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Berechnung großer Flanschverbindungen von ... - GL Group

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<strong>Berechnung</strong> <strong>großer</strong> <strong>Flanschverbindungen</strong> <strong>von</strong><br />

Windenergieanlagen<br />

Dipl.-Ing. P. Dalhoff, Dipl.-Ing. A. Dombrowski und Dr.-Ing. D. Lehmann, Hamburg<br />

Zusammenfassung<br />

<strong>Flanschverbindungen</strong> an Windenergieanlagen (WEA) unterliegen sowohl einer hohen dynamisch-<br />

zyklischen Betriebsbelastung als auch großen Extremlasten. Um einerseits die Sicherheit der WEA<br />

zu gewährleisten und andererseits eine Kostenminimierung durch Leichtbau zu erreichen sind nicht-<br />

lineare <strong>Berechnung</strong>sansätze zu wählen, die das Verhalten der Flanschverbindung für alle Lastfälle<br />

gut abbilden.<br />

Für die <strong>Berechnung</strong> der Schraubenkräfte <strong>von</strong> <strong>Flanschverbindungen</strong> wurden in den letzten Jahren<br />

einige nichtlineare Ansätze entwickelt. Am Beispiel einer Turmflanschverbindung werden Ergebnis-<br />

se vereinfachter <strong>Berechnung</strong>sansätze und <strong>von</strong> FE- <strong>Berechnung</strong>en den Versuchsergebnissen <strong>von</strong> Pe-<br />

tersen [ 4 ] und [ 5 ] gegenübergestellt.<br />

Der FS/FA- Verlauf <strong>von</strong> <strong>Flanschverbindungen</strong> hat generell drei Anteile: ein linearer Verlauf während<br />

der Entlastung des Flansches, ein nichtlinearer Übergang während des Aufklaffens und ein weiterer<br />

linearer Bereich, wenn die Vorspannung durch die Betriebskraft aufgehoben wird und der Flansch<br />

nur noch an einer Kante trägt.<br />

Die derzeit gültige VDI 2230 - RICHTLINIE [ 1 ] gibt ein relativ aufwendiges nichtlinear-iteratives<br />

Verfahren zur <strong>Berechnung</strong> des sukzessiven Aufklaffens an. Dagegen soll der Entwurf der neuen VDI<br />

2230 ein vereinfachtes Verfahren mit einem „Kreisbogen“- Ansatz für den nichtlinearen Bereich<br />

nach THOMALA [ 2] enthalten. Die Verfasser stellen den <strong>von</strong> ihnen entwickelten „Parabel“-Ansatz<br />

vor, mit dem Versuchs- und FE-Werte am besten angenähert werden konnten. Die neuen Ansätze<br />

<strong>von</strong> PETERSEN [ 5 ] und SCHMIDT / NEUPER [ 3] werden ebenfalls dargestellt. SCHMIDT / NEUPER<br />

beschreiben das Schraubenkraftverhalten mit einem „tri-linearen“- Ansatz, während PETERSEN eine<br />

halbempirische Approximation mit einem Polynom 3. Grades für den gesamten Schraubenkraftver-<br />

lauf vorschlägt.<br />

1 Einführung<br />

Durch den nahezu permanenten Betrieb über die designierte Lebensdauer <strong>von</strong> 20 Jahren [ 7 ] und<br />

[ 10 ] und die unsteten Umgebungsbedingungen aus den Windverhältnissen entstehen an der WEA<br />

dynamisch-zyklische Belastungen mit Lastwechselzahlen bis 10 9 . Die Notwendigkeit eines Betriebs-<br />

festigkeitsnachweises aller im Kraftfluß liegenden WEA-Komponenten wird hieraus sofort ersicht-<br />

lich.<br />

1


Abbildung 1.1: Beispiele für <strong>Flanschverbindungen</strong> an WEA.<br />

2


Ebenso sind die Extremlasten, die z.B. bei Auftreten der 50- Jahresbö oder einem Not-Stopp der<br />

WEA entstehen, im Nachweis der allgemeinen Festigkeit zu beachten.<br />

Bei WEA werden ringförmige <strong>Flanschverbindungen</strong> sowohl für den maschinentechnischen Teil der<br />

Anlage z.B. zur Befestigung der Rotorblätter an der Nabe, der Nabe an der Welle und des Maschi-<br />

nenträgers am Turm als auch für Montagestöße der Turmsegmente rohrförmiger Stahl- und Schleu-<br />

derbetontürme verwendet (Abb. 1.1). Diese ringförmigen Flansche werden mittels hochfester, vorge-<br />

spannter Schrauben der Güte 8.8 oder 10.9 verbunden.<br />

Bei der Turmflanschverbindung ist die Anwendung eines Schrauben-<strong>Berechnung</strong>sverfahrens der<br />

genannten Verbindungen am ehesten zugänglich, da die Flanschgeometrie relativ einfach und sym-<br />

metrisch zur Trennfuge ist. Aufgrund der Rotorschubkraft am Turmkopf ist die Belastung im we-<br />

sentlichen durch ein Biegemoment am Flansch gekennzeichnet.<br />

1.1 Unterschiedliche Konzepte im Maschinenbau und im Bauwesen<br />

Windenergieanlagen gelten als bauliche Anlagen und unterliegen dem Bauordnungsrecht, d.h. den<br />

Bauordnungen der Bundesländer. Danach sind die Einwirkungen (Lasten) auf den maschinentechni-<br />

schen Teil sowie an der Schnittstelle zwischen Maschinenträger und Turm, die Nachweise für die<br />

Rotorblätter und die Maschine sowie das Vorhandensein und die Funktionsfähigkeit des Sicherheits-<br />

systems <strong>von</strong> einer sachverständigen Stelle zu bestätigen.<br />

Für den Standsicherheitsnachweis des Turmes und der Gründung gelten die bauaufsichtlich einge-<br />

führten Technischen Baubestimmungen, zu denen unter anderen die DIN 18 800 [ 11 ] und die<br />

Richtlinie für Windkraftanlagen des Deutschen Instituts für Bautechnik (DIBt) [ 7 ] zählen.<br />

Historisch gewachsen folgen die Nachweise im Maschinenbau und im Bauwesen unterschiedlichen<br />

Konzepten. Dies liegt zum Teil auch an den Unterschieden bei der Herstellung und Montage der<br />

Flansche, d.h. in den Unterschieden bei der Bearbeitung der Flanschflächen, bei der Schmierung und<br />

der Größe der Vorspannkräfte.<br />

Die Flansche der Rotorblätter und der maschinenbaulichen Komponenten werden mit Hilfe der Be-<br />

rechnungsverfahren der VDI 2230 [ 1 ] nachgewiesen. Ein klassisches <strong>Berechnung</strong>sverfahren im<br />

Rahmen der DIN 18 800 für die Turmflansche ist das Verfahren <strong>von</strong> Petersen (s. [ 4 ]) 1 .<br />

1.2 Reduktion der Vielschraubenverbindung auf die Ein-Schraubenverbindung<br />

In den folgenden Betrachtungen wird die Vielschraubenverbindung ringförmiger Flansche auf die<br />

Ein-Schraubenverbindung (SV) reduziert.<br />

1 Der Germanische Lloyd ist sowohl als sachverständige Stelle im Sinne der baugesetzlichen Regelungen für den maschinenbaulichen Teil<br />

der WEA benannt als auch im Rahmen der Prüfung <strong>von</strong> Türmen und Gründungen als Sachverständiger für Bauordnungsämter tätig. Außerdem<br />

ist der Germanische Lloyd als Zertifizierungsstelle für WEA akkreditiert. Aus diesem Grund ist die Beschäftigung mit beiden Verfahren<br />

zwingend erforderlich.<br />

3


Entsprechend der linearen Biegetheorie resultiert aus dem Biegemoment MB und einer Axialkraft Fa<br />

eine lineare Normalspannungsverteilung im Turm-Mantelblech. Wird die Flanschverbindung auf<br />

eine Ein-SV reduziert, so erfährt die höchstbelastete SV die Betriebskraft FA am Mantelblech<br />

F<br />

A<br />

2 M<br />

r n<br />

a b<br />

B<br />

F<br />

n<br />

a<br />

b<br />

mit dem Turmblechradius ra und der Schraubenanzahl nb. Bei der Reduktion auf die Ein-SV wird der<br />

Flansch in nb „Tortenstücke“ aufgeteilt. Der versteifende Einfluß durch die Krümmung des Flansches<br />

wird dabei vernachlässigt. In Abschnitt 3 wird gezeigt, daß die daraus resultierenden Fehler aufgrund<br />

der Flanschgröße jedoch klein sind.<br />

Außerdem erfolgt eine Begrenzung auf dicke Flansche mit (a + b) / t < 3 und dünne Mantelbleche ,<br />

wie sie bei WEA- Turmflanschen üblich sind (Flanschgeometrie siehe Abb. 2.2).<br />

