br />
mich interessieren, da ich sowohl die „Revolvers“-Sachen<br />
immer ziemlich geil fand, aber auch vom letzten<br />
District-Album „Don't Mess With The Hard Punx“ ziemlich<br />
begeistert war. Vielleicht kann mich mal jemand aufklären<br />
… Die „Emotional Suicide“ jedenfalls lässt hören,<br />
wie es zu klingen hat, wenn „Old School“ Punk auf<br />
den „Glam“ der Siebziger trifft: auf den Punkt komponierte<br />
Tracks mit großartigen Hooks (hört Euch nur mal<br />
den ultimativen Sommer-Punkhit „19th Soldier“ oder<br />
„Opportunist“ an), das Ganze mit einem klaren, transparenten<br />
Sound und mit viel „Schub nach vorne“ ausgestattet.<br />
Eine absolut gelungene Darbietung der vier<br />
33<br />
Herren aus Dortmund! Die kommen natürlich bald auf<br />
Tour, und wenn sie die Leute auch nur halbwegs so begeistern,<br />
wie es ihnen bei mir gelungen ist, dann könnten<br />
die den kommenden dunklen Winter mächtig aufhellen.<br />
Große Klasse, das!<br />
Nico<br />
www.myspace.<strong>com</strong>/seconddistrict<br />
Sigurd - Doppelgänger<br />
(Gentlemen Records / Alive)<br />
<strong>reViews</strong><br />
Es gab da mal eine Band namens Chewy. Diese war<br />
so etwas wie der Benjamin Lauth des Schweizer Indie-<br />
Rock - DIE große Hoffnung im Sturm der jungen Szene,<br />
die sich in Lausanne entwickelte. Aber wie es mit jungen<br />
Talenten so oft ist, wechseln sie viel zu früh zu einem<br />
großen Verein, halten dort dem Erwartungsdruck<br />
nicht stand, werden verheizt und irgendwann spricht<br />
dann keiner mehr von ihnen. So auch geschehen mit<br />
Chewy, die sich vor gut zwei Jahren auflösten. Nun hat<br />
sich die Hälfte der Band, in persona Mathieu Ufer und<br />
Sebastien Altevogt, wieder zusammengetan und kurzerhand<br />
die Zwei-Mann-Band Sigurd ins Leben gerufen.<br />
Bei deren Debüt hat man das Gefühl, als hätten die zwei<br />
Freunde vor den Aufnahmen beschlossen, dass einfach<br />
alles geht und nichts unmöglich ist. So paaren sie<br />
teils sehr harte Gitarrenriffs mit epischen Songstrukturen<br />
und unterstützen das Ganze ab und an mit seltsamen<br />
Sounds und des Öfteren mit verqueren, nicht selten<br />
überraschenden Songstrukturen. Im Ergebnis klingt<br />
das, als würden Fugazi zusammen mit Mogwai, Sonic<br />
Youth, Modest Mouse und Pinback versuchen, so etwas<br />
wie Hardcore mit leichten Metal-Einflussen zu spielen<br />
- oder so ähnlich zumindest. Man merkt: hier wird<br />
eigenständig, um nicht zu sagen, eigenbrödlerisch, zu<br />
Werke gegangen. Und das ist gut so, weil es eben genau<br />
so klingt, wie es klingen soll: erfrischend, neu, spontan<br />
und nicht immer leicht zugänglich - Letzteres aber<br />
nur auf den ersten, flüchtigen Blick. Nur einen Kritikpunkt<br />
müssen sich Sigurd gefallen lassen: Den selten<br />
einsetzenden Gesang hätten sie sich gleich lieber sparen<br />
sollen. Der stört nämlich oft mehr, als dass er die<br />
Songs bereichert. Ansonsten aber unbedingt hörenswert.<br />
Jochen Wörsinger<br />
www.sigurd.ch
34<br />
<strong>reViews</strong><br />
Slightly Stoopid - Closer to the sun<br />
(Stoopid / Rough Trade)<br />
Beknackter Bandname, noch schlimmeres Cover mit<br />
einem Skelett, das an einem morschen Surfbrett lehnt,<br />
die Band aus Ocean Beach California und fertig ist das<br />
perfekte Vorurteil. Doch - Heureka! - es kommt anders.<br />
Akustik Rock kombiniert mit Reggae dominiert den<br />
Sound. Dazu kletten sich alldieweil mal ein Hip-Hopoder<br />
Bluesversatzstück. Insgesamt ist das Soundbild<br />
von einem prägnanten melodischen - fast etwas aufdringlichen<br />
- Bass, entspannter Reggae-Rhythmik,<br />
Congas, Perkussion und den in diesem Genre marginalisierten<br />
Gitarren bestimmt. Wie das bei Reggae dann<br />
oft so ist, wird es auf Dauer dann doch zuuu entspannt.<br />
Wenn man nicht gerade THC-geschwängert bei 38<br />
Grad in einer jamaikanischen Hängematte liegt, hängt<br />
„Closer to the sun“ doch etwas arg durch. Da nützt es<br />
auch nicht viel, dass sie bei „Nothing over me“ und einem<br />
weiteren Track mal ordentlich aufs Calipunk-Pedal<br />
(Vorurteil ich hör dir trapsen…) treten. Homer Simpson<br />
kam ja schon zu Wort.<br />
Christian Eder<br />
www.slightlystoopid.<strong>com</strong><br />
Slimboy - Anthems<br />
(ModernNoise/Cargo)<br />
Was tut man, wenn man Emo macht und möglich amerikanisch<br />
klingen will? Man fliegt nach LA und mietet<br />
sich in ein Studio vor Ort ein. So ist es gelaufen, damals<br />
2004, als „Slimboy“ ihr „No Fires On Beach“ aufnahmen,<br />
und die Resonanz auf das Album muss - laut<br />
Bandhomepage - ziemlich enthusiastisch gewesen<br />
sein. Ok, ich habe mal wieder nix davon mitbekommen,<br />
was mich aber wundert, ist, dass die Jungs ihr aktuelles<br />
Album im vergleichsweise beschaulichen Berlin aufgenommen<br />
haben. Keine Ahnung, ob diesmal schlicht<br />
die Kohle gefehlt hat oder ob man inzwischen einen<br />
neuen Bandkollegen hat, der unter Flugangst leidet.<br />
Fakt ist, dass „Anthem“ der beste Beweis dafür ist, dass<br />
man nicht in die Ferne schweifen muss, um amtlich, ja,<br />
und meinetwegen: amerikanisch zu klingen. Doch nicht<br />
nur beim Sound stimmt beinahe alles; auf den insgesamt<br />
elf Tracks beweisen die vier Jungs, dass der Titel<br />
des Werkes Programm ist: alles Hymnen, halt. Schöne<br />
Scheibe.<br />
Kai<br />
www.slimboy.info<br />
Spellbind - cocoon<br />
(Modern Noise/Radar Music)<br />
Holy alternative cow! Das ist<br />
catchy und alternativ. Hymnenhaft<br />
schon erwähnt? Und ziemlich<br />
modern. Also moderne rokkige<br />
alternative Musik. Die<br />
Songs sind im Midtempo angesiedelt. Ab und an gibt<br />
es Ausbrecher. Dieser Pfad wurde zwar schon das eine<br />
oder andere Mal (zu oft) beackert und betrampelt, aber<br />
mit Spellbind weht ein kühler frischer Wind. Auf er einen<br />
Seite zumindest. Man wird an viele Bands dieses<br />
Genres angenehm erinnert. Wobei es auch daran liegen<br />
könnte, dass ich vor einiger Zeit ein bisschen die<br />
Interesse an diesem Sektor verloren habe. Wie kann<br />
man die Musik auf einen Punkt bringen? Alternative-<br />
Guitar-Pop? Yo, denke, das isses. Aber ein bisschen<br />
rund für meinen Geschmack. Und ziemlich professionell...<br />
die andere Seite daran. Ist ja nix verkehrtes, aber<br />
ein bisschen mehr ungeschliffene Ecken und Kanten...<br />
sind auch nix verkehrtes. Im Gegenteil. Aber nicht falsch<br />
verstehen: Die Platte ist ziemlich gut, kein Thema. Und<br />
Leute, die auf Musik aus dem Hause Modern Noise stehen,<br />
ein Muss, auch klare Sache. Nur für mich... da fehlt<br />
so der letzte Zacken, die letzte Kante, die die Platte für<br />
mich richtig interessant machen würde.<br />
Aber sehr schön: „Day After Day“! Macht Lust auf mehr!<br />
Bin gespannt auf weiteres!<br />
Matthias Horn<br />
www.spellbind.de<br />
Spookey Ruben - Ausfahrt Walsrode EP<br />
(Lamm / Universal)<br />
Enervierend-knödelig, jaulend- poppiger und für Ruben<br />
erstaunlich einfallsloser Sound, der seinen traurigen<br />
Kulminationspunkt im deutschsprachigen Titeltrack hat,<br />
welcher - nach den „blablas“ im Opener - mit seinen<br />
„miaumiaus“ selbst die 2:10 Länge schier endlos erscheinen<br />
lässt. Der Herr war schon mal interessanter<br />
und scheint hier gar völlig zu regredieren. Auf dem nächsten<br />
Album rhaberberbabbelt er dann wohl „Beim Wullacken<br />
niemals mit dem Mottek wackeln“.<br />
Christian Eder<br />
www.spookeyruben.<strong>com</strong><br />
S.P.Q.R.T. - Record<br />
(Rakete / Rough Trade)<br />
Schon vor anderthalb Dekaden<br />
begann die musikalische Kreativzelle<br />
aus Carl Blend und Howard<br />
Lespie Funken zu schlagen - damals<br />
noch als H.Oilers, später als<br />
Dandruff Deluxe. Nun steht uns mit S.P.Q.R.T. ihre neueste<br />
Inkarnation ins Haus. Der unangepasste Spaß am<br />
Spielen steht heuer im Vordergrund, Grenzen setzt man<br />
sich höchstens selbst. Vom elektrisch pluckernden Ambient-Störgeräusch<br />
über per Dampfwalze stoisch und<br />
nüchtern auf den Punkt getriebene Riffrocker, krachighandfeste<br />
Grooves oder verqueren Balladenstoff, zu<br />
dem psychedelische Räucherstäbchen herumgereicht<br />
werden, ist dem Duo aus New England eine variantenreiche<br />
Angelegenheit geglückt, die in etwa so klingt, als<br />
würde Kurt Ebelhäuser mit Urlaub in Polen den neuesten<br />
Teil der Desert Sessions veranstalten - und sich<br />
dabei selbst nicht allzu Ernst nehmen, scheint bei<br />
S.P.Q.R.T. doch stets ein ziemlich durchgeknallter, kaputter<br />
Humor das trockene Riff-Fundament zu stützen.<br />
Sie sind schon zwei eigenbrötlerische Weirdos, diese<br />
beiden und machen deshalb auch ganz einfach nur, was<br />
gerade so an- und einfällt. Das ist im Fall von „Lipstick“<br />
ein Hit, wie ihn auch die Queens Of The Stone Age besser<br />
kaum hingekriegt hätten oder haben (siehe auch<br />
die Ähnlichkeit zu deren „Little Sister“). Schade nur,<br />
dass diesem famos tanzbaren Highlight, beispielhaft für<br />
die ganze Platte, beim instrumentalen „Eastern Action<br />
Hero“ fünf Minuten uninspirierter Monotonie gegenüber<br />
stehen. Oder dass man sich durch sechs quälende Minuten<br />
des Nichts „Alpengluehn“ kämpfen muss, bevor<br />
man mit dem kranken Abschluss „The Angels Choir“ für<br />
seine Mühen entlohnt wird. „Record“ ist eine durchwachsene<br />
Angelegenheit, die oft zu gefallen weiß, aber<br />
in gleichem Maße auch zu nerven wie einzuschläfern<br />
vermag. Eine durch und durch seltsame wie unberechenbare<br />
Platte.<br />
Patrick Agis-Garcin<br />
www.spqrt.<strong>com</strong><br />
www.raketemusik.de<br />
Stream Of Passion - Live In The Real World<br />
(Inside Out/SPV)<br />
In für Arjen Lucassen geradezu spartanischer Aufmachung<br />
liegt die aktuelle Stream Of Passion-DVD „Live<br />
in the real world“ vor. Hatte der ehemalige Vengeance-<br />
Sechssaiter und geistige Vater teils bahnbrechender<br />
Progressive-Highlights wie Ayreon, Star One oder Ambeon<br />
bisher bei jeder DVD-Veröffentlichung u.a. durch<br />
eine unglaubliche Masse an Begleitmaterial beeindruckt,<br />
so scheint er bei „Stream Of Passion“ eher die<br />
Musik für sich sprechen lassen zu wollen und verzichtet<br />
auf haufenweise Beiwerk. Kernstück des Silberlings<br />
ist dementsprechend der Konzertmitschnitt vom 17. Februar<br />
2006 aus dem holländischen Rijssen, wo die Band<br />
den Abschlussgig ihrer Tour feierte. Sound und Bild genügen<br />
dabei erwartungsgemäß höchsten Ansprüchen,<br />
so dass die ca. 140 Minuten nicht nur deshalb Spaß<br />
machen, weil mit den Sängerinnen Marcela und Diana<br />
Bovio sowie Gitarristin Lori Linstruth drei äußerst attraktive<br />
Musikerinnen am Start sind. Ganz nebenbei kommt<br />
der geneigte Prog Metal-Fan in den Genuss der ein oder<br />
anderen bombastisch-beeindruckenden Liveversion<br />
etablierter oder neuerer Ayreon-Hits, einer netten Diashow,<br />
des „Out In The Real World“-Videoclips inklusive<br />
Making-Of, einer Tour Diary sowie eines Blicks hinter<br />
die Kulissen. Fazit: Der DVD gelingt es zu jeder Zeit,<br />
den Spaß und die Spielfreude dieser bunt zusammen<br />
gewürfelten Band zu dokumentieren - und darum ging<br />
es offenbar in erster Linie. Mission erfüllt!<br />
Heavy<br />
www.streamofpassion.<strong>com</strong><br />
Strike Anywhere - Dead FM<br />
Fat Wreck<br />
Machen wir es kurz: über diese Platte gibt es nicht viel<br />
zu sagen. Was im Allgemeinen aber eher auf die unterdurchschnittliche<br />
Qualität einer Veröffentlichung hindeutet,<br />
hat bei Strike Anywhere ganz andere Gründe.<br />
Hat sich der 1999 in Richmond, Virginia gegründete<br />
Fünfer doch schon mit nur zwei Alben den Ruf erarbeitet,<br />
eine der verlässlichsten Bands im Hardcore/Punk-<br />
Bereich zu sein. Ein Ruf, den „Dead FM“ nur untermauert:<br />
eine gute halbe Stunde Punk-Rock und Hardcore<br />
der unterhaltsamsten wie abwechslungreichsten Sorte,<br />
der sich seiner politischen Bedeutsamkeit zudem äußerst<br />
bewusst ist. Um es in einer Vokabel zusammen<br />
zu fassen: großartig!<br />
Arnulf<br />
Team Rockit -<br />
The Lowest Point In Rock'n'Roll History<br />
(FiretoneRecords/www.firetonerecords.<strong>com</strong>)<br />
Als ich vor zwei Jahren die „Duck, Duck Goose“, die erste<br />
Mini-LP der Jungs aus den USA, gehört hatte, hatte<br />
ich meinem Wunsch nach einem neuen und „ganzen“<br />
Longplayer Ausdruck verliehen. Und mit „The Lowest<br />
Point …“ haben Matt Friscia (Drums), Mark Zalewski<br />
(Bass) und Joe Sanzeri (Gitarre und Vocs) nun tatsächlich<br />
ihren ersten LP seit „Hell On Wheels“ an den Start<br />
gebracht. Und die Jungs haben mich nicht enttäuscht:<br />
Die „Lowest Point“ ist keineswegs das geworden, was<br />
man bei diesem Titel befürchten müsste; ganz im<br />
Gegenteil bietet uns der Dreier zwölf Tracks feinsten<br />
Punk'n'Rolls. Highlight ist die ACDC-Hommage „Know<br />
What I Mean“ und die eher klassische Ska-Nummer<br />
„Hillbilly Hot Rod“ - was aber nun keineswegs heißen<br />
soll, dass der Rest der Scheibe negativ aus dem Rahmen<br />
fiele. Wenn es etwas zu meckern gibt, dann dass<br />
der Sound nicht immer voll überzeugen kann: Die Gitarre<br />
ist mir etwas zu überbetont und klingt etwas „bratzig“;<br />
auch fehlt dem Sound eine klare Linie, und ab und<br />
an muss der Hörer an der heimischen Stereoanlage ein<br />
wenig nachregeln. Aber wollen wir mal nicht allzuviel<br />
rumnörgeln: Die neue „Team Rockit“ ist ein geiles Album<br />
geworden.<br />
Nico<br />
www.teamrockit.<strong>com</strong><br />
The 101 - Numbers<br />
(riptide recordings/cargo records)<br />
Heyheyhey! Das hier rockt! Zwar ein bisschen melodycorig<br />
das eine oder andere Mal, aber Rock! Und das<br />
mit einer ordentlichen Portion Pop versehen! Ich weiß<br />
zwar nix über die Backgrounds und kann auch mit den<br />
„für das moderne Emo-Genre wegweisenden Christie<br />
Front Drive“ (Info) vom Namen her nichts anfangen,<br />
aber der Herr Richter, Bandkopf hie rund ehemals Sänger<br />
bei den Wegweisern, scheint doch schon eine Art<br />
Kultstatus zu genießen! Mir fällt als erstes die seligen<br />
„Shades Apart“ ein (ob's die noch gibt...?) und aber auch<br />
die Klitsche um Nada Surf, Youth Group, Seachange...<br />
aber alles mit einem stärkeren Hang Richtung Melody-<br />
PunkcoreRock schielend. Und das sind immerhin<br />
schon tolle Namen! Gerade „Part I“, aber auch „Numbers“<br />
und „Part II“ erinnern mich an jene NadaSurf-<br />
Szene. Sind für mich auch die Songs von ganz vorne.<br />
Ansonsten bringt der Rest nur gute Laune! Das Info faselt<br />
noch was von „Catchy as hell“ und „...der perfekte<br />
Soundtrack für einen perfekten Sommer“. Meine Meinung<br />
dazu? Stimmt!!! Und zwar „as hell“! Für mich aber<br />
eher der perfekte Soundtrack für einen perfekt ausgehenden<br />
Sommer. Und unbedingt die Regler aufreissen<br />
und die schöne (Gitarren)Stimmung genießen! Prädikat<br />
wertvoll!<br />
Matthias Horn<br />
www.riptiderecordings.de
Total Chaos - 17 Years Of Chaos<br />
(Peolple Like You)<br />
Jubiläen sollten man feiern wie sie fallen, vor allem die<br />
runden; nun kann man ein siebzehnjähriges solches<br />
zwar nicht gerade als „rund“ bezeichnen, aber sei's<br />
drum; die chaotischen Polit-Punks aus Amiland, von denen<br />
jeder Punk, der etwas auf sich hält, mindestens ein<br />
Album im Schrank stehen haben sollte, werkeln seit<br />
1989 in der Szene und haben seitdem ichweißnichtwieviele<br />
Alben aufgenommen, von denen mir zumindest<br />
keines als wirklich schlechtes in Erinnerung geblieben<br />
ist. Der heiser-kratzige Gesang von Rob Chaos - nur<br />
Lemmy singt schöner - und der garagenlastige fuck-<br />
High-Fidelity-Sound sind ebenso zum Markenzeichen<br />
geworden wie die Kampfansagen an das Polit-Establishment<br />
- „Total Chaos“ lassen sich von keinem das<br />
Maul verbieten. Eine Platte für all diejenigen, die die<br />
Band nicht kennen und die mal reinriechen möchten.<br />
Und natürlich für alle Fans, die sich die Blöße einer<br />
Lücke in ihrer Sammlung nicht geben wollen.<br />
Kai<br />
www.peoplelikeyou.de<br />
Ty Tabor - Rock Garden<br />
(Inside Out / SPV)<br />
Jau! Nice one. Den letzten Longplayer seiner Hauptband<br />
Kings X musste ich mir streckenweise erst schön<br />
hören. Aber das hier geht sofort in's Ohr. Böse Zungen<br />
mögen fragen, was Ty Tabors aktuellen Output von<br />
Mainstream-Rock à la Bon Jovi (fröstel!) oder Brian<br />
Adams (würg!) unterscheidet? Mir fällt da so einiges<br />
auf. Zunächst ist die Produktion zu erwähnen, die das<br />
Raue zulässt und nicht glatt bügelt. Dann sind da noch<br />
die großartigen Melodien, die catchy, aber niemals<br />
cheesy sind, und last but not least gehen Bass und<br />
Schlagzeug so was von funky und präzise zu Werke,<br />
dass mir teilweise die Spucke wegbleibt. Tight is' gar<br />
kein Ausdruck! Richtige Aussetzer gibt es keine, ein,<br />
zwei Songs wären verzichtbar, weil sie so oder so ähnlich<br />
schon hundertmal geschrieben und aufgezeichnet<br />
