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Pestizide in ökologisch und konventionell produzierten Lebensmitteln

Neumeister_15_Pestizide_OEko_vs_konv

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Ausblick<br />

7 Ausblick<br />

Die <strong>ökologisch</strong>e Landwirtschaft ist e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>putreduzierte Landwirtschaft. Dies wirkt sich direkt<br />

auf die Pestizidbelastung der Lebensmittel aus. Weitere Untersuchungen auf der gleichen<br />

Datengr<strong>und</strong>lage zeigen aber auch signifikant niedrige Cadmiumgehalte <strong>in</strong> Bio-Roggen <strong>und</strong> Bio-<br />

Kartoffeln sowie sehr viel niedrige Gehalte an Fusarientox<strong>in</strong>en (siehe Abbildung 18) <strong>und</strong> anderen<br />

Mykotox<strong>in</strong>en (Neumeister 2015c, d).<br />

Die Bio-Landwirtschaft steht damit nicht nur <strong>in</strong> Bezug auf den Umweltschutz <strong>und</strong> Ökonomie<br />

(siehe Crowder & Reganold 2015) viel besser da als die <strong>konventionell</strong>e Landwirtschaft sondern<br />

produziert auch wesentlich ger<strong>in</strong>ger belastete Lebensmittel.<br />

Echter staatlicher Verbraucherschutz sollte aktiv die Produktionsformen fördern, die die stoffliche<br />

Belastung der Verbraucher*<strong>in</strong>nen verr<strong>in</strong>gern. Daher muss es e<strong>in</strong>en Paradigmenwechsel bei der<br />

Festlegung von Rückstandshöchstgehalten geben.<br />

Gegenwärtig dienen Rückstandshöchstgehalte schlichtweg der rechtlichen Absicherung der<br />

pestizidabhängigen Landwirtschaft, ihrer Zulieferer <strong>und</strong> des Lebensmittelhandels. Sie sollten aber<br />

auf der Pflanzenschutzmethode beruhen, die die ger<strong>in</strong>gsten Rückstände verursacht.<br />

E<strong>in</strong> Summenhöchstgehalt von 0,01 mg/kg für <strong>Pestizide</strong> sche<strong>in</strong>t angesichts der Ergebnisse<br />

dieser Untersuchung durchaus möglich zu se<strong>in</strong>. Der E<strong>in</strong>satz von <strong>Pestizide</strong>n <strong>in</strong> der <strong>ökologisch</strong>en<br />

Landwirtschaft würde mit dieser Grenze ebenfalls beschränkt werden. Das wäre ganz im<br />

S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er nachhaltigen Landwirtschaft <strong>in</strong> der auf „Ges<strong>und</strong>heit“ des Bodens, vorbeugende<br />

Pflanzenschutzmaßnahmen, natürliche Schädl<strong>in</strong>gskontrolle <strong>und</strong> den Anbau widerstandsfähiger<br />

Box 4: Die unterschätzte Giftigkeit<br />

Für die toxikologische Bewertung von Rückständen <strong>in</strong> <strong>Lebensmitteln</strong> werden <strong>in</strong> der Regel<br />

zwei Referenzwerte verwendet: die duldbare tägliche Aufnahme (ADI) <strong>und</strong> die akute<br />

Referenzdosis (ARfD). Beide werden aus Tierversuchen abgeleitet <strong>und</strong> beruhen auf der<br />

kle<strong>in</strong>sten Dosis, die e<strong>in</strong>en bestimmten Effekt hervorruft. Dar<strong>in</strong> liegt e<strong>in</strong> gr<strong>und</strong>sätzliches<br />

Problem: die Auswahl der zu beobachtenden Effekte ist durch <strong>in</strong>ternationale Richtl<strong>in</strong>ien<br />

beschränkt. Effekte, die außerhalb des „Protokolls“ auftreten (können) werden (erstmal)<br />

nicht berücksichtigt. Schauen sich die Behörden aber aufgr<strong>und</strong> öffentlichen Drucks die<br />

Giftigkeit bestimmter <strong>Pestizide</strong> genauer an, werden die Referenzwerte plötzlich abgesenkt.<br />

Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) stellte 2013 zum Beispiel fest,<br />

dass zwei der am häufigsten e<strong>in</strong>gesetzten Insektizide, Acetamiprid <strong>und</strong> Imidacloprid die<br />

Entwicklung des Nervensystems stören können <strong>und</strong> leitete daraus erheblich niedrigere<br />

toxikologische Grenzwerte (ADI & ARfD) ab (EFSA 2013). Die Schwellen, ab denen negative<br />

Effekte auftreten können, liegen also niedriger als vorher angenommen. Die akute Giftigkeit<br />

von Acetamiprid für Verbraucher*<strong>in</strong>nen wurde viermal höher e<strong>in</strong>gestuft als vorher. Beide<br />

Stoffe stehen u.a. wegen der Giftigkeit für Bienen im Fokus der Öffentlichkeit (siehe<br />

ausführlich Reuter & Neumeister 2015). Auch beim hochumstrittenen Herbizid Glyphosat<br />

kündigte die EFSA die E<strong>in</strong>führung e<strong>in</strong>es ARfD Wertes an. Bisher wurde Glyphosat bezüglich<br />

der akuten Giftigkeit für Verbraucher*<strong>in</strong>nen für so wenig giftig gehalten, dass e<strong>in</strong> ARfD<br />

Wert als nicht notwendig erachtet wurde (EFSA 2015).<br />

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