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28 I Betriebsinformation<br />
Berlin-Brandenburgisches Handwerk 3 I <strong>2016</strong><br />
„Wir haben die Nachfolge schon unfreiwillig geprobt"<br />
Wie geht es weiter, wenn der Meister an den Ruhestand denkt? In vielen Handwerksunternehmen ist die Übergabe ein<br />
großes Thema. Auch Familie Roll hat sich darüber Gedanken gemacht – dennoch trifft ein Notfall sie völlig unerwartet.<br />
„Keiner rechnet damit, dass so etwas passiert“,<br />
sagt Frank-Michael Roll, Inhaber<br />
des SHK-Betriebes Bernhard Roll GmbH.<br />
Ganz plötzlich erlitt er Ende August 2015<br />
eine Lungenembolie mit Lungeninfarkt.<br />
Er hatte großes Glück, war rechtzeitig im<br />
Krankenhaus und überlebte. Einige Monate<br />
fiel der 63-Jährige im Betrieb aus:<br />
„Wäre mein Sohn nicht eingesprungen,<br />
würde die Firma jetzt vor der Insolvenz<br />
stehen“, ist der Meister sicher. Sohn<br />
Oliver Roll arbeitet seit 17 Jahren mit<br />
den Eltern im Familienbetrieb, den er<br />
einmal übernehmen wird.<br />
Dass er neben seinen Aufgaben und<br />
Terminen auch die des Vaters bewältigte,<br />
hat den Betrieb gerettet. „Funktioniert hat<br />
das auch, weil wir uns mit der Betriebsübergabe<br />
schon beschäftigt haben“,<br />
erklärt Beate Roll. „Unsere Kunden hatten<br />
Verständnis, wenn ein Termin verschoben<br />
werden musste." Der Betrieb nahm 2015<br />
am Projekt „Fairplay im Handwerk" teil,<br />
dabei wurden sie mehrere Monate lang<br />
zu verschiedenen Aspekten der Übergabe<br />
beraten. „Als mein Mann so ernsthaft<br />
erkrankt war, standen wir schlagartig vor<br />
der Generalprobe“, sagt sie.<br />
Bernhard Roll<br />
hatte den Heizungsbau-Betrieb<br />
1970 gegründet,<br />
nach der<br />
Führen gemeinsam<br />
das Familienunternehmen<br />
Bernhard<br />
Roll GmbH: Frank-<br />
Michael (l.),<br />
Beate und<br />
Oliver Roll<br />
Ausbildung zum Zentralheizungs- und<br />
Lüftungsbauer fing Sohn Frank-Michael<br />
1971 in der Firma des Vaters an. Später<br />
legte er die Meisterprüfung ab. Seit ihr<br />
Schwiegervater 1993 in den Ruhestand<br />
ging, arbeitet Beate Roll im Betrieb mit,<br />
sie qualifizierte sich 1997 zur Betriebswirtin<br />
des Handwerks. Auch Sohn Oliver<br />
erlernte den Beruf, schloss danach ein<br />
Ingenieurstudium an und stieg 1999 mit<br />
in die Firma ein.<br />
Entscheidungen müssen reifen<br />
Seit vielen Jahren sind die drei ein<br />
eingespieltes Team. Ihr Aufgabenfeld<br />
hat sich erweitert, jeder kennt seinen<br />
Bereich: Vater Frank-Michael ist u. a. für<br />
die Modernisierung von Heizungsanlagen<br />
zuständig. Mutter Beate für den<br />
kaufmännischen Bereich und Sohn Oliver<br />
übernimmt die Planung und Installation<br />
von Solar-, Photovoltaik- oder Lüftungsanlagen.<br />
Natürlich helfen sie einander<br />
bei körperlich schweren Aufträgen. Sie<br />
beschäftigen einen Monteur, wollen einen<br />
weiteren einstellen und suchen einen Azubi.<br />
„Motivierte junge Menschen, die den<br />
Beruf erlernen wollen oder sogar einen<br />
Fachmann in unserer Branche zu finden,<br />
ist schwer“, sagt Frank-Michael Roll.<br />
Viele Punkte des<br />
Nachfolgeprozesses<br />
sind bei<br />
„Fairplay im<br />
Handwerk" angesprochen<br />
worden,<br />
erzählt Beate Roll: „Wir gehen die Übergabe<br />
mittelfristig an, manche Entscheidungen<br />
müssen auch reifen.“ Ihr Mann soll<br />
aus gesundheitlichen Gründen weniger<br />
arbeiten. „Es bliebe also Zeit zum Golf<br />
spielen und für die Enkelkinder. Wir<br />
fühlen uns noch nicht alt und können uns<br />
nicht vorstellen, nicht mehr zu arbeiten<br />
oder aktiv zu sein“, sagt sie lachend.<br />
Beide engagieren sich neben dem<br />
Familienunternehmen auch ehrenamtlich<br />
in der Innung. Beate Roll ist außerdem<br />
Vorsitzende des Berliner Landesverbandes<br />
der Unternehmerfrauen im Handwerk.<br />
Oliver Roll, Dipl.-Ing. für Gebäude- und<br />
Energietechnik, absolvierte 2015 auch<br />
die Weiterbildung zum Betriebswirt des<br />
Handwerks. Genau in der Prüfungsphase<br />
wurde er Vater von Zwillingen. Die<br />
Kleinen kamen sieben Wochen zu früh, in<br />
solch einer Situation sind Prüfungen nicht<br />
wirklich wichtig. Er ist ein bestens qualifizierter<br />
Nachfolger, weiß Frank-Michael<br />
Roll. Wenn er seinem Sohn in den nächsten<br />
Jahren die Leitung übergibt, wird<br />
der Betrieb in guten Händen sein. Es ist<br />
möglich, dass Oliver Roll einen Geschäftspartner<br />
hinzunimmt. „Um die Zukunft<br />
muss ich mir keine Sorgen machen“, sagt<br />
der Meister. „Wir halten zusammen, die<br />
Familie steht an erster Stelle.“ Und der<br />
Betrieb ist ein Teil davon.<br />
wo<br />
Beratung zur Betriebsnachfolge vereinbaren:<br />
Telefon (<strong>03</strong>0) 259 <strong>03</strong> – 467<br />
Fragen zur Personalentwicklung und Organisation:<br />
Gudrun Laufer, App. - 499,<br />
laufer@hwk-berlin.de<br />
Foto: Wolf