wurden, aber egal. Hört mal rein, und wenn Euch der<br />
erste Titel zusagt, gefällt auch der Rest.<br />
Etwas seltsam ist das Covermotiv. Sieht aus wie das<br />
erste billige Pressefoto des Gitarristen einer Band frisch<br />
aus dem Proberaum. So nach dem Motto „ungesignt<br />
und hoffnungsvoll“. Auch den Namen Ty Tabor liest man<br />
erst mal nicht, weil zu klein gedruckt. Ich dachte zunächst,<br />
ich hätte hier das Debüt einer Band mit dem<br />
wenig originellen Namen „Rock Garden“ vor mir. Habe<br />
sogar in der Red. angerufen und gefragt, warum man<br />
mir das Labelinfo der neuen Ty Tabor Scheibe zusendet,<br />
aber die Platte selbst nicht. Sorry, soll nicht wieder<br />
vorkommen…<br />
Mike Maisack<br />
Trashmonkeys - Favourite Enemy<br />
(Lado)<br />
Ich habe mir fast eine zweite Öffnung in den Hintern gefreut,<br />
als ich „Favourite Enemy“, das neue Album der<br />
Bremer Trashmonkeys, in den Händen hielt. Der Vorgänger<br />
„The Maker“ war nämlich vor gut zwei Jahren<br />
DAS Sommeralbum für mich, denn hier war nahezu jeder<br />
Song ein kleiner Hit. Sixties, Pop, Hammond-Orgeln,<br />
Druck, Schmutz und Melodien für die Ewigkeit -<br />
das Album hatte einfach alles, was man aus der musikalischen<br />
Dekade der Sechziger kennt und an ihr so<br />
sehr liebt. Aber das Beste an „The Maker“ war, dass<br />
man nie das Gefühl hatte, dass hier geschickt auf Trittbretter<br />
aufgesprungen wurde; nein, alles klang authentisch<br />
und echt, schließlich feilt die Band ja schon seit<br />
Mitte der 90er an ihrem Sound - und damals sprach ja<br />
bekanntermaßen noch keiner von Retro.<br />
Nun jedoch zum großen Aber, das nach einer derartigen<br />
Einleitung ja irgendwie unvermeidlich erscheint.<br />
„Favourite Enemy“ muss sich nämlich an der ein oder<br />
anderen Stelle genau den oben angesprochenen Vorwurf<br />
der Trend-Hascherei und Verkrampftheit gefallen<br />
lassen. All das, was auf „The Maker“ noch locker flockig<br />
'rüberkam und echt klang, erscheint nun teilweise<br />
seltsam angestrengt und gezwungen. Man merkt der<br />
Band förmlich an, wie sie versucht auf „Favourite<br />
Enemy“ irgendwie anders zu klingen, sich dabei aber<br />
in ein Terrain begibt, das die ein oder andere Fußschlinge<br />
bereithält. So ist der Beginn des Albums vom<br />
unbedingten Willen, einen ‚Clubhit' zu landen, be-<br />
stimmt. Ein Unterfangen, das mit dem profillosen Titelstück<br />
„Favourite Enemy“ oder dem von viel zu viel Hall<br />
in der Stimme verhunzten „Attitudes in Stereo“ wohl<br />
auch geglückt sein sollte. Auch im Folgenden klingt alles<br />
eher nach zwar gut gemachtem, aber dennoch<br />
irgendwie wenig mitreißendem Punkrock als nach rotzigem<br />
Sixties-Garagebeat-Pop, und man hört das ein<br />
oder andere ‚Ohoh', ‚Ah', ‚Yeah' und ‚Hey' zuviel. Mit<br />
den Ausnahmen „My Way“ und „Around The World“ gestaltet<br />
sich die erste Hälfte des Albums also eher hölzern<br />
und fad. Erst mit dem Violent Femmes-Cover<br />
„Gone Daddy Gone“ und dem lässigen „Got Something“<br />
kommt so etwas wie Lockerheit und Charme ins Spiel,<br />
und man muss nur noch das absolut überflüssige „Simple<br />
Story“ überstehen, bevor „Favourite Enemy“ endlich<br />
richtig in Fahrt kommt. Hier gefallen vor allem das<br />
tragisch-opulente „Outside“, der mit cooler Elektronik<br />
angereicherte und überaus tanzmotivierende Remix<br />
des „The Maker“-Openers „Song No. 1“ und der leicht<br />
beschwipste Ausklang „Silver Sun“.<br />
Alles in Allem also eine durchaus solide Platte mit Höhen<br />
und Tiefen, die man sich aber mit zunehmender<br />
Spielzeit irgendwie ‚schön hören' kann. Im Vergleich zu<br />
„The Maker“ jedoch sicherlich ein Schritt in die falsche<br />
Richtung.<br />
Jochen Wörsinger<br />
www.trashmonkeys.<strong>com</strong><br />
Unavoidable - s/t<br />
<strong>reViews</strong> 35<br />
Neuestes Release des umtriebigen Linzer Punk-/Hardcore-Labels<br />
„Dambuster-Records“ um Labelchef Christian<br />
„Kobi“ Koblinger. Und dass „Unavoidable“, die<br />
übrigens Auflösungsgerüchte jüngst glaubhaft dementiert<br />
haben, „Punkrock of mass destruction“ machen,<br />
sollte uns auch nicht weiter stören, scheinen die Jungs<br />
das alles doch eher nicht so eng zu sehen und ihre<br />
Mucke ohnehin mit einer guten Portion Sarkasmus zu<br />
würzen. Auf der aktuellen LP geben die Jungs das zum<br />
Besten, was man lupenreinen „old-School-Punk“ nennen<br />
könnte. Da wird ohne Schnickschnack gebolzt, da<br />
scheppern die Becken, es kreischen die Klampfen. Das<br />
wird ganz ohne Zweifel viele Freunde finden, vor allem<br />
dann, wenn die fünf Männer aus dem oberösterreichi
36<br />
<strong>reViews</strong><br />
schen Grein baldigst tourend die Bühne entern. Darauf<br />
dürfen wir uns schonmal freuen - und bis dahin können<br />
wir ja die Platte hören.<br />
Kai<br />
www.dambusterrecords.<strong>com</strong><br />
United - Slick<br />
(Noisedeluxe Rec. / Broken Silence)<br />
Wieder eine neue Band aus Schweden. Und diesmal<br />
sogar mit ordentlich Vorschusslorbeeren ausgestattet,<br />
wurden United seinerzeit doch von Placebo entdeckt,<br />
welche die Band - obwohl damals noch ungesignt - kurzerhand<br />
in das Vorprogramm ihrer Europa-Tour<br />
2003/2004 steckten. Mit dem Sound der mittlerweile leider<br />
weit über ihren Zenit geschrittenen Briten haben<br />
United jedoch nur entfernt Gemeinsamkeiten - obwohl<br />
die musikalischen Wurzeln beider Bands augenscheinlich<br />
gleich verortet sind. Diese liegen im Sound der Rokkbands<br />
der frühen 80er Jahre. Alles also etwas tiefer,<br />
melancholischer und düsterer als es zu dieser Zeit üblich<br />
war. Joy Division, The Cure und so, ihr wisst schon...<br />
Kann man sich als Hörer mit derlei Reminiszenzen anfreunden,<br />
so ist „Slick“ sicherlich ein nicht zu unterschätzender<br />
Hörgenuss. Durchaus gekonnt schlängelt sich<br />
die Band durch elf dunkle Pop-Epen, die vollgesogen<br />
von mäandernden Gitarren, glasklaren Melodien und<br />
leicht (an)klagender Wehmut, fast mantra'eske Züge<br />
annehmen - vor allem dann, wenn man der CD erlaubt,<br />
im Repeat-Modus zu laufen. Aber vielleicht ist es gerade<br />
diese eingängige Gleichförmigkeit, diese sich<br />
ständig in sich selbst kreiselnde Stimmung - immer zwischen<br />
den Polen Pathos und Resignation schwankend<br />
-, die es mir schwer macht, diese Platte wirklich zu mögen<br />
und nicht nur okay zu finden. Auch jetzt nach dem<br />
x-ten Durchlauf mag ich eigentlich nur ein Mal so richtig<br />
aufhören. Bei „Made For Us“ nämlich, das in Sachen<br />
Rhythmus und Vibe aus dem oben beschriebenen Gesamtbild<br />
ausbricht und für mich den Glanzpunkt des Albums<br />
setzt.<br />
Insgesamt ist United mit „Slick“ also ein durchaus ansprechendes<br />
Debütalbum gelungen, dem man die Professionalität<br />
und den Willen zur Authentizität durchaus<br />
anhören kann. Und wer mit den oben angesprochenen<br />
Bands konform geht, liegt ohne Zweifel sowieso richtig.<br />
Ich für meinen Teil greife bei entsprechender Stimmung<br />
aber trotzdem immer noch lieber auf Interpol zurück,<br />
die mir doch irgendwie substanzieller erscheinen.<br />
Jochen Wörsinger<br />
www.united-band.<strong>com</strong><br />
Urlaub in Polen - Health & Welfare<br />
(Tomlab / Rakete)<br />
Die Tage scheinen gezählt, und vielleicht kommt es für<br />
Urlaub in Polen zur rechten Zeit. Weiterentwicklung,<br />
neue Ufer, Experimente, … Okay. Aber bitte nicht bei<br />
Urlaub in Polen! Sind sie doch eine der ganz wenigen<br />
Bands, die sich eben wiederholen darf. Vielmehr: soll.<br />
Gefreut hätte ich mich über eine ordentlich stampfende<br />
Walze, ein kompromissloses Noiserockbrett, vielleicht<br />
eine handvoll lässig dahingerotzter, durch den Pitchshifter<br />
gedrehte Gesangsfetzen. Nichts zum Denken.<br />
Aber das hier… Urlaub in Polen waren immer grobmotorisch<br />
und klotzig. Und das gehörte so. Bei „Health &<br />
Welfare“ mangelt es jedoch an allen Ecken. An Inspiration,<br />
Qualität und letzten Endes gesundem Menschenverstand.<br />
Denn so etwas geht einfach gar nicht.<br />
Torge Hüper<br />
www.tomlab.<strong>com</strong><br />
Vito -<br />
Make good areas disturbed<br />
(Flower Shop / Rough Trade)<br />
Vito könnte man von der letzten<br />
Sophia Tour kennen, auf welcher<br />
sie als Support sowie als<br />
Backing-Band für deren Mastermind<br />
Robin Poper-Shephert (ex God Machine, ex May<br />
Queens) fungierten. Dieser hat sie auch gleich noch auf<br />
sein eigenes Label Flowershoprecordings geholt. Wie<br />
Sophia haben sich auch Vito melancholischen Sounds<br />
verschrieben, jedoch mit anderen Mitteln. Der Opener<br />
„Ultimate shame“ gibt die grundlegende Richtung vor.<br />
In über fünf Minuten schwillt der Track von einer ruhiganmutigen<br />
Melancholie sich steigernd zu fast monohaften<br />
schönen Melodiebögen an, um in einem kurzen Ausbruch<br />
zu enden. Und schon hat man sämtliche expansive<br />
Gitarrensoundpräferenzen und marginal auch<br />
noch Radiohead Querverweise - ob des theatralischen<br />
Gesangs - an der Hand. Bei den ersten beiden Tracks<br />
funktioniert diese einfache Katalogisierung noch relativ<br />
gut, bis es in „Arrested by these phenomena“ neue<br />
Klänge zu hören gibt. Hier wird es einem aber ob des<br />
Glockenspiels und der violingetragenen Popschwülstigkeit<br />
und der Bläsersätze fast zu viel. Nach sechseinhalb<br />
Minuten erfolgt dann doch noch der erlösende<br />
Bruch. Vito wollen sich augenscheinlich nicht ausschließlich<br />
auf das inzwischen recht ausgetretene Post-<br />
Gitarrenfeld festlegen lassen, strapazieren damit aber<br />
gerne mal nicht nur das Genregemüt. Vito unterscheiden<br />
sich vom Post-Indie insofern, als dass sie Vocals<br />
relativ häufig einsetzen und vor allem durch ein größeres<br />
Maß an Pathos und Theatralik, sowohl beim Gesang,<br />
als auch in der Musik. In „Washaway“ schaffen<br />
sie mit dieser Herangehensweise sogar eine recht interessante<br />
Stimmung, wenn sie elektronische Spielereien<br />
und Pathos miteinander verquicken und am Ende doch<br />
noch die Gitarren auspacken (gut gut, kennt man auch<br />
von Radiohead, siehe oben). Im Verlaufe des Albums<br />
werden sie stellenweise allerdings etwas banal, was sie<br />
aber mit guten Breaks aufzulösen wissen („Across the<br />
rubicon“). Insgesamt ist „Making good areas disturbed“<br />
ein schönes, durchdachtes Album, ruhiges Gitarrenalbum,<br />
bei dem man aber öfter an Pathos und Theatralik<br />
aneckt.<br />
Christian Eder<br />
www.vitomusic.co.uk<br />
Volt - Rörhät<br />
(Exile On Mainstream /<br />
Southern)<br />
Volt haben die Erwartungshaltungen<br />
an diesen Release mit ihrer<br />
derartig fetten und brachialen<br />
Debüt EP „Romeo k. o.“ verdammt<br />
weit in die Höhe geschraubt. Das Intensitätslevel<br />
darauf bleibt bis dato von neueren Produktionen<br />
auch international unerreicht. Auf „Rörhät“, der Titel ist<br />
kleine Remiszenz an die Roerheadds, aus denen die<br />
Band hervorgegangen ist, hat man sich dagegen einer<br />
trockeneren und auch weniger drucklastigen Aufnahme<br />
(Guido Lucas/bluBox) verschrieben. Diese ist erstmal<br />
etwas gewöhnungsbedürftig, aber eben wirklich sehr<br />
eigenständig im Sound. Vielleicht hat deshalb dieses<br />
Album eine lange Entwicklungszeit hinter mir. Nachdem<br />
es mich nicht sofort ob dieser unglaublichen Energie -<br />
wie die EP - völlig umgeblasen hat, war es einer gewissen<br />
Inkubationszeit ausgesetzt. Umso nachhaltiger und<br />
mit einer umso konsequenteren Vehemenz tritt einem<br />
nun „Rörhät“ zwar nicht vors Schienbein, aber linkisch<br />
hinterrücks in die Wade. Über mehrere Jahre absorbierten<br />
Volt anscheinend sämtliche Noise/Gitarrensounds,<br />
um am Ende neben Todd als die neuen Noisephoenixe<br />
zu erstehen. Die lärmigen intensiven Gitarrenparts von<br />
Jesus Lizard und alter AmpRep Schule, die Brachialität<br />
und Psychosis von Unsane, die trockenen Grooves von<br />
Fugazi und die sägende Monotonie Shellacs, die doomigen<br />
Parts von Melvins und Ulme - all das wird umgelegt<br />
auf eine feine Volt-Version mit hyperaggressiven<br />
Vocals am absoluten Endpunkt. „Rörhät“ ist ein unbequemes,<br />
aber eben sehr eigenständiges und fabulöses<br />
Noise-Album. Am Schluss ein monoton dröhnendes,<br />
bassdunkel vibrierendes, überlanges Stück, das eine<br />
unangenehme Spannung aufbaut, um am Ende nur<br />
kurz auszubrechen und mit geflüstertem „Unsane“ zu<br />
enden.<br />
Christian Eder<br />
www.volt-music.de<br />
Walls Of Jericho -<br />
With Devils Amongst Us all<br />
(Roadrunner Records/Roadrunner)<br />
Candace Kucsulain scheint eine schlimme Kindheit gehabt<br />
zu haben. Wie sonst ließe es sich erklären, dass<br />
die Frau ausgerechnet im Dicke-Hosen-Genre Hard-<br />
core die Frontposition einer Band einnimmt, die uns dieser<br />
Tage mit „With Devils Amongst Us All“ einen wirklichen<br />
Kotzbrocken um die Ohren haut. Und mein Gott,<br />
was brüllt die Frau sich ihre Seele aus dem zarten Leib!<br />
Mit diesem mittlerweile dritten Album bewerben sich die<br />
Herrschaften aus Detroit um die Position der härtesten<br />
Scheibe dieser nN-Ausgabe - wer auf deftiges Hardcore-Geknüppel<br />
steht, hat hier seinen Monatstipp gefunden<br />
- da „stört“ dann auch die gefühlvolle und gute<br />
Ballade(!) „No Saving Me“ nicht weiter. Ein kleines Bisschen<br />
mehr Melodie und weniger eindimensionales<br />
Gekloppe hätte „With Devils Amongst Us All“ dennoch<br />
gut getan. Drauf hätten Walls Of Jericho das nämlich.<br />
So bleibt's halt ein Kotzbrocken.<br />
Heavy<br />
Weiherer - Wia Nix<br />
(Conträr Musik/Indigo)<br />
Das dritte Album des bayrischen<br />
Grantlers, des „Bavarian Singer/Songwriter“<br />
in Mundart, des<br />
Hinterfragers, Entlarvers, Sympathen<br />
und Kritikers, des von<br />
manchen als legitimen Sohn von Hans Söllner (möchte<br />
er jetzt bestimmt nicht hören, also der Weiherer... ich<br />
schreib's trotzdem) Deklarierten - ist ein Livealbum. Wer<br />
ihn einmal gesehen hat, weiß, was es bedeutet, wenn<br />
Christoph Weiherer auf der Bühne steht, welch Ausstrahlung<br />
plötzlich vorherrscht und welch Humor/Ironie/Sarkasmus<br />
im Spiel ist. Der eher schüchtern wirkende<br />
Songwriter blüht im Eifer des Gefechts so richtig<br />
auf. Seine Ansagen zwischen den Songs - unschlagbar,<br />
sein Charme - unübertrefflich, seine Texte - Treffer!<br />
Versenkt! Die Alltagsbeobachtungen, die Gabe des<br />
Filterns von möglichst skurrilen Begebenheiten und das<br />
Aufdecken von solchen, der Sinn fürs Wesentliche, einfach<br />
grandios. Sein PC-Bewusstsein, so was von herrlich<br />
unkorrekt! Spontan und unberechenbar. Wie schafft<br />
er es nur, so scheinbar einfach die Schwächen der<br />
menschlichen Fassade aufzudecken und vor allem zu<br />
verbalisieren. „Des bissal Leben“, „Wia Nix“, „Verliebt“,<br />
Anspieltipps! Ganz zu schweigen von den Textbeiträgen.<br />
Besser als jegliche Was-bin-ich-witzisch-Comedian-TV-Show.<br />
Erstaunlich auch, dass der abgebrühte Weiherer erst<br />
26 ist. Weniger erstaunlich, dass er schon einige Preise<br />
gewonnen hat und doch relativ präsent in der Szene<br />
vertreten ist. Das ist auch gut so! Weiherer ist darüber<br />
hinaus purstes DIY. Kein Plattenvertrag, eigenes Management,<br />
alles selbst gemacht. So muss das sein,<br />
sehr geehrte Damen und Herren. Was ist Weiherer nur?<br />
Liedermacher, klar. Gleichzeitig aber Politikkritiker, Kabarettist,<br />
Protestsänger, Folkmusiker. Aber das beste:<br />
er ist einer von uns. Dem gönnt man das! Weiter so! Da<br />
genial!<br />
Matthias Horn<br />
www.weiherer.<strong>com</strong><br />
Waltari - Early Years<br />
Nordic Notes / Broken Silence<br />
Anfang bis Mitte der Neunziger gehörten sie ohne Zweifel<br />
zu den innovativsten Vetretern ihrer Zunft: die 1986<br />
in Finnland gegründete Waltari. Sich in allen Bereichen<br />
der Rockmusik zu Hause fühlend und der Fähigkeit,<br />
nicht nur über den Tellerrand hinaus zu schauen, sondern<br />
auch mit dem Mut ausgestattet, sich in unkonventioneller<br />
Art und Weise in anderen Genres zu bedienen,<br />
zählte die Band zu den Vorreitern des mittlerweile zum<br />
Unwort verkommenen Crossover. Ihr 1992 veröffentlichtes<br />
Album „Torcha!“ und vor allen Dingen die drei<br />
Jahre später auf CD gebannte Kollaboration mit dem<br />
Helsinki Symphonieorchester „Yeah! Yeah! Die! Die!<br />
(Death Metal Symphony in Deep C“ machten Waltari<br />
über einige Jahre zu Szenelieblingen, „Lights On“ und<br />
„So Fine“ wurden sogar zu Singlehits.<br />
Über die vergangenen Jahre aber wurde es etwas ruhiger<br />
um die Band, ließ die Strahlkraft ihrer Alben nach<br />
und machte auch der eine oder andere Besetzungswechsel<br />
die Situation nicht gerade leichter.<br />
Mit „Early Years“ blickt die Band nun auf zwei ihrer ganz<br />
frühen Release zurück - das 1991 veröffentlichte Debut<br />
„Monk Punk“ (mit der Death-Metal-Coverversion<br />
von „Help!“) sowie der Single-Kollektion „Pala Leipää“.
