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„N E U E S L E B E N“<br />

Das Magazin für Strauss-Liebhaber und Freunde der Wiener Operette<br />

Heft 51 (2016 / Nr. 1)<br />

Herausgegeben von der Deutschen Johann Strauss Gesellschaft e.V.


„N E U E S L E B E N“<br />

Titelbild:<br />

Johann Strauss (Sohn): NEUES LEBEN, Polka française für das Pianoforte, op. 278 –<br />

Klavierausgabe – Privatbesitz Werner Abel, Titelblatt<br />

Johann Strauss (Sohn) widmete Herzog Ernst II. von Sachsen-Coburg und Gotha im Herbst 1863 die Polka „Neues<br />

Leben“, die er persönlich in einer Prachthandschrift im Wiener „Palais Coburg“ überreichte und die dem Herzog<br />

nach Coburg übersandt wurde. Für die Widmung bedankte sich Herzog Ernst II. 1864, als der Notendruck bei Haslinger<br />

erschien, mit der Verleihung der „Silbernen Verdienstmedaille für Kunst und Wissenschaft“.<br />

Um seine dritte Frau, Adele Strauss, geb. Deutsch, heiraten zu können, wurde Johann Strauss (Sohn) 1887 durch<br />

Naturalisation Bürger des Herzogtums Sachsen-Coburg und Gotha und damit Deutscher. Seine zweite Ehe wurde<br />

durch Dekret Ernst II. getrennt. In Coburg heiratete er Adele standesamtlich und kirchlich. Auch wenn er bis zu<br />

seinem Lebensende in Wien lebte und wirkte, war und blieb er bis zu seinem Tod 1899 Coburger. Adele, der er in<br />

inniger Liebe zugetan war, starb mehr als dreißig Jahre nach ihm in Wien, ebenfalls als Coburger Bürgerin.<br />

Die „Deutsche Johann Strauss Gesellschaft“ wurde 1975 in Hamburg gegründet und hat seit 1991 ihren Sitz in<br />

Coburg.<br />

HERAUSGEBER:<br />

D E U T S C H E J O H A N N S T R A U S S G E S E L L S C H A F T<br />

Eingetragener gemeinnütziger Verein, Amtsgericht Coburg, VR 667, FA Coburg, Steuer-Nr. 212/107/60110<br />

Bankverbindung (aktuell): Sparkasse Coburg - Lichtenfels,<br />

IBAN: DE06 7835 0000 0040 5989 22; BIC: BYLADEM 1 COB,<br />

Internet: www.djsg.de<br />

E-Mail: kontakt@djsg.de<br />

Vorstand: 1. Vorsitzender: Dr. Ingolf Roßberg, Dresden<br />

2. Vorsitzender: Manfred Drescher, Bamberg<br />

Schatzmeister:<br />

Jonas Geelhaar, Coburg<br />

Schriftführerin:<br />

Astrid-Birgit Roßberg, Dresden<br />

Beisitzer:<br />

Friedhelm Kuhlmann, Hamburg<br />

Dr. Michael Mahlert, Ulm<br />

GMD Christian Simonis, Magdeburg / Bad Reichenhall<br />

Als beratende Mitglieder des Vorstandes fungieren: Werner Abel, Darmstadt; Prof. Dr. Norbert Linke,<br />

Borken; Prof. Christian Pollack, Wien; Prof. Helmut Reichenauer, Wien; Inge Röhre, Ürzig (Mosel);<br />

Norbert Rubey, Wien; Dr. Eduard Strauss, Wien<br />

Sitz des Vereines:<br />

c/o Albrecht Tauer, Lahmstr. 33, 96450 COBURG<br />

Redaktion:<br />

Dr. Ingolf Roßberg (verantwortlich), Manfred Drescher, Jonas Geelhaar, Rudolf Maeder<br />

Namentlich gekennzeichnete Beiträge sind Beiträge der jeweiligen Autoren. Sie geben deshalb nicht unbedingt<br />

die Meinung des Herausgebers, des Vorstandes oder der Redaktion wieder. Angegebene Internetlinks wurden zu<br />

Redaktionsschluss – für dieses Heft war dies der 17. Januar 2016 – sorgfältig geprüft: Gleichwohl wird für diese<br />

und für etwa auf diesen Seiten vorhandene weiterführende Links (Hyperlinks) jede Haftung abgelehnt.<br />

Schutzgebühr je Ausgabe: 8,00 € (zzgl. Versandkosten)<br />

Die Mitglieder der „Deutschen Johann Strauss Gesellschaft“ erhalten die Magazine „Neues Leben“ im Rahmen<br />

ihrer Mitgliedschaft kostenfrei.


„N E U E S L E B E N“<br />

Das Magazin für Strauss-Liebhaber und Freunde der Wiener Operette<br />

Heft 51 (2016, Nr. 1)<br />

Herausgeber:<br />

D E U T S C H E J O H A N N S T R A U S S G E S E L L S C H A F T e.V.<br />

Druck:<br />

DCT GmbH, Nicolaus-Zech-Straße 64-68, 96450 COBURG<br />

Tel. 09561 – 83450 Fax 09561 – 834545<br />

ISSN der Druckfassung: 1438 – 065X<br />

ISSN der Internetfassung: 2194 – 5527


Inhaltsverzeichnis<br />

„Upcycling“ 5<br />

Aus unserem Verein 6<br />

Ein weiterer Kraftakt der „Deutschen Johann Strauss Gesellschaft“: Die Coburger Johann-Strauss-Tage 2015 6<br />

Festrede des 1. Vorsitzenden der „Deutschen Johann Strauss Gesellschaft“ zum Festakt am 19. Sept. 2015 16<br />

Fotoimpressionen von den „Strauss-Tagen Coburg-Stadt und –Land“ 2016 23<br />

Offener Brief des Oberbürgermeisters der Stadt Coburg, Norbert Tessmer 25<br />

Coburger Neujahrskonzert nach 28 Jahren im neuen Stil 26<br />

Strauss-Ballett „Aschenbrödel“ am 16. April 2016 am Landestheater Coburg,<br />

die DJSG am 17. April mit dem Quartett „Reich an Hall“ im Kunstverein Coburg 28<br />

Bad Reichenhaller Strauss-Tage – Internationales Festival der heiteren Muse –<br />

vom 16. bis 18. Sept. 2016 in Bad Reichenhall 29<br />

Große Ehre für unser neues Mitglied: Erster Auftritt von Nina Scheidmantel in New York 30<br />

Grüße aus der Musikschule „Avdo Smajlovic“ und Neuigkeiten aus Visoko (Bosnien und Herzegowina) 31<br />

Aus unseren befreundeten Gesellschaften 33<br />

„Johann Strauss Foundation“ Edmonton/Kanada 33<br />

„Tanz-Signale“ 10. - 13.März 2016 in Wien – „2016: Kein Ende einer Epoche! –<br />

100. Todestag von Kaiser Franz Joseph und Eduard Strauss“ 33<br />

Frühlingskonzert des „Wiener Johann-Strauss-Orchesters“<br />

am 15. Mai 2016 im „Goldenen Musikvereinssaal“ 33<br />

12 Jahre „Johann-Strauss-Denkmal“ in Pawlowsk – Festakt des „Johann-Strauss-Klubs St. Petersburg“ 34<br />

Fachbeiträge 36<br />

Ein verschollenes Potpourri von Josef Strauss: „Romeo und Julie“ von Charles Gounod 36<br />

Ausstehende Informationen zum Meisterwalzer „An der schönen blauen Donau“ von Johann Strauss – oder:<br />

Vom Geheimnis des melodischen Recyclings 38<br />

Gesehen – gehört – gelesen: Rezensionen 57<br />

„Giuditta“ mit Höhen und Tiefen in Fürth 57<br />

„Die Ungarische Hochzeit“ – „My Fair Lady“ 59<br />

„Tosca“ und „Hoffmanns Erzählungen“ verzaubern Gut Immling 63<br />

„Maske in Blau“ – Eine heitere Operette, die fast als Musical durchgeht, verzaubert… 68<br />

„O schöner Mai“ 70<br />

In Möriken gehen die Banditen um! 72<br />

Konzert am österreichischen Staatsfeiertag im Wiener Musikverein 75<br />

Symphonisches Schrammelquintett: Konzert im Museum der Strauss-Dynastie 77<br />

Neujahrskonzert 2016 der Wiener Philharmoniker – Dirigent: Mariss Jansons 80<br />

Temperamentvolle und farbenprächtige Aufführung einer selten gespielten Operette 84<br />

Jubiläumsoperette bringt Stimmung nach Schweinfurt 86<br />

Maria Fjodorowna und Pawlowsk 88<br />

Informationen, Termine, CDs, Nachrichten, letzte Meldungen... 89<br />

Kálmán rund um die Welt 89<br />

Klaus Florian Vogt und seines „Favorites“ 89<br />

Wiener Leb’n und Wiener Leut‘ 89<br />

Die wunderbare Adele wurde 90 Jahre alt: Wilma Lipp 90<br />

Interessante CD-Neuerscheinungen im Herbst 2015 91<br />

Guido Masanetz ist tot 94<br />

In eigener Sache… 94<br />

4


„Upcycling“<br />

Liebe Mitglieder,<br />

liebe Straussianerinnen, liebe Straussianer,<br />

liebe Freunde der „Deutschen Johann Strauss Gesellschaft“,<br />

dieses Heft erscheint mit einiger Verzögerung: Ja, es gibt im Leben<br />

manchmal Dinge, die wichtig sind oder werden und dadurch bleiben<br />

Dinge liegen, die eigentlich erledigt werden müssten. Aber man kann<br />

nur um Nachsicht werben, dass aus einem geplanten Spätherbstheft<br />

nun ein „Jahresanfangsheft“ geworden ist.<br />

Aber jetzt noch einmal die Strauss-Tage im September 2015 Revue passieren<br />

zu lassen, hat durchaus auch seinen Reiz, wird es doch 2016 wieder „Strauss-Tage“ geben: Es ist<br />

im Internet zu finden, dass vom 18. - 20. September die Bad Reichenhaller Philharmonie zu Strauss-<br />

Tagen aufspielen wird. Mit voller Unterstützung unserer Gesellschaft: Unser Vorstandsmitglied GMD<br />

Christian Simonis stellte zur Vorstandssitzung am 28. Nov. 2015 in Magdeburg das Programm vor – und<br />

natürlich ist es für uns eine Freude, dass einer der Schwerpunkte der konzertanten Beiträge Eduard<br />

Strauss sein wird, dessen 100. Todestages in diesem Jahr gedacht wird: Vielen von uns erscheint er musikalisch<br />

als ein „Verkannter“, einer der stets im Schatten seiner Brüder steht – doch Hand aufs Herz: Zur<br />

Verbreitung und Etablierung Strauss‘scher Musik im wahrsten, originalen Sinn hat er durch seine unermüdliche<br />

Konzerttätigkeit im 19. Jahrhundert den wohl größten Beitrag geleistet – und seine Anstrengungen<br />

(er ging jedes Jahr auf Tournee und bekannte einmal, dass er sich manchmal in Deutschland<br />

wohler fühlte, als in Wien) bedürfen der Würdigung, wenngleich, quasi als Gegenpol, die Verbrennung<br />

des gesamten Notenmaterials der Strauss-Kapelle auch ihm zuzurechnen ist. Aber dieses „Upcycling“,<br />

also jene Schöpfung aus dem englischen „Up“ („Auf“) und „Recycling“ („Wiederverwendung“), also eine<br />

„Aufwertung“ durch „Wiederverwendung“ hat er in jedem Fall verdient.<br />

Da wir zu unserem Jubiläum ein eigenes Heft mit Fachbeiträgen herausbrachten, liegt der Schwerpunkt<br />

dieses Heftes ganz eindeutig auf Rezensionen und CD-Besprechungen. Trotzdem sind wir wieder einmal<br />

Vorreiter: Die musikhistorischen Forschungen von Prof. Norbert Linke setzen erneut einen sensationellen<br />

Meilenstein in der Forschung rund um Johann Strauss, und dieses Mal rund um den „Kron- und<br />

Prachtwalzer“ „An der schönen blauen Donau“ von Johann Strauss (Sohn). Und da haben wir ein zweites<br />

Mal „Upcycling“ festzustellen: Linke weist nach, dass alle verwendeten Melodien bereits verwendet<br />

wurden – aber auch hier jenes Phänomen der „Aufwertung“ durch „Wiederverwendung“, also ebenfalls<br />

ein „Upcycling“ vorliegt. Wenn Sie Ihrerseits dieses Phänomen musikalisch nachvollziehen wollen und<br />

der Notensatz doch nicht vollständig lesbar ist, auf Anfrage stellt Prof. Linke es gern in größerer Fassung<br />

zur Verfügung.<br />

Und dass unser Mitglied Johannes Böck ebenfalls für ein „Upcycling“ („Aufwertung durch Wiederverwendung“)<br />

– dies schon seit Jahren – wirbt, ist genauso vertreten: Und wenn es nicht das „Neujahrskonzert<br />

der WP“ ist: Warum nicht wenigstens die Konzerte des „Wiener Johann-Strauss-Orchesters“?<br />

Ich verbleibe mit einem herzlichen Dank an alle Beitragenden in diesem Heft und wünsche Ihnen wieder<br />

Freude beim Lesen,<br />

Ihr<br />

Dr. Ingolf Roßberg<br />

1. Vorsitzender<br />

5


Aus unserem Verein<br />

Ein weiterer Kraftakt der „Deutschen Johann Strauss Gesellschaft“:<br />

Die Coburger Johann-Strauss-Tage 2015<br />

von Manfred Drescher<br />

Vor drei Jahren wagte die Deutsche Johann Strauss Gesellschaft das eigentlich unmögliche – und hatte<br />

gesiegt. Die damaligen Johann-Strauss-Tage in Coburg waren ein großer Erfolg.<br />

Nun hatten wir die elften Johann-Strauss-Tage seit Beginn dieser Veranstaltungen und das 40-jährige<br />

Jubiläum unserer Gesellschaft. Vom 17. bis zum 20. Sept. 2015 wurden diese Jubiläumstage in Coburg<br />

durchgeführt und sie konnten den Erfolg von 2012 sogar noch „toppen“. Der folgende Bericht soll ein<br />

kurzer Streifzug durch die Tage in Coburg sein und die Ereignisse Revue passieren lassen, wobei vieles nur<br />

angeschnitten werden kann.<br />

Nach dem Ausstieg der Stadt Coburg aus Alexander-Girardi-Wettbewerb und den „Deutschen Johann-<br />

Strauss-Tagen“ in Coburg haben wir nach 2012 nunmehr – 2015 – auch die Jubiläumsveranstaltung zum<br />

40-jährigen Jubiläum in Eigenregie durchführen müssen. Es geht um zwei prominente „Flüchtlinge“: Johann<br />

Strauss (Sohn) und seine Adele, geflohen vor der Engstirnigkeit des k. u. k. Eherechts, zwar – seinerzeit<br />

– gastfreundlich aufgenommen, aber auch zu schnell wieder vergessen…<br />

Vor 125 Jahren gaben sich Adele und Johann Strauss in der Hofkapelle des Schlosses Ehrenburg das Ja-<br />

Wort. Johann Strauss wird damit Staatsbürger des Herzogtums Sachsen-Coburg und Gotha (und damit –<br />

durch Naturalisation – Deutscher). Am 3. Juni 1899 stirbt Johann Strauss Sohn, als Deutscher und als<br />

Coburger Bürger in Wien. 1887 sagte Johann Strauss (Sohn) über Coburg: „…Nie hätte ich gedacht, dass<br />

ein Stückchen meines Herzens in dieser Stadt bleiben wird…“. Wenn eine Stadt, wie Coburg, nicht erkennt,<br />

welches Potential in dieser Tatsache steckt und was man alles daraus machen könnte, muss es<br />

wieder die „Deutsche Johann Strauss Gesellschaft“ tun, sie tut es gern und der Erfolg gibt ihr Recht.<br />

Am Spätnachmittag des 17. Septembers tritt<br />

nach der Begrüßung der zahlreich erschienenen<br />

Interessierten durch unseren Vorsitzenden der<br />

Deutschen Johann Strauss Gesellschaft, Dr. Ingolf<br />

Roßberg aus Dresden, die Eröffnung der Strauss<br />

Tage durch den Schweizer Pianisten Rudolf Maeder<br />

aus Baar. Und er kann im Vortragssaal des<br />

Kunstvereins Coburg unter dem Titel „Sterne, die<br />

wieder leuchten – Vergessene Operettenklänge<br />

Europas“ seine Zuhörer begeistern. Das Vorstandsmitglied<br />

der „Deutschen Johann Strauss<br />

Gesellschaft“ sitzt am Flügel, spielt, erzählt, unterhält.<br />

Ein launiger und unterhaltsamer Streifzug<br />

durch unbekannte Komponisten und unbekannte<br />

Operetten fesselt die Zuhörer bis zur letzten Minute. In seiner unnachahmlichen Art kann Rudolf Maeder<br />

die Zuhörer mit größtenteils unbekannten Werken überraschen und erfreuen. Ein hervorragender<br />

Beginn der Tage.<br />

Am Abend trifft man sich in dem wunderschönen Riesensaal von Schloss Ehrenburg und wieder steht<br />

etwas Außergewöhnliches auf dem Programm. „Gute Freunde – gute Musik: Strauss trifft Brahms“ ist<br />

der Abend überschrieben, der vom Aramis-Trio bestritten wird: Ganz im Sinne der beiden befreundeten<br />

6


Musiker Strauss und Brahms. Zur Ergänzung haben sich die Drei noch sechs Musiker des Philharmonischen<br />

Orchesters des Landestheaters Coburg dazu geholt. Walzerklänge, einmal ganz anders dargeboten<br />

sind Inhalt des mit großem Beifall bedachten Abends. Den<br />

„Kaiserwalzer“, die „Rosen aus dem Süden“, „Wein, Weib und<br />

Gesang“ und den „Schatzwalzer“ bekommt man hier in den<br />

Fassungen von Arnold Schönberg, Alban Berg und Anton Webern<br />

zu Gehör gebracht. Und auch wenn es etwas gewöhnungsbedürftig<br />

ist, entwickelt es seinen eigenen Charme und<br />

es ist erstaunlich, wie diese doch relativ kleine Besetzung einen<br />

orchestralen Klang erzeugen kann, den man gar nicht<br />

vermutet. Nach der Pause tritt das Aramis-Trio dann allein mit<br />

Johannes Brahms, einem Zeitgenossen von Johann Strauss<br />

auf und setzen auch hier musikalische Höhepunkte. Man<br />

merkt den Musikern einfach auch an, dass sie Spaß an dieser etwas anderen Art des Musizierens haben<br />

und dies überträgt sich auf die Zuhörer. Langanhaltender, stürmischer Beifall zeugt von einem erstklassigen<br />

weiteren Auftakt der Johann Strauss Tage.<br />

Der Freitag ist ganz der Tag der Symposien. Vor drei Jahren schon waren die Vorträge alle miteinander<br />

sehr gut besucht gewesen und dies setzt sich auch in diesem Jahr fort. Sicher auch, weil sich herumgesprochen<br />

hat, das es keine langweiligen staubtrockenen Vorträge<br />

sind, sondern dass sie lebendig, begeisternd vorgetragen und mit<br />

sehr viel Musik versehene Schmankerln sind, die man so geballt und<br />

so kompetent sicher erst ein zweites Mal suchen muss. Die Vorträge<br />

finden wieder im Vortragssaal des Kunstvereins statt, dem an dieser<br />

Stelle ein ganz großes Dankeschön für die bereitwillige Zurverfügungstellung<br />

gesagt werden muss, dies gilt natürlich auch für das<br />

Schloss Ehrenburg, welches am heutige Abend wieder für ein großes<br />

Operettenkonzert zur Verfügung gestellt wird. Doch nun zu den einzelnen<br />

Vorträgen an diesem Freitag.<br />

Das Mitglied der Vorstandschaft Friedhelm Kuhlmann aus Hamburg<br />

referiert über „Oscar Fetrás – Ein Hamburger Komponist war einer<br />

der größten Verehrer der Wiener ‚Sträusse‘“. Es ist beeindruckend<br />

den Lebensweg von Oscar Fetrás mitzuerleben und seine Verbindung<br />

und seine Liebe zu den Sträussen zu erfahren. Mit vielen anschaulichen<br />

Beispielen versehen lässt Friedhelm Kuhlmann den Lebensweg an den Ohren und Augen der<br />

Zuschauer vorbeiziehen. Viel Beifall für einen Vortrag, den man in<br />

dieser Form noch nicht erlebt hat.<br />

Im Anschluss daran kommt Prof. Mag. Helmut Reichenauer aus<br />

Wien. Und er ist stolz über das, was er und seine Freunde in Wien<br />

aufgebaut haben. In seinem Vortrag „Das erste Museum der Johann<br />

Strauss Dynastie in Wien – Absichten, Perspektiven und didaktische<br />

Umsetzung“ berichtet er charmant-wienerisch und äußerst abwechslungsreich<br />

über den langen und beschwerlichen Weg das<br />

Museum in Wien einzurichten und der Bevölkerung vorzustellen<br />

und zur Verfügung zu stellen. Viele Hindernisse sind aus dem Weg<br />

geräumt worden und er lädt alle Anwesenden ein, sich in Wien persönlich<br />

vom ersten Strauss Museum faszinieren zu lassen. Auch für<br />

ihn stürmischer Beifall der zahlreichen Zuhörer. Und er bedankt sich<br />

bei der „Deutschen Johann Strauss Gesellschaft“ und ihren Mitglie-<br />

7


dern für die vielfältige Unterstützung beim Aufbau der Präsentation und bei unserer Gesellschaft insgesamt<br />

für die Kostenübernahme für eine der Hörstationen im Museum.<br />

Kurz vor der Mittagspause ein weiteres Highlight. Die<br />

Hauptdarsteller Cindy Marinangel und Thorsten Becker<br />

stellen erstmals in Deutschland den Kurzfilm „Eternal<br />

Waltz – Ewiger Walzer“ vor. Durchgehend in diesem Film<br />

ist der Walzer „An der schönen blauen Donau“ op. 314 von<br />

Johann Strauss jr. zu hören, er zieht sich als roter Faden<br />

durch den ganzen Film. Die beiden berichten über die großen<br />

Schwierigkeiten, bis der Film fertiggestellt werden<br />

konnte. Viele Hürden, auch finanzieller Art waren zu überwinden.<br />

Die beiden danken der Deutschen Johann Strauss<br />

Gesellschaft für das großzügige Sponsoring des Filmes.<br />

Dieser wird dann als deutsche Voraufführung unter großem<br />

Beifall gezeigt und sehr positiv aufgenommen. Dr.<br />

Ingolf Roßberg bekommt von den beiden Produzenten ein<br />

großes gerahmtes Bild des Filmplakates ausgehändigt. Der<br />

Film ist mittlerweile national und international auf vielen<br />

Kurzfilmfestivals für 2015 und 2016 eingereicht bzw. sogar<br />

schon angenommen worden.<br />

Der ehemalige Vorsitzende der „Deutschen Johann Strauss<br />

Gesellschaft“ und Ehrenmitglied der Gesellschaft, Prof. Dr.<br />

Norbert Linke aus Borken, referiert nach der Mittagspause<br />

über „Die Frühphase der kompositorischen Entwicklung von<br />

Johann Strauss Sohn im Zusammenhang mit dem im August<br />

1843 begonnenen Skizzenbuch“. Und auch bei seinem wie<br />

immer hochinteressanten und leicht verständlichen Vortrag<br />

vergeht die Zeit wie im Flug. Norbert Linke versteht es wissenschaftliche<br />

Dinge so vorzutragen, dass sie für jedermann<br />

leicht verständlich und<br />

verstehbar sind. Auch<br />

für ihn lang anhaltender<br />

warmer Applaus.<br />

Dann tritt als letzter in der Runde das Ehrenmitglied der Gesellschaft,<br />

der Strauss-Forscher Norbert Rubey aus Wien auf. Er unternimmt<br />

einen Abriss über die „Kompositorische Entwicklung<br />

der Instrumentation von Johann Strauss Sohn“. Auch er kann die<br />

Zuhörer nicht nur mit seinem Vortrag, sondern auch mit den dazugehörenden<br />

Klängen begeistern. Charmant, interessant und<br />

umfassend kann er dieses doch recht wissenschaftliche Thema so<br />

volkstümlich vortragen, dass es jeder versteht.<br />

Den herzlichen Dank aller Anwesenden an alle Referenten bringt<br />

Ingolf Roßberg mit einem kleinen Geschenk öffentlich zum Ausdruck.<br />

Der Tag ist wie im Flug vergangen, viele unterschiedliche,<br />

hochinteressante Themen, so dargeboten, dass man gar nicht gemerkt hat, wie viel Zeit schon vergangen<br />

ist.<br />

8


Am Abend geht es dann wieder in den Riesensaal des<br />

Schlosses Ehrenburg, der sehr gut besetzt ist. Auf dem<br />

Programm steht „Zauber der Operette – Ein Abend bei<br />

Johann Strauss Sohn und seinen Zeitgenossen“. Unter der<br />

launigen, äußerst kenntnisreichen Moderation von Dr.<br />

Ingolf Roßberg, der Dinge zu erzählen weiß, die auch ein<br />

Operettenkenner so noch nie gehört hat, sind Beate Roux<br />

am Flügel und teilweise als zweite Stimme als Mezzosopran<br />

und der südafrikanische Tenor Pieter Roux zu sehen<br />

und hören. Beate Roux begleitet ihren Mann mit sicherer<br />

Zurückhaltung, zart, wenn es gefordert wird, aber auch<br />

energisch, und ist ihm eine stets zuverlässige aufmerksame<br />

Partnerin. In den „Geschichten aus dem Wienerwald“<br />

und „Künstlerleben“, beides von Johann Strauss Sohn, zeigt sie, dass sie eine versierte Pianistin ist, die<br />

auch entsprechende Zeichen zu setzen weiß. In der Begleitung ihres Mannes ist sie betont zurückhaltend,<br />

sehr sängerdienlich, einfühlsam und stimmschonend. In den Duetten kann sie mit einem runden<br />

voluminösen stimmschönen Mezzosopran punkten.<br />

Ihr Mann ist ein aus dem vollen italienischen Fach schöpfender Tenor, der sich der Wirkung seiner kraftvoll<br />

heraus geschmetterten Spitzentöne wohlauf bewusst ist. Die feine Nuancierung ist nicht unbedingt<br />

sein Ding, jedoch kann er mit einer grandios auftrumpfenden Stimme, die fast den wunderschönen Rie-<br />

9


sensaal zu sprengen droht, aufwarten. „Sei mir gegrüßt, du holdes Venezia“, „Komm Zigan“, „Gern hab<br />

ich die Fraun geküsst“, natürlich „Freunde, das Leben ist lebenswert“ und „Dein ist mein ganzes Herz“<br />

gelingen ihm glänzend, hier kann er sich auch ganz auf seine klaren kraftvoll geschmetterten Spitzentöne<br />

verlassen. Bei den „Dunkelrote Rosen“ kann er, auch wenn diese Arie ursprünglich für einen Bariton<br />

gedacht ist, die Herzen der anwesenden Frauen problemlos verführen, jedoch „Ja, das Schreiben und<br />

das Lesen“ aus dem „Zigeunerbaron“ ist für mich ein Basslied par excellence – das gefällt mir von keinem<br />

Tenor, egal, wie er heißen mag. Als Zugabe gibt es noch „Lippen schweigen“ aus der „Lustigen<br />

Witwe“ und langandauernder teilweise tosender Applaus zeigt, dass es den Anwesenden ausgesprochen<br />

gut gefallen hat.<br />

10<br />

Am Samstagvormittag trifft man sich im Kongresshaus<br />

Rosengarten zum Festakt zum 40-jährigen<br />

Jubiläum der Deutschen Johann Strauss Gesellschaft<br />

mit den Grußworten der vielen Gäste und<br />

Ehrungen von Mitgliedern. Die musikalische Umrahmung<br />

des Festaktes übernimmt schwungvoll das<br />

Johann Strauss-Quintett unter der bewährten Leitung<br />

von Jiri Preisinger.<br />

Der zweite Vorsitzende Albrecht Tauer begrüßt die<br />

vielen Gäste aus nah und fern und freut sich, dass<br />

so viele den Weg zum 40-jährigen Jubiläum gefunden<br />

haben. Als erster Grußwortredner tritt Oberbürgermeister<br />

Norbert Tessmer ans Pult. Er, der<br />

selbst Mitglied der Gesellschaft ist, freut sich, dass dieses Ereignis in Coburg abgehalten wird. Er bittet<br />

um Verständnis, dass aus finanziellen Zwängen die Festtage und auch der Alexander Girardi Wettbewerb<br />

nicht mehr durch die Stadt<br />

ausgerichtet werden können. Er<br />

deutet jedoch an, dass die Gesellschaft<br />

weiterhin mit der Rückendeckung<br />

der Stadt Coburg rechnen<br />

könne. Wie genau dies aufzufassen<br />

ist, ist an diesem Tag nicht<br />

zu erfahren. Der stv. Landrat<br />

Christian Gunsenheimer freut<br />

sich besonders, dass das Festkonzert<br />

erstmals im Landkreis Coburg<br />

stattfindet und wünscht der Gesellschaft<br />

weiterhin alles erdenklich<br />

Gute. Karin Fodor, die Präsidentin<br />

der kanadischen Johann<br />

Strauss Foundation freut sich über<br />

die hervorragenden Beziehungen<br />

und die verstärkten Austausche,<br />

ebenso wie Peter Kemp, der Ehrenpräsident der Englischen Johann Strauss Society, der die Hoffnung<br />

ausdrückt beim 50-jährigen Jubiläum wieder dabei zu sein. Vom Kulturverein Wiener Blut überbringt<br />

Prof. Helmut Reichenauer viele Grüße und gibt der Hoffnung Ausdruck in 37 Jahren in Wien das vierzigjährige<br />

feiern zu können.<br />

Als letzter Grußredner überbringt Dr. Eduard Strauss seine und die Grüße seiner Familie, an die deutsche<br />

Gesellschaft und gibt der Hoffnung Ausdruck noch viele Jubiläen feiern zu können. Er betont, dass


die Strauss-Pflege in erster Linie auf Qualität ausgerichtet sein und durch den Zauber der Musik überall<br />

hin getragen werden müsse. Betrübt ist er über die Tatsache, dass in Coburg, der deutschen Johann<br />

Strauss Stadt, die Mitarbeit der Straussfamilie z. B. beim Neujahrskonzert nicht mehr gefragt ist. Nach 28<br />

Jahren so einfach nicht mehr dabei sein zu dürfen, habe alle sehr betroffen gemacht.<br />

Dr. Ingolf Roßberg überreicht den beiden Mitgliedern der Gesellschaft, Herrn Professor Dr. Norbert Linke<br />

(links) und dem Strauss-Forscher Norbert Rubey (rechts) unter langanhaltendem Applaus der Festgäste<br />

die Urkunde über die Ehrenmitgliedschaft der Gesellschaft.<br />

Danach gibt Ingolf Roßberg in seiner Festrede einen Überblick über die 40 turbulenten Jahre der „Deutschen<br />