2 Tragverhalten der Flanschverbindung und Versuchsdaten in der Literatur<br />

2.1 Tragverhalten<br />

In den folgenden Abschnitten wird die Nomenklatur jeweils getrennt nach VDI 2230 oder DIN<br />

18800 betrachtet, in bestimmten Fällen werden beide Nomenklaturen nebeneinander verwendet.<br />

Im folgenden wird das Tragverhalten einer Flanschverbindung mit vorgespannten Schrauben, wie sie<br />

sich im Versuch darstellt, beschrieben.<br />

2.2 Kraft-Verformungs-Beziehung der zentrisch vorgespannten Schraubenverbindung<br />

Wirkt die äußere Zugkraft Z zentrisch auf eine zentrisch vorgespannte SV, so erhöht sich die Zug-<br />

kraft in der Schraube. Gleichzeitig verringert sich die Druckkraft im Druckkörper. Erreicht die Zug-<br />

kraft Z den Wert Z krit , so ist die Druckkraft gleich Null, d.h. die zentrisch vorgespannte Verbindung<br />

„klafft“ („hebt ab“).<br />

2.3 Schraubenkraft und Mantelzugkraft der exzentrischen Schraubenverbindung<br />

Die ringförmige Flanschverbindung wird exzentrisch beansprucht und exzentrisch vorgespannt. Das<br />

Verhalten der Verbindung kann durch die Reaktion der Schraubenkraft FS aufgrund der äußeren Be-<br />

lastung FA bzw. Z am Mantelrohr (Betriebskraft) beschrieben werden. Da sich die Verfasser in den<br />

folgenden Abschnitten auf diesen FS/FA-bzw. FS/Z- Verlauf beziehen, folgt eine kurze, allgemeine<br />

Betrachtung des in Abb. 2.1 dargestellten Verlaufes. Die Schraubenkraft wächst mit zunehmender<br />

Zugkraft Z solange linear an, bis die Verbindung bei Erreichen <strong>von</strong> Z1 bzw. FAab im Bereich des<br />

Mantelbleches örtlich zu klaffen beginnt. Auf Grund der weiter fortschreitenden Klaffung steigt die<br />

Schraubenkraft progressiv an. Dieser nichtlineare Verlauf hat seine Ursache zunächst nur in der Än-<br />

derung des Auflagerbereichs zwischen den beiden Flanschen (System mit veränderlichen Auflager-<br />

bedingungen). Bei Zunahme der Betriebskaft Z bzw. FA wird die Druckspannung in Richtung der<br />

( 1 )<br />

4


Flanschblechenden verlagert. Die Vorspannung des<br />

Druckkörpers wird dabei abgebaut. Dieser nichtlineare<br />

Verlauf setzt sich bis Z2 bzw. FAka fort. Dies ist diejeni-<br />

ge Zugkraft, bei der die Verbindung theoretisch so trägt,<br />

als wären die Schrauben nicht vorgespannt gewesen<br />

(gestrichelte Linie in Abb. 2.1).<br />

Die Verbindung klafft theoretisch auf voller Länge 2 , d.<br />

h. sie trägt nach dem Hebelgesetz durch sog. Kantentra-<br />

gen. Der Verlauf ist bis zur Schraubenbelastung Z3 wie-<br />

der linear. Ab Z3 ergibt sich aufgrund der nichtlinearen<br />

Materialeffekte (Plastifizierung) ein degressiver Kur-<br />

venverlauf. Die Schraube wird plastisch überdehnt und<br />

versagt durch Bruch bzw. Gewindeabstreifen.<br />

2.4 Versuchsdaten<br />

Abbildung 2.1: Verlauf der Schraubenkraft<br />

als Funktion der Betriebskraft.<br />

PETERSEN zeigt in ([ 4 ], S. 547) und in [ 5 ] Versuchser-<br />

gebnisse <strong>von</strong> <strong>Flanschverbindungen</strong> mit deren Hilfe er<br />

seine <strong>Berechnung</strong>smodelle absichert. Da Versuche an<br />

kompletten Ringflanschverbindungen aufwendig und<br />

schwierig durchzuführen sind, führt PETERSEN diese Ver-<br />

suche an Ein-SV durch. In eine Prüfmaschine werden zwei<br />

identische spiegelbildliche, einseitige Flanschverbindun-<br />

gen als Ein-SV eingespannt. Die Abstützung des realen<br />

Ringflansches wird durch die gegenseitige Abstützung an<br />

der Verbindung Mantelrohrblech/Flanschblech simuliert<br />

(siehe Abb. 3.1). Abbildung 2.2 zeigt die Versuchsgeo-<br />

metrie mit den Abmessungen und Vorspannkräften der<br />

untersuchten Versuchskörper.<br />

Abbildung 2.2: Abmaße des Prüfkörpers<br />

aus [ 4 ]<br />

Prüf- Flansche Schrauben Zugblech<br />

körper mm - cm kN mm mm<br />

t l a b M A Fv d s c ls<br />

93-2 30 60 45 40 24 4,52 214 25 10 160 160<br />

93-3 50 100 50 45 30 7,07 353 31 10 160 160<br />

98-1 30 60 41 45 20 3,14 160 22 8 120 250<br />

Tabelle 2.1: Versuche nach PETERSEN [ 4 ] ( Prüfkörper 93-2 u. 93-3) und [ 5 ] (Prüfkörper 98-1)<br />

2 Es sind das „Klaffen“ im Verspannungsdiagramm (komplettes Abheben der Trennfuge der zentrischen Verbindung), sowie örtliches und<br />

großräumiges Klaffen an der wirklichen exzentrisch belasteten Verbindung, bzw. am zugehörigen Rechenmodell zu unterscheiden.<br />

5


3 Finite- Elemente- Methode<br />

Den FS/FA-Verlauf mit Hilfe der Finite-Elemente (FE)- Methode zu ermitteln, ist im Rahmen dieser<br />

vorgestellten <strong>Berechnung</strong>sansätze das aufwendigste jedoch auch das genaueste Verfahren. Die hier<br />

verwendeten FE-Modelle beinhalten nicht das nichtlineare Materialverhalten, so daß keine plasti-<br />

schen Vorgänge berücksichtigt werden.<br />

Bei den zwei- und dreidimensionalen FE-Modellen wird aufgrund der Symmetrie - in der Geometrie<br />

wie auch in der Belastung - nur ein Viertel des in [ 4 ] beschriebenen Versuchsaufbaus modelliert<br />

(Abb. 3.1). Weiterhin ist in Abb. 3.1 der prinzipielle Versuchsaufbau mit und ohne Belastung darge-<br />

stellt. Das Mantelzugblech wird mit der Betriebskraft FB der Prüfmaschine belastet. Die Beanspru-<br />

chung der Schraube wird mittels Dehnmeßstreifen (DMS) am freien Schraubenschaft ermittelt.<br />

Abbildung 3.1: Prinzip der<br />

Versuchsanordnung der zwei<br />

spiegelbildlich angeordneten<br />

<strong>Flanschverbindungen</strong> nach<br />

[ 4 ] und [ 6 ] im unbelasteten<br />

und im belasteten Zustand<br />

3.1 2D-Modell<br />

Abb. 3.2 zeigt das zweidi-<br />

mensionale FE-Modell mit<br />

seinen Randbedingungen. Es werden 4-Knoten-Elemente mit Ansatz eines ebenen Spannungszustan-<br />

des (ESZ) verwendet.<br />

Die Flanschverbindung besteht aus einem Flansch- und einem Mantelzugblech, die fest miteinander<br />

verbunden sind. Die Schweißnähte werden bei der Modellierung vernachlässigt. Parallel zu den<br />

Flanschblechelementen liegen die des Schraubenschaftes, d.h. die Durchgangsbohrung im Flansch<br />

wird vernachlässigt. Wie die Parameterstudien in [ 8 ] bestätigen, zeigt die Vernachlässigung der<br />

Durchgangsbohrung im Flanschblech bei der 2D-Modellierung kaum Einfluß auf die Schraubenkraft.<br />

Die Unterlegscheibe ist sowohl mit der Flanschblechoberseite als auch mit dem Schraubenkopf ver-<br />

bunden.<br />

Die Trennfuge ist durch Kontaktelemente an der Unterseite des Flanschbleches modelliert, die nur<br />

Druckkräfte übertragen können. Ihnen werden Kontaktsteifigkeiten zugewiesen, die sich an der örtli-<br />

chen Systemsteifigkeit orientieren. Die Kontaktelemente liegen in der Symmetrieebene.<br />

