04.03.2016 Aufrufe

StattBlatt Verlag, sb095, August 2013

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

20 | <strong>StattBlatt</strong> | <strong>August</strong> <strong>2013</strong> | Ausgabe 95<br />

Ist jetzt der Wind in Grevenbroich raus?<br />

Nach der Ratssitzung haben wir Befürworter und Gegner von Windkraftanlagen in Grevenbroich zum Statement aufge fordert.<br />

Lesen Sie selbst...<br />

Wolfgang Kaiser, stv. Fraktionsvorsitzender CDU<br />

Horst-Heinrich Gerbrand, Fraktionsvorsitzender SPD<br />

+ PRO - CONTRA<br />

Windkraft: umstritten, aber eine große Chance für<br />

das Gemeinwohl und die Entwicklung der Stadt Grevenbroich. Völlig<br />

unverständlich waren für die CDU-Fraktion der plötzliche Sinneswandel<br />

und der Antrag der SPD gegen Windkraft. Sie hatten sich im April<br />

gemeinsam mit CDU, ABG und Grünen für die Ausweisung von neuen<br />

Windvorrangflächen ausgesprochen. Erst als eine Bürgerinitiative<br />

entstanden war, hat die SPD ihre Auffassungen um 180° gedreht. Das<br />

Verhalten ist inkonsequent und unzuverlässig. Die Kosten für das Gutachten<br />

sind damit sinnlos verpufft!<br />

Dem Thema wird mit der knappen Zustimmung im letzten Rat die<br />

Chance genommen, es in den folgenden Monaten ausgiebig mit der<br />

Bevölkerung zu diskutieren und am Ende unter Berücksichtigung der<br />

Meinung der Bürgerinnen und Bürger zu entscheiden. Bislang wurden<br />

nur die möglichen Flächen durch objektive Prüfungen im Gutachten<br />

ergründet und die am besten geeigneten Flächen benannt. Neben<br />

neuen Vorrangflächen wie bspw. die umstrittene Fläche nahe Wevelinghoven,<br />

wurden aber auch sogenannte „Beistellflächen“ an schon<br />

bestehenden Windparks wie die Flächen bei Kapellen, bei Jüchen oder<br />

auch bei Bedburg ins Visier genommen. Am aktuellen Beispiel Bedburg<br />

wird wohl kaum einer verstehen, wenn 21 Rotoren an der Stadtgrenze<br />

zu uns gebaut werden, aber die Stadt keine Chance auf eine<br />

Beteiligung daran hat.<br />

Die CDU-Fraktion setzt sich nachhaltig für die Umsetzung der Energiewende<br />

ein! In Deutschland haben wir den ersten Schritt zum Atomausstieg<br />

gemacht, jetzt muss man auch zu dieser Wende stehen.<br />

Sicherlich ist hierbei nicht alles geklärt, doch der Einsatz und die Förderung<br />

