Short Stories 1-3
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Ingriied Nordinstrøm <strong>Short</strong> <strong>Stories</strong> 1-3<br />
TWO<br />
Ein neuer Gefährte<br />
Ich bin ja wahrlich kein Unmensch. Ich bin auch kein Misanthrop. Nur weil ich hin und wieder<br />
Menschen umbringe, bedeutet das nicht zwangsläufig, dass ich alle Menschen durch die Bank<br />
verabscheue! Es sind bestimmte Menschen. Mit bestimmten Verhaltensmustern oder<br />
Gewohnheiten, oder einem Musikgeschmack der sich von meinem gravierend unterscheidet. Der<br />
Musikgeschmack ist ein guter, völlig unterschätzter Indikator dafür, mit was für einer Art Mensch<br />
man zu tun hat. Nicht zu 100% fehlerfrei, aber mich hat er noch nie getäuscht.<br />
Meine verblichene Nachbarin zum Beispiel: Volksmusikveteran der ganz schlimmen Sorte. Einsam.<br />
Teleshoppingsüchtig. Neugierig. Aufdringlich. Tot. Und dann wundern sich die Leute.<br />
Der kleine dicke Mann der morgens immer mit mächtigen Kopfhörern auf den Ohren an meiner<br />
Bushaltestelle vorbei geht, lächelt einfach ausnahmslos jeden Morgen wie die aufgehende Sonne.<br />
Ich wette, er und ich haben einen ähnlichen Musikgeschmack. Man erkennt sich doch irgendwie<br />
unterbewusst.<br />
Ich lächle auch viel. Hätten sie jetzt nicht angenommen, was? Ist aber so.<br />
Ich beginne den Tag lächelnd. Und ich würde den ganzen Tag lang lächeln, wenn es da nicht<br />
bestimmte Menschen gäbe, die einem das Lächeln immer irgendwie versauen. Das allein schon,<br />
die Tatsache, dass man mir mein Lächeln brutal aus dem Gesicht zerrt, rechtfertigt meine Taten.<br />
Mein Lächeln verschwand zum Beispiel immer dann schlagartig, wenn sich das Fleisch gewordene<br />
Schützenfest, eine Haltestelle nachdem ich eingestiegen bin neben mich setzte. Dieser Mensch<br />
roch. Nach Schützenfest. Bier und Schweinshaxe mit Sauerkraut. Abgesehen davon, hatte er sein<br />
tragbares Musikabspielgerät derart laut gedreht, dass seine billigen Kopfhörer zwar die Geräusche<br />
außerhalb seines Umfeldes von ihm fernhielten, jedoch seine Musik nicht von mir. Ein Marsch nach<br />
dem anderen schmetterte da jeden Morgen durch seinen Schädel. Und seine Händflächen<br />
klatschten mehr oder minder rhythmisch auf seine Oberschenkel.<br />
Meine Halsschlagader pulsierte definitiv wütend im Takt mit und bescherte mir jedes Mal<br />
hämmernde Kofschmerzen. Diese Kopfschmerzen begleiteten mich wie ein treuer Kumpel durch<br />
den Tag.<br />
Eines Tages personifizierten sich diese Schützenfestkopfschmerzen und fingen an mit mir zu<br />
schwätzen.<br />
Anfangs waren es Floskeln und alltägliche Höflichkeiten. Jedoch begann diese imaginäre<br />
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