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26<br />
<strong>reViews</strong><br />
<strong>reViews</strong><strong>reViews</strong><br />
65daysofstatic -<br />
One Time For All Time<br />
(Monotreme Records)<br />
Werft eure Hörgewohnheiten<br />
über Bord, 65daysofstatic sind<br />
wieder da! Knappe zwei Jahre<br />
nach dem großartigen, doch von<br />
der öffentlichen Aufmerksamkeit weitestgehend verschmähten<br />
Debütalbum "The fall of math" wollten die<br />
vier unscheinbaren Briten aus der Industriestadt Sheffield<br />
eigentlich nur eine EP aufnehmen, nun ist daraus<br />
doch ein kompletter Longplayer geworden - und was<br />
für einer! "One time for all time" ist die Fortsetzung des<br />
bahnbrechenden Debüts mit ähnlichen Mitteln: 65dos<br />
sind noch immer wie Mathematiker, die bisher unentschlüsselbare<br />
Formeln sichtbar machen; wie Biologen,<br />
die einen unbekannten Organismus erforschen; wie<br />
Neurophysiker, die ein Gehirn systematisch in Einzelteile<br />
zerlegen und in alldem ein zusammenhängendes<br />
Prinzip erkennen - eben mit genau der richtigen Portion<br />
Forschungsdrang, Wagemut, Experimentierlust<br />
und - nicht zuletzt - Talent ausgestattet, um nicht nur etwas<br />
Altbekanntes einen großen Schritt nach vorne zu<br />
bringen, sondern etwas komplett Neuartiges zu erschaffen.<br />
65dos sind die Architekten, die mit "One time<br />
for all time" ein verschachteltes Konstrukt erschaffen,<br />
das dermaßen vielschichtig ist, dass kein Raum dem<br />
anderen gleicht. Da steht epileptisch zuckender Drum<br />
& Bass neben heftigen Noise-Attacken, melodischer<br />
Postrock neben pluckernden Laptop-Beats, kühler<br />
Mathrock neben schwebenden Ambient-Soundscapes<br />
und warme Piano-Akkorde neben leisem Glockenspiel.<br />
In diesem Labyrinth muss man sich freilich erst einmal<br />
zurecht finden, doch hat man einmal den nötigen Orientierungssinn<br />
erlangt, will man diesen Ort freiwillig nicht<br />
mehr verlassen. "One time for all time" gleicht gewissermaßen<br />
einem tausendteiligen Puzzle, dessen Entschlüsselung<br />
zwar Zeit und Mühe kostet, aber ein unheimlich<br />
befriedigendes Gefühl hinterlässt. Mit den<br />
neun Songs dieser Platte vollbringen 65dos das Kunststück,<br />
gleichzeitig episch und direkt zu klingen. "One<br />
time for all time" ist ein atmosphärisch ungemein dichter<br />
Trip durch weitestgehend unbekanntes Neuland, für<br />
knappe 38 Minuten fühlt man sich wie ein Entdecker<br />
auf einer Forschungsreise. Auf begleitenden Gesang<br />
wird dabei weiterhin verzichtet, würden gesprochene<br />
Worte den Zuhörer in seiner grenzenlosen Interpretationsfreiheit<br />
doch nur einschränken. Die Songs sprechen<br />
ohnehin für sich selbst und malen Bilder im Kopf:<br />
Sie erzählen Geschichten einer hoffentlich noch fernen,<br />
düsteren Zukunftsvision. Ein bedrückendes, beklemmendes<br />
Szenario, innerhalb dessen jedoch auch Platz<br />
für Hoffnung und seltsam entrückende Erhebung bleibt.<br />
So harmonisch und versöhnlich wie im abschließenden,<br />
von einem wunderschönen Piano begleiteten "Radio<br />
protector" jedenfalls haben 65dos bisher noch nie<br />
geklungen. Einem schier unheimlichen Gespür für Dynamik<br />
und richtiges Timing ist es zu verdanken, dass<br />
sich über die gesamte Spielzeit der Platte nicht eine Sekunde<br />
lang auch nur ein Hauch von Langeweile einschleicht.<br />
Und das muss man mit einer derart ambitionierten<br />
Instrumental-Scheibe erst einmal hinkriegen.<br />
"One time for all time" ist ein Werk fern jeglicher Konventionen;<br />
der Soundtrack, den "Blade runner" einst<br />
verdient hätte und der eindrucksvolle Beweis dafür,<br />
dass sich 65dos ihren Ruf als moderne Sound-Visionäre<br />
verdient haben.<br />
Patrick<br />
www.65daysofstatic.<strong>com</strong>/<br />
www.monotremerecords.<strong>com</strong><br />
AFROPOLAR - Afropolar<br />
(Bunkhouse Records)<br />
"Rock 'n' Roll, AfroPolar weil<br />
AfroPolar, Bumm Bumm<br />
Tschack, From Bejing to Bogotá,<br />
Florida, Panama!" - ich<br />
werde mal das, was ich auf der<br />
Homepage gefunden habe, versuchen zu übersetzen<br />
... "Afro" dürfte auf die Frisuren der Herren (?) anspielen;<br />
"Bumm, Bumm, Tschack wiederum darf als Indiz<br />
für die deutlich betonte Rhythmussektion gewertet werden<br />
und "Bejing to Bogotá, Florida, Panama" …Tja, vielleicht<br />
Zeichen für die polyglotten Lyrics? Ich tu' mich<br />
schwer und verlass mich lieber auf das, was ich höre,<br />
und das ist herzhaft gut gemachter Rock'n'Roll mit Soul-<br />
Einschlägen, Disco-, Funky-Rhythmen und zappa'eskem<br />
Gesang. Insgesamt eine wirklich gelungene<br />
Sache, die ziemlich viel Spaß macht und jedem mit einem<br />
Funken Rhythmus im Arsch dringend an's Herz<br />
gelegt sei!<br />
Keule<br />
Archie Bronson Outfit -<br />
Derdang, Derdang<br />
(Domino)<br />
Franz ohne Ferdinand. Mal aus den USA, dann wieder<br />
aus Deutschland. Mal in Country, mal in Hardcore. Oder<br />
was auch immer. Ja fällt denen denn nichts mehr ein?<br />
Keine Frage, beide Platten sind gut. Beide haben<br />
Charme, beide wissen zu gefallen. Eine davon wird ein<br />
kleiner Indie-Hit - soviel ist sicher. Nur bleibt das schale<br />
Gefühl, dass die Gut-Tänzer von Domino mittlerweile<br />
so restlos alles signen, was bei drei "Darts of Pleasure"<br />
sagen kann. Und mir ist es völlig egal, wer jetzt lautstark<br />
"Referenzen!!!" schreit. Worum es mir geht, ist um<br />
die einfache Tatsache, dass Copy - The New Hit zu sein<br />
scheint. Alles macht was alle machen. Und jeder klingt<br />
auch noch so. Gleichschaltung im Endlos-Feedback-<br />
Loop. Und wer jetzt blökt, hier müsse etwas über die<br />
Musik stehen, soll einfach nur die letzte FF hören oder<br />
zur Abwechslung die Erste. Dann vielleicht noch den<br />
Man in Black, der ja gerade auch ziemlich im Trend liegt<br />
(obwohl er seit Anbeginn der Welt großartig war - die<br />
Schreihälse es nur nicht gemerkt haben) und zwei und<br />
zwei zusammenzählen.<br />
Jörg Willerscheidt<br />
www.domino.<strong>com</strong><br />
The Ashes Of Creation -<br />
First Breath After Coma<br />
(capitol east road/RADAR)<br />
Notizen aus der Provinz. Südostwestfalen<br />
hat Popkultur.<br />
Mit anderen Worten, im Nichts<br />
tut sich was. Was die niedersächsische<br />
Pampa mit Tomte kann, warum sollte das<br />
nicht auch hier funktionieren? Musikalisch hinkt dieser<br />
Vergleich natürlich, da wir es hier nicht mit Spielzeuganhängern<br />
von irgendwelchen Kettcars zu tun haben,<br />
sondern ääähhhm mit AlternativeAmericanaNeo-<br />
WaveProgNewFolkRetroMelodic CrossoverGrunge<br />
oder so ähnlich. Das fängt so eigthiesmäßig depechmodelike<br />
fett und wuchtig an, läuft über einen 70ties<br />
Thin Lizzy-Folkrockrefrain mit einer guten alten Querflöte<br />
hin zu Ryan Adams trifft Neil Young. Derweil erfreut<br />
man sich an drübergelegten Björkschen Soundtüfteleien<br />
und findet sich kurzum beim Geschichtenerzählenden<br />
frühen Peter Gabriel in der "Lamb lies down<br />
on Broadway"- Phase wieder. Hier gibt es noch Keyboardkaskaden<br />
und richtige Gitarrensoli, obwohl die<br />
sich eher nach Red Hot.. Flea als nach Hendrix anhören.<br />
Es gibt Texte, die sich in verkifften Metaphern zwischen<br />
Romantik und Todessehnsucht bewegen und<br />
ganz viel Melancholie. Langeweile gibt es nie. Auch<br />
schmeißt sich hier keiner vors Auto, weil hier mehr Fragen<br />
gestellt werden, als nur depressive Antworten zu<br />
geben. Wie sang schon damals Tom Petty "I don't hear<br />
a single." Das geht auch gar nicht, denn wenn man das<br />
Ganze über die Mainstreamschiene an unsere verseuchten<br />
Gehöhrgänge anarrangieren würde, dann<br />
hätte man mindestens 10 Singles. Aber: wer will das<br />
schon, es wäre doch schade um die vielen kleinen<br />
Schrägheiten dieses Albums, das da heißt: first breath<br />
after <strong>com</strong>a ..und ehrlich gesagt: es ist auch besser,<br />
wenn unsere Jüngsten sich mit Rolf und Tokio Hotel<br />
vergnügen, als kreative Menschen wie die Ashes von<br />
der Arbeit abzuhalten.<br />
Udo<br />
Ben Lee -<br />
Awake is the new Sleep<br />
(Blue Rose/Soulfood Music)<br />
Wahnsinn! In seiner Jugend Maienblüte hat der 26 Jährige<br />
Australier Ben Lee ein Album gezimmert, das so<br />
manchen etablierten Songwriter vor Neid erblassen<br />
lässt. Wieso Wahnsinn? Das haben Connor Oberst und<br />
Adam Green doch auch getan! Eben! Schaut mal, in<br />
welcher Liga die Beiden mittlerweile spielen! Da ist für<br />
Ben Lee noch jede Menge möglich, denn qualitativ ist<br />
das, was da gerade aus meinen Boxen klingt mit dem<br />
Oevre der erfolgreichen Altersgenossen durchaus vergleichbar.<br />
Nicht ganz so pathetisch wie in Omaha und<br />
nicht ganz so skurril wie in New York wird hier auf hohem<br />
Niveau musiziert und getextet. "Whatever it is" und<br />
"Apple candy" bekomme ich kaum noch aus dem Kopf.<br />
"Catch my disease" und "Gamble everything for love"<br />
haben deutliches Hitpotential ohne belanglos zu sein.<br />
"Ache for you" zeigt, wie viel man aus einer recht simplen<br />
Melodie herausholen kann, wenn man' s kann. In<br />
"Close I've <strong>com</strong>e" wird dann die Fuzz-Gitarre ausgepackt,<br />
bevor gleich im Anschluss "The debt collectors"<br />
zu Tränen rührt. Im "Beipackzettel" der Promo-Agentur<br />
steht, warum mir der Stil so bekannt vorkommt: Ben<br />
Lee hatte beim letzten Evan Dando Werk "Baby I'm bored"<br />
etliche Songbeiträge platziert. Wenn man dann<br />
noch liest, dass er zusammen mit Ben Kweller und Ben<br />
Folds die "Band of Bens" gegründet hat, sind alle Koordinaten<br />
zum Einordnen seiner Musik bekannt. Auch<br />
das Artwork ist sehr ansprechend gestaltet. Was man<br />
mit Blümchen und Strukturtapete alles anstellen kann!<br />
Im Digipack und mit Schubhülle ausgestattet bietet<br />
diese CD auch optisch mehr als so mancher Major-<br />
Release. Bleibt nur noch zu hoffen, dass Ihr dieses Meisterwerk<br />
im Plattenladen Eures Vertrauens überhaupt<br />
zu kaufen bekommt. Zur Not hilft amazon.de, wenn<br />
auch zu stolzem Preis …<br />
Mike<br />
Black Cab - Altamont Diary<br />
(Stickman/Indigo)<br />
Black Cab aus Melbourne, Australien, ist das gemeinschaftliche<br />
Projekt von ex-Foil Sänger Andrew Coates<br />
und Registered Nures Girarrist James Lee. Die Anregung<br />
für ihr Debütalbum "Altamont Diary" war das berühmt<br />
berüchtigte Altamont Speedway Konzert der Rolling<br />
Stones 1969 und der Dokumentationsfilm von 1970<br />
"Gimme Shelter". In Altamont wurde am 6. Dezember<br />
1969 beim Stones Konzert der 18-jährige Farbige Meredith<br />
Hunter von einem Mitglied der Hell´s Angels<br />
niedergestochen, während die Stones einfach weitergespielt<br />
haben. Für viele Leute haben dort die Hell´s<br />
Angels das Ende des "summer of love" verursacht.<br />
Demzufolge ist das Album natürlich einerseits eine musikalische<br />
Reminiszenz an den Sound der Endsechziger<br />
und Siebziger Jahre, andererseits eben nicht von<br />
hippieskem Tralala überfrachtet, da es ja eine tragische<br />
Geschichte zum Konzeptinhalt hat. Black Cab bear
eiten die Thematik mit modernem Psychedelic-Rock,<br />
der Elektronik integriert und in<br />
eine gewisse dunkle Melancholie gefärbt ist.<br />
Während der Opener "Summer of love" und<br />
das folgende "It´s o. k." noch recht positiv konnotiert<br />
sind, wird es mit "Angels arrive" merklich<br />
einige Grade kühler, düsterer, was durch<br />
den zunehmenden Einsatz des elektronischen<br />
Instrumentariums noch verstärkt wird.<br />
"Good Drugs" klingt zu Beginn wie ein düsterer<br />
Drogen-Trip, bis plötzlich orientalische<br />
Sitarklänge, echoende Keyboards und Publikumssamples<br />
einsetzen. Das kurze "A Killing"<br />
wird mit (afrikanischer) Percussion angereichert.<br />
In diesem Zusammenhang kann<br />
man, wenn man jetzt sehr analytisch an diese<br />
Sache rangeht, durchaus von positiven Rassismus<br />
sprechen, der hier musikalisch zur<br />
Sprache gebracht wird (remember Meredith<br />
Hunter war ein Farbiger). Das würde jetzt<br />
aber den Rahmen einer Rezension sprengen.<br />
Im über zehnminütigem "1970", dem<br />
Jahr als sich die Beatles trennten, geben sich<br />
Black Cab freier und erinnern versatzstükkweise<br />
an Motorpsycho ohne deren Klasse<br />
zu erreichen. Fazit. Ein mit wenigen Abstrichen<br />
solides Album mit schönen Melodien<br />
und einem interessanten Konzept, das um<br />
Abwechslung bemüht ist, allerdings nicht so<br />
richtig zünden mag.<br />
Christian Eder<br />
www.stickman-records.de<br />
www.interstate40music.<strong>com</strong>/blackcab.html<br />
Bleed The Dream - Bleed The Dream<br />
(DRT/Soulfood)<br />
Relaxte Emo/Punkrock-Songs, wie sie die mir<br />
bis dato unbekannten Bleed The Dream hier<br />
aus den Boxen jagen, findet man derzeit zwar<br />
häufiger. Die vier Flegel aus Baltimore haben<br />
aber den Bogen raus, mit ihren unbekümmert<br />
vorgetragenen Ohrenschmeichlern zum Mitsummen,<br />
Abtanzen und Ausrasten gleichzeitig<br />
einzuladen. Die großteils im moderat bis<br />
ordentlich harten Bereich angesiedelten<br />
Tracks überzeugen in erster Linie durch die<br />
omnipräsenten Harmoniebögen, mehrstimmige<br />
Arrangements und geile Melodien, die<br />
bereits beim ersten Durchgang Widerhaken<br />
in die Gehörgänge schmeißen. Ausnahmen<br />
hierzu bilden lediglich die beiden noisigen<br />
Nervtöter "Taste the change" und "Destroying<br />
something beautiful". Hier scheint die<br />
Band mit aller Gewalt bzw. hektischem Geplärre<br />
und disharmonischem Geschrubbe beweisen<br />
zu wollen, dass sie auch ganz sperrig<br />
kann. Völlig unnötig, da Bleed The Dream<br />
ihre Stärken in anderen Bereichen haben.<br />
Und wer bei Trommelfellmassagen wie dem<br />
klasse Opener "Legends die" oder "Just like<br />
I remember" nicht dahin schmilzt wie Nutella<br />
auf dem ofenwarmen Sonntagsbrötchen, ist<br />
musikalisch schwach begabt (Anm. d. Korr.:<br />
das wage ich zu bezweifeln).<br />
Heavy<br />
www.bleedthedream.<strong>com</strong><br />
Brigade S. -<br />
Menschenverachtende Untergrundmusik<br />
(Teenagerebel/Rough Trade)<br />
Der Titel mag andere Erwartungen wecken,<br />
hinter der "Menschenverachtenden Untergrundmusik"<br />
des Quartetts aus Wanne-Eikkel<br />
allerdings verbirgt sich nicht mehr oder<br />
weniger als deutschsprachiger Oi!Punk.<br />
Immerhin, an Selbstüberschätzung leiden<br />
Brigade S. nicht, "Ich habe es jetzt eingesehen...<br />
Wir sind immer noch arm, die Texte<br />
grottenschlecht". Dabei müssen sich die vier<br />
gar nicht mal unbedingt verstecken, zumindest<br />
nicht vor so manch anderer Oi!Punk-Kapelle<br />
und haben hin und wieder durchaus originelle<br />
Lichtblicke. Musikalisch beschränken<br />
sich Brigade S. auf unprätentiösen, schnör-<br />
kellosen und damit recht eingängigen Punkrock. Nichts<br />
Außergewöhnliches eben, aber durchaus hörbar.<br />
Arnulf<br />
www.punkrockpolizei.de<br />
Casiotone For The Painfully Alone - Etiquette<br />
(Tomlab/Hausmusik)<br />
Anstatt wie früher seine Songs nur auf batteriebetriebene<br />
Keyboards, Elektronik und gelegentliche Beiträge von<br />
Freunden zu beschränken, hat Owen Ashworth auf seinem<br />
vorliegenden vierten Release sein Heimstudio u. a. durch<br />
Piano, Orgeln, Streicher, Flöten, Pedal-Steel und echtes<br />
Schlagzeug erweitert. Prägnant für alle Tracks ist ein meist<br />
durchgehender programmierter Beat/Loop, über den verschiedenste<br />
Sounds gelegt werden sowie eine angenehm<br />
melancholische Grundstimmung. Ashworth mäandriert dabei<br />
zwischen Indie Lo-Fi, technoiden Tracks, Balladeskem,<br />
Synth Pop und Slide Guitar-Charme. Auf vier Tracks sind<br />
GastsängerInnen zu hören, wobei die Songs mit Katy Davidson<br />
(Dear Nora) am berückendsten sind. Produziert<br />
wurde "Etiquette" im Pan American Studio, im Keller des<br />
ehemaligen Bassisten von David Byrne und unter einem<br />
Zirkustrapez. Hieraus ergibt sich auch der etwas heterogene<br />
Sound, der aber niemals störend wirkt. Fazit: Zwölf<br />
melancholische ehrlich-authentische Indie-Elektro Miniaturen<br />
mit Low Fi Charme, bei denen die Gitarre allerdings<br />
eine sehr untergeordnete Rolle spielt.<br />
Christian Eder<br />
www.tomlab.<strong>com</strong><br />
CUBA MISSOURI -<br />
This Year's Lucky Charms<br />
(Make My Day/Alive)<br />
Cuba Missouri lassen aufhorchen.<br />
Zunächst ist da einmal die Stimme<br />
von Ingo Drescher, dann die kunstvoll<br />
verwobenen Arrangements, die<br />
stets wohlfeil auf den Höhepunkt zulaufen, sich dabei um<br />
Konventionen und Strukturen wenig bis gar nicht scheren,<br />
wohl aber um Spannungsbögen und Melodien. "Nobody<br />
Knows Me, Cause I am On The Run" heißt es in "Scared<br />
Of Being Awake" - wer so schön träumt fürchtet das Wachsein<br />
zu recht. Selbst der leicht zerrige Sound mit den wummernden<br />
Bässen - lasst doch die Beckmesser diese Welt<br />
reden! - scheint hier eher förderlich. "Dawn" ist ein Song<br />
für die Ewigkeit, "This Year's Lucky Charm" eine Platte ohne<br />
Ausfälle - und für mich die Entdeckung der Ausgabe. Großartig!<br />
Keule<br />
Danko Jones -<br />
Sleep Is The Enemy<br />
(Bad Taste Records/Soulfood)<br />
Mich fragt ja nie einer. Aus mir etwas schleierhaften Gründen<br />
werden Danko Jones mit kontinuierlich wachsender<br />
Begeisterung abgefeiert, wie 'ne Familienpackung Kölsch<br />
an 'nem trockenen Samstag Abend. Nicht, dass die Songs<br />
des Trios irgendwie schlecht wären - wahrlich nicht. Nur ist<br />
mir der Hype nicht erklärbar, der so tut, als würden die Kanadier<br />
hier das Geilste abliefern, was die Menschheit seit<br />
der Erfindung von Lila Pause erlebt hat. "First date" hebt<br />
sich mit seinem AC/DC-Riffing und dem arschcoolen Refrain<br />
dabei noch genauso von den anderen Tracks ab, wie<br />
das schwer melodische "When will I see you", dessen harmonischer<br />
Refrain einen glatt für dreieinhalb Sekunden zu<br />
verzaubern weiß. Danko Jones rocken anno 2006 zwar einen<br />
Hauch weniger metallisch, aber dennoch generell verdammt<br />
straight und ziemlich fokussiert nach vorne weg.<br />
Die Hooks gehen zumeist ohne Umweg in die Birne, und<br />
in ihrer ganzen Rastlosigkeit wird klar, warum die dritte<br />
Scheibe der Jungs aus Toronto "Sleep is the enemy" heißen<br />
musste. Wer auch sonst bei schnörkelloser, erdiger<br />
und annähernd wütender Rockmucke steil geht, sollte für<br />
"Sleep is the enemy" schon mal Platz im Regal machen.<br />
Wie gesagt, mich haut's nicht um. Aber mich fragt ja auch<br />
keiner.<br />
Heavy<br />
www.dankojones.<strong>com</strong><br />
Devin Townsend Band -<br />
Synchestra<br />
(InsideOut/SPV)<br />
<strong>reViews</strong> 27<br />
Du stehst mit Deiner E-Gitarre auf dem Dach eines Wolkenkratzers<br />
und beschallst mit 1.000.000 Watt die ganze<br />
Stadt. Das war sinngemäß der Eindruck, den Devin Townsend<br />
mit seinem Debüt "Ocean machine" 1997 bei mir<br />
hinterließ. So etwas prägt. Das lässt Dich nie wieder los.<br />
Aus diesem Grund hat die Faszination für den diplomiert<br />
Wahnsinnigen aus Kanada tatsächlich nie wirklich nachgelassen.<br />
Allzu schwer macht es einem der Brillenträger<br />
bei aller Komplexität ja auch nicht - schließlich sind die<br />
Scheiben aus dem Hause Townsend stets eine emotionale<br />
Achterbahnfahrt und gleichzeitig tiefer Einblick in Seele und<br />
Gemütsverfassung eines Besessenen. Da riskiert man<br />
schon mal einen zweiten Blick. Und wie sieht's diesmal<br />
aus? Der "Madman" scheint schwer ausgeglichen zu sein.<br />
Kein Wunder - nach der vertonten Brutalo-Abrissbirne<br />
"Alien" (von Townsend's zweitem Standbein Strapping<br />
Young Lad) musste ein Augleich her. Sonst platzt einem<br />
als Künstler vermutlich die Hirse. Verständlich also, dass<br />
die Devin Townsend Band für ihre Verhältnisse ruhig zu<br />
Werke geht auf ihrem mittlerweile sechsten Werk.<br />
Hochmelodischer Metal mit gelegentlichen Pegelausschlägen<br />
in höhere Dimensionen und jeder Menge Bombast<br />
rulet nach wie vor supreme. Alles wie immer also?<br />
Nicht ganz. Aber was rede ich - checkt den "Babysong",<br />
und ihr werdet feststellen, dass sich "Synchestra" von Devin<br />
Townsends letzten Veröffentlichungen abhebt. Einzigartig.<br />
Heavy<br />
Die Kassierer - Kunst<br />
(Blitzcore)<br />
Zum 20. Jubiläum gibt es nun nicht etwa ein neues Album<br />
oder eine läppische "Best of"-Compilation, nein, ganz im<br />
Gegenteil: die Kassierer, Deutschlands wohl seltsamste<br />
Band überhaupt, von meinen Freunden gehasst, von mir<br />
geliebt, lassen ihre größten Erfolge (?) einfach so nachspielen.<br />
Und da liegt das Problem. Was die Herren Bela B.<br />
und Rod als Zwei Fickende Hunde dort treiben, nervt. Mindestens<br />
so, wie die Herren der Donots oder fast jede andere<br />
Band, die sich hier daran versucht, derben Humor zu<br />
adaptieren. Ich bin mir nicht sicher, ob das überhaupt hätte<br />
funktionieren können, aber dies hier geht eben gar nicht.<br />
Wer braucht einen Mambo Kurt, der sich an "Mein Glied ist<br />
zu groß" versucht und es zwar glaubwürdig, aber eben nicht<br />
lustig "dahinlätschern" lässt? Oder gar eine drittklassige<br />
Ska-Combo, die sich nicht nur im Ska, sondern noch mehr<br />
im Lustigsein, ja, versucht? Eben. Holt eure Originale aus<br />
dem Regal und vergesst dieses Jubiläum. Bitte.<br />
Jörg Willerscheidt<br />
www.diekassierer.de<br />
DIE SCHWARZEN SCHAFE -<br />
Wir Haben Noch Lange Nicht<br />
Genug<br />
(Teenage Rebel Records)<br />
Die Düsseldorfer Deutschpunks<br />
sind Legende, und diese Legende<br />
wird nun 20 Jahre alt. Sechzehn<br />
ihrer besten Tracks haben sie nun noch mal zusammengestellt.<br />
Das Ganze gibt es als Vinyl und CD, wobei auf<br />
letzterer noch mal ganze elf "Bonustracks" sind. Der Tonträger<br />
soll weniger ein "Best of" sein als vielmehr ein repräsentativer<br />
Querschnitt der Bandgeschichte. Und man<br />
darf beim Hören konstatieren, dass DIE SCHWARZEN<br />
SCHAFE über all' die langen Jahre ihrem Stil treu geblieben<br />
sind; Songs wie "Friede Den Hütten - Krieg Den Palästen"<br />
- in jeweils einer Urversion von 1988 und einer Neuaufnahme<br />
- "Neue Rituale" (1993), "Alles Illusion" und "Der<br />
Antichrist", jeweils von 1997, zeugen ferner vom gleich bleibend<br />
hohen Niveau ihrer textlichen Darbietungen.<br />
Leo<br />
Dios (malos) - dto<br />
(Full Time Hobby/PIAS)<br />
Jedes Mal, wenn es neuen Review-Stoff gibt, stellt sich mir<br />
dieselbe Gewissenfrage: Erst Beipackzettel lesen und<br />
dann Platte hören oder doch lieber erst mal hören und dann<br />
lesen? Oder das manchmal echt öde Promo-Geschwafel
28<br />
<strong>reViews</strong><br />
lieber gleich in die bestreikte Mülltonne kloppen? Egal.<br />
Bei Dios (malos) hab ich mich jedenfalls für die Erst-lesen-dann-hören-Variante<br />
entschieden. Eine Entscheidung,<br />
die wahrhaft fiebrige Vorfreude auf das musikalische<br />
Werk der vier jungen Herren aus Hawthorne, California<br />
weckte. Mensch! Mit wem die schon alles auf<br />
Tour waren! Mit Grandaddy, den Shins, den Decemberists,<br />
den Fiery Furnances, mit Morrissey, Pretty Girls<br />
Make Graves und und und. Außerdem steht da noch<br />
geschrieben, dass Phil Ek als Produzent diente. Der<br />
Mann also, der schon mit solchen Ikonen wie Modest<br />
Mouse oder Built To Spill zusammenarbeitete und das<br />
letzte Shins-Album regelte. Diese Platte MUSS also<br />
einfach super gut und einzigartig sein, oder!? Zumal da<br />
ja auch noch was von Lofi-Wurzeln und so steht.<br />
Und.....dann.....Hausmannskost. Schnitzel mit Pommes<br />
und Jägersoße extra, wenn man welche will. Gut.<br />
Würzig-aromatisch. Sehnenfrei und ohne Knochen.<br />
Pop halt. Nett und manchmal mit 60's-Touch. Stellenweise<br />
etwas ausufernd und dann wohl am ehesten an<br />
die seligen Grandaddy erinnernd. Aber leider klingt das<br />
Ganze halt ziemlich clean und leblos; wie mit großer<br />
Geste dahingeworfen und dann mit einer grobschlächtigen<br />
Feile aller Ecken, Kanten und damit leider auch<br />
jeglicher Größe beraubt (mit Ausnahme von Song No.<br />
12 "Old field recordings"). Klar, die Songs sind schön,<br />
rund und ab und an ist man schon etwas ergriffen. Aber<br />
eben nicht in dieser Weise, wie das ergreifende Musik<br />
bewirken sollte; sondern eher so, wie wenn man den<br />
"Du-bist-Deutschland"-Clip sieht... Aber vielleicht wäre<br />
