Wochenblatt Lörrach KW42

WOCHENBLATT
14. OKTOBER 2015 LÖRRACH AKTUELL 11
LÖRRACH ERLEBEN
er einmal am Marktplatz deskreis. Eingekleidet in Pink-
Wfestsaß, mag es vielleicht Schwarz mit Schirmmützen und
gar nicht über das ganze Herbstfest verspiegelten Sonnenbrillen, sehen
einige der Mädels recht streng
geschafft haben. Möglicherweise
hatte manch einer die Tour auch aus. Am Stand nebenan steht eine
schon hinter sich und legte hier Frau zwischen Gemüse und Weintrauben
auf dem Verkaufstisch.
eine Pause ein. Wann immer in
Lörrach gefeiert wird: Am besten Was treibt sie da oben? Will sie
ist die Aussicht von den Bierbänken
am Marktplatz aus. „Angechene
Passanten sich bei solch
nicht verpassen, wie angesprolika“,
ruft es laut: Eine Frau läuft inszeniertem Junggesellinnenabschied
fast nicht widersetzen kön-
zu einer Gruppe, die sich niedergelassen
hat und Kürbissuppe nen? Als ob es sie nichts anginge,
und neuen Wein vor sich stehen steckt sie ihre Hände in eine Holzkiste
und sortiert konzentriert
hat. Dann zieht eine Schar junger
Mädchen vorbei: „Ach schau, da kleine Zierkürbisse. Doch von
kommt eine unter die Haube“, wegen: Wer ihr ins Gesicht schaut,
meint einer aus Angelikas Freun- sieht, wie sie schmunzelt. (ts)
Studie präsentiert
Nationalsozialismus in den Lörracher Ortsteilen
Lörrach. Aus vielen Dokumenten,
die er dem Lörracher Stadtarchiv
und dem Freiburger Staatsarchivs
entnommen hatte, hat der Historiker
Robert Neisen im Auftrag der
Stadt Lörrach bereits 2013 viele Fakten
zur Geschichte Lörrachs im Nationalsozialismus
zusammengetragen.
Die Studie beleuchtete die Rolle
der damaligen Stadtverwaltung im
Dritten Reich und bezieht sich auf
das Gebiet der heutigen Kernstadt.
Kritische Stimmen hatten dann
angemerkt, dass es wünschenswert
wäre, auch die Chroniken der Stadtteile
Brombach, Haagen und Hauingen
genauer zu untersuchen. Im Gemeinderat
berichtete nun Kilian
Fehr, Mitarbeiter des Historikers
Neisen, über seine Recherchen in
den Akten der Stadtteile. Die Aktenlage
sei lückenlos dargestellt, wenn
auch quantitativ wenig vorhanden
sei und die Chroniken sehr knapp
beschrieben seien. So ist die Auswertung
in Brombach klein, in Haagen
käme das Jahr 1933 gar nicht vor.
In Hauingen hat sich erst 1936 ein geeigneter
parteitreuer Kandidat für
das Bürgermeisteramt gefunden, solange
war die Gemeinde bürgermeisterlos.
Die Studie ergab, dass in den Teilgemeinden
keineJuden, keine Sintis
und Roma ansässig waren, so war
eine Verfolgung kein Thema. Aber
es gab Menschen, die aus politischen
Gründen der Euthanasie zum
Opfer fielen. 1980 benannte ein herausgebrachtes
Buch acht Personen
aus den Stadtteilen, die in der Zeit
des Nationalsozialismus verfolgt
wurden und mit ihrem Leben bezahlten.
Die neuen Erkenntnisse lassen
nun auf 67 Kinder, Frauen und
Männer schließen, die diese Zeit
nicht überlebten. OberbürgermeisterJörg
Lutz zeigte sich betroffenvon
diesen Schicksalen und regte an im
Gremium nochmals vertiefend über
das Thema zu sprechen – auch inwieweit
mit Stolperpflastersteinen
oder einer Stele den Menschen gedacht
werden sollte. (saz)
Die Marktstände mit den verschiedenen Kürbissen (rechts der „Atlantic Giant“) setzten farbige Akzente.
Buntes Treiben
Herbstfest und Kürbismarkt lockten in die Stadt
Lörrach. „Dies ist der Herbst:
der – bricht dir noch das Herz“,
dichtete einst Friedrich Nietzsche
über die Nebelmonate.
Dass man den Herbst jedoch
auch ganz anders, nämlich von
seinen freundlichen und „goldenen“
Seiten erleben kann, sollte
einmal mehr das von Pro Lörrach
organisierte Herbstfest am
Samstag und Sonntag in der Lörracher
Innenstadt beweisen.
Es begann mit einer ökumenischen
Andacht zum Erntedankfest
auf dem Neuen Marktplatz. Der
Kürbismarkt mit seinen farbenfrohen
Eindrücken, die Info- und Verkaufsstände
in der Fußgängerzone
und die Automeile luden anschließend
zum Flanieren ein. Passend
zur Jahreszeit gab es, vielleicht zu
einem Gläschen neuen Wein,
hauptsächlich Deftig-Herzhaftes zu
essen, zum Beispiel Raclette und
Zwiebelkuchen, und natürlich den
zum 13. Mal im Mittelpunkt des Festes
stehenden Kürbis (botanisch
betrachtet die größte Beere der
Welt) in allen Variationen, von
Suppe bis Waie. Wie im Vorjahr
wurde zudem ein Kürbisschnitzwettbewerb
durchgeführt. Die
Sieger in drei Kategorien wurden
von Oberbürgermeister Jörg Lutz
geehrt. Bei den Kindern siegten:
Chiara Ferlito, Cécile Strittmatter
und Nando Lang; bei den Jugendlichen:
Naomi Schwarz, Lena-Maria
Brackel und Elena Ostariz, bei
den Erwachsenen: Lea Aberer, JohannHoffmannundMarkusErfurt.
Und noch ein weiteres Fest wurde
zusammen mit dem Herbstfest
gefeiert: Vor zehn Jahren eröffnete
der (insgesamt schon seit 20 Jahren
bestehende) Werkstattladen Pinguin
am Chesterplatz, für den Menschen
mit psychischer Beeinträchtigung
sowohl in der Produktion
wie auch im Verkauf tätig sind. Angezogen
von der Aktion „Mach
mit“ – der längsten Wimpelkette
Lörrachs –, dem Bad Säckinger Kinder-
und Jugendzirkus Papperlapapp,
Luftballons, Seifenblasen
und Kinderschminken fanden sich
viele kleine Festbesucher auf dem
Chesterplatz ein. Björn Steiert
Fotos: bst
Oberbürgermeister Jörg Lutz (Dritter von links), die Organisatorin des Kürbisschnitzwettbewerbs
Anja Busse von der Stadt Lörrach (rechts) mit den
Gewinnerinnen und Gewinnern.
Foto: WB
Der Werkstattladen Pinguin auf dem Chester Platz hatte zum „Kinder-Geburtstag“
eingeladen.
Foto: bst