Das untere Ende des modellierten Schraubenschaftes ist nur in vertikaler Richtung gelagert, da der<br />

Schraubenschaft sonst unter Belastung in seiner Querkontraktion behindert wird.<br />

Das Mantelblech ist in der Krafteinleitungsebene horizontal eingespannt. Damit werden die Klemm-<br />

backen der Zugmaschine simuliert.<br />

Ausschnitt für das<br />

FE-Modell<br />

Spannbacken<br />

der Prüfmaschine<br />

Verschraubung<br />

FB<br />

FB<br />

Mantelblech<br />

Flanschblech<br />

6


Als Symmetrierandbedingung ist das<br />

Mantelzugblech auf Höhe des<br />

Flanschblechs horizontal eingespannt.<br />

Die Elementierung sowie die Randbe-<br />

dingungen des 2D-Modells sind in<br />

Abbildung 3.3a dargestellt.<br />

3.2 3D-Modell<br />

Aus Symmetriegründen der Geometrie<br />

und der Einwirkungen kann das drei-<br />

dimensionale FE-Modell als "Halb-<br />

modell" erstellt werden (siehe Abbil-<br />

dung 3.3b). Dabei finden 8-Knoten-<br />

Volumen- und 5-Knoten-<br />

Kontaktelemente Verwendung. Wie in<br />

[ 9 ] vorgeschlagen, werden 8-Knoten-Volumen-Elemente verwendet, die nicht nur translatorische<br />

sondern auch rotatorische Freiheitsgrade an den Knoten besitzen. Durch den höheren Elementansatz<br />

wird eine bessere Abbildung des elastischen Verhaltens erreicht. Die berechneten FS/FA-Verläufe<br />

nähern sich den Versuchsergebnissen aus [ 5 ] stärker an.<br />

Die Randbedingen sind dem 2D-Modell ähnlich und der dritten Dimension angepaßt. Folgende Än-<br />

derungen sind bei der Modellierung eingeflossen:<br />

Um das Steifigkeitsverhalten der Kontaktelemente besser darzustellen, wird es den individuellen<br />

Steifigkeiten der angrenzenden Flanschblechelemente angepaßt. (siehe [ 8 ])<br />

Schraubenschaft, Scheibe und Schraubenkopf sind (halb-)rund modelliert.<br />

Im Gegensatz zum 2D-Modell wird die Durchgangsbohrung mitberücksichtigt.<br />

Rost modelliert in seinem in [ 9 ] vorgestellten und in Abbildung 3.3c dargestellten Vollmodell die<br />

Krümmung und die Schweißnaht der Flanschverbindung mit. Bei großen Flanschen sind die Auswir-<br />

kungen auf die Schraubenbeanspruchung gering, was Beispielrechnungen mit und ohne Krümmung<br />

und Schweißnaht zeigen.<br />

Flanschblech<br />

Abbildung 3.2: Randbedingungen am 2D- Modell.<br />

Schraube<br />

FB<br />

vertikale Einspannung des<br />

Schraubenschaftes mit<br />

horizontaler Führung<br />

vertikale Führungung des<br />

Zugblechs (Spannbacken)<br />

Abstützung zum<br />

benachbarten<br />

Zugblech<br />

Kontaktelemente<br />

(übertragen nur Druck)<br />

7


Abbildung 3.3: Elementierung und Randbedingungen der verwendeten FE-Modelle<br />

3.3 Vorspannung und Betriebskraft<br />

Im ersten Belastungsabschitt wird der Schraubenschaft thermisch verkürzt (abgekühlt), bis die vor-<br />

gewählte Vorspannung im Schraubenschaft erreicht ist. Im zweiten Belastungsabschitt wird das FE-<br />

Modell am Mantelblech bis zu einer gewählten Belastung FB vertikal gezogen. Die sukzessive Erhö-<br />

hung der Betriebskraft ist notwendig, da die Lösungsphase <strong>von</strong> Beginn an aufgrund der vorhandenen<br />

Kontaktelemente nichtlinear erfolgt. Als Ergebnis der <strong>Berechnung</strong> ergibt sich die Beziehung Schrau-<br />

benkraft FS zu angelegter Betriebskraft FB. Die Wertepaare werden zur besseren Auswertung in Dia-<br />

grammform dargestellt und im folgenden Abschnitt analysiert. Die Betriebskraft FB erzeugt am<br />

Turmblech keine Querkraft. So kann FB/2 der in [ 1 ] definierten Betriebskraft FA gleichgesetzt wer-<br />

den.<br />

3.4 Vergleich mit Versuchsergebnissen<br />

Die FE-Modelle sind in [ 8 ] mit den Versuchsergebnissen aus [ 4 ] verifiziert worden. In den Abbil-<br />

dungen 6.2 und 6.3 werden die Versuchsergebnisse des zweiten und dritten Versuchskörpers den hier<br />

vorgestellten Rechenergebnissen gegenübergestellt. Der Vergleich zwischen Versuch und Rechener-<br />

gebnis zeigt bis zum vollständigen Kantentragen (FAka bzw. Z2) eine gute Übereinstimmung. Die<br />

Rechenergebnisse der 2D- und 3D- Modelle unterscheiden sich nur geringfügig (s. [ 8 ]). Die<br />

Versagenslast der Flanschverbindung kann aufgrund der fehlenden Berücksichtigung der Plastifizie-<br />

rungseffekte nicht richtig wiedergegeben werden.<br />

Die berechneten FS/FA-Kurven liegen leicht unterhalb der Versuchsergebnisse. Im Hinblick auf den<br />

Ermüdungsnachweis ist daher tendenziell eine nicht konservative Abschätzung zu erkennen.<br />

Mit der Verwendung eines Teilsicherheitswertes für die Unsicherheiten der FE-Modelle erreicht<br />

man, daß die berechnenten FS/FA-Verläufe konservativ in der Festigkeitsauslegung der Schrauben<br />

verwendet werden können.<br />

8


4 <strong>Berechnung</strong>smethode nach VDI 2230<br />

Die derzeit gültige Fassung der Richtlinie VDI 2230 beinhaltet zwei Verfahren zum Nachweis der<br />

SV. Dies sind der elementare lineare und der nichtlineare Rechengang.<br />

Beim linearen Rechengang wird vorausgesetzt bzw. sichergestellt, daß die Trennfugen der ver-<br />

spannten Teile sich nicht <strong>von</strong>einander trennen und im vollen Kontakt bleiben. Bei exzentrischem<br />

Kraftangriff ist daher eine hohe Vorspannung erforderlich, um ein beginnendes Klaffen sicher zu<br />

vermeiden. Der lineare <strong>Berechnung</strong>sansatz berücksichtigt auch Biegespannungen in der Schraube.<br />

Für den Nachweis der Betriebsfestigkeit wird in der Regel der lineare Rechengang angewendet, da<br />

für die normalen Betriebslasten kein Klaffen zugelassen wird.<br />

Bei Extremlasten kann es zum Klaffen kommen, so daß die Anwendung des nichtlinearen Rechen-<br />

gangs notwendig ist. Biegespannungen in der Schraube werden hier nicht berücksichtigt. Da das<br />

derzeitige Verfahren recht aufwendig ist, wird im Entwurf für die neue VDI 2230 ein „Kreisbogen“-<br />

Ansatz für die Abbildung des Aufklaffens im FS/FA- Diagramm eingebracht. Die Verfasser stellen<br />

diesem Ansatz einen „Parabel“- Ansatz gegenüber.<br />

Die Grundbeziehungen der VDI 2230 werden im<br />

Folgenden als bekannt vorausgesetzt bzw. es wird<br />

auf die Richtlinie verwiesen. Die Variablenbe-<br />

zeichnungen sind entsprechend der VDI 2230 ge-<br />

wählt.<br />

Für die Krafteinleitungshöhe Faktor n bietet die<br />

VDI 2230 lediglich grobe Anhaltswerte zwischen<br />

n=0.3 bis 0.7. Für n = 0.3 erhält man eine gute<br />

Anpassung an die mit Hilfe der FE- Methode be-<br />

rechneten Schraubenkraftverläufe im linearen Be-<br />

reich. Deshalb wird für die folgenden Berech-<br />

nungsansätze dieses Abschnittes mit n=0.3 ge-<br />

rechnet. Im Nachweis der Betriebsfestigkeit der<br />

SV geht die Krafteinleitungshöhe stark ein. Ist mw<br />

die inverse Steigung der zur Betriebsfestigkeits-<br />

rechnung herangezogenen Wöhlerlinie, so ist die<br />

Lebensdauer proportional der Schrauben-<br />

Spannungsschwingweite mit dem Exponenten -mw.<br />

D.h. z.B. bei einer 10%-igen Erhöhung der Span-<br />

nungsschwingbreite verringert sich die Lebens-<br />

Abbildung 4.1: Flansch mit Bezeichnungen<br />

nach VDI 2230<br />

dauer (bei mw=4 ) um 32%, bei 20% Spannungszunahme geht die Lebensdauer um 52% zurück.<br />