Johann Strauss Gesellschaft“. Er stellt dabei auch die beiden exklusiven Festhefte vor, einmal ein<br />

90seitiges Fachbeitragsheft, das im deutschsprachigen Raum seinesgleichen sucht, da es von exklusiven<br />

Fachbeiträgen bis zur letzten Seite ausgefüllt ist und die Jubiläumsausgabe zum 40-jährigen, welche die<br />

Entwicklung der Gesellschaft aufzeigt und einen Überblick über die zurückliegende Zeit mit über 100<br />

ausgewählten Bildern bietet. Die Mitglieder hatten in den vergangenen Monaten Material und Bilder zur<br />

Auswertung zugesandt, aus über 2500 Fotos und aus rund 15 kg Material mussten die besten Beiträge<br />

für die Festschrift ausgewählt werden, was eine enorme Fleißarbeit dargestellt hatte, aber das erste<br />

komplett in Farbe herausgegebene Heft sei dafür auch einmalig geworden und biete einen überreichen<br />

Schatz an Wissenswertem über die „Deutsche Johann Strauss Gesellschaft“.<br />

11


Die „Ehrennadel der Deutschen<br />

Johann Strauss Gesellschaft“<br />

für 25-jährige Mitgliedschaft<br />

wird anschließend an Albrecht<br />

Tauer, Walter Dorn, Silvia<br />

Tauer, sowie an Irene und<br />

Georg Günther überreicht<br />

(v.l.n.r.).<br />

Noch vor der Mittagspause<br />

begibt man sich dann im Gedenken<br />

an den Walzerkönig<br />

Johann Strauss Sohn in den<br />

Rosengarten.<br />

Nach einer kurzen Ansprache von Oberbürgermeister Norbert Tessmer, der einen Abriss über das Leben<br />

und Schaffen des Walzerkönigs in Coburg gibt, weist Dr. Ingolf Roßberg, der als Vorsitzender der Gesellschaft,<br />

darauf hin, dass sich Coburg wieder bewusst werden müsse, dass der Titel „Deutsche Johann-<br />

Strauss-Stadt“ auch<br />

eine Ehre und Auszeichnung<br />

ist. Beide<br />

legen dann am Gedenkstein<br />

Blumen<br />

nieder, wobei ein<br />

Blumenstrauß auch<br />

von der leider aus<br />

Gesundheitsgründen<br />

nicht anwesend sein<br />

könnenden Frau Inge<br />

Röhre ist, die das<br />

letzte lebende Gründungsmitglied<br />

der<br />

Gesellschaft ist.<br />

Am Nachmittag findet<br />

dann die Jahreshauptversammlung<br />

der „Deutschen Johann<br />

Strauss Gesellschaft“<br />

statt, in der auch der Vorstand neu gewählt wird. Neuer 2. Vorsitzender der DJSG ist Manfred<br />

Drescher, neuer Schatzmeister Jonas Geelhaar. Als Schriftführerin wählen die Anwesenden Astrid-Birgit<br />

Roßberg, Beisitzer sind nunmehr GMD Christian Simonis, Friedhelm Kuhlmann und Dr. Michael Mahlert.<br />

Als Kassenprüfer werden die Herren Gerhard Schad und Hans-Dieter Betke gewählt. Über diese wird im<br />

Protokoll berichtet, was unseren Mitgliedern auf entsprechende Anfrage an die neu gewählte Schriftführerin<br />

(Astrid-Birgit Roßberg, per E-Mail abrossberg@t-online.de oder auch telefonisch über 0351/479<br />

29 993, Adresse siehe inneres Vorblatt) gern zugesandt wird.<br />

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Das Jubiläumskonzert der Deutschen Johann Strauss Gesellschaft anlässlich des 40-jährigen Bestehens<br />

findet in der bis auf den letzten Platz besetzten Mehrzweckhalle in Neustadt bei Coburg statt. Das Orchester<br />

der „Gesellschaft der Musikfreunde Neustadt“ wird von Daxi Pan geleitet, der kurzfristig für den<br />

erkrankten Hans Stähli einspringt. Exzellent aufspielende Laienmusiker, welche eine Vielzahl von Extraproben<br />

durchgeführt und sich auch mit einigen Aushilfen verstärkt haben, können voll und ganz überzeugen.<br />

Daxi Pan führt das Orchester mit leichter Hand, lässt aber zuweilen auch straffe Zügel spüren<br />

und umschifft auch routiniert die ein oder andere aufkommende Unsicherheit im Orchester. Das Ambiente<br />

von Schloss Ehrenburg kann die Halle natürlich nicht bieten, dafür ist praktisch kein Stuhl mehr frei,<br />

man muss sogar Ersatzstühle aufstellen. Christine Rebhan führt informativ und charmant durch das Programm,<br />

auch wenn man sich doch ein bisschen das Eingehen auf den Jubilar, die Deutsche Johann<br />

Strauss Gesellschaft, gewünscht hätte. Der Veranstalter wird praktisch nicht erwähnt (außer der Begrüßung<br />

von Dr. Eduard Strauss und seiner Familie).<br />

Und auch beim Programm hätte man sich ein bisschen<br />

mehr Strauss und Zeitgenossen gewünscht.<br />

Aber das alles verblasst am Erfolg beim anwesenden<br />

Publikum. Die erklatschen sich verschiedene Zugaben<br />

und einmal wird auch rhythmisch mitgeklatscht,<br />

eine Unart, die leider immer mehr auch von Sängern<br />

und Orchesterleitern praktisch fast gefordert wird.<br />

Das Orchester stellt sich mit der „Leichten Kavallerie“<br />

von Suppé vor, spielt noch „Nordseebilder“ von<br />

Johann Strauss Sohn, „Hereinspaziert“ von Ziehrer,<br />

und die „Pizzicato-Polka“ von Josef Strauss. Wenn<br />

man von einigen kleinen Unebenheiten absieht, eine<br />

sehr gute Leistung. Als Solisten treten die Sopranistin<br />

Stefanie Smits und der Tenor Lucian Krasznec<br />

auf, beide eng mit Coburg verbunden. Stefanie Smits<br />

führt sich mit „Ein kleiner Slowfox mit Mary“ ein und<br />

bekommt großen Applaus. Ihre Stimme ist immer<br />

noch weich, spricht direkt an und hat auch noch das<br />

gewisse Flirren im Ausdruck. Der Csárdás aus der<br />

„Gräfin Mariza“, das Wilja-Lied aus der „Lustigen<br />

Witwe“, „Meine Lippen die küssen so heiß“ aus „Giuditta“ sind ihre Soli, im Duett singt sie noch „Lippen<br />

13


schweigen“ aus der „Lustigen Witwe“ und „Tanzen möchte ich“ aus „Die Csárdásfürstin“. Beeindruckend<br />

Lucian Krasznec, der mit dem „Wolgalied“, dem Auftrittslied des Barinkay aus dem „Zigeunerbaron“ im<br />

ersten Teil auftrumpft. Er hat einen ausdrucksstarken, kräftigen und schönen weichen Tenor, den er bis<br />

in die strahlenden Höhen sicher und flexibel führt, hat kräftige Ausdrucksstärke in der Stimme, kann sich<br />

aber auch zart zurückhaltend darbieten. Eine sehr gute Leistung, die zu Recht mit Beifallsstürmen – nicht<br />

nur des weiblichen Publikums – bedacht wird. Nach der Pause kann er noch mit „Grüß mir mein Wien“<br />

aus der „Gräfin Mariza“ und „Dein ist mein ganzes Herz“ aus „Das Land des Lächelns“ überzeugen. Die<br />

beiden Duette werden nochmals als Zugaben gegeben und langanhaltender stürmischer Applaus für alle<br />

Beteiligten beendet das Jubiläumskonzert. Für mich allerdings insgesamt ein bisschen zu viel Kálmán<br />

und Lehár und ein bisschen zu wenig Strauss.<br />

Der Sonntagvormittag beginnt wieder<br />

im Kunstverein Coburg. Dr. Eduard<br />

Strauss und sein Sohn Thomas geben<br />

einen Vortrag über „Was geh ich mich<br />

an – die zwei Gesichter des Johann<br />

Strauss Sohn und seiner Familie“. Die<br />

beiden bieten eine unterhaltsame<br />

Reise durch das Leben Ihres Vorfahren.<br />

Gekonnt spielen sie sich die Bälle<br />

zu, wechseln geschickt jeweils den<br />

Vortrag und untermalen alles mit<br />

umfassenden musikalischen Ausschnitten<br />

aus teilweise sehr unbekannten<br />

Werken. Die zwei Stunden<br />

vergehen wie im Flug und man hätte<br />

sich fast die nochmals eine Stunde<br />

längere „Langfassung“ des Vortrages<br />

gewünscht. Es ist beeindruckend mit anzuhören und anzusehen, wie authentisch die beiden das Leben<br />

der Sträusse vor den Zuhörern lebendigst ausbreiten. Langer tosender Applaus am Ende des knapp<br />

zweistündigen Vortrages.<br />

Am Nachmittag erfreut die Stadtkapelle<br />

Coburg auf der Terrasse des<br />

Kongresshauses Rosengarten mit<br />

einem frischen und lebendigen<br />

Standkonzert. Die Leitung des Orchesters<br />

hat Zdenek Fiala, der unter<br />

dem Titel „Von Wien nach Coburg<br />

– Johann Strauss Sohn und…“<br />

frisch und fröhlich aufspielen lässt<br />

und sogar für einen kurzfristig erkrankten<br />

Musiker selbst mitspielt.<br />

Die Zuhörer gehen so richtig mit,<br />

mancher Fuß wippt im Takt der<br />

Melodien. Ein großes Lob an die<br />

Stadtkapelle, die hier so begeisternd<br />

und gekonnt aufspielt und schließlich eine der Zugaben durch unser Mitglied Friedrich-Wilhelm<br />

Reuter dirigieren lässt.<br />

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Am Spätnachmittag ein weiterer Höhepunkt zum Abschluss der Veranstaltungen. In der Aula des Gymnasiums<br />

Casimirianum in Coburg tritt Nina Scheidmantel, eine Stipendiatin der Deutschen Johann<br />

Strauss Gesellschaft mit einer „Romantischen Klaviersoiree“ auf. Sie spielt Kompositionen von Johann<br />

Strauss Sohn, Frederic Chopin, Franz Liszt u. w. a. Und dieser Spätnachmittag wird tatsächlich zu einem<br />

glanzvollen umjubelnden Abschluss der Johann-Strauss-Tage 2015 in Coburg.<br />

Im Oktober 2013 gab die junge Pianistin bereits ein umjubeltes Stipendiaten Konzert in Coburg und sie<br />

hat noch einmal „zugelegt“. Mit einfühlsamem, leichtem aber auch wiederum kräftigem Anschlag, mit<br />

einer riesigen Bandbreite<br />

und mit einem<br />

enormen Einfühlungsvermögen<br />

in die Musik gestaltet<br />

sie das Konzert.<br />

Im ersten Teil Variationen<br />

von Eduard<br />

Schütt über Themen<br />

von Johann Strauss,<br />

der zweite Teil ist<br />

ganz Robert Schumann<br />

gewidmet.<br />

Und allen Stücken<br />

merkt man die bedingungslose<br />

Leidenschaft<br />

der außergewöhnlichen<br />

Künstlerin an. Sie<br />

atmet jede Note, hochkonzentriert, sicher, fast möchte man sagen mit schlafwandlerischer Sicherheit<br />

behandelt sie ihr Instrument wie ihren besten Freund. Und alles kommt beim Publikum an, der nicht<br />

enden wollende Applaus führt sie schließlich noch zu einer zweiten Zugabe, den Klangkaskaden der<br />

„Wasserspiele“ Maurice Ravels.<br />

Tosender, nicht endend wollender Applaus für eine Ausnahmekünstlerin, von der wir mit Sicherheit<br />

noch viel hören werden.<br />

Aus Sicht der „Deutschen Johann Strauss Gesellschaft“, sind die Johann-Strauss-Tage in Coburg ein voller<br />

Erfolg und eine Steigerung zu 2012. Es sind wesentlich mehr Zuhörer gekommen als vor drei Jahren und<br />

der Vorstand ist zuversichtlich, dass man mit einem nur kleinen Defizit aus den Tagen gehen wird. Ein<br />

ganz besonderer Dank an dieser Stelle an die Johann-Strauss-Stiftung Coburg, die Niederfüllbacher Stiftung,<br />

die Stadt Coburg, die SÜC H 2 O und Energie GmbH und die Sparkasse Coburg-Lichtenfels für ihre<br />

großzügige finanzielle Unterstützung der „Deutschen Johann-Strauss-Tage“ in Coburg. Ein Dank auch an<br />

unser Mitglied und ehemaligen stellvertretenden Vorsitzenden Albrecht Tauer, ohne den dies alles nicht<br />

so reibungslos über die Bühne gelaufen worden wäre und der die Vorbereitung mit seiner Frau nahezu<br />

allein bewerkstelligte.<br />

Hoffen wir, dass auch in drei Jahren man wieder die Mittel aufbringen kann, um die „Deutschen Johann-<br />

Strauss-Tage 2018“ ausrichten zu können. Die zurückliegenden Tage haben gezeigt, dass Johann Strauss<br />

nach wie vor ein Magnet ist, ein Pfund, mit welchem man wuchern sollte, vielleicht auch wieder einmal<br />

durch die Stadt Coburg.<br />

Fotos: Nr. 1-7, 17 Manfred Drescher; Bilder 8-16 und 19 Ulrich Göpfert, Coburg, 18 Peter Kemp<br />

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Festrede des 1. Vorsitzenden der „Deutschen Johann Strauss Gesellschaft“,<br />

zum Festakt am 19. Sept. 2015<br />

(Es gilt das gesprochene Wort!)<br />

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister (Norbert Tessmer, OB von Coburg),<br />

sehr geehrter Herr stellvertretender Landrat, (Christian Gunzenheimer, stv. LR von Coburg-Land),<br />

sehr geehrte Frau Präsidentin Fodor (Karin Fodor, Präsidentin der „Johann Strauss Foundation“ Edmonton/Kanada),<br />

dear Peter Kemp (Peter Kemp, Ehrenpräsident der „Johann Strauss Society of Great Britain“)<br />

sehr geehrte Herren Präsidenten, lieber Edi, lieber Helmut (Dr. Eduard Strauss, Präsident des „Wiener<br />

Instituts für Strauss-Forschung, Prof. Helmut Reichenauer, Präsident des „Kulturvereines ‚Wiener Blut‘“),<br />

sehr geehrte Ehrenmitglieder, sehr verehrte Festgäste!<br />

Introduktion<br />

Am 25. September 1975, einem Donnerstag und exakt einen Monat vor dem 150. Geburtstag von Johann<br />

Strauss (Sohn) fand sich um 10.00 Uhr im exklusiven „Hotel Reichshof“ in Hamburg eine ebenso<br />

exklusive Gesellschaft zusammen, um eine schon lange gehegte Idee des Hamburger Rechtsanwalts Joachim<br />

Viedebantt aus der Taufe zu heben. Heute vor fast exakt 40 Jahren wurde „unsere“ Gesellschaft<br />

per Satzung und allem „Drum-und-Dran“ in das deutsche Vereinsleben geschickt, mittlerweile registriert<br />

als eine von vielen „musikhistorischen Gesellschaften“ in Deutschland, auf gleicher Augenhöhe mit z. B.<br />

einer „Richard-Wagner-Gesellschaft“.<br />

Äußerungen internationaler Gesellschaften, wie wir im Grußwort von Peter Kemp gehört haben, bezeugen,<br />

dass dies damals als „überfällig“ betrachtet wurde. Schaut man sich jedoch die originalen Gründungsdokumente<br />

an, so ist zwar einerseits ein ungeheure Kraft zu spüren, aber an vielen Stellen auch<br />

das „Fragezeichen“: Ist es richtig, was ist das Ziel, sind geeignete Mittel vorhanden, wer sind die Partner?<br />

Und schaut man noch genauer hin, so sind diese Fragen immer wieder neu zu beantworten: Was uns als<br />

Gesellschaft über den beschrittenen Weg aber ausgezeichnet hat, ist indes zutiefst persönlich. In den<br />

vergangenen 40 Jahren gab es immer wieder Menschen, die – zumindest teilweise – Antworten fanden,<br />

die ihrerseits Impulse gaben, Verantwortung übernahmen – und letztlich einen Weg beschritten, den<br />

Joachim Viedebantt und seine Mitstreiter 1975 noch nicht übersehen konnten.<br />

Und dass, obwohl die Gründer eine Art „Steuerung“ überlegten, dieser künftige Weg sich aber als nicht<br />

steuerbar erwies. Die geradezu explosionsartige Verbreitung von Strauss-Musik weit über Österreich<br />

hinaus, erhielt gerade 1975 und dann später 1999 zum 100. Todestag einen enormen Impuls, den sich<br />

die Gründer von der „neuen“ DJSG ausgehend erhofften, aber der so von uns aus gar nicht nötig war.<br />

Und gerade die Wirkung des 150. Geburtstages sowie der Jahre danach war durch die Gründer so nicht<br />

abzusehen.<br />

Bereits vor der Gründung der „Deutschen Johann Strauss Gesellschaft“ wurde die erste Schrift der Gesellschaft<br />

vorbereitet und sie lag zur Gründung jedem Mitglied auf dem Tisch. Hans-Ulrich Barth, Joachim<br />

Viedebantt und Dr. Udo Unger hatten sie konzipiert. Die Titelidee „Flugschriften“ nach dem Walzer,<br />

op. 300, orientierte sich an bereits bestehenden Zeitschriften. Nämlich der „Johann-Strauss-<br />

Gesellschaft Wien“ mit den „Rathaus-Ball-Tänzen“ nach dem Walzer op. 438, dem damaligen Journal<br />

der Britischen Gesellschaft, genannt „Tritsch-Tratsch“ nach op. 214, und der „Svenska Strauss-<br />

Sällskapet“, der Schwedischen Strauss-Gesellschaft, mit den „Morgenblättern“ nach op. 279. Es befand<br />

16


sich also von vornherein in guter Gesellschaft. Wobei wir alle ja wissen, dass zwar genügend Titel sich<br />

bei Johann Strauss mit journalistischem Bezug finden lassen, jedoch nur den Walzer „Deutsche“, op.<br />

220. Das lag außerhalb jeglicher Opportunität, sein Titelblatt schied aus.<br />

Auch wenn es dazu keine Erwähnung gibt, auf Grund des Inhaltes können wir die Entstehungszeit des<br />

ersten Heftes auf die Zeit zwischen dem 13. und spätestens 18. September 1975, also nur wenige Tage<br />

vor der Gründungsversammlung als „druckfertig“ annehmen. Ein Produktionsprozess, der der heutigen<br />

Redaktion nicht ganz unbekannt sein dürfte. Das Titelblatt selbst steuerte der Musikverleger Ludwig<br />

Krenn bei.<br />

Warum gehe ich so ausführlich auf dieses erste Heft der „Flugschriften“ ein? Joachim Viedebantt veröffentlichte<br />

in ihm „seinen“ ersten großen Beitrag für unsere Gesellschaft und titelte ihn, Rechtsanwaltsgemäß,<br />

der er ja war, mit „Fünf Paragraphen aus dem Walzer-Codex“ und spann den Text an den bekannten<br />

Walzerteilen des op. 105 entlang. Folgen wir heute also dieser Idee und betrachten Sie deshalb<br />

das von mir bis jetzt gesagte als „Introduktion“.<br />

In seiner damaligen „Introduktion“ geht Viedebantt wiederum auf die Bedeutung von Johann Strauss<br />

ein. Das heute angesichts unserer Tradition tun zu wollen, hieße „Tauben nach San Marco zu tragen“.<br />

Denn der zweite große Beitrag im ersten Heft widmet sich der Einspielung von „Eine Nacht in Venedig“<br />

redigiert durch Hans-Ulrich Barth unter Ernst Märzendorfer. Der dritte Beitrag ist von Elisabeth Strauss,<br />

der Mutter unseres Ehrenmitgliedes Dr. Eduard Strauss.<br />

Wer kann denn heute noch, mit Ausnahme von Inge Röhre, von der ich Sie alle herzlich grüßen soll und<br />

ich denke, auch in Ihrer aller Namen Sie auch herzlich gern zurückgrüße – von diesen Anfängen berichten?<br />

Doch, „wer schreibt, der bleibt“ – und so ist es uns möglich, über die „Flugschriften“ wenigstens<br />

einen Ausschnitt der Anfangsjahre zu besitzen.<br />

Folgen wir, nach „unserer“ Introduktion, nunmehr in den „Paragraphen 1“ des Walzers:<br />

§ 1<br />

„Die im Augenblick, als diese Zeilen geschrieben werden, noch im Gründungsstadium befindliche<br />

Deutsche Johann-Strauss-Gesellschaft möchte ein Sammelbecken für alle werden, die in diesem<br />

Land sich in der Liebe zu dessen Musik einig sind, mag es sich nun um Musikwissenschaftler, Dirigenten,<br />

Sänger, Journalisten, Film- oder Schallplattenproduzenten, Regisseure, Rundfunk- oder<br />

Fernsehangehörige, Musikverleger oder auch ‚nur‘ um interessierte Laien … handeln.“<br />

Zieht man aus diesem Viedebantt’schen Zitat einmal den Superlativ „alle“ nicht in Betracht, so zeigt die<br />

Liste der heutigen Mitglieder unserer Gesellschaft tatsächlich, dass alle diese Berufsgruppen in der einen<br />

oder anderen Form in unserer Gesellschaft vertreten sind, wenngleich die Gewichtung doch tendenziell<br />

auf „interessierten Laien“ als der wohl größten Gruppe liegt.<br />

Und als Kurspositionierung gab Joachim Viedebantt, noch als Idee, einen Aufgabenkatalog vor, der insgesamt<br />

sieben Punkte umfasste:<br />

1. Einen Beitrag zu einem mehr dem Komponisten Johann Strauss gerecht werdenden Bild.<br />

2. „Auf lange Sicht“, so wie er es nannte, eine vollständige Gesamtaufnahme auf Tonträgern.<br />

3. Die Förderung der musikwissenschaftlichen Johann-Strauss-Forschung, insbesondere die Werkanalyse<br />

zu fördern.<br />

4. Konzertante und andere Veranstaltungen, wie Vorträge, Film- und Lichtbildvorführungen, Ausstellungen<br />

usw. durchzuführen.<br />

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5. Erfahrungsaustausch mit anderen Strauss-Gesellschaften in anderen Ländern.<br />

6. Eine Strauss-Bibliographie und eine Strauss-Diskographie herauszubringen.<br />

7. „ein vorerst zweimal jährlich erscheinendes Mitteilungsblatt“ zu publizieren, dessen Bezugspreis im<br />

Mitgliedsbeitrag enthalten sein sollte.<br />

Wenn ich jetzt in die Runde schaue, sehe ich den einen oder anderen mit einem Nicken, denn mit Ausnahme<br />

der Biblio- und der Diskographie, kann zu jedem dieser Punkte im Sinne einer „Checkliste“ ein<br />

Haken gesetzt werden. Und das ist mehr, als damals erträumt wurde: Seien wir ehrlich – 1975 war es<br />

mit diesem Programm für die Gründung unserer Gesellschaft eine fast tollkühne Vision. Entschuldigung:<br />

Das heißt heute politisch korrekt: „ausgesprochen ambitionierte Zielformulierung“, auf die sich die<br />

Gründer einließen, trotz aller Vorbilder im Ausland.<br />

Und im weitesten Sinne hat sich die Bibliographie bzw. auch die Diskographie überholt: Dafür steht aber<br />

unser Archiv mit über 2700 Stücken, Büchern, wie Noten, wie Schallplatten. Es ist überdies öffentlich<br />

und über OPAC im Katalog weltweit rund um die Uhr nutzbar: Hier haben sich der früh verstorbene Joachim<br />

Viedebantt mit seiner eigenen Sammelleidenschaft und letztlich durch die Übergabe seines Archivs<br />

an die Strauss-Gesellschaft seine Söhne, allen voran unser Mitglied Klaus Viedebantt, ein Denkmal<br />

ganz eigener Art gesetzt. Dr. Klaus Viedebantt, das nach Inge Röhre „dienstälteste Mitglied“ unserer<br />

Gesellschaft ist heute unter uns: Seien Sie herzlich willkommen und noch einmal vielen Dank, auch an<br />

Ihre Familie, für die damalige Entscheidung!<br />

Und die Übergabe an die Landesbibliothek Coburg als Dauerleihgabe hat einen Punkt getroffen, um den<br />

uns Strauss-Gesellschaften weltweit beneiden, denn sie müssen selbst wertvollste Materialien privat<br />

aufbewahren: Unser Archiv ist Teil einer kostbaren öffentlichen Bibliothek, die ihrerseits noch zusätzliche<br />

Strauss-Schätze besitzt.<br />

§ 2<br />

Der seinerzeitige „§ 2“ von Viedebantt hieß „Johann Strauss und Hamburg“ und trug die Aufforderung,<br />

das Leben von Johann Strauss dokumentarisch darzustellen. Wenngleich die Schlussfolgerungen von<br />

Joachim Viedebantt von 1975 in einzelnen Punkten nicht mehr haltbar sind, so hat doch die von ihm<br />

angeregte Suche nach den Spuren von Johann Strauss Sohn in Deutschland ungewöhnliche Ergebnisse<br />

gezeigt: Dabei muss auch beachtet werden, dass Teile der Forschung erst 15 Jahre nach Gründung der<br />

DJSG überhaupt erst erschlossen werden konnten, d.h. ab 1990: Man denke an die Reisen des Vaters<br />

und des Sohnes und solche Städte, wie Leipzig, Dresden oder auch Breslau und nach Schlesien ganz allgemein.<br />

Vor allem durch das Wirken von Ingolf Lipski, Alfred Dreher, Inge Röhre, Norbert Linke ist generell das<br />

Wirken in Deutschland für Vater und Sohn aufgearbeitet. Sicher ist auch, dass „Josef Strauss nur in einer<br />

deutschen Stadt konzertierte, und die ist nicht mehr deutsch“, wie Norbert Linke formulierte. Gemeint<br />

hatte er Breslau.<br />

Und auch die Strauss-Geschichte hier in Coburg ist aufgearbeitet worden und Coburg hat sich ab 1982<br />

auch der Verantwortung gestellt, die deutsche „Johann-Strauss-Stadt“ zu sein, bis hin zum Gedenkstein<br />

im Rosengarten. Allerdings sind die Signale der letzten Monate, ich formuliere vorsichtig, etwas verstörend:<br />

Die Aussetzung des Alexander-Girardi-Gesangswettbewerbes, wahrscheinlich auf endgültig, und<br />

die Kündigung des Neujahrskonzertes des „Alt-Wiener Strauss-Ensembles“ einschließlich der Moderation<br />

durch die beiden Familienvertreter können wir so nicht gutheißen. Coburg ist es regelrecht „in den<br />

Schoß“ gefallen. Aber diese Besonderheit, diese Einmaligkeit, muss auch gelebt werden, finden wir,<br />

denn es ist ein Pfund, mit dem gewuchert werden kann, viel mehr als bisher.<br />

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Weitgehendes Geheimnis sind aber nach wie vor die Konzertreisen von Eduard Strauss, in denen er in<br />

Deutschland solche Kleinstädte, wie Neuwied an der Haardt, Merseburg in der Provinz Sachsen, Schmalkalden<br />

und Friedrichroda im Thüringer Wald oder Köthen in Anhalt besuchte. Erst recht gilt das für die<br />

im damaligen deutschen Osten gelegenen Städte, wie Liegnitz, Posen, Bromberg, Thorn, Elbing oder<br />

Grünberg. Über seine Konzertreisen dorthin sei nichts vorhanden, glaubt man den Anfragen und Antworten,<br />

um die sich vor allem Alfred Dreher bemühte.<br />

Und dass die Eduard-Strauss-Amerika-Reise von 1890 annähernd exakt dokumentiert ist, ist Verdienst<br />

von Jeroen Tempelman durch akribische Arbeit vor Ort in den USA, der aber auch selbst zugesteht, dass<br />

er sich mit der Reise von 1900/1901 überfordert sieht. Die Dokumentationslage für eine detaillierte Suche<br />

sei selbst vor Ort ausgesprochen dünn. Wir können aber stolz darauf sein, dass wir im deutschsprachigen<br />

Raum die 1890er-Reise erstveröffentlichen konnten.<br />

Und bei Johann III., der ja vorwiegend in Deutschland konzertierte, sind noch wesentlich mehr „weiße<br />

Flecken“ als jene zu dessen Vater Eduard vorhanden. Dass er sein 25-jähriges Künstlerjubiläum mit der<br />

„Dresdner Philharmonie“ in Dresden feierte – wer weiß schon etwas davon, es ist selbst lokal in Vergessenheit<br />

geraten. Das ist allein zur „Ortsforschung“ der Sträusse zu sagen, die Joachim Viedebantt mit<br />

seinem ersten Aufsatz wünschte: Ich glaube nicht, dass er dieses z.T. mühselige „Auseinander-Stricken“<br />

je geahnt hat. Und die Straussianer gingen ja noch weiter, wenn ich an Alfred Dreher und z. B. seine<br />

„Gung’l-Forschungen“ denke.<br />

Dass die Briefe von Strauss Sohn in dem zehnbändigen Werk von Prof. Franz Mailer überhaupt erst erschlossen<br />

wurden, dankt er nicht zuletzt seinem „Assistenten“ Alfred Dreher, der in der Danksagung<br />

leider nur als einer unter vielen genannt wird, obwohl er Wochen und Monate dafür opferte. Und die<br />

originalen Bände, die im Dreher-Bestand unseres Archives verwahrt werden, sind voll von Rotstiftkorrekturen<br />

und Anmerkungen. Für weiterführende Forschungen empfehlen sich diese, nicht die Druckfassungen.<br />

Und völlig unabhängig ist auch aus Sicht von Norbert Linke ein „Korrekturband zum Korrekturband“<br />

fällig.<br />

Sein Titel wiederum: „Über die Schwierigkeit, eine Strauss-Biographie zu schreiben“ in Heft 13 der „Flugschriften“<br />

ist zu großen Teilen ebenfalls noch immer nicht beantwortet. Gerade hier ist zu beklagen,<br />

dass Forschungslücken in der Literatur eben nicht klar benannt werden, sondern durch „Plauderei“ geschlossen<br />

werden, unmögliches wird perpetuiert und schließlich aus fünf falschen Büchern das sechste<br />

falsche erstellt. Und Linkes Prophezeiung von 1983 „Eins steht fest: Die Zeit des Abschreibens ist vorbei!“,<br />

das gilt gerade bei Strauss Sohn nicht, wie die letzte erschienene Biographie (Egghardt) dreißig<br />

Jahre danach beweist: Auch diese ist ein „mixtum compositum“ allbekannter Fehler.<br />