ja alles anders gelaufen, hätte ich diesen scheiß Promo-<br />
Zettel wirklich von vorne herein ignoriert. Dann wäre<br />
diese Platte wahrscheinlich um einiges besser weggekommen,<br />
weil nicht diese vermaledeite Erwartungshaltung<br />
auf ihr gelastet hätte und ich könnte sagen: "Was?<br />
Dios? Ja klar. Ganz okay'ne Band, echt!"<br />
Jochen Wörsinger<br />
www.diosmalos.<strong>com</strong><br />
Earthride - Vampire Circus<br />
(Southern/Soulfood)<br />
Place Of Skulls - The black is never far<br />
(Exile On Mainstream/Soulfood)<br />
This is Doooom as fuck! Pure Maryland Doom for the brotherhood of music!<br />
"Vampire Circus" ist Earthrides zweites Full-Length Album und ist ein<br />
wunderbar rauer, räudiger Bastard aus Saint Vitus, The Obsessed und<br />
Internal Void mit lemmyesken Vocals, bei dem jeder Urdoomer feucht im<br />
Schritt werden muss. Maryland ist ja seit längerer Zeit schon das Mekka<br />
(hoffentlich gibt das jetzt mal keine Probleme…) für alle Doomsters, hat<br />
es doch u. a. Pentagram, Internal Void, Spirit Caravan, Wretched und Unorthodox<br />
hervorgebracht. In dieser Tradition bewegen sich auch Earthride.<br />
"Vampire Circus" bietet direkte Riffs, einen schmutzigen Distortion-<br />
Bass, die so oft zitierte whiskeygetränkte Stimme, gelegentliches Uptempo,<br />
ein präzises Schlagzeug, kurze Soli, alles was ein Doomalbum<br />
braucht. Bei den Tracks "Dirtmap" und "Swamp Witch" ist als Gastmusiker<br />
Mick Schauer von Clutch an der Hammond zu hören. Insgesamt entgeht<br />
dieses Album durch diverse Sounddetails und ein kleines über den<br />
Rand blicken, wie eben der Hammond Einsatz, ein ruhiges Interlude etc.,<br />
der Einseitigkeits- und damit Langeweile-Falle, der manch andere Doom-<br />
Bands unterliegen. Das alles ist auch noch sehr optimal von Corrosion<br />
Of Conformitys Mike Dean produziert, der es neben der Rauheit nie an<br />
der nötigen Transparenz im Sound mangeln lässt. Fein.<br />
Place of Skulls ist die Band um Gitarrist Victor Griffin der legendären Pentagram.<br />
Mit "The black is never far" präsentiert er uns sehr klassischen,<br />
etwas pathetischen Doom-Metal, der mir persönlich zu sauber und klinisch<br />
produziert ist. Auch Place Of Skulls sind um Abwechslung bemüht,<br />
bei ihnen bleibt es aber oft beim ‚gut gemeint'. Hier ein paar akustische<br />
Passagen, da ein etwas bemühter Drumbreak. Auf Albumlänge orientieren<br />
sie sich doch zu sehr an altbewährten Rock-Patterns. Gegen Ende<br />
kommt mit einem kurzen Saxophoneinsatz in "Lookin´ for a reason" wieder<br />
etwas Leben in "The black is never far". Man kann es also durchaus<br />
als solide bezeichnen, ohne dass dies als Beleidigung gemeint ist. Alles<br />
in allem sind Place Of Skulls aber sehr auf eine klassische Herangehensweise<br />
fixiert. Aber genau das könnte natürlich auch notorische Genrefans<br />
ansprechen.<br />
Christian Eder<br />
www.southern.net<br />
www.mainstreamrecords.de<br />
East West Blast Test -<br />
Popular Music For Unpopular People<br />
(Ipecac/Southern/Soulfood)<br />
Grindcore war immer interessant, aber so richtig ernst<br />
nehmen konnte man ihn nie. Begründet liegt dies wohl<br />
in der ihm eigenen nahezu grotesken Radikalität bzw.<br />
der "fast schon parodistische(n) Übersteigerung des<br />
Hardcore" wie Martin Büsser es einmal genannt hat.<br />
East West Blast Test klingen auf "Popular Music…" wie<br />
eine herrlich absurde Variante von Grindcore, Schräglage<br />
inkludiert. Sind also die parodistische Übersteigerung<br />
der grotesken Radikalität. Das Duo, bestehend<br />
aus Chris Dodge und Dave Witte, klingt, als würden Melt<br />
Banana mit Mr. Bungle und einer völlig unernsten Version<br />
von Napalm Death und Phantomsmasher jammen,<br />
zwischendrin eine räudige Hardcoreband covern und<br />
das alles durch den Elektro- und Experimentalwolf drehen.<br />
Gefällt.<br />
Christian Eder<br />
www.southern.net<br />
ELIZIUM - Angel Of Mistrust<br />
(STF/M-System)<br />
Bei dem ganzen Schrott, der einem zur Zeit aus dem<br />
Bereich "Düsterrock/Gothic" über die Ohren läuft, überraschen<br />
die Niederländer von ELIZIUM positiv; schwebende<br />
Keys, Gitarren mit typischer "Metalsäge", angenehmer<br />
Gesang, Texte mit viel Poesie - "Angel Of Mistrust"<br />
ist äußerst gelungen! Zwar steht mir persönlich<br />
die getriggerte Snare ein wenig zu weit im Vordergrund,<br />
aber ich muss zugeben, dass man da auch anderer Meinung<br />
sein darf … Elizium arbeiten sound- und kompositionstechnisch<br />
auf hohem Niveau, und ich bin gespannt,<br />
zu welchen Leistungen diese Band in der Zukunft<br />
noch fähig sein wird.<br />
Leo<br />
Hall / Renaldo / Hooker -<br />
Oasis of whispers<br />
(Alien8Recordings/Hausmusik)<br />
Dieses Live-Set wurde in Buffalo, New York im September<br />
2001 aufgenommen und stellt den ersten Output<br />
dieser Formation dar. Diese besteht aus Lee Renaldo<br />
von Sonic Youth an Gitarre, Audio-Collagen und<br />
Effekten, Free-Jazz Legende William Hooker an den<br />
Drums und dem Multi-Instrumentalisten Glen Hall am<br />
Tenor- und Sopransaxophon sowie verschiedenen Flöten,<br />
Bassklarinette und Percussion. "Oasis of whispers"<br />
bringt Freien-Improv, kurz Klassisches, wilde Freak-<br />
Outs und Sax in absoluter Schräglage genauso wie verhaltene,<br />
zurückgenommene Momente, die mit wenigen<br />
Effekten verziert werden, wo das Schlagzeug "flüstert".<br />
Es beginnt pubertär wild, wird dann aber im dritten Track<br />
mit einer Coverversion des Sonny Rollins Tracks "Blue<br />
seven" fast klassisch jazzig. Im nächsten knapp 17 minütigen<br />
"Conference hall" bricht sich die Pathologie<br />
Bahn. Hall, Renaldo und Hooker zelebrieren hier eine<br />
von Soundsamples völlig verwirrte freie Improvisation.<br />
Die hintergründigen Stimmen mehren sich im Verlauf,<br />
der Sound verdichtet sich, enervierende Momente folgen<br />
Stadien von relativer Stille. Ähnlich verstörend sind<br />
die folgenden Tracks. Psychedelisches Saxquäken,<br />
freie, treibende Drums, irgendjemand skandiert unverständliche<br />
Worte, manische Introversion. Mit dem Titeltrack<br />
an achter Stelle folgt das Zurückwerfen auf die<br />
Stille, auf eine vermeintliche Normalität, ein beruhigendes<br />
Zurechtfinden, das aber fassadenhaft ist. Im Endtrack<br />
"Blow" wird uns die Wut über unsere eigene Unzufriedenheit,<br />
die wir nicht gerne zugeben wollen, um<br />
die Ohren geblasen. Ein abwechslungsreiches, anspruchsvolles,<br />
freies und energetisches Jazzalbum für<br />
aufgeschlossene Gemüter, das man aber schon wirklich<br />
mögen muss.<br />
Christian Eder
Hassle Hound - Limelight Cordial<br />
(Staubgold)<br />
Wenn einem ein Album schon im ersten Track mit einem<br />
gesampleten Pferdewiehern begegnet, muss man<br />
es einfach mögen. Mit Jane´s Addiction, die ja auch einmal<br />
recht prägnant Hundegebell eingebaut haben, haben<br />
Hassle Hound aber so gar und überhaupt nichts<br />
gemeinsam. Hassle Hound erinnern vor allem an<br />
Etienne Charry (falls den denn jemand kennt), gelegentlich<br />
Eels-Grooves, sind "Collagetronica", Why? mit<br />
einem sehr weiten Sinn für Sounds, verweisen ein klein<br />
wenig an frühe Ween oder auch an Beck, wenn er nicht<br />
immer den Loverbay-Kommerz denken würde. Man erinnere<br />
sich hierbei an seinen herrlich schrägen Track<br />
mit der Zeile "MTV makes me wanna smoke crack, flying<br />
out the window and never <strong>com</strong>ing back". Hassle<br />
Hound nehmen sich was sie brauchen oder für interessant<br />
befinden und rekonfigurieren, kontextualisieren<br />
es in ihren eigenen (Pop)Soundkosmos. Sie spielen liebevoll<br />
mit Klängen, basteln aus Kleinigkeiten Kleinode<br />
und überschreiten Genres ohne jemals zu konfrontieren.<br />
Jazzig abgestürztes Piano, Elektronik, Akustik-Gitarren,<br />
dumpfe menschliche Töne, Country-Gitarre, Telefontöne,<br />
Pluckern, Samples, alltägliche Zwischenaufnahmen.<br />
Wo auch immer sie all diese kleinen Kuriositäten<br />
gesammelt haben, wie all diese kleinen liebevollen<br />
Soundspinnereien eingewoben werden, das<br />
hat wirklich Klasse. Alles fügt sich so interessant-verwegen,<br />
leicht schief-harmonisch in ihren Sound ein.<br />
Wunderbares Alltagsklangbasteln. Sogar eine Opernsängerin<br />
passt sich in "O Baba Piano" ein. Im Sinne von<br />
Wohnzimmerbasteln und Individualcharakter strahlt<br />
"Limelight Cordial" durchaus einen Lo-Fi Charme aus,<br />
auch wenn das hier zu gut produziert ist. Das ist naiver<br />
(Pop)Sound im allerbesten Sinne, der eine immanente<br />
Neugier impliziert, einen vorbehaltlosen Umgang mit<br />
dem bestehenden, der ohne Scheuklappen und Berührungsängste<br />
auf Entdeckungsreise geht. Ein charmant-nerdiges,<br />
groovig-unaufgeregtes Indiesampletronik-Album.<br />
Christian Eder<br />
www.staubgold.<strong>com</strong><br />
James Apollo - Good Grief<br />
(Aquarium Records/RADAR)<br />
James Apollo ist Singer/Songwriter, dazu noch einer<br />
von den "Guten". Hauptnenner ist Alt.Country (das<br />
schreibt man jezz so, hab ich irgendwo gesehen), der<br />
elegisch, fein, wesentlich und auch mal schön reduziert<br />
stattfindet. Dann scheint da noch eine gehörige Portion<br />
Nick Drake durch, zumindest fühlt es sich so an. Sehr<br />
persönlich, intim und nahe an einem dran, so können<br />
des Apollos Songs charakterisiert werden. Dicht instrumentiert<br />
Songs wechseln sich mit luftigen reduzierten<br />
Stücken ab. Wer das sechste Lied "Long Rope"<br />
anhört, hat den Querschnitt der Platte vor sich: Ruhig,<br />
Steel Pedal, mit Ausbruch zum Schluss hin. Dann noch<br />
den nächsten Song ("Mercenary Tango") mitnehmen<br />
und mit dem Kopf im Tangorhythmus mitwippen. Und<br />
wer sich dann wohlfühlt, kann bedenkenlos zugreifen<br />
bzw. wird die Platte eh nicht im Regal stehen lassen.<br />
Ein lauer Abend auf der Veranda, Wüste im Sinn, Sonnenuntergang<br />
im Auge, Kippe im Mundwinkel und Whiskey<br />
den Rachen runter; so fühlt sich das hier an. Und<br />
Nick Drake auf Country, ich bleib dabei.<br />
Auch für James gilt, wie ihr es später beim Rezi zu Barzin<br />
lesen werdet: er dürfte sich mit Calexico, Iron&Wine,<br />
Friends of Dean Martinez, Giant Sand u.a. in bester Gesellschaft<br />
befinden! Alle anderen, denen diese Namen<br />
was (positives) sagen, auch!<br />
Matthias Horn<br />
www.jamesapollo.<strong>com</strong><br />
www.aquariumrecords.<strong>com</strong><br />
Kate Mosh -<br />
Breakfast Epiphanies<br />
(Nois-O-Lution/Indigo)<br />
Kate Mosh etablieren sich mit "Breakfast Epiphanies"<br />
entgültig als eine der heißesten, relevantesten und<br />
auch eigenständigsten Bands des deutschen Underground<br />
und vollziehen dabei leichten Fußes den Schritt<br />
hin zu mehr Eingängigkeit. Das soll jetzt jedoch nicht<br />
bedeuten, dass die elf Songs der Platte leichte Kost wären.<br />
Eingängigkeit meint hier vielmehr, dass Kate Mosh<br />
erkannt haben, dass Kompaktheit, Präzision und dichtes<br />
Arrangement das kleine Einmaleins des Songwritings<br />
darstellen. Also braucht "Breakfast Epiphanies"<br />
schon den ein oder anderen Hördurchlauf, damit dem<br />
geneigten Hörer die ganze Tiefe des Dargebotenen gewahr<br />
wird. Hat man sich jedoch erst mal auf die Sache<br />
eingelassen, wird man belohnt mit wunderbaren Melodien,<br />
die - einerseits getränkt mit Drive und einer unbändigen<br />
Kraft - auch von einer undefinierbaren, latent<br />
vorhanden Melancholie getragen werden. Kate Mosh<br />
haben sich ihr eigenes Universum zurechtgelegt, in<br />
dem teils derbe Breaks, Noise, Wave, klassischer Indirock<br />
und auch Pop keine Gegensätze darstellen und<br />
klingen dabei, als hätten The Notwist ganz viel The Cure<br />
gehört und dabei beschlossen, nicht nur noch Live richtig<br />
rocken zu wollen. Schon alleine wegen Songs wie<br />
"U Is The Loneliest Letter" oder "A Beautiful Mistake"<br />
müsste man den vier Berlinern einen Schrein bauen.<br />
Jochen Wörsinger<br />
KOMASUE - Insanity<br />
(STF/M-System)<br />
Der Name "Komasue" ist mir irgendwann mal auf einem<br />
der älteren FinestNoise-Sampler begegnet; ich<br />
hatte die Band allerdings deutlich poppiger in Erinnerung<br />
… das, was ich auf "Insanity" höre, kommt mit mehr<br />
Schwung daher und ist eher als klassischer "Emo" zu<br />
bezeichnen. Die CD ist gut produziert, vor allem die Gitarren<br />
und der Gesang fallen positiv auf, ohne dass der<br />
"Rest" abfiele. Besonders gelungen sind "My Time" und<br />
das baladeskere "Not Alone"; nicht, dass die Band das<br />
Ende der Fahnenstange musikalischer Entwicklung bereits<br />
erreicht hätte, da ist noch Luft nach oben. Das, was<br />
auf "Insanity" allerdings in Töne gefasst wurde, ist äußerst<br />
vielversprechend und lässt auf mehr hoffen. Da<br />
wächst was heran!<br />
Leo<br />
Merz - Loveheart<br />
(Grönland)<br />
Ok, eigentlich habe ich mir das aktuelle Merz-Album ja<br />
nur bestellt, weil Neu! auf dem gleichen Label erschienen.<br />
"Loveheart" liegt dagegen weitaus schwerer im<br />
Magen und hat mit traditionellem Krautrock herzlich wenig<br />
zu tun. Bereits Ende der 90er als ganz großes Ding<br />
gefeiert und von Chris Martin mehrfach in den Himmel<br />
gelobt, meldet sich Conrad Lambert nun mit dem düster-verhaltenen<br />
Elektro-Folk-Album "Loveheart" zurück<br />
und erinnert dabei teils an echt englischen Arbeiter-Zechenrock,<br />
wie er bei I am Kloot seit Jahren an der<br />
Tagesordnung steht, gepaart mit sperriger Elektronik<br />
und reichhaltiger Instrumentierung.<br />
Doch tatsächlich steckt wesentlich mehr dahinter: Etwas<br />
ganz Besonderes, wie es bei "Postcard from a dark<br />
star" oder dem gesanglich an Thom Yorke angelegten<br />
"My name is sad and at sea" deutlich wird, jedoch mit<br />
dem mager-einfallslosen "Warm cigarette room" kurz<br />
darauf gänzlich über Bord geht. Merz ist eben wechselhaft.<br />
Und in meinen Augen hätte man mit waghalsigen<br />
Synthie-Flächen gern etwas sparsamer umgehen<br />
können.<br />
Torge Hüper<br />
www.merz.co.uk<br />
www.gronland.co.uk<br />
Mew - …And The Glass Handed Kites<br />
(Red Ink/Rough Trade)<br />
Wir kennen uns beileibe nicht lange. Und vielleicht war<br />
es auch nur das surreal schöne "Special", das mich auf<br />
diese Reise gebracht hat, die ich mir eigentlich seit der<br />
letzten Sigur Rós nie wieder auferlegen wollte. Aber so<br />
ist es nun mal. Bist du einmal drin, kommst du nie wieder<br />
raus - es sei denn du bist Snake Plissken. Was dieses<br />
Album alles kann, was es mit dir anstellt, wenn du<br />
dich erst einmal darauf einlässt, ist schon mehr als beachtlich.<br />
Es beginnt mit den ersten Tönen dich zu tragen.<br />
Langsam aber stetig eröffnet es dir eine Welt, die<br />
von dunkel zu schwarz und von dort zum sprichwörtlichen<br />
Abgrund führt. Eine Platte voller LSD und dem<br />
<strong>reViews</strong> 29<br />
Gefühl nach dem Trip. Nur gibt es da diesen kleinen,<br />
nicht zu unterschlagenden Unterschied: Spätestens<br />
nach dem elegischen "Apocalypso" wird dir klar, dass<br />
der Trip auf gar keinen Fall zu Ende ist, sondern gerade<br />
erst beginnt. Da sind die "White Lips", die dich küssen<br />
und eine Frau namens "Louise, Louise". Ob es ihre Lippen<br />
sind, an denen man unweigerlich hängen bleibt<br />
oder doch nur die des irgendwo in den Untiefen dieser<br />
Platte herumschleichenden Monsters? Ich weiß es<br />
nicht. Vielleicht beim nächsten Mal. Press "Start"<br />
again…<br />
Jörg Willerscheidt<br />
www.rough-trade.de<br />
Mew - And the glass handed kites<br />
(Red Ink/Rough Trade)<br />
Noch in unserer letzten Ausgabe konnten ein, zwei<br />
Prog-Rock-Veröffentlichungen nur sehr schmale Begeisterung<br />
erzeugen und prompt kommt dieser komische<br />
Vogel namens Mew hier reingeflattert... Wenn man<br />
über die Band liest, erfährt man, dass sie ähnlich wie<br />
Kashmir in ihrer Heimat Dänemark und überhaupt in<br />
Skandinavien und England bereits Stars und awardverwöhnt<br />
sind. Sie macht nicht wirklich Prog-Rock; vielmehr<br />
dürfen wir eine neue Schublade beschriften und<br />
versuchen das mal mit Alternative-Prog oder Post-<br />
Prog. Immerhin ist "and the glass handed kites" ein Konzeptalbum,<br />
das ganz im Sinne der progressiven Tradition<br />
weitestgehend auf Stille zwischen den einzelnen<br />
Titeln verzichtet. Beim ersten Test entziehen sich die<br />
Strukturen der Songs dem Hörer erst mal, weil alle<br />
Songs ähnlich instrumentiert sind und sich auch charakterlich<br />
recht ähnlich sind. Es gibt ausgesprochen<br />
süßliche, gerne mit Falsett - Stimme vorgetragene Melodien,<br />
vertrackte Rhythmen und unmaskierten Bombast<br />
aus Synthies und Chören bis zum Abwinken. Als<br />
gesund und knackig fällt der Bass-Sound auf. Der Song<br />
Nummer fünf "Apocalypso" bleibt nicht nur wegen des<br />
netten Titels auch schon beim ersten Mal hängen. Diesen<br />
Refrain muss man hassen oder lieben - liebt man<br />
ihn schnappt die Schelle um das Handgelenk... So wie<br />
bei einem Kumpel, der über Wochen in der Kneipe immer<br />
mal wieder aufgestanden ist und meinte, er wäre<br />
gleich wieder da. Es ging aber nicht auf die Toilette, sondern<br />
ins Auto, wo mehrmals nacheinander dem Song<br />
gelauscht wurde, bevor die nächste Stunde Gespräch<br />
ertragen werden konnte. Dieser Ohrwurm meint es<br />
schon ernst und obwohl nicht jeder einzelne Song im<br />
Gefüge des Albums glänzen kann, kommen nach mehrmaligem<br />
Hören immer mehr dazu. Unter dem Strich<br />
bleibt eine wirklich ungewöhnliche Platte übrig, die man<br />
tatsächlich anhören muss, um sie zu mögen. Das ist<br />
nichts für nebenher.<br />
Marcel v.d. Weiden<br />
www.mewsite.<strong>com</strong><br />
Mob - We All Repeat The Past<br />
(bluNoise/Tumbleweed/Al!ve)<br />
Nachdem das zweite Album der Dänen Mob "I Believe<br />
In Bou" (siehe nN Nr.5) schon für einen ordentlichen<br />
Achtungserfolg in der Szene gesorgt hatte und sie diesen<br />
2003 als Support von Blackmail auch live in<br />
Deutschland untermauern konnten, folgt jetzt Album<br />
Nummer drei, auf dem die Band ihren Stil beibehält und<br />
zugleich verfeinert. Was Mob ungewöhnlich macht, ist<br />
der Moment, in dem mitten im melancholisch ausufernden<br />
Noise-Epos eine ungeahnte Eingängigkeit<br />
ausbricht und sich im Ohr festsetzt. Dies geschieht häufig<br />
in Form eines Pathos, der - weiß der Teufel wie - ein<br />
wenig an Placebo erinnert, was ich von der Platte an<br />
sich auf keinen Fall sagen würde. Mob sind eine Noise-Band<br />
und haben nicht Single Nummer eins und Single<br />
Nummer zwei, sondern eine tolle Platte mit tollen<br />
Songs ohne Single. Soviel zum Placebo-Vergleich.<br />
Unterschiede zu "I Believe In You" wären der deutlich<br />
zwingendere Sound - aus Dänemark ist man extra nach<br />
Troisdorf bei Köln gereist, um - Sie ahnen es schon -<br />
bei Guido Lucas in der bluBox aufzunehmen. Der hat<br />
einen Sound gedreht, der zwar dicht, aber weder altnoisig/matschig<br />
noch kalkuliert "fett" klingt. Ein Sound<br />
der sicher nicht zu jeder Band passen würde, hier aber<br />
den nach wie vor äußerst ausufernden Kompositionen<br />
einen guten Dienst tut. Auch das Songwriting an sich
30<br />
hat zugelegt: Ist auf dem Vorgänger der ein oder andere<br />
Spannungsbogen schon mal den Bach runtergegangen,<br />
kommt auf "We All Repeat The Past" auch alles<br />
an, was losgefahren ist. Wo ich sie jetzt gerade noch<br />
mal höre, bin ich regelrecht begeistert.<br />
Live haben Mob an guten Tagen schon die seelische<br />
Reinigung des Publikums hinbekommen, mit "We All<br />
Repeat The Past" ist ihnen der musikalische Vollwaschgang<br />
auch auf Konserve gelungen. Sollte man<br />
bei miesem Wetter mit Windstärke 7 bis 9 gemäß der<br />
Beaufort-Skala auf einer Luftmatratze treibend in der<br />
Mitte eines möglichst großen Ozeans genießen. Aber<br />
nicht der Versicherung erzählen!<br />
Marcel v.d. Weiden<br />
www.mobsite.dk<br />
Mogwai - Mr Beast<br />
(PIAS Recordings)<br />
<strong>reViews</strong><br />
Es tut richtig weh, dabei zuzusehen, wie sich die Guten<br />
allmählich, einer nach dem anderen, verabschieden.<br />
Mogwai gehören wohl kaum zu den Pseudointellektuellen,<br />
schwafeln nicht stundenlang über einen einzigen<br />
Ton oder die Schönheit, Weite und Ruhe der nordischen<br />
Landschaften. Sie machen einfach. Und das<br />
ist gut so. Ganz sicher ist es der richtige Weg, sich vom<br />
allseits bewährten und inzwischen massenhaft kopierten<br />
Laut-Leise-Konzept zu verabschieden. Und ganz<br />
sicher liegt der Maßstab bei dieser Band deutlich höher.<br />
Aber das hier… Es grenzt keineswegs an Unverschämtheit,<br />
mit "Glasgow mega snake" einfach mal was<br />
wegzurocken, mit "Acid flood" auf Jimmy Lavalles' letztes<br />
Album "In a safe place" anzuspielen oder mit "We-<br />
're no here" in Ansätzen dann doch wieder das eigens<br />
abgelegte Dynamikspielchen zu betreiben. Was fehlt,<br />
ist der Moment. Die Schönheit, wofür Mogwai über die<br />
Jahre ausschließlich ein gutes Händchen bewiesen und<br />
mit dem experimentell durchdachten Vorgänger "Happy<br />
songs for happy people" eine wunderbare Vorlage<br />
schufen.<br />
Das Gute an "Mr Beast" sind dann letztendlich doch<br />
wieder die Rückschritte, das getragene "Team handed",<br />
wie es beinahe auf "Come on, die young" hätte Platz<br />
finden können, das gleichermaßen melancholische wie<br />
freundlich lächelnde, vom Klavier getragene "Friend of<br />
the night", wie es in Auszügen auch auf "Happy songs<br />
for happy people" hätte erscheinen können oder der<br />
marschierende Opener "Auto rock", den Sigur Rós erst<br />
kürzlich auf "Takk" abdeckten.<br />
Ein mittelmäßiges Album für diese Band, ein Ausrutscher.<br />
Hoffentlich.<br />
Torge Hüper<br />
www.pias.<strong>com</strong><br />
MoHa! - Raus aus Stavanger<br />
(Rune Grammofon/Cargo)<br />
Chicago Underground Duo -<br />
In praise of shadows<br />
(Thrill Jokey/Rough Trade)<br />
Das Duo MoHa! besteht aus<br />
Anders Hama an der Gitarre, der u. a. noch bei Noxagt,<br />
Jaga Jazzist und Ultralyd spielt, sowie Morten Olsen,<br />
studierter Schlagzeuger, auch bei Ultralyd und umtriebiger<br />
Kollaborateur mit Größen wie Fred Frith, Axel Dörner,<br />
Didi Bruckmayr, Michael Moore etc. "Raus aus Stavanger"<br />
klingt, dem Titel folgend, wirklich wie eine Flucht<br />
nach vorne. Nach einem einleitenden knarzenden Experimental-Improv<br />
Track geht es mit "B1" (sämtliche<br />
Tracks sind ähnlich betitelt: "C7", "B5" usw.) rasend noisejazzig<br />
nach vorne los. Aufgebrachte Drums mit treibender<br />
Doublebase duellieren sich mit einer Distortion<br />
Gitarre, der man den Noise(rock)-Background anhört.<br />
Diese beiden Stücke bilden auch in etwa den Soundrahmen<br />
dieses Albums, d. h. es gibt brüchige Avant-Improv<br />
Jams und treibende, noisig-verspielte "Jazz"-<br />
Tracks, die mit Elektroversatzstücken angereichert<br />
werden. Das alles live im Studio eingespielt, ohne Overdubs.<br />
Hier zeigen zwei junge Musiker den Ausweg aus<br />
dem stagnierenden Jazzcoregenre, indem sie weit weit<br />
über den Rahmen hinausgehen und mit viel Energie<br />
und Leidenschaft an die Sache rangehen. Den interviewten<br />
Talibam! nicht ganz unähnlich.<br />
Das ehemals Chicago Underground Trio ist seit einigen<br />
Alben zum Chicago Underground Duo geschrumpft. Ein<br />
weiteres interessantes jazziges Two-Piece, das sich auf<br />
seinem neunten Release wieder mehr Freiheiten nimmt<br />
und den Fokus eher auf Improvisation und Experimente<br />
legt. Das CUD agiert dabei alles in allem aber sehr zurückgelehnt,<br />
also sanft experimentell ohne extreme atonale<br />
Konfrontationen. Mit einem vielfältigen Instrumentarium<br />
aus Drums, Cymbals, Kornett, (präpariertem) Piano,<br />
Harpsichord, Percussion, (präpariertem) Vibraphon,<br />
Celesta, Orgel u. a. schaffen sie ein interessantes<br />
und abwechslungsreiches Album, das trotz allem<br />
recht homogen wirkt.<br />
www.runegrammofon.<strong>com</strong><br />
www.thrilljockey.<strong>com</strong><br />
Monno - Error<br />
(Conspiracyrecords)<br />
Christian Eder<br />
Noise, Feedback, Elektroterror, Noise, Wolf Eyes, Noise,<br />
Ausbruch, Katharsis, Noise, Lightning Bolt, Noise,<br />
Konfrontation, akustisches Nasenbluten, Abdrehen und<br />
Straight-forward Drums, Noise. Drums, Laptop, Electric<br />
Sax, Bass und manische Schreie aus dem Off. Eigentlich<br />
ist hiermit alles gesagt. Wer Wolf Eyes geniales<br />