Bei der Elastizität der Schraube werden im Gegensatz zu den anderen Modellen Elastizitäten <strong>von</strong><br />

Schraubenkopf, -mutter und Gewinde berücksichtigt. Diese Vereinfachung der anderen Modelle<br />

führt zu einer steiferen Schraube. Dies bedeutet eine konservative Annahme im Sinne der Schrauben-<br />

9


zusatzkräfte. Für die Versuchsbeispiele wurde zur besseren Vergleichbarkeit auch bei den VDI- An-<br />

sätzen die Elastizität <strong>von</strong> Schraubenkopf, -mutter und Gewinde vernachlässigt.<br />

4.1 Linearer Ansatz nach VDI 2230<br />

Beim linearen <strong>Berechnung</strong>sansatz nach VDI 2230 liegt einer SV mit exzentrischem Kraftangriff und<br />

exzentrischer Schraubenanordnung die Forderung zugrunde, daß beginnendes einseitiges Klaffen<br />

vermieden wird. So wird zwangsläufig sichergestellt, daß die Relation Betriebskraft zu Schrauben-<br />

kraft linear ist. Die Dimensionierung einer solchen SV führt oft zu sehr konservativen Ergebnissen<br />

bzw. zur Überdimensionierung. Die in der VDI 2230 zugrundegelegte lineare Druckverteilung zwi-<br />

schen den Trennfugen der gedrückten Flansche führt mit der Bedingung, daß die Druckverteilung an<br />

einem Rand gegen Null geht zu einer Bestimmungsgleichung der erforderlichen Klemmkraft.<br />

Die Exzentrizität a, Exzentrizität der Schraubenanordnung s, usw. sind für die hier behandelte<br />

Flanschverbindung in Abbildung 4.1 skizziert.<br />

Wie bereits erwähnt ist die Forderung, den Beginn einseitigen Klaffens zu verhindern aus konstrukti-<br />

ver Sicht nicht zu begründen ( es muß keine Dichtigkeitsfunktion erfüllt werden, wie z.B. bei Rohr-<br />

leitungen, Schornsteinen,...). Mit der Forderung soll lediglich das nichtlineare Verhalten der Schrau-<br />

benkraft beim Klaffen bzw. der damit verbundene <strong>Berechnung</strong>saufwand verhindert werden.<br />

Mit Zunahme der Flanschgrößen <strong>von</strong> WEA lohnt jedoch u.U. ein erhöhter <strong>Berechnung</strong>saufwand. Im<br />

folgenden Abschnitt soll daher auf den nichtlinearen <strong>Berechnung</strong>sansatz der VDI 2230 eingegangen<br />

werden.<br />

4.2 Nichtlinearer Ansatz nach VDI 2230<br />

Beim nichtlinearen Ansatz erfolgt die <strong>Berechnung</strong> der Schraubenkraft iterativ durch sukzessive Er-<br />

höhung der Betriebskraft bis zum Bemessungswert der Betriebskraft. Bleibt die Schraubenkraft inkl.<br />

Berücksichtigung der Materialsicherheitsfaktoren unter der Streckgrenze, so ist der Nachweis der<br />

allgemeinen Festigkeit erbracht. Bei der Bestimmung der Vorspannkraft sind Anziehfaktor und Setz-<br />

betrag zu berücksichtigen. Auch beim nichtlinearen Ansatz wird eine lineare Pressungsverteilung in<br />

der Trennfuge angenommen. Die Integration der Pressungsverteilung über die Trennfugenoberfläche<br />

ergibt die resultierende Klemmkraft FK und deren Angriffspunkt, die Klemmkraftexzentrizität sK, (s.<br />

Abb. 4.1). Der als Klemmkraftexzentrizität bezeichnete Abstand zum Flächenschwerpunkt der<br />

Trennfuge wandert bei Erhöhung der Betriebskraft in Richtung des Drehpunktes beim Kantentragen.<br />

Ab einer kritischen Klemmkraftexzentrizität beginnt die Trennfuge einseitig aufzuklaffen. Unter<br />

Berücksichtigung des elastischen Verhaltens (Krümmung der Flansche) wird in jedem Iterations-<br />

schritt die Klemmkraftexzentrizität ermittelt. Anschließendes Kräftegleichgewicht am Druckkörper<br />

ergibt die Schraubenkraft.<br />

Ist die Klemmkraft infolge Aufklaffens theoretisch bis an den linken Rand gewandert, so beginnt das<br />

Kantentragen.<br />

10


Die ersten Rechenergebnisse mit dem nichtlinearen VDI 2230- Ansatz lagen unterhalb der Ver-<br />

suchswerte, da der Beginn des Klaffens FAab zu spät einsetzte. Die Begründung hierfür liegt vermut-<br />

lich darin, daß der Ansatz der linearen Pressungsverteilung in der Trennfuge nicht dem tatsächlichen<br />

Verlauf entspricht. Studien mit Hilfe der FE- Methode zeigen, daß teilweise schon nach Aufbringen<br />

der Vorspannkraft erste Klaffungserscheingungen am Flanschrand auftreten und sich ein nichtlinea-<br />

rer Verlauf der Pressungsverteilung einstellt.<br />

Um ein frühzeitiges Klaffen zu erreichen, wurde anstelle der in [ 12 ] gegebenen Beziehung für die<br />

kritische Klemmkraftexzentrizität die Annahme sKkrit=0 eingeführt. Die hiermit erzielten Ergebnisse<br />

ergaben eine bessere Annäherung an die Versuchsdaten. Daher und da die Annahme sKkrit = 0 stets<br />

konservativ ist, ist dies sicherlich berechtigt bzw. empfehlenswert.<br />

Die Krafteinleitungshöhe wurde zu n=0.3 angesetzt. Alle weiteren Größen zur <strong>Berechnung</strong> sind<br />

durch Geometrie bzw. Versuchsbedingungen vorgegeben.<br />

4.3 Kreisbogenansatz nach THOMALA [ 2]<br />

Der Entwurf der neuen VDI 2230 vereinfacht den<br />

nichtlinearen Ansatz dahingehend, daß der aufwen-<br />

dige iterative Algorithmus ersetzt wird. Dies ge-<br />

schieht, indem der nichtlineare Bereich durch einen<br />

Kreisbogen angenähert wird, [ 2 ]. Dieser beginnt<br />

bei FAab (Erreichen der Abhebegrenze) und geht<br />

tangential vom linearen Bereich aus. Der Kreisbogen<br />

mündet dann wiederum tangential in den zweiten<br />

linearen Teil des Kantentragens. Die drei Freiheits-<br />

grade zur Bestimmung des Kreises werden mit den<br />

drei Randbedingungen tangentiales Anschließen an<br />

die beiden Geraden und dem Beginn des Bogens bei<br />

FAab ermittelt.<br />

Der Gesamtverlauf der Schraubenkraft als Funktion<br />

der Betriebskraft lautet damit<br />

FS<br />

F F :<br />

F F<br />

A Aab en A V<br />

F F F F n r F m<br />

F F<br />

v<br />

v<br />

a<br />

s F<br />

:<br />

2<br />

A Aka: A<br />

Aab A Aka V K K A K<br />

Schraubenkraft FS / kN<br />

250<br />

200<br />

150<br />

0 50 100<br />

Betriebskraft FA / kN<br />

Kreisbogen<br />

VDI linear<br />

Parabel<br />

Kantentragen<br />

Kreismittelpunkt<br />

Abhebegrenze<br />

Abb. 4.2:Kreisbogenansatz nach THOMALA<br />

und Parabelansatz der Verfasser<br />

2<br />

( 2 )<br />

11


4.4 Parabelansatz der Verfasser<br />

Ähnlich dem Kreisbogenansatz wird hier der nichtlineare Bereich zwischen der Abhebegrenze FAab<br />

und dem Beginn des Kantentragen FAka durch eine analytische Ansatzfunktion approximiert. Anstelle<br />

der Kreisfunktion wird hier ein Polynom zweiten Grades gewählt:<br />

F C C F C F<br />

S 0 1 A 2<br />

2<br />

A<br />

Die Randbedingungen sind identisch mit denen des Kreisbogenansatzes:<br />

F F : F F F ,<br />

A Aab S S Aab<br />

F F<br />

A Aka<br />

:<br />

dF<br />

dF<br />

S<br />

A<br />

v a<br />

v s<br />

dF<br />

dF<br />

Daraus werden die Polynomkoeffizienten C0 bis C2 bestimmt:<br />

C F<br />

0<br />

mit<br />

V<br />

C<br />

3<br />

S<br />

A<br />

2<br />

FAab<br />

4<br />

C ; C en<br />

FAab<br />

2<br />

C ; C<br />

1<br />

4<br />

C<br />

v a<br />

v s<br />

en<br />

v<br />

FV<br />

a<br />

FAab<br />

v s<br />

en<br />

en<br />

3 1 3 2 3<br />

Die Abhebegrenze FAab gemäß VDI 2230 und der aus dem Parabelansatz resultierende Beginn des<br />