Die damals hochumstrittenen, heute jedoch anerkannten Bücher von Norbert Linke – „Musik erobert<br />

die Welt“ und „Zur Arbeitsweise der Naturalisten“ – haben für das „moderne“ Strauss-Bild erhebliches<br />

beigetragen. Und wie wurden Sie gerade in unserer Gesellschaft bekämpft! Nur: Trotz allen Kampfes<br />

„extern“ wie „intern“ – widerlegen konnte und kann sie niemand: Ihre Exaktheit ist heute die Basis für<br />

weitergehende Forschungen.<br />

Musikwissenschaftliche Forschung, soll sie historisch seriös sein, kann sich eben nicht an Emotionalität<br />

orientieren: Oder wussten Sie, dass der wunderschöne Walzer „Du und Du“ nach den Motiven der „Fledermaus“<br />

– op. 367 – historisch exakt heißen müsste „von Eduard Strauss nach Motiven von Johann<br />

Strauss Sohn“? Es spielt hier das hinein, was musikhistorische Forschung, selbst Mailer und Würzl in der<br />

Neuzeit – und Racek damals teilweise und zunächst reichlich ungläubig – nicht so ohne weiteres erkennen<br />

wollten: Das musikalische Erbe von Johann Strauss Sohn ist ein einziges „Teamwork“, etwas, was<br />

erst die heutige Zeit glaubt, für sich entdeckt zu haben.<br />

19


Viel ärgerlicher ist aber, dass gerade das „Bearbeitungsunwesen“ – und heute noch immer – nach wie<br />

vor ärgste Blüten treibt und ein originales Strauss-Konzert auch in Wien kaum noch zu hören ist. Gleichwohl<br />

haben wir mittlerweile doch Chancen, Strauss-Werke im „Goldenen Musikvereinssaal“ zu erleben,<br />

und zwar original vom „Wiener Johann-Strauss-Orchester“. Ich ermuntere Sie, Mitglied in dessen Freundeskreis<br />

zu werden, eine Konzertkarte für eines der beiden Konzerte – Frühlings- oder Herbstkonzert, –<br />

im „Goldenen Saal“ ist Ihnen auf diese Weise garantiert gesichert und einen exzellenten Einführungsvortrag<br />

unseres Ehrenmitgliedes Prof. Helmut Reichenauer im Hotel „Imperial“ gibt es noch gratis dazu.<br />

§ 3<br />

Aufgefordert durch Joachim Viedebantt, uns für werkgetreue Aufführungen einzusetzen, geschah dies<br />

gleich in den ersten Tagen der Gesellschaft durch Hans-Ulrich Barth, Gründungsmitglied der DJSG. Durch<br />

seinen Einsatz wurde die Operette „Eine Nacht in Venedig“ in der durch Fritz Racek erstmals bei<br />

Doblinger veröffentlichten Fassung dieser Operette eingespielt und zwar 1975. Das produzierte einen<br />

Skandal in der gerade gegründeten DJSG. Nach einer geharnischten Kritik in „Flugschriften“, Heft 2,<br />

brachte Hungaroton mit seinem Label „Qualiton“ 1977 die überarbeitete und nun wirklich originale Fassung<br />

von Hans-Ulrich Barth nach Fritz Racek heraus, bereinigt um genau die kritisierten Passagen, leider<br />

nicht in Westeuropa. In Westeuropa blieb es bei dem verstümmelten Werk aus der BASF-<br />

Schallplattenschmiede – und das wunderbare Werk von 1977 ist auch nicht in unserem Strauss-Archiv zu<br />

finden…<br />

In weiterer Folge erschienen dann bei Intercord die ersten LP’s mit bis dahin weitgehend unbekannten<br />

Einspielungen der Musik der Strauss-Dynastie. Auch die CDs des Alt-Wiener Strauss-Ensembles unter<br />

Arthur und Ralph Kulling sind ebenfalls in dieser Richtung zu werten.<br />

Eine Vision ist gleichwohl viel schneller aufgegangen, als Joachim Viedebantt es sich denken konnte.<br />

Durch die Firma Naxos mit ihrem Label Marco Polo wurde das komplette Werk von Strauss Sohn neu<br />

aufgenommen. Und nicht nur das, das von Josef Strauss und das beider Vaters liegen ebenfalls komplett<br />

vor. Beteiligt war unsere Gesellschaft vor allem mit einem meiner Vorgänger im Amt, Arthur Kulling, der<br />

für die Einspielung des Werkes von Strauss Sohn Nachinstrumentierungen besorgte und für die Einspielung<br />

der CD Nr. 15 von Josef Strauss insgesamt am Dirigentenpult stand.<br />

Und Ralph Braun ist hier zu erwähnen, mit dessen Einsatz sowohl der „Simplicius“, als auch „Das Spitzentuch<br />

der Königin“ hier in Coburg auf die Bühne des Landestheaters kamen und der sich zurzeit um<br />

die Ballett-Aufführung von „Aschenbrödel“ am 16. April des nächsten Jahres mit bemüht.<br />

Auch die Ausstellungen, die sich Joachim Viedebantt seinerzeit vorstellte, wurden Wirklichkeit. Das begann<br />

1984 in Griesheim bei Darmstadt, die von Werner Abel organisiert wurde. 1986 wurde von ihm<br />

eine weitere Ausstellung in Duisburg eröffnet, im gleichen Jahr dann in Leinfelden-Echterdingen. Anlässlich<br />

der Strauss-Woche 1987 in Coburg folgte die erste Johann-Strauss-Ausstellung hier in dieser Stadt,<br />

der weitere bis 2012 folgten. Selbst eine Gedenkmedaille brachte die Gesellschaft zum 100. Todestag<br />

von Johann Strauss Sohn heraus. Sogar die Wiederbelebung der Johann-Strauss-Stiftung hier in Coburg<br />

ging von unserer Gesellschaft aus – und gelang.<br />

Und wir konnten gestern exklusiv „im Privatissimum“ miterleben, dass junge Menschen, Thorsten Becker<br />

und Cindy Marinangel eine Idee aufgriffen, die nicht anders auch hier zu Strauss und Coburg gehörig<br />

ist. „Love is an Eternal Waltz“. Mich hat vor allem fasziniert, wie sich junge Menschen an Strauss annähern,<br />

wenngleich die Antwort, wie wir als Gesellschaft diese Generation erreichen, nach wie vor offen<br />

bleibt…<br />

20


§ 4<br />

„Die Familie Strauss ist ein eigener Kosmos, der mit nichts in der Welt vergleichbar ist.“ So bezeichnete<br />

der Dirigent Mariss Janssons einmal sein Verhältnis zur Strauss-Dynastie. Und wie kann dieser am besten<br />

erkundet werden?<br />

Am besten durch vielfältige Kontakte, nicht nur untereinander, sondern auch mit Hilfe Gleichgesinnter<br />

aus Europa und der Welt. Es entspricht auch dem „Aufgabenkatalog“ des „Gründervaters“. Die Liste der<br />

unternommenen Reisen ist lang und beginnt 1983 mit einer Reise, natürlich nach Wien, wohin auch<br />

sonst. 1985 Stockholm, 1989 London, 1993 die erste Paris-Reise – das sind einige der Daten, die sich als<br />

kleine Chronik aufdrängen. Höhepunkte waren aber mit Sicherheit die beiden Reisen 1997 nach Japan<br />

und 1998 nach St. Petersburg. 2007 fand dann die letzte gemeinsame Reise nach Mörbisch statt.<br />

Das bedeutet natürlich nicht, dass es nicht weitere Treffen gab und gibt, es gab Gegeneinladungen auch<br />

hierher nach Coburg, es gab Treffen in Möriken und Dresden und seit nunmehr 12 Jahren die Teilnahme<br />

unserer Gesellschaft rund um die „Tanz-Signale“ des „Wiener Instituts für Strauss-Forschung“, letztendlich<br />

die vielen persönlichen Begegnungen.<br />

Ein „echter Durchbruch“ im Sinne des weitergehenden Aufmerksam-Machens ist dem „Kulturverein<br />

‚Wiener Blut‘“ gelungen. Er eröffnete mutig dieses Jahr das „Museum der Strauss-Dynastie“. Ein Paukenschlag,<br />

an dem unsere Gesellschaft sich ebenfalls mit einbrachte: Kopien relevanter Zeitungsbeiträge,<br />

die Schenkung seiner Plakatsammlung von Werner Abel für dieses Museum, finanzielle Beiträge und<br />

zuletzt das Sponsoring von nicht weniger als vier Hörstationen – eine von Rudolf Maeder/Otto Horber,<br />

eine weitere Urs Stuppan, dann meine Frau und ich, und glänzend neu: „Deutsche Johann Strauss Gesellschaft“.<br />

Das wird uns dort herausstellen, wie es auch für den Neubau der „Staatsoperette Dresden“<br />

dieses Engagement unserer Gesellschaft gibt: An mehr als einem der Stühle im neuen Zuschauerraum<br />

wird ein Name eines Mitglieds stehen – und an (mindestens) einem der Name unserer Gesellschaft.<br />

Ich halte nicht viel von „Symbolpolitik“, aber ich weiß, dass ein „Wirken ohne Symbolkraft“ im Medienzeitalter<br />

wirkungslos ist oder bleibt.<br />

§ 5<br />

Den berühmten „§ 5“ für den fünften Walzerteil überschrieb 1975 Joachim Viedebantt mit „Valse triste“<br />

und erinnerte an die wenige Tage vor dem Erscheinen des ersten Heftes verstorbenen Robert Stolz, Fritz<br />

Racek und Hans Swarowsky. Dieser „valse triste“ ist noch nicht abgeschlossen. Die Strauss-Welt hat solche<br />

Forscherverluste, wie Prof. Franz Mailer und Prof. Würzl, Alfred Dreher und Prof. Nischkauer zu beklagen,<br />

verdiente, hochverdiente Mitglieder der DJSG sind zu früh von uns gegangen, hier sei stellvertretend<br />

an Hubert Köhler und Ingolf Lipski erinnert.<br />

Für einen „valse triste“ sind im Moment eher Dinge entscheidend, über die heute Nachmittag in der<br />

„Jahreshauptversammlung“ gesprochen werden soll und muss, über Nachwuchs und Geschäftsstelle,<br />

und über den noch nicht wieder freigegebenen Internetauftritt und wie es im Vorstand personell weitergeht.<br />

21


Coda<br />

Kommen wir nunmehr zur unvermeidlich jede Walzerfolge abschließenden „Coda“.<br />

Als die „Deutsche Johann Strauss Gesellschaft“ aus der Taufe gehoben wurde, wusste damals niemand,<br />

dass im gleichen Jahr Gesellschaften in Japan – heute die größte der internationalen Strauss-<br />

Gesellschaften – und in Kanada gegründet wurden. Und noch niemand konnte erahnen, dass die Gesellschaften<br />

in Spanien oder Frankreich oder leider auch aktuell in New York sich wieder aufgelöst haben.<br />

So, wie wir heute hier zusammensitzen, und ich darf mich auch noch einmal sehr herzlich für die gesprochenen<br />

Grußworte bedanken, sieht es trotz aller Sorgenfalten trotzdem so aus, als dass wir „unser“ Fest<br />

feiern könnten. Und was gehört unbedingt zu einem Fest, einer Festveranstaltung und einem Festkonzert?<br />

Natürlich, meine Damen und Herren, eine „Festschrift“, so wie sie auch zum 25. Jubiläum der Gesellschaft<br />

hier in Coburg vorgelegt werden konnte. Oder besser: Es gibt gleich zwei Festschriften.<br />

Die eine „Festschrift“ (oder die erste der beiden Festschriften) sieht eigentlich ganz normal aus. Bekannte<br />

Aufmachung, „Neues Leben“, Heft 49. Aber die hier aufgezeigten knapp 90 Seiten sind ausschließlich<br />

Fachbeiträge, die wir hier exklusiv zu unserem Jubiläum publizieren und die es im deutschsprachigen<br />

Raum so nicht gibt. Sie sind entweder exklusiv für dieses Heft geschrieben worden, sie sind uns exklusiv<br />

überlassen worden zur gedruckten Veröffentlichung, oder – und das ist der Hauptbeitrag in diesem Heft<br />

– sie sind bisher einmalig im deutschsprachigen Raum. Jeroen Tempelman, unser New Yorker Freund<br />

hat uns exklusiv sein komplettes Material überlassen, was er über die Reise von Johann Strauss Sohn<br />

nach Amerika 1872 zusammengetragen hat, mit originalem Bildmaterial, mit originalen Berichten aus<br />

den damaligen Zeitungen. Und auch seine abschließenden Forschungen zu den insgesamt elf amerikanischen<br />

Walzern von Strauss Sohn.<br />

Und in weiterer Folge kam es zu einem in seiner Wirkung längst nicht überschaubaren Vorschlag von<br />

Rudolf Maeder: „Straussianerinnen und Straussianer öffnen ihre Fotoalben“. Daraus entstand in vielen<br />

kleinen und großen Schritten ein Doppeltes, das zweite und eigentliche Jubiläumsheft: „Die“ Festschrift<br />

zu unserem 40. Gründungsjubiläum ist gleichzeitig das 50. Heft von „Neues Leben“ geworden. Farbig<br />

waren unsere Hefte immer, stellten sie doch so viele verschiedene Facetten der Strauss-Welt dar, nein,<br />

es ist das erste farbig gedruckte Heft unseres Mitteilungsblattes. Nein: „Magazin für Strauss-Liebhaber<br />

und Freunde der Wiener Operette“, denn ein reines „Mitteilungsblatt“ war es nie.<br />

Wenngleich der Anspruch von Joachim Viedebantt, jedes Jahr zwei Hefte zu veröffentlichen, in dieser<br />

Form nicht umgesetzt wurde, so können Sie mir dennoch glauben: Mit „Rundschreiben“, mit „Bitte<br />

schön“ und auch mit „Telegramme“: Die vorliegende Festschrift würde fast die Nummer 150 tragen.<br />

ZDF, also die „Zahlen, Daten, Fakten“, auf die ich meine Festansprache aufbaute, finden Sie alle hier in<br />

Heft 50 wieder. Und von den uns in der Redaktion zugesandten knapp zweieinhalbtausend Fotos, allein<br />

per Paket rund 15 kg Material, finden Sie etwa 100 in der „Festschrift“ wieder.<br />

Die „Deutsche Johann Strauss Gesellschaft“ blickt zurück auf 40 Jahre, gedenkt vor allem derer, die nicht<br />

dabei sein können oder es nicht mehr können, denkt auch an ihre Geschichte, hat auch ein wenig Angst<br />

vor der Zukunft – wobei es da der Gesellschaft nicht anders geht, als vielen unserer Zeitgenossen, wenn<br />

auch auf völlig anderem Niveau. So bleibt nur noch der obligatorische Schlussakkord in der Coda:<br />

Wir sollten heute uns vor allem freuen, dass wir beisammen sein können: Die Liebe zu Johann Strauss<br />

und seiner Dynastie und der Musik, die ihr entströmte, hat uns zusammengeführt. Coburg hätte es nie<br />

gegeben ohne seine Liebe zu Adele und sein „Konvertitentum“. Und diesen Festakt hätte es nicht gegeben<br />

ohne Joachim Viedebantt, der seinerzeit, 1975, unsere Gesellschaft auf den Weg brachte.<br />

22


Fotoimpressionen von den „Strauss-Tagen Coburg-Stadt und –Land“ 2016<br />

Vorstand der DJSG 2012 - 2015 (v.l.n.r:Albrecht Tauer, Friedhelm Kuhlmann,<br />

Jonas Geelhaar, Dr. Michael Mahlert, Dr. Ingolf Roßberg, Rudolf Maeder)<br />

Klaus Viedebantt, Sohn unseres<br />

„Gründervaters“<br />

Georg Günther und Friedrich-Wilhelm Reuter<br />

Peter Kemp, Ehrenpräsident der JSSGB und<br />

Prof. Helmut Reichenauer im „Münchner Hofbräu“<br />

Dr. Ingolf Roßberg, Dr. Eduard Strauss und Joachim Goslar<br />

(Vorsitzender des Kunstvereins Coburg)<br />

Linkes Bild: Johannes Böck, Rainer Herguth und seine Frau<br />

Edwine, Karin Fodor, Präsidentin der JSF Edmonton/Kanada<br />

und Peter Kemp im „Münchner Hofbräu“<br />

Fotos auf dieser Seite: Peter Kemp<br />

23


Aramis-Trio und die Mus(i)kertiere<br />

Johann-Strauss-Quintett<br />

Besucher im „Riesensaal“<br />

Daxi Pan dirigiert in Neustadt<br />

Auf Grund einer Erkrankung musizierte die „Stadtkapelle Coburg“<br />

ohne Dirigenten, denn Zdenek Fiala (links hinten) spielte<br />

die E-Gitarre selbst…<br />

Jonas Geelhaar und Ingolf Roßberg überreichen<br />

ein Präsent an Prof. Helmut Reichenauer:<br />

Eine Flasche Frankenwein.<br />

Rechtes Foto: Gedenken im Rosengarten<br />

durch die Mitglieder der DJSG<br />

Fotos: Johannes Böck (obere und dritte Reihe),<br />

Ulrich Göpfert (2. Reihe), Peter Kemp<br />

(unten rechts)<br />

24


Offener Brief des Oberbürgermeisters der Stadt Coburg, Norbert Tessmer<br />

Der Oberbürgermeister der Stadt Coburg, unser Mitglied Norbert Tessmer, hat unsere Berichterstattung<br />

zum Neujahrskonzert und dem Wechsel hinsichtlich Orchester und Moderation in Heft 48 (2015, Nr. 1)<br />

nicht unwidersprochen gelassen. In Absprache mit ihm veröffentlichen wir (mit Ausnahme von Betreff,<br />

Anrede und Grußformel) seine Stellungnahme an uns vom 16. Juli 2015 in vollem Wortlaut:<br />

„[… I]n Heft 48 (2015/Nr. 1) […] wird auf Seite 12 eine Email, die mir Rudolf Maeder am 23. Februar<br />

2015 um 22.13 Uhr geschickt hat, als offener Brief veröffentlicht, in dem es um die Veranstaltung „Neujahrskonzert<br />

der Stadt Coburg“ geht. Hierzu möchte ich einige Punkte anmerken:<br />

Im ersten Absatz wird von der „Streichung des Coburger Neujahrskonzerts“ geschrieben. Dies ist<br />

schlichtweg falsch – und hiergegen muss ich mich ausdrücklich verwehren. Von einer „Streichung des<br />

Coburger Neujahrskonzerts“ war von Seiten der Stadt Coburg zu keinem Zeitpunkt die Rede. Fakt ist:<br />

Das Neujahrskonzert der der Stadt Coburg wird nicht gestrichen.<br />

In Absatz zwei wird kritisiert, dass „nach 28 Neujahrskonzerten plötzlich Schluss sein soll“ – auch davon<br />

war von Seiten der Stadt Coburg zu keinem Zeitpunkt die Rede. Fakt ist: Das Neujahrskonzert der Stadt<br />

Coburg hat Tradition und es wird auch weiterhin am 6. Januar in unserem Kongresshaus Rosengarten<br />

stattfinden.<br />

Weiter wird in Absatz drei folgende Frage aufgeworfen: „Wäre es da nicht möglich gewesen, die beiden<br />

Neujahrskonzerte mit etwas gutem Willen zusammenzulegen […]? Etwas Oper, etwas Operette, etwas<br />

Musical, etwas Wiener Musik, also etwas für alle?“ Fakt ist: Genau das hatten wir von Anfang an vor<br />

und über nichts anderes haben wir die bislang beteiligten Parteien Anfang diesen Jahres informiert.<br />

Wir werden ab 2016 die beiden Konzerte – das Neujahrskonzert des Landestheaters Coburg, das bislang<br />

am 1. Januar stattfand, und das Neujahrskonzert der Stadt Coburg, das seit 28 Jahren am 6. Januar stattfand<br />

und auch weiterhin am bewährten und gewohnten Datum stattfinden wird! – zusammenlegen: zu<br />

Gunsten des Termins 6. Januar und der Werke des Bürgers der Stadt Coburg Johann Strauss Sohn.<br />

Doch ab 2016 wird die Stadt Coburg das Neujahrskonzert mit einer anderen Besetzung und Moderation<br />

gestalten – und zwar aus folgenden Gründen:<br />

1. Seit Jahren zwingt uns das Spardiktat, aufgrund leerer werdender öffentlicher Kassen, zu einer verantwortungsbewussten<br />

und vor allem sparsamen Haushaltsführung. Die Entscheidung, künftig nicht<br />

mehr zwei Neujahrskonzerte zu finanzieren, ist uns als Stadtverantwortliche wahrlich nicht leicht gefallen.<br />

Sie haben aber absolut nichts damit zu tun, dass wie Sie schreiben „Coburger Zeitungen nichts Besseres<br />

zu sagen haben, als dass man jetzt etwas für Jüngere machen soll“!<br />

2. Coburg ist eine Kleinstadt mit rund 41.000 Einwohnern und bietet ein kulturelles Angebot, das Sie<br />

selbst in vielen deutlich größeren Städten vergeblich suchen. Mit dem Landestheater Coburg, das allein<br />

im Jahr 2015 6,6 Millionen Euro Budget hat, haben wir ein hervorragend aufgestelltes 3-Sparten-Haus in<br />

unserer Stadt, das zudem Heimat eines hervorragenden und überörtlich anerkannten Philharmonischen<br />

Orchesters ist.<br />

Vor diesem Hintergrund hat sich die Stadtspitze entschieden, das kulturelle Angebot in Coburg vermehrt<br />

aus eigenen Mitteln zu bedienen. Veranstaltungen auswärtiger Dritter, die zudem noch einen erheblichen<br />

Zuschussbedarf aufweisen, sind – und das bedauere ich als Oberbürgermeister und Kulturreferent<br />

sehr – leider haushaltsrechtlich als freiwillige Leistungen zu werten. In der Genehmigung des städtischen<br />

Haushalts, sind wir durch die Regierung aber explizit aufgefordert, gerade diese freiwilligen Leistungen<br />

zurückzufahren, so dass die Streichung dieser Zuschüsse alternativlos war und ist.<br />

25


Im letzten Absatz des offenen Briefes bitten Sie, „die ganze Sache noch einmal gründlich zu überlegen,<br />

denn für Sie und Ihre Stadt steht doch einiges auf dem Spiel.“ Glauben Sie mir, ich bin mir bestens bewusst,<br />

was auf dem Spiel steht und auch der Verantwortung, die ich als Oberbürgermeister und Kulturreferent<br />

der Stadt Coburg trage.<br />

Im Grund müssen Sie erkennen, dass wir unsere Entscheidung durchaus im Sinne des kulturellen Erbes<br />

getroffen haben, das Johann Strauss Sohn unserer Stadt hinterlassen hat und das wir sehr wohl zu<br />

schätzen wissen.<br />

Lassen Sie uns doch einfach positiv in die Zukunft blicken. Ich bin mir absolut sicher, wir erleben 2016<br />

wieder – hoffentlich gemeinsam – ein Coburger Neujahrskonzert, das Johann Strauss Sohn zur Ehre gereichen<br />

wird!<br />

[Grußformel]<br />

Soweit die Stellungnahme von OB Tessmer. Wir haben uns entschlossen, die Rezension des Konzertes am<br />

6. Jan. 2016 direkt anzuschließen:<br />

Coburger Neujahrskonzert nach 28 Jahren im neuen Stil<br />

Das „Alt-Wiener Strauss-Ensemble Stuttgart“ mit der Moderation von Dr. Eduard und Thomas Strauss<br />

sind Geschichte, das Philharmonische Orchester Coburg der Neubeginn<br />

von Manfred Drescher<br />

Zum 29. Mal feiern wir das Coburger Neujahrskonzert und diesmal ist alles anders. Nach 28 Jahren<br />

hat man sich vom „Alt-Wiener-Strauss-Ensemble Stuttgart“ und der Moderation von Dr. Eduard<br />

und Thomas Strauss getrennt und das Philharmonische Orchester des Landestheaters und die<br />

Moderation des Intendanten Bodo Busse als Neubeginn gewählt. Ohne jegliche Wertung sei erst<br />

einmal zu Beginn gesagt, dass die Art und Weise des Wechsels nicht sehr professionell war. Aus<br />

meiner Sicht hätte man den Künstlern, die seit 28 Jahren hier gespielt haben, einen ordentlichen<br />

Abschied gönnen können, indem man ihnen vor ihrem letzten Konzert mitgeteilt hätte, das es<br />

nicht mehr weitergeht. Dann hätte man sich verabschieden können, vielleicht die 28 Jahre noch<br />

einmal Revue passieren lassen, es wäre eine saubere Trennung gewesen.<br />

Oberbürgermeister Norbert Tessmer, begrüßte die Besucher zum vierzehnten Mal. Er begrüßte launig,<br />

ging auf die Hintergründe des Wechsels ein, blieb erfrischend kurz und überbrachte dem praktisch ausverkauften<br />

Haus die Neujahrsgrüße der Stadt.<br />

26


Der Intendant des Landestheaters Coburg, Bodo Busse, übernahm erstmalig die Moderation des Neujahrskonzertes.<br />

Und er tat dies abwechslungs- und kenntnisreich, humorvoll und charmant. Interessantes<br />

verknüpfte er mit Bonmots und gestaltete die Moderation sehr abwechslungsreich. In jedem Fall<br />

eine Moderation, die Spaß machte und dem Publikum auch gefallen hat. An diesem, seinem ersten Moderationstag,<br />

übertrieb Bodo Busse jedoch aus meiner Sicht die Danksagung an die Stadt ein bisschen<br />

und dadurch zog sich die Moderation doch etwas sehr in die Länge. Ich gehe davon aus, dass dies im<br />

nächsten Jahr anders sein wird, denn dann ist es ja nicht mehr der Neuanfang sondern schon Normalität.<br />

Und einen zweiten Hinweis darf ich mir noch erlauben. Da hat man drei exzellente Sopranisten, die<br />

das Publikum begeistern, und dann bekommt jede eine einzige Arie, wobei die letzte der drei diese auch<br />

noch mit ihren beiden Kolleginnen teilen darf. Keine zweite Arie, keine gesungene Zugabe, nichts. Da hat<br />

man doch aus meiner Sicht einiges Potential verschenkt.<br />

Roland Kluttig, der Generalmusikdirektor des Landestheaters Coburg musizierte erstmals in diesem<br />

Rahmen mit seinen Philharmonischen Orchester des Landestheaters. Und er hatte sein Orchester „im<br />

Griff“, ließ es aufblühen, nahm es bei den Gesangseinlagen wohltuend zurück und lebte mit seinem Orchester.<br />

Man merkte ihm am Dirigentenpult richtig die Freude an diesem Vormittag erstmalig das<br />

29. Coburger Neujahrskonzert zu gestalten an. Und sein Orchester folgte ihm ohne Fehl und Tadel.<br />

Man begann mit der Ouvertüre zu „Der Zigeunerbaron“, einem d e r Meisterwerke von Johann Strauss<br />

Sohn, begann vorsichtig zurückhaltend um dann immer stürmischer den herrlichen Walzer musikalisch<br />

auszukosten und riss das Publikum bereits von Anfang an mit. Präzise und schwungvoll, so kann man<br />

das Dirigat bezeichnen. Die Sopranistin Julia Klein sang dann die Arie der Rosalinde „Klänge der Heimat“<br />

aus „Die Fledermaus“. Und sie tat dies mit klarem höhensicherem Sopran, der aufstrahlte und in den<br />

Höhen fein perlte und auch mit Herzblut von ihr dargeboten wurde. Viel Beifall für eine tolle Leistung.<br />

Dann brillierte wieder das Orchester mit dem Csárdás aus „Ritter Pásmán“, welcher flott und schwungvoll<br />

dargeboten wird. Mit Ana Cvetkovic-Stojnic stellte sich die zweite Sopranistin des Konzerts vor. Mit<br />

geläufiger Gurgel, blitzend, wie gestochen dargebotenen Koloraturen bringt sie mit dem „Frühlingsstimmenwalzer“<br />

einen Hauch von Frühling in den nüchternen Saal. Das Orchester beendete dann den<br />

ersten Teil mit den „Rosen aus dem Süden“, welche flockig und zart, aber auch drängend und berauschend<br />

dargeboten werden.<br />

Heute ist nicht der kammermusikalische Strauss, sondern der feurige, durch das große Orchester beseelte<br />

Strauss zu hören. Und durch das große Orchester kommen auch die vier Ungarischen Tänze von<br />

Brahms erst so richtig zum Erklingen und können beeindrucken. Man merkte dem Orchester und seinem<br />

Dirigenten richtig die Freude an, die Pferde hier einmal so recht galoppieren zu lassen. Die dritte Sopranistin,<br />

Nadja Merzyn konnte mit der Arie der Sylva aus „Die Csárdásfürstin“ von Emmerich Kálmán punkten,<br />

die sie temperamentvoll und voller Feuer darbot, wobei am Schluss der Arie ihr beiden Kolleginnen<br />

mit einstimmen. Viel Applaus – und leider war es das dann auch schon mit den Gesangseinlagen. Mit<br />

dem Walzer der Walzer, „An der schönen blauen Donau“ von Johann Strauss beendete das Orchester<br />

leidenschaftlich, schwungvoll und mitreißend den offiziellen Teil des Neujahrskonzerts. Das Publikum,<br />

welches das gesamte Konzert mit starkem Beifall begleitete, hielt es nicht mehr auf den Sitzen. Unter<br />

stehenden Ovationen erklang ein weiterer ungarischer Tanz von Brahms, gefolgt von der Polka „Unter<br />

Donner und Blitz“.<br />

Und als Rausschmeißer fungierte der unverwüstliche Radetzkymarsch von Strauss Vater, der schwungvoll<br />

das Neujahrskonzert beendete. Leider auch hier wieder die schlimme Unsitte – leider vom Dirigenten<br />

noch zusätzlich vom Publikum gefordert – des fürchterlichen Mitklatschens, aber dagegen kommt<br />

man wohl kaum an.<br />

27


Auch wenn die Umstände, die zum Wechsel beim Neujahrskonzert geführt haben, nicht unumstritten<br />

sind, muss man am Ende des 29. Neujahrskonzert feststellen, dass es keinen Einbruch gegeben hat, sondern<br />

dass man sich in jedem Fall auf das Jubiläumskonzert, die 30 Auflage im nächsten Jahr freuen kann.<br />

Ein schönes, ein gelungenes Konzert, welches, wenn man die kleinen Schönheitsfehler ablegt, sicherlich<br />

ein langes künstlerisches Leben vor sich hat.<br />

Fotos: eigene Aufnahmen<br />

Strauss-Ballett „Aschenbrödel“ am 16. April 2016 am Landestheater Coburg,<br />

die DJSG am 17. April mit dem Quartett „Reich an Hall“ im Kunstverein Coburg<br />

Ein besonderes Fest erwartet die Strauss-Freunde, besonders aus Coburg und Umgebung, aber auch aus<br />

der Ferne am Wochenende 16. und 17. April 2016 in Coburg. Am Samstagabend wird im Landestheater<br />