"Burned Mind" Album liebt, der findet mit Monno ein<br />
adäquates Surrogat bis zum nächsten Album der Band.<br />
Wäre fast zum Highlight geworden, wäre da nicht die<br />
doch verbesserungsdürftige Aufnahmequalität und<br />
wäre da nicht die neue Todd dazwischengekommen.<br />
Ein herrlich abgefucktes, brachiales Noisekonstrukt.<br />
Absolute Empfehlung!<br />
Christian Eder<br />
www.soundimplant.<strong>com</strong>/monno<br />
Monochrome - éclat<br />
(Stickman Rec./Indigo)<br />
Obwohl es auch im Info steht, hört man auch ohne Hinweis<br />
die Hard/Emocore Vergangenheit von Teilen dieses<br />
Stuttgarter/Baseler/Berliner Sextetts durch dessen<br />
(Indie -, Post -) Pop hindurch. Der Sänger lässt sich das<br />
gefühlige Schreien nicht gänzlich nehmen, und der<br />
Schlagzeuger scheint manchmal so richtig losdreschen<br />
zu wollen. Was nach Überdrehung klingen mag, funktioniert<br />
aber sehr gut. Die Band gibt's schon ewig mit<br />
immer neuen Gesichtern - soundmässig sowie personell.<br />
Solide Musiker, die eindeutig schon einige Generationen<br />
"weniger ist mehr" durchexerziert haben und<br />
in dieser aktuellen Generation einen ziemlichen Idealwert<br />
für ihren Style erreicht haben. "éclat" überzeugt vor<br />
allem durch die Kombination der relaxten, schlicht schönen<br />
Damen-Gesänge, die sich mit ihrem emotionalen,<br />
männlichen Gegenpol über jedes "Band mit Frauengesang"-Klischee<br />
hinwegsetzen. Nicht alle Songs können<br />
den hohen Standard der "Hits" zu Beginn des Albums<br />
halten und der Rezensent fährt persönlich nicht so ganz<br />
auf den zugegebenermaßen sehr gelungen präsen
tierten Style ab. Sehr à la mode und zugleich auch<br />
irgendwie sehr deutsch. Deutsch will er aber nicht sein:<br />
es wird ja auch hauptsächlich englisch und sogar un<br />
tout petit peu en français gesungen - man ist halt Kosmopolit.<br />
Trotzdem funktioniert das auch über die Grenzen<br />
der Zielfrisuren pardon -gruppe hinweg.<br />
Marcel v.d. Weiden<br />
www.monochromepopgroup.<strong>com</strong><br />
Moodorama -<br />
Mystery in a cup of tea<br />
(Audiopharm/SPV)<br />
Brazilectro, Café del Mar… Moodorama waren in den<br />
letzten Jahren auf jedem erdenklichen Großstadt-Sampler<br />
von Rang und Namen vertreten. Der ganz heiße<br />
Scheiß eben. Aber mal ehrlich: Moodorama sind eine<br />
Klasse für sich und umschiffen auf dem Mitte 2005 erschienenen<br />
"Mystery in a cup of tea" gewohnt gekonnt,<br />
vorsichtig sowie einfältig das Beste aus Downbeat,<br />
Lounge und NuJazz. Ganz so hitmäßig wie "Listen" fällt<br />
der Nachfolger dann zwar nicht aus, trotz alledem:<br />
"Walk on by" oder "Southward delight" sind im Bezug<br />
auf Soundauswahl und Arrangement soweit zurechtgeölt<br />
und bedacht konstruiert, dass die gesamte Downbeat-Sparte<br />
getrost geschlossen und zu den Akten gelegt<br />
werden kann. Hier krampfhaft nach irgendwelchen<br />
Schwachstellen zu suchen, erübrigt sich, denn, so ungern<br />
ich es auch gestehe, es gibt sie einfach nicht. Besser<br />
geht`s wohl nicht. Zumindest in diesem Bereich.<br />
Bleibt lediglich zu hoffen, dass sich Moodorama nun<br />
endlich einmal trauen, von der sicheren Seite abzuschweifen<br />
und etwas zu riskieren. Doch das wage ich<br />
zu bezweifeln. Leider…<br />
Torge Hüper<br />
www.audiopharm.<strong>com</strong><br />
Motorpsycho - Black Hole/Black Canvas<br />
(Stickman Records/Indigo)<br />
Von einer wirklichen Auszeit zu reden wäre wohl etwas<br />
übertrieben, deutlich ruhiger aber ließen es Motorpsycho<br />
in den vergangenen zwei, drei Jahren durchaus angehen.<br />
So brachte die Band lediglich im Rahmen der<br />
"In The Fisktank"-Serie eine Session mit der Jagga Jazzist<br />
Horn Session sowie das "Motorpsycho presents<br />
The International Tussler Society"-Album auf den Markt<br />
und kümmerte sich ansonsten um die Wiederveröffentlichung<br />
einiger älterer Werke wie der legendären<br />
"Timothy's Monster"-Vinylbox.<br />
So sind es denn annähernd vier Jahre, dass es zuletzt<br />
wirklich Neues von der Band zu hören gab, was "Black<br />
Hole/Black Canvas" allerdings schnell verschmerzen<br />
lässt. Denn die Pause, die sich die Band gegönnt hat,<br />
soviel ist schnell klar, war eine sinnvolle. Hinterließen<br />
Motorpsycho mit dem 2002 veröffentlichten "It's A Love<br />
Cult" noch einen etwas zwiespältigen Eindruck, besinnen<br />
sich die Norweger mit ihrem neuen Werk alter Stärken.<br />
Nicht nur aufgrund des Umfangs - "Black Hole-<br />
/Black Canvas" erscheint als Doppel-Album - weckt dieses<br />
Erinnerungen an alte Großtaten wie "Trust Us".<br />
Spielfreudig wie lange nicht mehr, mal ganz ruhig, mal<br />
in überraschender Geschwindigkeit und damit nicht nur<br />
äußerst abwechslungsreich, sondern völlig unberechenbar<br />
präsentieren sich Motorpsycho plötzlich wieder<br />
und ergehen sich dabei auch endlich wieder in<br />
Songs, die jeglichen zeitlichen Rahmen sprengen und<br />
seit jeher zu den besten der Band zählten. Dass Motorpsycho<br />
seit einiger Zeit zum Duo geschrumpft sind,<br />
mag zwar manchen Fan etwas traurig stimmen, dem<br />
Album ist dies aber keinesfalls anzuhören. Im Gegenteil,<br />
Sänger Bent Saether, der den Job des Schlagzeugers<br />
übernommen hat, erledigt diesen zur vollsten Zufriedenheit.<br />
Arnulf<br />
www.motorpsycho.fix.no<br />
Nadia-Maria Fischer -<br />
Talk<br />
(Double Moon/Sunny<br />
Moon)<br />
Rein zufällig habe ich auf einer<br />
Fahrt irgendwo in den Süden einen<br />
Song aus "Talk", der Debüt-<br />
LP von Nadia-Maria Fischer gehört. Ich wusste sofort,<br />
dass ich hiervon mehr hören muss, stöberte im Internet<br />
- den Namen hatte ich mir Gott sei Dank merken<br />
können - und wurde schließlich fündig. Wenn ich jetzt<br />
sagen soll, warum ich, ein eher abgebrühter Musikkonsument,<br />
den unbedingten Willen entwickelte, die<br />
CD in mein Sammlung einreihen zu müssen, dann war<br />
es zunächst natürlich ihre Stimme - melancholisch, traurig<br />
und "hoffnungslos romatisch" (Labelinfo). In ihren<br />
Texten stolpere ich immer wieder über das Wort "waiting",<br />
und tatsächlich: "Ich war ganz lange mit anderen<br />
Dingen beschäftigt", erzählt die Mutter eines elfjährigen<br />
Sohnes über ihr spätes - sie ist Jahrgang 1964 - Debut.<br />
"Auch insofern war 'waiting' mein Thema, eine bestimmte<br />
Passivität im Umgang mit dem Leben". Aus dieser<br />
Passivität ist sie jetzt also hervorgetreten; sie wolle<br />
sich nun definieren. "Das war ich mir schuldig, deshalb<br />
wollte ich die CD aufnehmen." Ein weiser, ein guter Entschluss,<br />
denn herausgekommen ist eine hinreißend<br />
schöne CD, und wenn Sie in einem Interview mit dem<br />
"JazzThing" sagt, sie habe in ihrem Leben ständig auf<br />
etwas gewartet, dann, so scheint es, hat sich das Warten<br />
gelohnt. Wenn doch nur alle Selbstfindungsprozesse<br />
so enden würden ….<br />
Keule<br />
Ostinato -<br />
Chasing the form<br />
(Exile On Mainstream/<br />
Soulfood)<br />
Hände gleiten fahrig über die<br />
Stirn, Körper- und Gedankenwinden,<br />
das Gewissen balgt<br />
und ringt. Ein Album, das man ungehört schon apriori<br />
zum Highlight gekürt hat, es mag nicht wirklich begeistern.<br />
Suchen in der persönlichen Form, es kann nicht<br />
sein. DIE Ostinato, die mit dem Vorgänger "Left Too Far<br />
Behind" so ein feines Album zwischen schweren Gitarren,<br />
Indie und Postrock erschaffen haben, die man so<br />
gerne als Insidertip weiterempfohlen hat. Mag nicht.<br />
Warumsen. "Chasing the form" ist natürlich ein gutes<br />
Album, aber - Killerphrase - es ist eben nur gut. Feuilletonisten<br />
würden "nett" schreiben und das schlimmer<br />
meinen. Ostinato sind hier weniger schwer, reduzierter,<br />
entschlackter, haben für sich eine neue Ausdrucksform<br />
gefunden. Auch ein Vergleich der Cover legt einem<br />
nahe, dass hier Komplexität und Dichte reduziert wurden.<br />
Das wäre an sich ja zu befürworten. Es ist schön,<br />
wenn Bands nicht stagnieren und sich weiterentwikkeln.<br />
"Chasing the form" mag mich jedoch auch nach<br />
zehn Durchläufen einfach nicht richtig begeistern. Aber<br />
wir können ja Freunde bleiben.<br />
Christian Eder<br />
www.mainstreamrecords.de<br />
PETER CORETTO &<br />
VERSTÄRKER -<br />
Bandentreffen<br />
(Milchmann Records/<br />
RoughTrade)<br />
Ein Schelm, wer Arges dabei<br />
denkt … ein Bandentreffen,<br />
also - na, das bedeutet ja meist nix Gutes. Man verbindet<br />
das irgendwie mit geselligem Beisammensein in<br />
den Halbweltspelunken schmieriger Wirte; die Bedienung,<br />
eine blondierte Mitvierzigerin mit schlecht lakkierten<br />
Fingernägeln, hat die besten Jahre schon lang<br />
hinter sich, und das Klo hier benutzt man besser nicht<br />
… Doch dann wird alles besser als Du befürchtet hast:<br />
Die Kneipe entpuppt sich als formidabler Indie-Rock Alternativschuppen,<br />
und die Tussi hinter der Theke ist<br />
auch genau dein Fall. Aus den Boxen dringt "Peter Coretto"<br />
und will erstmal "Alle mit sich in den Abgrund zieh'n",<br />
ein schönes Emo-Core-Teil mit verblüffend guten<br />
Lyrics. Es dauert nicht lange und "Alles Jubelt Dir Zu" -<br />
kein Wunder, denn das hier ist ein schönes Stück "Police"-artigen<br />
Slashrocks. Drei weitere Tracks folgen, die<br />
den guten Gesamteindruck festigen; dann steigt "Verstärker"<br />
auf die Bühne, und "Naurog" erschallt - man<br />
singt Englisch, und auch sonst klingt das alles "very<br />
british" - zunächst, was ja nun wahrlich keine schlechte<br />
Marke ist. Und bevor man in allzu seichte Gefilde abdriftet,<br />
schafft man mit ein paar ambientigen und experimentellen<br />
Tönen den Übergang zu einer wunder-<br />
schönen Soundkollage ("Mogwaii"). Ich möchte mich<br />
nicht auf eine der beiden Truppen festlegen, euch aber<br />
soviel mitgeben: Haltet Euch von dunklen Spelunken<br />
fern und besucht lieber ab und an mal ein "Bandentreffen".<br />
Keule<br />
POHJANNAULA -<br />
Tätä Kaikki Kaipaa<br />
(Uho Records/Humppa)<br />
POHJANNAULA heißt soviel wie "Polarstern" - ok, das<br />
habe ich bei meiner letzten Rezi zu dieser Band auch<br />
schon festgestellt - und hat mit "Tätä Kaikki Kaipaa" bereits<br />
den vierten Longplayer am Start; die finnische<br />
Sprache, der ich leider nicht mächtig bin, scheint bestens<br />
geeignet für diesen Mix aus Folk, Punk und Ska.<br />
Das Ganze klingt äußerst angenehm, es "rollt" und läuft<br />
gut rein. Irgendwie erinnert mich die Musik ein bisschen<br />
an die "Violent Femmes" oder an die Trierer Band "The<br />
Shanes", auch wenn erstere nun wirklich nicht unbedingt<br />
als Ska-Band firmierten - aber so ist das eben mit<br />
den Vergleichen. Die "Polarsterne" haben mit "Tätä<br />
Kaikki Kaipaa" jedenfalls eine wunderschöne CD geschaffen,<br />
die jede Menge gute Laune verbreitet.<br />
Leo<br />
Robert Pollard -<br />
From a <strong>com</strong>pound eye<br />
(Mustdestroymusic)<br />
Einen echten Engpass für Guided by Voices-Fans hat<br />
es in letzter Zeit ja nicht wirklich gegeben. Erst "Suitcase<br />
II", ein weiteres Boxset, die EP "Music for Bubble",<br />
eine Live-DVD und auch noch eine erste Biographie<br />
mit dem schönen und sehr treffenden Untertitel<br />
"Twenty-One Years of Hunting Accidents in the Forests<br />
of Rock And Roll". Dieser Titel sagt ja ziemlich viel über<br />
das GbV-Werk aus: Trial and Error, wobei Pollard im<br />
Gegensatz zu den meisten Kollegen den Error immer<br />
auf der Platte gelassen hat und damit irgendwie die eigentliche<br />
Platte auch immer zum "Making of..." derselben<br />
gemacht hat. Das Hinfinden zur perfekten Melodie<br />
und das dokumentierte Versagen an der (Lofi-)Hymne<br />
war nicht immer ein Hochgenuss aber oft spannend<br />
oder rührend.<br />
Der Titel des jetzt aktuellen Soloalbums "From a <strong>com</strong>pound<br />
eye" ist wieder ein recht vielsagender, wenn auch<br />
nicht mit einer überraschenden Aussage; durch sein Facettenauge<br />
betrachtet Pollard die Pop/Rock Musik. 26<br />
Songs in über 70 Minuten. Wie gehabt einiges an Ausschuss<br />
- wie gehabt einiges an grandiosen Pop -Momenten.<br />
"U.S. Mustard Company". Hier opulent instrumentiert<br />
am Hirn und am Hit kratzend (in der Mitte von<br />
"love is stronger than witchcraft"), direkt danach im<br />
R.E.M. College-Rock Sound in der wirklich totalen Belanglosigkeit<br />
versinkend ("hammer in your eyes"). Alles<br />
ist drin, alles ist drauf. Wobei der Lofi-Anteil recht überschaubar<br />
ist, und auch nicht mehr ganz so lofi-mässig<br />
wie ganz früher daherkommt. Einem diehard-GbV Fan<br />
jetzt zu erzählen, er bräuchte nicht mehr traurig zu sein,<br />
wäre wahrscheinlich vermessen, aber er wird dennoch<br />
eine ganze Menge Trost finden, denn was die Blitzanlagen<br />
auf den Strassen des Rock And Roll hier wieder<br />
so alles abgeschossen haben, sind wie gehabt ein paar<br />
prächtige Karossen und ein paar erregende Fahrerfluchten.<br />
Marcel v.d. Weiden<br />
www.robertpollard.net<br />
PROMET- Veiculo Longo<br />
(Promet/ www.promet.org)<br />
<strong>reViews</strong> 31<br />
Vom Ansatz her ist das hier so etwas wie Nu-Rock,<br />
denke ich zunächst; ordentlich produziert, mit gutem<br />
Sound ausgestattet; aber "Nu-Rock" würde dem, was<br />
hier dargeboten wird, nicht gerecht werden; denn ein<br />
absolutes Plus der Scheibe ist der hohe Grad an Abwechslungsreichtum.<br />
Das also, was man allen mit der<br />
Vorsilbe "Nu" bestückten Genres nun nicht unbedingt<br />
nachsagt. Vor allem, was man unter "Rock" zusammenfassen<br />
könnte, aber auch vor Discorhythmen<br />
(bei "Simian Gift" glüht die Schlaghose), World-Tribals<br />
("Demons"), Bar-lounge-meets-Jimmy-Hendriks-<br />
Sounds ("Lil' Love") macht man nicht halt. Das zeugt
32<br />
<strong>reViews</strong><br />
von einer musikalischen Reife, der man heute leider nur<br />
noch selten begegnet. Auf www.promet.org kann man<br />
übrigens auch mal einen Blick in das "Manifest" des Labels<br />
riskieren. Hier wird unter anderem bemängelt, dass<br />
"Musik mehr und mehr zum Produkt" und "Musiker zur<br />
inhaltsleeren Marke" verkommen. Nun: Ich will mich da<br />
nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, aber wenn "Veiculo<br />
Longo" hier entgegenwirken will, könnte man<br />
durchaus auf dem richtigen Weg sein. Die Scheibe gibt<br />
es über carlos@promet.org.<br />
Leo<br />
Ral Partha Vogelbacher -<br />
Shrill Falcons<br />
(Monotreme Records/Cargo Rec.)<br />
Was für ein Bandname!!! Oder<br />
besser: Was für Name generell!<br />
Aber uns wird im Info versichert,<br />
dass eben jener Ral eine Band<br />
ist und nicht das Ego-Ding von einem einzelnen; wobei<br />
jener eben doch die Songs schrieb und von seinen Buddys,<br />
der Band Thee More Shallows begleitet wird. Also<br />
ein Band-Ego-Ding? Zumindest seine Texte sind sehr<br />
persönlich, befassen sich mit dem Verlust eines Familienmitglieds,<br />
mit all den Emotionen, die bei einer solchen<br />
Sache kreisen: das Album dient wohl zur Verabreitung<br />
der Geschehnisse. Und damit steht er bei weitem<br />
nicht alleine da, man denke nur z.B. an Eel's<br />
"ElektroShockBlues". Ähnlich wie die Eels macht auch<br />
Ral nicht vor Soundexperimenten und schrägen Einlagen<br />
halt, im Geiste und Musikverständnis wird's wohl<br />
ähnlich ticken. Die ersten zwei Songs der Platte sind<br />
"stromgitarrenbetonter" mit verzerrtem Bass, einer Orgel,<br />
die an Grandaddy erinnert und unweigerlich schießen<br />
einem dazu noch die seligen Pavement in den Sinn.<br />
Schräg, gut, genehmigt! Find ich gut! Ich mag zwar<br />
keine Leute, die das Ende von Filmen verraten, aber<br />
soviel muss sein: Track3 baut eine wummernde, sich<br />
wiederholende und an PostRockGrößen erinnernde<br />
Atmosphäre auf, die später -längst glaubt man, da geht<br />
nix mehr- von so ziemlich den fiesesten Feedbacks der<br />
Musikgeschichte aufgemischt wird, fast bis zur<br />
Schmerzgrenze und drüberhinaus... Also ja nicht zu laut<br />
beim Autofahren anhören, tut weh. Und nach diesem<br />
noisigen Schnitt wird's ruhig um Herrn Vogelbacher. Die<br />
Platte marschiert in eine andere Richtung, leise Töne<br />
werden angeschlagen, die Stimmung ändert sich von<br />
melancholisch zu noch melancholischer. Auch dieses<br />
Gewand steht ihm oder ihnen richtig gut, will fast sogar<br />
noch besser passen als vor der Quietschattacke. Im<br />
weiteren Verlauf wird die Dynamikkurve langsam wieder<br />
angehoben und nach einer weiteren Feedbakknummer<br />
(scheint ihm Spaß zu machen) wiederum in<br />
Singer-/Songwritergefilden gefischt. Und wiederum andere<br />
Richtung. Mit "silver mines" findet man sich an die<br />
Presidents of the United States of America erinnert und<br />
"cdb national park" hat gar einen Bloodhound Gang-<br />
Part... geht aber voll klar! Ich schätze, hier werden sich<br />
einige wiederfinden und wohlfühlen! Absolut schöne abwechslungsreiche<br />
Platte, persönlicher Tipp von mir und<br />
unbedingt ganz oben mit dabei! Merkt Euch Monotreme<br />
Records! Nebst Barzin (siehe <strong>reViews</strong> bei Highlights!)<br />
wird's bestimmt noch einiges Großes zu entdecken geben!<br />
Matthias Horn<br />
www.monotremerecords.<strong>com</strong><br />
Revolting Cocks -<br />
Cocked & Loaded<br />
(13th Planet Records/Soulfood)<br />
Nachdem er den etwas träge gewordenen Industrialtanker<br />
Ministry mit dem letzten Studioalbum "House of<br />
the molé" und der Remix<strong>com</strong>pilation "Rantalogy" wieder<br />
richtig flott gemacht hat, lässt Al Jourgensen doch<br />
tatsächlich sein Uralt-Sideprojekt Revolting Cocks wieder<br />
auflegen. Mehr als zehn Jahre ist es her, dass diese<br />
mit "Linger Ficken Good" ein letztes Album ablieferten,<br />
und so wirklich wollte wohl niemand mehr den immerwährenden<br />
Beteuerungen Jourgensens, die Cocks eines<br />
Tages wieder aufleben zu lassen, trauen.<br />
Das Risiko, die Legende wieder zu neuem Leben zu erwecken,<br />
ist kein geringes, wessen sich Jourgensen offensichtlich<br />
durchaus bewusst ist. Und so setzt der Ministry-Frontman<br />
auf hochklassiges Personal: Neben<br />
dem bereits schon von früheren Alben bekannten Phildo<br />
Owen von den Skatenigs stehen Namen wie Billy Gibbons<br />
(ZZ Top), Gibby Haynes (Butthole Surfers), Robin<br />
Zander (Cheap Trick) und Jello Biafra auf der Besetzungs-<br />
und Gästeliste. Bei Stücken wie "Ten million<br />
ways to die", "Pole grinder" und vor allem "Evolting cock<br />
au lait", höllisch rockende, groovige und extrem tanzbare<br />
Industrialkracher, stellt sich denn auch das Revolting<br />
Cocks-Feeling wieder ein. In manchen Stücke<br />
allerdings rückt Jourgensen seiner Hauptband Ministry<br />
zu Nahe. Insbesondere die Stücke mit Jello Biafra, keinesfalls<br />
schwache Songs, hätten ihren Platz wohl besser<br />
auf einem Ministry- oder gar einem Lard-Album gefunden.<br />
Trotzdem: eine starke Leistung.<br />
Arnulf<br />
www.thirteenthplanet.<strong>com</strong>/records/revoltingcox<br />
Rosolina Mar -<br />
Before and after dinner<br />
(Wallace/Robotradio/Import)<br />
Wer Rosolina Mar mit deutschen Ergebnissen googelt,<br />
der bekommt erst mal nur diverse gleichnamige Feriendomizile<br />
in Italien geliefert. Aus jenem Ferienlande<br />
kommen auch Rosolina Mar. Bis dato gab es über Robotradio<br />
ja nur gute Alben, mit "Before and after dinner"<br />
ändert sich das leider. Es ist ein fluffiges, leichtfüßiges<br />
instrumentales Indie-(Post)Rockalbum, das allerdings<br />
öfter auch mal seltsamerweise Hardrockschemata und<br />
solcherlei geartete Soli einbaut. Genau hier ergeben<br />
sich große Reibungspunkte, z. B. bei "Flesh dance", da<br />
sie an solchen Punkten schwer erträglich werden. Musikalisch<br />
bzw. handwerklich ist das gut gemacht, aber<br />
insgesamt doch nicht so meine Baustelle.<br />
Christian Eder<br />
www.rosolinamar.<strong>com</strong><br />
Sepultura - Dante XXI<br />
(Steamhammer/SPV)<br />
Soso… Oberstufenunterricht im Metal-Land. Und noch<br />
dazu mit den seit seligen Max Cavalera-Zeiten immer<br />
unbedeutender werdenden Sepultura. Da nimmt man<br />
sich dann auch einfach mal Aligheries Epos der "Göttlich<br />
Komödie" an und zaubert… voila, eine ebensolche.<br />
Und das ist bei weitem nicht negativ gemeint. Derek<br />
Green, für mich seit jeher "nur" der Ersatzmann am<br />
Mikrophon der Roots-Metaller, wagt sich zum ersten<br />
Mal auf ein Terrain, auf dem auch Max hätte lustwandeln<br />
können. Und plötzlich kommt da so etwas hoch,<br />
das mich an die unglaublichen Nailbomb erinnert, die<br />
ja mal einen Sommer das transportierten, was man unglaubliche<br />
Wut nennen konnte. Green geht Hardcore.<br />
Unbeirrbar und mit einer so furztrockenen Backingband<br />
im Rücken, dass es eine helle Freude ist. Durch die<br />
Welten des Fegefeuers marschiert er in Perfektion, den<br />
Rest, die Hölle, erledigen seine Kollegen. Allen voran<br />
der beste Andreas Kisser seit Arise. Ganz egal ob die<br />
langhaarige Oberstufe je einen Cent darauf gibt, dass<br />
das hier Hochkultur ist, Sepultura schaffen es zu lehren<br />
ohne zu belehren.<br />
Jörg Willerscheidt<br />
www.spv.de<br />
Shora - Malval<br />
(Conspiracyrecords)<br />
Was für ein Quantensprung! Shora sind mir noch bekannt<br />
von der radikal-noisigen "Switching rhetorics"<br />
Split mit Merzbow, als sie in bester Noisecore Manier<br />
hochpräzise losgebolzt haben. Auf "Malval" ist keine<br />
Note Noise mehr zu hören, kein Gebolze, nichts dergleichen.<br />
"Malval", das sind hypnotische, subtile Melodien<br />
und instrumentale Epen, die an Isis oder Neurosis<br />
erinnern, nur ohne deren Gitarrenwände. Eher als ob<br />
jene zuviel Pink Floyd und Postrock gehört hätten. "Malval"<br />
ist dunkel und mysteriös. Das vielbeschworene<br />
Kopfkino hat hier eine ernsthafte Berechtigung. Ein abgründiger,<br />
nocturner Soundtrack mit pulsierenden<br />
Drumflächen, der eine seltsame Kühle und Distanziertheit<br />
aufweist, die einen aber nicht vom Abtauchen<br />
abhält. Eine vertonte bizarre Schönheit, wie man sie<br />
viel zu selten zu hören bekommt.<br />
Christian Eder<br />
www.shora.<strong>com</strong><br />
SUICIDE BID - This Is The Generation<br />
(Household Name Records)<br />
Dub und Punk? Geht das? Das Musikkollektiv SUICIDE<br />
BID jedenfalls will uns dies beweisen. Auf "This Is The<br />
Generation" hat sich die Gruppe um die insgesamt elf<br />
Musiker aufgemacht, schwere Punkriffs mit Dubelementen<br />
zu verzieren. Schon "Sublime" haben ja mit ein<br />
paar Tracks gezeigt, dass man beide Elemente durchaus<br />
verbinden kann - die Sache ist also nicht völlig neu;<br />
die Musiker, unter anderem von den Filaments, Operation<br />
Nailbomb oder King Prawn, legen allerdings einen<br />
besonderen Wert auf ihre politischen und sozialkritischen<br />
Lyrics, die der ganzen Aktion zusätzlich jede<br />
Menge Coolness verleihen. Feine Arbeit!<br />
Mao<br />
Sunburn - Loose yourself<br />
(Zero2Records/Alive)<br />
Ein dreifach Hoch der Kreativität. Auf den Gedanken,<br />
seine Band "Sonnenbrand" zu nennen, muss man erstmal<br />
kommen. Egal, der Inhalt zählt, und der kann sich<br />
im Falle von Sunburn durchaus hören lassen. Melodischer,<br />
grooviger Rock zwischen relaxten Alternativebzw.<br />
New Rock-Sounds und atmosphärischen Audioslave-<br />
oder Alice In Chains-Dimensionen lädt hier durchweg<br />
zum dezenten Rübe-Wippen ein. Die zweite<br />
Scheibe der Jungs aus Oberfranken kommt durchweg<br />
hochklassig um die Ecke, weiß sowohl durch akzentuiertes<br />
Gitarrenspiel, eine drückende Rhythmussektion<br />
als auch erstklassige Vocals zu überzeugen, ist zudem<br />
richtig ordentlich produziert und weist somit keinerlei<br />
Anlässe zum Nörgeln auf. Sunburn? Pah, die Scheibe<br />
is so cool, daran kann man sich gar nicht verbrennen.<br />
Heavy<br />
www.sunburn-net.de<br />
THE LAWRENCE ARMS -<br />
Oh! Calcutta!<br />
(FatWreck)<br />
Brendan Kelly, Chris MacCaughan<br />
und Neil Hennessy sind<br />
THE LAWRENCE ARMS; und<br />
der sechste Longplayer, der dieser<br />
Tage bei FatWreck erscheint, ist der bis dato beste!<br />
Punkt! Liegt es an der gewachsenen Freundschaft der<br />
Bandmitglieder, daran, dass man zu zweit in deutlich<br />
voneinander zu unterscheidenden Tonlagen singt,<br />
daran, dass man seine "Einflüsse auf den Shirts trägt,<br />
da sie starke Anleihen der frühen Bay Area Punks wie<br />
Jawbreaker und Crimpshrine verwendet und sie mit einem<br />