Neu gemastered und mit einem knappen Dutzend zusätzlicher Tracks versehen ist<br />
die Zusammenstellung mehr als nur eine schöne Erinnerung für Nostalgiker. Zeigt<br />
doch schon „Monk Punk“ mit seiner Mischung aus Punk, Metal, Funk und Elektronik,<br />
welche Kreativität in dieser Band steckte. Altbacken klingt dabei überraschenderweise<br />
kaum eines der Stücke, sondern im Gegenteil immer noch überraschend<br />
zeitgemäß, ja modern.<br />
Arnulf<br />
Wolfen - The Truth Behind<br />
(SinSinRecords/Alive)<br />
Wenn ich nicht irre müssten „Wolfen“ gerade ihr zehnjähriges<br />
Bestehen feiern, denn das erste Demo der Band, „No Sleep<br />
Til Blindfold“ stammt aus dem Jahre 1996. Der aktuelle Longlayer<br />
ist der dritte „echte“, und mit „The Truth Behind“ haben<br />
die fünf Kölner eine „lupenreine Metalscheibe eingehämmert“<br />
(Labelinfo). Tatsächlich hat auch der unbarmherzigste Kritiker nicht viel auszusetzen:<br />
Guter, nie eindimensionaler Gesang, klasse Gitarrenarbeit und treibende Rhythmusfraktion.<br />
Dazu ein in jeder Hinsicht satter Sound - fertig ist ein astreines Metalalbum,<br />
welches man nun gerne herumzeigen möchte. Besonders im Ohr verheddern<br />
sich der Opener „The Last Chance“, das leicht „IcedEarth“-mässige „Raisin'<br />
Hope“, „Y 2 K“, dessen opening-Riff auch von Glen Tipton und K. K. Downing stammen<br />
könnte, und „Wolfpack“; Vorteil der Band ist ein hoher Grad ein Eigenständigkeit,<br />
und selbst wenn man - wie beim Intro von „Signs“ - fast meinen könnte, dass<br />
nun doch der Epigone die Oberhand behält - „Wolfen“ verstehen es, geschickt abund<br />
mit einem völlig anderen Riff aufzutauchen und fortzufahren. Wirklich gute Performace,<br />
das.<br />
Nico<br />
www.sinsin-music.<strong>com</strong><br />
Wovenhand - Mosaic<br />
(Glitterhouse)<br />
Es ist zu schade. Veröffentlichten Wovenhand vor ein paar Jahren mit „Consider the<br />
birds“ ein wunderbar eng geknüpftes Album, konzentriert sich David Eugene Edwards<br />
inzwischen mehr und mehr auf vergangene Jahrhunderte, wirkt verbraucht und bemüht<br />
und kramt regelmäßig die fiese Mittelalter-Geige hervor. Mosaic plätschert langsam<br />
und leise dahin, als wäre nichts gewesen, regt sich kaum und berührt in<br />
gewohnt predigender Manier nur in den seltensten Fällen. Bleibt zu hoffen,<br />
dass sich Edwards für den Nachfolger wieder richtig ins Zeug legt.<br />
Torge Hüper<br />
www.glitterhouse.<strong>com</strong><br />
Yakuzi -One To All!<br />
(RookieRecords/Cargo)<br />
Punkrock mit Posaune und Trompete aus Pforzheim. Na, das passt ja schonmal<br />
wie die Faust auf's Auge, oder? Ganz so abgefahren ist es nun aber auch<br />
wieder nicht. Der Sechser um Sänger Oli Dieterle bringt zwar neben dem oben<br />
schon zitierten Blaseblech eine ganze Menge Lateinamerika in die Songs,<br />
richtet sich ansonsten aber doch am traditionellen Liedgut des Punk und Ska<br />
aus. Die vierzehn Songs schlängeln sich liebevoll in die Hörgänge und verharren<br />
dortselbst. Monotonie ist ein Fremdwort, hier „ruled“ die Abwechslung.<br />
„Yakuzi“ geben mächtig Gas und können bis auf zwei, drei etwas durchschnittliche<br />
Songs, voll überzeugen. Und selbst da bitte ich zu bedenken: Ist das Niveau<br />
hoch, gerät man leichter mal drunter. Well done, Folks!<br />
Leo<br />
www.rookie-records.de<br />
James Yorkston - The Year Of The Leopard<br />
(Domino Records / Rough Trade)<br />
Warum nennt so ein Gitarrensoftie wie James Yorkston sein Album „The Year<br />
Of The Leopard“? Weil er sich leise anschleicht? Doch nicht wirklich, er fährt<br />
ja auch dann nicht die Krallen raus, wenn wir nicht mehr damit rechnen, dass<br />
er überhaupt welche hat. Er ist einfach so was von lieb. Singt darüber, dass<br />
es ihm besser geht als vorher. Über einen verloren gegangenen Puma in der<br />
Nähe des Hauses seiner Eltern. Hallo, Freud! Ein Fest für alle Analytiker…<br />
der Songwriter, der so aussieht, wie der Herr von der Versicherung mit Doppelnamen,<br />
sucht in seiner Kindheit nach möglicher Gegenwehr. Das illustriert<br />
er musikalisch, ganz softielike, wie gesagt, mit Unterstützung einiger Freunde,<br />
als tastende Folkpopelegie. Wie schreibt er selbst über das Thema des vierten<br />
Tracks: „It`s about that time, still up at dawn, drinking, talking about everything<br />
and nothing.“ Genau so hört es sich auch an. Das ist liebevoll gemacht,<br />
hübsch orchestriert, bescheiden, sympathisch und folgenlos.<br />
Erst im fünften Song bleibt etwas hängen, wenn er zur im Background angedeuteten<br />
Popgeste zum Storytelling ansetzt, klar, präzise, selbstbewusst und<br />
ganz in seiner mitleidlos genauen Beobachtung zuhause. Der Blick aus dem<br />
Hotelzimmer wird zum Blick hinaus in die Gesellschaft, Yorkston wird zum Adler,<br />
der mit wachem Auge über der Masse kreist. Spoken Words mit sehr viel<br />
Stil: als Autor ist er Klasse.<br />
Auch danach bleibt es dabei: Seine Stärke ist nicht der auf diesem Album favorisierte<br />
stille, intime „Songwriter-spielt-Freunden-neue-Lieder-in-der-Kü-<br />
<strong>reViews</strong><br />
37<br />
che-vor-Moment“. Seine Stärke ist eher die große Geste, das Erwachen des Chansonniers<br />
ist ihm zu wünschen und in einigen Liedern findet das schon andeutungsweise<br />
statt. Bloß gut, das Jacques Brel zu seinen Favoriten zählt. Wenn Yorkston in<br />
„The Brussels Rambler“ ein kleines Akustik-Orchester im Hintergrund weiß, wird seinen<br />
leisen, präzisen Bildern der Glanz verliehen, den Stimme und Gitarre alleine nicht<br />
erzeugen können. Dann bekommt sein Songwriting die fehlende Farbe.<br />
Ach ja, die Platte macht Hoffnung auf viel, viel mehr.<br />
Und wenn er weiterhin den Puma sucht oder den Leoparden, dann richtet ihm doch<br />
bitte aus: Er versteckt sich im Konzertsaal. Bei den Instrumenten.<br />
Andrasch Neunert<br />
www.jamesyorkston.co.uk<br />
Your Ten Mofo -<br />
Things change while helium listen to everyone<br />
(Wohnzimmer Records / Broken Silence)<br />
Was soll das jetzt? Waren Your Ten Mofo noch vor ein paar Jahren auf einem recht<br />
anständigen Weg, zwar nicht gerade die musikalische Revolution zu beschwören,<br />
sich aber trotzdem mit minimalistischer Elektronik und charmanter Eigenwilligkeit<br />
ernsthaft festzusetzen, bringt das Debütalbum „Things change while helium listen to<br />
everyone“ schlichtweg Enttäuschung. Mit „Are you sleepy“, „Things change while helium<br />
listen to everyone“ oder „In the waiting line“ machen Your Ten Mofo abgesehen<br />
von einem Haufen übel synthetischer Streichersamples gewiss nichts falsch… Nur<br />
eben auch nichts richtig. Denn, sind wir ehrlich, alles in allem bringt es „Things change<br />
…“ auf nicht einmal einen eigenen Ton. Große Melodiebögen, Kopfstimmen, Glokkenspiele,<br />
fein säuberlich im gewohnten Laut-Leise-Prinzip eingeschnürt und unverschämterweise<br />
äußerlich mithilfe der Takk-Vögel verziert, bleibt lediglich die Frage,<br />
welchen Sinn Your Ten Mofo eigentlich verfolgen: Denn zu mehr als einer peinlich<br />
genauen Abbildung von Sigur Rós bringen es die Österreicher einfach nicht. Frechheit.<br />
Torge Hüper<br />
www.yourtenmofo.<strong>com</strong>
38<br />
<strong>reViews</strong><br />
4 Ohren<br />
hören mehr als 2<br />
Alarma Man - s/t<br />
(Sinnbus Records / Alive)<br />
Eine Lektion in Sachen "Alarm Machen" erhalten wir<br />
von den vier jungen Schweden Alarma Man aus Göteborg<br />
- und das mit ausschließlich instrumentalen Mitteln.<br />
Unübersichtlich wie in einem Ameisenhaufen geht<br />
es auf ihrem Debüt mitunter zu: Zwei Gitarren und ein<br />
Bass schießen unzählige Frickel-Riffs durch den Verstärker,<br />
der diese in mächtig verzerrter Form scheinbar<br />
konfus durch den Raum schwirren lässt, bis sie sich alsbald<br />
gegenseitig in die Quere kommen. Es kommt zum<br />
Aufprall, alles scheint aus dem Ruder zu laufen, doch<br />
plötzlich löst sich das Chaos in seine Bestandteile auf.<br />
Schnell wird wieder aufgestanden und weiter geht's: Action-Hey-Ho,<br />
Atempausen not included! "Alarma Man"<br />
wirkt auf den ersten Blick wie ein hyperaktives Kind mit<br />
ADS-Syndrom, ist aber im Kern doch ein Chaos der<br />
strukturierten Sorte, weiß die Band doch stets genau,<br />
was sie da tut. Der vertrackte Dischord-Sound steht<br />
ebenso Pate wie die eigene, schwedische Hardcore-<br />
Schule, so dass die zehn Energiebrocken konstant ein<br />
ebenso intensives wie wahnwitzig hektisches Level halten<br />
können, ohne dabei nach bloßem Krach zu klingen.<br />
In Schweden erschien dieses Album ursprünglich<br />
schon im letzten Jahr und es verwundert kaum, dass<br />
Sinnbus mit dieser Lizensierung für den europäischen<br />
Markt zugeschlagen hat, passt diese gelungene, unkonventionelle<br />
Scheibe doch 1A ins Aufgebot der Berliner<br />
Schmiede mit dem Faible fürs Abseitige.<br />
Patrick Agis-Garcin<br />
Was haben die Augen begeistert geleuchtet. Enthusiasmierte<br />
Sinnbus-Jungs, die mit den tollen mutigen Veröffentlichungen,<br />
hatten ein neues Baby entdeckt, ein<br />
skandinavisches Findelkind im extrem lauten, chaotisch<br />
verschachtelten Instrumental-Format und sprachen<br />
mit mir über das Risiko und die Begeisterung am<br />
neuen Thema. Schuß Postrock meets Noise-Gewitter.<br />
Keine Kompromisse. Zweimal Gitarre, Bass, Schlagwerk.<br />
Autistisch anmutender Lärm. Viele Wiederholungen,<br />
die einander halt so abwechseln. Zorniges Beben ohne<br />
roten oder sonst wie nachvollziehbaren Faden. Ging<br />
ein Hardcoremusiker ins Bett und träumte schlecht von<br />
Frank Zappa. Traf dann auf seine Musiker am nächsten<br />
Morgen und außerdem wollten sie dem spießigen<br />
Nachbarn einen Schreck einjagen.<br />
Was mir leider auch beim dritten Durchgang fehlt, ist<br />
die Erkenntnis, wozu das Ganze gut sein soll. Zwar ist<br />
das hier weniger besinnungslos und grundlos selbstverliebt<br />
als das komplett abgehobene Gewichse auf der<br />
neuen Mars Volta, doch auch hier offenbart sich kein<br />
Spannungsbogen, der den großen Aufwand rechtfertigen<br />
würde. Bei aller Kraftmeierei: das hier dudelt. Amigamäßige<br />
Tonfölgchen werden zu apokalyptisch arrangierten<br />
Wutsuppen uminterpretiert. Ich bin mir sicher,<br />
ohne jazzig überzeichnenden, charismatischen Shouter<br />
mit harlekinesker Attitüde werden die in der skandinavischen<br />
Provinz hängen bleiben. Denn angedeutete<br />
Abgründe werden niemals ausgelotet, heiliger Zorn<br />
bleibt unausgesprochen und so verdampft das Ganze<br />
ohne Rückstände.<br />
Ziemlich originell, die Platte. Wirklich gut gemacht.<br />
Mehr nicht.<br />
Andrasch Neunert<br />
http://www.alarmaman.<strong>com</strong><br />
http://www.sinnbus.de<br />
Joyce Hotel - Limits<br />
(Make My Day Records / Alive)<br />
Düstere, industrielle Kälte fließt aus den Boxen und<br />
passt von der Stimmung her in die New Wave der New<br />
Wave. Das Songwriting ist recht eigenständig. Mir fällt<br />
jedenfalls keine „Klingt wie“-Referenz ein, die mit weniger<br />
als fünf Zutaten auskommt. Ein Versuch der Einordnung:<br />
Joy Division, Chameleons, deus, Radiohead<br />
und Interpol.<br />
Dieses Zweitlingswerk der dänischen Joyce Hotel wäre,<br />
käme es aus dem Vereinigten Königreich, wahrscheinlich<br />
der nächste Hype des Tages. Da die Jungs aber<br />
nicht aus Great Britain stammen und die üblichen Verdächtigen<br />
der „hochjubeln und schnell wieder fallen lassen“-Gazetten<br />
Bands aus Dänemark nicht wirklich auf<br />
ihrem Radar haben, besteht die Chance des kontinuierlichen<br />
Wachsens.<br />
Wenn Musik für Euch ein eher dunkles Universum ist,<br />
Euer persönlicher Soundtrack zur Apokalypse aber<br />
nicht zwingend aus Düster-Industrial und Black Metal,<br />
sondern zur Abwechslung auch mal aus windschiefen<br />
Melodien und schräger Indie-Mucke besteht, dann<br />
könnte eine neue Lieblingsband auf Euch warten.<br />
Ich persönlich kann damit zurzeit weniger was anfangen,<br />
das liegt aber an der Stimmung. Der nächste dunkle<br />
Winter kommt bestimmt und dann werde ich diese<br />
Platte gern und oft hören. Glaube ich jedenfalls.<br />
Mike Maisack<br />
Die Dänen tun es wieder! Als ich ihre letzte Platte besprach,<br />
war das für mich ein absolutes Highlight der<br />
Ausgabe. Bedrohlich, Indie, voller verschrobener Parts,<br />
hinreissender Melodien und unglaublicher Atmosphären.<br />
dEUS, weitere verschrobene belgische Kreativitätsband<br />
& Radiohead mussten damals als Anhaltspunkt<br />
herhalten. Und was weiß ich noch, was so alles.<br />
AufjedenFall war Begeisterung vorherrschend und gewiss.<br />
Jezz würde ich auch noch Depeche Mode und<br />
Interpol zitieren... ich hab's ja erkannt. Letztere werden<br />
auch überall erwähnt, wenn es um Joyce Hotel geht;<br />
man geht ja nicht blind durch die Welt... Was ja auch<br />
nicht verkehrt ist, also beides, die sehende Interpol-<br />
Welt. Aber wie soll ich mit dieser Platte durch dieses<br />
Jahr kommen? Gerade jetzt, wenn es Herbst wird? Die<br />
haben das extra gemacht, das ist Kalkül. Frech. Den<br />
perfekten Herbstplattenstatus gleich mal für sich beanspruchen,<br />
alle anderen noch folgenden Herbstplatten<br />
aus dem Rennen werfen. Die müssten sich nämlich<br />
ganz schön ins Zeug legen und wir uns warm anziehen.<br />
Ich spüre gerade eben schon die heraufziehende<br />
nicht unbedingt unangenehme Kühle, sehe die bunten<br />
Blätter vor mir, die langen Waldspaziergänge durch den<br />
Indian Summer, abendliches Teetrinken in der Küche,<br />
Kerzen und Zwei- oder auch Einsamkeit. Und was läuft<br />
da im Hintergrund? Genau, die Dänen. An ihrem musikalischem<br />
Rezept haben sie nichts geändert. Sind nur<br />
gewachsen, sicherer, reifer geworden. Man könnte ihnen<br />
aber auch Stillstand vorwerfen. Kann ich aber nicht.<br />
Zu melancholisch, leicht windschief, vertrackt und eindringlich<br />
ist „Limits“. Einlullend, aber gefährlich. Ruhiger<br />
sind sie geworden. Dadurch hat aber auch das Brodeln<br />
unter der Oberfläche zugenommen. Wieder das<br />
gesamte Instrumentenspektrum über den Vulkan gesetzt;<br />
jener diesmal nicht ausbrechen darf. Piano? Na<br />
logo! Klassische Rockinstrumentalisierung? Ham'wa<br />
auch. Allerlei organisches Orgelkroppzeuch und<br />
strange Be- und Vertonungen? Alles an Bord. Und eine<br />
unglaublich präsente Stimme? War das eine rhetorische<br />
Frage? Was soll ich noch hinzufügen? Highlight.<br />
Und noch: unglaublich, Song Nummer sechs… unter<br />
anderem.<br />
Matthias Horn<br />
www.joycehotel.<strong>com</strong><br />
www.makemydayrecords.de<br />
In letzter Minute<br />
Now It`s Overhead - Dark Light Daybreak<br />
(Saddle Creek / Indigo)<br />
Andy LeMaster hat es also wieder getan. Wieder in<br />
Träumen geschwelgt. Wieder hypnotische Mitsinghymnen<br />
im Cinemascopeformat entwickelt. Die perfekte<br />
Musik für die Scheibe danach. Ein Arrangement-Fetischist<br />
mit U2 und Pink Floyd ganz vorne im Plattenschrank.<br />
Hat sich mit Orenda Fink und Mariah Taylor<br />
die tollsten Mädels des Labels in den Übungsraum bestellt.<br />
Um seinen leisen, Horizonte hauchenden Songideen<br />
noch ein bisschen mehr Punch und Glamour zu<br />
verpassen, vermute ich mal. Doch die berührende Intimität,<br />
subjektive Kompromisslosigkeit um ihrer selbst<br />
Willen, ist diesmal nicht das Saddle-Creek-Keyword<br />
zum vermutlich sicheren, verdienten Erfolg. Der Multiinstrumentalist<br />
verliert sich bisweilen ein wenig in der<br />
teigigen Fläche seiner Synthesizer und erliegt dabei der<br />
Gefahr, Banalitäten zu Scheingröße aufzuplustern.<br />
Dies gilt gerade dann, wenn die schräg versetzten Beats<br />
den Track drei, „Walls“, nicht davor bewahren können,<br />
ein nur knapp überdurchschnittlicher Wave-Pop-<br />
Song zu sein, der immerhin gut Zwischengas gibt. Aber<br />
lassen wir Herrn LeMaster nicht über das alte Argument<br />
von der Produzentenkrankheit springen. Denn hier finden<br />
sich so viele Momente purer Schönheit - und, by<br />
the way, der seit langer Zeit raffinierteste und schönste<br />
Chorgesang (danke, Mädels!), so dass das Album weit<br />
mehr ist, als eine nette musikalische Zwischenmahlzeit.<br />
Hier geht ein Indiemusiker, der mit REM`s Michael Stipe<br />
so gut befreundet ist, dass auch dessen Lust am Midtempo-Thema<br />
und dessen schrittweiser Steigerung zur<br />
Hymne des Öfteren durchscheint, konsequent den Weg<br />
in Richtung Mainstream Success, ohne dabei die eigene<br />
Identität des schwärmerischen, sentimentalen<br />
Softies an gesichtslose Popnormierungen zu verraten.<br />
Er ist allerdings nahe dran. Am schönsten ist seine Musik<br />
für mich immer noch beim beseelten Gesang zur Gitarre,<br />
wie im wunderschönen Song „Let Up“ anfangs zu<br />
hören und thematisch ebenso raffiniert, wie sensibel<br />
weiterentwickelt. Da ist er auf einmal ganz nah. Ich kann<br />
ihn spüren. Mehr davon.<br />
Andrasch Neunert<br />
www.saddle-creek.<strong>com</strong><br />
www.nowitsoverhead.<strong>com</strong><br />
Das Hörspiel<br />
Drizzt - Die Saga vom Dunkelelf 1: Der dritte Sohn<br />
(Lausch/Alive)<br />
R. A. Salvatores Romane um die "Saga vom Dunkelelf"<br />
hat bereits Millionen Fantasy-Begeisterter in ihren Bann<br />
gezogen. LAUSCH legt nun die Umsetzung der Geschichten<br />
um den Dunkelelfen Drizzt Do'Urden in Hörspielform<br />
vor. In der Hauptrolle - Tobias Meister. Und<br />
wer den nicht kennt, der kennt zumindest seine Stimme:<br />
denn diese lieh er als Synchronsprecher bereits Brad<br />
Pit, Sean Penn oder Kiefer Sutherland. Zur Story: Das<br />
Unterreich. Die geheimnisvolle Welt unter der Oberfläche<br />
der Vergessenen Reiche. Hier herrschen die Drow,<br />
die Dunkelelfen, in ihrer prunkvollen Stadt Menzoberranzan<br />
über das Unbeherrschbare. In der Nacht, als<br />
das Haus Do'Urden gegen das sechste Haus von Menzoberranzan<br />
marschiert, soll Drizzt, der dritte Sohn des<br />
Hauses Do'Urden der grausamen Spinnenkönigin geopfert<br />
werden. Der Tod seines Bruders rettet ihm das Leben,<br />
doch ist es ein Glück, in der glücklosen Welt der<br />
Drow zu überleben? Die Saga besteht in der Hörbuch-<br />
Version aus insgesamt drei Teilen, die ab dem 29.09.<br />
im Monatsrhythmus erscheinen werden. Und: Wehe denen,<br />
die nur über den ersten Teil verfügen - denn die<br />
Spannung bis zum nächsten ist kaum auszuhalten: In<br />
Lausch-typischer Manier, keine Kosten und Mühen<br />
scheuend, ist die perfekte Umsetzung eines Stoffes gelungen,<br />
der wahrlich nicht einfach wiederzugeben ist.<br />
Wie gesagt: Die Zeit bis zum 20. Oktober, dann soll "Die<br />
Saga Vom Dunkelelf 2" erscheinen, dürfte nicht leicht<br />