Coburg das nachgelassene (und durch Josef Bayer vollendete und 1901 in Berlin uraufgeführte) Ballett<br />

„Aschenbrödel“ auf der Bühne gegeben. Kartenbestellung über das Landestheater und die Vorverkaufskassen.<br />

Und am Sonntag veranstaltet unsere<br />

Gesellschaft in Zusammenarbeit<br />

mit dem Kunstverein Coburg<br />

eine Konzert-Matinee mit dem<br />

Salonquartett „Reich an Hall“ (Cora<br />

Stiehler, Barbara Eger, Thorsten<br />

Köpke und Fred Ullrich). Die<br />

Künstler aus Bad Reichenhall, die<br />

unser Vorstandsmitglied GMD<br />

Christian Simonis vermittelte,<br />

werden ein anspruchsvollen Programm<br />

„Die Strauss-Dynastie und<br />

ihre Zeit“ mit Werken – neben Strauss (Vater und alle drei Söhne) – von Pamer, Lanner, Gung’l, Schubert,<br />

Wagner und Brahms auf die Bühne bringen. Wir sind dem Kunstverein Coburg dankbar, dass wir<br />

wieder seine Räume nutzen dürfen; der Eintritt ist frei, aber um eine Spende wird gebeten.<br />

28


Bad Reichenhaller Strauss-Tage – Internationales Festival der heiteren Muse –<br />

vom 16. bis 18. Sept. 2016 in Bad Reichenhall<br />

Es musiziert die Bad Reichenhaller Philharmonie,<br />

es dirigiert GMD Christian Simonis, Vorstandsmitglied der DJSG<br />

von Ingolf Roßberg<br />

Die erfreuliche Neuigkeit zuallererst: 18. - 20. Sept. 2016 Strauss-Tage in Bad Reichenhall mit Beteiligung<br />

unserer Gesellschaft. Und das Programm – exzellent:<br />

Freitag<br />

(in Zusammenarbeit mit der internationalen Franz Lehár Gesellschaft):<br />

Der Zarewitsch (halbszenisch),<br />

19.30 Uhr im Theater Bad Reichenhall<br />

Es singen Christina Fercher und Christine Holzwarth, Wongjong Lee und Harald Wurmsdobler, es dirigiert<br />

GMD Christian Simonis, Regie führt Prof. Wolfgang Dosch.<br />

Samstag<br />

(in Zusammenarbeit mit dem Wiener Institut für Strauss-Forschung):<br />

„Was geh‘ ich mich an – Die zwei Gesichter von Johann Strauss Sohn und seiner Familie“<br />

15.30 Uhr im Parkhotel Luisenbad<br />

Gestaltet von Dr. Eduard und Thomas Strauss<br />

Am Samstag, später Vormittag auch die „JHV 2016 der DJSG“ – dazu gibt es gesonderte Einladungen…<br />

Samstag<br />

(in Zusammenarbeit mit der Deutschen Johann Strauss Gesellschaft)<br />

„Die Fledermaus und Eduard Strauss“<br />

19.30 Uhr im Königlichen Kurhaus<br />

Es singen Christina Fercher und Christine Holzwarth, Wongjong Lee, Wolfgang Dosch und Harald<br />

Wurmsdobler, es dirigiert GMD Christian Simonis.<br />

Sonntag<br />

Zitherklänge<br />

„Von Oberbayern bis zum Wiener Wald“<br />

11.00 Uhr in der Konzertrotunde am Kurpark<br />

An der Zither Cornelia Meyer, es singt Wolfgang Dosch, moderiert und dirigiert wird das Konzert von<br />

Christian Simonis.<br />

Und auf unser Kommen freut sich auch die Bad Reichenhaller Philharmonie (unser Mitglied GMD Christian<br />

Simonis 2.v.l.):<br />

29


Große Ehre für unser neues Mitglied und unsere Stipendiatin:<br />

Erster Auftritt von Nina Scheidmantel in New York<br />

Kein geringeres Gebäude dieser Welt, sondern genau die „Carnegie Hall“ in New York, benannt nach<br />

Andrew Carnegie, der das Haus finanzierte, ist auf „unsere“ sympathische Stipendiatin<br />

Nina Scheidmantel aufmerksam geworden. Am 29. Okt. 2016<br />

stellt sie ihr den „Weill-Saal“ (ehemaliger Kammermusiksaal, heute<br />

nach einer Industriellen-Familie benannt, nicht nach dem Komponisten<br />

Kurt Weill –„Dreigroschenoper“ u. a.) für ein Konzert zur<br />

Verfügung.<br />

Nina Scheidmantel privat im<br />

Casimirianum (Coburg, Sept. 2015)<br />

Foto: Peter Kemp<br />

Einmal im Leben eigene Musik in der legendären „Carnegie-Hall“<br />

präsentieren zu können, ist für viele Musiker der Traum des Lebens:<br />

Nina Scheidmantel, seit kurzer Zeit Mitglied unserer Gesellschaft,<br />

nutzt sie und wir drücken fest die Daumen dafür: Solche<br />

Termine sind aber auch, das wissen wir, Termine für die, die auf<br />

Talentsuche sind, oder Vermarktungschancen eines jungen Künstlers/einer<br />

jungen Künstlerin prüfen wollen: Heißt, ohne in der<br />

„Hall“ wenigstens einmal gespielt zu haben, läuft in den USA fast<br />

nichts für eine Karriere im klassischen Bereich, genauso, wie ein<br />

Jazz-Musiker sich seine „Feuertaufe“ in New Orleans abholen<br />

muss.…<br />

Drücken wir deshalb fest die Daumen für sie (und uns) – zumal sie<br />

im Sommer noch eine China-Tournee fest einplant: Alles Gute!<br />

Neue Mitglieder<br />

Wir begrüßen in der „Deutschen Johann Strauss Gesellschaft“ als neue Mitglieder Frau Nina Scheidmantel<br />

aus Seßlach sowie die Herren Prof. Jörg Hugel aus Zürich, Christian Keller aus Gunzenhausen und<br />

Wolfgang Schneider aus Wien.<br />

Verkäufe<br />

Unser Mitglied, Werner Abel bietet folgende Dinge aus seinem reichen Bestand zum Verkauf an:<br />

Ernst Decsey: Johann Strauss – Ein Wiener Buch – Ausgabe von 1923 5,00 €<br />

Die nachfolgenden Fotopostkarten sind zu einem günstigen Preis zu verkaufen, Preis auf Anfrage. Sie sind in sehr<br />

gutem Zustand:<br />

1 x Franz von Suppé<br />

3 x Johann Strauss Sohn<br />

1 x Johann Strauss mit Trauerrand<br />

1 x Johann Strauss Sohn und Johannes Brahms auf der Veranda der Straussvilla in Bad Ischl<br />

1 x Sechs Sträuße aus Wien<br />

Von der Musikmeile in Wien: 3 x Fotos: Joseph Lanner, Johann Strauss Vater und Johann Strauss Sohn<br />

Zum Preis kommen noch (jeweils) die Versandkosten hinzu.<br />

Wer Interesse hat, wende sich bitte direkt an Werner Abel (per Mail: w.l.abel@t-online.de, per Post:<br />

Rüdesheimer Str. 28, 64295 Darmstadt, oder auch telefonisch: 06151/664109, aus dem Ausland bitte die<br />

Deutschland-Vorwahl +49 nutzen).<br />

30


Grüße aus der Musikschule „Avdo Smajlovic“ und<br />

Neuigkeiten aus Visoko (Bosnien und Herzegowina)<br />

Das ganze Jahr 2015 war erfüllt mit Berichten aus der Musikschule „Avdo Smajlovic“ und deren Direktor<br />

berichtet – zumeist per Mail – über viele berührende und anrührende Details, wie unsere Spenden in<br />

dem bettelarmen Land wirklich Hoffnung geben. Das Improvisationstalent – welcher „gelernte DDR-<br />

Bürger“ kennt das nicht – ist ungebrochen, und einfach die Tatsache, dass wir hier an einer wichtigen<br />

Stelle mithelfen, ist eine Grundquelle der Hoffnung: Nein, lehren und anleiten können wir nicht vor Ort,<br />

aber wir können für die Rahmenbedingungen etwas tun.<br />

Zunächst der Bericht des Schulleiters zum nachgeholten Stipendiaten-Konzert, bei dem unser Vorstandsmitglied<br />

Rudolf Maeder in Begleitung von Dr. Otto Horber anwesend war und das Stipendium<br />

nunmehr formal überreichte:<br />

Das Konzert in Visoko<br />

von Armen Skobalj<br />

Nach der Entscheidung der „Deutschen Johann Strauss Gesellschaft“ wurden zwei Schülerinen aus<br />

unserer Schule ausgewählt für das Strauss-Stipendium des Jahres 2014. Das erste Konzert nach dem<br />

vorgegebenen Kriterium wurde in Visoko abgehalten, allerdings ohne die Anwesenheit von Mitglieder<br />

der Gesellschaft. Auch wurden die Stipendien übergeben, und es wurde vereinbart, das<br />

Wiederholungskonzert in der ersten Juliwoche 2015 zu veranstalten. Dem Konzert sollten auch einige<br />

Mitglieder der Gesellschaft beiwohnen und dann die Reststipendien übergeben werden.<br />

Am 5. Juni 2015 fand nun das Konzert statt. Die Stipendantinnen Veronika Bundić (Klavier) und Amina<br />

Džinalić (Geige) hatten freie Wahl, sich zusammen mit ihren Lehrern das Konzertprogramm<br />

auszusuchen, natürlich waren auch Strauss-Werke dabei. Das lokale Fernsehen nahm das Konzert auf<br />

und es wurden Fotos gemacht. Rudolf Maeder hielt einen kleinen Vortrag und erinnerte das Publikum<br />

daran, wie die musikalische Luftbrücke zustande kam und dass sie bis heute Bestand hat. Er spielte dann<br />

ein Potpourri mit Johann-Strauss-Werken.<br />

Ich bedanke mich nochmals bei Rudolf Maeder für sein Auftreten und der „Deutschen Johann Strauss<br />

Gesellschaft“ für die konstante Unterstützung der Schule.<br />

Hinweis: Die Schule hatte 2014 vorgeschlagen, das Stipendium iHv 1000 € zu teilen, je 300 € wurden den<br />

Preisträgerinnerinnen und ihren Familien überreicht und die restlichen 400 € flossen der Schule<br />

insgesamt zu: Dem hatte der Vorstand der DJSG 2014 so zugestimmt.<br />

Nach dem Konzert schrieb der Schulleiter an den ersten Vorsitzenden:<br />

Sehr geehrter Herr Rossberg,<br />

ich melde mich bei ihnen um ihnen den Reisebericht samt den Fotos zu senden. Es war ein sehr schönes<br />

Konzert, die Schüler haben gut gespielt. Ich durfte mit Herrn Maeder und seinen Begleitern schöne Momente<br />

verbringen, über vieles reden und ihnen unsere Kultur näher bringen. Ich bedanke mich nochmals<br />

persönlich bei ihnen und ihrer Gesellschaft für die Unterstützung und die Möglichkeit, unseren besten<br />

Schülern etwas anzubieten, was nicht alle Schüler hier jemals haben werden.<br />

Im Anhang sende ich ihnen wie gesagt, den Reisebericht über unsere Musikalische Brücke und die Fotos<br />

vom Konzert.<br />

Mit freundlichen Grüßen aus Bosnien,<br />

Armen Skobalj.<br />

31


Stipendiatin Veronika Bundić, Schulleiter Armen Skobalj, Rudolf Maeder und Stipendiatin Amina Džinalić (v.l.n.r.)<br />

Als weitere Nachricht des Direktors der Musikschule in Visoko (Bosnien und Herzegowina) erreichte uns,<br />

zu der die DJSG eine Luftbrücke gebaut hat, dass unsere letzte Spende im Juni (Besuch von Rudolf Maeder<br />

in der Schule) wie folgt angelegt wurde: Es wurde ein neuer Klavierstuhl und ein Geigenkasten gekauft.<br />

Während der Urlaubszeit werden die Innenwände der Schule neu gestrichen – das Material dazu<br />

wurde ebenfalls mit unserer Spende erworben. Von dem Geld haben die Schule übrigens noch 10 Päckchen<br />

Gitarrensaiten gekauft („Daddario“, bessere Marke) und 10 Päckchen für die Violinen. Wir sind<br />

sehr froh, dass die Schule in Visoko dank unserer Hilfe in vielen Dingern verbessert werden kann.<br />

Anfang September kam dann die Nachricht: In dieser und der nächsten Woche ist die Phase des Aufbaus<br />

vom Stundenplan, wer wann kommen kann usw. Dann geht der Unterricht auch parallel los. Amina (d. i.<br />

eine unsere Stipendiatinnen) grüßt euch alle recht herzlich. Sie wird dieses Jahr private Geigenstunden<br />

bei einer Professorin in Sarajevo nehmen und sich dann für die Aufnahmeprüfung an der Musikmittelschule<br />

in Sarajevo, Abteilung Violine, vorbereiten. Schicke bitte Grüße an deine Freunde aus Visoko<br />

Die Sammlung am Rande der Strauss-Tage in Coburg erbrachte (umgerechnet) insgesamt 550 €, was den<br />

Leiter der Schule spontan zum Kommentar an Rudolf Maeder veranlasste: Ich muss sagen du und deine<br />

Freunde, ihr seid unaufhaltbar! Ich weiß nicht mehr wie ich […] danken soll!<br />

Wenige Tage später etwas ausführlicher:<br />

„Danke, danke, Worte sind zu wenig. Wir möchten noch eine (gute) Gitarre kaufen zum Ende des Jahres.<br />

Die konnte zusammen mit der noch anderen sehr guten bei Konzerten in der Schule und öffentlichen<br />

Auftritten. Außerdem haben wir vor bei unseren Schulgeigen, die wir den Schülern ausleihen (da sie<br />

immer wieder die Geigengröße wechseln) bessere Schulterstützen von „Wolf“ zu besorgen. Die sind<br />

bisschen teurerer aber sind für die Wirbelsäule sehr gut und die richtige anatomische Entwicklung beim<br />

Geigenspielen überhaupt.<br />

Man weiß nie wie sich ein Kind künstlerisch entwickelt wie z. B. die Amina, oder die heranwachsende<br />

Naida an der Gitarre... Wir behalten sie im Auge den sie wird sicherlich auch im April an dem Wettbewerb,<br />

Kategorie solo Gitarre in Bosnien teilnehmen…“<br />

Und kurz vor Weihnachten: „[…] wir haben schon Pläne, wofür wir das Geld gebrauchen können! Ich<br />

möchte mich bei dir und bei der Gesellschaft ganz herzlich bedanken für die Unterstützung, denn ohne<br />

ihre Hilfe würden wir noch veraltete Möbel und Instrumente benutzen.<br />

Ich wünsche frohe Weihnachten und alles Gute für das neue Jahr.“<br />

32


Aus unseren befreundeten Gesellschaften<br />

„Johann Strauss Foundation“ Edmonton/Kanada<br />

Eine Notiz von Präsidentin Karin Fodor an Rudolf Maeder, uns zur Verfügung gestellt<br />

„Neben dem Beruf sind nun auch die Vorbereitungen für den 41. Johann Strauss Ball am 20. 2. 16 in vollem<br />

Gange. Nur schade, dass Europa so weit weg ist und wenig Hoffnung besteht, jemanden von der<br />

DJSG bei unserem Ball begrüßen zu dürfen. Gerne denke ich noch an Ihre „Plaudereien“ im Kunstverein<br />

zurück. Selten ist es doch, dass es jemand versteht, Information und Musikgenuss so gekonnt zu vereinen.“<br />

Danke, Frau Fodor – und viel Erfolg für Ihren großen Ball am 20. Februar. Herzliche Grüße nach Edmonton!<br />

Ein Bericht folgt in einer unserer nächsten Ausgaben.<br />

„Tanz-Signale“ 10. - 13.März 2016 in Wien –<br />

„2016: Kein Ende einer Epoche! –<br />

100. Todestag von Kaiser Franz Joseph und Eduard Strauss“<br />

Das „Wiener Institut für Strauss-Forschung“ veranstaltet vom<br />

10. – 13. März 2016 wieder ein Symposium mit verschiedenen<br />

Rahmenveranstaltungen. Neben einer „Wiener Vorlesung“ am<br />

Donnerstagabend werden am Freitag und Samstag wieder interessante<br />

Vorträge gehalten, am Samstag wieder beendet durch<br />

eine „Musikalische Akademie“. Am Sonntag gibt es dann wieder<br />

eine Matinee mit den „Neuen Wiener Concert Schrammeln“ und<br />

am Nachmittag dann in den Räumen des Museums der Strauss-<br />

Dynastie der Vortrag „Was geh‘ ich mich an – Die zwei Gesichter<br />

des Johann Strauss Sohn und seiner Familie“. „Was geh‘ ich mich<br />

an“ ist im Übrigen der Titel eines Buches, das der Autor und Ausstellungsgestalter<br />

Robert Dachs, der nicht einmal 60-jährig im<br />

Okt. 2015 in Wien verstarb, und darin erstmalig gesammelt auf<br />

Widersprüchlichkeiten aufmerksam machte.<br />

Familie Strauss in Coburg (Sept. 2015)<br />

Foto: Peter Kemp<br />

Das Gesamtprogramm wie immer unter www.johann-strauss.at.<br />

Frühlingskonzert des „Wiener Johann-Strauss-Orchesters“<br />

am 15. Mai 2016 im „Goldenen Musikvereinssaal“<br />

Neu: Mitglieder der DJSG in Deutschland und der Schweiz mit exklusivem Vorrecht ausgestattet<br />

Dank der Unterstützung und guten Zusammenarbeit mit dem „Kulturverein ‚Wiener Blut‘“ unter seinem<br />

Präsidenten Prof. Helmut Reichenauer haben wir unseren Mitgliedern ein besonderes Vorrecht neu anzubieten:<br />

Ab diesem Jahr kommen wir als „Deutsche Johann Strauss Gesellschaft“ – neben dem Kulturverein<br />

„Wiener Blut“ – dank unserer guten Beziehungen zu diesem Verein in den Genuss eines exklusiven Vorrechtes:<br />

Mitglieder unserer Gesellschaft erhalten garantierten Eintritt zu den Konzerten des WJSO im<br />

„Goldenen Saal“ des Musikvereines in Wien, wenn sie über Prof. Reichenauer (am besten per Mail unter<br />

33


strauss.museum@chello.at) ihre Kartenbestellung aufgeben. Gleichzeitig können sie kostenfrei am Einführungsvortrag<br />

im „Hotel Imperial“ teilnehmen.<br />

Erstmalig gilt dieses Angebot als gleichzeitig herzliche Einladung für Pfingstsonntag, den 15. Mai 2016,<br />

dem Tag des „Frühlingskonzertes“ mit dem Dirigenten Johannes Wildner, und dann wieder für<br />

26. Okt. 2016, am österreichischen Nationalfeiertag, das Jubiläumskonzert „50 Jahre Wiener Johann-<br />

Strauss-Orchester“ unter dem Dirigenten Alfred Eschwé.<br />

12 Jahre „Johann-Strauss-Denkmal“ in Pawlowsk –<br />

Festakt und Festabend des „Johann-Strauss-Klubs St. Petersburg“<br />

Nächster Festakt und Festabend für 9. Juli 2016 geplant<br />

von Ingolf Roßberg<br />

Es ist ein kleiner Verein, der „Johann-Strauss-Klub St. Petersburg/Pawlowsk“ (JSK StP). Der jüngste der<br />

Strauss-Vereinigungen ebenso, den er besteht erst seit drei Jahren. Aber mit dessen Gründung setzte<br />

vor drei Jahren Swetlana Kudzi, eine ehemalige Sopranistin aus dem St. Petersburger Marinskij-Theater,<br />

einen energischen weiteren Punkt in ihrem Projekt „Die Rückkehr von Strauss“ – nicht nur nach Pawlowsk,<br />

sondern wieder in das Gedächtnis der russischen (Musik-) Geschichte. Ein erster – großer – Paukenschlag<br />

war die Errichtung des Johann-Strauss-Denkmals in Pawlowsk 2003. Es steht zwar außerhalb<br />

des Parks und nicht am „Musikbahnhof“ (dessen Konzertpavillon bei der Belagerung Leningrads/St. Petersburgs<br />

1942 durch die Deutsche Wehrmacht zunächst abgebrannt und dessen Reste anschließend<br />

gesprengt wurden): Es kündet von einem großen Durchsetzungswillen zugunsten dieses Projektes…<br />

Die „Österreichisch-Russische Gesellschaft Burgenland/Steiermark“ unter ihrem Vorsitzenden Peter<br />

Presinger war schon 2013 Initiator eines Kontaktes zur DJSG, und die für 2015 – für osteuropäische Verhältnisse<br />

– sehr frühe Festlegung für den 11. Juli 2015 ermöglichte schließlich die Teilnahme an den<br />

„Pawlowsker Treffen“ („Павловские Встречи“). Das Programm für diesen Tag gut gefüllt: Nach Park und<br />

Schlossbesichtigung (im „Schnelldurchlauf“, der Park ist immerhin Europas größter Landschaftspark) der<br />

eigentliche Festakt am Denkmal, verschiedenste Begegnungen in Pawlowsk und schließlich ein großer<br />

festlicher Abendempfang waren geplant. Natürlich waren wir neugierig, sind wir doch als DJSG die erste<br />

der internationalen Strauss-Gesellschaften, die unsere junge Schwestergesellschaft besuchte. Und wir<br />

konnten auch etwas Besonderes im Reisegepäck mitnehmen: Der amtierende Oberbürgermeister der<br />

Stadt Dresden, Dirk Hilbert, übermittelte aus diesem Anlass eine Grußbotschaft an die Stadtbezirksverwaltung<br />

St.-Petersburg-Puschkin und an den „Johann Strauss-Klub St. Petersburg“ und bedankte sich<br />

gleichzeitig für die Unterstützung des „Pushkinskij Rajon“ für diesen Klub. St. Petersburg ist Partnerstadt<br />

Dresdens seit 1961 – und ein weiteres Mosaiksteinchen konnte auf diese Weise hinzugefügt werden.<br />

Bild: Teilnehmer aus der<br />

Reisegruppe aus Österreich,<br />

in der ersten Reihe v.l.n.r.<br />

Ingolf Roßberg (DJSG), Swetlana<br />

Kudzi (Präsidentin JSK<br />

StP), Peter Presinger (Präsident<br />

der ÖRG Burgenland/Steiermark),<br />

Irina<br />

Achmedeeva (unsere Dolmetscherin)<br />

im Park von<br />

Pawlowsk<br />

Fotos: Astrid-Birgit Roßberg<br />

34


Der eigentliche Festakt am Johann-Strauss-Denkmal bestand zunächst<br />

aus kurzen Grußworten von Stadtverwaltung, Kulturverwaltung, und<br />

natürlich auch den internationalen Gästen, übersetzt von der unermüdlichen<br />

Irina. Auch hielt die Direktorin von Schloß und Park Pawlowsk zu<br />

diesem Jubiläum ein Grußwort, erstmalig, so wurde angemerkt. Ihnen<br />

folgte die Niederlegung eines Buketts durch Künstlerinnen des<br />

Marinskij-Theaters, die durch die Ortsbürgermeisterin und den Autor<br />

nach traditioneller Art begleitet wurden – und schließlich ein kulturelles<br />

Programm vier Künstler der des „Marinskij-Theaters“ mit Stücken aus<br />

„Fledermaus“ („Mein Herr Marquis“, „So muss allein ich bleiben“), „Eine<br />

Nacht in Venedig“ („Komm‘ in die Gondel“) und „Zigeunerbaron“<br />

(„Wer uns getraut“): Natürlich mit russischem Text. Und schließlich<br />

folgte zum „Kaiserwalzer“ ein wunderbarer Tanzabschluss, bei dem sich<br />

dann auch, Mitglieder des JSK StP in Kostümen der Jahrhundertwende<br />

beteiligten…<br />

Präsidentin Swetlana Kudzi<br />

Schlag auf Schlag ging es weiter: Ortsfest mit den Ehrenbürgern von Pawlowsk (ganz Pawlowsk feierte<br />

an diesem Tag), offizieller Empfang durch die Rajons-Verwaltung und schließlich abends das „Gala-<br />

Dinner“ im Palast von Pawlowsk mit Tanz und der Aufnahme neuer Mitglieder in den Strauss-Klub. Dabei<br />

stellte sich auch heraus, dass der Klub sich auch über den Tanz definiert – verschiedene Ausprägungen<br />

der Polka waren genauso dabei, wie die unverwüstliche „Blaue Donau“ (nach dem 18. Mal habe ich<br />

mit Zählen aufgehört…). Und schließlich durfte der Autor noch offiziell die „Mitgliedsnadel“ für zwei<br />

neue Mitglieder anheften, was bei einem schulterfreien Rausch aus Tüll und Spitze zugegebenermaßen<br />

einige Probleme aufwirft. Aber Irina, unsere Dolmetscherin (Deutschlehrerin an einem Petersburger<br />

Gymnasium) war die zweite der Neuaufnahmen, der der Autor diese Nadel überreichte.<br />

Der Stolz des „Johann-Strauss-Klubs St. Petersburg“ auf einen solchen Tag war allen anzumerken. Und<br />

wir bekamen für unser „Jubiläumsheft“ Nr. 50 die Zusage einer Grußadresse und die Idee steht im<br />

Raum, ein Symposium auszurichten über Johann Strauss und Pawlowsk – und und…<br />

Es ist noch heute, wie zu Zeiten von Johann Strauss: Wen die Russen ins Herz schließen, der bleibt dort<br />

für immer… Und Peter Presinger von der ÖRG sind wir – für alle befreundeten Gesellschaften – außerordentlich<br />

dankbar, dass er diesen Kontakt herstellte. Alles Gute nach St. Petersburg – und an die ÖRG<br />

nach Österreich!<br />

Tanz „auf der Straße“ in Pawlowsk<br />

Altrussischer Empfang abends im Schloss<br />

35


Fachbeiträge<br />

Ein verschollenes Potpourri von Josef Strauss:<br />

„Romeo und Julie“ von Charles Gounod<br />

von Yumi Wakamiya* (Übers.: Rudolf Maeder)<br />

Letztes Jahr stieß ich in der Österreichischen Nationalbibliothek auf zwei Potpourris von Josef Strauss:<br />

der Oper „Astorga“ (UA Stuttgart 1866) von Johann Joseph Abert (1832 - 1915) und der Oper „Romeo<br />

und Julie“ („Roméo et Juliette“, UA Paris 1867) von Charles Gounod (1818 - 1893). Beide Potpourris erschienen<br />

in der Reihe „Anthologie Musicale (Musikalische Blütenlese)“ im Verlag C. A. Spina. Ich beschäftige<br />

mich in diesem Text mit „Romeo und Julie“, einem Potpourri, das in keiner der bekannten<br />

Werkverzeichnisse erscheint.<br />

Bild 1: Erste Seite des Potpourris von „Romeo und Julie“.<br />

Das Potpourri trägt die Nr. 107 in der Reihe „Anthologie Musicale“ und wurde „arrangirt von Josef<br />

Strauss“, wie man aus der oben stehenden Illustration ersehen kann. Das Erscheinungsjahr ist allerdings<br />

unbekannt. Die Autorin begab sich also auf Spurensuche…<br />

Charles Gounods Oper „Roméo et Juliette“ erlebte ihre Uraufführung am 27. April 1867 im Théâtre-<br />

Lyrique in Paris. Zu dieser Zeit fand in Paris die Weltausstellung statt. Die Oper hatte großen Erfolg und<br />

wurde im Juni in London, im November in Dresden und im Dezember in Mailand nachgespielt. In Wien<br />

fand die Erstaufführung unter der Leitung des Komponisten am 5. Feb. 1868 im Kärntnertortheater<br />

statt. Die Oper hatte auch in Wien Erfolg und wurde zum zweiten Repertoirestück vor Mozarts „Don<br />

Giovanni“, als 1869 wie neue Hofoper eingeweiht wurde.<br />

Es ist interessant, dass die Erstaufführung des Potpourris von Josef Strauss vor der Wiener Premiere der<br />

Oper stattfand. Um dies genau festzustellen, ging ich alte Zeitungen durch und fand im „Neuen Fremden-Blatt“<br />

vom 18. Juni 1867 eine Anzeige für ein „Konzert im Volksgarten von Josef und Eduard<br />

Strauss“.<br />

In dieser Anzeige wurden verschiedene neue Werke und „Auszüge aus Gounods Oper ‚Romeo und Julie‘“<br />

angekündigt. Diese waren der „Hochzeitsmarsch“ (4. Akt, Nr. 18), „Schlummer der Julie“ (5. Akt,<br />

Nr. 21) und das „Schluss-Duett“ (5. Akt, Nr. 22). Diese drei Nummern stammen aus dem zweiten Teil der<br />

36


Oper. Nach den Auszügen aus „Romeo und Julie“ wurden angekündigt: die Barcarole und der Ritterchor<br />

aus Aberts Oper „Astorga“, von Josef Strauss der Walzer „Krönungslieder“ op. 226 und von Eduard<br />

Strauss die Polka-Mazur „Herz an Herz“ op. 27 und die Polka schnell „Kreuz und Quer“ op. 28 (alle erwähnten<br />

Werke waren aber nicht unbedingt Erstaufführungen).<br />

Bild 2: Anzeige für das Konzert am 18. Juni 1867 („Neues Fremden-Blatt“).<br />

Das Potpourri von „Romeo und Julie“ wurde am 18. Juni im Volksgarten mindestens dreimal gespielt.<br />

Am Mittwoch, dem 24. Juli, stand in einer Konzertanzeige als erstes Werk ein „Großes Potpourri aus der<br />

Oper ‚Romeo und Julie‘ von Ch. Gounod (Neue Folge)“, und dann kam die Polka schnell „Im Fluge“<br />

op. 230 von Josef Strauss.<br />

Bild 3: Anzeige für das Konzert am 24. Juli 1867 („Neues Fremden-Blatt“, S. 19).<br />

Das Konzert am 24. Juli war ein Benefizkonzert und ein großes Fest für Josef und Eduard Strauss: Es gab<br />

ein Feuerwerk. Das Potpourri von „Romeo und Julie“ nach der gleichnamigen Oper war von Josef Strauss<br />

und wurde sieben Monate vor der Premiere von Gounods Oper in Wien gespielt. Das Strauss-Orchester<br />

spielte oft Opernmusik, so aus „Tannhäuser“ und „Lohengrin“ von Richard Wagner, vor der Erstaufführung<br />

des Werkes im Theater. Dadurch wurde die Strauss Familie zu den führenden Musikern Wiens.<br />

37


Wir betrachten nun die Situation der Strauss-Familie im Jahre 1867. Es war bekannt, dass Johann Strauss<br />

seine Werke bei der Pariser Weltausstellung dirigieren würde. Er widmete Pauline Fürstin Metternich<br />

den Walzer „Wiener Bonbons“ op. 307, um ihre Unterstützung zu erlangen. Schließlich entschloss er<br />

sich, ohne Orchester nach Paris zu reisen, und ließ das Orchester und seine Brüder in Wien zurück. Johann<br />