Kantentragens FAka sind:<br />

FAab I BT a<br />

FV<br />

u AD<br />

; FAka<br />

I s u A<br />

en<br />

BT<br />

D<br />

v<br />

C1<br />

v<br />

2C<br />

2<br />

a<br />

s<br />

Der Punkt des Kantentragens FAka beim Parabelansatz liegt im Vergleich zum Kreisbogenansatz bei<br />

höheren Schraubenkräften.<br />

Der Schraubenkraftverlauf wird dann wie folgt beschrieben:<br />

FS<br />

F F :<br />

F F<br />

A Aab en A V<br />

Aab A Aka A<br />

2<br />

A<br />

F F F C C F C F<br />

v a<br />

F F<br />

v s F<br />

:<br />

0 1 2<br />

A Aka: A<br />

( 3 )<br />

( 4 )<br />

( 5 )<br />

( 6 )<br />

( 7 )<br />

12


4.5 Bewertung und Vergleich mit Versuchsergebnissen<br />

Die Abbildungen 6.1 bis 6.3 zeigen die Versuchsergebnisse (Veruchsbeschreibung siehe Abschnitt 2)<br />

und die <strong>Berechnung</strong>sergebnisse der Ansätze dieses Abschnittes.<br />

4.5.1 Versuchskörper 1, PETERSEN [ 5 ]<br />

Abbildung 6.1 zeigt die Versuchsdaten, Versuchskörper 1 in [ 5 ] und die berechneten Kurven. Die<br />

Ergebnisse des nichtlinearen Verfahrens der VDI 2230 liegen hier im Übergang vom linearen Be-<br />

reich in den nichtlinearen Bereich sogar leicht oberhalb der Versuchswerte, dies ist mit der Annahme<br />

sKkrit=0 zu begründen. Der weitere nichtlineare Verlauf der VDI 2230-Kurve nähert sich sehr gut den<br />

Versuchswerten an. Beim Übergang in das Kantentragen treffen alle <strong>Berechnung</strong>sansätze zusammen<br />

und liegen oberhalb des letzten Versuchswertes, da im Versuch bereits erste Plastifizierungserschei-<br />

nungen der Schraube eingetreten sind.<br />

Beim Parabelansatz geht die berechnete Kurve nahezu durch die Versuchsdaten und bildet somit den<br />

Schraubenkraftverlauf sehr gut ab. Der Kreisbogenansatz liegt aufgrund des ausladenden Kreisbo-<br />

gens unterhalb der Versuchswerte und weist die größten Abweichungen auf.<br />

4.5.2 Versuchskörper 2, PETERSEN [ 4 ]<br />

In Abbildung 6.2 liegen alle berechneten Kurven etwas unterhalb der Versuchswerte. Die beste An-<br />

näherung an die Versuchswerte gelingt dabei mit dem nichtlinearen Ansatz der VDI 2230. Dies liegt<br />

hier mit daran, daß die kritische Klemmkraftexzentrizität zu Null gesetzt wurde und damit der nicht-<br />

lineare Schraubenkraftanstieg schon bei kleineren Betriebskräften beginnt.<br />

Der Parabelansatz weist einen gegenüber dem Ansatz der VDI 2230 ausgeprägten linearen Bereich<br />

aus. Der Parabelbereich schmiegt sich nahezu exakt an die nichtlineare VDI 2230 Kurve und damit<br />

auch an die Versuchswerte an.<br />

Der Kreisbogenansatz liegt am weitesten <strong>von</strong> den Versuchswerten entfernt. Dies ist wiederum mit<br />

der ausladenden Form des Kreisbogens zu begründen, der dem progressiven Anstieg der Schrauben-<br />

kraft nicht folgen kann.<br />

Bei diesem Versuch erreicht die errechnete Abhebegrenze FAab einen recht hohen Wert, der Ver-<br />

suchsverlauf geht deutlich früher in den nichtlinearen Bereich, d.h. es ist dort kaum ein linearer Be-<br />

reich zu erkennen. Dieser Fehler in der Berechung <strong>von</strong> FAab liegt vermutlich in der Annahme einer<br />

linearen Pressungsverteilung in der Trennfuge.<br />

4.5.3 Versuchskörper 3, PETERSEN [ 4 ]<br />

Abbildung 6.3 zeigt den Vergleich mit berechneten Schraubenkraftverläufen. Alle VDI 2230- ba-<br />

sierten Ansätze und die FEM- Ergebnisse liegen unterhalb der Versuchskurve. Dabei ist die Tendenz<br />

wie bei den vorgenannten Versuchen so, daß der Kreisbogenansatz die niedrigsten Schraubenkräfte<br />

liefert.<br />

5. <strong>Berechnung</strong> nach DIN 18800 und Eurocode 3<br />

13


5.1 Bemessungskonzept<br />

Die Bemessung einer Flanschverbindung nach DIN 18 800 erfolgt mit dem Konzept der Teilsicher-<br />

heitsbeiwerte.<br />

Nach diesem Konzept muß die Beanspruchung S kleiner als die Beanspruchbarkeit R sein, der Index<br />

d steht für Bemessung (design), d.h.<br />

Beanspruchung S d<br />

Beanspruchbarkeit R d<br />

(Einwirkung F) (Widerstandstandsgröße M)<br />

F • • F M / M<br />

Teilsicherheitsbeiwert für die Einwirkungen F<br />

Kombinationsbeiwert<br />

Teilsicherheitsbeiwert M = 1.1 für Stahl.<br />

Es werden unterschiedliche Grenzzustände nachgewiesen, z.B. der Grenzzustand der Tragfähigkeit<br />

(gegen Bruch), der Grenzzustand der Ermüdung und der Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit<br />

(wobei F =1.0).<br />

5.2 Vereinfachte <strong>Berechnung</strong>sverfahren<br />

Das Verfahren zur <strong>Berechnung</strong> der in der Schraube vorhandenen Zugkraft ist in DIN 18 800 nicht<br />

vorgegeben. Es wird aber in DIN 18 800, Element 801 darauf hingewiesen, „daß in SV Abstützkräfte<br />

entstehen können“, die zu berücksichtigen sind.<br />

Das übliche vereinfachte Verfahren zur <strong>Berechnung</strong> der Schraubenkraft ist das <strong>von</strong> PETERSEN z.B. in<br />

[ 4 ] oder [ 5 ] angegebene. Dieses Verfahren basiert auf der Annahme einer zentrisch vorgespannten<br />

Verbindung. Und es berücksichtigt die Erhöhung der in der Schraube vorhandenen Zugkraft durch<br />

Abstützkräfte, wobei PETERSEN zur <strong>Berechnung</strong> dieser Abstützkräfte ein Balkenmodell verwendet.<br />

Die <strong>Berechnung</strong>sergebnisse hängen <strong>von</strong> einer Reihe <strong>von</strong> Parametern ab. Es sind dies vor allem die<br />

Steifigkeiten des Flansches und der Turmwandung, die Größe des Druckkörpers ( gestrichelt in Abb.<br />

5.1 oben) und die Größe der gewählten Hebelarme a und b (s. Abb. 5.1).<br />

14


Für unterschiedliche Grenzzustände werden dabei unter Umständen unter-<br />

schiedliche Modelle verwendet. Dies geschieht durch die unterschiedliche<br />

Auswahl der Parameter, auf die im folgenden noch näher eingegangen<br />

wird.<br />

Es werden lineare und neuerdings auch nichtlineare Verfahren angewendet.<br />

5.3 Grenzzustand der Tragfähigkeit<br />

Der Nachweis im Grenzzustand der Tragfähigkeit (gegen Bruch) erfolgt<br />

unter F - -facher Belastung mit Hilfe des in Abb. 5.1 angegebenen Stab-<br />

modells. Das Nachweisverfahren ist in [ 4 ] beschrieben.<br />

Türme <strong>von</strong> WEA weisen kleine Verhältniswerte s/t und s/r auf. Der<br />

