07.12.2012 Aufrufe

„Auf dem Land daheim“ - Kirche im Aufbruch - Evangelische Kirche ...

„Auf dem Land daheim“ - Kirche im Aufbruch - Evangelische Kirche ...

„Auf dem Land daheim“ - Kirche im Aufbruch - Evangelische Kirche ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Geistliches Leben<br />

epd-Dokumentation 37/2011 37<br />

Hebt eure Augen und seht!<br />

Andacht zu Jes 40,26-31 zur Eröffnung der 1. <strong>Land</strong>-<strong>Kirche</strong>n-Konferenz<br />

Von Michael Lehmann<br />

Hebt eure Augen in die Höhe und seht!<br />

Wir pflügen, und wir streuen den Samen auf das<br />

<strong>Land</strong>. Das <strong>Land</strong> ist weit, die Böden unterschiedlich:<br />

Mal felsig, mal voller Gestrüpp, mal gefährden<br />

irgendwelche Vögel die Saat, und doch: Es<br />

gibt auch gutes <strong>Land</strong>, gutes <strong>Land</strong> zur Genüge,<br />

manchmal mehr als genug. Mit den Jahren sind<br />

die Felder <strong>im</strong>mer größer geworden. Wir pflügen,<br />

und wir streuen und sind noch <strong>im</strong>mer nicht am<br />

Ende des Feldes angekommen: Pfarrbereiche mit<br />

fünf, sechs, zehn, zwölf, achtzehn, zwanzig<br />

<strong>Kirche</strong>n – wie weit lässt sich eine Parochie dehnen,<br />

ohne dass das flächendeckende Netz reißt<br />

und weiße Flecken entstehen? Orte, wo kein<br />

Samen mehr auf das <strong>Land</strong> fällt, wo kein Pfarrer<br />

mehr hinkommt – und irgendwann auch nicht<br />

mehr erwartet wird; und wo Menschen bleiben,<br />

für die die <strong>Kirche</strong> ein schönes, aber hohles Gebilde<br />

ist, wichtig für das Antlitz der Gemeinde<br />

zwar, ortsbildprägend, aber ohne Funktion, ohne<br />

Inhalt, ohne Erwartung? Und die Pfarrerin, nur<br />

noch an einem Ort und an allen anderen nicht<br />

präsent oder beständig auf <strong>dem</strong> Wege und darum<br />

nie erreichbar? Wir pflügen, und wir streuen,<br />

und das Feld n<strong>im</strong>mt einfach kein Ende.<br />

Hebt eure Augen in die Höhe und seht!<br />

Wir pflügen, und wir streuen den Samen auf das<br />

<strong>Land</strong>. Dieses Lied will an allen Orten zum Erntedankfest<br />

gesungen werden, möglichst auch überall<br />

zur gleichen Zeit. Und die Kantorin eilt von<br />

Ort zu Ort, von Orgel zu Orgel, von Chor zu<br />

Chor. Der Sopran kann keine Noten lesen, der<br />

Bass ist erkältet, den Tenor gibt es schon lang<br />

nicht mehr. Und auch den Orgeln geht es gar<br />

nicht gut: Im 8-Fuß-Prinzipal ein Heuler, die<br />

Zungen wurden schon seit Ewigkeiten nicht<br />

mehr gest<strong>im</strong>mt. Ein weites Feld – und hinter<br />

<strong>dem</strong> Rücken, weit hinter <strong>dem</strong> Horizont, die<br />

Hochschule, die einen lehrte, Konzertorgeln mit<br />

80 klingenden Registern zu beherrschen und<br />

Oratorien zu dirigieren. Hier singt die Kantorei<br />

»Wir pflügen, und wir streuen« einst<strong>im</strong>mig.<br />

Hebt eure Augen in die Höhe und seht!<br />

Und was sehen wir?<br />

Männer werden müde und matt, und Jünglinge<br />

straucheln und fallen.<br />

Wir sehen die erschöpfte Pfarrerin, den frustrierten<br />

Regionalkantor, die überforderte Kreisgemeindepädagogin.<br />

Und Jünglinge straucheln und fallen.<br />

Gerade die jungen Kollegen geben uns Anlass<br />

zur Sorge. Und unsere <strong>Land</strong>eskirchen verfassen<br />

Burnout-Denkschriften.<br />

Hebt eure Augen in die Höhe und seht!<br />

Was sehen wir? Ein weites Feld – und es ist ein<br />

<strong>Land</strong> der Ideen. Wir sehen ein Wiederaufblühen<br />

des Gottesdienstes, der religiösen Praxis und der<br />

dörflichen Gemeinschaft. Wir sehen Menschen,<br />

die sich für ihre Gemeinden einsetzen, Kinder<br />

und Alte chauffieren, Kaffee kochen, Freizeiten<br />

begleiten, <strong>Kirche</strong>n öffnen, Altardecken waschen,<br />

Spenden sammeln, Kerzen verschneiden, Turmuhren<br />

pflegen, das Evangelium lesen, Kollekte<br />

zählen, Kranke besuchen, den Kirchhof mähen<br />

oder still für andere beten – und mit all<strong>dem</strong> der<br />

<strong>Kirche</strong> ein Gesicht geben, die Gemeinschaft der<br />

Heiligen bewahren und stärken.<br />

Er führt ihr Heer vollzählig heraus und ruft sie<br />

alle mit Namen; seine Macht und starke Kraft ist<br />

so groß, dass nicht eins von ihnen fehlt.<br />

Hebt eure Augen in die Höhe und seht!<br />

Und wir sehen das Wunder der selbstwachsenden<br />

Saat. Das, was auf gutes <strong>Land</strong> fiel, trägt<br />

Frucht, einiges hundertfach, einiges sechzigfach,<br />

einiges dreißigfach. Und das <strong>Land</strong> ist weit, weit<br />

und abwechslungsreich, ein Feld wogender Ähren,<br />

Korn für viele, bereit, Brot zu werden und<br />

die Menschen zu sättigen.<br />

Warum sprichst du denn, Jakob, und du, Israel,<br />

sagst: »Mein Weg ist <strong>dem</strong> HERRN verborgen, und<br />

mein Recht geht vor meinem Gott vorüber«?<br />

Weißt du nicht? Hast du nicht gehört? Der HERR,<br />

der ewige Gott, der die Enden der Erde geschaffen<br />

hat, wird nicht müde noch matt, sein Verstand<br />

ist unausforschlich.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!