werden; aber das Warten lohnt sich. (Spieldauer: 70 Minuten)<br />
Leo<br />
www.merlausch.de
KURZ<br />
UND<br />
KNAPP<br />
mit Carsten<br />
Antifamily - s/t (Difficult Fun/Broken Silence) ist das<br />
fünfte Album des Londoner „Difficult-Fun“-Labels, welches<br />
als Heimat vieler „interessanter und zukunftsweisender<br />
Künstler im Elektronik- und Underground-Popbereich“<br />
(Rough Trade Counter Culture-Compilation)<br />
gilt. In der Tat könnte man das, was „Anti-Family“ machen,<br />
als „Avantgarde“ des E-Pop bezeichnen, denn<br />
ohne Kompromisse zieht die Band ihre Vorstellung von<br />
Eno-esker Klangentwicklung durch, sogar Vergleiche<br />
mit „Neu!“ scheinen da legitim. Interessantes Projekt,<br />
aber definitiv nichts zum „eben mal reinlauschen“; wer<br />
sich aber die Zeit nimmt, wird es nicht bereuen.<br />
Fony - Mercy After Fiction (HeadroomRec/Rough-<br />
Trade) kommen aus dem englischen Surrey, und die<br />
2002 veröffentlichte CD „Routine Irregular“ dürfte vielen<br />
noch in bester Erinnerung sein. Nicht? Dann mal<br />
nachgekauft, denn nicht umsonst galten „Fony“ damals<br />
als eine der besten New<strong>com</strong>erband Englands. Mit dem<br />
aktuellen Album „Mercy After Friction“ schließt die Band<br />
nahtlos an das zuvor Gebotene an: Komplexe Songstrukturen<br />
á la „Radiohead“ treffen auf den „Noise-<br />
Rock“ der 90er; das ist aber alles andere als kopflastig,<br />
sondern höchst eingängig und manchmal sogar tanzbar.<br />
Klasse Platte.<br />
Frau Doktor - Wer Mich Leiden Kann Kommt Mit<br />
(RookieRecords/Cargo) - kommt aus Wiesbaden und<br />
hat dort eine gut gehende „Rocksteady-Ska-Soul“-Praxis;<br />
Patienten, die an „schweren Tanzbeinen“ leiden,<br />
sind hier bestens aufgehoben: die freundliche Ärztin<br />
empfiehlt zwölf extrem tanzbare, groovige und sauber<br />
produzierte Nummern, die auch den hoffnungslosesten<br />
Kranken kurieren dürften (www.rookie-records.<strong>com</strong>).<br />
<strong>reViews</strong> 39<br />
Fuckuismyname - Stay Gold, Falconass (X-Mist), Vinyl.<br />
Nicht eben radiokompatibel, was die Trierer Jungs<br />
auf ihrer aktuellen LP machen. Mit dem meines Wissens<br />
ersten „richtigen“ Longplayer - nach einer Seven-<br />
Inch vor gut drei Jahren - bieten „FuckuIsMyName“ eine<br />
ziemlich energiegeladene Postpunk-Mischung aus „Le<br />
Savy Fave“ und „Craving“, die ziemlich gut reinläuft. Für<br />
Leute, die Ihren Ohren einmal wieder etwas jenseits der<br />
abgelatschten Lauschpfade bieten möchten.<br />
Klasse Platte. Unbedingt auch mal auf<br />
www.fuckuismyname.de klicken - tolle Homepage.<br />
Funeral March - s/t (No Solution Records/Cargo) stammen<br />
aus dem Sauerländischen, und die am 20. Oktober<br />
erscheinende CD mit demselben Titel bietet eine<br />
„knallige Kombination“
John: Mein Bruder und ich, vor allem aber mein Bruder,<br />
waren damals totale Ramones-Fans; wir haben die Jungs<br />
schon gehört, als noch keiner sie kannte, als die ersten<br />
Platten rauskamen, sozusagen…<br />
nN: Man kann also sagen, dass Ihr als Punks angefangen<br />
habt?<br />
John: Ja, genau; wenig später fing mein Bruder dann an,<br />
Gitarre zu spielen und erste Songs zu schreiben; irgendwann<br />
hat er sich so ein altes Vier-Track-Tapedeck<br />
besorgt, ein TEAC, und damit war man damals seiner Zeit<br />
voraus… Wie sich die Zeiten geändert haben… Ich hatte<br />
in der Schule angefangen, Schlagzeug zu spielen. Wir<br />
begannen dann, gemeinsam Musik zu machen, was ja<br />
nahe lag und ziemlich aufregend war; außerdem stellten<br />
wir bald fest, dass uns das Aufnehmen als solches ziemlich<br />
viel Spaß machte …<br />
"Wir mochten also dieses ganze Punkrock-<br />
Zeugs was Ende der 70er rauskam und das<br />
hat uns sehr inspiriert."<br />
nN: Zwei Dutzend Platten sind Beweis genug - und ihr<br />
habt immer noch Spaß daran?<br />
John: Ja, es ist auch heute noch so, dass uns die Aufnahmesessions<br />
viel Freunde machen. Die Anfänge lagen<br />
irgendwann im Jahr 1978, meine ich. Seit dieser Zeit also<br />
machen mein Bruder und ich Musik. Wir mochten also<br />
dieses ganze Punkrock-Zeugs was Ende der 70er rauskam<br />
und das hat uns sehr inspiriert. Tatsächlich haben<br />
wir es sogar auf die Reihe bekommen, 1980 eine Single<br />
aufzunehmen, eine Split-Single zusammen mit einer<br />
befreundeten Truppe …<br />
nN: … das muss dann das "legendäre" "Look Here<br />
Come The Wormies" gewesen sein …<br />
John: … Genau so hieß der Song (bekommt einen mittleren<br />
Lachanfall ...). Nein, nicht wirklich ein Meilenstein der<br />
Rockgeschichte, aber eben unser erster Tonträger.<br />
nN: Gibt es den noch …?<br />
John: Tatsächlich habe ich gerade gestern eine Email<br />
bekommen, wonach in Polen jemand diese Single für 650<br />
Seit reichlich 25 Jahren nehmen die Brüder<br />
John und Rob Wright nun schon Platten<br />
auf, und seit der ersten Single "Look, Here<br />
Come The Wormies" - nach John's eigener<br />
Aussage nicht unbedingt ein "Meilenstein<br />
der Rockgeschichte" - haben NO<br />
MEANS NO inzwischen<br />
Dollar bei Ebay ersteigert haben soll - albern, total albern<br />
(lacht) …<br />
"Die Leute hier bei uns in Kanada sind<br />
ziemlich tolerant, musikalisch kann man<br />
sich hier austoben, die hören sich einfach<br />
alles an"<br />
nN: Ihr seid also als Punkband gestartet?<br />
John: Ja, schon, aber sozusagen "rein musikalisch". Ich<br />
meine, ich hatte weder Sicherheitsnadeln im Ohr noch<br />
jemals einen "Iro" oder sowas; Punkrock war einfach<br />
unsere musikalische Inspiration, auf den Zug sind damals<br />
ja viele Bands aufgesprungen. Und bei uns in Kanada -<br />
oder genauer in Victoria - gab es jede Menge gute Bands,<br />
von denen es aber letztlich nur zwei oder drei geschafft<br />
haben. Victoria hatte eine sehr umtriebige Szene und die<br />
Insellage hatte zusätzliche Vorteile: Wir waren ziemlich<br />
abgeschnitten vom Festland, viele Bands von dort trauten<br />
sich aufgrund der hohen Fährkosten nicht, zu uns rüberzukommen,<br />
wir blieben also weitestgehend unter uns,<br />
konnten spielen wo immer wir wollten und die Leute<br />
kamen auch immer brav, so dass die Clubs meist voll<br />
waren. Die Leute hier bei uns in Kanada sind ziemlich<br />
tolerant, musikalisch kann man sich hier austoben, die<br />
hören sich einfach alles an - manchmal vielleicht auch<br />
nur, weil sie Teil der Party, die da gerade abgeht, sein wollen,<br />
aber egal: Sie kommen und hören. So können sich<br />
hier Bands unterschiedlicher musikalischer Spielarten<br />
bestens entwickeln …<br />
NN: Wie ging es mit der Band weiter?<br />
John: Zu dieser Zeit hatten wir in der Band das Problem,<br />
dass wir keinen Gitarristen hatten, auch keinen kannten,<br />
der hätte einspringen können … Da wir natürlich auch live<br />
spielen wollten, schrieb Robbie Songs für Bass und<br />
Drums - viele dieser Sachen, die Du dann auch auf<br />
"Mama" hören kannst.<br />
nN: Das war aber nicht unbedingt von Nachteil …<br />
John: Eben! Unser Sound war ziemlich "klischeefrei",<br />
denn ohne Gitarre klingst Du einfach anders, die Songstrukturen<br />
kreisen meist um sich wiederholende Bassund<br />
Drum-<br />
Patterns und es blieb viel Energie für die Vocals und die<br />
Lyrics übrig. So entwickelten wir einen sehr eigenen Stil<br />
und dann lernten wir ja Andy Kerr kennen…
NOmeansno 41<br />
24 Tonträger veröffentlicht… 24 Platte in 25 Jahren also. Was will uns das Altherren-Trio damit eigentlich<br />
beweisen? Dass man, obwohl der Arsch langsam Falten wirft und man auf die Fünfzig zugeht,<br />
immer noch saucoolen und enorm tighten Hardcore machen kann? Wenn das so ist, dann hat die<br />
Band mit "All Roads Lead To Ausfahrt" den Beweis erbracht … Doch wie ging es damals vor gut 25<br />
Jahren eigentlich los? John, Drummer der Band und wahrscheinlich der letzte lebende Musiker, der<br />
noch älter ist als der Verfasser dieser Zeilen, zeigt sich während unseres knapp einstündigen Interviews<br />
nicht nur bestens gelaunt, sondern auch sehr auskunftsfreudig…<br />
nN: … der bis 1991 in der Band war. Was wurde aus ihm? Habt Ihr noch Kontakt?<br />
John: Ja, er lebt mittlerweile in Amsterdam; schon seit 1988 hatten wir übrigens Kontakte dorthin, er ist sozusagen dort<br />
"hängen geblieben"; die niederländische Regierung sponserte seinerzeit ein paar Festivals, auf eines wurden wir auch<br />
eingeladen. Haben übrigens recht ordentlich Kohle bekommen, damals. Sie reichte aus, um die Flugtickets zu bezahlen,<br />
und es blieb sogar noch was übrig - ich sollte mich wohl noch mal bei der holländischen Regierung bedanken, dass<br />
sie damals unsere Karriere in Europa angeschoben hat …<br />
"ich mag jede Art von - sagen wir - "aufregender" Musik!<br />
Swing zum Bespiel liebe ich"<br />
nN: Wie würdest Du eigentlich Deine Musik beschreiben? Ich meine, in welche Schublade passt es?<br />
Viele nennen es schlicht "Hardcore" oder sogar "Jazzcore"...<br />
John: Bei uns gibt es extrem unterschiedliche Einflüsse. Das geht von Pop-Musik über Jazz, Funk, Hardcore und<br />
70er-Jahre-Rock… Und auf meinem Bruder, der noch mal acht Jahre älter ist (Anm. der Redaktion: John ist 44, sein<br />
Bruder 52 ...), hatten zunächst die Beatles einen ziemlichen Einfluss, auch Black Sabbath,<br />
Jimmy Hendrix, Hard Rock überhaupt … Anfang der 70er entdeckte er dann seine Vorliebe<br />
für Jazz; und seit dieser Zeit hört er privat fast ausschließlich diese Musik - vor allem Miles<br />
Davis. Ich war jünger und fühlte mich natürlich eher zu den damals aktuellen "populären"<br />
Sachen hingezogen… Und bei No Means No verschmelzen wir alle diese Einflüsse - ich<br />
mag jede Art von - sagen wir - "aufregender" Musik! Swing zum Bespiel liebe ich. Anyway:<br />
Das alles war und ist ein Riesenspaß für uns, wir konnten völlig stressfrei aufspielen, das<br />
tun wir ja auch heute noch. Wir sind und waren einfach auf nichts festgelegt, einfach Power<br />
machen, pure Energie rüberbringen. Wichtig ist halt eine "tighte" Rhythmusabteilung, ohne<br />
diese "Tightness" kommt eben diese Energie nicht rüber; und ich glaube man kann sagen,<br />
dass NoMeansNo eine sehr "tighte" Band sind … Energie und Spaß - das ist das Wichtigste!<br />
"Musik ist eine Möglichkeit solche<br />
Gefühle zu kommunizieren, die nicht<br />
gerade leicht auszudrücken<br />
sind."
42<br />
NOmeansno<br />
NN: Viele Eurer Texte, vor allem die älteren, sind zum Teil<br />
sehr politisch; glaubst Du, dass man mit einem politischen<br />
Song etwas verändern kann?<br />
John: Nein, natürlich kannst du die Welt nicht ändern. Aber Du<br />
kannst in Deinen Songs Deine Ansichten verkünden; und wenn<br />
sich Menschen Musik anhören, besonders solche, in der die<br />
Musiker etwas über sich selbst sagen und Ihre Meinung zu<br />
irgendwas ausdrücken, kann das dem Hörer die Chance geben,<br />
mal einen Blick auf sich selbst zu werfen. Wir alle sehen uns ja<br />
selbst auch durch die Augen Anderer und Musik gibt Dir die<br />
Chance, etwas über dich selbst zu lernen;. Wir sind natürlich<br />
nicht auf einer "Mission" aber wir versuchen die Leute durch<br />
unser Songs und deren Texte dazu zu bringen, über sich nachzudenken.<br />
Das ist unter anderem vielleicht auch das, was unsere<br />
Musik für viele Leute so anziehend macht, es geht also auch<br />
über die Texte… Mag schon sein, dass wir eine ziemlich "intellektuelle"<br />
Band sind, aber es geht uns nicht um irgendeine Ideologie;<br />
Musik ist eine Möglichkeit solche Gefühle zu kommunizieren,<br />
die nicht gerade leicht auszudrücken sind. Wenn bei einer<br />
Show viele Leute sind, alle sind gut drauf, alle sind "in Stimmung",<br />
dann sind alle im gleichen "Geisteszustand"; alle sind im<br />
besten Sinne miteinander verschmolzen…. "That's, when music<br />
is really at ist very best"!<br />
nN: Nun zum aktuellen Album… Der Titel "All Roads Lead To<br />
Ausfahrt". Gibt es, außer dem "Sound" des Wortes,<br />
einen bestimmten Grund für das Wort "Ausfahrt"?<br />
John: Wir haben uns natürlich viele Gedanken gemacht…<br />
Na ja, ich bin auch nicht mehr so ganz sicher, aber wir wollten,<br />
dass das Cover aussieht wie eine Anzeige; wir wollten etwas,<br />
dass das Auge "anzieht". Ich wollte zunächst den Titel "Some<br />
Conditions May Apply", dann wollten wir das Album "Nihilism<br />
For Dummies" nennen.<br />
Irgendwie hat sich das am Ende aber nicht durchgesetzt, vor<br />
allem auch, weil wir befürchteten, mit dem behelmten Dinosaurier<br />
und dem Titel ein Warenzeichen zu verletzen - wir hatten<br />
schon in der Vergangenheit viel Ärger zum Beispiel mit den<br />
Microsoft-Anwälten…. Am Ende hat sich das aktuelle Cover<br />
dann durchgesetzt. Vorher hatte ich mir in einem Buch Verkehrszeichen<br />
angesehen, und dabei stieß ich auch auf diese<br />
"Ausfahrt"-Schilder in den drei Farben; ich war total fasziniert und<br />
habe nur gedacht: "Wow, DAS wäre doch ein tolles Cover". Und<br />
"Ausfahrt", der Begriff, also "the way out", das traf sich irgendwie<br />
mit dem Grundton unserer Platte. Außerdem erinnert uns das<br />
immer an unseren Busfahrer, der in Deutschland ständig nach<br />
dem Ort "Ausfahrt" suchte, für den doch schließlich überall Schilder<br />
standen… "Ausfahrt" musste also die größte Stadt Deutschlands<br />
sein… "Ausfahrt" - beziehungsweise die englische Übersetzung<br />
- traf genau den Ton unserer Texte, passte perfekt - und<br />
wenn nicht: die Deutschen zumindest würden es verstehen können<br />
(lacht).<br />
"HipHop scheint der Punkrock dieser Tage zu<br />
sein; da gibt es viele Leute, die sehr interessante<br />
Dinge zu sagen haben"<br />
nN: Welche Beziehung hast Du zu den "zeitgemäßen"<br />
Musikformen?<br />
John: Ehrlich gesagt höre ich nicht viel Musik, ab und zu mal,<br />
eher zufällig, selten etwas Gutes. Ich kann mir aber meist nicht<br />
mal dann den Namen der Band merken. Interessant sind für<br />
mich Musiker, die mehr als "Sound und Image" ausdrücken, die<br />
sich selbst über ihre Musik ausdrücken. Ich mag Musik nicht deshalb,<br />
weil sie eine ganz bestimmte Musik ist, ich mag sie, weil der<br />
Künstler interessant ist. Ich bin auch kein Plattensammler, ich<br />
folge nicht den letzten Trends, ich höre mir so ziemlich alles an.<br />
HipHop scheint der Punkrock dieser Tage zu sein; da gibt es<br />
viele Leute, die sehr interessante Dinge zu sagen haben… Wenn<br />
Musik zu einem Gebrauchsgut wird, dann ist sie für mich uninteressant.<br />
nN: Was gibt es Neues von den Hanson Brothers?<br />
John: Zur Zeit nicht viel, also keine neue Platte; das SPIN-Magazin<br />
hat uns neulich in die Top-Ten der "Pop-Punk"-Alben gewählt.<br />
Da waren Greenday, die Ramones und viele andere namhaften<br />
Bands dabei - meine Güte, da war ich schon verwundert. Auch<br />
wenn mich das SPIN mit seiner sehr kommerziellen Ausrichtung<br />
nicht wirklich interessiert - was mich gefreut hat, dass ist die Tatsache,<br />
dass die Hansons offenbar wahrgenommen werden und<br />
wurden. Ich kann behaupten, dass mindestens acht dieser zehn<br />
Scheiben (unter anderem die RAZILLOS) zu meinen persönlichen<br />
"all time faves" gehören - und das ist schon irgendwie 'ne<br />
tolle Sache, wenn man dann mit der eigenen Scheibe auch dabei<br />
ist …<br />
nN: Es gibt also Shows, aber keine neue Scheibe?<br />
John: Nein, Pläne zu einer neuen Scheibe gibt es zur Zeit nicht<br />
- aber Live spielen wir viel, gerade auch in Verbindung mit der<br />
Eishockey-Saison; bei den PlayOffs waren wir oft Live mit den<br />
Hansons dabei. Also: Live schon, aber Platte erstmal nicht.<br />
Bis zur nächsten Deutschland-Tour werden wir wohl alle noch ein<br />
wenig ausharren müssen und uns mit dem aktuellen, jawohl:<br />
Meisterwerk ALL ROADS LEAD TO AUSFAHRT das Warten versüßen.<br />
Und bis dahin sollte man<br />
sich vielleicht auch mal mit dem<br />
Busfahrer unterhalten haben.<br />
Keule<br />
www.nomeanswhatever.<strong>com</strong><br />
Photos: John Chedsey
De Rosa - Mend<br />
(Chemikal Underground / Rough Trade)<br />
Mit der Veröffentlichung von De Rosa's Debüt<br />
"Mend" zeigt Schottlands Vorzeige-Label Chemikal<br />
Underground einmal mehr sehr guten<br />
Geschmack und unübertrefflichen Feinsinn für<br />
das Besondere. Der Glasgower Vierer um<br />
Mastermind und Kunststudent (Ach, wer hätte<br />
das gedacht... Anm. d. Verf.) John Henry klingt<br />
dabei auf den ersten Blick und vor allem bei<br />
den etwas temporeicheren Stücken wie eine<br />
weniger aufgeregte und etwas folkigere Version<br />
der Figurines, reichert die Stücke jedoch immer<br />
wieder mit kleinen, oft subtilen Noise-Einlagen<br />
und einer tiefgehenden Melancholie an - etwas,<br />
das man so von den oben genannten Dänen ja<br />
nicht unbedingt kennt. "Mend" atmet eine<br />
Schwermütigkeit, die trotz aller Ecken und Kanten<br />
wie aus einem Guss daherkommt, irgendwie<br />
ungreifbar ist und sich schwerlich in Worte<br />
fassen lässt. Alleine im getragenen "Eveline"<br />
und dem abschließenden, ausladend arrangierten<br />
"The Engineer" (meine beiden Lieblingsstücke)<br />
steckt unsagbar viel Traurigkeit, Wut<br />
und Tragik, aber auch Hoffnung und Optimismus<br />
- und das alles in jeweils nur knapp vier<br />
Minuten. Die beiden Songs stehen dabei durchaus<br />
repräsentativ für das ganze Album, denn<br />
wirklich sicher und geborgen kann man sich<br />
hier nie fühlen. Ständig zaubern De Rosa neue<br />
Instrumente, Melodien, Einflüsse und Nuancen<br />
aus dem Ärmel, zerlegen den klassischen<br />
Indie-Rock in seine Bestandteile, fügen Folk,<br />
Weilheim-Wehmut, Slow-Pop und elektronische<br />
Versatzstücke hinzu, puzzeln alles wieder<br />
fein säuberlich zusammen und schlagen dann<br />
unvermittelt mit der Keule drauf. Für alle, die<br />
auch nur eine Scheibe einer Chemikal Underground-Band<br />
im Regal haben ein absolutes<br />
Muss. Und für alle anderen eigentlich auch.<br />
Jochen Wörsinger<br />
www.wearederosa.<strong>com</strong><br />
Emirsian - A Gentle Kind Of Disaster<br />
(Noise-O-Lution / Indigo)<br />
So. Das übliche über diese Platte gleich zu<br />
Anfang: Ja, Aren Emirze verarbeitet hier den<br />
Tod seines Vaters. Ja, er singt ein Duett mit<br />
ihm, das auf alten, wiedergefundenen Kassettenrekordermitschnitten<br />
basiert. Und ja. Genau<br />
in diesem Moment ist die Platte am ergreifendsten<br />
und auch der abgestumpfteste Charakter<br />
muss merken, wie viel Herzblut, Trauer und<br />
Schmerz in dieser Musik liegt, mit welcher Hingabe<br />
Emirze jeden einzelnen Song arrangiert<br />
und zu einer Einheit zusammengefügt hat. Was<br />
bleibt aber, wenn man diesen traurigen Hintergrund<br />