Einfluß der Drehfeder K ist daher gering. Für K = 0 wird das Balkenmodell<br />

zu einem statisch bestimmten Balken. Die in der aus Schraube und vorge-<br />

spanntem Druckkörper bestehenden Wegfeder C vorhandene Federkraft F<br />

und Randkraft R lassen sich mit Hilfe des Hebelgesetzes berechnen (s. Abb.<br />

5.1).<br />

Für die vorgespannte Verbindung folgt die in der Schraube vorhandene Zugkraft aus dem Verspan-<br />

nungsdiagramm<br />

a b CS<br />

FS FV p Z ; ; p<br />

( 8 )<br />

a C C<br />

S D<br />

CS und CD sind die Steifigkeiten der Schraube und des Druckkörpers.<br />

Aus dem Balkenmodell (s. Abb. 5.1) folgt der als Linie 1 in Abb. 5.2 angebene geradlinige Verlauf<br />

bis Zkrit.<br />

Ist die Schraube nicht vorgespannt, so ist die in der Schraube vorhandene Zugkraft FS gleich der Fe-<br />

derkraft F (s. Linie 2 in Abb. 5.2)<br />

F F Z<br />

S<br />

Petersen hat in [ 4 ] mit den dort verwendeten Annahmen (Größe des Druckkörpers etc.) berechnete<br />

Grenzkräfte mit den Bruchlasten <strong>von</strong> Versuchen verglichen - und gute Übereinstimmung festgestellt.<br />

Der Vergleich der <strong>Berechnung</strong>sergebnisse mit den Versuchswerten (s. Abb. 5.2) zeigt, daß die Nei-<br />

gung der Linie 2 <strong>von</strong> der Neigung der Versuchskurve im Bereich nach Z2 (FAka) abweicht. Dies be-<br />

deutet, daß dieses <strong>Berechnung</strong>sverfahren weniger auf die Abbildung des wirklichen Verlaufs der<br />

Zugkraft in der Schraube abzielt, als vielmehr auf die Ermittlung der Bruchlast und dabei den nicht-<br />

linearen Verlauf infolge des Materialverhaltens kurz vor dem Bruch mit berücksichtigt.<br />

Abbildung 5.1: Balkenmod.<br />

n. PETERSEN<br />

( 9 )<br />

15


Für den Nachweis im Grenzzustand der Tragfähigkeit gegen Bruch ist der lineare Verlauf der<br />

Schraubenkraft (Linie 1) lediglich <strong>von</strong> theoretischer Bedeutung. Dieser Nachweis wird nach DIN 18<br />

800 und Aussage des Auslegungsausschusses geführt, als wäre die Schraube nicht vorgespannt (s. [<br />

13 ] ).<br />

5.4 Grenzzustand der Ermüdung<br />

Der Nachweis der Ermüdung erfolgt üblicherweise<br />

nach EUROCODE 3 [ 14 ] mit Hilfe der linearen Scha-<br />

densakkumulationshypothese nach Palmgren und Mi-<br />

ner, wobei die Schädigung D < 1 sein muß.<br />

Zur <strong>Berechnung</strong> der Schädigung werden die in der<br />

Schraube vorhandenen Schraubenkräfte bzw. deren<br />

Schwingweiten benötigt.<br />

Für den Nachweis mit Hilfe des linearen Berech-<br />

nungsverfahrens reicht dabei die Kenntnis der<br />

Schwingweite der Schraubenkräfte. Bei Berücksichti-<br />

gung des nichtlinearen Verlaufs werden sowohl die<br />

Schwingweite der Schraubenkraft (Spannungs-<br />

schwingweite ), wie auch das Niveau der Bean-<br />

spruchung, gegeben durch den Mittelwert der Schrau-<br />

benkraft (Mittelwert der Spannung M) benötigt.<br />

Als Teilsicherheitsbeiwert für den Nachweis der Ermüdung wird üblicherweise F = 1.0 verwendet.<br />

5.4.1 Lineares <strong>Berechnung</strong>sverfahren<br />

PETERSEN gibt in [ 4 ] eine vereinfachte, lineare <strong>Berechnung</strong>smethode der Schraubenkräfte mit einem<br />

linearen Verlauf an. Die <strong>Berechnung</strong> liefert im Bereich kleiner Mantelzugkräfte konservative, auf der<br />

sicheren Seite liegende Schraubenkräfte, im Bereich vor Erreichen <strong>von</strong> Z krit jedoch zu kleine Werte<br />

(s. Abb. 5.2).<br />

5.4.2 Nichtlineare <strong>Berechnung</strong>sverfahren<br />

Für große WEA wird oft der Grenzzustand der Ermüdung für die Dimensionierung maßgebend. Da-<br />

her ist man bemüht, die bestehenden Reserven durch die Anwendung nichtlinearer <strong>Berechnung</strong>sver-<br />

fahren auszuschöpfen.<br />

Zur Zeit gibt es, neben der <strong>Berechnung</strong> mit der FE- Methode, die beiden vereinfachten Verfahren<br />

<strong>von</strong> SCHMIDT / NEUPER [ 3 ] und <strong>von</strong> PETERSEN [ 5 ]. Im folgenden wird auf diese Verfahren näher<br />

eingegangen.<br />

5.4.2.1 Verfahren <strong>von</strong> SCHMIDT / NEUPER<br />

Abbildung 5.2: Schraubenkraftverlauf<br />

nach PETERSEN (lineares Modell)<br />

16


SCHMIDT UND NEUPER [ 3 ] haben das ursprüngliche Verfahren <strong>von</strong> PETERSEN [ 4 ] durch ein „ver-<br />

bessertes Ingenieurmodell“ modifiziert. Der nichtlineare Kurvenverlauf der in der Schraube vorhan-<br />

denen Zugkräfte wird durch einen trilinearen Verlauf angenähert und es werden bestimmte Annah-<br />

men bezüglich des Anstiegs des ersten und des dritten Geradenastes getroffen. Der mittlere Bereich<br />

wird geradlinig verbunden.<br />

Der Verlauf im Bereich 1 bis Z1 ist linear (s. Abb. 2.1), da bis Z1 kein (örtliches) Klaffen der Verbin-<br />

dung und keine Hebelwirkung auftritt. Für den Anstieg dieser Geraden wird folgender Ansatz ge-<br />

wählt:<br />

FS FV pZ und Z<br />

1<br />

a b<br />

a b F 05 .<br />

V<br />

( 10 )<br />

Abbildung 5.3 (li.): nichtlin. Ansatz <strong>von</strong> PETERSEN und trilinear. Ansatz <strong>von</strong> SCHMIDT / NEUPER<br />

Abbildung 5.4 (re.): nichtl. Ansatz <strong>von</strong> PETERSEN und Ansatz v. SCHMIDT / NEUPER mit Parabel<br />

17


Für den Verlauf der Geraden im Bereich 3, d.h. für Z > Z2 nach Erreichen des Kantentragens,<br />

wählen SCHMIDT / NEUPER folgenden Ansatz:<br />

F Z ;<br />

S<br />

* *<br />

0. 7a<br />

b<br />

0. 7a<br />

und Z<br />

2<br />

*<br />

F<br />

1<br />

V<br />

p<br />

( 11 )<br />

Den trilinearen Verlauf der Schraubenkraft für dieses Näherungsverfahren zeigt Abb. 5.3. Die Wahl<br />

<strong>von</strong> * und Z2 durch SCHMIDT / NEUPER erfolgt in Anlehnung an FE-<strong>Berechnung</strong>en, die wiederum<br />

mit den Versuchen <strong>von</strong> PETERSEN in [ 4 ] abgestimmt wurden.<br />

Im vorliegenden Beispiel der Abb. 5.3 werden die Ergebnisse für den Versuchskörper 3 <strong>von</strong> PE-<br />

TERSEN [ 4 ] im Vergleich zu den Versuchswerten gezeigt.<br />

Für die getroffenen Ansätze stellt sich die Frage nach der sicheren Seite. Die Unsicherheit dieser<br />

Ansätze bzw. des Rechenmodells könnte dadurch berücksichtigt werden, daß man den verwendeten<br />