dunklen, innerlichen Midwestern Sound mischt"<br />
(Bandinfo)? Oder liegt es an der besonderen und arg<br />
"un-punkigen" Vorliebe für den Zirkus, der diese Band<br />
so einzigartig macht. Die letzten Jahre wurden damit<br />
verbracht, mit Bands wie Alkaline Trio, Taking Back Sunday<br />
und Dillinger Four zu touren - da bleibt zu hoffen,<br />
dass die Jungs sich auch bei uns den Arsch abspielen,<br />
damit möglichst viele Menschen von "Oh! Calcutta" erfahren.<br />
Tolle<br />
The Loved Ones - Keep Your Heart<br />
(Fat Wreck Chords)<br />
Hinter The Loved Ones verbergen sich keine blutigen<br />
Anfänger, sondern der Phönix, der sich vor drei Jahren<br />
aus der Asche von Trial By Fire, The Curse und den legendären<br />
Kid Dynamite erhob. Wenn man jetzt noch<br />
berücksichtigt, dass Sänger/Gitarrist Dave Hause einst<br />
als Tourmanager für die Bouncing Souls arbeitete, ist<br />
die Standortbestimmung für die Loved Ones leicht abgeleitet:<br />
Einerseits steht das Trio in der Tradition des<br />
energetischen Hochgeschwindigkeits-Hardcorepunks<br />
der New Jersey-Bands wie Lifetime oder eben Kid Dynamite,<br />
andererseits kombiniert die Band diesen mit<br />
dem gutgelaunten Melodycore der Bouncing Souls.<br />
Nach der letztjährigen EP erscheint nun also das Debütalbum,<br />
das allerdings ein wenig enttäuscht. Denn<br />
anders als noch auf dem Kleinformat erlauben sich die<br />
Loved Ones mit "Keep your heart" auf Albumlänge den<br />
ein oder anderen Hänger. Bezeichnend, dass mit<br />
"Jane", "100k" und "Arsenic" die drei besten Stücke der
Platte schon altbekannt sind und für´s Debütalbum lediglich<br />
neu eingespielt wurden. Was nicht heißen soll,<br />
dass die Band nicht hin und wieder voll ins Schwarze<br />
trifft: Der feine Opener "Suture Self" und das locker und<br />
lässig aus der Hüfte geschossene "Player Hater Anthem"<br />
halten das vorgegebene Niveau und mit dem<br />
frappierend an Hot Water Music erinnernden, getragenen<br />
"Sickening" gelingt auch der Ausflug in ruhigere<br />
Fahrwasser. Doch beim Rest überwiegt die Langeweile.<br />
Standard-Melodycore wie "The Odds" lockt heute jedenfalls<br />
niemandem mehr als ein müdes Lächeln hervor.<br />
Für eine Runde gepflegten, unkomplizierten Punkrock<br />
der gehobenen Sorte ist "Keep your heart" dennoch<br />
allemal gut, aber man wird das Gefühl nicht los,<br />
dass da noch viel mehr hätte gehen können…<br />
Patrick<br />
www.thelovedonesband.<strong>com</strong><br />
www.fatwreck.<strong>com</strong><br />
Thoma Strønen - Pohlitz<br />
(Rune Grammofon/Cargo)<br />
"Pohlitz" ist das Solo-Projekt des norwegischen Drummers<br />
Thomas Strønen, der ansonsten noch in den<br />
Bands/Projekten FOOD, HUMCRUSH, PARISH, MA-<br />
RIA KANNEGARD TRIO aktiv ist. Hier verarbeitet Strønen<br />
Einflüsse des Minimalismus und der Gamelanmusik<br />
und konstruiert daraus perkussiv improvisierte<br />
Elektronika. "Pohlitz" ist ein Percussion-Album, das auf<br />
herkömmliches Schlagzeuginstrumentarium verzichtet<br />
und neben "beatable items" auch Live-Electronica miteinbezieht.<br />
Über weite Strecken bilden eine Art elektronische<br />
Tablas den Kernsound. Prinzipiell interessant<br />
gemacht, jedoch ohne konkrete Höhepunkte und für ein<br />
Percussion-Album merkwürdig unterkühlt.<br />
Christian Eder<br />
www.runegrammofon.<strong>com</strong><br />
The Barbiecuties - Showdown D'Amour<br />
(Eigenvertrieb)<br />
Punk! Ziert die Schlachtfahnen der Barbiecuties, mit einer<br />
großen Portion Pop im Beiboot. MelodyCore, um<br />
genau zu sein. Und wieder eine Band, die mich während<br />
meiner Zivizeit vor 10 Jahren zu wahren Verzükkungsstürmen<br />
gedrängt hätte. Heute ist die Sturm-Verzückung<br />
zwar ein bisschen gewichen, aber meine Füße<br />
zucken gerade im Takt von "anastasia", Song drei von<br />
"Showdown D'Amour" - das muss wohl am Alter liegen.<br />
Mid- bis Up-Tempo-Songs, unbedingt verzerrte Drei-<br />
Akkorde-Gitarren, zweistimmiger Chorus an den richtigen<br />
Stellen, auch mal "bab bab ba bab bab ba"-, "Scha-<br />
nananananaaaa"- und "uuuuuuuuh"-Chöre im Hintergrund.<br />
Dazu eine klare Stimme, eine "versoffene" kehlige<br />
Stimme (das "good singer/bad singer"-Syndrom...),<br />
viele Texte über Frauen und in diesem Zuge vorherrschende<br />
Gefühle von Liebe bis hin zu Hass. Plus alle<br />
Songs in der richtigen knackigen Länge und perfekt ist<br />
das Pop-Punk-Süppchen. Und schmeckt wahrhaftig!<br />
Auch wenn das nicht mehr ganz meine Welt zu sein<br />
scheint - The Barbiecuties rocken. Alles wird mit einem<br />
Augenzwinkern und Sich-nicht-so-ganz-ernst-nehmen<br />
vorgetragen und man spürt regelrecht den Spaß der<br />
Musizierenden, der unweigerlich auf den Zuhörenden<br />
überschwappt. Und wenn nicht, spätestens auf einer<br />
Party mit viel Alkohol und möglichst schönen Menschen<br />
springt der Fun(ke) über! Weiter so.<br />
Matthias Horn<br />
www.thebarbiecuties.de.vu<br />
www.myspace.<strong>com</strong>/thebarbiecuties<br />
The Black Heart Procession - The Spell<br />
(Touch And Go/Soulfood)<br />
Einst als Ableger von Three Mile Pilot gestartet, haben<br />
sich The Black Heart Procession längst zu einer ganz<br />
eigenen, unverwechselbaren, mit einer unglaublichen<br />
Dynamik ausgestatten Band entwickelt, die das Wirken<br />
der eigentlichen Hauptband längst in den Schatten gestellt<br />
hat. Bereits mit dem 2002 veröffentlichten "Amore<br />
Del Tropico" gab sich die Band aus San Diego lange<br />
nicht mehr so düster, minimalistisch und unzugänglich<br />
wie noch auf den ersten Veröffentlichungen "1" und "2".<br />
Eben jenen vor vier Jahren eingeschlagenen Weg setzt<br />
das Quintett nun mit "The Spell" fort. Nach wie vor sind<br />
die oft nur spärlich instrumentierten Stücke dabei zwar<br />
von einer tiefen Trübsal geprägt, Stücke wie "Not Just<br />
Words" aber lassen plötzlich auch den einen oder anderen<br />
Sonnestrahl zu, was der Qualität des vierten Albums<br />
der Band durchaus zuträglich ist. Dass "The<br />
Spell" auch damit aber weit entfernt davon ist, ein fröhliches<br />
Album zu sein, dafür sorgt die tiefe Stimme von<br />
Paolo Zoppoli, der sein Spektrum gegenüber früheren<br />
Werken aber ebenfalls, wenngleich dezent, ausgebaut<br />
hat. So gelingt es der Band denn auch geradezu perfekt,<br />
sich in kleinen Schritten weiterzuentwickeln, ohne<br />
dabei ihrer Unverwechselbarkeit verlustig zu gehen.<br />
Arnulf<br />
www.blackheartprocession.<strong>com</strong><br />
The Bones - Partners in Crime Vol. 1<br />
(People Like You/SPV)<br />
Mit vier Coverversionen wartet das schwedische Rock-<br />
'n'Roll-Quartett auf seiner jüngsten EP auf: Ramones "I<br />
wanna be sedated", "Yesterday's heroes" von John<br />
<strong>reViews</strong> 33<br />
Paul Young und den Bay City Rollers, "It's my life", einst<br />
von Gene Simmons und Paul Stanley Wendy O'Williams<br />
quasi auf den Leib geschrieben sowie Social Ds<br />
"King of fools". Eine Reminiszenz an die eigenen Wurzeln<br />
quasi, die mit zwei eigenen, bisher unveröffentlichten<br />
Stücken aufgepeppt wird. Und um das Ganze<br />
richtig rund zu machen, hat man sich dazu einige illustre<br />
Gäste wie Roger Miret (Agnostic Front), Lou Koller<br />
(Sick Of It All) oder Nicke Borg (Backyard Babies) ins<br />
Studio geholt. Und die Planung geht auf: Die Coverversionen,<br />
allen voran "I wanna be sedated" funktionieren<br />
perfekt und auch die eigenen B-Seiten sind alles andere<br />
als Füllmaterial. Der zweite Teil mag kommen.<br />
Arnulf<br />
Tone - Solidarity<br />
(Neurot/Southern/Cargo)<br />
Tone sind bitte nicht zu verwechseln<br />
mit dem gleichnamigen<br />
Frankfurter Battlerapper.<br />
Vielmehr findet man hier instrumentalen<br />
Postrock ähnlich Explosions<br />
In The Sky, der sich langsam aufbaut, leicht<br />
dynamisch steigert und meist über weite Strecken ruhig<br />
entfaltet, jedoch ohne sich in Brachialgitarrengewittern<br />
zu entladen. Interessant dabei ist ein sehr melodiöser,<br />
prägnanter Bass - was man ja relativ selten zu<br />
hören bekommt. Nach gutem Beginn versandet "Solidarity"<br />
allerdings, es versackt in langatmig-repetitivem,<br />
uninspiriertem Geplänkel. Die Spannungsbögen schaffen<br />
es nicht spannend zu bleiben, der Dynamik geht die<br />
Kondition aus. Das reine Slow-/Midtempo wäre dabei<br />
nicht das Problem, andere Bands schaffen es auch bei<br />
fast gleich bleibender Geschwindigkeit spannend und<br />
dynamisch zu sein, zu bleiben. Tone bräuchten allerdings<br />
nach den ersten paar Tracks eine Belebungskur<br />
im Sauerstoffzelt. Schade, was viel versprechend beginnt,<br />
langweilt spätestens nach der Hälfte der Tracks.<br />
Christian Eder<br />
www.southern.net<br />
Two Gallants -<br />
What The Toll Tells<br />
(Saddle Creek/Indigo)<br />
Dieses Album ist das wichtigste Album deines Lebens.<br />
Punkt. Vergiss die White Stripes. Dieses Album ist das<br />
wichtigste Album deines Lebens. Vergiss sogar die<br />
Bright Eyes.<br />
Denn: Dieses Album ist das wichtigste Album deines<br />
Lebens. Hör dir "Steady Rollin" an. Am besten direkt<br />
zehn Mal. Dieser Track ist der wichtigste deines Lebens.<br />
Mindestens. Und dann den "Long Summer Day".
34<br />
<strong>reViews</strong><br />
Oder "Threnody in Minor b". Das sind die größten Abfahrten<br />
deines Lebens. Fasse die essentiellen Sätze<br />
der eben genannten Songs zusammen: " I loose you<br />
once again… and a summer day makes a wild man<br />
lazy…too late for you, to save me." Das ist die Essenz.<br />
Und dies das wichtigste Album deines Lebens.<br />
(Anschluß meinerseits! - Anm .d. Layouters)<br />
Jörg Willerscheidt<br />
www.indigo.de<br />
US BOMBS -<br />
We Are The Problem<br />
(PeoplyLikeYou/SPV)<br />
Da ist es also, Album Nummer<br />
sechs der Band um Skateboardlegende<br />
Duane Peters. Und<br />
übel muss es ihnen ergangen<br />
sein, von bandinternen Prügelorgien ist ebenso die<br />
Rede wie von Beinahe-Splitts und von gebrochenen<br />
Herzen - als laste ein Fluch über ihren Köpfen. Aber sie<br />
scheinen all' das bestens weggesteckt zu haben, denn<br />
munterer denn je kommt "We Are The Problem" aus<br />
den Boxen. Und Titel wie "Revolution Weekend" oder<br />
"Destroy The Nations" zeigen, dass die fünf Herren trotz<br />
der Erfolge und ihres fortgeschrittenen Alters - Peter<br />
windelt inzwischen ein kleines Söhnchen mit Namen<br />
"Clash" - noch nicht satt und müde geworden sind und<br />
weiterhin gewillt, denjenigen den Stinkefinger entgegenzurecken,<br />
die es wahrlich nicht besser verdient<br />
haben. DIE CD für werdende Väter!<br />
Mao<br />
John Vanderslice -<br />
Pixel Revolt<br />
(Barsuk Records/Indigo)<br />
John Vanderslice konnte kürzlich als Opener bei der gerade<br />
vergangenen und allerorts ausverkauften Death<br />
Cab For Cuties-Tour glänzen - so zumindest meine Annahme<br />
nach mehrmaligem Hören von "Pixel revolt".<br />
Denn Live davon überzeugen konnte ich mich leider<br />
nicht, da ich einfach zu langsam war, eine Karte zu ergattern<br />
und Gästelisteplätze für poplige Fanzine-<br />
Schreiber in dieser Stadt ja nur im Ausnahmefall zu bekommen<br />
sind. Ein wenig wurmt mich meine Trägheit<br />
jetzt ja schon, denn sein fünftes Werk hat es mir angetan.<br />
Ganz ehrlich. Vanderslice hat dieses seltene Talent,<br />
einfache Songs in schwerwiegende Melancholie<br />
zu verpacken, ohne dabei zu vergessen, auch immer<br />
einen kleinen Schimmer Hoffnung als buntes Schleifchen<br />
darum zu binden. "Pixel revolt" klingt dabei wie<br />
eine etwas weniger gitarrenlastige Version der letzten<br />
Eels-Doppel-LP "Blinking lights and other revelations".<br />
Denn was an Vanderslices Art Songs zu schreiben wirklich<br />
gefällt, ist, dass er aus dem genrespezifischen Stereotyp<br />
"Mann singt mit wunderschöner Stimme zu wunderschönen<br />
Akustikgitarren" ausbricht und sehr großen<br />
Wert auf abwechslungsreiche und vor allem reichhaltige<br />
Instrumentierung legt. Natürlich werden die Songs<br />
vor allem von seiner Stimme getragen, aber was darüber<br />
hinaus noch passiert ist aller Ehren wert. Dort ein<br />
Glockenspiel, da ein kleine verträumte Pianomelodie<br />
und natürlich dezente Elektronik an zahlreichen Ecke<br />
und Enden. Somit gelingt es Vanderslice auf "Pixel revolt"<br />
so zu klingen, als hätten es die Bright Eyes seinerzeit<br />
geschafft, die beiden grundverschiedenen Konzepte<br />
von "I'm wide awake it's morning" und "Digital ash<br />
in a digital urn" auf nur eine Scheibe zu packen. Respekt<br />
dafür.<br />
Jochen Wörsinger<br />
www.johnvanderslice.<strong>com</strong><br />
Van Helsing - Celestial Beggar<br />
(Swamp Room Records)<br />
Nein, natürlich ist das nicht Lemmy Kilmister, der sich<br />
da auf der 7" "Celestial Beggar" die Seele aus dem Leib<br />
kotzt. Könnte er aber durchaus sein, klingt doch der<br />
Sänger von Van Helsing tatsächlich - wenn das denn<br />
überhaupt geht- wie eine dreckige Variante des Motörhead-Frontmannes.<br />
Dementsprechend rotzig rockend<br />
fällt natürlich auch der musikalische Teil der vier Songs<br />
aus, die, inklusive Sixties-Orgel, herrlich schmutzig da-<br />
herrocken. Das noch mit einem grandiosen Cover versehen<br />
auf feinem Vinylkleinformat. Was kann man sich<br />
Schöneres wünschen?<br />
Arnulf<br />
Vernon Reid & Masque -<br />
Other True Self<br />
(Favored Nations/Rough Trade)<br />
Der Comebackversuch, den Vernon Reid mit seiner<br />
Stammband Living Colour vor drei Jahren startete, war<br />
ein alles andere als erfolgreicher. So verwundert es<br />
denn auch nicht, dass die Formation vorerst wieder auf<br />
Eis gelegt scheint und Vernon Reid sich um die Fortsetzung<br />
seiner Solokarriere bemüht. Mit seinen bisherigen<br />
Soloalben "Mistaken Identity" und "Known Unknown"<br />
allerdings zog der Gitarrist nur wenige Anhänger<br />
von Living Colour auf seine Seite, sondern bediente<br />
damit vorrangig die Jazz-Klientel, die Reid seit jeher in<br />
höchsten Tönen lobt.<br />
Dementsprechend schlägt der 48-jährige auch mit seinem<br />
neuen, rein instrumentalen Album eher jazzige<br />
Töne an, wenngleich das nach wie vor unverwechselbare<br />
Gitarrenspiel des New Yorkers immer wieder an<br />
Living Colour gemahnt. Damit bewegt sich Reid allerdings<br />
beständig gefährlich nah an der Grenze zum frikkeligen<br />
Rockjazz, der sich mehr im selbstverliebten Saitenspiel<br />
ergeht denn auf nachvollziehbare Songstrukturen<br />
zu setzen. Besonders auffällig wird dies bei den<br />
beiden Coverversionen des Albums, die sich nur mit<br />
Mühe erkennen lassen: Depeche Modes "Enjoy the silence"<br />
und "National anthem" von Radiohead, denen<br />
Reid ein völlig neues Gesicht verpasst. Das ist durchaus<br />
positiv zu bewerten, allerdings mangelt es den beiden<br />
Stücken, wie auch dem Rest des Albums, ein wenig<br />
an Lockerheit - im Gegenteil, "Other true self" klingt<br />
über weite Strecken äußerst angestrengt und lässt daher<br />
entspanntes Hören bedauerlicherweise nur in wenigen<br />
Momenten zu.<br />
Arnulf<br />
www.vernon-reid.<strong>com</strong><br />
Voltaire - Heute ist jeder Tag<br />
(Vertigo/Universal)<br />
Booooh. Diese Band wird spalten, diese Platte wird kanalisieren.<br />
Sie wird die Indie-Crowd in zwei Lager teilen,<br />
(Kommerz) DeutschPop-Anhänger in Richtung Indie<br />
schielen lassen, Jazz-Fiends verwirren, Poeten auf<br />
Musik stoßen, Mucker auf Poesie schubsen. Poetisch.<br />
Dann wieder banal. Da fast zu perfekt. Zu intellektuell.<br />
Dann wieder schön angenehm. Manchmal genau richtig.<br />
Vertrackt. Genau im richtigen Moment ein Ausbruch.<br />
Dann wartet man wieder auf jenen, es passiert nichts.<br />
Aber doch wieder vorhergesehen. Und auch nicht. Rebellisch.<br />
Doch wieder mitschwimmend. Diese Platte...<br />
spaltet mich. Der erste Song ist Programm. "Was ist<br />
gut? Was ist schlecht? Was ist richtig? Was ist falsch?"<br />
- das frag ich mich auch. Dürfen die das? Nach einem<br />
"Jazzintro" setzt die Stimme ein, die einen erst mal erschaudern<br />
lässt. Häh? Dachte doch, das ist'n Jung, der<br />
da singt... Man grübelt noch darüber, dann bemerkt man<br />
diese unwiderstehliche Gitarrenmelodie an die Oberfläche<br />
treten... diese wiederum später wieder in einem<br />
fast unausstehlichen Pop-Part mündet, mit unglaublicher<br />
Über-Kopf-Stimme und gehalltem Pathos. Das<br />
trieft aber. Und darf es. Oder doch nicht? Hach, Ratlosigkeit.<br />
AufjedenFall kann ich anmerken, dass es gut<br />
ist, dass nicht immer die sich doch ziemlich in die Höhe<br />
schraubende Kopfstimme regiert. Herr de Voltaire hat<br />
auch eine sehr schöne Stimme in den mittleren Tonhöhen!<br />
Wie z.B. bei meinem Lieblingssong "Tür". Mal nicht<br />
ganz so kryptisch (bis auf den gläsernen Sarg... hihi!).<br />
Dafür fett pumpend, tanzbar und sich im Ohr festfressend.<br />
Voltaire sind da irgendwo. Da irgendwo mitten<br />
drin. Sitzen zwischen Stühlen. Und spalten! Kann ich<br />
gar nicht oft genug erwähnen. Spalten. Spalten. Da sind<br />
frühere und spätere Blumfeld, als zarter, durchsichtiger<br />
großer Vorhang über allem. Da ist ein Tacken Selig. Da<br />
ist manchmal auch ein Xavier Sohn Mannheims, der<br />
hinter der Ecke hervorlugt. Da ist Radiohead. Da sind<br />
Muse. Da sind noch viele andere. Aber nie auf den<br />
Punkt. Die Musik schon, manchmal sogar fast zu perfekt,<br />
aber das hatten wir schon... Nie auf den Punkt einer<br />
der Genannten. Man hört zumindest die klassische<br />
Ausbildung der Protagonisten. Man merkt, dass da Können<br />
dahinter steckt. Multiinstrumentalisten, die mit offenen<br />
Augen durchs Leben gehen. Manchmal ein bisschen<br />
zu geplant. Zu viel Kopf gemacht. Zu viel hinterfragt.<br />
Anderseits doch wieder gut so. Zwar nicht ganz<br />
so die Offenbarung und etwas neues - wie im Info im<br />
wahrsten Sinne abgefeiert und abgefeuert - aber schon<br />
da in die Richtung stolpernd. Schon dran. "Stille" ist ja<br />
doch auch sehr gut. Wobei "Vampir" mit seinen Vergleichen<br />
und Bildmalereien ein bisschen zu -naja- mir<br />
zu weit weg ist. Und der Song klingt schon sehr nach<br />
spätere Blumfeld... Eigentlich sollte ich viel mehr Worte<br />
hier verwenden, die ich im Duden nachschlagen müsste.<br />
Dieses Gefühl wird zumindest gerade bei mir geweckt;<br />
Voltaire läuft im Hintergrund. Ob das jezz gut ist,<br />
sei mal dahingestellt. "Kaputt" ist ein Hitkandidat, das<br />
mal kurz als Einwurf. Letztens wurde ich wegen "unangebrachten<br />
bis peinlichen Anmerkungen des Verfassers"<br />
gerügt. Das ist mir aber egal. Es geht um verschiedene<br />
Ebenen, um Subjektivität. Alles geht darum.<br />
So auch bei Voltaire. Alles auf Ebenen und Subebenen.<br />
Mehr dahinter und vor allem darunter, als man am Anfang<br />
zu denken vermag. Man müsste sich allerdings auf<br />
Voltaire einlassen. Und das könnte gefährlich werden.<br />
Für Geist und Körper. Die werden spalten. Find ich die<br />
jezz gut? Ja... Und das war jezz nicht zögernd. Oder<br />
doch?<br />
Abdruck ohne Namensnennung (wie aufm Info unterm<br />
Text drunter steht...) Ach ne, doch... Matthias Horn<br />
www.verstaerker.<strong>com</strong><br />
Warrant - Born Again<br />
(MTM Music/SPV)<br />
Condition critical. Warrant haben das Kunststück vollbracht,<br />
zuletzt zur eigenen Persiflage zu verkommen.<br />
Als Ursache wurde zwischenzeitlich Ex-Sänger Jani<br />
Lane ausgemacht, den man nun durch die ehemalige<br />
Black'n Blue-Röhre Jaime St. James ersetzt hat. Der<br />
macht seine Sache unspektakulär aber gut (wenn auch<br />
ungewohnt tiefstimmig), und so dürften Warrant auf ihrem<br />
siebten Album sicher erneut die Königspudel unter<br />
Euch zum Matte-Schütteln bewegen. Obwohl die<br />
Songs unterm Strich als ordentliche Hardrock-/Hair Metal-Kost<br />
durchgehen, fehlt insgesamt das für eine wirklich<br />
überzeugende Gitarrenarbeit notwendige Quäntchen<br />
Finesse - hier belassen es Warrant bei einem gelegentlichen<br />
Solo, wo sie früher noch durch technische<br />
Kabinettstückchen aufhören ließen. Und ein Wechsel<br />
am Mikro hinterlässt immer Spuren, so dass auch bei<br />
Warrant bezweifelt werden darf, dass "Born again" einer<br />
tatsächlichen Widergeburt entspricht. Eine gelungene<br />
Wiederbelebung ist es aber allemal. No more condition<br />
critical.<br />
Heavy<br />
www.warrantweb.net<br />
Waterdown - All Riot<br />
(Victory/Soulfood)<br />
Deutschlands einzige Victory-Band mit ihrem Comebackalbum.<br />
Und was für eins. Mit gewisser Skepsis beginnt<br />
mein Weg durch dieses Album, mit dem ja keiner<br />
so wirklich mehr gerechnet hatte. Da wäre zunächst die<br />
Tatsache, dass Donots-Frontmann Ingo Knollmann hier<br />
an den Reglern saß - was zumindest im Waterdown-<br />
Kontext so einiges an Angst aufkommen ließ. Denn<br />
Freundschaft unter den Bands hin oder her, was ich auf<br />
gar keinen Fall hören wollte, sind auf Pop geschliffene<br />
Songs, die jede Teenieparty zum Platzen bringen würden,<br />
nur eben mich nicht. Und dann kommt diese Wut,<br />
diese Twenty-Something-Angst, dieses Aufbrechen<br />
und Zerfließen in Melodien, die ja in der Tat sogar Maiden-Anklänge<br />
haben. Und am Ende, nach all dem<br />
Schmerz, der sich in Tracks wie dem ultrabösen "Disassembled"<br />
breitgemacht hat, gibt dir und mir das unglaubliche,<br />
und ich neige sogar es als schön zu bezeichnende,<br />
"Til the very end" den Frieden, den du<br />
brauchst, wenn du nichts erwartet und doch alles bekommen<br />
hast.<br />
Jörg Willerscheidt<br />
www.victory.<strong>com</strong>
Why? - Rubber Traits EP<br />
(Anticon/Southern)<br />
Yoni Wolfs dritter Output innerhalb kurzer Zeit. Nach der<br />
"Sanddollars"-EP und dem fabelhaften "Elephant Eyelash"<br />
Album (siehe nN # 14), hier nun eine Songauskoppelung<br />
aus letzterem. Mit "Rubber Traits" hat man einen<br />
sehr zurückgelehnten, leicht spacigen Akustik-Pop<br />
Song gewählt. Dazu gibt es drei unveröffentlichte Stücke sowie das Video zum<br />
Titelsong. Insgesamt entsprechen auch diese Songs dem zurückgelehnten<br />
Charakter und spiegeln so eher die Psych-Pop Seite Wolfs wider. Seine Hip<br />
Hop-Roots sind hier allenfalls marginal in "Pick Fights" zu finden, was diese<br />
angenehme EP allerdings keineswegs schmälert. Eine ruhige, wiederum gelungene<br />
Veröffentlichung, die allerdings ohne Hits wie "Sanddollars" auskommt.<br />
Christian Eder<br />
www.anticon.<strong>com</strong><br />
Wilson Jr. - Introinvasion<br />
(Consolidate Records/Rough Trade)<br />
Wilson Jr. sind irgendwie wütend. Freundlich, und trotzdem unzufrieden.<br />
Deutsch, geschliffen, nun ja, wirklich viel kommt eben nicht dabei rum. Nur das<br />
Info, das geht so gar nicht. Ich weigere mich wirklich, weiterzuschreiben. Eine<br />
Unverschämtheit. So.<br />
Torge Hüper<br />
www.consolidate-rec.de<br />
Zamarro - The beast is on your track<br />
(Supermodern/Indigo)<br />
Wirklich bestürzend langweilig, was hier geboten wird. Man hat es schon geahnt,<br />
wenn von "rotzig stampfenden, kompromisslosen Rockhymnen voller Melodie,<br />
Frische und Sexappeal" und einem "tighten Meisterwerk voller Speed,<br />
Highwayfeeling und Leidenschaft" die Rede ist. Doch dann springt einem der<br />
Name Jack Endino, der ja immerhin Mudhoney, Zeke, Nirvana u. a., produziert<br />
hat ins Auge. Wird vielleicht doch nicht so schlimm? Nein! Es kommt sogar<br />
noch schlimmer. Unbeschreiblich schlimm. Man sammle sämtliche Superlative<br />
zu langweilig, uninspiriert, klischeehaft etc. und man bekommt ein sehr genaues<br />
Bild von "The beast…". Bestürzend, dass Endino sich für so ein Fäkalprodukt<br />
hergibt. Ich weigere mich diese Platte zu Ende zu hören und hier noch<br />
mehr Platz zu verschwenden. So eine Zumutung aber auch.<br />
Christian Eder<br />
www.zamarro.<strong>com</strong><br />
Berichtigungen<br />
Wahrscheinlich hat es eh jeder selbst bemerkt. Der Rezension zu G. I. Joe<br />
steht natürlich eine Besprechung von Hell Demonio und deren Album<br />
"Greatest Hits" voran, um deren Album es auch hauptsächlich gehen sollte.<br />
Volt waren bis dato noch nicht Support von Unsane. Da sind wir leider einer<br />
Fehlinformation des Labels aufgesessen. Southern hat da vielleicht einfach in<br />
der Alltagshektik etwas verwechselt. Nichtsdestotrotz würden Volt dort sehr gut<br />
hinpassen, und die alten Herren dürfen sich nach wie vor warm anziehen.<br />
Ups, wasn Legendenfrevel…<br />
Zum HellfueledAlbum wurde versehentlich das Hell Demonio Cover abgebildet.<br />