Strauss fuhr nach Paris und dirigierte dort das deutsche Bilse-Orchester (der Vorläufer der Berliner<br />

Philharmoniker). „An der schönen blauen Donau“ wurde zur Sensation, und Johann Strauss wurde als<br />

„Walzerkönig“ außerordentlich populär. Der Verlag C. A. Spina, der als Agent von Johann Strauss fungierte,<br />

hatte sein Auftreten in Paris vorbereitet. Spina veröffentlichte in Wien ziemlich rasch viele Werke,<br />

die in Paris aufgeführt worden waren und vom Strauss-Orchester in Wien sofort übernommen wurden.<br />

Man könnte leicht annehmen, dass Johann Strauss und Spina in enger Zusammenarbeit Partituren<br />

austauschten. Das Potpourri zu „Romeo und Julie“ von Josef Strauss wurde auch unter ähnlichen Umständen<br />

geschrieben.<br />

Betrachten wir nun den musikalischen Aufbau der Potpourris: Es umfasst 508 Takte und zitiert sechs<br />

Nummern der Oper. Diese sind die folgenden: 1. Ouvertüre. 2. Ariette der Juliette, „Je veux vivre“<br />

(1. Akt, Nr. 3). 3. Duett von Roméo und Juliette, „Ah! Ne fuis pas“ (2. Akt, Nr. 9). 4. Einleitung zum 2. Akt.<br />

5. Lied des Stéphano, „Que fais-tu“ (3. Akt, Nr. 12). 6. Finale des 3. Aktes „Capulets! Capulets!“ (Nr. 13).<br />

Die zitierten Melodien stammen aus dem 1. bis 3. Akt. Die Ariette der Juliétte ist vollständig vorhanden<br />

(212 Takte). Nichts stammt aus dem 4. und 5. Akt, es sind keine Auszüge dabei, die im Juni im Volksgarten<br />

gespielt wurden.<br />

Kehren wir zurück zur „Anthologie Musicale“ von C. A. Spina. Auf dem Titelblatt der ganzen Reihe erscheinen<br />

alle von Spina veröffentlichten Titel. Wie Illustration 1 zeigt, trägt das Potpourri zu „Romeo<br />

und Julie“ von Josef Strauss die Reihennummer 107. Später erhielt das Potpourri zur Operette „Der Liebeszauber“<br />

von Adolf Müller sen. (1801 - 1886) die Nummer 107, „Romeo und Julie“ verschwand. „Der<br />

Liebeszauber“ war eine Operette, die am 25. Juli 1868 in der „Neuen Welt“ in Wien uraufgeführt wurde.<br />

Es ist ungewöhnlich, dass die Potpourris von „Romeo und Julie“ und „Der Liebeszauber“ die gleiche Plattennummer<br />

C.S 19313 trugen. Normalerweise erhielten verschiedene Werke nicht die gleiche Plattennummer.<br />

Es muss irgendwelche Gründe dafür gegeben haben, dass das Potpourri von Josef Strauss aus<br />

der Reihe entfernt wurde. Um mehr darüber zu erfahren, müssen wir weitere Forschungen abwarten.<br />

*Yumi Wakamiya ist Vorstandsmitglied der Japanischen Johann-Strauss-Gesellschaft. Wir danken ihr herzlich dafür,<br />

dass wir den vorliegenden Beitrag aus Bulletin Nr. 300 (Sondernummer zum 40. Bestehen ihrer Gesellschaft)<br />

hier veröffentlichen können.<br />

Ausstehende Informationen zum Meisterwalzer „An der schönen blauen Donau“ von<br />

Johann Strauss – oder: Vom Geheimnis des melodischen Recyclings<br />

von Norbert Linke<br />

Hat man sich mit raren Informationen zur Entstehung des Meisterwalzers „An der schönen blauen Donau“,<br />

op. 314 von Johann Strauss Sohn bereits zufrieden gegeben? Eine ernst zu nehmende Frage:<br />

Schließlich handelt es sich um „den“ Walzer schlechthin, mit dem Johann Strauss Sohn Weltruhm erlangte<br />

– der neben der „Fledermaus“ und des Vaters „Radetzky-Marsch“ das Österreich des 19. Jahrhunderts<br />

repräsentiert. Für den im Übrigen von der Wiener Presse am 17. Februar 1867 der Welt ein<br />

neuer Begriff geschenkt wurde: „S c h l a g e r“ (Linke 1987, S. 204).<br />

Dieser Begriff wurde von Jetty Strauss begierig aufgegriffen (am 15. Juni 1867 aus Paris, Mailer II, S. 52).<br />

Aber: kein Wort von JSS über seine Entstehung? Keinerlei Bekundungen von Freude und Stolz? Man<br />

vermag es kaum zu glauben…<br />

38


Was wir den bisher vorliegenden Dokumenten entnehmen können, ist kurz zusammengefasst:<br />

- Erfüllung eines Auftrags für die Faschings-Liedertafel des Wiener Männer-Gesangvereins für den<br />

Karneval 1867<br />

- Zusage des MGV-Chormeisters Rudolf Weinwurm, bei der Zubereitung der Chorstimmen dem<br />

Meister behilflich zu sein<br />

- Skizzen Sommer oder Herbst 1866 (Mailer II, Seite 29) bzw. Spätherbst 1866 und Winter 1866/67<br />

(Rubey SEV Seite 478)<br />

- Titelbezug aus einem Gedicht von Karl Beck<br />

- Particell von JSS zur MGV-Probe, Textunterlegung Josef Weyl, Chorstimmen-Einrichtung<br />

Weinwurm<br />

- Uraufführung am 15. Februar 1867 im Wiener Dianasaal – Ausführende: Wiener Männer-<br />

Gesangverein und die Kapelle des IR 42, Leitung: Rudolf Weinwurm<br />

- Im Presse-Echo ein großer Erfolg: ein „Schlager“ (neuer Begriff)<br />

- Uraufführung der alleinigen Orchesterfassung: 10. März 1867 im k.k. Volksgarten mit der<br />

Strauss-Kapelle, Leitung: JSS<br />

- Auslieferung von Drucken:<br />

22.1.1867 (Chorstimmen TTBB)<br />

15.2.1867 erste Klavierausgabe (am Tag der Uraufführung)<br />

11.5.1867 Orchesterstimmen usw.<br />

Der Chormeister des Wiener MGV, Rudolf Weinwurm, stammte aus Scheideldorf im Waldviertel, äußerster<br />

Nordosten von Niederösterreich im Grenzgebiet zu Tschechien und zur Slowakei (1835 - 1911 Wien).<br />

Bis 1850 Hofsängerknabe in Wien, danach Studium der Rechtswissenschaft an der Universität, Universitäts-Musikdirektor,<br />

Direktor der Singakademie und Chormeister des MGV. Auch als Komponist hervorgetreten,<br />

blieb er zeitlebens seinem Förderer Anton Bruckner verbunden. Der Wiener Gelegenheitsdichter<br />

Josef Weyl (1821 - 1895), Journalist und Übersetzer von französischen Bühnenstücken und Operetten,<br />

Verfasser von zahlreichen humoristischen Couplets, hatte seine Beamtenlaufbahn im Waldviertel<br />

begonnen, woher Weinwurm stammte.<br />

Neben diesen allgemein zugänglichen Daten ist eine Reihe von Fragen offen geblieben und bis heute<br />

unbeantwortet.<br />

Zum Beispiel:<br />

- Wie kam es zu der Mitwirkung der Musikkapelle des IR 42, mit der Strauss nicht (bzw. kein zweites<br />

Mal) konzertierte?<br />

- Wer war der Kapellmeister der Militärmusik des IR 42? (bei Mailer und im SEV: Fehlanzeige)<br />

- In welcher orchestralen Stimmenverteilung fand die Uraufführung statt?<br />

- Auf welche autografe Melodie-Skizzen konnte sich JSS stützen?<br />

- Wer zeichnete für die rein orchestrale Zweitfassung mit Introduktion und Coda, die einen Monat<br />

später aufgeführt wurde, verantwortlich?<br />

Über das IR 42 Ernst August Herzog von Cumberland, Herzog zu Braunschweig und Lüneburg, informieren<br />

uns Brixel/Martin/Pils 1982 (S. 335), dass es bereits 1685 eingesetzt war und seinen Standort im<br />

nord-böhmischen Theresienstadt (heute: Terezín) besaß (Foto vom Festungseingang daselbst S. 120).<br />

Die Aufschlagfarbe war orangegelb, die Knöpfe waren weiß.<br />

Als Kapellmeister ist Josef Wiedemann genannt und als Komponist des „Wagram Marsch“ op. 60 (1885),<br />

auch „42-Regiments Marsch“ oder „Grenadier Marsch“ (zu hören auf YouTube) und des „Abschiedsgruß<br />

Marsch“ op. 98 (1896) erwähnt.<br />

Seit 2013 hat Weiteres Elisabeth Anzenberger-Ramminger zugänglich gemacht: im Bericht „Zum<br />

175. Todestag des Militärkapellmeisters Josef Wiedemann – seine Kapelle führte den berühmten ‚Donauwalzer‘<br />

zum ersten Mal auf“.<br />

39


Nach diesen Recherchen wurde Josef Wiedemann am 26. Dez. 1828 in Quitkau (heute: Kvítkov, bei<br />

Böhmisch Leipa, Česká Lípa) geboren – eine Gemeinde im äußersten Norden von Tschechien, im Grenzgebiet<br />

zur Oberlausitz. Bereits als 25-jähriger übernahm er die Leitung der Regimentsmusik des IR 42,<br />

der er von 1854 bis 1896 über 40 Jahre treu blieb. 1866 gelangte die Kapelle (vermutlich infolge des<br />

Kriegsgeschehens von Königgrätz Juli 1866) nach Wien, wo sie bis 1871 stationiert blieb.<br />

Vom Konzert am 24. Aug. 1866 im k.k. Volksgarten stellte Strauss (gemeinsam mit Josef und Eduard) die<br />

Hälfte des Reinertrags den „verwundeten österreichischen und sächsischen Kriegern“ (Rubey SEV Seite<br />

471) zur Verfügung. Mitbeteiligt waren die Königlich sächsische 3. Infanterie-Brigade-Musik Prinz<br />

Georg (Leitung: Wilhelm Berndt) und die Militärkapelle des IR 1 (Leitung: Michael Kaplon). Uraufgeführt<br />

wurde von JSS die Polka-Mazur „Tändelei“, op. 310.<br />

Im Volksgarten und im Wiener Kursalon konzertierte auch die Militärkapelle des IR 42, wobei sich Wiedemann<br />

als beliebter Tanzkomponist (neben Johann und Eduard Strauss sowie Philipp Fahrbach sen.)<br />

einen guten Namen erwarb. Anzenberger-Ramminger zählt von den zahlreichen Tanzkompositionen<br />

Wiedemanns u. a. die „Braunecker-Schäfer-Quadrille“, die „Nachtschwärmer-Polka“ und die Polka<br />

francaise „Maskenball-Rendevous“ auf.<br />

Wir halten es für möglich, dass Strauss im Spätherbst 1866 (siehe oben Nennung Rubey) auf Wiedemann<br />

aufmerksam wurde, als die Vorplanungen mit/für den Wiener Männer-Gesangverein begannen.<br />

Noten I, 10 Seiten, Archiv des Wiener MGV:<br />

Die erste Zusammenstellung von Melodien ergab eine Walzer-Folge (ohne Introduktion) von 8 Teilen,<br />

mit dem Schluss von 9 Takten nach Nr. 4. Auf zehn Seiten mit 12 Systemen im Hochformat hat Strauss in<br />

der Art eines Particells jeweils 4 Systeme zusammengeschlossen: auf 2 Systemen die Melodiefolgen aufgeteilt,<br />

zwei Systeme für die Klavierbegleitung. Die Aufteilung der Melodien erfolgt entweder per Unisono<br />

(2b, 4b), mit Überterz (1b) oder Unterterz (3a), mit Ostinato (2a), zuweilen in Abweichung zur endgültigen<br />

Festlegung (3b, 4a). Die kostbare dialogische Aufteilung des Anfangs 1a ist bereits vorhanden<br />

(siehe auch 3b).<br />

Der Textdichter Josef Weyl schrieb mitten in das Manuskript hinein eine belanglose Erstfassung Fasching<br />

ist da..., die er durchstrich und durch die uns bekannte Version Wiener seid froh ersetzte. Der Text wurde<br />

also den vorgegebenen Melodien unterlegt – wie später in den Operetten. Strauss sorgt sich mit<br />

Nr. 4a um beizuhaltende Pausen für den Bass (?) oder um die rechte Wortfindung in 4b: statt Damen =<br />

Frauen oder gar Mädchen?<br />

Aus dem Manuskript I wurden die Singstimmen mit Text herausgeschrieben und zu den Proben bereitgestellt.<br />

Dass Übrige konnte jedoch wegen der Faulenzer und Abkürzungen („wie früher 12 Takte“ in<br />

Nr. 4a) für den Pianisten nicht verwendet werden.<br />

Noten II, 4 Seiten, Archiv des Wiener MGV:<br />

Strauss wurde um eine vollständige separate Begleitfassung für den Pianisten gebeten.<br />

Nur diese Fassung II, 4 Seiten mit 14 Systemen im Hochformat, Walzer-Nummern 1 - 4 mit dem neuntaktigen<br />

Beschluss, enthält den Vermerk:<br />

Bitte ob der schlechten und unsauberen Schrift um Verzeihung, ich musste binnen weniger Minuten damit<br />

fertig werden. Johann Strauss<br />

Notenblatt III, 2 Seiten, Archiv des Wiener MGV:<br />

Strauss überraschte die Probenden mit einer neuen Nummer 5 (Teile 5a und 5b), die er auf einem Sonderblatt<br />

im Querformat (12 Systeme) vorlegte und die Weyl flugs mit dem Text unterlegte: Selbst die<br />

politischen kritischen Herrn drehen weise im Kreise sich gern... Drum nur zu, tanzt ohne Rast und Ruh.<br />

40


In der Endfassung ist der Walzer-Nr. 5 allerdings noch eine zehn Takte lange „Einleitung“ vorangestellt.<br />

Strauss konnte sein Orchester nicht zur Verfügung stellen, weil in der Karnevalsrevue 1867 rekordverdächtige<br />

„25 Novitäten der Brüder Strauss“ aufzuführen waren (Mailer II, S. 34). Außerdem war Strauss<br />

in den Vorbereitungen für sein Paris-Engagement mit dem deutschen (Liegnitzer) Bilse-Orchester vollauf<br />

beschäftigt. So musste Weinwurm sich nach Ersatz umschauen – wobei die vom k.k. Volksgarten her<br />

bekannte Militärkapelle des IR 42 ihre Chance erhielt.<br />

In welcher Formation die Uraufführung am 15. Februar 1867 erfolgte, erfahren wir aus den Zeitungskritiken<br />

oder von Augenzeugen n i c h t. Es ist nicht einmal klargestellt, ob Strauss und/oder Wiedemann<br />

an der Veranstaltung teilnahmen. Es ist aber davon auszugehen, dass zumindest Wiedemann anwesend<br />

war.<br />

Die Militärkapelle hatte in dem neunteiligen Programm (siehe u. a. bei Anzenberger-Ramminger) bei<br />

vier Teilen mitzuwirken: 1. Ouvertüre für Orchester (?) – 3. Antik? O ne! Moderne Konzertaufführung für<br />

Chor, Solo, Deklamation und Orchester... Musik von Konradin – nach der Pause: 6. AN DER SCHÖNEN<br />

BLAUEN DONAU, Walzer für Chor und Orchester von Johann Strauss (neu) – 9. Die Sängerfahrt nach Peking.<br />

Große lyrisch-romantisch-tragische Operette mit Ballett in einem Akte. Musik von Julius Otto.<br />

Von Interesse sind auch die mitbeteiligten Komponisten:<br />

Konradin, Pseudonym für Karl Ferdinand Kohn (1833 Helenental b. Baden - 1884 Wien), besuchte in<br />

Wien das Polytechnikum, wandte sich aber autodidaktisch der Musik zu. Ab 1859 wirkte er als Komponist<br />

und Kapellmeister, wobei er nicht weniger als 16 Operetten zur Aufführung brachte, u. a. (mit Nestroy)<br />

im Carl-Theater, auch am Theater a. d. Wien (1861 „Der Drachenstein“ 9 mal). Mehrere Libretti für<br />

Konradin schrieb der Wiener Magistratsbeamte Erik Neßl (Pseudonym für Hippolyth Kneißer, 1831 -<br />

1883). Auch in Prag, Olmütz, Brünn, Pest usw. kam es zu Aufführungen.<br />

Ernst Julius Otto, 1804 in Königstein in der Sächsischen Schweiz nahe der tschechischen Grenze geboren<br />

(er starb 1877 in Dresden), war Schüler der Thomaskantoren Johann Gottfried Schicht und Christian<br />

Theodor Weinlig (Lehrer auch von Richard Wagner und Clara Schumann). In Dresden wirkte Otto ab<br />

1830 als Kantor der Kreuzkirche sowie als Dirigent der Dresdener Liedertafel. Für dieses Metier schuf er<br />

zahlreiche Zyklen, auch Oratorien und zwei Opern. Julius-Otto-Denkmäler befinden sich auf dem Platz<br />

zwischen der Dresdener Kreuzkirche und dem Hotel am Altmarkt sowie vor seinem Geburtshaus in Königstein.<br />

Die Militärkapelle des IR 42 war mit der Formation des Strauss-Orchesters nicht vergleichbar. Wenn<br />

auch die Nordböhmen (zum Teil) eine volle Streichergruppe integrieren konnten, so stand doch die<br />

„Harmonie“ (= Bläsergruppen mit Schlagzeug) absolut im Vordergrund. Bei der Unterschiedlichkeit von<br />

Militärkapell-Besetzungen wäre vorauszusetzen, dass am besten über die konkrete Formation der jeweilige<br />

Militärkapellmeister Bescheid wüsste. Dies legt nahe, dass die Instrumentation (bei der bekannten<br />

Schwäche von Strauss im Umgang mit transponierenden Instrumenten) vom Komponisten Josef Wiedemann<br />

besorgt sein könnte – etwa in der Art, wie Josef Kaschte am 1. Aug. 1867 sie für die Militärkapelle<br />

des IR 21 abgeschrieben oder rekonstruiert hat (siehe Österreichische Nationalbibliothek Wien<br />

Mus. Hs. 20.939). Kaschte war ebenfalls Komponist (u. a. „Schwarzenberg Marsch“).<br />

Möglich ist aber auch, dass der für Strauss seit 1844 instrumentierende Militärkapellmeister des IR 12<br />

und Komponist Johann Proksch bei der Instrumentation tätig geworden war oder mitgeholfen hat.<br />

Proksch besorgte in jenen (jeden Kapellmeister überfordernden) Tagen auch die Instrumentation der<br />

drei Tage zuvor im Sophiensaal uraufgeführten Walzer „Telegramme“, op. 318 (siehe SEV S. 494: hand-<br />

41


schriftliche Partitur ORF 2638), für die ebenfalls eine Partitur für Militärmusik vorliegt (Wn Mus. Hs.<br />

20.933).<br />

Wir werden diese offene Frage später noch einmal aufgreifen (siehe unten).<br />

Wichtiger als die Frage der Instrumentation, für deren Einrichtung im Winter 1866/67 nur wenig Zeit zur<br />

Verfügung stand (Gesamtproben einberechnet), interessiert uns die Frage der Herleitung der Walzer-<br />

Motive von Strauss. In dieser Hinsicht kann uns die Auskunft „AUTOGRAPHE / Skizzen: Unbekannt / Partitur:<br />

Verschollen“ (SEV S. 478) nicht genügen.<br />

Für viele der Strauss-Werke haben Godel, Rubey und Linke Belege im sog. Skizzenbuch (Opera 1 bis 423)<br />

ausfindig gemacht. Für die Walzer op. 314: Fehlanzeige. Die Rückseiten der Generalbassübungen von<br />

1843 können ebenfalls keine adäquaten Melodieentwürfe zur Verfügung stellen (Opera 136 bis 189:<br />

Wienbibliothek Musiksammlung MHc-12896). Naheliegender wäre die Einblicknahme in die beiden Seiten<br />

von MHc-7753 mit mehr als 100 Walzerentwürfen, verwendet in den Opera 252 bis 418. Auch hier:<br />

Fehlanzeige.<br />

Erstaunlich: Auf all den genannten Melodie-Sammlungen tauchen Motiv-Spuren für die Walzer op. 314<br />

n i c h t auf.<br />

Hier gilt es zu berücksichtigen, dass Übernahmen nach vorausgehenden Skizzen nicht die einzige Art<br />

war, wie Strauss Melodien beschaffte. Wir kennen zwar seine Möglichkeit, für alle Musikteile eines<br />

Werkes das (fast) vollständige Repertoire dem Skizzenbuch zu entnehmen – z. B. für die Opera 3, 9, 30,<br />

100. Wir kennen aber auch seine Möglichkeit, edierte Melodien abermals zu verwenden – z. B. 5a aus<br />

„Faschings-Lieder“, op. 11, wiederholt in den Walzern „In´s Zentrum“, op. 387: 2b.<br />

Oder: Melodien des Vaters zu übernehmen bzw. variiert weiter zu entwickeln – des Vaters Nummer 1b<br />

aus „Gute Meinung für die Tanzlust“, op. 34, erweitert zu des Sohnes „Künstlerleben“, op. 316: 1a (Linke<br />

1987, S. 332 u. a.).<br />

In Rechnung zu stellen haben wir das Vermögen von Strauss, edierte Motive oder Melodieteile erneut<br />

aufzugreifen und zu wahrer Pracht zu entfalten. Man vergleiche nur „Die Extravaganten“, mit „Geschichten<br />

aus dem Wienerwald“: die Anfangstakte von op. 205: 3a (As-Dur) und ihre Erweiterung zu op. 325:<br />

1a (F-Dur) – oder „Aus den Bergen“ mit „Kaiser-Walzer“: die acht Takte von op. 292: 2a (B-Dur) mit ihrer<br />

profilierteren Erscheinung in op. 437: 2a (As-Dur).<br />

In dieser Hinsicht bilden die 10 Melodien von „An der schönen blauen Donau“ eine absolute Ausnahme<br />

und Sonderstellung: da a l l e 10 Motive schon irgendwie bekannt waren und (nur) recycelt wurden:<br />

1a aus op. 268: 5a<br />

1b aus op. 268: 5b<br />

2a nach op. 314: 1a<br />

2b aus op. 265: 4b (ggf. MHc-7753: I/18)<br />

3a aus op. 251: 3a<br />

3b aus op. 105: 2b<br />

4a aus op. 268: 2b<br />

4b aus op. 251: 5a<br />

5a aus op. 268: 3b<br />

5b aus op. 215: 5a<br />

Dass vier Melodien den Walzern aus der „Wiener Chronik“, op. 268 nachgestaltet wurden, überrascht<br />

nicht nur wegen der erweiterten Ausformung im Hauptwalzer 1a (dessen Motive noch in 2a als Ostinato<br />

weiter verwendet wurden).<br />

42


Daneben bezog sich Strauss auf Motive der „Klangfiguren“, op. 251 (3a „Donau“ 3a und 5a “ Donau“<br />

4b), der „Fünf Paragraphe aus dem Walzer-Codex“, op. 105 (2b „Donau“ 3b), der Walzer „Gedankenflug“,<br />

op. 215 (5a „Donau“ 5b) und „Motoren“ op. 265 (4b „Donau“ 2b).<br />

Eins dieser Werke (op. 215) war 1858 in Pawlowsk uraufgeführt worden. Drei Werke im Wiener Sophiensaal<br />

(op. 105 Juristenball 1852; op. 251 Technikerball 1861 und op. 265 Technikerball 1862). Im<br />

Dianasaal wiederum, Stätte der Uraufführung von op. 314, waren am 3. März 1862 bei einem Benefiz-<br />

Konzert der Strauss-Brüder die Walzer „Wiener Chronik“, op. 268 erstmals dargeboten worden. Ihr entnahm<br />

Strauss die vier Motive zu 1a, 1b, 4a und 5a – im Vertrauen darauf, dass nach beinahe 5 Jahren<br />

von einem anderen Publikum keiner der neuen Hörer die Verwandtschaft von Melodien feststellen würde.<br />

Für die besondere Vorgehensweise von Strauss haben wir als mögliche Begründung zwei Versionen<br />

anzubieten (nicht nur alternativ). Zum einen: Er hatte vorhandene Melodiesammlungen bereits hinreichend<br />

ausgewertet – aus dem Skizzenbuch für „Künstlerleben“, op. 316, die Motive 1a und 2b; aus der<br />

Walzersammlung MHc-7753 für „Bürgerweisen“, op. 306, die Motive 2b, 3a, 4a, 4b – für „Wiener Bonbons“,<br />

op. 307, das Motiv 1a usw.<br />

Zum anderen: Der Verlegerwechsel Ende 1863 / Anfang 1864 von Haslinger zu Spina (erste Edition:<br />

„Morgenblätter“, op. 279) hatte Strauss unter vermehrten Erwartungsdruck gesetzt. Er glaubte, ihm nur<br />

standhalten zu können, indem er neue Wege beschritt, indem er durch Anleihen beim Vater sein melodisches<br />

Repertoire zu verbreitern trachtete – vgl. in den „Morgenblättern“, die Melodie 2a mit des Vaters<br />

Melodie 4a der „Österreichischen Jubelklänge“, op.179 (Linke 1987, S. 239, 226ff.).<br />

Auf diesem Wege fortschreitend, bedeutete das Aufgreifen und Fortwickeln eigener Melodien den Vorteil,<br />

dass er auch auf die Instrumentationen der recycelten Melodien zurückgreifen konnte, die ggf. nur<br />

wenig zu ergänzen waren. Man vergleiche (als ein Beispiel) die Instrumentation von op. 251: 3a der<br />

„Klangfiguren“ (Kraus-Partitur MHc-12221) mit jener von op. 314: 3a „An der schönen blauen Donau“ –<br />

etwa die Bassstimme (Strauss-Kapelle Kraus-Stimme MHc-12199):<br />

G (4-mal) = A (1-mal) = d (1-mal) = g = G<br />

G (6-mal) = A (2-mal) = d (2-mal) = g = G<br />

Neben dem bekannten Merkmal der Erweiterung bei den drei ersten Positionen stimmen alle Grundpositionen<br />

überein. Dabei konnte sich Strauss – im einen wie im anderen Falle – auf den Kopisten und Arrangeur<br />

Georg Kraus verlassen. Kraus war Kontrabassist der Strauss-Kapelle, geboren 1812, wohnhaft<br />

Altlerchenfeld 116 (siehe Jäger-Sunstenau Dok. 13).<br />

Kraus schrieb die Stimmen zu op. 314 für die Strauss-Kapelle (MHc-12199). Kraus hatte aber auch die<br />

Partituren für die Opera 251, 265, 268 besorgt, denen Strauss seine Melodien für die Walzer „An der<br />

schönen blauen Donau“ entnahm. Die Partituren der Opera 251 und 265 sind sogar von Kraus signiert.<br />

Es liegt folglich nahe, Georg Kraus auch als Einrichter der Partitur der instrumentalen Walzer-Folge<br />

op. 314 zu benennen, der im Rückgriff auf die Instrumentationen der recycelten Nummern und des bei<br />

der Uraufführung verwendeten Materials tätig geworden ist.<br />

Das zur Uraufführung bereitgestellte Material (noch ohne Introduktion und ohne Coda) konnte relativ<br />

leicht aus dem von Strauss für den Wiener MGV geschaffenen Vorlagen (Klavier-Begleitstimme Noten II<br />

Archiv MGV, Melodien in den von Weinwurm bereinigten Chorstimmen nach Noten I und Noten III Archiv<br />

MGV) geschaffen werden. Als zusammenstellende Arrangeure kommen infrage: die Militärkapellmeister<br />

Josef Wiedemann (IR 42) und Johann Proksch (einst IR 12).<br />

Es ist durchaus möglich, dass die Genannten auf die von Kraus geschriebenen Partituren zurückgegriffen<br />

oder gar mit Kraus zusammengearbeitet haben. Für die Militärkapelle des IR 42 waren freilich die zahl-<br />

43


eichen transponierenden Blasinstrumente zu beachten, über deren spezielle Einrichtung weder Strauss<br />

noch Kraus verfügten. Dieses Material gilt – leider – als „Verschollen“ (Rubey SEV Seite 478).<br />

Die Uraufführung der reinen Instrumentalfassung fand am 10. März 1867 mit der Strauss-Kapelle unter<br />

Leitung von Strauss im k. k. Volksgarten statt. Das Echo der Zuhörer war enorm: „Aufrichtige Begeisterung!“<br />

(Anmerkung des ersten Spielers der 2. Violinengruppe auf der von Kraus geschriebenen Stimme<br />

MHc-12199).<br />

Hierzu kamen auch erstmals die „Einkleidungen“ mit Introduktion und Coda zum Zuge, für die Strauss<br />

zumindest Particelle erstellt haben dürfte. Ob ihrer poetischen Effekte sind diese Teile höchst wirkungsvoll,<br />

kompositorisch allerdings von bewundernswerter Schlichtheit.<br />

Die Introduktion beginnt mit flimmernden Streichern und einem leisen Anspielen des Walzers 1a.<br />

Bass: nur Töne e und d. Im zweiten allmählich anlaufenden Teil bedient der Bass den stets wiederholten<br />

Ton a (mit Ausnahme der letzten Überleitungstakte).<br />

Die Coda beginnt mit einer Art Durchführung des Motivs 3a (Bass 14 Takte Ton a). Danach wird 2a<br />

wortgetreu vollständig zitiert. Nach 16 Überleitungstakten folgen Walzer 4a (wortgetreu) und eine Überleitung<br />

von 11 Takten. Den Schlussteil mit langsam-wehmütig vorgetragenem Hauptthema 1a einschließlich<br />

des Stretta-Abschlusses bedient der Bass ausschließlich mit dem Ton d (16 Takte arco, 12<br />

Takte pizzicato, 11 Takte arco).<br />

Mit derartiger Bordunbass-Befestigung (Orgelpunkt) des Grundtons d hat Strauss ein schlichtes Mittel<br />

verwendet, dass als volkstümlich verhaftet weltweit verbreitet ist, aber auch Anklänge (Erinnerungen)<br />

an die Musik der Vergangenheit zulässt.<br />

Zu beachten ist, welche Melodien Strauss in Introduktion und Coda zur Wiederholung stellt: Es sind allein<br />

die Melodien 1a, 2a und 4a nach den Walzern WIENER CHRONIK op. 268 (5a, 2b). Auf dem Titelblatt<br />

der Klavierausgabe Haslinger 12.752 sind die Wiener Komponisten Johann Nepomuk Hummel, Ferdinand<br />