Teilsicherheitsbeiwert F erhöht.<br />

Das Verfahren <strong>von</strong> SCHMIDT / NEUPER kann auf einfache Weise verbessert werden, indem man den<br />

geradlinigen Verlauf des mittleren Bereiches durch eine Parabel ersetzt (siehe auch Abschnitt 4.4),<br />

die zwischen die beiden gewählten Geraden eingepaßt wird (s. Abb. 5.4). Damit ergibt sich ein steti-<br />

ger, den Versuchswerten entsprechender Verlauf.<br />

5.4.2.2 Verfahren <strong>von</strong> PETERSEN [ 5 ]<br />

PETERSEN [ 5 ] hat für die <strong>Berechnung</strong> des Schraubenkraftverlaufs ebenfalls ein vereinfachtes nicht-<br />

lineares <strong>Berechnung</strong>sverfahren vorgestellt. Als Näherungsfunktion für den gesamten Schrauben-<br />

kraftverlauf wird ein Polynom dritten Grades gewählt:<br />

2 3<br />

FS a bZ cZ dZ<br />

( 12 )<br />

Zur Ermittlung der vier Parameter a bis d wurden Versuche durchgeführt. Die Parameter wurden so<br />

gewählt, daß die gemessene Kurve weitgehend angenähert wird. Das Vorgehen ist ausführlich in [ 5]<br />

dargestellt.<br />

PETERSEN gibt in [ 5 ] Gleichungen für unterschiedliche Druckkörperformen wie Zylinder, Doppel-<br />

kegel, und Druckkörper nach VDI 2230 etc. an. Er verwendet den Druckörper 2, der sehr ähnliche<br />

Ergebnisse wie der Druckkörper-Ansatz der VDI 2230 liefert.<br />

5.5 Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit<br />

Für WEA besteht nach Meinung der Verfasser kein Grund für eine begrenzende Bedingung für den<br />

Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit z.B. Z < Z2 ,wie sie zur Zeit in der DIBt- Richtlinie gefor-<br />

dert wird.<br />

18


6 Zusammenfassender Vergleich<br />

6.1 Zusammenfassende Bewertung der <strong>Berechnung</strong>en mit der Finite-Elemente- Methode<br />

Mit Hilfe der Methode der Finiten-Elemente konnte die Beziehung zwischen Schraubenkraft und<br />

Mantelkraft mit guter Genauigkeit bis zum Anfangsbereich des Kantentragens für eine Reihe <strong>von</strong><br />

Versuchen nachgerechnet werden. Für einige Versuche ergaben sich jedoch auch Abweichungen. Es<br />

wurde <strong>von</strong> den in der Literatur erkennbaren Randbedingungen ausgegangen, ohne die wirklichen<br />

Versuchsbedingungen in allen Einzelheiten zu kennen. Darin können die Gründe für die festgestell-<br />

ten Abweichungen liegen. Es wäre daher sinnvoll, bei zukünftigen Versuchen deren Randbedingun-<br />

gen sehr genau anzugeben, um sie bei den <strong>Berechnung</strong>en berücksichtigen zu können.<br />

Nicht ermittelt wurde die Bruchlast. Um diese ermitteln zu können, müßten auch die Nichtlinearitä-<br />

ten des Materialverhaltens und <strong>großer</strong> Verformungen berücksichtigt werden.<br />

Im Blick auf die Ermüdung liegen die Ergebnisse nicht auf der „sicheren Seite“. Es wird deshalb<br />

vorgeschlagen mit der Einführung eines Teilsicherheitsbeiwertes F = 1.1 für die Berücksichtigung<br />

der Unsicherheit des Rechenmodells zu begegnen.<br />

6.2 Zusammenfassende Bewertung der Nachweise nach VDI 2230<br />

Mit dem nichtlinearen Rechengang ist die Annäherung an die Versuchswerte zufriedenstellend. Je-<br />

doch können bei dem relativ aufwendigen Algorithmus zur <strong>Berechnung</strong> des sukzessiven Aufklaffens<br />

schnell Fehler entstehen, zumal teilweise die Variablendefinitionen nicht konform mit dem linearen<br />

Teil der VDI 2230 sind ( Vorzeichen <strong>von</strong> Maß „s“). Die kritische Klemmkraftexzentrizität sKkrit sollte<br />

zu Null gesetzt werden, um eine bessere Annäherung an die Versuchsdaten zu erhalten und um auf<br />

der sicheren Seite zu liegen.<br />

Der Parabelansatz zeigt dagegen gute Übereinstimmung mit den Versuchswerten und ist in der<br />

Handhabung gegenüber dem nichtlinear-iterativen Ansatz wesentlich einfacher und unmißverständli-<br />

cher.<br />

Der Kreisbogenansatz entspricht vom <strong>Berechnung</strong>saufwand und der Handhabung her dem des Para-<br />

belansatz, jedoch ist die Übereinstimmung mit den Versuchswerten hier weniger zufriedenstellend.<br />

Der nichtlineare Anstieg des Kreisbogens ist gegenüber dem der Parabel nicht progressiv genug und<br />

täuscht geringere als die tatsächlichen Schraubenkräfte vor.<br />

6.3 Zusammenfassende Bewertung der Nachweise nach DIN 18 800 und Eurocode 3<br />

Der Nachweis der Schraube nach DIN 18 800 erfolgt für den Grenzzustand der Tragfähigkeit gegen<br />

Bruch so, als ob die Schraube nicht vorgespannt wäre. Der Nachweis der Schraube gegen Ermüdung<br />

erfolgt mit den in der Schraube vorhandenen Kräften (Mittelwert und Schwingweiten) unter Berück-<br />

sichtigung der Vorspannung.<br />

19


Das vereinfachte <strong>Berechnung</strong>sverfahren <strong>von</strong> Petersen liefert nach bisheriger Erkenntnis auf der si-<br />

cheren Seite liegende Ergebnisse für den Nachweis des Grenzzustandes der Tragfähigkeit gegen<br />

Bruch.<br />

Das vereinfachte Verfahren <strong>von</strong> SCHMIDT/NEUPER für den Grenzzustand der Ermüdung geht <strong>von</strong><br />

einfachen jeweils linearen Ansätzen aus und liegt bezüglich der Versuchsergebnisse <strong>von</strong> Petersen<br />

oberhalb der Versuchswerte, d.h. auf der sicheren Seite. Petersen nähert den nichtlinearen Verlauf<br />

der Zugkraft durch ein Polynom dritter Ordnung an. Die vier Parameter müssen durch Approximati-<br />

on an die Versuchswerte bestimmt werden. Es bleibt die Frage nach der Allgemeingültigkeit und<br />

sicheren Seite.<br />

Es ist zu beachten, daß unterschiedliche, vereinfachte Rechenmodelle für den Grenzzustand der Trag-<br />

fähigkeit (durch Bruch) und den Grenzzustand der Ermüdung verwendet werden. Für die Ungenau-<br />

igkeit des Rechenmodells für den Grenzzustand der Ermüdung wird vorgeschlagen, einen Teilsicher-<br />

heitsbeiwert <strong>von</strong> F = 1.1 einzuführen.<br />

20


Schraubenkraft FS [kN]<br />

Schraubenkraft FS [kN]<br />

300<br />

250<br />

200<br />

150<br />

300<br />

250<br />

200<br />

150<br />

0 50 100<br />

VDI nichtlinear<br />

Versuch<br />

Kreisbogen<br />

Parabel<br />

VDI 2230<br />

Mantelzugkraft Z [kN] ( =FA [kN] )<br />

Petersen und Schmidt / Neuper<br />

0 50 100<br />

Mantelzugkraft Z [kN] ( =FA [kN] )<br />

Schmidt / Neuper - trilinear<br />

Petersen 98 - Polynom 3. Grades<br />

Versuch<br />

Schraubenkraft FS [kN]<br />

300<br />

250<br />

200<br />

150<br />

0 50 100<br />

Versuch<br />

FEM<br />

FEM<br />

Mantelzugkraft Z [kN] ( =FA [kN] )<br />

Abbildung 6.1: Veruchsergebnisse aus [5], Versuchskörper I, im Vergleich mit <strong>Berechnung</strong>sansätzen<br />

21


Schraubenkraft FS [kN]<br />

Schraubenkraft FS [kN]<br />

400<br />

350<br />

300<br />

250<br />

200<br />

400<br />

350<br />

300<br />

250<br />

200<br />

0 100 200<br />

VDI nichtlinear<br />

Versuch<br />

Kreisbogen<br />

Parabel<br />

VDI 2230<br />

Mantelzugkraft Z [kN] ( =FA [kN] )<br />

Petersen und Schmidt / Neuper<br />

0 100 200<br />

Mantelzugkraft Z [kN] ( =FA [kN] )<br />

Schmidt / Neuper - trilinear<br />

Petersen 98 - Polynom 3. Grades<br />

Versuch<br />

Schraubenkraft FS [kN]<br />

400<br />

350<br />

300<br />

250<br />

200<br />

0 100 200<br />

Versuch<br />

FEM<br />

FEM<br />

Mantelzugkraft Z [kN] ( =FA [kN] )<br />

Abbildung 6.2: Versuchsergebnisse aus [4], Versuchskörper II, im Vergleich mit <strong>Berechnung</strong>sansätzen<br />

