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POLITIK<br />

gen zu führenden Persönlichkeiten<br />

innerhalb<br />

ihrer Communitys aufbauen<br />

und pflegen, sich um<br />

die Lebensbedingungen der Bürger<br />

kümmern und Dienstleistungsaufgaben<br />

wahrnehmen, während man<br />

mit anderen Rebellen in maximaler<br />

Weise zusammenarbeitet. Abu Abdulmalek<br />

räumte ein, dass einige<br />

Fraktionen, die sich im Bürgerkrieg<br />

hervorgetan hätten, „verschmutzt“<br />

wären. Die Mujahideen sollten sich<br />

darum bemühen, schrittweise daran<br />

zu arbeiten, diese „einzuhegen oder<br />

zu neutralisieren“.<br />

E U R O P A<br />

+<br />

W E LT<br />

In einer jüngst veröffentlichten<br />

Schrift plädierte der Ahrar-Ideologe<br />

Abu Muhammad al-Sadeq für einen<br />

„offenen, inklusivistischen Weg“, der<br />

die „dschihadistische Bewegung“<br />

in einen „Wiederaufstieg“ führen<br />

könnte. In einem jüngst veröffentlichten<br />

Promotion-Video stellt sich<br />

Ahrar selbst in eine islamistische<br />

Ahnenreihe, die unter anderem Hasrismus<br />

und die enge Definition der<br />

Gemeinschaft der Gläubigen, wie<br />

man sie von den takfiristischen Gruppen<br />

her kennt, ab. Dies hat es Ahrar<br />

al-Sham aber auch ermöglicht, über<br />

das Milieu der salafistisch-dschihadistischen<br />

Subkultur hinauszuwirken.<br />

Heute reicht das Spektrum der<br />

Führungspersönlichkeiten von Ahrar<br />

al-Sham von politischen Hardlinern<br />

wie Chefideologe Abu Muhammad<br />

al-Sadeq (Nidal Hassan), für den der<br />

bewaffnete Kampf und die Fortführung<br />

der „Erhebung“ eine zentrale<br />

Rolle spielen, bis zu verhältnismäßig<br />

moderaten Akteuren wie Abu Azzam<br />

al-Ansari.<br />

Entsprechend sind auch die Vorstellungen<br />

über den Stellenwert des bewaffneten<br />

„Dschihad“ im Vergleich<br />

zum politischen Streben nicht ho-<br />

mogen. Allerdings sieht man sich<br />

jedenfalls als Teil der „Dschihadistischen<br />

Bewegung“ im weitesten Sinne,<br />

als man den bewaffneten Kampf<br />

als primären oder zumindest mit<br />

dem politischen Kampf elementar<br />

verbundenen Weg betrachtet, um<br />

politische Änderungen herbeizuführen.<br />

Damit steht man in einer Reihe<br />

mit IS und Al-Qaida, aber auch beispielsweise<br />

mit der Hamas.<br />

san al-Banna, den Gründer der Muslimbruderschaft<br />

und den berühmten<br />

syrischen Islamgelehrten Ali<br />

al-Tantawi umfasst, aber auch den<br />

radikalen Theoretiker Sayyid Qutb,<br />

den tschetschenischen Terroristen<br />

Khattab, Hamas-Gründer Ahmad<br />

Yassin und den Vater des modernen<br />

Dschihadismus, Abdullah Azzam.<br />

Andererseits ist sich Ahrar jedoch<br />

auch dessen bewusst, dass insbesondere<br />

im westlichen Kontext<br />

der Begriff des „Dschihad“ in einer<br />

höchst unvorteilhaften Weise konnotiert<br />

ist. Deshalb ist man bestrebt,<br />

parallel zur bewaffneten Offensive<br />

auch die politischen Strukturen auszubauen<br />

und sich vor allem um eine<br />

zivile, politische Struktur und deren<br />

Verankerung in der Öffentlichkeit<br />

zu bemühen.Der „revisionistische<br />

Dschihadismus“, wie ihn Sam Heller<br />

nennt, greift zwar auf die historischen<br />