von "A Gendle Kind Of Disaster" außer<br />
Acht lässt, der dieses Album nahezu unangreifbar<br />
macht, es wie ein Schutzwall umgibt und so<br />
außerhalb jeder Kritik stellt? Ein (nur) gutes<br />
Singer/Songwriter-Album? Auf den ersten Blick<br />
vielleicht. Denn subtiler und fragiler als Emirze<br />
es tut, lassen sich Songs nicht arrangieren und<br />
so kann ein erster flüchtiger Höreindruck<br />
sicherlich täuschen, da er den Einblick in die<br />
wirkliche Tiefe dieser Platte nicht sicherstellen<br />
kann. Soll heißen, dass man hier sicherlich Zeit<br />
braucht und unbedingt die richtige Stimmung.<br />
Ich, beispielsweise, schiebe dieses Review nun<br />
schon seit Wochen vor mir her, weil ich mich<br />
bisher einfach noch nicht in der Lage für diese<br />
Platte fühlte. Bei Lichte betrachtet schreitet<br />
Emirze hier auf Solopfaden entschlossen den<br />
Weg weiter, den er mit seiner Band Harmful<br />
nun schon seit Jahren verfolgt. Weg vom wilden<br />
Noise der Anfangstage, immer weiter hin<br />
zum Pop und zu emotionaler Tiefe - obgleich<br />
beides in der Wall of Sound Harmful's natürlich<br />
nicht immer gleich offensichtlich zu Tage tritt. In<br />
den akustischen, nur ganz selten mit Schlagzeug<br />
untermalten Stücken auf "A Gentle<br />
Kind..." sind so viele Momente erkennbar, die<br />
auf ganz schlüssige Art und Weise an Ansätze<br />
anknüpfen, die Emirze mit Harmful schon auf<br />
den letzten Alben der Band zeigte - nur eben<br />
mit anderen Mitteln dargestellt und umgesetzt.<br />
Und ich denke genau das ist es, was dieses<br />
Album so einzigartig macht. Ich wünsche mir,<br />
dass Emirze mit dieser Platte einiges an seelischem<br />
Ballast abgeworfen und dabei auch<br />
genug Kraft geschöpft hat, um möglichst viel<br />
der Stimmung von "A Gentle Kind..." für das<br />
nächste Harmful-Album zu nutzen. Dann erhält<br />
nämlich hoffentlich auch diese Band endlich die<br />
Aufmerksamkeit, die ihr eigentlich schon seit<br />
Jahren gebührt.<br />
Jochen Wörsinger<br />
www.noisolution.de<br />
Miss Violetta Beauregarde -<br />
Odi Profanum Vulgus Et Arceo<br />
(Temporary Residence / Cargo)<br />
"Ich hasse das gemeine Volk und halte es fern"<br />
lautet übersetzt der Titel von Miss Violetta<br />
Beauregardes neuem Album. Sie ist die neue<br />
Elektro Punk-Diva im Macho-Femme Universum<br />
und nimmt hier keine Gefangenen. Die<br />
seichte Peaches darf jetzt erst mal am Katzentisch<br />
Platz nehmen. Wobei der Vergleich sowieso<br />
hinkt und sich Miss Violetta eher - zumindest<br />
musikalisch - in der Nähe von Hanin Elias wohlfühlen<br />
wird. Miss Violetta bringt hier in knapp 20<br />
Minuten 16 Tracks rasenden femme Knob-<br />
Punk Irrsinn mit aggressiv-hyperventilierenden<br />
Vocals. Experimenteller Elektropunk, der mit<br />
der eisernen Aggrolunge von Atari Teenage<br />
Riot atmet, von kaputten Industrial Beats mit<br />
technoidem Charakter lebt und auch gern mal<br />
kurz in einen Sampleirrsinn a la Negativland<br />
abdriftet. Hier stolpert und gabbert es so was<br />
von radikal energetisch, wunderbar. Die Italienerin<br />
kotzt, erzählt und klagt dazu mit sich teils<br />
überschlagender Stimme, wie sie nicht besser<br />
zum digitalen experimentalpunksound passen<br />
könnte. Grind-Hop, Elektronoisedance, Gabberdigipunk,<br />
nennt es wie ihr wollt. Exzellent!<br />
Christian Eder<br />
www.violettasucks.<strong>com</strong><br />
The Pleasure - The Pleasure<br />
Doppel-CD<br />
(Rookie Records/Cargo records)<br />
Schön. Mit den richtigen Instrumenten. Schöner<br />
Pop. Relaxt wie ein Sonntagnachmittag,<br />
vorzugsweise sonnig und angenehm warm, die<br />
Lieblingsmenschen um einen versammelt,<br />
einen Kaffe, später ein kühles Bier im Garten;<br />
kann auch ruhig Herbst sein. Der weiße Zaun<br />
ist zwar schon ein bisschen vergilbt, blättert<br />
Highlights 43<br />
hier und da in Stückchen ab, alles bewegt sich<br />
aber noch im Rahmen. Vielleicht nächsten<br />
Sommer mal wieder streichen? Gute Idee. Aber<br />
eben herrschen warme Gedanken vor. Die Blikke<br />
streifen die Anwesenden, die hier im Garten<br />
am Tisch versammelt sind; elegante Möbelstücke,<br />
verschlungene grazile Stuhllehnen. Das<br />
Anwesen ist weitläufig, großzügig mit Grund<br />
und Boden bedacht, offen. Man spürt eine<br />
gewissen mild stimmende Freiheit. Eine leichte<br />
Brise Wind prickelt herausfordernd im Gesicht.<br />
Elegante Menschen, ja sicher, ein bisschen<br />
unangepasst, Individualisten, bestimmt auch<br />
ein paar Künstler dabei, aber elegant, auf ihre<br />
Art und Weise. Aber man weiß es ja, schließlich<br />
kennt man sie. Und Morgen, ja Morgen muss<br />
man nicht zur Arbeit. Man wird wieder hier sitzen,<br />
die ergreifende und beschützende Atmosphäre<br />
einatmen, sich einfach wohl fühlen. Im<br />
Radio spielen sie jede Menge FabFour-Songs.<br />
Genial. Einfach genau richtig. Und da ist der<br />
Moment, auf den man sein ganzes Leben lang<br />
gewartet hat. Einiges geben würde, um ihm<br />
einmal begegnet zu sein. Zum Greifen nah,<br />
man müsste nur die Hand ausstrecken, um ihn<br />
zu berühren. Aber wieso sollte man? Gerade ist<br />
es genau richtig... genug. Schön. Bunt. Weich.<br />
Sanft. Das Radio hat inzwischen auf andere<br />
Vertreter der besseren 60s gewechselt. Und<br />
dann wiederum die FabFour. Verdammt, fast zu<br />
perfekt. Aber dann konzentriert man sich wieder<br />
auf die bekannten und wärme- und geborgenheitausstrahlenden<br />
Blicke der Anwesenden.<br />
Der Gedanke verschwimmt. Wieso sollte<br />
hier auch etwas nicht stimmen? An diesem<br />
wunderschönen Sonntagnachmittag. Im Hintergrund<br />
kommt gerade "Un<strong>com</strong>mon Man" von<br />
The Pleasure. Und alles ist perfekt. So<br />
unglaublich perfekt. "What have you done? -<br />
destroyed your solitary sun - inexpressibility -<br />
you'll see" - noch nie so dargebracht. Mein<br />
Gott. Du merkst auf einmal, dass die ganze Zeit<br />
eine Band lief, all diese unglaublichen Gefühle<br />
von einer Band ausströmen. Und Du hast einen<br />
neuen Lieblingssong. In dem Moment, als eine<br />
wunderschön-brüchige Stimme, nicht zu clean,<br />
nicht zu sloppy, dich fragt, was du getan hast...<br />
Matthias Horn<br />
www.thepleasure.de und absolutes Highlight.
44<br />
Klez.E - Flimmern<br />
(Loob Musik)<br />
Highlights<br />
Das wäre ja noch schöner. Erst so ein wegweisendes<br />
und hoffnungsvolles Debut veröffentlichen<br />
("Leben daneben"), einem das<br />
gesamte Musikverständnis durcheinanderwirbeln,<br />
den Startschuss geben, so unglaublich<br />
Hoffnung auf mehr wecken, Trost geben, aufbauen<br />
und niederreißen, Freiräume und<br />
unentdeckte Welten gestalten, Brücken bauen<br />
und Mauern hochziehen, und dann so was?<br />
Stillstand. Ersticktes Herzblut. Enttäuschung.<br />
Niedergang. Flimmern. Einst Indiehoffnung im<br />
allgemeinen und privater Fav im persönlichen,<br />
dümpeln Klez.E dahin. Wo ist der Glanz des<br />
Erstlings? Die Rohheit der ersten Ausgabe?<br />
Das Unerhörte? Das Engagement vergangener<br />
Tage? Ach kommt! Wo ist das alles?<br />
Es ist da. Vertieft. Gereift (Schweißwort, passt<br />
aber). Aufgesogen. Gefestigt. Und bewiesen.<br />
Diese Platte knüpft nahtlos am Vorgänger an.<br />
Sie sind zurück. Endlich. Die, jene sich eine<br />
eigene Nische schufen. Die dachten, "Geht<br />
nicht gibt's nicht". Die einfach machten. Wie<br />
sie wollten. Und trafen. Oh ja, sie trafen. Mit<br />
unglaublicher Experimentierfreudigkeit, einer<br />
Leichtigkeit, wahren Texten und unerschöpflichen<br />
verschrobenen Ideenreichtum und<br />
Instrumentarium. Alles ist wieder vertreten.<br />
Der Rocker ("Standard"), die hinterfragende<br />
Vertonung der Gefühle ("hellgelb", "Mein<br />
Geschenk", "Strandlied"), die Kritik (ebenso<br />
"Standard", so genial, so mächtig, Text und<br />
drumherum. Oder aber erst "Werbeflaeche<br />
Mond"), die Überraschung ("Surfen im Wahnsinn",<br />
"Tag wie im Fall"), undsoweiterundsofort.<br />
Texte über Zweisamkeit und all ihre Tükken,<br />
Alltag im rasenden Zeitalter und die brüllenden<br />
Medien. Schmerzlich präsent,<br />
schmerzlich wahr. Gefühlsachterbahn und<br />
vertonte Leidenschaft. Atmen, sich zurükknehmen,<br />
Ausbruch und sich fallen lassen.<br />
Mag sein, dass diese Platte ein bisschen Zeit<br />
und Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen<br />
könnte. Wenn sie nicht sofort gezündet hat.<br />
Dann wird sie aber später aber um so heftiger<br />
zünden. Und das Wahnsinnsbooklet, Origami<br />
at its best. Die textliche Ebene! Was ein<br />
Umgang mit der deutschen Sprache, welch<br />
subtiles Einstreuen von Anspielungen, Seitenhieben<br />
und Ironie. Mit unbedingtem Identifikationspotential.<br />
Eigentlich geht das gar nicht.<br />
Ne, geht nicht. Ist aber so.<br />
Matthias Horn<br />
Und das Digiüpack erst!<br />
Faltkunst at its best!<br />
www.loobmusik.de<br />
Denison Witmer - Are You A Dreamer?<br />
(Bad Taste Records)<br />
Are You A Dreamer? Der Titel ist Programm!<br />
Hier ist ein wunderschönes Stück Musikgeschichte.<br />
So zart, fragil, so unglaublich intim.<br />
Und hinreißend. Ja, ich weiß, diese Worte<br />
benutze ich schon ab und an in diesem<br />
Zusammenhang, aber wie könnte es auch<br />
anders sein? Das ist Pop, Folk, akustische<br />
Verkörperung all jener Gefühle, die das Leben<br />
ausmachen. Hier ist Hoffnung, Liebe, Melancholie,<br />
Zerfall, Ursprung, Wissen, Glück, Verzweiflung,<br />
Geburt und Vanitas. Klingt<br />
zusammengewürfelt? Folgt aber einfach dem<br />
Plan des Lebens. Beschreibt, vereint und verkörpert.<br />
Und kurz im Web getippelt bringt<br />
zutage, dass Mr. Witmer schon einige Platten<br />
auf dem Buckel hat. Und mittlerweile eine<br />
beachtliche Anzahl von Buddies um sich<br />
geschart, die ihm natürlich bei seiner Gefühlsvertonung<br />
ordentlich unter die Arme greifen.<br />
Als da wären: Sufjan Stevens (yeah!!!), The<br />
Innocence Mission, My Morning Jacket, Rosie<br />
Thomas und ein paar mehr. Deswegen auch<br />
ab und an Frauenunterstützung am Gesang<br />
und Banjounterstützung am -ähm nun- Banjo<br />
undso. Wem eben aufgeführte Namen etwas<br />
sagen und munden, dem sei bedenkenloses<br />
Zugreifen versichert! Allen anderen sei<br />
gesagt: ihr lebt? Ihr atmet? Ihr liebt? Und leidet<br />
auch manchmal? Dann auch zugreifen!<br />
Oder unbedingt mindestens aber anchecken.<br />
Es gibt zwar schon mittlerweile soooo viele<br />
Singer/Songwriter und natürlich sind nicht alle<br />
derdiedas Nonplus. Aber hier muss<br />
Mann/Frau einfach aufhorchen. Und hinhören.<br />
Am besten zusammen. Eng. Wenn man<br />
sich näher kommt. Wenn diese Magie da ist.<br />
Aber auch sonst. Natürlich. "Are You A Dreamer"<br />
eignet sich für so viele Situationen und<br />
Lebenslagen. Anspieltipps: "Little Flowers",<br />
"Are You A Dreamer", "East From West" und<br />
alle anderen sieben weiteren Titel der Platte!<br />
So einfach ist das! Highlight? Aber absolut!!!<br />
Matthias Horn<br />
www.densionwitmer.<strong>com</strong>
N<br />
N<br />
Fortsetzung!<br />
Fortsetzung!<br />
Nakamura, Dan „The Automator“. Gast bei Peeping Tom und<br />
Produzent des „Loveage“ Albums von - Nathaniel Merriweather.<br />
- Fantômas steuern auch ein Intro für dessen erstes offizielles<br />
Mix-Album „Wanna buy a monkey?“ bei. Nakamura nutzte eine<br />
Sequenz des Fatômas´ Stücks „Investigation Of A Citizen Above<br />
Suspicion“ (von - „Directors Cut“) als Loop für das Intro<br />
Naked City. Fabelhafte radikale Grind-Jazz Band um - John<br />
Zorn und mit u. a. - Yamataka, Eye. Patton ist auf dem Track<br />
„Grand Guignol“ des aktuellen „Complete Studio Recordings“<br />
Box-Set zu hören<br />
Nosdam Odd. Bürgerlicher Name David Madson. Der MC hat<br />
diverses auf dem - Anticon Label veröffentlicht und wirkt auf zwei<br />
Tracks auf dem - Peeping Tom Album mit<br />
O<br />
Obituray. Legendäre Deathmetal Band. Siehe - Tardy, John<br />
O P<br />
Osbourne, Buzz. Gitarrist bei - Fantomas, - Fantomas Melvins<br />
Big Band und Gründungsmitglied der - Melvins<br />
Ostertag, Bob. O. steuert Samples beim Noiseprojekt - House<br />
Of Discipline, P. Vocals auf zwei Songs von Ostertags - „Fear No<br />
Love“ Album bei<br />
OU818. Titel des vierten und letzten - Mr. Bungle Demo-Tapes<br />
1989<br />
Peeping Tom<br />
kleinesPattonABC 3/3 45<br />
P<br />
Painkiller.<br />
Ursprünglich ein<br />
Deathgrindjazz-<br />
Projekt von Bill<br />
Laswell und - John<br />
Zorn. Patton wirkt<br />
auf dem aktuellen<br />
Painkiller Livealbum „50th Birthday Celebration Volume Twelve“<br />
zum 50. Geburtstag von Zorn mit Patton. (1) P. Michel, Allen der<br />
volle Geburtsname von dem um den es hier geht. (2) P. George<br />
S., General des 2. Weltkrieges (3) Nach - (2) benannter Panzertyp<br />
(4) Film über - (2) von 1971 (5) P. Harvey. Deutscher Schriftsteller<br />
(6) Stadt in Texas<br />
Peeping Tom. (1) Aktuelles, relativ kommerzielles Projekt mit<br />
vielen GastmusikerInnen. Hier kehrt Patton etwas zum Sound<br />
von Faith No More zurück, erweitert diesen aber um mehr<br />
elektronische und Hip-Hop lastige Elemente. (2) Film des Regisseurs<br />
Michael Powell, der 1959 diesen Psycho-Klassiker über<br />
einen geisteskranken Kameraassistenten, der seine weiblichen<br />
Opfer filmt, während er sie mit einem ans Stativ montierten Bajonett<br />
ermordet, abdrehte. (3) In Amerika Synonym für einen Voyeur.<br />
Perfect Victim. Live-Projekt mit - David Slusser und - Han Bennink<br />
Phono Sanjo. Auch ein reines Live-Projekt mit Patton, - DJ<br />
Eddie Def und - William Winant. Sind anscheinend nur einmal<br />
1998 in San Francisco aufgetreten<br />
Pinion. Für den gleichnamigen Film wurde Patton als Soundtrackkomponist<br />
engagiert. Er ist allerdings noch in der Produktionsphase.<br />
Es ist P. Debüt als Komponist für einen amerikanischen<br />
Film<br />
Political correctness. P. steht im Ruf nicht allzuviel darauf zu<br />
geben. Laut MTV.de hat er auf Bühnen im deutschsprachigen<br />
Raum „im Affekt schon mal den Arm zu Adolfs Gruß“ gereckt.<br />
Auch das Cover zu - General Patton zeugt nicht gerade von politischer<br />
Sensibilität. Eine Diskussion, die noch kaum geführt<br />
wurde<br />
Pranzo Oltranzista. Titel von P. Soloalbum von 1997 auf - Tzadik.<br />
Die Stücke darauf, und auch die von - Adult Themes For Voices,<br />
konzentrieren sich um die Idee einer „Musik für Liebhaber<br />
hörsturznaher Klänge“.<br />
Prince Paul. - Handsome Boy Modelling School<br />
Teil2
46<br />
kleinesPattonABC 3/3<br />
Q<br />
RT Q<br />
Quote Unquote. Song vom - Mr. Bungle Debüt zu dem sogar ein<br />
Video gedreht, das aber von MTV niemals gesendet wurde.<br />
Steht hier eigentlich nur, damit auch das Q etwas vorhalten kann<br />
R<br />
Rise Above: 24 Black Flag Songs to Benefit the West Memphis<br />
Three. Auf diesem Black Flag Tribute Sampler ist P. beim Track<br />
„Six Pack“ zu hören.<br />
Romances. Titel des - Kaada/Patton Albums<br />
Rota, Nino (1911-1979). Der vor allem als Verfasser von Filmmusiken<br />
für Regisseure wie Federico Fellini, Luchino Visconti,<br />
Francis Ford Coppola bekannte Kompositeur gilt als weiterer<br />
Parameter im Patton-Kosmos. Rota schrieb überdies, weniger<br />
bekannt, auch diverse Opern, Symphonien, Klavier- und Violoncellokonzerte<br />
Rova Saxophone Quartet. Laut dem - Zorns Label Tzadik hat P.<br />
mit dem Quartet gearbeitet. In welcher Form war nicht zu eruieren<br />
Rutmanis, Kevin. Bassist bei - Tomahawk. War auch bei den<br />
Noiserockern Cows und Melvins zeitweise aktiv.<br />
S<br />
San Francisco. Derzeitiger Wohnort Pattons.<br />
Sardonischer Humor. Experten sagen jenen P. nach. Sardonisch<br />
= boshaft, hämisch, fratzenhaft verzerrt<br />
Schott, Mike. Virtuoser Gitarrist u. a. von Junk Genius und T. J.<br />
Kirk. Schwirrt auch als Kooperationspartner im Patton-Universum<br />
rum. Weiter leider nichts zu erfahren<br />
Sepultura. Früher Legendäre Thrash-Band und mit ihrem<br />
„Roots“-Album als innovative Grenzensprenger bekannt. Inzwischen<br />
leider zur absoluten Farce verkommen. P. wirkt auf dem<br />
Sepultura-Album „Attitude“ bei den Tracks „Lookaway“ (Monster<br />
Vibe Mix) und „Mine“ mit sowie beim Track „The Waste“ vom<br />
„Against“ Longplayer. Angeblich ist er auch Autor von Sepultura-<br />
Lyrics. Einer der Songs ist auch auf dem Freddy Vs. Jason-<br />
Soundtrack zu hören.<br />
Slayer. Ex- und jetzt wieder Mitglied von S., Dave Lombardo, ist<br />
Drummer von - Fantomas.<br />
Slusser, David. Spielt Electronics beim Live-Projekt - Perfect<br />
Victim. Siehe auch - Bacharach, Burt<br />
Song Drapes - Hunt, Jerry<br />
Sparks. Auf dem S. Album „Plagiarism“ wirkt P. mit - Faith No<br />
More bei den Titeln „This Town Ain't Big Enough For Both Of Us“<br />
und „Something For The Girl With Everything“ mit<br />
Spruance, Trey. Gitarrist von - Mr. Bungle.<br />
Stanier, John. Drummer bei - Tomahawk. Vormals bei den famosen<br />
Helmet<br />
Stimme. „Ich empfinde die Stimme bei Fantômas als zweite<br />
Gitarre. Es sollte nicht sein wie üblich: hier die Band, dort der<br />
Sänger. Besonders in Rockbands herrscht die Auffassung vor,<br />
der Sänger stünde wie auf einem Podest, vor der Band, die ihn<br />
nur begleitet. Mit dieser Band wollte ich verdeutlichen, dass die<br />
Stimme einfach Teil der Musik ist. Deswegen auch keine Texte:<br />
Sie hätten die Musik ruiniert (Tagesspiegel). Vgl. - Tardy, John<br />
Stanier, John. Schlagzeuger von - Tomahawk. Vormals bei Helmet.<br />
Auch bekannt als DJ Big Bad John.<br />
Suspended Animation. Aktuelles - Fantômas Album<br />
T<br />
Taboo and Exile. Noch ein Album von - John Zorn bei dem P.<br />
mitwirkt<br />
Team Sleep. Projekt um Deftones Sänger Chino Moreno, das<br />
nach urlanger Zeit 2005 ein gleichnamiges Album veröffentlicht<br />
hat. Patton fungiert hier wieder mal als Gastsänger<br />
Tardy, John. Sänger der legendären Deathmetal Band Obituary.<br />
Sein Gesangsstil bzw. seine Art zu „texten“ waren eine Einflussgröße<br />
für Mike Patton.<br />
Tardy hatte auf den<br />
ersten Obituary Alben<br />
keinerlei Text, nur<br />
Shouts und Growls bzw.<br />
wenige Phrasen. Insbesondere<br />
bei - Fantomas,<br />
bei der Patton auch keinerlei<br />
Text verwendet,<br />
ist Tardys Einfluss zu<br />
hören<br />
The Big Gundown -<br />
15th Anniversary Special<br />
Edition. Und noch<br />
eins von - Zorn<br />
The Complete Studio<br />
Recordings. Titel einer<br />
neuen 5 CD-Box von -<br />
Naked City, auf der Patton<br />
den 18minütigen<br />
Track „Grand Guignol“<br />
mitvertont<br />
The Gift. Titel eines weiteren<br />
- Zorn Albums mit<br />
Beteiligung von Patton.