22


Schraubenkraft FS [kN]<br />

Schraubenkraft FS [kN]<br />

700<br />

600<br />

500<br />

400<br />

300<br />

700<br />

600<br />

500<br />

400<br />

300<br />

0 100 200 300 400<br />

VDI nichtlinear<br />

Versuch<br />

Kreisbogen<br />

Parabel<br />

VDI 2230<br />

Mantelzugkraft Z [kN] ( =FA [kN] )<br />

Petersen und Schmidt / Neuper<br />

0 100 200 300 400<br />

Mantelzugkraft Z [kN] ( =FA [kN] )<br />

Schmidt / Neuper - trilinear<br />

Petersen 98 - Polynom 4. Grades<br />

Versuch<br />

Schraubenkraft FS [kN]<br />

700<br />

600<br />

500<br />

400<br />

300<br />

0 100 200 300 400<br />

Versuch<br />

FEM<br />

FEM<br />

Mantelzugkraft Z [kN] ( =FA [kN] )<br />

Abbildung 6.3: Versuchsergebnisse aus [4], Versuchskörper III, im Vergleich mit <strong>Berechnung</strong>sansätzen<br />

23


7 Schlußfolgerung<br />

Die Berücksichtigung des nichtlinearen Schraubenkraftverhaltens bei einseitig klaffenden Verbin-<br />

dungen ist nicht zu vernachlässigen und gewinnt an Bedeutung, da man bestrebt ist, die Flanschgrö-<br />

ßen in Grenzen zu halten.<br />

Anhand der derzeitigen VDI 2230 ist eine nichtlineare <strong>Berechnung</strong> der Schraubenkräfte mit einer<br />

detaillierten Berücksichtigung der elasto-mechanischen Grundlagen möglich. Dies führt jedoch zu<br />

einem aufwendigen <strong>Berechnung</strong>sverfahren und ist für die meisten Anwendungsfälle in der Praxis zu<br />

aufwendig. Der Ansatz <strong>von</strong> THOMALA [ 2 ], den nichtlinearen Bereich durch eine Kreisfunktion an-<br />

zunähern, vereinfacht die <strong>Berechnung</strong> der Schraubenkräfte erheblich, die iterative <strong>Berechnung</strong> ent-<br />

fällt. Der Vergleich mit Versuchsergebnissen macht jedoch deutlich, daß mit dem Kreisbogenansatz<br />

die Schraubenkräfte systematisch unterschätzt werden. Der <strong>von</strong> den Verfassern vorgeschlagene Para-<br />

belansatz erzielt eine bessere Annäherung an die Versuchswerte. Die Parabel steigt im Vergleich zum<br />

Kreisbogen ( bei gleichen Randbedingungen) progressiver an und führt dementsprechend nicht zu<br />

einer systematischen Unterschätzung der Schraubenkräfte. Die Verfasser schlagen vor, den Parabel-<br />

ansatz in die Neufassung der VDI 2230 aufzunehmen.<br />

Ein Vergleich der VDI-Verfahren mit den im Rahmen der DIN 18 800 verwendeten Verfahren macht<br />

folgendes deutlich: Die VDI 2230 gibt detaillierte elasto-mechanische Modelle an, während das Ver-<br />

fahren <strong>von</strong> Petersen <strong>von</strong> einem einfachen Balkenmodell ausgeht. Die Verfahren beider Bereiche<br />

wenden für den Nachweis der Tragfähigkeit und der Ermüdung (durch die Verwendung unterschied-<br />

licher Parameter) unterschiedliche Rechenmodelle an.<br />

Das nicht immer auf der sicheren Seite liegende lineare Verfahren <strong>von</strong> PETERSEN wurde inzwischen<br />

durch nichtlineare Verfahren erweitert, die ebenfalls vom Balkenmodell ausgehen. Dabei sind jedoch<br />

bestimmte Annahmen bezüglich der verschiedenen Parameter zu treffen.<br />

Die DIN 18 800 verwendet das Konzept der Teilsicherheitsbeiwerte. Unsicherheiten und Ungenauig-<br />

keiten der vereinfachten Verfahren (z.B. keine Berücksichtigung der Schraubenbiegung) werden<br />

durch die Sicherheitsbeiwerte abgedeckt. In der VDI 2230 sind dagegen keine Hinweise auf Sicher-<br />

heitsbeiwerte enthalten.<br />

Die Verifizierung der gewählten Ansätze durch Versuche läßt nach Aussage der Verfasser keine<br />

allgemeingültige Aussage zu, daß man mit diesen <strong>Berechnung</strong>sansätzen immer auf der sicheren Seite<br />

liegt. Es wird daher vorgeschlagen für den Nachweis der Ermüdung für die vorhandenen Modell-<br />

Unsicherheiten den üblicherweise verwendeten Teilsicherheitsbeiwert <strong>von</strong> F = 1.0 auf F = 1.1 zu<br />

erhöhen, bzw. für die <strong>Berechnung</strong>en nach VDI 2230 einen Sicherheitsbeiwert <strong>von</strong> 1.1 einzuführen.<br />

Analog sollte auch für mit Hilfe der FE-Methode nachgewiesene Flansche dieser Sicherheitsbeiwert<br />

angewendet werden, da auch hier Unsicherheiten bezüglich der Modellabbildung bestehen.<br />

Sowohl in den Modellen für Nachweise gemäß DIN 18 800 als auch im nichtlinearen Ansatz der VDI<br />

2230 bleiben die Biegespannungen in der Schraube unberücksichtigt.<br />

24


8 Literatur<br />

[ 1 ] VDI 2230: Systematische <strong>Berechnung</strong> hochbeanspruchter Schraubenverbindungen. Berlin und<br />

Köln: Beuth-Verlag, (1986)<br />

[ 2 ] THOMALA, W.: Erläuterungen zur Richtlinie VDI 2230 Blatt 1 (1986). Beispiel: Pkw-<br />

Pleuelverschraubung. Der nichtlineare <strong>Berechnung</strong>sansatz. VDI-Verlag GmbH, Düsseldorf,<br />

VDI-Z 129 Nr. 9, S.79-84, (1987)<br />

[ 3 ] SCHMIDT, H., NEUPER, M.: Zum elastostatischen Tragverhalten exzentrisch gezogener L-Stöße<br />

mit vorgespannten Schrauben. Stahlbau 66, Heft 3, (1997)<br />

[ 4 ] PETERSEN, CH.: Stahlbau. Vieweg & Sohn Verlagsgesellschaft, 3. Auflage, (1993)<br />

[ 5 ] PETERSEN, CH.: Nachweis der Betriebsfestigkeit exzentrisch beanspruchter Ringflanschver<br />

bindungen. Stahlbau 67, Heft 3, (1998)<br />

[ 6 ] PETERSEN, CH.: Tragfähigkeit imperfektionsbehafteter geschraubter Ringflansch-<br />

Verbindungen, Stahlbau 1990, S. 97 - 104<br />

[ 7 ] DEUTSCHES INSTITUT FÜR BAUTECHNIK (DIBT): Richtlinie für Windkraftanlagen Einwirkun<br />

gen und Standsicherheitsnachweise für Turm und Gründung. Juni (1993), 2. überarbeitete<br />

Auflage (1995)<br />

[ 8 ] DOMBROWSKI, A.: <strong>Berechnung</strong> <strong>von</strong> vorgespannten <strong>Flanschverbindungen</strong> mit Hilfe der FE-<br />

Methode. Interner Bericht WE 60/96. Germanischen Lloyd Hamburg, (1996)<br />

[ 9 ] ROST, S.: Bericht zur FEM-<strong>Berechnung</strong> <strong>von</strong> Turmflanschverbindungen. Germanischen Lloyd<br />

Hamburg, (1996)<br />

[ 10 ] GERMANISCHER LLOYD: Richtlinie für die Zertifizierung <strong>von</strong> Windkraftanlagen.<br />

Germanischer Lloyd Hamburg, Ausgabe (1993)<br />

[ 11 ] DIN 18 800 STAHLBAUTEN. Beuth-Verlag, November (1990)<br />

[ 12 ] DUBBEL: Taschenbuch für den Maschinenbau. 18. Auflage, Springer- Verlag Berlin. (1995)<br />

[ 13 ] EGGERT, H.: Aus der Arbeit des Auslegungsausschusses zu DIN 18 800 Stahlbau. Stahlbau<br />

65, S. 460, (1996)<br />

[ 14 ] EUROCODE 3 (EC 3) bzw. DIN V ENV 1993 Teil 1-1 Bemessung und Konstruktion <strong>von</strong> Stahl<br />

bauten, April (1993)<br />

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