<strong>reViews</strong><br />
35
36<br />
<strong>reViews</strong><br />
SCHNELLDURCHLAUF mit Keule<br />
FAST FRIDAY - The Sweeter The Sin, The Bitter The Taste (www.fast-friday.net) ist definitv der<br />
Geheimtipp aus der umtriebigen Luxemburger Emo-/Noise-Szene; brutale Gitarren, hartzart Gesang<br />
mit großartigen Hooks heben diese Scheibe ganz, ganz weit über den Standard. Leider ist<br />
die CD zur Zeit noch in keinem deutschen Vertrieb, so dass sie nur über die Bandhomepage bezogen<br />
werden kann. Unbedingt zugreifen! ***<br />
FILTHY THIEVING BASTARDS - My Pappa Was A Pistol (BYO) klingen irgendwie nach den<br />
Pogues. Ist klar, dass das ein Kompliment ist, oder? Die Band, eigentlich aus einem Sideproject<br />
der "Swinging Utters" und weiterer Bands hervorgegangen, mischen Folk, Contry, Rock und<br />
Punk zu einer stimmigen Mischung. ***<br />
KIMONO - Arctic Death Ship (Bad Taste/Rough Trade) machen laut Bandinfo irgendwas<br />
"zwischen Can, Neu!" und isländischer Avantgarde; kommt alles recht düster und eckig daher.<br />
Nicht schlecht, hat aber mit Krautrock ungefähr soviel zu tun, wie Weihnachten mit dem Osterhasen.<br />
***<br />
MALAISE - Hypnotized By Forgotten Lies<br />
(Ultrachrome/Rough Trade) kommen aus Schweden, was mir zunächst ein zuversichtliches Grinsen<br />
ins Gesicht treibt; leider verflüchtigt sich Nämliches beim Hören; die sehr runde Produktion<br />
kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass diese Scheibe mit ihren C-D-E- resp. F-G-A-Akkordfolgen<br />
kaum weniger langweilig ist als ein Ü-60-Tanztee. ***<br />
MARY SLIM - My Time EP (Wild Kingdom/Rough Trade) machen ziemlich rotzigen Rock'n'Roll,<br />
der mächtig Spaß macht; die richtiges Mucke für eine coole BBQ-Party mit viel Bier vom Fass.<br />
MEDLEY JUKEBOX - Tinki Winki Was A Pornstar (Charel Stoltz Productions/ http://www.medleyjukebox.tk)<br />
haben sich dem, was ich mal "Frickelcore" nennen möchte, verschrieben; zwischen<br />
Noise, Jazz, Rock und Klangkollagen tummeln sich die Luxemburger um Keyboarder<br />
Charel Stolz. Und sie machen ihre Sache derart gut, dass es einem glatt die Sprache verschlägt.<br />
Kein egomanisches Gedudel selbstverliebter Instrumentalisten - Teamarbeit ist angesagt, das<br />
Kollektiv macht diese Band so stark. Klasse Scheibe, und immer wieder erstaunlich, was dieses<br />
kleine Land so hervorbringt. Und das mit Tinki Winki habe ich ja schon immer geahnt …. ***<br />
OHL - Wir Sind Die Türken Von Morgen (Teenage Rebel/Rough Trade) ist ein Re-Release, die<br />
Scheibe kam bereits vor vier Jahren als Vinyl raus, nun also mit einigen zusätzlichen Tracks als<br />
CD. Das Ganze ist eher was für die hardcore-OHL-Fans, fast alles Songs sind schon gut 25<br />
Jahre alt und stammen aus dem Jahr 1981. Was die Sache eventuell spannend macht: Das was<br />
hier drauf ist, wird man kaum woanders finden, sind doch die Originale meines Wissens indiziert.<br />
***<br />
RAM - Forced Entry (Black Path /www.ram-metal.<strong>com</strong>) lassen das Metal-Heart höher schlagen,<br />
und da ein solches noch ab und an in meiner Brust tobt, bin ich ganz aus dem Häuschen! Judas<br />
Priest mit einen Sänger, der aber so was nach Midnight von "Crimson Glory" klingt - so<br />
könnte man das beschreiben. Und da die Jungs aus Schweden kommen, muss das mit dem<br />
guten Sound wohl gar nicht erwähnt werden - klasse! Leider zur Zeit nur über die Homepage<br />
der Band, siehe oben, zu bekommen. ***<br />
SOME GILRS - Heaven's Pregnant Teens (Epitaph/SPV) - aha,<br />
wieder so eine "Allstar-Band"; ist ja immer so 'ne Sache. Man<br />
könnte glatt meinen, derlei Scheiben verkaufen sich hauptsächlich<br />
durch ein verkaufsförderndes Namedropping; Mitglieder<br />
von Bands wie UNBROKEN, AMERICAN NIGHTMARE,<br />
THE LOCUST kloppen uns hier die Tracks um die Ohren, dass<br />
es sich gewaschen hat. Viel Krach, also, wenig Melodien, das<br />
wird kein großes Ding, trotz der Namen - schade, da wäre mehr<br />
drin gewesen, zumal leider auch am Sound gespart wurde. ***<br />
THE BUCKSHOTS - s/t (Frankie Boy Records/Soulfood). Die<br />
Band haben wir ja schon in einem Interview in dieser Ausgabe<br />
gewürdigt, und eigentlich mag ich es nicht, eine Interview zu<br />
machen und dann noch gleich selbst die CD zu besprechen -<br />
die ich natürlich mag, sonst würde ich ja kein Interview führen,<br />
oder?! Daher nur noch mal kurz: THE BUCKSHOTS sind die<br />
Band um "Psychotic Youth" Sänger Jorgen; cooler Rockabilly<br />
mit Surf, Country und Rock'n'Roll-Anleihen! die CD wird Ende<br />
März beim Wolverine-Sub Frankie Boy Records erscheinen.<br />
THE FILAMENTS - … What's Next (Householdnamerecords)<br />
bringen nicht weniger als sechs Leute auf die Bühne und<br />
scheuen auch vor dem Gebrauch von Blasinstrumenten wie<br />
Sax und Trompete nicht zurück; das verleiht dem Punk der Engländer<br />
einen Anzug, der gut sitzt, farblich aber etwas gewagt<br />
daherkommt. ***<br />
THE GEE STRINGS - 16 Songs Of Nonstop Punkrock (Revel<br />
Yell Music/RADAR) - so und nicht anders muss Punk sein:<br />
Kämpferisch, mit aggressiven Melodien, geläufige Akkordfolge<br />
mit trotzdem - oder gerade deshalb - hohem Widererkennungswert;<br />
die vier Aachener um Sängering Ingi Pop und Basser<br />
Nik Nasty, aka Dominik Schetting, der auch bei "Molotow<br />
Soda" mitwerkelt, machen zeitlosen Britpunk vom Feinsten. Einen<br />
Blick sollte man auch auf das Label werfen: "Revel Yell"<br />
heißt die Schmiede und ist im Norden Japans angesiedelt - gut<br />
möglich, dass wir in einer der nächsten Ausgaben mal ein Special<br />
machen … ***<br />
THE QUILL - In Triumph (Steamhammer/SPV)<br />
entstammen der untoten Stoner-Gemeinde und gehen<br />
schweinsgeil ab; es drückt, es rockt und treibt, ist ziemlich in<br />
der 70ern verwurzelt und besticht durch astreinen Sound - sind<br />
eben Schweden. Mit Sicherheit eine des besten Releases dieser<br />
Kategorie in letzter Zeit - die sollen ja demnächst live kommen<br />
- würde ich mir an Eurer Stelle unbedingt mal geben.<br />
THE SCOTCH GREENS -<br />
Professional (DRT/Soulfood)<br />
sorgen für fröhlich sprudelnde<br />
Stimmung, mit Songs denen<br />
mitunter sogar ein Country-<br />
Anstrich verpasst wurde; das<br />
sprengt Hörgewohnheiten und<br />
ist - weil's gut funktioniert - lobenswert;<br />
da derlei nach einer<br />
dreiviertel Stunde aber auch<br />
schon mal langweilig werden<br />
könnte, beeilen sich die Herren<br />
und machen deutlich vorher<br />
Schluss. ***<br />
TOPPER - No. 1 (Wild Kingdom/Rough<br />
Trade) behaupten,<br />
dass Punk "nicht deshalb<br />
schon tot" ist, weil es die<br />
"Clash oder die Stiff Little Fingers"<br />
nicht mehr gibt - und sehen<br />
sich als Beweis hierfür.<br />
Dem muss ich nix hinzufügen,<br />
recht haben sie, sauber gerockt<br />
und gut produziert - Punk<br />
zum Mitsingen. ***
Barzin - My Life In Rooms<br />
(Monotreme Records/Cargo Rec.)<br />
Highlight1<br />
Diese Wärme, dieses Vibraphone, dieses Steel Pedal, diese sanfte Stimme, diese intime Atmosphäre. Nach<br />
ein paar Sekunden ist man umgarnt und wiegt sich wohlig in dieser hörbaren Decke. Ein sanftes Eintauchen,<br />
vorsichtig erst mit den Ohren, die Flächen teilen sich und schließen sich wieder nach dem Eintritt. Dann folgt der restliche<br />
Körper. Alles geschieht ganz langsam und behutsam. Man schwimmt davon, man schwebt. Keine Berührungsängste, alle sind da:<br />
Piano, Gitarre, Bass, Jazzbesendrums - eine Fläche French Horn, und vieles anderes. Ineinander verwebt, einfach nur warm und sanft.<br />
Das hört sich vielleicht jezz sehr nach verdammtem Hippie an, aber würden alle Barzin hören, es würden keine Unstimmigkeiten, kein<br />
Krieg mehr geben. Auch wenn das hier alles -natürlich- mit einer gehauchten Melancholie durchzogen ist, es nicht anders sein kann, zieht<br />
und strömt alles nach oben. Vor allem ist diese Vertrautheit, dieses Gefühl der Verbundenheit nicht mehr wegzukriegen. Barzin wissen,<br />
wie es einem geht, wissen, wie das Leben so spielt, wissen, nach was man sich sehnt, wissen, wohin man drängt. Vertonte Nähe. Wissende<br />
Töne. "It's leaving time - it's always leaving time", selten war Aufbrechen so voller Ruhe, Gewissheit und dennoch Elan… Barzin<br />
motivieren zum Kopfkino, zum Sich-bewußt-werden, zum Sich-öffnen.<br />
Iron&Wine, Calexico, Dakota Suite, Mojave3, die Great Lake Swimmers, alles Verwandte; Tony Dekker von letzteren ist sogar teilweise<br />
aktiv am Songwriting und beim Instrumentieren beteiligt. Und das ist gut so. Der Soundtrack zum Wohlfühlen. Und für alles weitere auch.<br />
Matthias Horn<br />
www.barzinh.<strong>com</strong><br />
www.monotremerecords.<strong>com</strong><br />
37
38<br />
Kate Mosh<br />
Kate Mosh über...<br />
Man hat ja viel Verheißungsvolles gehört aus dem<br />
Hause Nois-O-Lution. Sagenhafte Dinge über das<br />
im April erscheinende neue Album von KATE<br />
MOSH, das da heißt "Breakfast Epiphanies". Labelchef<br />
Arne Gesemann faselte in scheinbar wirr<br />
dahingeschriebenen eMails irgendwas von "auf<br />
einem Level mit Notwist" und auch der ein oder<br />
andere Label-Newsletter versprach für das da Kommende<br />
eine ganz große Show. Dann der erste Vorgeschmack<br />
in Form der "4 a.m. And It's Already<br />
Hell"-EP, der sicherlich Appetit auf mehr machte.<br />
Beim ersten Hören von "Breakfast Epiphanies", galt<br />
es dann natürlich zunächst die Frage zu klären, ob<br />
die Platte den Vorschusslorbeeren auch wirklich<br />
gerecht wird, denn als schwäbelnder Musikkritiker<br />
ist man natürlich nicht so leicht von Worten zu<br />
blenden. Und was soll ich sagen?! Schon nach<br />
zwei, drei Hördurchgängen war mir klar, dass es<br />
sich hier um eine kleine Erschütterung der Hörge-<br />
.... DAS prägendste Ereignis in den zurückliegenden zwei<br />
Bandjahren.<br />
Thom: Wahrscheinlich das Immergut Festival 2005. Da hat bei<br />
unserem Auftritt alles geklappt, trotz 50 Grad Celsius im Zelt und<br />
vorhergehender Allergieattacken. Und außerdem: Sn Cleemann<br />
und Jens Gathemann als Mitspieler gefunden zu haben.<br />
wohnheiten handelt, deren Epizentrum hoffentlich<br />
nicht nur in kleinen, verrauchten Musikfreak-Zimmerchen<br />
zu spüren sein wird. "Breakfast Epiphanies"<br />
ist eine intelligente Mischung aus Noise, Neo-<br />
Wave, Pop und ganz viel Eigensinn. Soviel kreatives<br />
Potential lässt sich auch interviewtechnisch<br />
nicht in ein Korsett zwängen, dache ich da, und verzichtete<br />
deshalb auf ein konventionelles Frage/Antwort-Spiel,<br />
bei dem der Interviewer trotz all der<br />
gewollten Objektivität dennoch immer in die von<br />
ihm erdachte und im Vorfeld geplante subjektive<br />
Richtung lenkt. Die Idee dahinter ist die, dass es der<br />
Band selbst überlassen sein soll, was sie antwortet<br />
bzw. was eben nicht. Kurze, interpretierbare Fragen<br />
sollten es sein; unpersönlich via eMail übermittelt,<br />
um das Ergebnis so empirisch-objektiv wie möglich<br />
zu halten. Real existierende Demokratie sozusagen.<br />
Zur Verfügung stellten sich Thom (Voc/Git) und Sn<br />
(Git/Key/Voc). In diesem Sinne.<br />
... Nois-o-Lution-Records.<br />
Thom: Ein Label mit guter Geschichte und wahnsinnig produktiver<br />
und freundschaftlicher Atmosphäre. Arne Gesemann ist mit<br />
seiner Arbeitsweise und persönlichen Art ein ausschlaggebender<br />
Grund für unsere Entscheidung gewesen, das Angebot von Noisolution<br />
anzunehmen. Obwohl er ein verdammter Bayern-Fan<br />
ist... Und morgen ist die Stimmung bestimmt wieder schlecht,<br />
weil sie in Mailand 4:1 verloren haben. Gut , dass das nicht so
häufig vorkommt.<br />
Sn: Hier wird uns Arbeit abgenommen, hier müssen wir uns aber<br />
auch jenseits von freundschaftlicher Nachsicht behaupten können.<br />
Das fordert und fördert und ist recht angenehm. Dass wir<br />
die Verbindung zu Sinnbus trotzdem weiter pflegen können,<br />
spricht dabei noch einmal besonders für Arne, sein Label und<br />
seine schöne Praktikantin.<br />
... Sinnbus.<br />
Sn:Freunde, Partner, Label und Veranstalter mit Stil und<br />
Geschmack. Wie hier musikalische Vielfalt und doch stets spürbare<br />
Konsequenz im Umgang mit Musik und Individualität Hand<br />
in Hand gehen, das hat man nicht oft. So sind wir denn auch gern<br />
dort zuhause und arbeiten immer gern mit Sinnbus zusammen.<br />
Daran haben auch der Wechsel zu Noisolution und die Weitergabe<br />
von Verantwortlichkeiten nichts geändert; und es war auch<br />
nicht etwa Unzufriedenheit mit Sinnbus, die uns zum Wechsel<br />
bewegt hat.<br />
... Sinnbussignale.<br />
Sn:Der Sinnbus zu Grunde liegende Netzwerkgedanke in Veranstaltungsform.<br />
Signale ist eine Konzertreihe, mit der wir befreundeten<br />
Bands und Labels eine Plattform in unserer Stadt geben,<br />
bei der wir Bands aus Berlin und von außerhalb bestmöglich<br />
kombinieren und Berlin ein paar gute Abende verschaffen. Sinnbus<br />
ist nie nur ein Label gewesen, und diese Reihe ist ein<br />
schneller und unkomplizierter Weg, dieser Tatsache auch mal<br />
wieder Rechnung zu tragen.<br />
... Idealismus.<br />
Sn:Ist eine super Sache, wenn man voll dabei ist. Machen um<br />
des Machens willen, Selbstausbeutung, Leidenschaft, das ganze<br />
große rauschähnliche Ding. Kann einen aber auch ziemlich in die<br />
eine oder andere Scheiße reiten und ist deshalb verschiedenen<br />
Menschen verschieden wichtig. Kate Mosh sind verschiedene<br />
Menschen, aber am Ende ist für alle Beteiligten das Beste an der<br />
Musik die Musik. Und wir haben das Glück, mit Leuten<br />
zusammenarbeiten zu können, die das ähnlich sehen.<br />
... Breakfast Epiphanies.<br />
Thom: Damit meinen wir die in alltäglichen, unscheinbaren Situationen<br />
aufkommenden Erkenntnisse; Momente der Klarheit, die<br />
einen dazu antreiben, etwas zu ändern. In anderen Zusammenhängen<br />
der Titel unseres zweiten Albums. Ein Einblick in das,<br />
was Kate Mosh momentan bewegt und ausmacht.<br />
Am 07.04.2006 ist die Veröffentlichung, wir zählen die Tage und<br />
die Spannung steigt. Wird das Album gut aufgenommen? Erfüllen<br />
sich unsere Erwartungen? Unser momentanes Gefühl ähnelt<br />
der Vorfreude, die man als Kind vor seinem Geburtstag empfunden<br />
hat. So ein Gefühl noch mal zu haben ist schon etwas<br />
Besonderes.<br />
... die Vorstellung vom perfekten Song.<br />
Thom: Sogenannte perfekte Songs leben, soweit ich meine Lieblingslieder<br />
als Referenz anführe, wohl davon, eben nicht perfekt<br />
zu sein. Sie beinhalten Momente und Wendungen, die sich aus<br />
mannigfaltigen und oftmals unerklärlichen Gründen in Körper<br />
und Kopf fressen. Deshalb ist es auch müßig, den perfekten<br />
Song zu suchen.<br />
Sn: Er ignoriert alle Erwartungen. Er lebt von Verweigerung und<br />
Eigensinn und lässt einen dann doch einfach nicht los. Perfekte<br />
Songs sind deshalb "Particle man" von They Might Be Giants,<br />
"American motor over smoldered field" von ASMZ und alle Stükke<br />
von "Misery is a butterfly".<br />
... die Vorstellung von der perfekten Platte.<br />
Thom: Das ist schon etwas einfacher. Sie muss in ihrer Gesamt-<br />
heitfunktionieren, ein roter Faden sollte sich durch die Titel ziehen und nach<br />
dem Hören dreht man wieder um - oder stellt den Ordner auf<br />
"Repeat" - und es geht von vorne los.<br />
Sn:Auch hier wieder: Überraschungen, Brüche und Umwege, die<br />
dann doch wieder und wieder an ein Ziel führen.<br />
... den schmalen Grad zwischen Eingängigkeit und Vertracktheit.<br />
Thom: Du meinst wohl Grat? Entschuldige... J (..Oh..! Ja..! Klar..!<br />
Anm. d. Verf.) Ich hoffe, dass wir genau auf diesem entlang wandern.<br />
Beide Seiten haben ihre Wichtigkeit und Anziehungspunkte.<br />
Es ist auch nicht allzu schwer, die Mitte zu finden, wenn man<br />
beides in seiner Musik zulässt, weder verbohrt noch käsig ist.<br />
... die Beatles.<br />
Thom: Hab ich mit elf Jahren auf Papas Walkman gehört, den<br />
eigentlich nur ich benutzt habe. Ich fand natürlich die Stones besser,<br />
da Papa die auch besser fand. Tendenziell ist das jetzt auch<br />
noch so. Wenn es den Streit Beatles/Stones, Popper/Rocker,<br />
usw. heute noch geben würde, wäre ich wohl auf der letzteren<br />
Seite vertreten. Des Weiteren haben die Beatles ja auch so<br />
einen komischen Namen wie wir.<br />
Sn:<br />
Dann bin ich wohl der Beatles-Futzi. Aber ich habe ja auch nie<br />
AC/DC gehört.<br />
.... die aktuelle Relevanz des Pop.<br />
Thom: In meinem Leben nimmt Pop für mich als Musiker natürlich<br />
eine tragende Rolle ein. Er spiegelt die junge und frische Kultur<br />
ebenso wie die aktuelle Gemütslage der Gesellschaft wider.<br />
Momentan ist die Flut an Informationen und Veröffentlichungen<br />
aufgepumpt wie nie zuvor, doch diese Entwicklung wird sich fortführen,<br />
es wird immer mehr als je zuvor sein. Man wird sich dran<br />
gewöhnen. Es gibt viel Bedeutsames zu entdecken, man muss<br />
dafür aber Kraft und Mühe aufwenden und wird dadurch bedingt<br />
auch einiges Interessantes verpassen. In Verbindung mit dem<br />
mit Pop symbiotisch verbundenen Wort Masse, wird es jetzt und<br />
zukünftig wohl wenig Relevanz geben, da die die Masse erreichenden<br />
Institutionen zwangsläufig keinen Wert auf Bedeutsames<br />
legen. Ansprechendes wird von vielen, Anspruchsvolles nur<br />
von wenigen gekauft.<br />
... die zukünftige Relevanz des Pop.<br />
Sn: Es wäre schön, wenn sich die aktuell hohe Drehzahl der<br />
Popmaschine auch mal wieder in Bewegung niederschlagenwürde,<br />
die nicht ausschließlich Tanz ist. Ansonsten siehe oben.<br />
.... das Dasein als Vorband<br />
von Aereogramme.<br />
Thom: Eine gute Erfahrung<br />
mit einer sehr guten<br />
Band. Bei unserm Auftritt<br />
in Glasgow im Januar ist<br />
die ganze Band (bis auf<br />
Schlagzeuger Martin,<br />
den wir ein paar Tage<br />
später in London getroffen<br />
haben) und ihr Tourbegleitervorbeigekommen.<br />
Das war schon ein<br />
besonderes and angenehmes<br />
Wiedersehen.<br />
Kate Mosh 39
40<br />
Kate Mosh<br />
Auf der Tour mit Aereogramme<br />
haben wir natürlich auch Menschen<br />
erreichen können, die vorher<br />
noch nichts von uns gehört<br />
haben. Wer Aereogramme hört ist<br />
auch sicherlich ein aufgeschlossener<br />
Musikhörer, das hat das Ganze<br />
natürlich wesentlich vereinfacht.<br />
Immer gerne wieder. Dann werden<br />
wir auch vielleicht den Typen finden,<br />
der uns in Stuttgart den Mietwagen<br />
mit einem Schlüssel zerkratzt<br />
und uns fast in den finanziellen Ruin getrieben hat.<br />
Sn: Vier Aereogramme-Konzerte am Stück gesehen. Wie geil ist<br />
das denn?<br />
... das Leben auf Tour.<br />
Thom: Unterwegs sein ist eines der schönsten Dinge, die ich mir<br />
vorstellen kann. Ist eine Art Paralleluniversum, in dem man sich<br />
auf Tour befindet. Auch wenn man viel Zeit auf Autobahnen verbringt,<br />
manchmal gerne mehr von den Orten, die man besucht<br />
sehen würde. Man trifft überall auf interessante und freundliche<br />
Menschen, denen Musik viel bedeutet, die einem ihre Wohnung<br />
zum Schlafen anbieten. Aber auch auf oben beschriebene<br />
Schlüsselkratzer. Also doch nicht viel anders als in der normalen<br />
Welt.<br />
Sn: Man muss manchmal aufpassen, dass man abseits der Konzertspektakel<br />
nicht im Autobahnstumpfsinn versinkt. Wenn das<br />
klappt, kann so eine Tour der großartigste Klassenfahrt-Bildungsurlaub-Expedition-Geschäftsreise-Crossover<br />
sein.<br />
... Live-Auftritte auf größeren (Festival-)Bühnen.<br />
Thom: Sie sind manchmal neu und aufregend, manchmal durchorganisiert<br />
und unpersönlich. Genauso verhält es sich mit dem<br />
dadurch Erzielbarem. Man kann viele Leute erreichen oder sie<br />
stehen alle an den Bierzelten, haken den nächsten Namen von<br />
ihrer "die-will-ich-mal-sehen"-Liste oder schlafen noch ihren<br />
Rausch im Zelt aus.<br />
... Live-Auftritte in kleinen Clubs.<br />
Thom: Es macht natürlich mehr Spaß, das Publikum näher an<br />
sich dran zu haben und vor gefülltem Haus zu spielen. Es ist<br />
aber auch angenehm, eine gute Anlage - und viel wichtiger einen<br />
guten Techniker - zu haben, was in manchen Läden eher nicht<br />
der Fall ist. Grundsätzlich hilft es natürlich am meisten, wenn<br />
sich der Veranstalter bemüht und kümmert und freundlich ist.<br />
... Top-Models.<br />
Thom: Haben mich in der Zeit von Claudia Schiffer, Naomi<br />
Campbell, Christy Turlington oder eben Kate Moss mehr interessiert.<br />
Heute kenn ich keine Namen mehr.<br />
Sn: Anfangs-, Höhe- und Schlusspunkt meiner Topmodelmanie<br />
markierte das famos sinnfreie "Toofunky"-Video. Heute wird lieber<br />
noch einmal "Glamorama" gelesen.<br />
... koksende Top-Models.<br />
Thom: Dass ich mich früher mehr dafür begeistern konnte (... für<br />
was? Anm. d. Verf.), lag wahrscheinlich auch daran, dass ich<br />
noch zu einem kleinen Teil daran geglaubt habe, dass das kein<br />
Knochenjob und alles total verkorkst (ha,ha) ist. Wer als Top-<br />
Model kokst ist mir aber auch ziemlich egal.<br />
Sn: Sind bestimmt voll gut drauf.<br />
.... England.<br />
Sn: ...ist schön und arm an Wäldern. Unser erweitertes Auswärtsspiel<br />
mit Sometree war ein ziemliches Fest, da wir wenig<br />
erwartet hatten und dafür eine Menge bekamen: Zuspruch,<br />
Bekanntschaften, witzige bis sehr gute Dritt- und Viertbands,<br />
viel gute Zeit. Wir haben uns sehr willkommen<br />
gefühlt und niemals einen schweren Stand gehabt, jedenfalls<br />
nicht jenseits dessen, was völlig unbekannte Bands<br />
nun einmal zu erwarten haben.<br />
... Fierce Panda und den Fandango Club.<br />
Thom: Es war schon komisch, bis nach London zu kommen,<br />
um dann um 20 Uhr als erste Band zu spielen. Das<br />
stelle man sich mal andersherum vor: Band kommt aus<br />
London und spielt dann um 21 Uhr, da danach die lokalen<br />
Bands spielen. Am Anfang unseres Konzerts waren genau drei<br />
Leute im Raum vor uns, Martin von Aereogramme, der zufälligerweise<br />
an jenem Abend Techniker gewesen ist, der Lichtmensch<br />
und unsere Freundin Anna, die in London wohnt und bei<br />
der wir übernachtet haben. Doch schon nach dem ersten Song<br />
füllte sich der Saal und es war ein sehr angenehmes und gutes<br />
Konzert. Wir stehen seit dem weiter mit Simon von Fierce Panda<br />
in Kontakt. Mal sehen, was da noch passiert.<br />
... für die Subkultur wirklich relevante Bands aus<br />
Deutschland.<br />
Sn: The Notwist, Delbo, Tocotronic, TSS, Oval - sage ich als Ein-<br />
Mann-Subkultur. Meine ostwestfälischen Mitsubkulturen werden<br />
wohl Tuesday Weld und Sharon Stoned ergänzen. Und<br />
Zusammenrottungen mit Subkulturgeschmack brauchen keine<br />
relevanten Bands, die haben sich selber.<br />
... die 80er Jahre.<br />
Sn: Ein sehr ergiebiges Jahrzehnt, in dem ich Sprache und aufrechten<br />
Gang für mich entdeckte und unter anderem im Rostokker<br />
Zoo Betonschildkröten zuritt. Der Rest der Welt zu dieser Zeit<br />
erschließt sich mir nur langsam, da ja jeder etwas anderes<br />
erzählt und für wichtig hält. An das gleichmacherische Ablehnen<br />
oder Feiern von Dekaden glaube ich nicht.<br />
... das letzte als Gast besuchte Live-Konzert.<br />
Sn: Beach und 3Moonboys im immertollen Schokoladen. Letztere<br />
ziemlich gut, aber dann doch ein bisschen arg ereignisarm,<br />
Beach ein ziemlicher Knaller mit wuchtigen neuen Songs, auf<br />
deren Leben als neue Platte ich mich schon sehr freue.<br />
... den eigenen Plattenschrank.<br />
Thom: Den habe ich seit geraumer Zeit unglaublich vernachlässigt.<br />
Seit geraumer Zeit habe ich aber auch kein Geld mehr, um<br />
mir mehr CDs zu kaufen, andererseits bekommt man aber auch<br />
mehr Material in die Hände, das von noch unbekannten Bands<br />
stammt, Demos, etc. Und da ist immer mal wieder was Interessantes<br />
dabei.<br />
Sn: Durch die Arbeit bei Tonspion.de größer geworden, aber<br />
nicht nur besser. Alphabetisch geordnet, der Übersicht halber.<br />
Überwiegend CDs.<br />
... die letzte selbst gekaufte Platte.<br />
Thom: Electrelane - "The Power Out"<br />
Eine tolle Band, die jahrelang dabei war und ein sehr eigenständiges<br />
Werk geschaffen hat. Haben hier auf dem europäischen<br />
Festland viel zu wenig Aufmerksamkeit bekommen. Bei der<br />
neuen Platte "Axes" wollten sie wohl zu viel und haben sich verzettelt.<br />
Schade, gerade weil es mich immer sehr freut, wenn<br />
Frauen sich mit ihrer Musik durchsetzen können.<br />
Sn: Die Goldenen Zitronen - Wenn ich ein Turnschuh wär'. Und<br />
Mogwais "Mr Beast". Beide super.