The Raging Wrath of the Easter Bunny. Titel des ersten - Mr.<br />
Bungle Demo-Tapes 1986.<br />
Tin Hat Trio. Patton ist auf dem versteckten Bonustrack (der<br />
möglicherweise den Titel „Infinito“ trägt) der Tin Hat Trio Scheibe<br />
„Memory Is An Elephant“ zu hören<br />
Tobin Amon alias Amon Adonai Santos de Araujo Tobin. Musiker<br />
und DJ, der für seine Klanggebäude aus Jazz-, Samba- und<br />
Drum & Bass-Fragmenten bekannt ist. Wirkt auf dem - Peeping<br />
Tom Album mit<br />
Tomahawk. (1) 2000 gegründete<br />
Band mit Ex-<br />
Mitgliedern von Helmet<br />
und Jesus Lizard. Haben<br />
zwei Alben namens<br />
„Tomahwak“ und „Mit<br />
Gas“ auf - Ipecac veröffentlicht.<br />
(2) Titel des<br />
ersten Tomahawk (1) Albums<br />
(3) Eine von nordamerikanischenIndianern<br />
ursprünglich für die<br />
Jagd entwickelte Axt-<br />
Waffe, später auch als<br />
Nah- oder Wurfwaffe eingesetzt<br />
(4) US-amerikanischen<br />
Marschflugkörper<br />
BGM-109 Tomahawk (5)<br />
Amerikanische Höhenforschungsrakete<br />
(6) Stadt<br />
Tom ahawk im US-Bundesstaat<br />
Wisconsin (7) Im Basketball<br />
ein einhändiger Slam-dunk. Dabei wird der Ball mit einer<br />
schneidenden Bewegung über den Kopf hinweg in den Korb<br />
geworfen (8) Ein Motorrad der Marke Dodge (9) Ein Flugzeug<br />
der Marke Piper<br />
Tzadik. Label von - John Zorn<br />
U<br />
U<br />
Universell. Trotz des fast universellen Kosmos von Patton war<br />
zu diesem Buchstaben nichts zu finden<br />
V<br />
Violent Onsen Geisha. Band um Nakahara Masaya aka Boryoku<br />
Onsen. Gerüchteweise sind Mike Patton und Bill Gould (ex-<br />
Faith No More) auf dem „Otis“ Album des Japaners mitvertreten.<br />
W<br />
Vlac Drac. Pattons „Pseudonym“ auf dem - Mr. Bungle Debüt<br />
W<br />
Watts, Jed. Drummer und Gründungsmitglied von - Mr. Bungle<br />
Weird Little Boy. Projekt und gleichnamiges Album mit - John<br />
Zorn von 1995.<br />
White People. Titel des Albums von - Handsome Boy Modelling<br />
School auf dem Patton mitgewirkt hat.<br />
William Winant. Percussionist beim - Weird Little Boy Projekt<br />
und Gast Perkussionist auf einer - Mr. Bungle Tour, dem - Disco<br />
Volante Album sowie Drummer beim Live-Projekt - Phono Sanjo<br />
Y<br />
kleinesPattonABC 3/3 47<br />
X<br />
X<br />
X-Ecutioneers - General Patton<br />
Y<br />
Yamataka Eye. Vocalist der Japanoiser Boredoms und Berufsverrückter.<br />
Sein hektischer, überdrehter Vocalstyle ist eine Einflussgröße<br />
neben - Obituarys John Tardy gewesen<br />
Yoshihide, Otomo. Der Japaner hat mit P. zusammen das Projekt<br />
- House Of Discipline<br />
Yoshimoto Nara, hat das Cover zur aktuellen Suspended<br />
Animation CD von - Fantomas designt<br />
Z<br />
Zappa, Frank. Dürfte auch weithing bekannt sein. Patton adaptierte<br />
nach Expertenmeinungen Zappas parodistische Soundideen<br />
zu Disco, Punk und Doo-Wop<br />
Zorn, John. Musikalischer Mentor, guter Freund, Kollaborateur<br />
Pattons. Spielt Saxophon und Klarinette und arbeitet als Produzent.<br />
Er ist Gründer und Inhaber des Labels Tzadik und hat mit<br />
vielen ExperimentalmusikerInnen, überwiegend aus den Bereichen<br />
Jazz und Neue Musik zusammengearbeitet. Zorns Musik<br />
ist charakterisiert durch die Verarbeitung zahlreicher musikalischer<br />
Stile aus verschiedensten Quellen, wie etwa Filmmusik zu<br />
Zeichentrickfilmen, Free Jazz, Hardcore oder jüdischer Folklore.<br />
Zorn kombiniert dabei oft kurze musikalische Sequenzen in collagenartiger<br />
Form, teilweise in rasanter Abfolge. Er bekennt sich<br />
explizit zu seiner jüdischen Herkunft und verarbeitet in einigen<br />
seiner Projekten traditionell jüdische Elemente. Weiterhin formulierte<br />
Zorn eine neue sogenannte „Radical Jewish Culture“ und<br />
verabschiedete ein Manifest über das radikale Judentum seiner<br />
Musik (vgl. Wikipedia). Zorn hat das erste - Mr. Bungle Album coproduziert.<br />
Er ist auch<br />
die erste Person mit<br />
der Patton improvisiert<br />
hat und mit ihm<br />
auf Plattenkauftrips<br />
nach Japan geflogen.<br />
Wirkt u. a. beim -<br />
Weird Little Boy Projekt<br />
mit. Patton ist auf<br />
Z<br />
folgenden Alben von<br />
John Zorn mitbeteiligt:<br />
„Elegy“, „IAO“, „Masada<br />
Anniversary Edition<br />
Vol. 2: Voices in the<br />
Wilderness“, „Masada<br />
Anniversary Edition<br />
Vol. 3: The Unknown<br />
Masada“, „Moonchild“,<br />
„Taboo and Exile“,<br />
„The Big Gundown -<br />
John, Zorn<br />
15th Anniversary Special<br />
Edition“, „The Gift“<br />
Zorn/Douglas/Patton/Laswell/ Burger/Perowsky. Gemeinsames<br />
Benefizprojekt vorgenannter Musiker, welches 2006 ein<br />
Album namens „The Stone: Issue One“ veröffentlicht haben<br />
Zucatosta, Titi. Pattons Ehefrau<br />
Christian Eder
48<br />
Alarma Man<br />
ALARMA MAN<br />
ein selbstbewußter Ameisenhaufen<br />
Höchst selten kommt es vor, dass das Berliner Sinnbus-Kollektiv Platten veröffentlicht, die nicht dem eigenen Künstler-<br />
kreis entspringen. Bei den schwedischen Genossen Alarma Man aus Göteborg konnte man aber gar nicht anders als zu sagen:<br />
"Das ist toll, das muss auch hierzulande gehört werden." Mit ihrem wahnwitzig hektischen, intensiven Instrumentalnoisemath-<br />
rockindiegitarrenhardwhateverschubladenverweigerungscore und einem Debüt, das einer aufregenden, ungestümen Energie-Lektion<br />
in zehn Kapiteln gleicht, passt das Quartett aber auch ganz vortrefflich ins Aufgebot des Konventionen weitläufig umschiffenden<br />
Labels. Ungeachtet der wenigen Worte auf ihrer unbetitelten Debütscheibe, standen uns Drummer Andreas, Bassist Niklas<br />
und die beiden Gitarristen Calle und Viktor für ein paar Fragen bereitwillig zur Verfügung.<br />
nN: Die Art von Musik, die ihr spielt -<br />
ob man das nun Mathrock, Post-<br />
Hardcore oder was auch immer<br />
nennt - verbindet man üblicherweise<br />
eher mit einem Sinn für trokkene<br />
Rationalität und einer mathematisch<br />
anmutenden Geometrie<br />
aus Songstrukturen. Ihr dagegen<br />
lasst mit Songtiteln wie "Cheese<br />
My Dad", "Fell In Love With A<br />
Woman Twice My Size" oder "I Am<br />
Eleven Years Old, I Have No<br />
Animals" und selbstironischen<br />
Musikvideos offensichtlich auch<br />
eine Menge Humor in eurer Musik<br />
zu. Ist das eine beabsichtigte Positionierung<br />
oder einfach nur ein<br />
Spaß?<br />
Viktor: Nun ja, es ist in gewisser Hinsicht<br />
schon ziemlicher Nonsense, mehr Blödsinn<br />
als alles andere.<br />
Calle: Unsere Songs müssen einen<br />
Namen tragen. Da wir keine Lyrics benutzen,<br />
müssen wir andere Bezugspunkte<br />
schaffen - nicht nur für den Hörer, sondern<br />
auch für uns selbst, wenn wir im<br />
kreativen Prozess über die Songs diskutieren.<br />
Einige dieser Arbeitstitel haben es<br />
tatsächlich auch auf die fertige Platte<br />
geschafft. Das ist die ganze Wahrheit.<br />
nN: In einem Alarma Man-Song passiert<br />
meist unheimlich viel auf<br />
einmal. Es ist meist ein hektisches<br />
Treiben, das in Sachen Unübersichtlichkeit<br />
an einen Ameisenhaufen<br />
erinnert. Viele kleine Elemente<br />
kommen zusammen, formieren<br />
sich gemeinsam zu einer kompakt<br />
ausgetüftelten Komposition und<br />
machen erst als Ganzes wirklich<br />
Sinn. Strukturiertes Chaos könnte<br />
man das wohl nennen. Mich würde<br />
deshalb interessieren, wie bei<br />
euch der Songwriting-Prozess abläuft.<br />
Niklas: Wir sind ziemlich chaotische<br />
Typen, glaube ich. Ich mag es, wenn in<br />
einem Song ziemlich viel im gleichen<br />
Moment passiert, alles aus dem Ruder<br />
zu laufen scheint und sich das große<br />
Chaos urplötzlich in seine Bestandteile<br />
auflöst und etwas klares, simples folgt.<br />
Für das Songwriting sind Viktor, Calle<br />
und ich verantwortlich. Fast immer<br />
denkt sich einer von uns ganz allein<br />
beide Gitarrenparts, den Bass und<br />
skizzenhaft auch die Drums aus, bevor<br />
wir uns alle zusammen im Studio treffen<br />
und langsam Songs daraus entstehen<br />
lassen. Im kreativen Prozess hantieren<br />
wir viel mit Computern herum, aber<br />
letztlich spielen wir doch immer alles<br />
live ein.<br />
Viktor: Es braucht eine ganze Weile<br />
und eine Reihe von Ansätzen für verschiedene<br />
Arrangements, bis wir mit<br />
einem Song zufrieden sind. Wenn er<br />
aber dann fertig ist, haben wir absolut<br />
nichts mehr daran zu mäkeln - dann<br />
ist er zur Perfektion getrieben worden!<br />
nN: Eure Songs sind ziemlich komplex<br />
und brauchen einige Durchgänge,<br />
bis sich dem Hörer ihre Struktur<br />
erschließt und man sie allmählich<br />
durchschaut. Deshalb hätte ich<br />
gerne einen Rat: Was wäre ein perfektes<br />
Setting, um sich die Platte<br />
reinzuziehen und was muss man<br />
als Hörer mitbringen, um sich in<br />
den labyrinthartigen Songkonstrukten<br />
zurechtzufinden?<br />
Andreas: Ich würde empfehlen, eine<br />
Prügelei anzuzetteln oder sich direkt vor<br />
dem voll aufgedrehten Verstärker der<br />
Stereoanlage deiner Wahl hemmungslos<br />
zu besaufen.<br />
Niklas: Da stimme ich zu, ein gesteigerter<br />
Alkoholpegel ist ein gutes Setting.<br />
Viktor: Ich meinerseits höre mir das<br />
Album am liebsten an, wenn ich mit<br />
Kopfhörern durch die Stadt laufe.<br />
Man kann auch gut dazu Auto fahren.<br />
Was deine zweite Frage betrifft: Um<br />
mit unserer Musik klarzukommen, muss<br />
man wohl eine gewisse musikalische<br />
Offenheit und ein wenig Geduld mitbringen.<br />
So sollte man sich einen Weg<br />
durch unseren Irrgarten bahnen können,<br />
ohne die Orientierung zu verlieren. Aber<br />
die Frage ist doch, ob man sich nicht<br />
lieber darin verlieren sollte! Es macht<br />
doch eigentlich viel mehr Spaß, sich<br />
komplett in der Musik zu verlieren,<br />
oder?<br />
nN: Die meisten Instrumentalplatten<br />
leben vom Gegensatz zwischen<br />
Laut und Leise und beinhalten<br />
Parts, in denen zugunsten eines<br />
langsamen Aufbaus von Atmosphäre<br />
und Spannung auch mal
auf Lautstärke verzichtet wird. Ihr<br />
dagegen behaltet den Fuß ständig<br />
auf dem Gaspedal. Der hohe Energie-<br />
und Noise-Level eurer Platte<br />
wird konstant aufrechterhalten. So<br />
verhalten sich Alarma Man-Songs<br />
bildhaft gesprochen wie hyperaktive<br />
Kinder mit ADS-Syndrom. Eine<br />
Atempause gönnt ihr dem Hörer<br />
nicht.<br />
Viktor: Bei Alarma Man geht es um energetische<br />
Musik. Für atmosphärische,<br />
stimmungsvolle Parts haben wir keinen<br />
Platz in unseren Songs - bisher zumindest.<br />
Mal schauen, ob sich da in Zukunft<br />
noch etwas ändert.<br />
Andreas: Eigentlich hatten wir anfangs<br />
sogar nur eine einzige Ruhepause auf<br />
dem Album eingeplant, und zwar eine<br />
exakt eine Sekunde andauernde Stille<br />
zwischen zwei Songs in der zweiten<br />
Albumhälfte. Einige unserer Freunde<br />
beschwerten sich allerdings, nachdem<br />
wir ihnen das Album in dieser Fassung<br />
vorgespielt hatten. Es war ihnen einfach<br />
zu stressig. Also haben wir uns dazu<br />
entschieden, vereinzelt Ruhepole wie<br />
"Signed Up For Games And Theory"<br />
und "Illuminati" einzubauen.<br />
nN: In fast jeder Rezension, die ich zu<br />
eurem Album gelesen habe, taucht<br />
der Vergleich mit euren legendären<br />
Landsmännern von Refused<br />
und Breach auf. Sind das Bands,<br />
die tatsächlich einen Einfluss auf<br />
Alarma Man ausgeübt haben? Ich<br />
würde tippen, dass ihr euch eher<br />
Bands aus dem Dischord-Umfeld<br />
zum Vorbild genommen habt.<br />
Viktor: Sowohl Refused als auch Breach<br />
waren außergewöhnliche Bands, die in<br />
jedem Fall einen Einfluss auf uns gehabt<br />
haben, den ich allerdings nicht als maßgeblich<br />
bezeichnen würde. Mich stört<br />
es nicht, dass diese Namen in Reviews<br />
immer wieder auftauchen, diese Vergleiche<br />
dienen den Leuten einfach als Fixpunkte<br />
zur leichteren Kategorisierung<br />
unserer Musik. Ich persönlich stehe<br />
übrigens tatsächlich total auf den DC-<br />
Sound und die Dischord-Szene.<br />
Calle: Ich könnte gar nicht sagen, was<br />
ich als Einfluss ansehe. Alarma Man wird<br />
wohl nur von sich selbst beeinflusst.<br />
nN: Warum habt ihr euch entschieden,<br />
als Instrumentalband ohne Gesang<br />
zu agieren? Gab es überhaupt<br />
einen Zeitpunkt, an dem ihr<br />
das bewusst entschieden habt<br />
oder hat sich das in den Anfangstagen<br />
der Band ganz natürlich<br />
ergeben?<br />
Niklas: Für uns ist es überhaupt keine<br />
große Sache, ob die Songs nun Gesang<br />
beinhalten oder nicht. Es gibt ebenso<br />
viel großartige instrumentale Musik wie<br />
es tolle Bands gibt, die auf das Element<br />
der Stimme zurückgreifen.<br />
Viktor: Wir wollen einfach coole Rockmusik<br />
spielen, ohne dabei zu sehr den<br />
üblichen überstrapazierten Rock ´n´ Roll-<br />
Klischees anheim zu fallen. Es hat sich<br />
ganz einfach aus dem natürlichen Verlauf<br />
der Dinge ergeben, dass wir als<br />
instrumentale Band angefangen haben.<br />
Eine ganze Weile lang waren wir damit<br />
zufrieden, mittlerweile allerdings arbeiten<br />
Alarma Man<br />
wir schon im Proberaum öfters auch mal<br />
mit Vocals.<br />
49<br />
nN: Um den Werdegang von Alarma<br />
Man mal ein bisschen genauer zu<br />
veranschaulichen: Wann und wie<br />
habt ihr als Band zusammengefunden?<br />
Calle: Niklas und ich haben angefangen<br />
zusammen zu spielen, nachdem wir<br />
2001 unseren Schulabschluss in der<br />
Tasche hatten. Mit unserem damaligen<br />
Drummer gab es Probleme, woraufhin<br />
Andreas auf den Plan trat und zur Band<br />
hinzustieß. Eine ganze Weile lang war<br />
das unser Line-Up, doch plötzlich entschied<br />
sich unser Gitarrist dazu, die<br />
Brocken hinzuschmeißen. Also überredeten<br />
wir Viktor dazu, der Band beizutreten.<br />
Er war es auch, der das Klangbild<br />
von Alarma Man entscheidend veränderte.<br />
Plötzlich hatten wir mehr Tempo drin<br />
und alles klang viel chaotischer. Erst zu<br />
diesem Zeitpunkt waren Alarma Man<br />
wirklich geboren.<br />
nN: Welcher Szene in Göteborg fühlt<br />
ihr euch zugehörig - wenn überhaupt<br />
einer? Ich könnte mir vorstellen,<br />
dass es schwierig ist,<br />
gleichgesinnte Bands zu finden,<br />
die wie ihr nicht wirklich einem<br />
spezifischen Genre angehören<br />
und sich zwischen alle Stühle setzen.<br />
Andreas: Wir gehören eigentlich zu gar<br />
keiner Szene.<br />
Viktor: Hmm…vielleicht die "Wirklich gute<br />
Liveband"-Szene?
