Beleg_Classic- Prestige-Automobile_14 04 2015 (2)
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32 CLASSIC UND PRESTIGE AUTOMOBILE<br />
Der Landy, wie<br />
der Defender von<br />
echten Fans<br />
genannt wird, ist<br />
angesagtes Vehikel<br />
für Großstadt-<br />
Cowboys. Ende<br />
<strong>2015</strong> soll die Produktion<br />
eingestellt<br />
werden.<br />
Das Symbol für solides britisches Auto-Ingenieurwesen: Der Defender wurde speziell für den Einsatz im schwierigen Gelände geplant<br />
– ob auf britischen Farmen oder in der afrikanischen Savanne. Foto: Landrover/tmn<br />
Kein Ende im Gelände<br />
VON HANS ONKELBACH<br />
Es gab mal einen Lkw,<br />
den sein Hersteller als<br />
King of the road anpries,<br />
König der Straße also.<br />
Dieser Spruch würde auf den<br />
Defender ebenfalls zutreffen,<br />
man müsste allerdings ein<br />
einziges „f“ anfügen – King off<br />
the road: König abseits der<br />
Straße. Denn – hier das Fazit<br />
vorweg – das ist der alte Brite<br />
ohne jeden Zweifel: Off-Road-<br />
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Ende im Gelände, im Gegenteil.<br />
Wer mit dem ruppigen<br />
Rauhbein mal in Wald und<br />
Flur unterwegs ist, der merkt<br />
sofort – das ist sein Ding, dafür<br />
wurde und wird er (noch) gebaut.<br />
Und nicht für die feinen<br />
Boulevards von München<br />
oder Düsseldorf, auf denen er<br />
maximal die Bordsteinkante<br />
touchiert und wirkt wie Crocodile<br />
Dundee im Drei-Sterne-Restaurant<br />
– fehl am Platze.<br />
Dennoch: Der Landy, wie<br />
er von echten Fans liebevoll<br />
genannt wird (weil er bis 1990<br />
Land Rover hieß), er ist heute<br />
mehr denn je angesagtes Vehikel<br />
für Großstadt-Cowboys.<br />
Häuser- statt Felsenschluchten,<br />
feiner Asphalt statt<br />
Schlamm und Geröll, blitzende<br />
Karosse statt Lehmpanzer.<br />
Warum das so kam? Weil<br />
der Defender unverwechselbar<br />
ist. Er ist mit keinem anderen<br />
Auto vergleichbar, in eigener<br />
Liga unterwegs, sozusagen<br />
ein Alleinstellungsmerkmal<br />
auf vier Rädern. Cayenne,<br />
ML 350, Audi Q7 – sie alle sind<br />
einander ähnlich, luxuriös,<br />
haben die üblichen Extras, die<br />
das Fahren so kommod machen.<br />
Beim Defender ist das<br />
anders. Seit einigen Jahren hat<br />
er zwar elektrische Fensterheber,<br />
Klimaanlage, ABS und<br />
Servolenkung – aber mehr<br />
nicht. Das Fahrverhalten dieses<br />
Autos auf normalen Straßen<br />
ist katastrophal: Schlechter<br />
Geradeauslauf, rumpelige<br />
Federung, schwergängige<br />
Lenkung, hakeliges Getriebe,<br />
riesiger Wendekreis. Seitenwind<br />
macht ihm zu schaffen,<br />
zwei Scheibenwischer sind<br />
ein quietschender Witz, die<br />
Innenausstattung atmet den<br />
Geist zugiger englischer Billig-<br />
Pensionen und ab 100 km/h<br />
peinigt Höllenlärm die Insassen.<br />
Dass er sich bei flotter Autobahnfahrt<br />
(130 km/h sind<br />
drin) mal eben rund 13 Liter<br />
Diesel genehmigt, sei nur am<br />
Rande erwähnt und darf nicht<br />
wundern, hat das Ding doch<br />
vermutlich den cw-Wert eines<br />
Scheunentors.<br />
Aber versinken die groben<br />
Stollen im Schlamm, wird der<br />
Boden uneben, kommt die<br />
Stunde des Defenders, da verteidigt<br />
er den Ruf des Ur-Geländewagens.<br />
Der permanente<br />
Allradantrieb wühlt sich<br />
unaufhaltsam durch Schnee<br />
und Schlamm, Bachläufe und<br />
sumpfige Wiesen, steile Waldwege.<br />
Bei schwierigen Stei-<br />
gungen reicht sogar das<br />
Standgas: Rechter Fuß aufs<br />
Bodenblech, und der Defender<br />
nimmt die Steigung urig<br />
tuckernd an, man spürt, wie<br />
das Getriebe seine Kraft der<br />
neuen Herausforderung anpasst,<br />
und langsam zieht es<br />
den gut zwei Tonnen schweren<br />
Wagen den Berg hoch. Ein<br />
verblüffendes Erlebnis. Und<br />
für noch extremere Härtefälle<br />
gibt es eine Differentialsperre<br />
und eine zusätzliche Getriebeuntersetzung,<br />
mit der man<br />
nur noch Schritttempo fahren,<br />
aber zusätzliche Bärenkräfte<br />
entfalten kann.<br />
Die jedoch helfen nicht gegen<br />
die Macht der EU-Technikkontrolleure.<br />
Weil er noch<br />
nicht mal Airbags hat (Einbau<br />
unmöglich), und auch anderen<br />
Sicherheitsansprüchen<br />
nicht mehr genügt, ist in wenigen<br />
Wochen Schluss – die<br />
Produktion wird eingestellt.<br />
Für immer. Der Run auf die<br />
letzten noch gebauten Wagen<br />
hat bereits begonnen. Es<br />
heißt, viele kaufen ihn jetzt<br />
und motten ihn ein. Als Kapitalanlage.<br />
Denn in wenigen Jahren<br />
wird der ewige Oldtimer seinen<br />
Wert vervielfachen, glauben<br />
seine Fans.