... Hype und das schnelle Vergessen.<br />
Sn: Beim Hype will es am Ende immer keiner gewesen sein, was<br />
wohl auch das schnelle Vergessen erklärt. Beide sind eher unangenehme<br />
Erscheinungen, die nur selten den richtigen Leuten im<br />
richtigen Maße zuteil werden. Schöne Ausnahmen wie Maximo<br />
Park bestätigen diese Regel eher. Als Schimpfwort oder Beitrag<br />
zu musikalischer Diskussion jedoch ist "Hype" genauso selbstdisqualifizierend<br />
wie "überbewertet".<br />
... die neue Platte von Franz Ferdinand.<br />
Thom: Hab ich noch nichts von gehört.<br />
Sn: Kann man gut zu tanzen. Kann man gut angucken. In allen<br />
anderen Punkten eher nicht so meins, aber alle anderen Punkte<br />
sind denen wohl auch gar nicht so wichtig. Geht klar.<br />
Kate Mosh 41<br />
... die neue Platte von den Strokes.<br />
Thom: Ich kenne nur die Single, die original wie Barry Manilows<br />
"Mandy" klingt. Aber das zieht sich ja momentan durch die aktuelle<br />
Musik wie nichts Gutes. Man denke nur an The Killers "Mr.<br />
Brightside" mit dem Gitarrensolo, das die "Ode An Die Freude"<br />
kopiert oder an Jets "Are you gonna be my girl" nachdem man<br />
als DJ immer sofort "Lust for life" von Iggy Pop spielen sollte.<br />
Sn: ...oder "You can't hurry love", nicht wahr.<br />
... die Zukunft.<br />
Sn:...soll jeder bitteschön selbst mitgestalten. Mir macht sie eher<br />
Sorgen.<br />
... die Zukunft der Band.<br />
Sn: Genau, halten wir die Bälle doch etwas flacher. Wir bringen<br />
ein neues Album heraus, wir werden damit touren, wir werden<br />
immer an neuen Stücken und guter Musik arbeiten. Auf den Rest<br />
sind wir sehr gespannt.<br />
Jochen Wörsinger
42<br />
einBlick: whosbrain Recs.<br />
nN: Who´s Brain ist…<br />
WB: … ein französisches<br />
Independent-Label, dass<br />
derzeit sieben Bands produziert.<br />
Wir sind fokussiert auf<br />
jedwede Independent-Sounds<br />
wie Post-Rock, Noise, Low-Fi, Electronica.<br />
Who´s Brain Records produziert und vertreibt alle Alben<br />
selbst. Wir sind vier Personen, die das Ganze leiten, zwei davon<br />
in Deutschland und zwei in Frankreich.<br />
nN: Unsere Geschichte hat begonnen…<br />
WB: … im April 2004 in Cherbourg in der Normandie. Nach der<br />
musikalischen Konzeptionierung von KruteKruth benötigten wir<br />
eigene Strukturen, um diese Musik anderen zugänglich zu<br />
machen. Daraufhin hat Who´s Brain die erste CD von KruteKruth<br />
veröffentlicht und ein Mini-Festival mit Spinoza Project, Al Wen<br />
Tio und Moller Plesset in Cherbourg organisiert. Spinoza Projekt<br />
und Al Wen Tio haben sich uns daraufhin angeschlossen, und so<br />
ist das Label Schritt für Schritt gewachsen.<br />
nN: Wir haben Who´s Brain Records ins Leben<br />
gerufen weil…<br />
WB: … Cherbourg eine wirklich gute Stadt für solche<br />
Sounds ist und es eine Menge Bands ohne weitergehende<br />
Strukturen gibt. Wir wollten verschiedene Bands<br />
zusammenbringen und später ihre Musik verbreiten.<br />
Die meisten dieser Bands waren Freunde von uns<br />
oder von KruteKruth. Who´s Brain war dabei die gute<br />
Mitte, um beim Produzieren und dem Organisieren<br />
von Konzerten zu helfen.<br />
nN: Unsere Philosopie ist…<br />
WB: … inhaltsorientiert mit Do-it-yourself Attitüde. Wir<br />
möchten gerne mit anderen Independent-Labels kollaborieren.<br />
Wir haben eine unkommerzielle Non-Profit Philosophie.<br />
Auch wenn wir unsere Alben verkaufen, jeder Gewinn wird dazu<br />
Guten Tag sehr geehrte Rammeherren! Die Aktualität von<br />
WHOSBRAIN RECORDS dieser Monat ist es sich vorzustellen.<br />
Man wünscht Ihnen eine sehr gute musikalische Aktivität!!!!!!!<br />
genutzt, um Neues zu produzieren. Wir kreieren und produzieren<br />
dabei alles selbst: CD-Cover, Poster, Merchandising etc.<br />
nN: Wir verstehen unter Independent…<br />
WB: … die Hauptdefinition der amerikanischen "free culture" der<br />
60er und 70er. Dem entgegen ist die USA aber das Land des<br />
Turbokapitalismus und kommerzieller und vorformatierter Produkte.<br />
Independent ist für uns das Gegenteil von Kommerz. Wir<br />
sind unabhängig und wollen nicht vom Geld getrieben sein.<br />
nN: Wir machen es, weil…<br />
WB: …wir es einfach gerne machen. Und seit 2004 ist es wirklich<br />
ermutigend mitzubekommen, dass wir zwar langsam aber<br />
sicher wachsen. Deswegen werden wir beharrlich weitermachen,<br />
um Who´s Brain weiter voranzubringen.<br />
nN: Wir verdienen selbst Geld in Höhe von…<br />
WB: … Null Euro.<br />
nN: Who´s Brain als<br />
politisches Projekt zu<br />
verstehen ist…<br />
WB: Wir können<br />
nicht wirklich klar<br />
sagen, dass<br />
Who's Brain<br />
Records ein<br />
politisches Projekt<br />
ist. Jeder<br />
von uns hat<br />
seine eigenen<br />
Präferenzen,<br />
auch wenn sie<br />
recht ähnlich sind.<br />
Aber wir sind eben<br />
DIY und Non-Profit und<br />
versuchen Menschen für
unkommerzielle Musik zu begeistern.<br />
nN: Unsere Kriterien eine Band zu signen sind…<br />
WB: Am allerwichtigsten ist erstmal die Musik. Diese muss<br />
dann von allen vier Mitgliedern von Who´s Brain gebilligt<br />
werden. Daraufhin analysieren wir unsere finanzielle<br />
Situation. Ein wichtiger Punkt ist natürlich auch die<br />
Motivation der Band.<br />
nN: Folgende Bands würden wir gerne<br />
signen…<br />
WB: Im Moment sind wir genug mit "unseren"<br />
Bands beschäftigt. Es gibt schon eine Idee<br />
für die nächste Band, aber das ist noch ein<br />
großes Geheimnis.<br />
nN: Unsere absoluten Faves, die wir<br />
gerne signen würden wären…<br />
WB: … Shellac, Shipping News, Herman Düne,<br />
Tortoise, Cheval de Frise, aber das ist natürlich<br />
leider nicht möglich. Wir haben dafür nicht genügend<br />
Geld und in Bezug auf Letztgenannte ist es<br />
unglücklicherweise zu spät.<br />
nN: Wir verehren…<br />
WB: ... Skingraft Records für ihre Mannigfaltigkeit (Comics,<br />
Musik, TV) und ihre Langlebigkeit. Dischord als politisches Projekt<br />
und deren Unabhängigkeit. Und in Frankreich "Les potagers<br />
natures" für ihre Offenheit.<br />
einBlick: whosbrain Recs. 43<br />
nN: Über Fanzines in Frankreich können wir sagen, dass<br />
WB: … sie alle zu Webzines werden, da das billiger ist.<br />
nN: Das spezielle Problem<br />
französischer Independent-<br />
Sounds ist…<br />
WB: … von der Independent-Szenewahrgenommen<br />
zu werden.<br />
Es gibt schon viele<br />
kleine Strukturen<br />
diesbezüglich, zwischen<br />
denen aber<br />
kein Austausch<br />
stattfindet. Inzwischen<br />
bessert<br />
sich das aber allmählich.Problematisch<br />
ist aber vor<br />
allem, dass es immer<br />
weniger Clubs für<br />
Indie-Konzerte gibt. Das<br />
ist wirklich schlimm, da<br />
ohne Konzerte alles ausstirbt.<br />
Da hängt viel von politischen Entscheidungen<br />
ab. Die Regierung will<br />
aber alternativer Kultur keinen Raum geben.<br />
Christian Eder<br />
http://whosbrain.free.fr
44<br />
Cor<br />
CORVom Schmerz in der Musik<br />
Nein, ich werde mich nicht darauf einlassen, schon in den Einleitungszeilen eines Interviews mit einer Rügener Band, das<br />
- ich sehe das jetzt mal so voraus - Unwort des Jahres 2006 zu benutzen oder hier in irgendeiner Form auf malade oder gar<br />
tote Federtiere anspielen. Lieber lasse ich meine altphilologische Schulbildung mal so richtig raushängen und bezeichne<br />
den Begriff "Rügencore" als "Paradoxon", will doch die idyllische, ruhige Insel irgendwie nicht in einem Atemzug mit etwas<br />
genannt sein, das nun für Ruhe, Frieden und Idylle so gar nicht steht: "Rügencore" - so bezeichnen die Insulaner um<br />
Sänger Friedemann Hinz ihre Musik. Was mich irgendwie gleich auf die erste Frage bringt …<br />
nN: Was bedeutet "Rügencore" und was kannst Du uns zur Band sagen?<br />
Friedemann: Rügen ist unsere Heimat, "Core" ist für mich ein Kürzel für aggressive und<br />
harte Musik! Also für genau die Art von Musik, die wir machen und hören! Die Band wurde<br />
2002 gegründet und macht seither in der klassischen Gitarre-Bass-Drums-Gesang-<br />
Besetzung die Gegend unsicher. In dieser Zeit haben wir drei Alben raus gebracht, "Viva<br />
la homo sapiens", "Flüstern und Schreien", "Freistil - Kampfstil - Lebensstil" …<br />
nN: Wie würdest Du das stilistisch einordnen?<br />
Friedemann: Wir nennen unseren Stil "Trashrock", soll heißen : alle guten Zutaten aus<br />
Punkrock, Trashmetal und Rock'n'Roll in einen Topf - und ab die Post! Dazu Texte, die<br />
Aussagen treffen ….<br />
nN: … was bedeutet?<br />
Friedemann: Wir machen im Endeffekt das, was meiner Meinung nach auch der Sinn<br />
einer Undergroundband und einer Undergroundscheibe sein sollte - sich äußern, seine<br />
Meinung sagen! Sinnloses Geschwafel ist der Popmusik vorbehalten. Wir leben unser<br />
Leben und suchen einen alternativen Weg …<br />
nN: Auch da bitte ich um Erläuterung …<br />
Friedemann: Naja, wir wollen nicht wie eine Masse von Hirnlosen irgendwem hinterherlaufen,<br />
und die Musik die wir hören, machen und lieben wir, es ist unser Lebenssoundtrack,<br />
keine Massenware zur allgemeinen Berieselung! Musik muss auch mal<br />
wehtun und die Leute zum Aufschreien bringen - dann wird auch über ein Lied nachgedacht,<br />
dann hat es auch eine Berechtigung.<br />
nN: Welche Erfahrungen habt Ihr mit Label und<br />
Vertrieb gemacht?<br />
Friedemann: Da wir noch nicht so lang mit Label und Vertrieb arbeiten, sind unsere Erfahrungen<br />
auch nicht besonders umfangreich! Labeltechnisch hatten wir bisher nur mit Puke<br />
Music und Coretex zu tun, die jeweils einen sehr guten Job gemacht und uns extrem geholfen<br />
haben, die Platten unters Volk zu bringen. Ich denke, wenn man sich nach einem Label<br />
umschaut, sollte man nicht gleich beim erst Besten unterschreiben, nur um sagen zu können<br />
"Hey Leute, ich hab jetzt einen Plattenvertrag". Das ist ziemlicher Dünnschiss.
Es gilt einen Partner zu finden, der ähnlich tickt und auch Bock<br />
auf deine Musik hat!<br />
nN: Du hast erzählt, dass Ihr von Eurer Musik lebt -<br />
ist das wirklich realistisch? Wenn immer ich einem<br />
Künstler in Deutschland diese Frage stelle, ernte<br />
ich nur Kopfschütteln ….<br />
Friedemann: Ich finde, es kommt immer drauf an, wie du dein<br />
Leben führen willst. Wenn du einen fetten Wagen brauchst,<br />
eine riesige Wohnung, Urlaubsreisen etc., dann wird es nichts<br />
werden! Wir haben unseren Lebensstandart so runterge-<br />
Cor<br />
schraubt, dass wir auf den ganzen Krempel verzichten und wirklich<br />
alles der Band unterordnen! Und abgesehen davon: Auch wir<br />
haben alle einen Wagen - den Bandbus - und viele Urlaubsreisen<br />
im Jahr, nämlich die zu unseren Gigs. So brauchst du auch<br />
nicht allzu viel Geld - ich komm mit ca. 600 € hin, die ich halt<br />
durch kleinere Jobs rein bekomme! Dafür bin ich glücklich mit<br />
dem was ich tue!<br />
nN: Du hast vorhin gesagt, dass "Musik wehtun muss".<br />
Friedemann: Punkrock - HC muss provozieren, muss anecken!<br />
Wenn du einen Text schreibst, der Leute dazu bringst über ihn zu<br />
reden und ihre Meinung zu äußern, hast du dein Ziel erreicht - es<br />
wird nachgedacht. Dadurch zeichnet sich unsere Szene aus,<br />
dadurch heben wir uns doch von dieser ganzen Popscheiße ab!<br />
Wir denken über bestimmte Sachen nach, nehmen nicht alles<br />
hin, stellen Fragen, bohren Löcher, und wenn etwas faul ist,<br />
haken wir nach und klopfen auch mal auf die Finger! Für mich<br />
definiert sich dieser ganze Undergroundstyle über eine ganz<br />
bestimmte Lebensführung, die von der herkömmlichen abweicht<br />
und nach neuen Möglichkeiten sucht.<br />
nN: Inwieweit kann man mit Musik und ihren Texten<br />
Einfluss nehmen, etwa auf die "Tagespolitik" -<br />
glaubst Du, dass das funktioniert?<br />
Friedemann: Ich denke, dass das nicht auf direkte Weise funktioniert,<br />
aber auch nicht Sinn und Zweck unserer Musik ist, auch<br />
wenn das zunächst im Widerspruch zu dem zu stehen<br />
scheint, was sich vorhin gesagt habe … Wir beschreiben in<br />
unseren Texten Dinge, die um uns herum passieren und<br />
bewerten sie nach unserem Ermessen. Dazu gehören politische<br />
Themen genau so wie persönliche Erlebnisse! Wir<br />
sagen nicht: " Macht es so oder so, nur wenn ihr euch wie<br />
wir verhaltet, ist es korrekt!", sondern beschreiben wie die<br />
Dinge aussehen und welche Meinung wir dazu haben!<br />
Jeder sollte seinen Grips einsetzen und nachdenken! Vielleicht<br />
stimmt er mit uns in der einen oder anderen Sache<br />
überein, vielleicht lehnt er unsere Sicht ab oder hat einen<br />
besseren Vorschlag, dem wir folgen können. Das schönste<br />
für uns ist, wenn Leute sich mit unseren<br />
Aussagen auseinandersetzen und<br />
identifizieren können. Aber auch wenn<br />
wir uns darüber streiten haben wir ein<br />
wichtiges Ziel erreicht …<br />
45<br />
Auf der Homepage der Band<br />
http://ruegencore.de gibt es weitere<br />
Infos. Außerdem kann man sich den<br />
brandaktuellen Track "MEIN HUHN hat<br />
Grippe" runterladen.<br />
Keule
46<br />
Klez.E<br />
Auf Klez.E liegt ein<br />
Druck. Eine Erwartungshaltung,<br />
mit der<br />
viele Reviews zu Ihrer<br />
letzten und ersten Platte<br />
schlossen. Well done, mal was anderes. Eindrucksvoll<br />
für den Anfang. Doch mal gucken, in<br />
welche Richtung das weiter geht. Es ist knapp<br />
eineinhalb Jahre her, dass ich Tobias (Siebert -<br />
Kopf, Sänger und Gitarrist hinter Klez.E) an der<br />
Strippe hatte, um ihn zu "Leben daneben" auszuquetschen.<br />
Diesmal wollte ich nur ein kurzes Gespräch<br />
für eine kurze Situationsanalyse. Klez.E<br />
stehen immerhin vor der Veröffentlichung ihres<br />
neuen Albums; ok, noch ein bisschen hin bis da-<br />
Tobias: das heißt, das alles bis auf ein paar Kleinigkeiten im Kasten<br />
ist... und dann muss die ganze Sache noch gemischt werden;<br />
passiert alles Anfang Mai.<br />
nN: And what took you so long? Der Release wurde jezz<br />
nochmals nach hinten korrigiert. Als ob das in diesem<br />
Biz Gang und Gäbe wäre...<br />
T: Unser Standpunkt war immer die Garage in Berlin-Pankow.<br />
Eine Art Jugendzentrum-Areal (mit viel Platz zur Selbstverwirklichung<br />
- Anm. d. Verf.), auf dem mein Studio war, wir Partys, Festivals,<br />
Gigs und vieles mehr veranstalteten... und dieser Ort<br />
wurde uns weggenommen bzw. hat sich der Stil dort umorientiert...<br />
und da wollten wir nicht mehr bleiben. Wir haben einiges<br />
versucht, haben ein Konzept verfasst, warum das wichtig ist.<br />
Aber das wurde nicht akzeptiert und das Areal uns aus der Hand<br />
genommen und wieder als eine Art offenes Jugendhaus freige-<br />
Klez.E jetzt<br />
Eine Bestandsaufnahme.<br />
hin, genauer: Anfang August 2006. Trotzdem<br />
oder gerade deswegen höchste Zeit für ein Statement:<br />
Wie wurde die Platte und Band jetzt rückblickend<br />
aufgenommen bzw. mit Feedback versehen?<br />
Wie war die eben beendete Tour mit<br />
Kashmir? Und wie zur Hölle werden die Vertreter<br />
des neuen deutschen Indies den Erwartungen<br />
gerecht? Und warum dauerte das nur so lange?<br />
Aus dem für 20 bis 30 Minuten angesetzten Gesprächs<br />
(das hab ich aber nicht verraten...! -<br />
Anm. d. Verf.) wurde ein etwas längeres - wegen<br />
und auch Dank des Sympathen Tobias. Wo ist<br />
Klez.E gerade? Am Ende eines langen Prozesses,<br />
der viel Zeit und Kraft gekostet hat, so wird<br />
mir versichert. Und das heißt dann?<br />
geben... Hat ein bisschen gedauert,<br />
bis wir etwas neues<br />
gefunden hatten. Annette (die<br />
Labelchefin von Loob-Musik<br />
- Anm. d. Verf.) suchte zu<br />
der Zeit auch ein neues<br />
Büro und da haben wir<br />
dann eine Label-Studio-<br />
Proberaum-Loft in einer<br />
alten Fabrikhalle gefunden.<br />
Der Umzug, das Renovieren,<br />
Bauen und Einrichten<br />
hat halt ein<br />
bisschen länger gedauert<br />
als geplant. Dazu kommt<br />
noch, dass die erste
Band zum Aufnehmen schon quasi vor der Tür stand.<br />
Tobias Haupteinkommen bestreitet er mit seinem Studio, dass<br />
gerade sehr gut läuft. Der Rest vom Jahr ist schon verplant bzw.<br />
gut ausgebucht... Nachdem das Debüt eineinhalb Jahre "reifen"<br />
konnte, wie war rückblickend das Feedback auf die Platte? Wie<br />
wurde sie aufgenommen?<br />
T: Durchweg total gutes Feedback. Alle waren relativ überrascht.<br />
Das war Wahnsinn, so etwas bei einer ersten Platte zu hören; bei<br />
der noch viel ausprobiert wurde, alte und neue Stücke vereint<br />
waren... Klar, es kamen auch ein paar negative Kommentare,<br />
aber hauptsächlich von Punk- und Metalzines.<br />
nN: Gab es eine Erwartungshaltung bei euch, als die<br />
Platte rauskam?<br />
T: Wir hatten eine Premieren-Tour damals und dafür, dass wir<br />
durchweg gute Rezis in den auflagestarken Zines hatten, waren<br />
die Besucherzahlen doch sehr gering. Das ging aber klar für uns,<br />
da wir eh nicht mit so viel gerechnet hatten. Aber es war eine<br />
gute Gelegenheit, herauszufinden und zu vergleichen, was geht.<br />
Bei Delbo (da spielt Tobias Gitarre - Anm. d. Verf.) gab es nur<br />
halb so viel Berichterstattung. Und da wollte ich rausfinden, ob<br />
sich das auf die Zuschauerzahlen und Plattenverkäufe niederschlägt.<br />
Von den Verkäufen her sind wir zufrieden, die Tour... na<br />
ja. Für uns war's echt gut, immer sehr schöne Abende, aber für<br />
die Veranstalter teilweise nicht ganz so der Bringer. Das ist jezz<br />
auch'n Problem für eine neue Tour. Die könnten da ein bisschen<br />
vorsichtig reagieren. Und natürlich sind wir echt gespannt,<br />
wie die neuen Songs ankommen werden, wie wird darauf<br />
reagiert? Da steckt schon ein Druck dahinter...<br />
Da war fast in jeder Rezi als Schlusssatz: "Wie geht<br />
es weiter?". Ob wir versagen? Jezz werden wir<br />
uns auch zusammensetzen, was es für Ideen um<br />
die Platte herum gibt... Video, Artwork undsoweiter.<br />
Wobei ich schon sagen kann, dass das Cover<br />
sehr spannend und speziell wird. Und teuer für die<br />
Plattenfirma in der Herstellung. Wir sind gespannt,<br />
ob das gefällt. Und ihr dürft es auch sein.<br />
Gerade Klez.E bringen eine voll entwickelte "Gesamtheit" an den<br />
Tag, die in Musik, ausgefallenem Artwork, sehr schönen Videos<br />
und einer nicht minder hübschen Homepage zu tragen kommt.<br />
Abgerundet wird das mit der Tatsache, dass es die neue Platte<br />
auch komplett als elektronische Version geben wird, ein Bandmitglied<br />
(Fisch, in Tobias' Aussage ein "80er Jahre Soundtüftler")<br />
bastelt schon daran. Alle Instrumente werden noch mal elektronisch<br />
simuliert, alle Songs nochmals anders interpretiert. Ein Remix<br />
quasi, jedoch von der Band selbst angefertigt. Wobei sie<br />
noch nicht wissen, was genau mit dieser zweiten Platte geschieht,<br />
zumindest kommt sie nicht mit der "normalen" Version<br />
gleichzeitig heraus. Vielleicht auch auf einem Elektronik-Label...<br />
wir werden sehen.<br />
T: Auf der neuen Platte haben wir auch ein paar nicht so ganz<br />
"herkömmliche" Instrumente benutzt. Weingläser, ein Akkordeon,<br />
und anderes, das wird sehr witzig. Bevor unser Bassist seinen<br />
Akkordeon-Part aufnahm, hat er uns noch kurz eine Bachsonate<br />
vorgespielt; er studiert das.<br />
Wir schweifen ab, reden über Generationskonflikte (Tobias und<br />
ich befinden uns vor unserem 30.), über Für und Wider der Technik<br />
und dem Phänomen Mp3 im Speziellen, über Jamba!-Kids<br />
und Synthies, die älter sind als wir. Alles in allem ein sehr sehr<br />
angenehmer Gesprächspartner mit sehr ähnlichen Ansichten.<br />
Somit ist zumindest bei mir das Identifikationspotenzial auch im<br />
ganz oberen Pegelbereich. Wir philosophieren über Ebay und<br />
die dortige Möglichkeit auf Schnäppchenjagd und wie sich das<br />
Klez.E 47<br />
alles geändert hat, über Musikinstrumente und Platten-Raritätenkäufen...<br />
nN: Wie war die Tour mit Kashmir?<br />
T: Das war Wahnsinn... Als ich das erste mal "Zitilites" hörte, war<br />
ich sofort hin und weg. Und da gibt's ein Film zur Entstehung der<br />
Platte... die sind da einfach so nett und normal. Ich hab mal beim<br />
Label erwähnt, dass das doch toll wäre, mit denen zu spielen und<br />
so kurz vor Weihnachten kam auf einmal die Nachricht, dass wir<br />
bei den Deutschlandterminen dabei sind. Konnt ich erst gar nicht<br />
glauben. Beim ersten Konzert waren wir noch alle sehr schüchtern,<br />
die auch, und am Ende der Tour lagen wir uns alle in den Armen.<br />
Wahnsinn. Und so eine gute Band. Das war ein Erlebnis.<br />
Aber leider auch nur sechs Gigs lang...<br />
nN: Und Eure längste Tour bis dato? Touren macht noch<br />
Spaß, oder? Da gibt es ja ganz andere Meinungen übers<br />
Touren...<br />
T: Ne, das macht schon noch Spaß. Wir sind jezz aber auch nicht<br />
so dem Mythos Sex, Drugs and Rock'n Roll zugeneigt, eher gemäßigt.<br />
Die längste Tour war 3 Wochen... Also schon noch im<br />
Rahmen, dass es nicht auf die Nerven geht. Das einzige komische<br />
danach war die Tatsache, sein Essen wieder selbst organisieren<br />
zu müssen. Ich bin immer wieder froh, zurück zu sein,<br />
aber irgendwie ist es jedes Mal eine Umgewöhnung.<br />
nN: Kurze Zwischenfrage, um zu beweisen, dass wir<br />
am Puls der Zeit sind. Glaubst Du an eine drohende<br />
Pandemie?<br />
T: Neee, glaub ich nicht. Ich denke, dass ist Panikmache.<br />
Das passiert einfach so, es gibt immer solche Dinge, die<br />
ausbrechen. Einfach mal abwarten. Gefährlich ist das<br />
noch nicht. Es gibt wahrscheinlich gerade mal wieder<br />
nichts zu berichten. Ja, die Medien... und die Berichterstattung.<br />
DAS ist so ein Thema. Nur soviel kurz:<br />