50<br />
Alarma Man<br />
Calle: Alarma Man ist nicht Teil von<br />
etwas anderem. Alarma Man ist Alarma<br />
Man.<br />
nN: Ursprünglich erschien euer Album<br />
in Schweden auf dem kleinen<br />
Label Car Crash Records schon im<br />
letzten Jahr, Sinnbus hat die Veröffentlichung<br />
nun für den deutschen<br />
Markt lizenziert. Wie kam es zu der<br />
Zusammenarbeit?<br />
Andreas: Der Ausgangspunkt war unsere<br />
Zusammenarbeit mit Björn Bauch von<br />
"Under The Stars, Me!", unserer Booking-<br />
Agentur. Durch diesen Kontakt wurden<br />
wir eines Tages gefragt, ob wir nicht<br />
Interesse an einer Kooperation mit Sinnbus<br />
hätten. Nun, wir dachten, das wäre<br />
ganz cool. Und schau an, das ist es tatsächlich.<br />
Viktor: Sinnbus wollten uns, weil wir eine<br />
fantastische Band sind. So leicht ist das.<br />
nN: Was denkt ihr darüber, dass die<br />
Platte außerhalb von Schweden<br />
nun ein zweites Mal veröffentlicht<br />
wird? Ist das nicht eine Art Déjà-Vu<br />
für euch, eine Wiederholung eines<br />
abgeschlossenen Kapitels eurer<br />
Band-Historie?<br />
Niklas: Nein, eigentlich nicht. Ich finde<br />
das wundervoll! Wir sind noch immer<br />
stolz auf das Album und es macht auch<br />
noch immer viel Spaß, diese Songs live<br />
zu spielen. Da wir in der Zwischenzeit<br />
auch schon an neuem Material werkeln,<br />
fühlt es sich für uns auch nicht wirklich<br />
wie ein Rückschritt an.<br />
Viktor: Es ist doch einfach toll, dass sich<br />
überhaupt jemand für unsere Musik interessiert!<br />
Ich sehe die erneute Veröffentlichung<br />
einfach als kostenlosen Bonus für<br />
uns an.<br />
nN: In Schweden habt ihr dieses Jahr<br />
eine Twelve-Inch mit euren Car<br />
Crash-Labelmates Knife And Ape<br />
veröffentlicht, auf der ihr eure<br />
Songwriter-Palette erstmals um<br />
Vocals ergänzt habt. Ist das die<br />
Richtung, die ihr auch in Zukunft<br />
verfolgen werdet? Was steht als<br />
nächstes an im Alarma Man-Kosmos?<br />
Andreas: Unser Ziel wird es sein, ein<br />
noch besseres Album zu machen und<br />
den Vorgänger zu übertreffen. Sicher ist,<br />
dass einige der neuen Songs Gesang<br />
beinhalten werden und andere wiederum<br />
instrumental bleiben. Es wird eine gute<br />
Mischung sein.<br />
nN: Was versprecht ihr euch von der<br />
Deutschland-Tour im November?<br />
Im Mai wart ihr schon mal hier, was<br />
für Erfahrungen habt ihr da<br />
machen können?<br />
Niklas: Ich bin mir ziemlich sicher, dass<br />
es fabulös werden wird. Wir lieben es,<br />
auf Tour zu sein. Im Rahmen unseres<br />
Mai-Besuchs haben wir vor allem gelernt,<br />
auf deutschen Fußböden zu schlafen.<br />
Viktor: Ich bin schon ziemlich aufgeregt<br />
und freue mich total auf Deutschland.<br />
Hoffentlich werden wir vor mehr<br />
Zuschauern und in größeren Clubs spielen<br />
können als bisher. Es ist ein gutes<br />
Gefühl und eine Art Belohnung, wenn<br />
sich dein Publikum von Tour zu Tour kontinuierlich<br />
vergrößert.<br />
nN: Letzte und vielleicht schwierigste<br />
Frage: Was glaubt ihr, wäre ein<br />
angemessener Tanzstil im Rahmen<br />
eines Alarma Man-Konzerts?<br />
Andreas: Macht einfach, was ihr wollt.<br />
Calle: Ihr solltet uns imitieren!<br />
Viktor: Frag mal Napoleon Dynamite…<br />
Patrick Agis-Garcin<br />
http://www.alarmaman.<strong>com</strong><br />
http://www.sinnbus.dea<br />
Photos im Streifen:rotea FLora Hamburg
1.Tag / Donnerstag, 03.08.06<br />
Nach einer gemütlichen Zugfahrt, in der ich<br />
das tolle Steinbeck (Lest auch die Früchte<br />
des Zorns oder Tortilla Flat) Buch "Jenseits<br />
von Eden" fertig lesen konnte, kam ich voller<br />
Vorfreude am Halderner Bahnhof an. Dort<br />
hatten Mitarbeiter einer regionalen Biermarke<br />
einen Shuttle für das Gepäck eingerichtet,<br />
von dem ich aber keinen Gebrauch machte.<br />
Etwas überrascht kam ich dann am Zeltplatz<br />
an, denn dieser war für Donnerstagfrühnachmittag<br />
ordentlich gefüllt. Meine ersten Begleiter<br />
waren auch schon da und so ging es an<br />
den Zeltaufbau. Danach wurde noch ein<br />
großer, kleiner Abstecher ins kulinarische<br />
Haldern gemacht. Wieder zurück gingen wir<br />
direkt über Los und zogen uns im wundervollen<br />
Spiegelzelt die ersten fünf Bands rein.<br />
Den viel versprechenden Auftakt machten<br />
die dreckig-rockenden Kanadier The Waking<br />
Eyes. Leider kämpften die nachfolgenden<br />
Mystery Jets trotz guter Songs mit der richtigen<br />
Mischung, so dass mich Vater und Sohn<br />
Harrison samt Mitstreiter nicht so überzeugen<br />
konnten. Als Martha Wainwright nur mit<br />
einer Akustikgitarre die Bühne enterte, war<br />
ich noch gespannt. Diese positive Interessiertheit<br />
sollte sich schnell in eine extreme<br />
Verspanntheit verwandeln. Ich bekam richtig<br />
gehend Angst vor ihrer Stimme. So müssen<br />
sich die Normannen bei dem Konzert<br />
von Troubadix gefühlt haben. Leider<br />
wurde es danach mit dem affig-affektierten<br />
Melancholiker Joos Zweegers und seiner<br />
Band Novastar nicht viel besser. Aus Angst<br />
wurde Genervtheit an dem belanglos elegischen<br />
Gedudel.<br />
Glücklicherweise wussten Lambchop diese<br />
negativen Gefühle vollkommen zu löschen.<br />
Immer wieder eine Freude, Herrn Wagner<br />
(bei dem selbst ein Soundcheck kurzweilig<br />
wird) bei der Arbeit/Muße zu sehen. Ein<br />
einfach schönes Betthupferl.<br />
2.Tag / Freitag, 04.08.06<br />
Die Hollywood Porn Stars machten den<br />
Auftakt ohne mich, die Dänen Utah hörte ich<br />
zu kurz, um mir eine Meinung zu bilden. Aber<br />
ich wollte ja auch vor allem Daniel Benjamin<br />
sehen, dessen gleichnamiges Debütalbum<br />
einige Indiepopperlen ( "Beautiful") enthält.<br />
Doch der hatte heute jedenfalls seinen<br />
koketten Tag und seine Band war leider<br />
nicht wirklich gut. Ich bin jedenfalls froh für<br />
ihn, dass er das ganze Konzert überstanden<br />
hat und nicht aus lauter Bescheidenheit im<br />
Boden versunken ist. Schade, da hätte ich<br />
doch lieber Anna Ternheim gesehen und<br />
gehört. Dafür lieferten die jungen Briten von<br />
Mumm- Ra mit ihrem Mix aus Beach Boys,<br />
Kinks und Beta Band eine wirklich gute Leistung<br />
ab. Vor allem der sehr energiegeladene<br />
Sänger zog in seinen Bann. Vom Zelt ging es<br />
nun an die Freiluftbühne, und am Himmel<br />
braute sich Ungemütliches zusammen. Ich<br />
hörte Jochens Stimme im Ohr gleichwie Elias<br />
Warnung vor Ahab. Zunächst war zwar nicht<br />
alles klar, doch regnete es auch nicht und<br />
Morning Runner gefielen. Die Zutons wirbelten<br />
dann mit ihrem späten 60er Repertoire<br />
über die Bühne und überzeugten durch große<br />
Harmonie und Spielfreude. Leider konnten<br />
auch sie die Regenwolken hinweghuhuen<br />
(vielleicht hätten sie "Pressure point" spielen<br />
müssen), und so nahm das Unheil dann bei<br />
We Are Scientists seinen Lauf, so dass ich<br />
nach 2 Songs klatschnass Richtung eigenes<br />
Luxus-Igluzelt waten musste. Da dieses auch<br />
schon 20 Jahre auf dem Buckel hat und nicht<br />
mehr ganz dicht ist, war dort Wasser schöpfen,<br />
warten und hoffen angesagt. So spielten<br />
auch The Cooper Temple Clause ohne<br />
mich, wobei ich die eh nicht so toll finde.<br />
Doch meine Helden Motorpsycho wollte<br />
ich auf keinen Fall verpassen. So packte ich<br />
mich unwetterfest ein, schwankte wie ein<br />
Michelinmännchen durch den Matsch und<br />
blieb erst direkt vor der Bühne stehen, wo<br />
die Herren Saether und Ryan ein psychedelisches<br />
Soundgewitter aufziehen ließen, um<br />
das Reale in seine Schranken zu weisen.<br />
Homöopathisches Prinzip erfolgreich, und<br />
nach einer Reise durch die letzten 20 Bandjahre<br />
wich das Lächeln nicht mehr aus meinem<br />
Gesicht und ich konnte plötzlich auf dem<br />
Wasser gehen. Die Haldern- Dinosaurier<br />
(bereits Anfang der 90er Headliner) Element<br />
of Crime konnten mit ihrer romantischen Art<br />
Pluspunkte sammeln und bereiteten das Feld<br />
für mein persönliches Festival- Highlight:<br />
Mogwai. Wieviel hatte ich zuvor schon von<br />
den Live-Auftritten der Glasgower gelesen.<br />
Nun kamen sie mit Reiserucksäcken beladen<br />
auf die Bühne und ich dachte noch..., doch<br />
die Band spielte schon und ich dachte gar<br />
nichts mehr. Mogwai tauchen tief, fliegen<br />
hoch und nehmen einen mit auf eine Reise<br />
vom Beginn der Erde bis zu ihrem Untergang<br />
liveDabei: Haldern Special 51<br />
Haldern - Pop Festival<br />
03.08.06 - 05.08.06<br />
(dem vierten laut den Hopis). Einzig und<br />
allein Godfrey Reggios großartiger Film<br />
"Koyaanisqatsi" kam mir in den Sinn.<br />
Für die Revs und Final Fantasy, die noch<br />
im Zelt spielten, war kein Platz mehr im<br />
Kopf, doch der kanadische Violinist Owen<br />
Pallett, der die letzte Fantasie verkörpert,<br />
zog wie aus zuverlässiger Quelle zu erfahren<br />
war die Haldern Gemeinde noch sehr in<br />
seinen Loop-Bann.<br />
3.Tag / Samstag, 05.08.06<br />
Die erste Band, die ich heute zu hören<br />
bekam waren die guten, pop-punkigen Rifles,<br />
als ich im Halderner See schwamm. Hernach<br />
überraschte mich mit den Islands erneut eine<br />
kanadische Combo äußerst positiv, was ich<br />
von den Guillemots mit ihrem nervig sophisticatetem<br />
Mix aus Hippie- Appeal und lärmigen<br />
Ethnoeinflüssen nicht behaupten kann.<br />
Leider musste ich wegen Schmerzen in meinem<br />
Fuß das Gelände verlassen und konnte<br />
die fantastische Live- Show der Wrens, den<br />
Urgesteinen New Jerseys, nicht mitverfolgen.<br />
Diese hatten zwei Wochen zuvor in Heidelberg<br />
so dermaßen das Karlstor gerockt, na,<br />
ich kann Euch sagen. Bei den Kooks war ich<br />
dann wieder da, doch die arrogante Art des<br />
Sängers ließ durchaus vorhandenen Spaßfaktor<br />
sinken. Der gefällige Paolo Nutini<br />
spielt auch auf dem New Pop Festival -<br />
keine Kanten, alles glatt. Dies kann man<br />
von James Dean Bradfield, dem Mann,<br />
der sich selbst gern als "kleinen walisischen<br />
Schlumpf, der auf der Bühne versucht,<br />
Gitarre zu spielen" und Kopf der Manic<br />
Street Preachers ist, wahrlich nicht behaupten.<br />
Doch sein Auftritt war auch nicht mehr<br />
als gut. Er machte Platz für Neil Hannon<br />
(Divine Comedy), der sein Wohnzimmer<br />
betrat und mit dem Publikum zu spielen<br />
begann. Kaum jemanden hat das Publikum<br />
hier so ins Herz geschlossen wie den lässigen<br />
und humorvollen Briten, der dieses Jahr<br />
für seine Verhältnisse richtig auf die Tube<br />
drückte. Da der Fuß immer höllischer weh<br />
tat, sagte ich dem Haldern und seinen tollen<br />
Securitymen nach diesem gelungenen<br />
Abschluss leise Servus. Mit einer Träne<br />
im Knopfloch, denn Kante zu verpassen<br />
schmerzte auch ein wenig.<br />
Mario Kiermeier
52<br />
videoThek<br />
Sasori - Jailhouse 41 Vol. 2<br />
Japan 1972<br />
Regie: Shunya Ito<br />
89 Minuten<br />
Rapid Eye Movies (aus der Reihe Nippon Classics)<br />
www.rapideyemovies.de<br />
Wow. Was? Jetzt auch noch drüber schreiben? Okay... Nunja. Heftig? Heftig.<br />
Ersteinmal zu Beginn: Für den Westeuropäer ist das schon nicht ganz so leicht<br />
verdauliche Kost. Diese brutale Langsamkeit der Schnitte, der Kameraführung.<br />
Diese Totalen. Diese krasse Story. Moment, Story? Es gibt Vergewaltigungsszenen,<br />
Entmannungen (konsequenterweise auch dieses), viel (nicht ganz so realistisches)<br />
Blut, Brutalität, fiese Grimassen und all so'n Zeuch. Gespickt mit<br />
Mystischem und Mythischem, mit kulturellen Hintergründen, die wir gar nicht<br />
kapieren können, falls wir nicht (Hallo Carsten Collenbusch!) Japanologen sind.<br />
Auch für mich, der Takeshi Kitano zu einem seinen Lieblingsfilmmacher zählt -<br />
unvergessen das so gnadenlos geniale Hana Bi, Violent Cop, Brothers, und<br />
noch so viele Outputs, bei denen "Beat" seine Finger im Spiel hat - ist der Film<br />
erst mal nur heavy. Aber es gibt da wohl eine Story, basierend auf dem ersten<br />
Film der Sasuri-Reihe: Die Hauptakteurin ist in einem äußerst brutalen Gefängnis<br />
-wohl nicht ohne Grund- untergebracht, sadistische Spiele der Gefängniswärter<br />
natürlich an der Tagesordnung. Nach einer Flucht mit anderen weiblichen<br />
Gefangenen sehen sich jene einer Katz-und-Maus-Flucht ausgesetzt, in dem<br />
die Rollen der Jäger und Gejagten nicht ganz so fix<br />
festgelegt sind. Männer werden als bedrohliche<br />
sexualtriebgesteuerte (aber auch armselige und<br />
lächerliche) Wesen dargestellt, Frauen als Objekt der<br />
Begierde, die aber nicht weniger gefährlich sind.<br />
Grenzenlose Brutalität und Erniedrigung beider<br />
Lager bestimmen die Tagesordnung.<br />
Dazwischen immer wieder surreale<br />
mythische Sequenzen, wie eingangs<br />
schon berichtet. Das alles zieht sich<br />
durch bis zum gnadenlosen Ende...<br />
Ein Film des "Sexploitaion"-Genres<br />
der 70er. Nach dem<br />
Genuss bleibt der rezensierende<br />
Betrachter erst mal ratlos zurück.<br />
Das alles mutet teilweise sehr theater-<br />
, aber auch märchenhaft an;<br />
was ist Realität, was sind Traumsequenzen,<br />
was ist zu ertragen, was geht darüber hinaus, wird aber trotz krassüberspitzter<br />
Darstellung dennoch toleriert? Oft ertappt man sich dabei, zu überlegen,<br />
ob das jetzt gerade wirklich passiert ist, sein kann. Ähnliches ist mir nur<br />
bei Michael Hanekes "Funny Games" wiederfahren, in meinen Augen nebst<br />
David Lynch's "Lost Highway" einer der heftigsten Filme, die mein Leben bisher<br />
kreuzten... Dazu ein wunderschönes Lied, das nicht sehr schmeichelhaft mit<br />
Männern umgeht, aber mit traumhaft schönen Klängen die Flucht und Taten der<br />
Frauen untermalt, sich dabei auch genug Zeit und Wiederholungen nimmt, um<br />
sich in den Kopf zu bohren. Hier gibt es keine Opfer- und keine eindeutigen<br />
Täterrolle, jeder bzw. jede übernimmt diesen Part. Selber angucken? Ja, selber<br />
angucken. Ist natürlich nicht für Jedermann/Jedefrau, interessant zwar, aber<br />
nicht ganz unproblematisch. Für Gedankenwelt, inneren Frieden und moralische<br />
Instanzen. Aber wohl unbedingt notwendig???<br />
Matthias Horn<br />
TNT - Live In Madrid<br />
(MTM/SPV)<br />
TNT sind - der Name lässt's vermuten<br />
- im klassischen Hartwurstsektor<br />
beheimatet und hier<br />
eine der besseren Bands. Mit<br />
vorliegender Live-DVD feiert<br />
sich die Band, die im Laufe ihrer<br />
inzwischen 24jährigen Karriere<br />
etliche Highlights des Melodic<br />
Hardrock-Sektors abgeliefert<br />
hat, zu guten Teilen auch selbst<br />
ab. Hierfür ließen sich Tony Harnell<br />
und seine Gefolgschaft am<br />
1. April 2006 in einem kleinen aber feinen Madrider Club nach<br />
allen Regeln der Kunst hoch leben. Apropos Harnell - der Mann<br />
am Mikro gab am Abend der Aufzeichnung sein TNT-Abschiedskonzert,<br />
was den Erwerb des Silberlings noch einmal interessanter<br />
machen dürfte. Die optische Umsetzung ist mit sechs<br />
Kameras ziemlich gelungen, und die Akustik entspricht dem,<br />
was das Auge tatsächlich sieht - abgesehen von den charakteristischen<br />
(und in der Tat schwer umsetzbaren) Chören. Die<br />
Stimmung im Publikum und auf der Bühne ist durchweg gut, die<br />
Songauswahl mit vielen Klassikern ebenfalls, Mr. Harnell's Stimme<br />