Gruber, Joseph Wilde, Michael Pamer, Joseph Lanner und Johann Strauss/Vater als Vorläufer von Strauss<br />

verzeichnet. Somit verdichtet sich der Eindruck, Strauss habe unter (verdecktem) Verweis auf die Walzer<br />

„Wiener Chronik“ und mit der Übernahme von vier Melodien die Walzer „An der schönen blauen Donau“<br />

zu einer Art Vermächtnis, zu einer Art Geschichte der Wiener Walzer-Produktion promovieren<br />

wollen.<br />

In solchem Zusammenhang wäre die Methode des melodischen Recycelns eine nahe liegende Kompositionsmethode.<br />

In den anliegenden notengetreuen Gegenüberstellungen sind die unterschiedlichen Möglichkeiten der<br />

Weiterverwendung im Opus 314 festgehalten:<br />

1a aus op. 268/5a: Transponiert von Es-Dur nach D-Dur. Jeweils vier Takte werden (erweitert) insgesamt<br />

sechsmal aufgegriffen und mit sechs Haltetönen zu nachschlagendem dim dim / dom dom kontrastiert.<br />

Die vier Nachschlagtöne sind in den Vorlage-Takten 4 und 8 bereits rhythmisch vorgeprägt.<br />

1b aus op. 268/5b: Transponiert von c-moll nach h-moll. Dem zu vier Takten erweiterten Anfangsmodell<br />

(Takte 1 und 2) werden vier Takte echo-artig angeschlossen, in denen die Schlussformel von 1a (fis ><br />

e / h > a) wörtlich aufgegriffen und um das Doppelte erweitert ist.<br />

2a nach 1a: Das nachschlagende dim dim / dom dom (eine Folge von Takten 7 und 8 aus op. 268/5a)<br />

ist zu einem Ostinato verdichtet, wobei die Reihenfolge von 1a (a a / fis fis – a a / g g) nunmehr vertauscht<br />

und verkürzt auftritt (a g usw. – a fis usw.).<br />

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2b nach op. 265/4b: Die achttaktige Vorlage wird auf das doppelte Maß erweitert, indem die ersten<br />

vier Takte wiederholt und die Fortsetzung Takte 5/6 sowie 7/8 der Vorlage zu zwei unterschiedlichen<br />

Schlussformeln von jeweils vier Takten verarbeitet sind.<br />

3a nach op. 251/3a: Die Vorlage erscheint umrhythmisiert beinahe wörtlich abgegriffen, durch zweitaktige<br />

Einschübe ergänzt (Strauss: Takte 5/6 = Wiederholung von Strauss Takte 1/2; Strauss: Takte 9/10<br />

= Umspielung von Takt 6 der Vorlage).<br />

3b nach op. 105/2b: Transponiert von B-Dur nach G-Dur. Eine beinahe wörtliche Umsetzung in vereinfachtem<br />

Maß (4 mal je 4 Takte), wobei die Spitzentöne g und h in zweimaligem Anlauf (d – g – d – h)<br />

erreicht werden.<br />

4a nach op. 268/2b: Transponiert von G-Dur nach F-Dur. Eine sehr interessante Bearbeitung. Zunächst<br />

greift Strauss von den Terzen der Vorlage die untere Stimme auf und wiederholt die Takte 3 und 4, danach<br />

bringt er die Originalversion mit der Oberterz (ohne wiederholte Takte).<br />

4b nach op. 251/5a: Ein Spiel mit unterschiedlich verankerten Wiederholungen. Takt 1 der Vorlage<br />

wird zu zwei Takten gedehnt und sofort wiederholt. Takte 3 und 4 werden dagegen verkürzt und zu einem<br />

Takt zusammengezogen. Die anschließende 2-mal zweitaktige Sequenz ist zu einer bloßen Wiederholung<br />

(2-mal zwei Takte) vereinfacht.<br />

5a nach op. 268/3b: Transponiert von D-Dur nach A-Dur. Die beiden Harmonien 2-mal A und 2-mal D<br />

erscheinen vertauscht und auf das doppelte Maß gedehnt: Takte 3/4 der Vorlage (D-Dur) zuerst (mit<br />

zwei Takten Anhang) und dann Takte 1/2 der Vorlage (A-Dur) zu den Takten 5/6 mit Anhang.<br />

Der Austausch von skizzierten Teilen oder Motiven hat Strauss bereits von Anfang an praktiziert – siehe<br />

Skizzenbuch Melodie op. 7: 5a Seite 3, erweitert auf Seite 4 zur Fassung a und Fassung b (durchgehende<br />

Achtel); im Druck erschien der Walzer 5a in der Reihenfolge Fassung b (Achtel) – Fassung a.<br />

5b nach op. 215/5a: Den Pawlowsker Walzer von 1859, der etwas uneinheitlich wirkte, formte Strauss<br />

mehr als 7 Jahre später entschieden fasslicher.<br />

Er beginnt nun mit Takt 3 der Vorlage. Der ursprünglich zweitaktige Vorspann ist viermal zu einer Zwischenformel<br />

(vier Achtel) verwertet worden. Die Vorlage-Figur Takte 3 und 4 ist exakt in einen Umtausch<br />

versetzt (erst Stottereffekt, dann gehaltene lange Note). Die Takte 13/14 der Vorlage sind verlagert<br />

worden: Mit den neuen Takten 27/28 ist der Höhepunkt durch Oktavierung (Höherverlegung) gewonnen.<br />

Vor allem die volle Identität des in der Mitte verankerten Bass-Sekundgangs in Viertelnoten e<br />

fis gis a h (oktaviert) unterstreicht, dass Strauss die Melodie op. 215/5a tatsächlich weiterverwendet<br />

hat.<br />

Mit diesen Beispielen haben wir wahre Muster des taktischen Vorgehens von Strauss erkundet: das melodische<br />

Recyceln als eine (weitere) Möglichkeit für umfassende Genialität.<br />

Mit 16-taktigen Walzer-Einfällen war Strauss von Anfang an (bereits auf Seite 1 seines Skizzenbuchs)<br />

bestrebt, seinem Vater Paroli zu bieten. Dies hat er später – aus Anlass seines 50. Berufsjubiläums – mit<br />

den Worten bekannt, die am 15. Oktober 1894 im „Fremden-Blatt“ zu lesen waren (Mailer VII, Seite<br />

272f.):<br />

Die Auszeichnungen, die mir heute zuteil geworden sind, verdanke ich wohl zunächst meinen Vorgängern,<br />

vor allem meinem Vater. Sie haben mir angedeutet, auf welche Weise ein Fortschritt<br />

möglich ist, er war nur möglich durch die Erweiterung der Form, und das ist mein Verdienst...<br />

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Dass Strauss Einfälle seines Vaters aufgriff und wenig verändert zum erneuten Hören brachte, verwundert<br />

weniger als die Tatsache, dass er eigene veröffentlichte Melodien erneut vornahm und erweiterte.<br />

Die Erweiterung der Form ist hier als Hauptbestreben von Strauss dokumentierbar geworden, wobei die<br />

enorme Vielfalt an Möglichkeiten zur Erweiterung bewundernswert erscheint.<br />

Dies ist eine eigene, besondere Sparte der Kreativität – zugehörig der Kreativität des Melodie-Finders<br />

und Erfinders Strauss. Bislang war für Musiker/Musikologen/Musikforscher schlicht undenkbar, was<br />

Strauss mit den Melodien zum Walzer „An der schönen blauen Donau“ op. 314 – unverkennbar mit<br />

enormem Erfolg – geleistet hat: in allen 10 Melodien das vollständige Recycling längst verwendeter Walzernummern.<br />

Zum Abschluss noch ein Wort zur Frage, woher der Verfasser das Recht nähme, die Fähigkeit (auch) zur<br />

bindenden Instrumentation unserem Meister Strauss abzusprechen. Wie oben dargelegt, trauen wir<br />

dies bei der Uraufführungs-Formation (Militärmusik) am ehesten Josef Wiedemann und Johann Proksch<br />

zu, bei der reinen Instrumental-Formation für die Strauss-Kapelle dem Arrangeur Georg Kraus.<br />

Wir wollen nicht länger spekulieren, sondern Strauss selber sprechen lassen. In dem Schreiben vom<br />

11. Februar 1870 an seinen Verleger Spina beteuert Strauss zur Partitur der Walzer „Neu-Wien“, op. 342<br />

u. a.:<br />

…überhaupt so ungern ich´s tue hab ich mir vorgenommen die Arrangements künftig hin selbst zu<br />

übernehmen.... Meine Zeit erlaubt die Arbeit schnell zu Ende zu bringen – ja das Klavierarrangement<br />

bevor ich die Partitur zu schreiben beginne…<br />

Tatsächlich ist diese Partitur, von Strauss eigenhändig und vollständig geschrieben, erhalten geblieben<br />

(Wst MHc-398/c). So können wir Mailers Aussage bestätigen (II, Seite 142f.):<br />

Johann Strauss hatte also nunmehr sowohl Muße als auch Lust, seine Karnevalskompositionen<br />

selbst zu arrangieren bzw. in Partitur auszuschreiben. Letzteres (das Partiturschreiben, N.L.) hatte<br />

er in den vergangenen Jahren den Kopisten (z. B. Kraus, N.L.), das Arrangieren (von Klavierausgaben<br />

u. a., N.L.) aber dem Verleger Carl Haslinger und seinen Mitarbeitern, später den Mitarbeitern<br />

des Verlegers Carl Anton Spina überlassen.<br />

quod erat demonstrandum<br />

Benutzte und zitierte Literatur<br />

- Norbert Linke: Musik erobert die Welt, Wien 1987.<br />

- Franz Mailer: Johann Strauss (Sohn) – Leben und Werk in Briefen und Dokumenten, Bd. II, Tutzíng 1986.<br />

- Norbert Rubey – in: Wiener Institut für Strauss-Forschung (Hg.): SEV Heft 7, Tutzing 1997.<br />

- Allgemeine Deutsche Biographie ADB, diverse Lexika und Nachschlagewerk (Rudolf Weinwurm, Josef Weyl,<br />

Ernst Julius Otto, Konradin, Erik Neßl).<br />

- Brixel, Eugen / Martin, Gunther / Pils, Gottfried: Das ist Österrreichs Militärmusik, Graz Wien Köln 1982.<br />

- Elisabeth Anzenberger-Ramminger: Zum 175. Todestag des Militärkapellmeisters Josef Wiedemann – seine<br />

Kapelle führte den berühmten „Donauwalzer“ zum ersten Mal auf. In: Blasmusikforschung, Mitteilung des<br />

Dokumentationszentrums des Österreichischen Blasmusikverbandes – Nr. 7 – Dezember 2013.<br />

- Archiv des Wiener Männer-Gesangvereins: Musikvereinsgebäude, Bösendorfer Str. 12, A-1010 Wien I.<br />

- Wst mit MH-Nummern: Wiener Stadt- und Landesbibliothek, Musiksammlung – jetzt: Wienbibliothek im Rathaus,<br />

Musiksammlung.<br />

- Norman Godel: Secrets Of A Sketchbook, Portsmouth (London) 1990.<br />

- Ernst Hilmar (Hg.): Johann Strauss (Sohn) – Sämtliche Werke in Wiedergabe der Originaldrucke, 3. Band Opera<br />

101-200, Tutzing 1991.<br />

- dito 5. Band Opera 201-300, Tutzing 2000.<br />

- dito 7. Band Opera 301-479 und o. Op., Tutzing 2001.<br />

- Hanns Jäger-Sunstenau: Johann Strauss – Der Walzerkönig und seine Dynastie, Wien 1965.<br />

- Franz Mailer: Johann Strauss (Sohn) – Leben und Werk in Briefen und Dokumenten, Bd. VII, Tutzing 1998.<br />

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Mittelblatt zum Ausheften<br />

Die „Deutsche Johann Strauss Gesellschaft“ freut sich über neue Mitglieder jederzeit.<br />

Die Mitgliedschaft beinhaltet:<br />

Kostenfreier Bezug des Magazins „Neues Leben“ mit 2 bis 4 Ausgaben pro Jahr<br />

10 % Ermäßigung auf alle Eintrittspreise bei Veranstaltungen der DJSG<br />

Sichere Teilnahme am „Neujahrskonzert“ in Coburg (ebenfalls 10 % Ermäßigung)<br />

Gesicherte Teilnahmemöglichkeit an den Konzerten des „Wiener Johann-Strauss-Orchesters“ im<br />

„Goldenen Saal“ des Musikvereines in Wien (zweimal jährlich, Voranmeldung erforderlich)<br />

Weitere Vergünstigungen in Absprache mit unseren in- und ausländischen Partnern<br />

Antrag auf Mitgliedschaft<br />

in der „Deutschen Johann Strauss Gesellschaft“<br />

Nach Ausheften dieses Blattes<br />

zum Versand in einem Fensterbriefumschlag bereits vorbereitet.<br />

Wir freuen uns auf Sie!<br />

Ihre<br />

Deutsche Johann Strauss Gesellschaft e.V.


Abs.: _________________________________<br />

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A N T R A G A U F<br />

M I T G L I E D S C H A F T<br />

Ich/Wir erkläre/n hiermit meinen/unseren Beitritt zur „Deutschen Johann Strauss Gesellschaft“ e.V., Coburg:<br />

Vorname:________________ Nachname:______________________ Firma:________________________<br />

Beruf:___________________ ggf. Branche:_____________________ Geb.-Datum:___________________<br />

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E-Mail-Adresse: _____________________________________________________________________________<br />

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Datum Unterschrift<br />

Der jährliche Mitgliedsbeitrag beträgt z.Zt.<br />

40 € für Einzelpersonen,<br />

60 € für Ehepaare,<br />

10 € für weitere Familienmitglieder (außer Ehe-/ Lebenspartner), älter als 18 Jahre,<br />

im gleichen Haushalt lebend,<br />

160 € als Mindestbeitrag für Firmen,<br />

5 € für Studenten und Schüler (6 bis 18 Jahre).<br />

Bitte Blatt aus dem Heft herausnehmen, ausfüllen und zusenden!


Ermächtigung zum Einzug durch Lastschrift (Einzug erfolgt jährlich zum 01.03.)<br />

Name und Anschrift des Zahlungsempfängers Kontoinhaber (wenn abweichend):<br />

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Sitz: Lahmstr. 33, 96450 Coburg _________________________________________<br />

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Ich ermächtige die DJSG, Zahlungen von meinem Konto mittels Lastschrift einzuziehen. Zugleich weise ich mein Kreditinstitut an, die von der<br />

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dabei die mit meinem Kreditinstitut vereinbarten Bedingungen.<br />

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Datum, Ort und Unterschrift des Kontoinhabers (bitte in jedem Fall unterschreiben)


Deutsche Johann Strauss Gesellschaft<br />

Schriftführerin<br />

Astrid-Birgit Roßberg<br />

Chemnitzer Str. 89 E<br />

01187 Dresden


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Gesehen – gehört – gelesen: Rezensionen<br />

„Giuditta“ mit Höhen und Tiefen in Fürth<br />

Leichte Inszenierungsprobleme und ein etwas zu lautes Orchester trüben den<br />

insgesamt positiven Gesamteindruck<br />

von Manfred Drescher<br />

Ja, in Heft 44 (S. 56 – 58) berichtete ich bereits über die Zweitpremiere der „Giuditta“ aus der Staatsoperette<br />

in Dresden. Als sie nun zum Spielzeitende in Fürth angeboten wurde, wollte ich sehen, wie sich die<br />

Inszenierung geändert hatte. Außerdem waren die Protagonisten andere als vor zwei Jahren. Ja und an<br />

der Inszenierung hat sich nicht sehr viel geändert und ich kann hier meine Einstellung von 2013 fast<br />

wiederholen.<br />

Wie wir alle wissen, hatte Franz Lehár ja<br />

einen gewissen Drang zur Oper und mit<br />

seinem Spätwerk „Giuditta“ ist er diesem<br />

Traum von der Oper ein ganzes Stück näher<br />

gekommen. Viele durchkomponierte<br />

Stellen und kein Happy End, alles etwas<br />

operettenuntypisch. Die „Regieeinfälle“<br />

von Regisseur Robert Lehmeier sind nicht<br />

besser geworden und berührten mich<br />

weiterhin nicht sonderlich. Man konnte<br />

sie, da sie doch etwas versteckt im Hintergrund<br />

spielten, mit etwas gutem Wille<br />

auch übersehen. Mir persönlich erschloss<br />

sich der Sinn des älteren jüdischen Paares nicht, welches durch alle Akte schlurft und sich am Ende mitten<br />

im Finale von Octavio und Guiditta vergiftet. Ebenso für mich nicht nachvollziehbar, dass sich Lord<br />

Barrymore, endlich am Ziel seiner Träume, also bei Giuditta, angelangt erschießt. Kranke Soldaten, die<br />

dann wieder putzmunter aufspringen, werden durch selbstlos sie „bedienende“ Schwestern aufgepäppelt<br />

– das alles passt nicht so recht in den Rahmen einer sonst recht flott inszenierten Operette. Man<br />

mischt Unterhaltung mit Betroffenheit, für mich ist dies nicht sinnvoll, lenkt von der wunderschönen<br />

Musik und dem Geschehen auf der Bühne ab und schadet der Operette mehr als es ihr nützt. In meiner<br />

damaligen Rezension schrieb ich, dass für mich, auch heute noch, Operette unbeschwerte Unterhaltung<br />

ist, auch wenn es einmal kein Happy End gibt. Für Vergangenheitsbewältigung sollte man aber die herrlichen<br />

Melodien nicht hernehmen. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Wenn man diesen ganzen<br />

Inszenierungsbereich übergeht, bleibt eine<br />

recht ordentlich in Szene gesetzte Operette<br />

übrig, die auch musikalisch und gesanglich einiges<br />

zu bieten hat und das Publikum zufrieden<br />

stellt. Und das ist doch heutzutage auch schon<br />

etwas.<br />

57<br />

Am Dirigat von Christian Garbosnik hat sich<br />

leider seit damals nichts geändert. Einerseits<br />

führt er das Orchester mit straffer Hand, lässt<br />

es schwellen und schwelgen und aufblühen.<br />

Andererseits lässt er leider die orchestralen<br />

Wogen teilweise zu sehr fließen, so dass sich


die Sänger doch recht schwer taten, sich gegen diese Klangfluten zu behaupten und teilweise doch sehr<br />

stark zugedeckt wurden. Eine Bekannte sagte zu mir in der Pause: „Also sonst verstehe ich in der Operette<br />

meist jedes Wort, heute habe ich fast gar nichts verstanden, weil das Orchester zu sehr „gedröhnt“<br />

hat“. Schade, denn damit tut man den Sängern und auch den Zuhörern keinen Gefallen. Gott sei Dank<br />

wurde es nach der Pause etwas besser. Nun blühte Lehárs Musik auf und verzauberte die Zuhörer. Und<br />

genau das ist die Aufgabe der Operette und genau deswegen wird sie, wenn man richtig und behutsam<br />

mit ihr umgeht, noch lange auf den Spielplänen der Theater stehen. Doch zurück zu den Protagonisten.<br />

Der Chor war hervorragend aufgelegt und akribisch von Thomas Runge einstudiert worden. Bei den Solisten<br />

gab es kaum Abstriche zu machen. Eigentlich nur etwas bei der an und für sich höhensicheren und<br />

ausdrucksstarken Giuditta von Ingeborg Schöpf. Sie ist eine Dresdener Institution und halt nicht mehr<br />

ganz so sinnlich und betörend, wie sie es in früheren Zeiten gewesen ist. Dennoch ist sie eine Bank in<br />

Dresden und bot vor allem auch darstellerisch eine reife Leistung. Ihr zur Seite der Octavio von Artjom<br />

Korotkov. Er konnte bereits mit seinem Auftrittslied „Freunde das Leben ist lebenswert“ punkten und<br />

bot einen höhensicheren, teilweise mit strahlenden Spitzentönen versehenen Octavio an. Gestalterisch<br />

gab es nichts an ihm auszusetzen.<br />

Nett anzuschauen, spielfreudig und auch gesanglich tadellos und voll auf der Höhe war das Buffopaar<br />

mit Andreas Sauerzapf als Pierrino und Isabell Schmitt als Anita. Sie wirbelten über die Bühne, dass es<br />

eine wahre Pracht war und konnten beide nicht nur gesanglich, sondern auch darstellerisch voll überzeugen.<br />

Leider musste – vermutlich wieder ein genialer Regieeinfall – Andreas Sauerzapf, der eine vielversprechende<br />

Stimme sein eigen nennt, etwas zu albern agieren, was der Rolle aus meiner Sicht nicht<br />

so gut tat.<br />

Frank Blees mit gepflegtem ausdrucksstarkem Bariton gab in seiner etwas ungünstigen<br />

Clownmaskerade, die wohl an Canio aus dem Bajazzo erinnern sollte, einen überzeugenden Manuele,<br />

den verlassenen Ehemann Guidittas und Christian Grygas als Lord Barrymore und Wirt Sebastiano überzeugte<br />

ebenso wie Hans Jürgen Wiese als Herzog und Dietrich Seydlitz als Ibrahim, dem Besitzer des<br />

„Alcazar“. Herbert Graedtke als Kellner und Sprecher, Vladislav Vlasov als Jonny, ein Schwarzer und<br />

Erika Burghardt und Bernd Oppermann in der stummen Rolle des jüdischen Paares vervollständigten<br />

die Darstellerriege. Die Sänger, aber auch das Orchester, ließen den Abend zu einem gelungenen Abend<br />

werden, und obwohl meine Frau die „Giuditta“ schon mehrmals gesehen hat, musste sie auch heute<br />

wieder einige Tränen verdrücken. Nicht weil der Abend so furchtbar gewesen ist, im Gegenteil, aber<br />

halt, weil die Operette aus Sicht meiner Gattin so furchtbar traurig endet und der arme Octavio sein<br />

Leben allein als Barpianist verbringen muss. Insgesamt ein schöner Abschluss der Operettenaufführungen<br />

in dieser Spielzeit. Ich bin überzeugt, dass Fürth in der nächsten Spielzeit wieder punkten kann und<br />

freue mich heute schon auf die angekündigten Aufführungen von „Norma“ aus dem Landestheater Co-<br />

58


urg, „Don Giovanni“ aus dem Landestheater Salzburg, „Hoffmanns Erzählungen“ von der Tschechischen<br />

Oper Prag, „Werther“ vom Theater Ulm und zum Abschluss wieder aus der Staatsoperette Dresden<br />

„Der Zarewitsch“. Ich freue mich auf die nächste Saison und auf hoffentlich viele schöne und entspannte<br />

Abende, in welchen wir uns von der schönsten Nebensächlichkeit der Welt, der Musik, verzaubern<br />

lassen können.<br />

Aufführung im Stadttheater Fürth am 8. Juli 2015 Premiere am 21. Juni 2013<br />

Bild 1 und 2: Stephan Floß, Bild 3: eigene Aufnahme<br />

„Die Ungarische Hochzeit“ – „My Fair Lady“<br />

Landesgartenschau, Kaiserwetter und schmissige Melodien – alles in Bad Ischl<br />

von Manfred Drescher<br />

Wie jedes Jahr zog mich auch diesmal wieder Bad Ischl in seinen Bann. Besonders auch deswegen, weil<br />

mit die „Ungarische Hochzeit“ ein mit<br />

wunderschönen Melodien versehenes<br />

Stück von Nico Dostal auf dem Spielplan<br />

stand, welches leider nur sehr selten aufgeführt<br />

wird. Die tolle ZDF Aufführung<br />

von 1968 im Rahmen des Musikkanals mit<br />

Peter Minich, Maria Tiboldi, Ferry Gruber,<br />

Monika Dahlberg und Maria Schell ist leider<br />

nirgends mehr aufzutreiben und es<br />

bleibt nur die Erinnerung.<br />

Der umtriebige Intendant Prof. Dr. Michael<br />

Lakner, besitzt ein untrügliches Händchen<br />

bei der Auswahl seiner Stücke, ein<br />

Gespür für den Geschmack des Publikums,<br />

welches seines gleichen sucht. Er, der die Seele der Franz Lehár Festspiele ist, hat wieder einmal eine<br />

tolle Leistung abgeliefert (auch wenn er vor der Premiere sichtlich nervös war – und dies vollkommen<br />

unnötig). Die Landesgartenschau, die zur gleichen Zeit in Bad Ischl stattfindet, bindet die beiden Stücke<br />

mit ein und wenn man liest, dass im nächsten Jahr neben der „Fledermaus“ von Johann Strauss Sohn<br />

auch die wunderbare, fast nie aufgeführte Operette „Die Rose von Stambul“ von Leo Fall auf dem Programm<br />

steht, ist es mir um den Fortgang der Festspiele nicht bange, auch wenn der Intendant zu recht<br />

drastischen Mitteln griff, um die Finanzmisere der Festspiele offenkundig zu machen. Ich will jetzt nicht<br />

näher darauf eingehen, was er alles für „seine“ Festspiele getan hat, aber es hat geholfen und das Spendenaufkommen<br />

für dieses Jahr war beachtlich.<br />

„Die Ungarische Hochzeit“ von Nico Dostal war 1961 und letztmalig 1971 in Bad Ischl zu erleben.<br />

44 Jahre hat es also gedauert, bis diese wunderschöne Operette wieder auf die Bretter in Bad Ischl zurückkam.<br />

Und, das kann man gleich vorwegnehmen, sie kam fulminant zurück. Unmittelbar vor der<br />

Premiere mussten noch einige Streichungen vorgenommen werden, aber auch so dauerte die Aufführung<br />

gut 3 ½ Stunden, die jedoch rasch vergingen – und das trotz der tropischen Hitze, die durch die<br />

Klimaanlage im Haus Gott sei Dank sehr gedämpft wurde.<br />

Die etwas verworrene Geschichte ist rasch erzählt. Der lebenslustige Graf Stefan Bárdossy wird von einem<br />

Kurier der Kaiserin Maria Theresia darauf aufmerksam gemacht, dass 300 Kolonisten im Dorf<br />

Popláka junge Bräute versprochen, aber, so die Beschwerde der Kolonisten, nur alte Hexen angeboten<br />

wurden. Graf Stefan soll das klären. Dieser schickt seinen Diener Árpád als Graf mit seinem Onkel nach<br />

Popláka, während er inkognito dort hinfährt. Der Stuhlrichter von Popláka, der vom Besuch erfahren<br />

59


hat, will den vermeintlichen Grafen täuschen<br />

und führt ihm junge hübsche Mädchen<br />

aus der Umgebung und seine Tochter<br />

Janka vor. Das Bauernmädchen Etelka verliebt<br />

sich in den vermeintlichen Grafen<br />

und dieser auch in sie, während Graf Stefan<br />

als Sprecher der Kolonisten sich unsterblich<br />

in Janka verliebt. Als Janka erfährt,<br />

dass der vermeintliche Kolonist in<br />

Wahrheit der Schürzenjäger Graf Stefan<br />

ist, schiebt sie ihm zur großen Hochzeitszeremonie<br />

die Magd Anna unter. Nach der<br />

Trauung große Enttäuschung bei Etelka,<br />

die dachte zu etwas Höherem geboren zu<br />

sein und bei Graf Stefan, der seine geliebte Janka nicht bekommen hatte. Kaiserin Maria Theresia persönlich<br />

lässt alle auf ihr Schloss kommen, löst die unter falschen Voraussetzungen zustande gekommenen<br />

Ehen, außer der von Árpád und Etelka, die merken, dass sie zusammengehören, auf. Auch die Ehe<br />

von Graf Stefan wird aufgelöst – wenn sich eine Frau findet, die ihn zum Mann nimmt. Janka und Stefan<br />

fallen sich in die Arme und die Kaiserin gibt ihren Segen.<br />

Der Regisseur und Choreograph Leonard Prinsloo hat viel Spaß an diesem ganzen Ränkespiel und setzt<br />

alles recht stimmig in Szene. Showteile wechseln mit traditioneller Operettenseligkeit ab und bieten<br />

insgesamt gesehen gute Unterhaltung – und das ist doch heutzutage schon viel. Das Bühnenbild von Su<br />

Pitzek ist zweckgebunden, nicht zu aufwendig, gerade in der richtigen Mischung und auch die Kostüme<br />

von Barbara Häusl sprechen an. Bunt, manchmal bewusst etwas überzogen, aber schön anzusehen ist<br />

das alles allemal. Dem Publikum gefällt es und es spart nicht mit Applaus.<br />

Marius Burkert leitet das Franz Lehár-Orchester und dies mit Feuer und Leidenschaft. Es ist bewundernswert,<br />

wie er dieses Orchester, welches gerade einmal 10 Tage für die Proben hatte, zu einem Spitzenorchester<br />

führt. Glutvoll und durchschlagskräftig, aber zum Wohle der Sänger auch wieder zurücknehmend<br />

und klangsicher begleitend. Eine ganz tolle Leistung von Dirigent und Orchester ebenso zu<br />

loben wie der tolle Chor, der von Lázló Gyükér entsprechend einstudiert worden ist.<br />

Die Gesangskrone gebührt einwandfrei den Damen. Und hier an erster Stelle der zauberhaften Regina<br />

Riel als Janka. Die niederösterreichische<br />

Sopranistin hat<br />

mit Sicherheit eine große<br />

Karriere als Operettenprimadonna<br />

vor sich. Spitzentöne,<br />

zart gesetzt, leise ausflirrend,<br />

lassen die Zuhörer<br />

die Luft anhalten. Ein strahlend<br />

leuchtender Sopran,<br />

der alle Nuancen der Rolle<br />

bis ins Kleinste erfüllen<br />

kann, verbunden mit einem<br />

lebendigen und überzeugenden<br />

Spiel, setzt hier die<br />

Krone der heutigen Vorstellung<br />

auf. Selbst das etwas<br />

eigenartige Kleidchen, was<br />

60


man ihr verpasst hatte, konnte auch nur einen Hauch daran ändern. Bad Ischl hat nach der bereits exzellenten<br />

Darstellung der Angele Didier im „Graf von Luxemburg“ im letzten Jahr, wo sie bereits ihr großes<br />

Potential mehr als andeuten konnte, wieder einen strahlenden Operettenstern. Graf Stefan ist Jevgenij<br />

Taruntsov und hier bin ich etwas im Widerstreit mit mir. Der in Bad Ischl wohlbekannte und beliebte<br />

Tenor hat eine strahlende metallische Höhe, jedoch war an diesem Abend einiges etwas blass, nicht<br />

durchschlagskräftig genug, mitunter sehr zurückhaltend, mit gebremstem Schaum. Erst zum dritten Akt<br />

hin gelangte er wieder zu seiner alten Leichtigkeit und die Stimme strahlte wie gewohnt mit einem wunderschönen<br />

„Märchentraum der Liebe“. Vielleicht eine leichte Indisposition und der Versuch, die Stimme<br />

ein kleines bisschen zu schonen. Ich hoffe, dass er auf der CD-Aufnahme, die dankenswerterweise<br />

wieder ansteht, zur alten gewohnten Frische und Strahlkraft zurückfindet. Als Árpàd, dem Diener des<br />

Grafen kann Thomas Zisterer erneut voll überzeugen. Als seine Partnerin steht in diesem Jahr erstmals<br />