Erfahrungen der traditionellen<br />

Dschihad-Gruppen zurück, aber<br />

betreibt auch eine Kritik der dschihadistischen<br />

Bewegung von innen.<br />

Man will aus den Niederlagen der<br />

letzten Jahre lernen, <strong>vom</strong> Scheitern<br />

des sunnitischen „Erwachens“ im<br />

Irak, das die damalige Gruppe ISIL<br />

dazu gebracht hatte, 2011 und 2012<br />

unter der Prämisse in Syrien einfiel,<br />

dieses würde sich dort wiederholen.<br />

Man meinte, durch apokalyptische<br />

Visionen und grenzenlose Brutalität<br />

erreichen, dass die Elite mithilfe<br />

einiger handverlesener Kader eine<br />

Bewegung von Wächtern schaffen<br />

könnte, die notfalls auch die ambivalenten<br />

Teile der muslimischen Öffentlichkeit<br />

mitreißen könnte.<br />

Im Unterschied zum IS sieht man<br />

bei Ahrar al-Sham jedoch nicht die<br />

Zerstörung aller gesellschaftlichen<br />

Einrichtungen und deren Wiederaufbau<br />

nach eigenen Vorstellungen als<br />

Erfolgsweg. Wer alle Feinde zerstören<br />

will und dabei jeden zum Feind<br />

stempelt, verrät nicht nur Paranoia,<br />

sondern riskiert auch permanent<br />

den Verrat durch lokale „Gegenkalifate“.<br />

Ahrar-Ideologe Abu Abdulmalek<br />

trat sogar für die vorsorgliche<br />

Auflösung der islamistischen Rebellenorganisationen<br />

in Syrien ein und<br />

deren Aufbau einer politischen Basis,<br />

die unter anderem dadurch Kraft<br />

und Rückhalt gewinnt, dass sie für<br />

die Bürger vor Ort präsent ist.<br />

Es soll ein System der Mujahideen an<br />

die Stelle der bloßen Kämpfer treten,<br />

in dem Sinne, dass diese Beziehun-<br />

Die revisionistische Ausrichtung der<br />

Ahrar-Führung wurde noch einmal<br />

auf die Probe gestellt, als die gesamte<br />

Führungsschicht, darunter neben<br />

Abu Abdulmalek auch weitere Vordenker<br />

wie Abu Yazen al-Shami oder<br />

Hassan Abboud am 9. September<br />

2014 bei einer mysteriösen Explosion<br />

getötet wurde. Die Denkanstöße,<br />

die sie geliefert hatten, blieben jedoch<br />

auch nach ihrem Tod innerhalb<br />

der Organisation präsent. Dass es<br />

bereits im Vorfeld Fatawa von Al-Kaida-<br />

oder IS-nahen Geistlichen gab,<br />

die Ahrar als „Apostaten“ zu brandmarken<br />

versuchten, hatte dazu geführt,<br />

dass Abu Yazen sich noch wenige<br />

Tage vor seinem Tod komplett<br />

<strong>vom</strong> „Salafi-Dschihadismus“ losgesagt<br />

hatte, öffentlich dafür vor Gott<br />

Abbitte leistete und auch bei der<br />

syrischen Bevölkerung, weil er sich<br />

selbst in das „intellektuelle Gefängnis“<br />

dieser Denkweise hätte einmauern<br />

lassen.<br />

Elitär bleibt der Ansatz Ahrars dennoch.<br />

Es soll ein klares System von<br />

Elite und Wächtern sein, das einen<br />

„Inkubator im Volk“ schafft und auf<br />

diese Weise den – revisionistischen –<br />

Dschihad zu einer Massenbewegung<br />

macht. Man traut den Massen offenbar<br />

auch nicht zu, einen solchen Weg<br />

von sich aus zu beschreiten. Gleichzeitig<br />

jedoch will man mehr an Binnendiversität<br />

zulassen und dabei<br />

sogar weniger orthodoxe islamische<br />

Sufi-Bestrebungen und Anhänger<br />

der Muslimbruderschaft den Weg in<br />

die Bewegung ermöglichen.<br />

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