Auf der alten wie auch neuen Platte von Klez.E befinden<br />
sich Texte, die sich kritisch mit der Alltagssituation,<br />
dem Leben und auch der Funktion der Medien auseinandersetzen.<br />
Und das ist auch gut so. Darüber hinaus ist<br />
es erstaunlicherweise ein leichtes, sich in der textlichen Welt<br />
von Klez.E wieder zu finden, sich zu Hause zu fühlen.<br />
T: Das find ich spannend, das haben mir einige gesagt. Vielleicht<br />
ist es auch so ein Generationsding, das gleiche Gefühl irgendwie.<br />
nN: 30 zu werden verbindet... Okay, wie schaut es mit<br />
Plänen für die Zukunft? Da sind die Weichen wohl schon<br />
ein bisschen gestellt...<br />
T: Ja, 4. August ist die Veröffentlichung, die Platte wird kommen,<br />
das ist klar. Und all die Dinge, die in diesem Zuge mitkommen.<br />
Das ganze Jahr ist zudem voll mit Bandaufnahmen. Und Urlaubmachen.<br />
Dieses Jahr hab ich mir endlich vorgenommen, mal im<br />
Sommer so zwei Monate freizuschaufeln... Das gab es bis jezz<br />
auch noch nie, sonst hab ich da immer gearbeitet. Wobei ich gespannt<br />
bin, ob das klappt. Diesmal muss es sein. Sonst killt mich<br />
meine Freundin...<br />
nN: Hat sich was beim Songwriting geändert? Du hattest<br />
zur ersten Platte schon einige Songs richtig fertig...<br />
T: Nach der ersten Tour ist die Band ein bisschen zusammengewachsen,<br />
hat sich quasi miteinander vertraut gemacht. Diesmal<br />
ist wirklich der größte Teil bis auf ein/zwei Ausnahmen mit der<br />
Band im Proberaum geschrieben worden. Das ist auch wichtig.<br />
Wobei es diesmal auch einige Songs gab, die sehr spontan entstanden<br />
sind. Da lief einfach der Rechner auf Aufnahme und wir<br />
haben einfach gespielt, was wir wollten... War auch eine neue Art<br />
für uns, hat aber sehr gut geklappt. Einfach drauflosspielen... Natürlich<br />
gab es irgendwann den Zeitpunkt, an dem mir alles zum
48<br />
Klez.E<br />
Halse raushing. Ich höre die Lieder aber<br />
auch immer sehr oft, täglich, bei jeder<br />
Gelegenheit, um zu hören, was man<br />
noch verbessern kann usw... Und<br />
irgendwann gings dann nicht mehr.<br />
Aber mal zwei Wochen ruhen lassen<br />
und dann merkt man doch wieder, wie<br />
es rockt!<br />
nN: Evtl. auch wieder ein Generationsding.<br />
Das Zweifeln und Hinterfragen...<br />
T: ...was ja auch gut ist! Viele zweifeln und hinterfragen<br />
ja gar nicht mehr. Und das hört man dann ja auch. Aber<br />
es ist ja im Endeffekt alles Geschmackssache.<br />
nN: Sooo, jezz die Endfrage. Was ist Deine<br />
Lieblings farbe?<br />
T: Grün. NEIN, gelb... ich bin doch farbenblind! (Verschwindet im<br />
tiefen Schlund, aus dem es keine Wiederkehr gibt. Wer das jezz<br />
verstanden hat, darf sich zu unserer Generation zählen...)<br />
nN: ... Das Monster von Aaaaaaarrrrhh...<br />
Ne, hast Du irgendwas, was Du unseren Lesern mitteilen<br />
möchtest? Eine Weisheit? Was Du schon immer loswer -<br />
den wolltest?<br />
T: Oh Gott. Das hatten wir auch schon das letzte Mal, da wusste<br />
ich was. Ich bin gerade stundenlang in diesem Studio gewesen,<br />
kipp mir während unseres Gesprächs ein Bier nach dem anderen<br />
weg... und ...oh neee, so eine Frage jetzt? Oh Mann...<br />
nN: Ist gerade ähnlich wie mit "Dein bestes<br />
Lied?" oder "Deine Lieblingsband?",<br />
manchmal auf dem falschen Fuß erwischt,<br />
kann man nur noch stammeln... und es fällt<br />
einfach nix ein. Ok, machen wir's ein bisschen<br />
einfacher: Deine Lieblingsband?<br />
T: ...und später denkt man dann immer: Oh<br />
Mann, Du hättest genau dies oder jenes sagen<br />
sollen... Meine Lieblingsband? Das kann<br />
ich sagen: The Cure. Letztes Jahr im Sommer<br />
konnte ich bei einem Cure-Konzert in<br />
Berlin Robert Smith unsere Platte in die Hand<br />
drücken und ihm für seine Musik danken...<br />
Hoffentlich hat er sie auch gehört! Ansonsten hat er<br />
ein großes Stück Musik verpasst! Danke an Tobias<br />
für das nette Gespräch, man sieht sich Ende März<br />
auf einem Delbo-Konzert. Und bei der Gelegenheit<br />
gibt's dann auch ein Interview fürs nächste noisy! Ich<br />
bin aufjedenFall sooo gespannt, wie die neue Klez.E<br />
wird! Anchecken, sonst verpasst ihr was großartiges.<br />
Klez.E werden sicher zur neuen Platte noch mal kurz<br />
hier zu Wort kommen, da bin ich mir im übrigen sehr<br />
sehr sicher...<br />
Wie, ihr seid immer noch da? Na dann mal abschalten!<br />
Da oben rechts ist irgendwo der Knopf...!<br />
www.klez-e.de<br />
www.loobmusik.de<br />
Matthias "Lustich" Horn
Todd - Comes to your house<br />
(Southern/Soulfood)<br />
Unglaublich! Todd hatten mit dem letzten Album "Purity pledge" ja schon ein gut brachiales<br />
Noiserockmanifest alter Schule in bester AmpRep-Manier abgeliefert. Das zu toppen<br />
würde schwer werden. Ach was! Todd lehren uns, dass sie noch viel viel abgefuckter,<br />
abgedrehter und noisiger sein können; ohne dabei ihre alten Qualitäten missen zu lassen.<br />
Todd hauen hier dermaßen auf die Kacke, dass es eine wahre Freude ist. Unglaublich.<br />
Völlig am abdrehen. Die haben echt ein Rad ab, was hier als ganz großes Kompliment<br />
gemeint ist. Sowas von auf die zwölf und in die Magengrube. Sorry, ich mutiere hier zum<br />
Wortproleten, aber es geht nicht anders. Todd reichern auf "Comes to your house" ihren<br />
ureigenen Sound noch mit brachialer Elektronik an und schaffen es wirklich ihren Sound<br />
noch zu potenzieren und alles ins Extrem zu ziehen. Von Anfang an mitten in die Fresse<br />
(sorry...). Manische Schreie am Rande des Wahnsinns, walzende Riffs, schräg bis zum<br />
Anschlag, gelegentlicher Highspeed-Wahn und dann<br />
diese Energie. Remember Zeni Geva, Butthole Sur-<br />
fers, Part Chimp. Nur besser. Waaahhhnnnsinnnnn!<br />
Und keine Sekunde langweilig. Wie viele abgedrehte<br />
Ideen kann man eigentlich haben? Wieviel Noisedichte<br />
verträgt man? Und wo führt das alles hin? Und<br />
wie ist das erst live? Ich liebe es. Ich werde ihnen<br />
nachreisen. Das absolut beste Album seit langem!!<br />
Todd definieren hier nicht weniger als eine neue<br />
Dimension des Noiserocks. Wer sich dieses Album<br />
nicht holt, den holen Todd. Sie kriegen euch alle!<br />
Christian Eder<br />
www.southern.net<br />
David Celia - Organica<br />
(Taxi Standard/Radar)<br />
Zweites Stück vorbei und schon hoffnungslos verfallen.<br />
Geht mir nicht ganz so oft so, soweit ich mich<br />
entsinnen darf. Hier ist sooooviel am Start! Das ist<br />
Pop! Das ist groß! Das ist so... ganz große 60s! Ob<br />
sich das nun nach Beatles bis hin zu Crosby, Stills,<br />
Nash & Young und anderen Vertretern/Größen<br />
anhört, ist so egal, das ist einfach eine perfekte<br />
Mischung, eben ein original David Celia... Wobei ich<br />
mich auch manchmal dabei erwisch, wie ich innehalte<br />
(wie schreibt man bitte denn jezz DAS? So nach<br />
der Reform der Reform der Rechtschreibreform?)<br />
und mich kurz frage, ob ich das überhaupt darf, das<br />
sooo toll zu finden. Manchmal ist es schon sehr "perfekt"...<br />
Aber solche Gedanken sind Quatsch. Hiermit<br />
bekennen ich meine Liebe zu dieser Platte! Diese<br />
Parts, diese Arrangements, diese Instrumentalisierung,<br />
diese Stimme, dieses unheimlich sichere Händ-<br />
Black Ox Orkestar - Nisht Azoy<br />
(Constellation/Southern/Alive)<br />
chen dafür! Alles scheint so locker und leicht dahingeworfen! Als wenn es das Natürlichste im Leben wäre, geniale<br />
Songs zu schreiben. Diese Platte werde ich all meinen Freunden schenken! Und hoffentlich bei ihr mal Liebe<br />
machen.<br />
Ähnlich Drew (jezz kennt ihr Drew aber, oder? Hatte ich ja schon im letzten noisy bemängelt bzw. euch nahegelegt,<br />
unbedingt was anzuchecken... falls (noch) nicht, habt ihr von nun an eine Hausaufgabe!) strotzt "Organica" nur so<br />
von kleinen -von feinstem Sixties-Pop durchzogenen- Songjuwelen, man mag es nicht glauben! So große Melodien!<br />
Würde man hineingreifen, man könnte gar nicht anders, als eines dieser kleinen Hit-Tierchen zu schnappen zu<br />
bekommen, so wuselt und wimmelt es da. Einer meiner neuen Lieblings-Gute-Laune-Platten! Danke David! Ich<br />
schließe jezz, zu viel Schwärmerei... ist ja schon fast peinlich. Aber nur fast.<br />
Matthias Horn<br />
www.davidcelia.<strong>com</strong><br />
Highlight2 49<br />
Teils tieftraurige Melodien und Balladen aber auch äußerst extrovertierte<br />
Lebensfreude sind die konstituierenden Elemente von jiddischem<br />
Klezmer und osteuropäischem Folk, die auch diesem Album<br />
den Rahmen geben. Wobei hier über all dem öfter eine gewisse<br />
Schwere liegt. Keine bleierne Schwere, die einen handlungsunfähig<br />
macht, mehr diese angenehme Art von matter Versunkenheit, der<br />
Zustand der Unschärfe beim aus-dem-Fenster-starren. Auf "Nisht<br />
Azoy" (Not like this) findet sich eine moderne Art des Klezmer, dessen<br />
fröhliche Melodien teils entschleunigt wurden und dem daraus eine<br />
ganz eigene Art der Melancholie erwächst. Hier wird Zeit und Platz<br />
gelassen für die wichtigen Momente, hier wurde mit Bedacht manches<br />
weggelassen um dann im nächsten Song fulminanter aufspielen zu<br />
können. Dieses fabelhafte Album kennt aber kaum folkloristische<br />
Grenzen. In dieser "New Jewish Music" werden u. a. arabische und<br />
slawische Melodien adaptiert und in den bandeigenen Sound integriert.<br />
Der melancholisch einstimmende Opener "Bukharian" basiert<br />
beispielsweise auf einem jiddischen Folk-Song, das flotte "Violin duet"<br />
bezieht Fragmente einer tschechischen Ballade und transsilvanischer<br />
Dance-Tunes mit ein. "Ratsekr grec", ein perkussiver Song, subsummiert<br />
Balkan-Tanzrhythmen. Diesem folgen mit "Tsvey taybelakh" und<br />
"Dobriden" Traditionals, die neu arrangiert wurden, wobei ersteres<br />
langsam-dramatisch beginnt und sich dann in Klezmer-Melodien und<br />
diesen stoisch-steigernden Rhythmus, der Klezmer teils zueigen ist,<br />
wendet. Fulminantester Song bleibt "Az vey dem tatn", der eine solch<br />
sehnsuchtsvolle Melancholie und subtile Tanzbarkeit transportiert,<br />
dass er sich als geheimer Lieblingssong für Jahre empfiehlt. Selten<br />
auch eine authentischere Produktion gehört, die derartig genial<br />
Soundmomente einfängt. Ein ganz großartiges Album, das angenehm<br />
aus dem Rahmen fällt.<br />
Christian Eder
50<br />
videoThek<br />
Atanarjuat - Die Legende vom schnellen Läufer<br />
("Atanarjuat, The Fast Runner")<br />
CND, 2000<br />
Regie: Zacharias Kunuk<br />
Länge: 172 Min.<br />
Sunfilm Entertainment, www.sunfilm.de<br />
Beginn des 1. Jahrtausend nach Christus: Ein unbekannter Schamane erscheint<br />
in einem kleinen Inuit- Dorf in der Arktis Kanadas. Das zuvor einträchtige Sozial-Gefüge<br />
der Menschen, in dem jeder für den anderen sorgte, weicht durch den<br />
Fluch des Zauberers der Gier nach Macht und Ansehen. Zwei Brüder, Amaqjuaq<br />
und Atanarjuat wachsen in dieser nun auch menschlich kalten Atmosphäre<br />
auf, benachteiligt durch die Unfähigkeit ihres Vaters, für die Familie zu sorgen.<br />
Dem Spott der Gemeinschaft ausgesetzt, lernen die Brüder, sich durchzusetzen<br />
und erlangen einen gewissen Status. Atanarjuat, der Jüngere, bekannt als<br />
besonders schneller Läufer, wirbt um Atuat, die seit ihrer Kindheit dem bösen<br />
Häuptlingssohn Oki versprochen ist. Damit nimmt das Unheil seinen Lauf, und<br />
eine Schlinge aus Eifersucht, Hass und Mord zieht sich immer enger um die beiden<br />
Brüder und ihre Familie. Nachdem Amaqjuaq einem Racheakt Okis zum<br />
Opfer fällt, muss sich der<br />
schnelle Läufer entscheiden:<br />
Nimmt er Rache am<br />
Clan des Häuptlings oder<br />
soll der Kreislauf des Hasses,<br />
ausgelöst durch<br />
den Schamanenfluch<br />
unterbrochen werden?<br />
Beides liegt in<br />
seiner Hand. Eine<br />
uralte Legende aus<br />
der kanadischen Arktis,<br />
umgesetzt von<br />
Inuit- Schauspielern, in<br />
Original- Sprache mit teilweise<br />
verwackelter Kameraführung.<br />
Ach ja, und drei Stunden Laufzeit.<br />
Um diesen Film zu sehen<br />
und zu verstehen, muss man es schon<br />
wirklich wollen, so sehr, dass man in der<br />
dem Booklet beigefügten Legende Inuit-<br />
Wörter nachschlägt, die Specials nach<br />
Erklärungen zur Handlung durchforstet,<br />
und sich mit einiger Verwunderung auf die Eigenheiten dieser unbekannten und<br />
manchmal höchst eigenartigen Welt einlässt.<br />
Ich muss zugeben, dass ich drei Anläufe gebraucht habe, um den Film anzuschauen.<br />
Beim ersten Mal fühlte ich mich wie vor dem Schulfernsehen, beim<br />
zweiten Anlauf wurde mir mit diesem ewigen Eis einfach nur kalt, und beim dritten<br />
Versuch wollte ich doch wissen, wie der Film ausgeht. Meine Meinung?<br />
Ohne banausig klingen zu wollen und als eskimo- feindlich zu gelten - dieser<br />
sicherlich auf seine Weise faszinierende Film gibt zwar einen bisher nie gesehen<br />
Einblick in das Leben der nordamerikanischen Ureinwohner- ist aber definitiv<br />
eine Abendunterhaltung für Realschullehrer und evangelische Pastorenfamilien.<br />
Ein spannender, lehrreicher Film.<br />
Neil Peart - Anatomy Of A Drum Solo<br />
Doppel-DVD<br />
Hudson; Erscheinungsjahr: 2005<br />
ASIN: B000C4BBZ2<br />
Preis: ca. 60 Euro<br />
Das Solo von Neil Peart war schon immer einer der Höhepunkte eines RUSH-<br />
Konzertes; was bei vielen Trommler-Kollegen eher eine Garant für Langeweile<br />
ist und vom Publikum als Möglichkeit wahrgenommen wird, mal eben in die Pinkelpause<br />
zu verschwinden oder ein frisches Bier zu besorgen, ist bei Peart<br />
immer Ausdruck einer wohl einzigartigen Verschmelzung mit<br />
seinem Instrument und des Versuchs eines möglichst vieldimensionalen<br />
Zuganges zum Schlagzeug als Soloistrument.<br />
Was lag also näher, dem großen Meister einmal mit der Kamera<br />
zu Leibe zu rücken, um ihm ein paar Geheimnisse zu entlokken.<br />
Und mit der Auskunft war er dann auch überaus großzügig.<br />
Sehr aufwändig auch die Produktion der gesamten DVD. Vom<br />
Aufbau seines speziell designten Drum-Kits über die genauen<br />
Beschreibungen und Erklärungen aller Solo-Parts bis hin zum<br />
transkribierten Solo "Der Trommler" ist diese Doppel-DVD voll<br />
gepackt mit ausführlichsten Informationen, schönen Bildern, tollen<br />
Sounds - diese DVD ist auch ihren gewiss recht hohen Preis<br />
absolut wert!<br />
Dedales<br />
"Dédales", Frankreich/Belgien 2003<br />
Regie: Rene Manzor<br />
Darsteller: Lambert Wilson, Sylvie Testud, Frederic Diefenthal,<br />
Michel Duchaussoy, Edouard Montoute<br />
Länge: 94 Min.<br />
EMS, www.e-m-s.de<br />
Die 25-jährige Claude, eine schizophrene Serienkillerin, die für<br />
den Tod von 27 Menschen verantwortlich<br />
ist, soll auf ihre<br />
Schuldfähigkeit untersucht werden.<br />
Dr. Karl Freud, der Leiter der<br />
Hochsicherheitsanstalt, beauftragt<br />
den Psychiater Brennac<br />
damit, die einzelnen Persönlichkeiten<br />
herauszuarbeiten und<br />
somit den Grund, der Claude<br />
letztendlich zu dieser grausamen<br />
Mordserie getrieben hat, festzustellen.<br />
Brennac dringt in das<br />
mythologische "Labyrinth von<br />
Knossos" ein, in dem sämtliche<br />
Protagonisten der Psyche Claudes<br />
umherirren, verliert sich in den Windungen, während er<br />
mehr und mehr die schrecklichen Taten seiner Patientin nacherlebt,<br />
und stößt auf das grauenvolle Motiv. Doch erst als Dr.<br />
Freud sich die Videoaufzeichnungen der Sitzungen anschaut,<br />
wird ihm klar, welches fürchterliche Geheimnis wirklich hinter<br />
der Mordserie steckt... Das Spiel mit dem Phänomen der "multiplen<br />
Persönlichkeit" im Film ist nicht neu; schon "Identität"<br />
(USA 2003, Regie James Mangold) spielte eindrucksvoll mit<br />
diesem Thema; Dédales ist nicht minder spannend, bisweilen<br />
allerdings etwas konfus, was dem Betrachter das am-Ball-bleiben<br />
nicht einfach macht. Gelingt es ihm, wird er durch die ein<br />
oder andere Überraschung und eine faszinierende Auflösung<br />
belohnt. Herausragend vor allem die darstellerische Leistung<br />
der beiden Protagonisten Lambert Wilson und Sylvie Testud.<br />
Alles in allem ein klasse Film für eine schönen Thriller-Abend.<br />
Keule<br />
Killing Game Show - Planet End DVD<br />
Laufzeit: ca. 120 Minuten<br />
Die Schnellsten sind die Jungs von der Killing Game Show nun<br />
wirklich nicht. Fast vier Jahre wartet man nun schon auf neues<br />
Material des Prog-Quartetts aus dem Hochtaunus. Etwas über<br />
die Zeit helfen könnte da die "Planet end"-DVD, die genau wie<br />
schon der letzte Alben-Doppelpack komplett in Eigenregie ent-
standen ist. Herzstück der Scheibe ist der Videoclip zu "Planet<br />
End", jenem ätherisch fließenden, entspannt balladesken Titeltrack.<br />
Sänger Marian erfährt hier in einem Asia-Tempel eine<br />
Akupunktur-Behandlung und jeder Nadelstich bringt die Erinnerung<br />
an umjubelte Live-Konzerte hervor. Eine nette Mischung<br />
aus ästhetisch in Szene gesetzten Live-Bildern und kunstvollem<br />
Konzept-Video also. Im dazugehörigen, mit humorvollen<br />
Zwischentiteln versehenen Making of wird neben einigen<br />
Lachern und Outtakes auch gezeigt, dass die scheinbar so<br />
angenehme Nadel-Behandlung für den Protagonisten zur reinsten<br />
Qual wurde, denn wegen der Kälte des Drehorts konnte<br />
sich Marians Muskulatur nicht entspannen und so mündete das<br />
vermeintlich schmerzlose Nadelstechen in ein heiteres Blutvergießen.<br />
File under: Dumm gelaufen. Neben Video und Making<br />
of hält die mit ca. zwei Stunden Laufzeit ordentlich ausgestattete<br />
DVD noch diverse Bonusmaterialien. Da sieht man die Jungs<br />
dann im eigenen Bandfilm in einer Luxus-Limousine mit zig<br />
Mädels im Arm, im zum Proberaum gehörenden Pool oder auch<br />
im bandeigenen Kino. Alkohol- und Drogenexzesse inklusive,<br />
nackte Leiber sowieso, alles durch den psychedelischen Effekt-<br />
Fleischwolf gedreht. Fertig ist die Rockstar-Parodie, das Spinal<br />
Tap der Killing Game Show. Als weiteren Bonus gibt es noch<br />
drei Beiträge aus der Fernseh-Sendung "New<strong>com</strong>er TV", diverse<br />
Bilder-Slideshows und sechs Live-Mitschnitte aus dem Jahr<br />
2002, in denen sich das Quartett als tighte Live-Band präsentiert.<br />
Auf ein komplettes Live-Konzert muss man leider verzichten.<br />
Geordert werden kann dieses dennoch lohnenswerte Teil<br />
über die Bandhomepage!<br />
Patrick<br />
www.killing-game-show.de<br />
Kwaidan - Das Herz Des Samurai<br />
"Eternal Love" ("Warau Iemon"), Japan 2003<br />
Regie: Yukio Ninagawa<br />
Darsteller: Toshiaki Karasawa, Koyuki u. a.<br />
Länge: 123 Minuten<br />
EMS, www.e-m-s.de<br />
Der junge Samurai Iemon (Toshiaki Karasawa) trägt schwer an<br />
dem Selbstmord seines Vaters und hat sich aus dem öffentlichen<br />
Leben zurückgezogen. Als er der nach einer Krankheit<br />
schwer entstellten Iwa, die einst wegen ihrer unglaublichen<br />
Schönheit und ihrem starken Charakter geliebt und geachtet<br />
wurde, vorgestellt wird, scheint zwischen ihnen zunächst eine<br />
unüberbrückbare Kluft zu existieren. Nach der Hochzeit der Beiden<br />
ist Iwa zunächst unglücklich. Sie erkennt die Aufrichtigkeit<br />
ihres Mannes nicht und deutet seine Zurückhaltung als Desinteresse.<br />
Doch mit der Zeit beginnen sie, sich zu verstehen und<br />
verlieben sich schließlich. Kihei, ein ehemaliger Bewunderer<br />
Iwas, intrigiert nun eifersüchtig gegen Iwas Ehemann. Sie verlässt<br />
schließlich, in dem Glauben, ihrem Gatten einen Gefallen<br />
zu tun, das Haus. Iemon heiratet daraufhin erneut. Als Iwa entdeckt,<br />
dass sie Opfer eines Komplottes wurde, schwört sie<br />
Rache und Ihr Ex-Mann wird durch die immer noch starke Liebe<br />
zu Iwa zu einer Verzweifelungstat getrieben … KWAIDAN ist<br />
kein typischer "Samurai Action-Film", und wer das nach dem<br />
Lesen des Klappentextes erwartet hatte, der dürfte enttäuscht<br />
werden; "Warau Iemon", so der japanische Originaltitel, ist ein<br />
Sittengemälde mit überwiegend ruhigen Sequenzen. Regisseur<br />
Yuki Ninagawa möchte uns deutlich machen, mit wem wir es zu<br />
tun haben, möchte uns einen Einblick in die Charaktere erlauben<br />
- vielleicht stört da allzu viel Action nur. Der Regisseur<br />
benutzt die Mittel der klassischen Tragödie, große Gefühle wie<br />
Liebe und Loyalität werden von Hass, Neid und Intrige zerstört.<br />
Am Ende gibt es nur Verlierer. Ein leiser, aber ein großer Film.<br />
Keule<br />
Made in Britain<br />
"Made in Britain" GB 1982<br />
Regie: Alan Clarke<br />
Drehbuch: David Leland<br />
Schauspieler: Tim Roth u.a.<br />
Trevor, der wiederholt kleinkriminelle, jugendliche Skinhead ist<br />
randvoll mit Hass auf Alles im Allgemeinen und auf die Gesellschaft und ihre<br />
Autoritäten im Speziellen. Made in Britain beginnt im Gerichts-Saal zu The<br />
Exploited-Klängen. Der Film beobachtet Trevor auf seinem sicheren und völlig<br />
konsequent beschrittenen Weg in den Knast. Kaum im "Jugend-Wohn und -<br />
Beobachtungs-Heim" zur vorläufigen Verwahrung angekommen lässt<br />
Trevor keine Gelegenheit aus seine "letzte Chance" wegzuwerfen. Von Anfang<br />
an bleibt klar, dass Trevor gar keine Chance will - mit einer Hakenkreuz-Tätowierung<br />
zwischen den Augenbrauen hat man ja auch erstens schon mal ein<br />
relativ unmissverständliches Signal abgeben und zweitens seine Chancen<br />
etwas eingekreist. Trevor WILL nicht, unter keinen Umständen. In der Zelle im<br />
Heim verkündet er, dass er genau der richtige Mann am richtigen Ort sei. Er ist<br />
rassistisch, gewalttätig, vollständig asozial - und jetzt kommt das - in diesem<br />