Anna-Sophie Kostal auf der Bad Ischler Bühne und sie ist eine große Bereicherung. Beide können beim<br />

Publikum sowohl von der gesanglichen als auch der tänzerischen Seite punkten, dazu gesellt sich ein<br />

ausgezeichnetes schauspielerisches Potential. Thomas Zisterer setzt seinen eleganten, durchschlagenden<br />

und kräftigen Tenorbariton ein (von Hause aus Bariton, ist er hier auch mit tenoralen Tönen dabei)<br />

und Anna-Sophie Kostal kann als Etelka einen klangschönen quirligen leuchtenden Sopran beisteuern.<br />

Ich bin mir sicher, dass dieser Auftritt in Bad Ischl nicht ihr letzter gewesen sein dürfte.<br />

Tomaz Kovacic überzeugt als verschlagener Stuhlrichter voll, eine schöne warme Stimme und eine komödiantische<br />

Ausstrahlung bei ihm. Als seine Frau Rusina begeistert Rita Peterl mit ausgewogenem feinem<br />

Spiel die Zuschauer, die in der Premierenfeier ganz überrascht sind, wie jung diese Darstellerin<br />

noch ist. Die ältere keifende Ehefrau hat sie jedenfalls gekonnt hingelegt. Gerhard Balluch in seiner vornehmen<br />

zurückhaltenden Art kann als Edler von Pötök, dem Onkel Graf Stefans überzeugen und einen<br />

weiteren Mosaikstein in seine Bad Ischler Auftritte setzen. Wolfgang Gerold als Freund des Grafen und<br />

Matthias Schuppli als Kurier der Kaiserin sowie Dorli Buchinger als Schenkwirtin, Giuseppe Preims als<br />

Grossknecht, Christoph Ungerböck als Magd und Daniel Alejandro Cobos Ortiz als Hirt vervollständigen<br />

ohne Fehl und Tadel das Ensemble. Ja und als Kaiserin Maria Theresia hat Dolores Schmidinger ihren<br />

großen Auftritt. Ja – und auch hier bin ich wieder etwas geteilter Meinung. Einerseits spielt der Ischler<br />

Theaterliebling in schrillem Kostüm und Maske etwas sehr überzogen, eine Parodie der Parodie und<br />

dann kommt für mich dazu, dass ich von ihrem wienerischen Nuscheln auch rein gar nichts verstehe.<br />

Rein akustisch erschließt sich mir die Rolle also überhaupt nicht. Aber da stehe ich sicher alleine da, großer<br />

tosender Applaus auch für sie. Am Ende ein zufriedenes, wenn auch etwas geschafftes und ermüdetes<br />

Publikum, denn 3 ½ Stunden ist schon eine Grenze, die man in der Operette nicht so oft überschreiten<br />

sollte. Insgesamt gesehen eine gelungene Premiere mit viel Beifall und viel Zustimmung. Und das ist<br />

es doch, was die Operette ausmacht, sein Publikum für Stunden zu verzaubern. In Bad Ischl ist dies glänzend<br />

gelungen.<br />

Am nächsten Tag mit „My Fair Lady“ die<br />

zweite Aufführung, die ich mir in Bad Ischl<br />

anschaue und auch hier habe ich wieder<br />

mit meinen Vorurteilen zu kämpfen. Die<br />

Leser wissen inzwischen längst, dass ich<br />

kein großer Musicalfreund bin, aber auch<br />

hier hat mich Bad Ischl wieder mehr als<br />

überzeugt. „Es grünt so grün, wenn Spaniens<br />

Blüten blüh‘n“ singt Eliza Doolittle und<br />

vor dem Kongress & Theater Haus Bad<br />

Ischl blühen die Blumen der Landesgartenschau<br />

in allen möglichen Farben. Dies<br />

ist doch schon einmal ein recht glücklicher<br />

Einstieg und auch sonst hat Intendant Mi-<br />

61


62<br />

chael Lakner erneut viel Glück. Glück<br />

mit dem Ensemble, mit dem Orchester,<br />

dem Dirigenten usw. Doch alles<br />

der Reihe nach.<br />

Der Inhalt von „My Fair Lady“ im<br />

Schnellverfahren: Ein arroganter,<br />

selbstverliebter Professor, natürlich<br />

Junggeselle, wettet mit Oberst Pickering,<br />

dass es ihm als Sprachwissenschaftler<br />

gelingt, ein Mädchen aus<br />

der Gosse, mit praktisch keinem Benehmen<br />

und einer vulgären<br />

Kauderwelschsprache, so auszubilden,<br />

dass sie auf einer Einladung in<br />

höchste Kreise als „Prinzessin“ bestehen kann. Und tatsächlich, das einfache Blumenmädchen Eliza wird<br />

von ihm so gedrillt, dass sie alles schafft. Statt sie danach in höchsten Tönen zu loben, lobt er nur sich<br />

und seine tolle Leistung, zusammen mit Oberst Pickering. Eliza will von ihm fort, zutiefst gekränkt, aber<br />

er hat sich „so gewöhnt an ihr Gesicht“<br />

- und Eliza kehrt zu ihm zurück.<br />

Ob sie ein Liebespaar werden,<br />

ob sie ihn wieder verlässt, dass lässt<br />

das Musical und auch die heutige<br />

Inszenierung offen. Um diese Hauptfiguren<br />

gibt es mit dem Vater von<br />

Eliza, einem philosophischen Müllkutscher<br />

und dem unglücklich in sie<br />

verliebten Freddy sowie der Haushälterin<br />

Mrs. Pearce und Mrs. Higgins<br />

weitere Figuren, die zum Erfolg<br />

beitragen.<br />

Die Regie von Isabella Gregor, das<br />

Bühnenbild von Karl Fehringer und<br />

Judith Leikauf sowie die teilweise schönen Kostüme von Alexia Redl sind eigentlich herrlich konventionell,<br />

auch wenn die Handlung in das Salzkammergut verlegt wird. Der Bordsteinpflanze Eliza hat man<br />

leider ein recht unvorteilhaftes Gewand beschert mit Topfhut. Der Migrationshintergrund der Eliza<br />

kommt kaum zum Tragen, der Bezug zur EU ist nur ganz leicht angedeutet. Die Choreographie von Mandy<br />

Garbrecht kommt dem allen entgegen. Die Aufführung jedenfalls liegt ganz nahe beim Stück – und<br />

das ist auch gut so.<br />

Das Franz-Lehár-Orchester wird an diesem Tag von Lázló Gyükér geleitet, der auch den ausgezeichneten<br />

Chor, der viel zum Gelingen des Abends beitrug, einstudiert hat und er macht seine Sache ausgezeichnet.<br />

Das Orchester selbst brilliert und das ist für eine so kurze Probenzeit schon sehr außergewöhnlich.<br />

Hier ist ein richtiges homogenes Ensemble zusammengewachsen, welches leicht und locker, aber auch<br />

feurig und gewaltig auftrumpfen kann. Schmissig und einfühlsam gehen die Melodien in das Ohr und<br />

auch die Füße der äußerst angetanen Zuhörer.<br />

Als Eliza Doolittle erntet Theresa Grabner großen und verdienten Beifall. Darstellerisch hat sie keinerlei<br />

Probleme, gesanglich kann sie ihren schönen leuchtenden und hohen Sopran nicht so ganz in die Rolle<br />

einbringen und das ist etwas schade. Zu sehr ist sie etwas in der Sprachbarriere gefangen. Sie singt sich


den Abend über jedoch frei und gibt eine überdurchschnittlich gute Darstellung der Eliza Doolittle. Als<br />

ihr Vater brilliert Gerhard Ernst als Müllkutscher. Wenn er auftritt vereinnahmt er die Bühne mit Haut<br />

und Haar. Schauspielerisch kraftvoll und beweglich, gesanglich den Part bis ins Letzte ausfüllend, gibt er<br />

eine Paradepartie ab und erntet dafür zu recht großen und verdienten Beifall. Martin Berger ist ein exzellenter<br />

Prof. Henry Higgins, der vor allem die leisen Töne seiner Rolle gut zum Vorschein bringen kann.<br />

Auch stimmlich weiß er vollstens zu überzeugen, tänzerisch ist er leidenschaftlich und insgesamt auf<br />

jeden Fall ein Aktivposten, ebenso wie Matthias Schuppli als Oberst Pickering. Er lockt wesentlich mehr<br />

aus seiner Rolle heraus, als dies normalerweise üblich ist, er ist ein exzellenter Gegenpart zu Prof. Higgins<br />

und nicht nur sein Abklatsch. Florian Resetarits kann in seiner Rolle als verliebter Freddy baritonal<br />

voll überzeugen, auch bringt er gekonnt diesen etwas schüchtern-zurückhaltenden Typ, der sich dadurch<br />

viel verscherzt, auf die Bühne. Als Hausdame Mrs. Pearce ist Uschi Plautz eine resolute, aber gleichzeitig<br />

auch mütterliche Figur. Einen kleinen Höhepunkt gibt es beim Auftritt von Mrs. Higgens, der Mutter des<br />

Professors. Diese Rolle, die man sonst teilweise gar nicht so richtig wahrnimmt, wird durch die Gestaltung<br />

von Kammersängerin Renate Holm geradezu geadelt. Da ist es auch gerechtfertigt, dass sie mit der<br />

Liedeinlage „Du hast getanzt heut Nacht“ eine weltweite Premiere hinlegt. Ihre, fast möchte man sagen,<br />

ewig junge Stimme, ihr Charme, der aus jeder ihrer Bewegungen ersichtlich wird, bringen ihr tosenden<br />

Beifall. Sie macht der „My Fair Lady“ und sie macht Bad Ischl alle Ehre. Bravo Renate Holm. Im weiteren<br />

umfangreichen Ensemble des Musicals gibt es keinerlei Ausfälle, alle machen ihre Sache ausgezeichnet.<br />

In einem anderen Zusammenhang habe ich einmal geschrieben: „So ist das Musical eine (fast) ebenbürtige<br />

Freundin der Mutter Operette.“ Und dem habe ich heute nichts hinzuzufügen.<br />

Bad Ischl und sein Lehár Festival war auch in diesem Jahr wieder eine Reise wert – und mehr als das. Ich<br />

freue mich auf nächstes Jahr – und hier vor allem auf „Die Fledermaus“ von Johann Strauss (dessen<br />

Nachfahre Dr. Eduard Strauss mit seiner Gattin auch in den beiden von mir rezensierten Aufführungen<br />

saß) und dann natürlich auf die herrliche Operette „Die Rose von Stambul“. Auf Wiedersehen Bad Ischl.<br />

Besuchte Vorstellung der „Ungarischen Hochzeit“ war die Premiere am 18. Juli 2015 und „My Fair Lady“ die besuchte<br />

Vorstellung am 19. Juli 2015 – Premiere am 11. Juli 2015<br />

Bilder: www.fotohofer.at<br />

„Tosca“ und „Hoffmanns Erzählungen“ verzaubern Gut Immling<br />

Auch bei fast tropischen Temperaturen ist Gut Immling ein einmaliges Erlebnis<br />

von Manfred Drescher<br />

Wie jedes Jahr Fahrt in den Chiemgau und wieder einmal die Erwartung, dass es ja einmal etwas schwächer<br />

mit den Aufführungen wird und der Rezensent auch endlich ein paar kräftige Kritikpunkte anbringen<br />

kann, warum heißt er denn sonst Kritiker? Das Ende vom Lied, wie jedes Jahr hochbefriedigt und der<br />

ganz feste Vorsatz zum 20-jährigen Jubiläum im nächsten Jahr natürlich wiederzukommen.<br />

Gut Immling besitzt ein gewisses Rauschpotential, wer einmal davon befallen wird, kommt eigentlich<br />

nicht mehr davon los – oder nur sehr schwer. Im Gespräch mit dem Opernfestival-Intendanten und<br />

Opernsänger Ludwig Baumann kann man auch in diesem Jahr wieder die Leidenschaft erkennen, mit<br />

der er sich mit seiner Frau, der musikalischen Leiterin Cornelia Gräfin von Kerssenbrock in das Wagnis<br />

Festspiel stürzt, wie er und seine Frau ihr ganzes Herzblut in diese Aufgabe stecken – und das merkt man<br />

in Gut Immling an allen Ecken und Kanten. Und nicht nur diese beiden Hauptakteure sind mit Leib und<br />

Seele dabei, auch alle anderen, so die Schwester der Dirigentin Verena von Kerssenbrock, die für<br />

„Hoffmanns Erzählungen“ ein hervorragendes Bühnenbild zaubert, einfach, aber extrem beeindruckend<br />

und auch ihre Inszenierung hat Hand und Fuß, der „Bühnenbildner“ Claus Hipp, der wieder alles in die<br />

„Tosca“ legte und ein beeindruckend einfaches aber äußerst vielseitig verwendbares Bühnenbild schuf<br />

und so könnte man weiter vorangehen. Das große Sternenzelt von Gut Immling, ein ehemaliges<br />

63


Zirkuszelt, welches weit über<br />

500 Personen aufnimmt, kann<br />

vor und nach der Vorstellung<br />

besucht werden. Hier kann man<br />

die Künstler – auch das sicher<br />

einmalig in der Szene – in Liedern<br />

und Arien noch lange nach<br />

Ende der Oper erleben, dabei<br />

ein exzellentes internationales<br />

Buffet oder auch ein Essen á la<br />

carte genießen, welches von der<br />

guten Seele des Siam Restaurants,<br />

der äußerst netten, aufmerksamen und kompetenten Chefin Hilde Chueprasert zusammen mit<br />

Son Chueprasert und vielen anderen verantwortet wird. Hilde Chueprasert springt von Tisch zu Tisch,<br />

gehen kann man dazu nicht sagen, denn sie ist immer in Bewegung, die mit jedem ein nettes Wort<br />

wechselt, dabei alles im Griff hat, das ist schon außergewöhnlich.<br />

Aber hier in Gut Immling ist halt alles ein bisschen außergewöhnlich. Hier spielt alles zusammen, auch<br />

der Zusammenhalt der Künstler ist einmalig, die hier bei den Proben auch menschlich zusammenwachsen,<br />

gemeinsam mit den vielen Tieren, die auf dem Gnadenhof von den Baumanns nach einem erfüllten<br />

Leben, ihre letzte Reise gut versorgt und liebevoll behütet, antreten können. All das ist eine Komposition,<br />

die mich jedes Jahr aufs Neue schwärmen lässt, und die mich auch veranlasst, wo ich es kann, für<br />

diese einmaligen Festspiele zu werben. Immer wieder<br />

Höchstleistung zu bieten und oftmals an die finanziellen<br />

Grenzen zu stoßen und nicht immer zu<br />

wissen, ob es im nächsten Jahr genügend Sponsoren<br />

gibt, ist auch nicht unbedingt ein erstrebenswertes<br />

Lebensziel. Bei den Baumanns scheint es aber so zu<br />

sein, denn sie haben bisher alle noch so schwierigen<br />

Untiefen bravourös umschifft und ich wünsche Ihnen<br />

von Herzen, dass dies auch in Zukunft so bleibt.<br />

Wie habe ich im letzten Jahr geschrieben: „Jeder<br />

Opernliebhaber sollte mindestens einmal in seinem<br />

Leben nach Gut Immling gefahren sein (wobei, wenn<br />

er einmal dort war, er immer wieder kommen dürfte).“ In diesem Jahr hatten wir in der Pause zu „Tosca“<br />

wieder einen wunderschönen Sonnenuntergang (auch das gehört zu Gut Immling), den ich Ihnen<br />

nicht vorenthalten will. So, jetzt wenden wir uns aber der ersten Oper in diesem Jahr, der „Tosca“ zu.<br />

Am ersten Abend „Tosca“ von Giacomo Puccini. Der Regisseur<br />

Karsten Bohn verlegt das Stück vom Jahr 1800 in das<br />

Jahr 1940 und erzählt von einer Frau, die in die große Politik<br />

gerät und dort aufgerieben wird. Das Böse breitet sich<br />

überall aus und ist fast nicht aufzuhalten. Ledermantel, ein<br />

imaginärer Polizeistaat, überall sitzt der Schrecken und der<br />

Tod, die Menschen können dem nicht entfliehen. Schlicht<br />

und einfach gehalten, ebenso wie die Bühne von Claus<br />

Hipp. Acht große verschiebbare Säulen, rechteckig und den<br />

jeweiligen Verhältnissen angepasst, bestimmen das Bühnengeschehen.<br />

Eine stimmige Lichtregie (verantwortlich<br />

Arndt Sellentin), die alles in die entsprechenden Farben<br />

taucht, düster und hoffnungslos. Die Kostüme von Bettina<br />

64


Richter passen sich dem an. Florian Maier ist für die Dramaturgie zuständig. Man hat hier mit geringem<br />

Einsatz der entsprechenden Mittel den optimalen Effekt erzeugt. Man muss dabei ja auch immer die<br />

Gegebenheiten der Bühne von Gut Immling in Betracht ziehen. Ich bin ja ein Verfechter der „alten“ Inszenierungen,<br />

nicht desto trotz ist diese Tosca durchaus ansehenswert. Die Münchner Symphoniker haben<br />

einen guten Tag unter der energischen und zielstrebigen Leitung von Cornelia von Kerssenbrock.<br />

Ohne große Gestik kann sie das Orchester führen, die Schicksale der einzelnen Handelnden herausarbeiten<br />

und zum Höhepunkt hinarbeiten. Sie ist auch eine gefühlvolle Begleiterin der Sänger, die nicht unter<br />

den Klangwogen zugedeckt werden, obgleich das Orchester in den rein orchestralen Passagen wohl zu<br />

zeigen weiß, was alles in ihm steckt. Eine beeindruckende Leistung von Dirigentin und Orchester. Ebenso<br />

beeindruckend wie in jedem Jahr der Festivalchor Gut Immling. Dieser Laienchor, in dem jeder Sänger<br />

sich in die Rolle wirft, als wenn er den Hauptpart der Oper singt, ist schon sehr beeindruckend, die Leidenschaft<br />

und die Gefühlsaufwallungen der Chormitglieder sind sicherlich beispielhaft. Für die Einstudierung<br />

des Chores zeichnet auch Cornelia von Kerssenbrock verantwortlich.<br />

Als Tosca brilliert die junge russische Sopranistin Elena Stikhina. Sie tritt zum ersten Mal in Gut Immling<br />

auf und ich kann nur hoffen, dass es nicht zum letzten Mal sein wird. Ihr kräftiger wohltönender Sopran,<br />

der darüber hinaus mit beeindruckenden leuchtenden Höhen brillieren kann, reißt das Publikum zu Beifallstürmen<br />

hin. Ein sicheres Piano, welches in den Raum zu schweben scheint, kann ebenfalls äußerst<br />

beeindrucken. Auch darstellerisch<br />

kann sie einen überzeugenden Part<br />

bieten, obwohl sich hier sicher noch<br />

einiges feilen lässt. Der innige Zusammenhalt<br />

fehlt ein ganz klein bisschen,<br />

aber dies ist nur ein beckmesserischer<br />

Einwand, insgesamt eine<br />

überdurchschnittlich gute Tosca, die<br />

auch zu Recht den Beifall auf sich<br />

ziehen kann. Ebenso wie ihr<br />

Cavaradossi, der von Mario Zhang<br />

gegeben wird. Zu ihm ist nicht allzu<br />

viel zu sagen. Er hat in Gut Immling<br />

schon als Radames, Rodolfo und Don<br />

Carlos begeistert und auch diesmal<br />

kann er sein Publikum begeistern. Sein metallischer hoher Tenor ist in jeder Position steuerbar. Eine<br />

bombensichere gewaltige Höhe und ein entsprechendes Durchhaltevermögen zeichnen ihn auch diesmal<br />

wieder aus, eine exzellente<br />

Leistung. Darstellerisch könnte<br />

er noch etwas intensiver werden,<br />

aber Mario Zhang ist in<br />

Gut Immling einfach eine Bank,<br />

welche auch vom Publikum mit<br />

begeistertem Applaus gefeiert<br />

wird. Der edle Bariton Vladimir<br />

Chmelo, der ebenfalls aus<br />

Russland stammt, gestaltet den<br />

finsteren durch und durch bösen<br />

Baron Scarpia. Und da bin<br />

ich jetzt etwas hin- und hergerissen.<br />

Er besitzt einen wohlklingenden<br />

vollmundigen und<br />

ausdrucksstarken schönen Ba-<br />

65


iton, aber das gefährliche und grausame an Baron Scarpia kann er nur in Ansätzen verkörpern.<br />

Der chinesische Bariton Yang Li weiß in seiner kleinen Rolle als Cesare Angelotti durchaus mit weichem<br />

wohlklingendem Bariton zu überzeugen. Überzeugend sind auch zwei der Urgesteine von Gut Immling,<br />

der mit profundem wohlklingendem und durchsetzungsfähigem Bass versehene Kirill Borchaninov als<br />

Mesner und der Tenor Alik Ibrahimov mit schönem kleinem und trotzdem durchschlagskräftigem Tenor<br />

(was er und Borchaninov später im Zelt bei den Arien eindrucksvoll unterstreichen) als Spoletta. Insgesamt<br />

unter den vielen „Toscas“, die ich schon erleben durfte, eine, die im vordersten Bereich anzusiedeln<br />

ist.<br />

Am nächsten Abend steht die phantastische Oper von Jaques Offenbach „Hoffmanns Erzählungen“ auf<br />

dem Programm. Die Geschichte des Dichter Hoffmanns, der Stella, eine berühmte Opernsängerin liebt<br />

und mit ihr zusammenkommen möchte, sich trotzdem mit Studenten und seiner Muse betrinkt und<br />

während des Theaterauftritts Stellas<br />

die drei Geschichten seiner drei<br />

geliebten Frauen, der Puppe Olympia,<br />

der Sängerin Antonia und der<br />

Kurtisane Giuletta erzählt, endet im<br />

Rausch und in der Abkehr Stellas<br />

von ihm. Der Stadtrat Lindorf, der<br />

auch in den drei Frauengeschichten<br />

als der Bösewicht auftritt, verlässt<br />

mit ihr den Weinkeller Luthers und<br />

lässt Hoffmann verzweifelt und<br />

gebrochen zurück. Dies die unvollkommene<br />

Kurzfassung der recht<br />

verworrenen Gesamthandlung.<br />

Die Inszenierung von Verena von Kerssenbrock besticht mit ihrer Einfachheit und der damit verbundenen<br />

Transparenz. Alles ist nachvollziehbar, mit wenigen Verschiebungen auf der Bühne wird hier ein<br />

optimales – für die entsprechenden Bühnenverhältnisse Gut Immlings – Bild hergestellt. Gerade die drei<br />

„Frauenakte“ sind farblich aufgebrochen, die Einlagen erinnern an die alten Charlie Chaplin Filme, die<br />

Masken sind bunt, teilweise knallig bunt, die Kostüme vollkommend passend, wenn auch bisweilen bis<br />

an die Grenze der Übertreibung gehend. Hier ist ausgezeichnete Arbeit geleistet worden. Einmal von<br />

Verena von Kerssenbrock, die für die Inszenierung und das Bühnenbild verantwortlich zeichnet als auch<br />

von Judith Seifert, zuständig für die Choreographie, Wiebke Horn, die sich bei den Kostümen austoben<br />

kann, bei Arndt Sellentin für das Lichtdesign und für die Dramaturgie zeichnet wieder Florian Maier<br />

verantwortlich.<br />

Das Festivalorchester Gut Immling, welches aus jungen Musikern aus über 14 Nationen besteht, u.a.<br />

von Georgien über Holland, Mazedonien, Rumänien, Frankreich, Österreich bis Australien und Bayern<br />

wird, souverän wie immer, von Cornelia von Kerssenbrock geleitet. Und wie sie es leitet, traut man dieser<br />

zarten Hand gar nicht zu. Leidenschaftlich, straff, die Tempi forsch nehmend, in den reinen Orchesterpassagen<br />

lässt sie dieses auch einmal „aus sich herausgehen“ um es bei der Begleitung ihrer Sänger<br />

wieder entsprechend zurückzunehmen. Sie ist eine sensible und vollkommen sichere Begleiterin und<br />

Lenkerin des Orchesters und des Festivalchores Gut Immling, der auch im Hoffmann glänzen kann und<br />

dies zur Genüge tut. Ein Aktivposten wie in jedem Jahr – einstudiert natürlich auch von Verena von<br />

Kerssenbrock.<br />

66


Hoffmann wird von Niclas<br />

Oettermann gegeben und obwohl ich<br />

anfangs etwas skeptisch war, hat er<br />

mich mit seiner Interpretation voll<br />

überzeugt. Sein nobler, weicher, aber<br />

auch zum metallischen Strahlen gelangender<br />

Tenor ist in jedem Moment<br />

präsent, ebenso wie sein differenziertes<br />

und überzeugendes Spiel.<br />

Er bringt den zerrissenen taumelnden<br />

und sich selbst zerfleischenden Dichter<br />

eindrucksvoll auf die Bretter. Eindrucksvoll<br />

ist auch sein weiblicher<br />

Gegenpart, die Sopranistin Tatiana<br />

Larina, die alle vier Frauenpartien,<br />

die sehr unterschiedlich angelegt sind, verkörpert. Und dies tut sie mit Bravour. Die junge Russin stellt<br />

sich stimmlich überzeugend auf die Puppe ohne Seele Olympia ein, ebenso wie auf die lenkbare und<br />

sensible Sängerin Antonia, auch die Kurtisane Giuletta, die kühl und männermordend bzw. seelenstehlend<br />

auftritt, kann sie glänzend verkörpern. Ihr schöner geschmeidiger und ausdrucksstarker Sopran<br />

passt sich den unterschiedlichen Rollen optimal an, insgesamt gesehen ein total gelungener Auftritt. In<br />

der Rolle der Bösewichte Lindorf, Coppelius, Dapertutto und Dr. Miracle weiß Rhys Jenkins zu überzeugen.<br />

Vor allem mit seiner Spiegelarie kann er beim Publikum punkten. Der Waliser bringt eine überzeugende<br />

Leistung in allen Rollen. Sein durchschlagskräftiger vollmundiger Bariton weiß zu überzeugen und<br />

das Publikum zu begeistern. Als Muse/Niklausse<br />

ist Antonela Barnat<br />

eine überzeugende Besetzung. Die<br />

Mezzosopranistin, die den vergeblichen<br />

Kampf kämpft Hoffmann vor<br />

sich selbst zu schützen bietet eine<br />

gute Vorstellung, sowohl vom<br />

stimmlichen als auch vom darstellerischen<br />

her. Der junge Tenor Bonko<br />

Karadjov weiß das Publikum als Andrés,<br />

Spanlanzi und Frantz zu überzeugen<br />

und teilweise auch zu Lachstürmen<br />

hinzureißen. Seine kleinen<br />

Auftritte macht er zu kleinen Paradestückchen<br />

und kann auf der ganzen<br />

Linie punkten. In den weiteren Rollen überzeugen Yang Li als Hermann und Schlemihl, Kirill<br />

Borchaninov als Crespel und Luther und Petri Vesa als Pitichinaccio.<br />

Auch in diesem Jahr war ich wieder beeindruckt von Gut Immling, dem Ambiente und den Aufführungen<br />

– und irgendwie hat man das Gefühl, dass sich die Leistungen von Jahr zu Jahr noch steigern, obwohl<br />

dies kaum möglich sein kann. Das Geheimnis des Jubiläumsjahres 2016 hat Ludwig Baumann nur ein<br />

kleines bisschen geöffnet. Zum 20-jährigen Jubiläum wird auf jeden Fall „Die Zauberflöte“ auf dem Programm<br />

stehen, das Stück, mit dem der Erfolg von Gut Immling begonnen hatte. Ich kann wie jedes Jahr<br />

nur empfehlen sich einmal hier im Chiemgau umzusehen und einen Blick auf die Festspiele zu werfen –<br />

es wird dann mit Sicherheit nicht der letzte gewesen sein.<br />

Besuchte Vorstellungen 24. Juli 2015 und 25. Juli 2015 (Premieren 19. Juni 2015 und 4. Juli 2015)<br />

Bild 1 Opernfestival, Bild 2 Eigenaufnahme, Bild 3,4 und 6 Nicole Richter; Bild 5 Verena von Kerssenbrock<br />

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„Maske in Blau“ – Eine heitere Operette, die fast als Musical durchgeht, verzaubert…<br />

Die „Operettenbühne Wien“ unter Heinz Hellberg gastiert zum 16. Mal in der Felsenbühne Wunsiedel<br />

von Manfred Drescher<br />

Stückeauswahl und ist der Motor der Felsenbühne.<br />

Die Luisenburg-Festspiele Wunsiedel feiern in diesem<br />

Jahr ihr 125-jähriges Jubiläum. Zu Beginn der<br />

musikalischen Stücke waren bereits über 130.000<br />

Besucher nach Wunsiedel geströmt – wieder einmal<br />

ein Rekord. Mit Rekorden kennt sich der Intendant<br />

der Felsenbühne Michael Lerchenberg<br />

aus. Der gelernte Schauspieler hat 2004 die Intendanz<br />

der Luisenburg-Festspiele Wunsiedel übernommen<br />

und die wunderschöne einzigartige Felsenbühne,<br />

die auch vor ihm schon ein Zuschauermagnet<br />

war, eilt unter seiner Leitung von Rekord<br />

zu Rekord. Er hat ein glückliches Händchen bei der<br />

Bereits seit 1999, also nunmehr 16 Jahren kommt Heinz Hellberg mit der Operettenbühne Wien nach<br />

Wunsiedel und auch mit der heutigen Vorstellung beweist er wieder, warum er Jahr für Jahr eingeladen<br />

wird und vor praktisch ausverkauftem Haus spielen kann. Er lebt die Operette und bringt sie farbenprächtig,<br />

ausgelassen mit exzellenten Singschauspielern auf die Bühne. Er modernisiert die Operette<br />

nicht um dem Zeitgeist zu folgen, er passt höchstens das musikalische Arrangement der jeweiligen Operette<br />

an. Gerade bei „Maske in Blau“ die ja sehr viele Melodien enthält, die man auch den Anfängen des<br />

Musicals zuschreiben kann, ist dies von besonderer Bedeutung. Er selbst schreibt in seinem Programmheft:<br />

„Ich schreibe Operette in Anführungszeichen, da für mich die Musik von Fred Raymond der Vorläufer<br />

zum heutigen Musical ist. Ein Mix aus klassischen Liedern, heißen Rhythmen und schlagerähnlichen<br />

Melodien. Deshalb habe ich auch das Orchestermaterial neu arrangieren lassen, um den Sound der Musik<br />

der heutigen Zeit anzupassen.“ Ein schönes Bühnenbild, die Erfordernisse der Felsenbühne ausschöpfend<br />

und mit wenigen Umbauten versehen, dafür mit einer Unzahl von blauen Masken, im Rund der<br />

Bühne verteilt.<br />

Adrian Boboc hat hier das Beste aus der Möglichkeit der Bühne geschaffen und die Kostüme von Lucya<br />

