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„Auf dem Land daheim“ - Kirche im Aufbruch - Evangelische Kirche ...

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16 37/2011 epd-Dokumentation<br />

Wie es sich weiter entwickelt.<br />

Prozesse von Ausdünnung und Behe<strong>im</strong>atung<br />

Von Dr. S<strong>im</strong>one Helmle<br />

Entwicklung bedeutet Veränderung. Im Zusammenhang<br />

mit Dörfern wurde Entwicklung lange<br />

Zeit verstanden als eine nachholende oder aufholende<br />

Entwicklung. Das Leben in Dörfern sollte<br />

anschließen an das Leben in den Städten und<br />

lange Zeit galten Dörfer als ‚zurückgeblieben‘.<br />

Heute finden Sie etliche Dörfer mit suburbanen<br />

Strukturen. Typisch für ländliche Gebiete in<br />

Deutschland sind die vielzähligen Klein- und<br />

Mittelstädte in ländlichen Räumen, die für die<br />

Infrastruktur eine erhebliche Bedeutung haben.<br />

Wenn Sie heute das Leben in Dörfern beobachten,<br />

wird deutlich, wie vernetzt das Leben ist, wie<br />

eigenständig die Entwicklungsprozesse sind, wie<br />

vielfältig die Potenziale der Bevölkerung sind, wie<br />

diversifiziert die Arbeitsplätze sind und wie viel-<br />

Insgesamt ist Deutschland ein städtisch geprägtes<br />

<strong>Land</strong>. Etwa 85 % der Bevölkerung lebt in Klein-,<br />

Mittel- und Großstädten 1<br />

, 40 % aller Arbeitsplätze<br />

sind in den Großstädten und »insgesamt haben nur<br />

27 % der Bevölkerung in Deutschland ihren Wohnort<br />

außerhalb einer (Groß-)Stadtregion – 10 % in<br />

<strong>Land</strong>gemeinden, 8 % in Kleinstädten und 9 % in<br />

Mittelstädten« (BBSR 2010b, S.2). Lange galten<br />

insbesondere Kleinstädte und etliche <strong>Land</strong>gemeinden<br />

als Gewinner der Stadtentwicklungen, Neubaugebiete<br />

<strong>im</strong> Umfeld der städtischen Zentren<br />

sorgten insbesondere für den Zuzug junger Familien.<br />

Spätestens seit den 1980er Jahren sind die<br />

räumlichen Disparitäten zwischen Stadt und <strong>Land</strong><br />

deutlich abgeschwächt, Stadt und <strong>Land</strong> haben sich<br />

sozio-ökonomisch weitgehend angeglichen (vgl.<br />

Becker 1997). Auch erweisen sich »einige ländliche<br />

Räume … <strong>im</strong> Vergleich zu den Stadtregionen – rein<br />

wirtschaftlich und mit Blick auf die <strong>dem</strong>ografische<br />

Entwicklung – als dynamischer« (BMVBS/BBSR<br />

2009, S.4). Seit einigen Jahren jedoch stagniert die<br />

Bevölkerung bzw. ist die Bevölkerungsentwicklung<br />

außerhalb der Zentren rückläufig, der Trend zum<br />

Wohnen auf <strong>dem</strong> <strong>Land</strong>e ebbt ab (BBSR 2010b,<br />

S.2f.). Besonders drastisch ist der Rückgang in den<br />

peripheren und sehr peripheren ländlichen Räumen<br />

in Ostdeutschland. Dort ist fast jede ländliche<br />

Gemeinde vom Bevölkerungsrückgang betroffen,<br />

in den alten Bundesländern trifft dies auf etwas<br />

mehr als jede dritte Gemeinde zu (BMVBS/BBSR<br />

2009, S.5). »In Regionen mit hoher Arbeitslosigkeit«<br />

fältig die Fläche genutzt wird. Zugleich aber spüren<br />

die Menschen in ländlichen Räumen besonders<br />

deutlich die <strong>dem</strong>ografischen Veränderungen<br />

und in etlichen Gegenden spüren sie sehr drastisch,<br />

wie – entgegen der großen Vielfalt – soziales<br />

und wirtschaftliches Leben erodiert. Ausdünnung<br />

und Behe<strong>im</strong>atung sind dabei keine Gegensätze.<br />

Vielmehr stehen die beiden Begriffe für<br />

Entwicklungsprozesse in ländlichen Räumen.<br />

Ausdünnung und Behe<strong>im</strong>atung beherbergen eine<br />

recht große Spannung. Abwanderung, Todesfälle,<br />

weniger Geburten, wenig neue Zugezogene –<br />

markieren die eine Entwicklung. Daneben stehen<br />

Zugehörigkeit, Bindung, Vertrautheit und Identität.<br />

All dies unterliegt Veränderungsprozessen<br />

und trägt einen hohen Reflexionsbedarf in sich.<br />

Bevölkerungsentwicklung in ländlichen Räumen<br />

wandern insbesondere Jugendliche und junge<br />

Frauen »wegen fehlenden berufsbiografischen Perspektiven«<br />

ab (Beetz 2005, S.171)<br />

Bevölkerungsrückgang in Regionen führt nicht<br />

automatisch dazu, dass Gebiete abgekoppelt werden.<br />

Jedoch sind insbesondere die sehr peripheren<br />

Regionen von Entwicklungen betroffen, die<br />

leicht in eine Abwärtsspirale führen. Zu den Entwicklungen<br />

gehören hohe Arbeitslosigkeit, Ausbreitung<br />

von Niedriglohnsektoren, Funktionsverlust<br />

von Kleinstädten, geringere Chancen zur<br />

gesellschaftlichen Teilhabe, etc. in Verbindung<br />

mit kommunalen Haushaltsnotlagen (Beetz 2008,<br />

S.7f.). Grundlegende Infrastrukturen sind in ihrem<br />

wirtschaftlichen Bestand gefährdet und »finanzielle<br />

Unterstützungen für entlegene und<br />

strukturschwache Regionen werden <strong>im</strong>mer rechtfertigungsbedürftiger«<br />

(Barlösius, Neu 2008,<br />

S.21). Es scheint so, dass leicht vergessen wird,<br />

dass auch diese sehr peripherem Regionen in<br />

denen »die vermeintliche Leere« nahezu täglich<br />

empfunden wird, in Wirtschaftskreisläufe eingebettet<br />

sind, an Kommunikation und neue soziale<br />

Medien angekoppelt sind und dass diese Gebiete<br />

»von Nutzungskonkurrenzen und -konflikten geprägt«<br />

sind. Dabei wird »jedoch die Frage virulent<br />

…, wer zukünftig Nutzen und Gewinn aus der<br />

Wertschöpfung erzielt« (Beetz 2008, S.9). Welche<br />

Anteile kann die Bevölkerung an der Wertschöpfung<br />

aus der Fläche haben, wenn wir davon aus-

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