von regenerativen Energien stehen dabei ganz oben. Die Ausweisung<br />

von Windvorrangflächen wurde durch die Landesregierung<br />

per Gesetz erlassen. Die bestehenden Windvorrangflächen sind nahe<br />

den geforderten 3,5% Flächenanteil für die Windkraft. Leider bringen<br />

sie uns keine Einnahmen, weil sich hier die Gesetze doch erst in 2010<br />

zum Vorteil der Kommunen verbessert haben. Sinnvoll wäre ein „Repowering“,<br />

d.h. ein Austausch von alt gegen neu, doch hierauf haben<br />

wir leider keinen Einfluss.<br />

Die CDU-Fraktion hat ein großes Verständnis für die Bürger und deren<br />

Position, möglichst keine (meist nur visuellen) Beeinträchtigungen<br />

hinnehmen zu müssen. Andererseits ist auch das Gemeinwohl<br />

zu berücksichtigen, weil Windkraftanlagen für die Stadt<br />

wichtige Einnahmequellen sind. Mit den Einnahmen wären viele<br />

Maßnahmen für Grevenbroich besser zu finanzieren, manche wahrscheinlich<br />

nur mit diesen!<br />

Zu Recht wurde kritisiert, dass hinter verschlossenen Türen getagt<br />

wurde. Die Beteiligung der Öffentlichkeit ist im Projektablauf immer<br />

geplant gewesen, sie hat nur noch nicht stattgefunden<br />

Ein weiterer Punkt wurde ebenfalls ignoriert: Die Möglichkeit zum<br />

Bau eines Bürger-Windrades, um alle Bürger am Gewinn der Windkraft<br />

unmittelbar zu beteiligen. Auch diese Chance ist damit zunächst<br />

einmal vertan. Vieles könnte man noch diskutieren und überlegen.<br />

Selbstverständlich auch unter Berücksichtigung der betroffenen Bürgerinnen<br />

und Bürger. Wir stellen uns diesen Diskussionen!<br />

Die Stadt Grevenbroich verfügt mit Braunkohlekraftwerken,<br />

Solaranlagen, Biogasanlagen sowie Windkraftanlagen<br />

über einen vielschichtigen Branchenmix von Unternehmen der<br />

Energiegewinnung. Diese Konstellation dürfte in qualitativer und<br />

quantitativer Hinsicht nicht nur in NRW, sondern sogar bundesweit<br />

einmalig sein.<br />

Grevenbroich war eine der ersten Kommunen in NRW, die Vorrangflächen<br />

für Windtestfelder ausgewiesen und damit der regenerativen<br />

Energiegewinnung besondere Bedeutung beigemessen hat. Im Rahmen<br />

der Energiewende forcieren Bund und Land den Ausbau der<br />

Windenergie. Nach den rechtlich unverbindlichen Zielvorstellungen<br />

des Landes sind im Schnitt 3,5% der Flächen des Stadtgebietes für<br />

Windkraft zu nutzen.<br />

Bereits heute werden in Grevenbroich mit zwei bestehenden Konzentrationszonen<br />

3,1% der Flächen im Stadtgebiet für Windenergie<br />

genutzt. Wir leisten damit schon einen erheblichen Beitrag zur<br />

Energie wende – und dies bereits seit einigen Jahrzehnten. Eine weitere<br />

Flächenausweisung hätte nicht nur weitere erhebliche Beeinträchtigungen<br />

des Landschaftsbildes zur Folge, sondern würde<br />

unmittelbar durch die Nähe zur Wohnbebauung Belastungen der<br />

Bürgerschaft - auch in finanzieller Hinsicht hinsichtlich des Wertes<br />

ihrer Grundstücke - bewirken.<br />

Die Befürworter der Windenergie führen an, dass die Stadt Grevenbroich<br />

durch die Ausweisung von weiteren Windkraftzonen höhere<br />

Einnahmen erzielen würde. Tatsächlich verfügt sie aber über keine<br />

eigenen Flächen, um diese an Windenergieunternehmen verpachten<br />

und Erlöse erzielen zu können. Zudem sind die von den Befürwortern<br />

aufgezeigten Mehreinnahmen bei der Gewerbesteuer in der<br />

behaupteten Höhe nicht belegbar.<br />

Aus Sicht der Grevenbroicher SPD dürfen bei den eventuell zu<br />

erzielenden Einnahmen für die Stadt nicht die Belange der Bürger<br />

ausgeblendet werden. Deren Interessen müssen – und darum hat<br />

die SPD – Fraktion im Rat den Antrag gestellt, keine weiteren<br />

Vorrangflächen mehr auszuweisen – zwingend mit in die Abwägung<br />

eingestellt werden. Nach zahlreichen Gesprächen nicht nur mit betroffenen<br />

Bürgern und einer sorgfältigen Abwägung der Argumente<br />

sind wir zu der Überzeugung gelangt, dass die Argumente gegen<br />

weitere Flächenausweisungen – Verspargelung der Landschaft,<br />

Belastungen der Bürger, Wertminderung von Grundstücken etc. –<br />

gegenüber den ausschließlichen monetären Aspekten durchschlagend<br />

sind. Aus diesen Gründen begrüßen wir, dass sich die – wenn<br />

auch nur knappe – Mehrheit des Stadtrates unserem Antrag angeschlossen<br />

hat, in dem wir forderten, die eingeleiteten Planverfahren<br />

für Windvorrangzonen zu beenden und mittelfristig keine weiteren<br />

Bauleitplanverfahren mehr zu initiieren.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!