Zusammenhang - Überraschende: nicht dumm. Im Gegenteil, er ist sogar eindeutig<br />
intelligent, auch wenn diese Intelligenz ausschließlich destruktiv funktioniert.<br />
Trevor führt allen, die ihm helfen wollen, ihr Versagen<br />
an ihm vor.<br />
Tim Roth brilliert schon in dieser seiner<br />
ersten Rolle. Man kann mit gutem<br />
Gewissen sagen, dass eine bessere<br />
Besetzung undenkbar ist.<br />
Mit fanatischem, stets von<br />
Hass und Ablehnung beseeltem<br />
Gesichtsausdruck spielt<br />
Roth den Aussenseiter so<br />
intensiv, dass man glauben<br />
mag, man sehe eine Dokumentation<br />
und keinen Spielfilm.<br />
Und um den - den<br />
Außenseiter an sich in bzw.<br />
neben der - ja nicht gerade für<br />
ihre Warmherzigkeit bekannten<br />
Thatcher Gesellschaft - geht es<br />
in Made in Britain - nicht um Rassismus,<br />
was unter anderem die Figur<br />
des leider nicht so cleveren Errol belegt.<br />
Als Bonus gibt es eine etwas beschnittene Original-Version,<br />
die in englischen Schulen vorgeführt wurde. Warum gibt es nicht<br />
den ganzen englischen Film im Original? Zitat Trevor: "bollocks!"<br />
Für gewaltgeile, oder nach Spektakulärem lechzende Zuschauer ist der Film<br />
übrigens nicht geeignet.<br />
Marcel v.d. Weiden<br />
www.sunnybastards.de<br />
Piebald - Killa Bros And Killa Bees DVD<br />
Laufzeit: ca. 80 Minuten DVD + ca. 58 Minuten Audio-CD<br />
videoThek<br />
Nun ist sie also da, die erste Piebald-DVD - nach vier Alben und gut 12 Jahren<br />
Bandgeschichte ein längst überfälliger Schritt. Was genau hat uns "Killa bros<br />
and killa bees" also zu bieten? Der Vierer aus Boston, Massachusetts hat sich<br />
nicht lumpen lassen und dem geneigten Käufer ein audiovisuelles Packet auf<br />
gleich zwei Silberlinge geschnürt. Denn neben der DVD, die neben 17 Live-<br />
Songs auch eine On The Road-Dokumentation beinhaltet, liegt dem Package<br />
auch noch eine separate Audio-CD bei, die mit ebenfalls 17 unveröffentlichten<br />
B-Seiten und Demos aufwarten kann. Wie es bei einer Ansammlung von sympathischen<br />
Spaßvögeln wie Piebald wohl kaum anders zu erwarten war, handelt<br />
es sich bei der Doku in erster Linie einfach nur um eine Ansammlung witziger<br />
Szenen in preiswerter Low-Budget-Optik. Da wird die Bandhistorie halb gesungen<br />
vorgetragen. Oder man erfährt, dass sich das Quartett auf Tour im wohl<br />
weltweit einzigen, durch Fett und pflanzliches Öl angetriebenen Band-Van fortbewegt.<br />
Oder man schmunzelt über die arg grobkörnige Aufnahme des ersten<br />
Auftritts der Band aus dem Jahr 1993, bei dem die Jungs als Basecaps tragende<br />
Dreikäsehochs ihr Liedgut noch in der Schulaula vortrugen. Auch sonst wird<br />
allerhand Mist verzapft, alberner Klamauk veranstaltet und der Sonnenseite des<br />
Tourlebens gefrönt. Allein der debil grinsende Frontmann Travis Shettel - der mit<br />
Tom Petty-Shirt, Streberbrille und ständig wechselnder Haarpracht den uncoolen<br />
Nerd verkörpert, wie er im Buche steht - ist schon ein Garant für anstecken<br />
gute Laune. So weit so gut, doch der wichtigste Teil der DVD, nämlich der, in<br />
dem sich die Band live beweisen muss, ist den Machern leider missglückt. Dabei<br />
enttäuscht nicht einmal die Performance der Band, sondern eher das Konzept,<br />
das sich die Macher für die Präsentation der Live-Bilder ausgedacht haben. So<br />
wird zu den Live-Songs nicht etwa ein durchgehender Mitschnitt gezeigt, sondern<br />
Bilder von verschiedenen Auftritten mit Tour-Impressionen vermischt.<br />
Keine schlechte Idee für einen Videoclip, doch in dem Live-Teil einer DVD hat<br />
so etwas meiner Meinung nach nichts zu suchen. Wenn man ein Live-Konzert<br />
sehen möchte, hätte man doch gerne auch die passenden Live-Bilder dazu und<br />
51
52<br />
videoThek<br />
keinen Zusammenschnitt in Videoclip-Ästhetik, oder? So allerdings geht leider<br />
viel Live-Feeling flöten. Auch die Soundqualität ist allenfalls als durchschnittlich<br />
zu bezeichnen. Schade, denn das trübt den Gesamteindruck dieser DVD, die<br />
ansonsten mit anständigen Darbietungen des gut gefüllten Hit-Fundus dieser<br />
Combo zu gefallen weiß. Vor allem die Lieder des feinen "We are the only<br />
friends we have"-Longplayers sind live absolute Stimmungsmacher und die vier<br />
jungen Herren dieser Band sowieso Entertainer vor´m Herrn, die sich für keinen<br />
Scherz zu schade sind. Besonders nett für deutsche Fans: Ein Großteil der Live-<br />
Mitschnitte wurde in deutschen Clubs wie dem Kölner Underground oder dem<br />
Wild At Heart in Berlin gefilmt. Die beigelegte Bonus-CD enthält fast eine Stunde<br />
Musik und zeigt eine andere, seltener beleuchtete Seite der Band, die sich<br />
dort weniger gitarrenlastig, oft akustisch reduziert und generell nachdenklicher<br />
zeigt. Was beweist: Auch Vollspacken haben Gefühle.<br />
Patrick<br />
Suburbia - Rebellen der Strasse<br />
"Suburbia", USA 1983<br />
Regie: Penelope Spheeris<br />
Drehbuch: Penelope Spheeris<br />
Darsteller: Chris Pedersen, Bill Coyne, Jennifer Clay, Flea u.a.<br />
Wenn man diesen Film sieht, muss man sich zwei Dinge vergegenwärtigen: In<br />
den frühen achtziger Jahren war einiges nicht so wie es heute ist und in einem<br />
amerikanischen Vorort ist einiges anders als Anderswo. Das muss klar sein,<br />
bevor man sich an diesen Film macht. Zur Schau gestelltes Anderssein war dem<br />
braven Bürger ein grosser Dorn im Auge, der gerne auch mit Gewalt entfernt<br />
werden sollte. Mike Ness erzählt auf der Social D. Live-CD von prügelnden Bauarbeitern,<br />
die keine bunten Haare mögen, Jello Biafra berichtet von den absurden<br />
Verdrehungen der amerikanischen Medien, die in Jugendlichen mit abweichenden<br />
Meinungen und Geschmäckern die Horden des Satans ausmachen.<br />
Obwohl beide Beispiele sicher auch heute noch zutreffen, gab es damals einfach<br />
weniger Verständnis, keine Lobby und weniger "Netzwerk".<br />
Penelope Spheeris hatte sich ein paar Jahre vor diesem Film monatelang in der<br />
Punk-Szene L.A.s aufgehalten, um einen Dokumentarfilm zu drehen. Sie wusste<br />
also um was es geht, als sie Suburbia drehte, was sich ausgezahlt hat: der<br />
Film gilt als Kultfilm der Szene. Die Punks und Skins in Suburbia sind bis auf<br />
wenige Ausnahmen "echt" - keine Schauspieler. Red Hot Chili Pepper Michael<br />
Balzary, besser bekannt als Flea, macht da keine große Ausnahme - wer die<br />
RHCP aus ihren Anfangstagen kennt, ahnt, dass der sich nicht sonderlich verstellen<br />
musste, um einen glaubhaften Ratten-Punk abzugeben.<br />
Dass die Kombination aus völlig perspektivlosen, saufenden und klauenden<br />
Hausbesetzern und völlig perspektivlosen, saufenden und frustrierten Ex-Army<br />
Spiessern keine ist, die lange gut gehen kann, ist klar. Es macht nicht viel Sinn<br />
sich hier über die Handlung des Films auszulassen, da die sich ja bei diesem<br />
Setting letztlich selbst diktiert.<br />
Das Schöne an dem Punk-Film ist eben das Unspektakuläre und Echte. Selbst<br />
die Drehorte sind echt und ohne künstliche Kulissen - die besetzte Hütte ist eine<br />
besetzte Hütte. Klar, dass bei einem solchen Projekt das entsprechend niedrige<br />
Budget und eben die Ungekünsteltheit ein paar etwas peinliche Spuren hinterlassen,<br />
wie beispielsweise die doch sehr trashige Szene mit der Hundeattacke...<br />
Aber halt! Wenn wir uns Hollywood-Produktionen aus denselben Jahren ansehen,<br />
kriegen wir eigentlich noch viel Peinlicheres an einem Streifen serviert.<br />
Wäre dieser Kritikpunkt getilgt, bleibt für mich nur noch einer: Man kann in der<br />
Original-Fassung die deutschen Untertitel kaum ertragen; die sind echt mies;<br />
und ich hab's nicht gepackt sie auszuschalten. Musik (auch in Form von Auftritten)<br />
gibt es natürlich auch: T.S.O.L., The Vandals und D.I. u.a. Abgerundet wird<br />
das Ganze mit einem sehr informativen achtseitigen Booklet.<br />
Marcel v.d. Weiden<br />
www.sunnybastards.de<br />
TEARS OF THE BLACK TIGER<br />
REGIE: WISIT SASANATIENG, THAILAND 2001<br />
Darsteller: Chartchai Ngamsan, Stella Malucchi,<br />
Suppakorn Kitsuwan, Arawat Ruangvuth, Sombat<br />
Metanee, Phairoj Jaisingha, Santisuk Promsiri<br />
Länge: 110 Minuten<br />
Rapid Eye Movies, www.rapideyemovies.de<br />
Die schöne Rumpoey (Stella Malucchi) steht im<br />
Regen und weint: Ihre Jugendliebe Dum (Chartchai<br />
Ngamsam) ist nicht gekommen, um mit ihr zu<br />
fliehen. Nun muss sie den Wunschkandidaten ihres<br />
Vaters, den ehrgeizigen Polizeioffizier Kumjorn<br />
(Arawat Ruangvuth), heiraten. Gleichzeitig erledigt<br />
Dum, in der Welt der Banditen besser bekannt als Revolverheld<br />
Black Tiger, stilsicher eine Bande von Verrätern.<br />
Rumpoeys und Dums Romanze ist hoffnungslos, denn sie<br />
leben in völlig unterschiedlichen Welten. Während Dum, ein einfacher<br />
Bauernjunge, nach der Rache an den Mördern seiner<br />
Familie, zum gefürchteten Outlaw wird, entwickelt sich der verwöhnte<br />
Fratz Rumpoey zu einer feinen Dame. Der thailändische<br />
Werbefilmer Wisit Sasanatieng hat die Genres des Western,<br />
des Action-Films, der Romanze und des Melodrams geschickt<br />
verschnitten; dabei scheint er sich und seine Protagonisten<br />
nicht immer vollkommen ernst zu nehmen und zwinkert seinem<br />
Publikum ab und an zu, etwa dann, wenn aus dem "Off" süßliche<br />
Thai-Melodien tröpfeln. Das alles artet aber nicht in "Trash"<br />
aus, und Sasanatieng erweist sich als bester Thai-Tarantino.<br />
Dazu werden die Bilder knallbunt koloriert, wie in einem Werbefilm<br />
eben. Dies führt zwar zu einer gewissen Abnutzung, dann<br />
nämlich, wenn sich das Auge an das zunächst Neue gewöhnt<br />
hat; dem Film, den man in dieser Form wohl kaum schon einmal<br />
gesehen haben dürfte, tut das jedoch keinen Abbruch.<br />
Wasser - Der Film (2 DVDs)<br />
"Water", Großbritannien 1985<br />
Regie: Dick Clement<br />
Darsteller: Michael Caine, Billy Connolly, Valerie Perrine, Brenda<br />
Vaccaro, Leonard Rossiter<br />
Länge: 94 Min.<br />
Sunfilm, www.sunfilm.de<br />
Baxter Thwaites, Gouverneur auf der britischen Karibikinsel<br />
Cascara, führt ein friedliches Leben, zieht ab und an mit seinen<br />
Kumpels einen Joint durch und lässt den lieben Gott einen<br />
guten Mann sein - bis eines Tages aus einem alten Ölbohrturm<br />
wertvolles Mineralwasser sprudelt. Plötzlich haben es vor allem<br />
Amerikaner und Franzosen auf die Insel abgesehen. In seiner<br />
Ruhe empfindlich gestört, entwickelt Thwaites einen Plan, der<br />
der Insel letztlich die Unabhängigkeit bringen soll: Er schickt<br />
den singenden Revoluzzer Delgado in die UN-Vollversammlung,<br />
wo dieser mit prominenter Unterstützung - unter anderem<br />
sind Georg Harrison, Ringo Star und<br />
Eric Clapton dabei - einen Freiheitssong<br />
zum Besten geben soll. Endlich,<br />
also! Endlich "Wasser" auf DVD,<br />
vielleicht nicht die Mutter aller Kultkomödien,<br />
so doch zumindest die Tante<br />
derselben! Kiffende Inselchefs, notgeile<br />
Ehefrauen, eine Priester, der<br />
durch ein paar "schwache Momente"<br />
für mindestens die Hälfte der Nachkommenschaft<br />
des Eilandes verantwortlich<br />
zeichnet, ein ausgeflippter<br />
DJ - "Und noch ein Blick auf das Wetter:<br />
ES IST HEISS!" - eine Umweltaktivistin,<br />
die den Kot seltener Fledermäuse sammelt und ein verschlagener<br />
Staatssekretär, der sich nichts sehnlicher wünscht,<br />
als den Klotz am Bein des Commonwealth - Cascara - endlich<br />
loszuwerden … der Stoff, aus dem große Filme sind! Vierundneunzig<br />
Minuten lang werdet Ihr Euer Jointgrinsen nicht mehr<br />
loswerden!<br />
Keule
Tourdaten Frühjahr 2006<br />
31 KNOTS<br />
22.03. Leipzig - Frühauf<br />
23.03. Berlin - Magnet Club<br />
24.03. Dresden - Scheune<br />
25.03. Münster - Gleis 22<br />
26.03. Offenbach - Hafen 2<br />
27.03. Magdeburg - Mikrokosmos<br />
03.04. Hamburg - Hafenklang<br />
07.04. Köln - Gebäude 9*<br />
* + Deerhoof<br />
AHEAD TO THE SEA<br />
23.03. Karlsruhe - Substage*<br />
24.03. Fulda*<br />
25.03. Dresden - Alter Schlachthof*<br />
20.04. Kassel - Witzenhausen Uni<br />
21.04. Köln - MTC**<br />
29.04. Reutlingen - Kulturschock<br />
Zelle<br />
30.04. Heidelberg - Uni<br />
01.05. Siegen - Mai Demo<br />
02./03.06. Idar Oberstein -<br />
Kama Festival<br />
30.06. Bad Wildbad - Polterplatz<br />
Open Air<br />
15.07. Wiesenfest Keltern<br />
* + Letzte Instanz<br />
** + Calamities<br />
ART OF FIGHTING<br />
24.03. Essen - Grend<br />
25.03. Münster - Gleis 22<br />
26.03. Dresden - Scheune<br />
27.03. Berlin - Bastard<br />
29.03. Nürnberg - K4<br />
30.03. Darmstadt - Oetinger Villa<br />
09.04. Köln - Kulturbunker Mülheim<br />
BENUTS<br />
29.04. Murnau - Westtor<br />
01.05. München - Marienplatz<br />
24.05. Landsberg/Lech - JUZ<br />
08.07. Moosburg - Red Corner<br />
Open Air<br />
BIG JOHN BATES<br />
17.05. München - Monofaktur<br />
18.05. Raum Nürnberg/Würzburg<br />
19.05. Witten - Haus Witten<br />
20.05. Hildesheim - Kulturfabrik<br />
23.05. Köln - Sonic Ballroom<br />
24.05. Dresden - tbc<br />
25.05. Berlin - White Trash<br />
26.05. Leipzig - UT Connewitz<br />
27.05. Osnabrück - Westwerk<br />
01.06. Bremen - Römer<br />
04.06. Wilhelmshaven - tbc<br />
09.06. Flensburg - Volksbad<br />
BOYSETSFIRE /<br />
HELL IS FOR HEROES /<br />
TRIBUTE TO NOTHING<br />
24.03. München - Backstage<br />
26.03. Schweinfurt -<br />
Alter Stattbahnhof<br />
27.03. Dresden - Reithalle<br />
28.03. Berlin - SO36<br />
29.03. Bremen - Schlachthof<br />
30.03. Hamburg - Logo<br />
CALEXICO/IRON & WINE<br />
08.04. Hamburg - Fabrik*<br />
09.04. Köln - Palladium*<br />
25.04. Frankfurt - Mousonturm<br />
04.05. Berlin - Columbiahalle<br />
05.05. München - Tonhalle<br />
15.05. Krefeld - Kulturfabrik<br />
* ohne Iron & Wine!<br />
CHARLOTTEFIELD<br />
11.04. Hamburg, Hafenklang<br />
THE CHRIS BROKAW<br />
ROCK BAND<br />
(mit Ex-Mitgliedern<br />
von Karate und Come)<br />
21.04. Berlin - Knaack<br />
23.04. Dresden - Scheune<br />
24.04. Hamburg - Knust<br />
25.04. Karlsruhe - Jubez<br />
27.04. Nürnberg - K4<br />
JASON COLLETT<br />
(Broken Social Scene)<br />
09.05. Köln - Gebäude 9<br />
10.05. Duisburg - Hundertmeister<br />
20.05. Geislingen - Rätschenmühle<br />
21.05. Frankfurt - Brotfabrik<br />
23.05. Dresden - Star-Club<br />
24.05. Hamburg - Tanzhalle<br />
26.05. Berlin - Postbahnhof<br />
27.05. Neustrelitz -<br />
Immergut Festival<br />
weitere Daten in Vorbereitung<br />
THE CLERKS<br />
31.03. Essen - Zeche Carl*,<br />
22.04. Wuppertal - LCB**<br />
30.04. Moers - Volksschule<br />
03.06. Viersen - Connys Come In<br />
* + Mark Foggo, Sondaschule, Slapstickers<br />
** + Slapstickers<br />
DEERHOOF<br />
02.04. Berlin - Magnet Club<br />
03.04. Stuttgart - Schocken<br />
07.04. Köln - Gebäude 9*<br />
* + 31 Knots<br />
DOSH<br />
08.05. Hamburg - Knust (tbc)<br />
09.05. Berlin - Knaack (tbc)<br />
ENABLERS (Neurot Recordings)<br />
24.04. Chemnitz - Subway To Peter<br />
25.04. Halle/Saale - Reilstraße 78<br />
26.04. Leipzig - Zoro*<br />
28.04. Bischofswerda - East Club*<br />
29.04. Köln - Kulturbunker Mülheim*<br />
30.04. Berlin - Bastard**<br />
* + Todd<br />
** + Todd, Volt, Two Lane Blacktop<br />
END OF LEVEL BOSS<br />
19.04. Leipzig - Zoro<br />
20.04. Siegen - Vortex<br />
THE EPOXIES / THE BRIEFS<br />
27.03. Hannover - Bei Chez Heinz<br />
28.03. Chemnitz - AJZ*<br />
30.03. Berlin - Kato<br />
31.03. Leipzig - Conne Island<br />
01.04. Solingen - Cobra<br />
* ohne The Briefs<br />
THE EX<br />
20.04. Köln - Kulturbunker Mülheim<br />
21.04. Bremen - Schlachthof*<br />
22.04. Braunschweig - Drachenflug<br />
* + Chumbawamba<br />
FANTOMAS MELVINS BIG BAND<br />
24.04. München - Backstage<br />
GANG GANG DANCE<br />
07.05. Schorndorf - Manufaktur<br />
GOB SQUAD<br />
24.03. Bergkamen - Yellowstone<br />
25.03. Erfurt - Spring Attack Festival<br />
08.04. Rendsburg - T-Stube<br />
GOGOGO AIRHEART<br />
15.04. Stuttgart - Romeos Kiste<br />
16.04. Dortmund - Ex-Cosmotopia<br />
17.04. Trier - Exhaus<br />
18.04. München - Kafe Kult<br />
19.04. Nürnberg - K4<br />
17.05. Hamburg - Hafenklang<br />
18.05. Berlin - Schokoladen<br />
19.05. Leipzig - PopUp Festival*<br />
terMine<br />
* + Ostinato & Diario<br />
GRAILS / SPAROWES<br />
02.04. Leipzig - UT Connewitz*<br />
04.04. Münster - Gleis 22<br />
05.04. Köln - Gebäude 9<br />
* ohne Red Sparowes<br />
THE GREAT CRUSADES /<br />
RICHMOND FONTAINE<br />
02.06 Langenau - Pfleghofsaal<br />
HELLDRIVER<br />
01.04. Cottbus - U-Boot<br />
07.04. Greifswald - Klex*<br />
* + Typhoon Motor Dudes<br />
THE HEROINES<br />
31.03. Pfarrkirchen - Club Bogaloo<br />
21.04. Backnang - JuZ<br />
07.07. Lingen - Abi-Festival<br />
23.09. Coburg - Oyle<br />
HUGO RACE & TRUE SPIRIT<br />
25.03. Berlin - Kulturbrauerei/<br />
Kesselhaus<br />
26.03. Hannover - Swamproom<br />
28.03. Wetzlar - Francis<br />
29.03. Duisburg - Hundertmeister<br />
30.03. Dortmund - FZW<br />
31.03. Plauen - Malzhaus<br />
01.04. Halle - Objekt 5<br />
02.04. Dresden - Tante Ju tbc<br />
03.04. Potsdam - Waschhaus<br />
04.04. Erfurt - Stadtgarten<br />
05.04. Jena - Rosenkeller<br />
06.04. Nürnberg - Rakete<br />
07.04. Augsburg - Junges Theater<br />
08.04. Geislingen - Rätschenmühle<br />
09.04. Stuttgart - Laboratorium<br />
12.04. Karlsruhe - Jubez<br />
13.04. München - Substanz<br />
15.04. Köln - Blue Shell<br />
THE (INTERNATIONAL) NOISE<br />
CONSPIRACY<br />
31.03. Düsseldorf - Stahlwerk<br />
JEL (Anticon) / MS. JOHN SODA<br />
25.03. Erlangen - E-Werk<br />
26.03. Stuttgart - Schocken<br />
27.03. München - Ampere<br />
LAMPSHADE<br />
25.03. Offenbach - Hafen 2<br />
26.03. Bielefeld - Forum<br />
27.03. Dortmund - FZW<br />
28.03. Marburg - KFZ<br />
53
54<br />
terMine<br />
29.03. Köln - Gebäude 9<br />
03.04. Hamburg - Knust<br />
24.04. Kassel - Schlachthof<br />
25.04. Karlsruhe - Jubez<br />
LES TAMBOURS DU BRONX<br />
19.5. Peine - Gebläsehalle<br />
MESSER CHUPS (Ipecac)<br />
24.03. Lübeck - Treibsand<br />
25.03. Berlin - Supamolly<br />
MI AND L'AU<br />
11.04. Hamburg - Astrastube<br />
03.05. Schorndorf - Manufaktur*<br />
05.05. Köln -<br />
Kulturbunker Mülheim<br />
06.05. Dresden - Wohnzimmer<br />
07.05. Berlin - Ausland<br />
* + No Neck Blues Band<br />
MOHA!<br />
26.04. Berlin - Ausland, N-Event<br />
BARBARA MORGENSTERN<br />
05.05. Berlin - Maria<br />
06.05. Leipzig - Ilses Erika<br />
07.05. Oldenburg - Amadeus<br />
09.05. Hamburg - Tanzhalle<br />
10.05. Köln - Gebäude 9<br />
11.05. Bielefeld - Forum<br />
12.05. Duisburg - Hundertmeister<br />
15.05. Frankfurt - Mousonturm<br />
16.05. München - Orange House<br />
19.05. Weinheim - Cafe Zentral<br />
29.07. Ribnitz-Damgarten -<br />
Rock die Disko-Festival<br />
DAVID MUNYON<br />
24.06. Hennef - Kurtheater<br />
NEKO CASE<br />
11.05. München, Orange House<br />
12.05. Berlin, Cafe Zapata<br />
(Tacheles)<br />
18.05. Hamburg, Fabrik<br />
NO-NECK BLUES BAND UND<br />
EMBRYO<br />
01.05.06 Berlin - Volksbühne<br />
+ Kammerflimmer Kollektief,<br />
Ekkehard Ehlers Quartett<br />
ORTHRELM<br />
02.05. Berlin, Club Transmediale<br />
Festival<br />
OSTINATO<br />
05.05. Bielefeld - Forum<br />
06.05. Dortmund - Soundgarden<br />
08.05. Hamburg - Fundbüro<br />
09.05. Offenbach - Hafen 2<br />
10.05. Köln -<br />
Kulturbunker Mülheim<br />
12.05. Düdingen - Café Bad Bonn<br />
13.05. Regensburg - Alte Mälzerei<br />
14.05. München - Cafe Kult<br />
18.05. Stuttgart, tba*<br />
19.05. Leipzig, Frühauf -<br />
PopUp Messe*<br />
20.05. Berlin, Bastard*<br />
* + Diario<br />
wird fortgesetzt<br />
THE POPZILLAS<br />
07.04. Wertheim - Halle 115*<br />
05.05. Stuttgart - Zwölfzehn<br />
06.05. Berlin - Insel-Berlin,<br />
Monophobia<br />
08.05. Köln - Mtc (tbc)<br />
01.07. Tübingen -<br />
Rock am Waldeck (tbc)<br />
15.07. Meschede -<br />
Heimspiel-Festival<br />
29.07. Kronach -<br />
Inge rockt Open Air (tbc)<br />
28.-30.7. Tauberbischoffsheim -<br />
Umsonst und Draußen<br />
(tbc)<br />
04./05.08. Stuttgart, Henkersfest-<br />
Open Air (tbc)<br />
18./19.08. Bad Sooden -<br />
Salmünster Open Air<br />
* Skin Of Tears<br />
RAISED FIST / COMEBACK KID /<br />
BRIDGE TO SOLACE<br />
28.04. Berlin - Magnet<br />
30.04. Trier - Deconstruction<br />
Featival<br />
05.05. Leipzig - Conne Island<br />
06.05. Münster - Sputnikhalle<br />
08.05. Hamburg - Molotov<br />
09.05. Minden - Anne-Frank-Haus<br />
10.05. Wiesbaden - Schlachthof<br />
11.05. München - Backstage<br />
RED SPAROWES (Neurot)<br />
28.03. Leipzig - UT Connewitz<br />
30.03. Berlin - Magnet<br />
04.04. Münster -<br />
Gleis 22 + GRAILS<br />
05.04. Köln - Gebäude 9+ GRAILS<br />
SEPULTURA / IN FLAMES<br />
12.04. München -<br />
Georg-Elser-Halle<br />
13.04. Stuttgart - Philharmonie<br />
TODD / ENABLERS<br />
26.04. Leipzig - Zoro*<br />
27.04. Wien - Chelsea<br />
28.04. Bischofswerda - East Club<br />
29.04. Köln - Gebäude 9<br />
30.04. Berlin - Bastard<br />
*+ Volt<br />
**Volt/Two Lane Blacktop<br />
VOLT / ENABLERS / TODD<br />
26.04. Leipzig, Zoro<br />
30.04. Berlin, Bastard*<br />
* + Two Lane Blacktop<br />
THE WHITE BIRCH<br />
02.04. Stuttgart - Merlin<br />
04.04. Marburg - KFZ<br />
Sonstiges<br />
11th ROADBURN FESTIVAL<br />
Samstag, den 22.04.2006,<br />
Tilburg (NL) - 013 Club<br />
mit Hawkwind, Ozric Tentacles,<br />
Bevis Frond, Leaf Hound, Spacehead,<br />
Solace, Brant Bjork & The<br />
Bros, Colour Haze, Orange Goblin,<br />
Capricorns, Ufomammut, The<br />
Heads, Orange Sunshine, Gorilla,<br />
Abramis Brama, Trancient Dreams<br />
Freitag, 21.04.2006 Pre Party mit<br />
Spaceship Landing, Toner Low,<br />
End of Level Boss, Astrosoniq<br />
www.roadburn.<strong>com</strong>