The Boty - w@lz
The Boty - w@lz
The Boty - w@lz
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
BILDUNG IM WANDEL: // die <strong>w@lz</strong> // Projekte // <strong>The</strong>ater und Kunst // Blickwinkel von außen // Reisen //<br />
Hier entsteht Andorra<br />
Weiße Wände. Weiße Treppen. Ein weißer Tisch, dazu weiße Sessel:<br />
Andorra.<br />
Der Hauptschauplatz:<br />
Vor dem Gasthaus der Wirtin. Hier, wo alles beginnt, alles endet.<br />
Ein junger Bursche, Andri, der eine Mutter hat, von der er nichts weiß (eine<br />
edle Señora aus fremdem Lande), einen Vater, von dem er glaubt, dass er<br />
sein Adoptivvater ist.<br />
In Wirklichkeit ist Andri aber sein richtiger Sohn.<br />
Der Vater schämt sich, besäuft sich. Aus Frust, aus Angst, aus Ärger.<br />
Er will die Wahrheit vergessen, die Wahrheit, dass Andri der Sohn einer<br />
Fremden ist.<br />
Der Vater fl üchtet sich in die Ausrede, dass sein Sohn ein Jude ist, ein<br />
Jude, den er liebevoll zu sich aufgenommen und adoptiert hat. Doch<br />
im schneeweißen Andorra geht vieles nicht mit rechten Dingen zu und<br />
niemand will sich die Hände schmutzig machen …<br />
Ein Stück, geschrieben von Max Frisch, das an die grausame Zeit des Nationalsozialismus<br />
erinnert und von Menschen erzählt, die nur das glauben<br />
wollen, was man ihnen einredet.<br />
Als ich in diesem Stück auf der Bühne stand war es erstmals anders als sonst. Ich<br />
habe selten so etwas Intensives wie bei „Andorra“ verspürt: diese Spannung, die<br />
bei jedem der Schauspieler zu merken war, die Konzentration. Jeder war ernst und<br />
vollkommen bei der Sache, mitten im Geschehen.<br />
Die Proben fanden ausschließlich nach der regulären <strong>w@lz</strong>-Zeit statt und ich fühlte<br />
mich als würde ich zur Arbeit gehen: „Man arbeitet morgens für seine Ausbildung<br />
und abends arbeitet man auch. Man arbeitet … naja, wie in einem richtigen <strong>The</strong>ater<br />
eben, wie in einem richtigen Job“, wurde mir bald klar. Und wir haben auch wirklich<br />
hart gearbeitet, sonst hätte all dies nie zu so einem hervorragenden Ergebnis<br />
führen können. Wenn wir zu proben begannen wurde alles rund um uns vergessen.<br />
Nur eines war dann wichtig: das schneeweiße Andorra und seine Bewohner. Es<br />
ging hier nicht nur um ein <strong>The</strong>aterstück, wie man es sich vielleicht vorstellt, sondern<br />
um eine eigene Welt, eine Welt an sich, in der man lebt: man isst, man trinkt,<br />
man geht zur Arbeit, man wohnt … Dieses Projekt war ein Prozess. Jeder, der dabei<br />
war, war darin verfangen. Jeder musste sich auf etwas Neues einlassen. Man öffnete<br />
sich.<br />
Ich kann nur für mich sagen, dass ich durch diesen intensiven „<strong>The</strong>ater-Prozess“ nur<br />
wieder eine Bestätigung für mich bekommen habe, eine Bestätigung, die mir gesagt<br />
hat: „Das ist genau die Arbeit, die ich später machen will. Auf ans <strong>The</strong>ater!“<br />
Luisa Muhr<br />
Foto: Marie Artaker