ist nach wie vor einfach beeindruckend und sogar das Solo<br />
von Saitenhexer Ronnie LeTekro fällt angenehm originell aus,<br />
so dass man sich als Hardrock-Freund am Ende nur noch fragen<br />
muss, ob man sich die DVD mit oder ohne der 82-minütigen<br />
Audio-Version des Gigs (mit identischer Setlist) besorgen<br />
soll. Einziges Manko: Es hätten sowohl ein paar Live-Tracks<br />
mehr als auch ein bisschen mehr "Bonus" sein dürfen - die zwei<br />
Mono-Livetakes aus Oslo und vom 2004er Sweden Rock sowie<br />
die Signing-Session vom 2004er Deep Impact Festival kommen<br />
gerade mal auf zehn Minuten. Dennoch ist "Live In Madrid" ein<br />
sehenswertes Dokument einer erstklassigen Melodic Hardrock-<br />
Band geworden, die es in dieser Konstellation bedauernswerter<br />
Weise wohl nicht mehr geben wird.<br />
Heavy<br />
Tokyo Drifter<br />
Japan 1966<br />
Regie: Seijun Suzuki<br />
Länge: 82 Min.<br />
Rapid Eye Movies (aus der Reihe Nippon Classics)<br />
www.rapideyemovies.de<br />
Tetsu ist ein Yakuza-Killer, dessen Syndikat aufgrund eines perfiden<br />
Ränkespiels um Immobilien, Geld und Macht, angezettelt<br />
vom finster-stylischen Yakuzaboss Otsuka, in Trümmern liegt.<br />
Der herrenlose Tetsu muss flüchten, ständig verfolgt von den<br />
Schergen Otsukas. Seine Odyssee entwickelt sich zu einer tödlichen<br />
Reise ohne Wiederkehr, und wie es sich für den japanischen<br />
Yakuza-Film der 60er Jahre gehört, ist Tetsus langer Weg<br />
mit Leichen gepflastert. Soviel zur Story von Tokio Drifter, im<br />
Verlaufe derer der Zuschauer schon mal leicht den Faden verlieren<br />
kann. Bei genauerer Betrachtung erscheint die oberflächlich<br />
vorgetragene Geschichte von Tokio Drifter aber ohnehin<br />
zweitrangig, denn Regisseur Suzuki erweckt den Eindruck, als<br />
läge seine eigentliche Intention nicht in einer stringent und<br />
schlüssig vorgetragenen Handlung. Vielmehr legt er sein<br />
Augenmerk eher auf filmische Ästhetik und natürlich das Innenleben<br />
seiner Figuren, welches er mit filmeigenen Mitteln - so<br />
scheint es zumindest - nach außen zu kehren versucht. Her-
ausragendes Stilmittel ist dabei ein ungewöhnliches Spiel mit<br />
Farben. So ändert sich das Farbarrangement der Mise-en-<br />
Scène während einer Einstellung oftmals schlagartig und einigen<br />
Figuren sind bestimmte Farben zugeordnet. Hinzu kommt<br />
ein immer wiederkehrendes musikalisches Thema, das Tetsu<br />
auf seinem Weg begleitet.<br />
All das verleiht dem Film nicht nur eine ganz besondere Stimmung,<br />
sondern regt den Zuschauer natürlich auch zu wilden<br />
Interpretationen und Spekulationen über die Aussage und Intention<br />
einzelner Szenen an. Witzig erscheint in diesem<br />
Zusammenhang, dass der gealterte Suzuki im auf der DVD als<br />
Extra enthaltenen Interview leicht schmunzelnd zugibt, dass<br />
viele Farbkompositionen und -spielereien nur zufällig bzw. aufgrund<br />
spontaner Ideen am Set zustande kamen und er eigentlich<br />
nie eine bestimmte Aussageabsicht mit den Figurenfarben<br />
und farblichen Arrangements verfolgte...<br />
Insgesamt muss sich Tokio Drifter den Vorwurf gefallen lassen,<br />
dass auf den Style, der natürlich genretypisch eine wichtige<br />
Rolle spielt, etwas zu viel Gewicht gelegt wurde. Darunter leidet<br />
nicht nur - wie oben schon erwähnt - die Story, sondern mit<br />
zunehmender Filmdauer auch der Sehspaß. Denn irgendwie<br />
hat mich der Film trotz der zahlreichen visuellen Spielereien und<br />
der sich daraus ergebenden Vieldeutigkeit, trotz der teils beeindruckenden<br />
Einstellungen und trotz der dargebotenen Tragik<br />
der Figur des Tetsu nicht gepackt. Vieles war mir einerseits zu<br />
gewollt und an anderer Stelle dann auch wieder zu unmotiviert.<br />
Wohl eher was für Rezipienten, denen die Form wichtiger ist als<br />
die Funktion.<br />
Jochen Wörsinger<br />
Tokyo Fist<br />
Japan 1995<br />
Regie: Shinya Tsukamoto<br />
Länge: 87 Min.<br />
Rapid Eye Movies<br />
www.rapideyemovies.de<br />
Tsuda und seine Freundin Hizuru führen eine tröge Alltagsbeziehung,<br />
in der jegliche Spontaneität und jedwedes (sexuelles)<br />
Verlangen über die Jahre verloren gegangen sind. Er arbeitet<br />
mehr oder minder desillusioniert als Versicherungsvertreter. Ihre<br />
größte Herausforderung ist es, pünktlich zu Tsudas Feierabend<br />
das in der Designerküche zubereitete Abendessen auf den<br />
Tisch zu stellen. In diese festgefahrene Eintönigkeit tritt unvermittelt<br />
der Profiboxer Kojima, der seinem alten Schulfreund<br />
Tsuda eines Tages zufällig über den Weg läuft. Zum Ungemach<br />
Tsudas häufen sich Kojimas unangemeldete Besuche zusehends<br />
und er merkt, wie seine Freundin Hizuru immer mehr von<br />
der testosterongetränkten Anziehungskraft des mysteriösen<br />
Schulfreundes fasziniert ist. Sie trennt sich schließlich von<br />
Tsuda, verfällt einem zerstörerischen Masochismuswahn, der<br />
bis zur Selbstverstümmelung reicht und zieht zu Koijma. Der<br />
gehörnte Tsuda, zutiefst gekränkt und angetrieben von blinder<br />
Wut, versucht Kojima mit seinen eigenen Waffen zu schlagen<br />
und stürzt sich seinerseits fast wahnhaft ins Boxtraining. Sein<br />
videoThek<br />
53<br />
einziges Ziel dabei: Rache an Kojima. Erst im weiteren Verlauf der Geschichte<br />
wird klar, dass Tsuda und Kojima eine dunkle Abmachung aus den gemeinsamen<br />
früheren Schultagen verbindet, an die sich aber offensichtlich nur Kojima<br />
gehalten hat...<br />
Was sich hier recht spannend und wie ein interessantes Psychogramm liest, ist<br />
filmisch leider oft nur reichlich halbgar umgesetzt. Einige Wendungen erscheinen<br />
ziemlich willkürlich und auch die wahnhafte Entwicklung der Charaktere<br />
sowie die damit verbundenen Handlungsmotive sind stellenweise nur schwerlich<br />
nachzuvollziehen. Dem Experimentalfilmer und Regisseur des bei Kritikern<br />
und Publikum umstrittenen Kunstfilms "Tetsuo: The Iron Man" Shinya Tsukamoto<br />
gelingt es trotz einer teils sehr symbolträchtigen Filmsprache (Farbfilter,<br />
Handkamera und starkes Gewicht auf deskriptive Montage) nur unzureichend,<br />
dass der Zuschauer den Protagonisten ihre fast schon pathologischen Obsessionen<br />
abnimmt und sich mit der düsteren, auf Perversion und körperliche Metamorphose<br />
referierenden Thematik identifiziert. Vieles<br />
erscheint seltsam unausgesprochen, und oft<br />
steht man vor einer dramaturgischen<br />
Lücke oder sucht den Missing Link.<br />
So steigert sich der Film zusehends<br />
in eine matschige Gewaltorgie,<br />
die zugegebenermaßen<br />
beeindruckend inszeniert ist<br />
und in ihrer Ästhetik an die<br />
surrealen (Körper-)Welten<br />
eines David Cronenberg<br />
erinnert. Als Zuschauer<br />
bleibt man aber seltsam<br />
unberührt zurück und fragt<br />
sich etwas ratlos, warum das<br />
denn nun alles so gekommen<br />
ist. Ich denke das muss man<br />
mögen, um es gut zu finden.<br />
Jochen Wörsinger
54<br />
terMine<br />
2nd DISTRICT<br />
20.10.06 Schwerte - Rattenloch<br />
27.10.06 Hannover - Chez Heinz<br />
03.12.06 Donauwörth - Juz tbc<br />
22.12.06 Bochum - Zwischenfall*<br />
28.12.06 Essen - Punk Im Pott Festival<br />
* + Heartbreak Engines<br />
AIDS WOLF<br />
11.11.06 Würzburg - Cafe Cairo<br />
13.11.06 Hamburg - Hafenklang<br />
14.11.06 Bremen - TBA<br />
17.11.06 Saarlouis - Juz Saarlouis<br />
18.11.06 Esslingen - Komma<br />
AMPERSAND<br />
07.12.06 Jena - Café Wagner<br />
08.12.06 Leipzig - Die Nato<br />
13.01.07 Essen - KKC<br />
JASON ANDERSON<br />
11.10.06 Berlin - Trompete<br />
13.10.06 Dresden - Art Der Kultur<br />
19.10.06 München - Kafé Kult<br />
20.10.06 Esslingen - Komma<br />
BLACKMAIL<br />
10.10.06 Konstanz - KuLa<br />
15.10.06 München - Feierwerk e.V.<br />
16.10.06 Regensburg - Alte Mälzerei<br />
17.10.06 Erlangen - E-Werk<br />
18.10.06 Würzburg - AKW!<br />
19.10.06 Leipzig - Conne Island<br />
20.10.06 Cottbus - Gladhouse<br />
21.10.06 Potsdam - Waschhaus e.V.<br />
27.10.06 Kaiserslautern - Kammgarn<br />
28.10.06 Köln - Gebäude 9<br />
BLUNOISE FESTIVALS<br />
09.10.06 Hamburg - Studio One<br />
Nova Drive & American Lead Guitar<br />
19.10.06 Osnabrück - Kleine Freiheit<br />
ULME, Pendikel<br />
03.11.06 Köln - Blue Shell<br />
Nova Drive, American Lead Guitar &<br />
Gästen<br />
BRATSCH<br />
14.10.06 Köln - Philharmonie<br />
01.12.06 Waiblingen -<br />
Kulturhaus Schwanen<br />
THE CLERKS<br />
31.10.06 Hürth - Bürgerhaus<br />
26.12.06 Bergheim - Medio<br />
DANKO JONES/GOGOL BORDEL-<br />
LO/BEDOUIN SOUNDCLASH<br />
08.11.06 Köln - E-Werk<br />
10.11.06 Filderstadt - Filharmonie<br />
21.11.06 Wiesbaden - Schlachthof<br />
22.11.06 Berlin - Columbiahalle<br />
23.11.06 Hamburg - Docks<br />
THE DRONES<br />
20.10.06 Freiburg - Rattenspiegel<br />
THOMAS DYBDAHL<br />
28.10.06 Hamburg - Molotow<br />
<strong>30</strong>.10.06 Köln - Studio 672<br />
31.10.06 Berlin - Lido<br />
FACE ABOUT FACE<br />
20.10.06 Bayreuth - Glashaus<br />
23.10.06 Erfurt - Jugendhaus Fritzer<br />
24.10.06 München - Sunny Red<br />
25.10.06 Hildesheim -<br />
Kulturfabrik Löseke<br />
26.10.06 Cottbus - La Casa<br />
27.10.06 Berlin - Antje Öklesund<br />
28.10.06 Halle - Reilstrasse<br />
GAGARIN<br />
10.10.06 München - Kranhalle<br />
11.10.06 Darmstadt - Centralstation<br />
15.10.06 Dortmund - FZW<br />
16.10.06 Bremen - Junges Theater<br />
17.10.06 Berlin - Quasimodo<br />
18.10.06 Dresden - Star Club<br />
19.10.06 Hamburg - Fabrik<br />
GOB SQUAD<br />
14.10.06 Hamburg - Planet Subotnik<br />
16.11.06 Kiel - Schaubude<br />
21.11.06 Bonn - Bla<br />
16.12.06 Lichtenau-Immeldorf -<br />
Weißes Roß<br />
PETER HAMMILL<br />
15.11.06 Berlin - Quasimodo<br />
16.11.06 Erfurt - Museumskeller<br />
17.11.06 Halle - Objekt 5<br />
18.11.06 Auerbach -<br />
Göltzschtalgalerie Nicolaikirche<br />
19.11.06 Nürnberg - Hirsch<br />
20.11.06 Bonn - Harmonie<br />
MAXIMILIAN HECKER<br />
20.10.06 Magdeburg - Feuerwache<br />
21.10.06 Essen - Grend<br />
22.10.06 Darmstadt - Centralstation<br />
28.10.06 Aachen - Musikbunker<br />
29.10.06 Saarbrücken - Helmutt<br />
31.10.06 München - Orange House<br />
14.11.06 Hamburg - Uebel & Gefährlich<br />
15.11.06 Berlin - Roter Salon<br />
16.11.06 Dresden - Star-Club<br />
17.11.06 Bielefeld - Forum<br />
THE HIDDEN CAMERAS<br />
11.10.06 Dortmund - Pauluskirche<br />
12.10.06 Hamburg - Übel & Gefährlich<br />
25.10.06 Leipzig - Schaubühne<br />
27.10.06 München - Atomic<br />
28.10.06 Salzburg - Rockhouse<br />
02.11.06 Erlangen - E Werk<br />
03.11.06 Berlin - Volksbühne<br />
HOBOTALK<br />
02.11.06 Dortmund - FZW<br />
04.11.06 Kempen - Kuba<br />
06.11.06 Hamburg - Knust<br />
11.11.06 Schwerin - Speicher<br />
JAPANTHER/THE GOOD GOOD<br />
10.10.06 Leipzig - Fruehauf<br />
11.10.06 Bielefeld - AJZ<br />
12.10.06 Mainz - KUZ<br />
LAMPSHADE<br />
17.10.06 Köln - Gebäude 9<br />
18.10.06 München - Feierwerk<br />
20.10.06 Hannover - Musikzentrum<br />
21.10.06 Kassel - Musiktheater<br />
22.10.06 Dresden - Scheune<br />
23.10.06 Berlin - White Trash<br />
24.10.06 Wetzlar - Franzis<br />
25.10.06 Jena - Rosenkeller<br />
26.10.06 Bonn - Mausefalle<br />
27.10.06 Bielefeld - Forum<br />
28.10.06 Erfurt - Museumskeller<br />
MIDLAKE/FIONN REGAN<br />
16.10.06 Dresden - Star-Club<br />
17.10.06 München - Orange House<br />
18.10.06 Stuttgart - Schocken /<br />
19.10.06 Bonn - Harmonie<br />
26.10.06 Berlin - Mudd-Club<br />
27.10.06 Hamburg -<br />
Uebel & Gefährlich<br />
NOVA DRIVE<br />
09.09.06 Frankfurt - Im Bett<br />
17.11.06 Berlin - Schokoladen<br />
PENDIKEL<br />
19.10.06 Osnabrück -<br />
Kleine Freiheit + ULME<br />
20.10.06 Hannover -<br />
UJZ Korn + Clara Motors<br />
21.10.06 Darmstadt -<br />
Oettinger Villa + ULME<br />
04.11.06 Aachen - JZ + Nicoffeine<br />
05.11.06 Münster - Gleis 22 +<br />
Don Caballero<br />
09.11.06 Jena - Rosenkeller + ULME<br />
10.11.06 Berlin - Magnet Club + ULME<br />
16.11.06 Frankfurt - Das Bett<br />
17.11.06 Marburg - Café Trauma (tba)<br />
23.11.06 Hamburg - Astra Stube (tba)<br />
PERE UBU<br />
10.10.06 München -<br />
Kranhalle/Feierwerk<br />
11.10.06 Darmstadt - Centralstation<br />
12.10.06 Bonn - Harmonie<br />
15.10.06 Dortmund - FZW<br />
16.10.06 Bremen - Junges Theater<br />
17.10.06 Berlin - Quasimodo<br />
18.10.06 Dresden - Starclub<br />
19.10.06 Hamburg - Fabrik<br />
THE POPZILLAS<br />
13.10.06 Stuttgart - Universum<br />
19.10.06 Hamburg - Studio One<br />
20.10.06 Emden - Alte Post<br />
13.01.06 Königshofen - Kulturschock<br />
LUKAS SIMONIS<br />
27.10.06 Bremen - Zakk<br />
28.10.06 Hamburg - Horbar<br />
29.10.06 Berlin - Ausland<br />
SOMETREE<br />
19.10.06 Würzburg - Cafe Cairo<br />
20.10.06 Donauwörth - Stellwerk<br />
21.10.06 Weinheim - Café Central<br />
26.10.06 Fulda - Kulturkeller<br />
27.10.06 Waldshut - Kornkeller<br />
28.10.06 Saarbrücken - Garage<br />
29.10.06 Gießen - MUK<br />
SPOKE<br />
27.10.06 München - Feierwerk<br />
TAPE<br />
20.10.06 Münster - Cuba<br />
TOOL<br />
18.11.06 München - Zenith<br />
03.12.06 Oberhausen -<br />
König-Pilsener ARENA<br />
04.12.06 Leipzig - Arena<br />
05.12.06 Stuttgart - Porsche Arena<br />
12.12.06 Mannheim - Maimarktclub<br />
TRANSMISSIONARY SIX<br />
13.10.06 Münster - Cuba<br />
16.10.06 Bonn - Mausefalle 33 1/3<br />
17.10.06 Halle - Saale, Objekt 5<br />
18.10.06 Frankfurt - Main, Das Bett<br />
19.10.06 Neu-Ulm - Café d'art<br />
26.10.06 Augsburg - Kerosin<br />
27.10.06 Berlin - Mudd Club<br />
28.10.06 Zossen - Energie Café<br />
29.10.06 Dresden - Dreikönigskirche<br />
02.11.06 Nürnberg - K 4<br />
ULME/GOODWITCH OF THE<br />
SOUTH*/PENDIKEL**<br />
19.10.06 Osnabrück - Kleine Freiheit**<br />
09.11.06 Jena - Rosenkeller**<br />
10.11.06 Berlin - Magnet Club**<br />
11.11.06 Spremberg - JC Erebos<br />
01.12.06 Dortmund - Soundgarden<br />
02.12.06 Bielefeld - Forum<br />
17.01.07 Heidelberg - Schwimmbad*<br />
19.01.07 Flensburg - Kühlhaus*<br />
20.01.07 Hamburg - Logo*<br />
03.02.07 Potsdam - Waschhaus*<br />
VOLT<br />
25.10.06 München - Kafe Kult<br />
WILLIARD GRANT CONSPIRACY<br />
(SOLO)<br />
17.10.06 Karlsruhe - Jubez<br />
18.10.06 Wetzlar - Franzis<br />
19.10.06 Kiel - Weltruf<br />
20.10.06 Hamburg - Hasenschaukel<br />
21.10.06 Dortmund - Pauluskirche<br />
WOVEN HAND<br />
16.11.06 A-Salzburg - Nonntal<br />
17.11.06 Geislingen - Rätschenmühle<br />
20.11.06 Frankfurt - Brotfabrik<br />
21.11.06 Essen - Zeche Carl<br />
Ansonsten<br />
Hausmusik Festival. 15 Jahre<br />
Hausmusik - 27./28.10.06 München -<br />
Feierwerk<br />
Tied and Tickled Trio, MS John Soda,<br />
Fred Is Dead (sic!), Couch, Squares<br />
On Both Sides, Spoke, A Million Mercies,<br />
ISO 68, Carlo Fashion, Fonoda.<br />
Plus Comicausstellung und Lesung.<br />
www.hausmusik.<strong>com</strong>/konzerte.html<br />
Music Unlimited - 10./11./12.11.06<br />
Wels (A) - Schlachthof<br />
The Ex, Mohammed Jimmy Mohammed,<br />
Attwenger feat. Fred Frith, Zeena<br />
Parkins, Thermal, Carla Kihlstedt &<br />
Stevie Wishart & Fred Frith, Charming<br />
Hostess, Iswhat?! u. a.<br />
www.musicunlimited.at<br />
American Music Club performs<br />
silent film "Street Angel" -<br />
22.11. Hamburg - Fabrik<br />
Die Band um Mark Eitzel und "spezial<br />
guests" (u.a. von The Residents fame)<br />
spielen live die Musik zum Stummfilm<br />
"Street Angel".