Kerschbauer sind verschwenderisch, stimmig und farbenprächtig. Allein die Juliska muss vier oder fünf<br />

Kostümwechsel – vielleicht sind es auch mehr gewesen – durchstehen und eines ihrer Kostüme ist schöner<br />

als das andere. All dies macht dem Auge Freude und bringt manchen spontanen Applaus in die Aufführung.<br />

Es wird auch insgesamt nicht mit<br />

Applaus gegeizt, auch daran kann man ersehen,<br />

wie sehr es dem Publikum gefallen hat<br />

und wie die Melodien einfach ins Blut gehen.<br />

Das Orchester unter László Gyükér ist erstmals<br />

in einem groß dimensionierten Orchesterhüttchen,<br />

oder wie immer man das nennen<br />

soll, untergebracht. Natürlich ist dies bei<br />

Regen für die Musiker – und auch die Instrumente<br />

– viel besser, aber der Klang scheint<br />

dadurch gedämpft und nicht mehr so frei und<br />

ungebunden wie in den zurückliegenden<br />

36 Jahren, die ich bereits die musikalischen<br />

Auftritte in Wunsiedel besuche. Trotzdem hat<br />

er das Orchester im Griff, lässt auch gerne einmal die Pferde galoppieren, um sich bei den Gesangsauf-<br />

68


tritten doch wohltuend und sängerfreundlich zurückzunehmen. Hellberg hat das Orchestermaterial neu<br />

arrangieren lassen, dadurch klingt alles etwas frischer, schmissiger, voller Pep, vielleicht ein ganz kleines<br />

bisschen zu jazzlastig. Aber da stehe ich mit meiner Meinung praktisch allein da, das Publikum jedenfalls<br />

geht begeistert mit und applaudiert voller Begeisterung. Hellberg versucht die Grenzen zwischen klassischer<br />

Operette und Musical zu verwischen bzw. anzugleichen. Der Chor und vor allem auch das sehr<br />

stark geforderte Ballett sind ausgezeichnet und überzeugen voll. Für die vorzügliche Choreographie<br />

zeichnet Enrico Juriano verantwortlich, bei der Maske muss man Mioara Dumitrescu lobend erwähnen.<br />

Evelyn Valera, die schöne Plantagenbesitzern wird von Judit Bellai gesungen und gespielt. Und beides<br />

macht sie hervorragend. Mit schönem, leicht ansprechendem, in der Höhe leuchtendem Sopran verzaubert<br />

Judit Bellai nicht nur Armando sondern auch das Publikum. Als Armando Cellini kann der Tenor<br />

Thomas Markus brillieren. Sein durchschlagskräftiger, vollmundiger, strahlender und vor allen Dingen<br />

auch höhensicherer Tenor beeindruckt das Publikum und Señorita Valera. Bei seinem Tenorschlager<br />

„Schau einer schönen Frau nicht zu tief in die Augen“, welchen er Gott sei Dank nicht nur einmal singen<br />

muss, werden etliche Damen im Publikum schwach und würden sich selbst gerne von Thomas Markus<br />

nicht nur in die Augen schauen lassen. Beide exzellenten Singschauspieler harmonieren auch in ihren<br />

Duetten auf das vortrefflichste, was man gerade bei dem „Schlager“ „In dir hab ich mein Glück gefunden“<br />

sehen und hören kann. Operettenseligkeit in Vollendung bei diesen beiden Ausnahmekünstlern. Ja<br />

und dann ist ja auch noch die Stütze der Operettenbühne. „Ja, das Temperament, ja, das Temperament,<br />

das liegt mir so im Blut“, dies scheint das Lebensmotto der Juliska in der Interpretation von Susanne<br />

Hellberg zu sein. Es ist nicht zu fassen, wie Susanne in immer wieder neuen und farbenprächtigeren Kostümen<br />

über die Bühne wirbelt. Gesanglich besticht sie mit Leidenschaft und Feuer und es ist fast nicht<br />

zu glauben, dass diese Ausnahmekünstlerin schon seit so vielen Jahren als Aushängeschild und Stütze<br />

der Wiener Operettenbühne agiert und all dies ohne scheinbar auch nur ein bisschen zu altern. Mit Alexander<br />

M. Helmer hat sie einen Partner,<br />

den man gerne einmal in größeren<br />

Rollen (auch im Bereich der Oper) sehen<br />

und hören möchte. Sie mit ungarischem<br />

Paprika, er mit spitzbübischem<br />

und leidenschaftlichem Feuer, dessen<br />

weicher und warmer Bariton aufhorchen<br />

lässt und dies auch schon seit<br />

geraumer Zeit bei dieser Bühne. Als<br />

Franz Kilian tritt David Hojsak auf, er<br />

bringt die Zuschauer mit seinem fröhlichen<br />

frischen Spiel auf seine Seite,<br />

vom gesanglichen her müsste er meiner<br />

Meinung nach noch etwas zulegen, da ist die Stimme momentan noch etwas zu klein. Der ergebene<br />

treusorgende Diener von Evelyn Valera wird überzeugend von Urs Mühlenthaler dargestellt. Präsent ist<br />

auch der Chef der Wiener Operettenbühne Heinz Hellberg, der den durchtriebenen und schmierigen<br />

Pedro dal Vegas darstellt. Er hat sich ein kleines Couplet in die „Maske in Blau“ geschmuggelt, bei welchem<br />

die Frauen der Schöpfung nicht so gut wegkommen. Tosender Applaus zeigt, dass auch dies gut<br />

ankommt, wenn es nur entsprechend vorgetragen wird. Mario Penev vervollständigt als Marchese<br />

Cavalotti das Ensemble.<br />

Die Wiener Operettenbühne hat das Publikum wieder einmal über zwei Stunden begeistert, sie die Alltagssorgen<br />

vergessen lassen und sie mitgerissen. Die Operette wird, trotz aller Unkenrufe, nicht untergehen,<br />

solange es solche Aufführungen gibt.<br />

Besuchte Aufführung im Felsentheater Wunsiedel: 22. Aug. 2015, Premiere war am 20. Aug. 2015<br />

Bilder: Eigenaufnahmen<br />

69


„O schöner Mai“<br />

Operetten-Premiere in Hombrechtikon, Schweiz,<br />

mit Johann Strauss‘ selten gespieltem „Prinz Methusalem“<br />

von Rudolf Maeder<br />

Was für eine herrliche Premiere in den ersten kühlen Septembertagen nach der großen Hitze! Nach einem<br />

kleinen Apéro des Theaters, bei dem es ein feines Gläschen Zürichsee-Wein gab, erlebten wir<br />

118 Minuten ungetrübte Operettenlust beim „Prinz Methusalem“ der Operettenbühne Hombrechtikon.<br />

Wir wussten bereits schon lange im Voraus, mit welchen großen Schwierigkeiten die Operette zu kämpfen<br />

hatte, um eine spielbare Bühnenfassung herzustellen (dazu waren auch Striche nötig), aber sie hat<br />

mit Bravour geschafft, einen wunderschönen Abend auf die Bühne zu bringen.<br />

Die Fassung der Operettenbühne Hombrechtikon basiert auf der Urfassung von Johann Strauss Sohn, die<br />

freundlicherweise von der Wienbibliothek im Wiener Rathaus in Form von Kopien der handschriftlichen<br />

Partituren zur Verfügung gestellt wurden, und stützt sich somit weder auf die „Neue Strauss-Ausgabe“<br />

noch auf die „Dresdner Fassung“ von 2012. Das Werk von Johann Strauss gehört zu den stiefmütterlich<br />

behandelten Operetten unter den 15 Stücken seines Schaffens, denn es blieb in der Aufführungszahl<br />

ungeheuer weit hinter ihren Schwestern „Die Fledermaus“, „Der Zigeunerbaron“, „Eine Nacht in Venedig“<br />

und „Wiener Blut“ zurück. Recherchen ergaben, dass der „Methusalem“ z. B. in der Schweiz zum<br />

letzten Mal 1940 in Bern gegeben wurde!<br />

Johann Strauss liebäugelte mit einer französischen Uraufführung des „Methusalem“, aber aus verschiedenen<br />

Gründen kam es nicht dazu, der Text wurde ins Deutsche übersetzt und die Uraufführung fand<br />

schließlich am 3. Januar 1877 im Carltheater in Wien statt; 1878 wurde er in Berlin, 1880 in New York<br />

und 1883 in London gespielt. Und dann senkte sich allmählich der Schleier des Vergessens über Strauss‘<br />

fünfte Operette (zwischen „Cagliostro in Wien“ und „Blindekuh“)… Bis die Staatsoperette Dresden Ende<br />

April 2010 das Werk nach der Edition der Neuen Johann Strauss Gesamtausgabe wieder dem Publikum<br />

vorstellen konnte. Die Arbeit zu dieser Edition gestaltete sich sehr schwierig, denn es existieren vier Urfassungen<br />

des Werkes, die miteinander in Einklang gebracht werden mussten. Umso glücklicher können<br />

wir uns heute schätzen, dass diese wunderschöne Musik – sogar in ihrer Urfassung – wieder erklingen<br />

kann… Wir sind mit also mit vielen Erwartungen zur Premiere gefahren… und wurden nicht enttäuscht!<br />

Das Liebespaar Pulcinella (Christa Fleischmann) und Prinz Methusalem (Felicitas Brunke).<br />

Was bei der „Zauberflöte“ oder der „Fledermaus“ immer geschieht, dass man leise mit summt und<br />

denkt, aha, hier steht das also, hat sich tatsächlich bei „Methusalem“ ebenfalls eingestellt: Da man die<br />

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Ouvertüre kannte und auch von Strauss herausgezogene Stücke wie die „I-Tipferl“-Polka op. 377 oder<br />

den Walzer „O schöner Mai“ op. 375, wurde einiges mit gesummt. Die Höhepunkte des Abends aber<br />

nahm man ganz still in sich auf: Die Duette von Methusalem und Pulcinella (Felicitas Brunke und Christa<br />

Fleischmann), die sich in reinster Harmonie zweier wunderschöner Stimmen verströmten. Die beiden<br />

Sängerinnen hätten auch Ilia und Idamante oder Sophie und Octavian sein können! Man bewundert<br />

immer wieder die Meisterschaft von Johann Strauss, in seinen Duetten die Stimmen so zu führen, dass<br />

sie zu einer himmlischen Einheit werden (wie im „Zigeunerbaron“: „Wer uns getraut?“) und versteht<br />

eigentlich nicht so recht, warum so viele Operetten von Johann Strauss nicht aufgeführt werden. Frankreich<br />

spielt doch auch eine große Palette von Offenbach-Werken!<br />

Die Regie von Volker Vogel verstand es ausgezeichnet, die Figuren in ihren einzelnen exzentrischen Charakteren<br />

sanft zu führen und köstliche komische Szenen zu arrangieren: Die beiden Fürsten waren schon<br />

umwerfend lustig in ihren Dialogen! Alle Darsteller gaben ihr Allerbestes – mit viel Spiellaune, Wohllaut<br />

und Humor, auch die Herren Mandelstein und Feuerbaum (oder so ähnlich! Warum dachte man bloß an<br />

Rosenkranz und Güldenstern?). Man muss die Hauptdarsteller mit dem Chor in einem Marsch gesehen<br />

haben, um zu verstehen wie alle mit mitreißender Präzision sangen und spielten. Am liebsten wäre man<br />

aufgestanden und hätte sich in ihre Reihen begeben! Zwei herausragende Künstler waren außerdem<br />

Simon Witzig (Sigismund, Fürst von Trocadero) und Daniel Zihlmann (Conte Vulcanio, Komponist und<br />

Dichter), die beide ihre Figuren mit viel bewegtem Leben erfüllten, so Sigismund als egoistischer Vater<br />

und herzoglicher machtbesessener Intrigant oder Vulcanio als schmierigerer, unterwürfiger Hofschranze,<br />

der plötzlich zum freundlichen Helfer des Liebespaares wird.<br />

Ein besonderes Lob verdienen die Kostüme: Die Commedia-dell‘Arte-Kleider des Chors bringen viel fröhliche<br />

Farbe auf die Bühne, auch wenn der gut vorbereitete Chor manchmal eher schweizerisch als italienisch<br />

anmutet. Die Kostüme der Solisten hingegen sind einmalig: Das Gold von Sigismund, das Apfelgrün<br />

von Cyprian, das Weinrot der Herzogin, die Lachsfarbe von Pulcinella, das Seidengrau von Methusalem,<br />

das Schwarzweiß von Vulcanio, das Braun und das Weiß von Mandelbaum und Feuerstein, jede Farbe ist<br />

perfekt auf die jeweilige Person abgestimmt.<br />

Conte Vulcanio (Daniel Zihlmann) dirigiert seinen Begrüßungschor.<br />

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Herzogin Sophistika von Rikarak (Isabelle Gichtbrock) äußert ihr Missfallen. Links Prinz Methusalem, Fürst Sigismund<br />

von Trocadero (Simon Witzig), Herzog Cyprian von Rikarak (Erich Bieri), Pulcinella, im Hintergrund der Chor.<br />

Besuchte Aufführung: Premiere am 6. Sept. 2015<br />

Die Bilder wurden uns mit freundlicher Genehmigung der Operettenbühne Hombrechtikon zur Verfügung gestellt.<br />

In Möriken gehen die Banditen um!<br />

von Rudolf Maeder<br />

Die Operettenfreunde in der Deutschschweiz wurden in dieser Saison sehr mit seltenen Leckerbissen<br />

verwöhnt. Nachdem das Operettentheater Hombrechtikon einen zauberhaften „Prinz Methusalem“ auf<br />

die Bühne gebracht hatte, doppelte<br />

am letzten Samstag die Operette<br />

Möriken-Wildegg mit Suppés<br />

„Banditenstreichen“ nach. Dies<br />

begeistert umso mehr, als in den<br />

nächsten eineinhalb Jahren keine<br />

seltenen Werke mehr zu erwarten<br />

sind. Wir werden reumütig zu „Eine<br />

Nacht in Venedig“, „Maske in<br />

Blau“ (zweimal!), „Fledermaus“<br />

(zweimal) und „Csárdásfürstin“<br />

zurückkehren müssen, werden<br />

aber vielleicht von der komischen<br />

Oper „Der Wildschütz“ getröstet<br />

werden.<br />

72


Man kann nicht gerade sagen,<br />

dass die „Banditenstreiche“ bei<br />

ihrer Uraufführung am 27. April<br />

1867 im Wiener Carltheater<br />

(sieben Jahre nach der ersten<br />

Wiener Operette „Das Pensionat“,<br />

ebenfalls von Suppé) ein<br />

Erfolg gewesen wären. Der<br />

Einakter soll wegen seines Textes<br />

(Libretto nach B.<br />

Boutonnier, vermutlich eine<br />

französische Komödie) durchgefallen<br />

sein. Was aber Offenbach<br />

nicht hinderte, zwei Jahre<br />

später mit „Les Brigands“ („Die<br />

Banditen“, 1869) einen großen<br />

Erfolg zu verbuchen, und was die Entwicklung der Operette 1884 zu einem einsamen Banditen-<br />

Höhepunkt (Karl Millöckers „Gasparone“) geführt hat. Banditen auf der Bühne kannte man ja schon lange,<br />

denn bereits 1830 erlebte Jean François Esprit Auber einen Riesenerfolg mit seinem „Fra Diavolo“.<br />

Im 20. Jahrhundert stieß man wieder auf die „Banditenstreiche“, bedauerte den Verlust der herrlichen<br />

Musik, und damit schrieb Ludwig Bender (1908 - 1973) ein neues, diesmal dreiaktiges Libretto, für das<br />

August Peter Waldenmaier (1915 - 1995) unbekannte Melodien von Suppé mit der Musik der „Banditenstreiche“<br />

aussuchte und die Musik neu instrumentierte. Im Jahre 1955 ging das neue Werk als komische<br />

Oper über die Bühne und wurde stürmisch aufgenommen.<br />

Nach 1977 bringt die Operette Möriken das Werk (nun überarbeitet in 2 Akten) wiederum auf die Bühne<br />

– und der Aufwand hat sich gelohnt. Die Premiere wurde zu einem Erfolg, ein köstlicher Abend, der anfangs<br />

etwas langsam, aber sich dann mit der Zeit immer schwungvoller drehte. Am Golf von Neapel soll<br />

die Hochzeit der Bürgermeisterstochter<br />

Lidia mit ihrem<br />

mausarmen Geliebten Gaetano<br />

stattfinden, was dem Bürgermeister<br />

Babbeo gar nicht passt,<br />

worauf er dem reichen Lelio von<br />

Aversa schreibt, er möge herkommen<br />

und sein Schwiegersohn<br />

werden. Zum Leidwesen<br />

des Liebespaars zögert nun der<br />

Vater die Hochzeit immer wieder<br />

hinaus. Lidias Cousine Stella<br />

fühlt sich nun einsam und hätte<br />

gerne auch einen Mann. Der<br />

Räuberhauptmann Malandrino,<br />

der einst in dem betreffenden<br />

Städtchen bei Schulmeister<br />

Tondolo in die Schule ging,<br />

kommt mit seinem Männern,<br />

raubt den ankommenden Lelio<br />

aus, übergibt ihn den Polizei,<br />

spielt nun selbst den Lelio, möchte die Liebenden zusammenführen und dem Bürgermeisters eins aus-<br />

73


wischen. Er weiht Lidia ein, erntet große Eifersucht bei Gaetano, sackt das auf seinen Kopf ausgesetzte<br />

Geld ein, das Tondolo zähneknirschend verwalten muss, gibt sich schließlich zu erkennen, schenkt Lidia<br />

und Gaetano das geraubte Geld und Lelio und Stella werden ebenfalls ein Paar und bekommen von<br />

Malandrino geraubtes Geld. Der zerknirschte Bürgermeister muss seine Unterschrift unter zwei Eheverträge<br />

setzen und wird samt der Hochzeitsgesellschaft von Malandrino und seinen Kumpanen ausgeraubt…<br />

Schon die Ouvertüre, die wie alle Ouvertüren von Suppé, ein Meisterstreich ist, reißt einen sofort ins<br />

Geschehen. Das Orchester (unter Bruno Leutschner) gut disponiert, in der Folge allerdings manchmal<br />

etwas zu laut für die Sänger, begleitet hervorragend durch den Abend. Die Solisten und der Chor fühlen<br />

sich sichtlich wohl am Golf von Neapel (in einem etwas blass geratenen, aber zweckmäßigen Bühnenbild<br />

von Kristin Osmundsen) und singen, tanzen und sprechen ihre Rollen hervorragend. Lidia (Andrea Hofstetter)<br />

vereinigt blendendes Aussehen mit einer wunderbaren Sopranstimme, die sie in ungeheure<br />

Höhen trägt, ihre Cousine Stella (Anna Gössi) steht ihr als pfiffige „Intrigantin“ in nichts nach. Ein besonderes<br />

Lob verdienen die Kostüme von Max Kaiser, Agatha Imfeld und Barbara Tschumi, die es verstanden,<br />

italienische Farbenpracht (bei Lidia, Stella, Ballett, Chor) und dezente männliche Eleganz (bei<br />

Malandrino, Babbeo, Tondolo und Lelio) auf die Bühne zu bringen. Mittelpunkt des Abends aber ist natürlich<br />

schon wegen der Rolle Bandit Malandrino (Raimund Wiederkehr), der äußerst gute Figur macht,<br />

prachtvoll singt, gut aussieht, sich elegant bewegt, köstlich spielt! Aus dem Ensemble ragt Tondolo, der<br />

Schulmeister (Erwin Heusser), heraus, ein leibhaftiger Schulmeister, der jeder Commedia dell’Arte zur<br />

Ehre gereichen würde, denn er singt, tänzelt, spricht, grimassiert und lacht so großartig, dass aus ihm<br />

die vollkommenste Figur des Abends wird (Hut ab!). Die Tarantella der Banditen wirkte gut als Balletteinlage,<br />

hätte aber ruhig noch etwas länger dauern können…<br />

Für uns Strauss-Freunde war es die 11. Operette in Möriken-Wildegg, wir reisen sicher in zwei Jahren<br />

wieder dorthin, um eine neue Sternstunde zu erleben. Die Strauss-Gesellschaft hat Daniel Angelini, dem<br />

Leiter, für die Operette zum Dank und zur Erinnerung einen Klavierauszug der „Banditenstreiche“ und<br />

eine Geldspende übergeben (Das kann man immer brauchen!). Wir wünschen der Operette Möriken<br />

und allen ihren Mitgliedern für die kommenden Vorstellungen einen rauschenden Erfolg, fröhliche Zuschauer<br />

und viel Vergnügen auf der Bühne und im Orchestergraben!<br />

Bilder: 1: Schulmeister Doktor Tondolo (Erwin Heusser), Lidia (Andrea Hofstetter) und ihr Bräutigam Gaetano<br />

(Wolf. H. Latzel); 2: Die Hochzeitsgesellschaft (Chor) staunt ganz schön…, 3: Malandrino (Raimund Wiederkehr)<br />

schüchtert Gaetano (Wolf H. Latzel) ein, 4: Lidia (Andrea Hofstetter) und Gaetano (Wolf H. Latzel). Alle Fotos: Peter<br />

Siegrist, mit freundlicher Genehmigung der Operettenbühne Möriken.<br />

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Konzert am österreichischen Staatsfeiertag im Wiener Musikverein<br />

von Johannes Böck<br />

Am 26. Oktober 1955 wurde das Gesetz zur immerwährenden Neutralität beschlossen. Am selben Tag<br />

verließ der letzte fremde Soldat nach siebenjähriger Naziherrschaft<br />

und zehnjähriger alliierter (USA, Großbritannien,<br />

Frankreich, Sowjetunion) Besatzungszeit Österreich.<br />

1965 wurde der 26. Oktober zum österreichischen<br />

Nationalfeiertag erklärt.<br />

Auf den Tag genau 60 Jahre später veranstaltete das<br />

Wiener Johann Strauss-Orchester ein Konzert unter der<br />

Leitung des strausserfahrenen Dirigenten Johannes<br />

Wildner mit Werken von Johann Strauss Vater (am Ende)<br />

sowie den Brüdern Johann und Josef Strauss im Goldenen<br />

Saal des Wiener Musikvereinsgebäudes. Der Dirigent<br />

ist an internationalen Opernhäusern gefragt. Er beteiligte<br />

sich u.a. am Projekt der Gesamtaufnahme der Werke von Johann Strauss-Sohn der Plattenfirma Marco<br />

Polo. Eduard Strauss wurde leider wieder nicht berücksichtigt! Der Autor dieses Berichtes hofft im Eduard-Strauss-Gedenkjahr<br />

2016 auf die Darbietung auch in den Konzerten des Wiener Johann-Strauss-<br />

Orchesters. Die Strauss-Welt gedenkt in diesem Jahr des 100. Todestages des jüngsten der Brüder<br />

Strauss! Am Tag davor (25. Oktober 2015) galt es allerdings, des 190. Geburtstages unseres Meisters<br />

Johann Strauss Sohn zu gedenken.<br />

Es begann um 10.00 Uhr mit einem kenntnisreichen Einführungsvortrag<br />

im Saal 1873 des Hotels Imperial, der teuersten Nobelherberge<br />

der österreichischen Bundeshauptstadt, den diesmal Herr Norbert<br />

Rubey vom Wiener Institut für Strauss-Forschung hielt. Der Vorsitzende<br />

der „Freunde des Wiener Johann Strauss-Orchesters“, Herr<br />

Nikolai Wochinz begrüßte den Referenten und die anwesenden Zuhörer.<br />

Diesmal wurden – anders als bei Herrn Prof. Reichenauer –<br />

keine Tonbeispiele gebracht. Auch ließ die Akustik leider zu wünschen<br />

übrig. Strauss-Freunde aus Deutschland (aus der Pfalz) und den<br />

Niederlanden (Ehepaar van Wijk) nahmen wegen diesem Konzert<br />

eine weite Reise auf sich.<br />

Um 11.00 begann das Konzert im Goldenen Saal des Wiener Musikvereinsgebäudes<br />

mit der Ouvertüre zu Johann Strauss-Sohns drittem<br />

Bühnenwerk, der „Fledermaus“. Diese gehört zu den elitärsten Werken<br />

der Familie Strauss und wird immer wieder auch in den Neujahrskonzerten<br />

der Wiener Philharmoniker (zuletzt 2010 unter Georges<br />

Prêtre) gespielt. Sie vertrat die „Goldene Operettenära“ genauso wie die Polka schnell „Im Sturmschritt“,<br />

op. 348, aus des Walzerkönigs erster Operette „Indigo und die 40 Räuber“. 1874 unternahm<br />

der Walzerkönig mit seiner ersten Frau Jetty eine Konzertreise nach Italien. Daran erinnert ein Walzer,<br />

der ursprünglich „Bella Italia“ hieß, in Wien dann in „Wo die Citronen blüh’n“, op. 364, umbenannt<br />

wurde. Dieses Werk erklang erstmalig in Turin.<br />

1866 – das Jahr, in dem Österreich den Preußen in der Schlacht bei Königgrätz in Nordböhmen unterlag<br />

sowie die sozialen Engagements der Fürstin Pauline Metternich bekannt wurden, wurden die Schnellpolka<br />

„For ever!“, op. 193, und die Polka Mazur „Die Libelle“, op. 204, des Begabteren der Brüder<br />

Strauss uraufgeführt. Diese kostbaren Kleinodien werden 2016 150 Jahre alt. Zwei Jahre später wurde<br />

beim Medizinerball im Wiener Sophiensaal einer der kostbarsten Walzer von Josef Strauss uraufgeführt<br />

75


– „Sphärenklänge“, op. 235. Klar, dass dieses Werk immer wieder in den Neujahrskonzerten der Wiener<br />

Philharmoniker gebracht wird (zuletzt 2013 unter der Leitung von Franz Welser-Möst).<br />

Nach einer halbstündigen Pause begann der zweite Teil des Konzertes mit der Ouvertüre zur Operette<br />

„Banditenstreiche“ von Franz von Suppè. Die Ouvertüren des gebürtigen Dalmatiners erlangten Weltruhm.<br />

Einige von ihnen wurden auch im Rahmen des Neujahrskonzertes der Wiener Philharmoniker<br />

gebracht, unter anderem auch „Banditenstreiche“ aus dem Jahre 1867 (1995 unter der Leitung von Zubin<br />

Mehta).<br />

Im Weltausstellungsjahr 1873 entstand neben dem Walzer „Wiener Blut“, op. 354 (Namensgeber des<br />

von Herrn Prof. Helmut Reichenauer gegründeten „Kulturvereines ‚Wiener Blut‘“) und der Operette<br />

„Der Karneval in Rom“ der Chorwalzer „Bei uns z’Haus“, op. 361. Mit diesem legte unser Meister Johann<br />

Strauss-Sohn – neben den Walzern „An der schönen blauen Donau“, op.314, und „Geschichten aus<br />

dem Wienerwald“, op. 325 – ein tönendes Bekenntnis zu seiner damaligen Heimat Österreich ab!<br />

1886/87 wurde Johann Strauss-Sohn und seine dritte Frau Adele wegen der Eheangelegenheiten Bürger(in)<br />

von Sachsen-Coburg und Gotha. Der Walzer „Bei uns z’Haus“ wurde im Jahre 1989 zuletzt unter<br />

der Leitung von Carlos Kleiber im Rahmen des Neujahrskonzertes der Wiener Philharmoniker gebracht<br />

und ist längst überfällig, wieder im Rahmen des berühmtesten Strauss-Konzertes der Welt gespielt zu<br />

werden!<br />

Mit seiner ersten „Melodien“-Quadrille, op. 112, setzte sich der Walzerkönig für die Verbreitung der<br />

Werke des italienischen Nationalkomponisten Giuseppe Verdi ein und brachte dessen Melodien aus<br />

„Ernani“, „Macbeth“ und „Rigoletto“ in Form dieser Quadrille unter die Leute, welche sich keine Theater-<br />

und Konzertkarten leisten konnten. Einige Jahre später ehrte Johann Strauss Sohn mit der „Neuen<br />

Melodien“-Quadrille, op. 254, und der Quadrille aus „Ein Maskenball“, op. 272 weitere Male den italienischen<br />

Opernkomponisten.<br />

Bei der Polka française „Im Krapfenwald’l“, op. 336, sorgten die Schlagzeuger für belustigende Einlagen<br />

mit Kuckucksrufen und Vogelgezwitscher. Dieses Werk entstand in Russland und hieß ursprünglich „Im<br />

Pawlowsker Walde“. In Wien-Döbling gab es ein Schwimmbad am Fuße des Kahlenberges, das<br />

Krapfenwaldl-Bad. Bereits Johann Strauss Vater setzte diesem Bad mit seinem „Krapfenwald’l“-Walzer,<br />

op. 12, ein tönendes Denkmal. Sein gleichnamiger Sohn Johann benannte sein 336. Werk in Wien in „Im<br />

Krapfenwald’l“ um. Die Polka schnell „Vergnügungszug“, op. 281, entstand 1864 ebenfalls in Rußland<br />

und vertritt die Werke, welche die Mitglieder der Familie Strauss den Eisenbahnern widmete. Es wird<br />

hier mit einem Horn das Abfahrtssignal gegeben, die Schlagzeuger trugen Eisenbahnerkappen.<br />

Mit dem Walzer „An der schönen blauen Donau“, op. 314, beendete das Wiener Johann Strauss-<br />

Orchester unter dem Dirigenten Johannes Wildner das offizielle Programm des Strauss-Konzertes im<br />

Wiener Musikvereinssaal.<br />

Kein Konzert ohne Zugaben! Mit der Schnellpolka „Nur fort!“, op. 383, aus der erfolglosen Operette<br />

„Blindekuh“ des Populäreren der Brüder Strauss sowie der Schnellpolka „Ohne Sorgen!“, op. 271, seines<br />

Bruders Josef bedankten sich Orchester und Dirigent bei den Konzertbesuchern. Der „Radetzky“-<br />

Marsch, op. 228, von Johann Strauss Vater rundete dieses Konzert ab.<br />

Der Autor dieses Berichtes bedankt sich für das schöne Konzert mit überwiegend bekannten Werken der<br />

Familie Strauss. Es ist künftig auf den verstärkten Einsatz unbekannter Werke der Familie Strauss (inklusive<br />

Eduard!) im Rahmen des Neujahrskonzertes der Wiener Philharmoniker, des Osterkonzertes der<br />

Wiener Symphoniker und den Konzerten des Wiener Johann-Strauss-Orchesters zu hoffen.<br />

Fotos: www.johanneswildner.com, Peter Kemp<br />

76


Symphonisches Schrammelquintett: Konzert im Museum der Strauss-Dynastie<br />

von Johannes Böck<br />

- Neue CD erschienen<br />

- Frau Christine Stemprok erhielt den Titel „Professor“<br />

- 30 Besucher(inn)en anwesend, darunter viele<br />

Prominente<br />

- Werke der Familie Strauss (komplett!), Johann<br />

Schrammel und Camille Saint-Saens gespielt<br />

Eine Woche vor Weihnachten 2015 veranstaltete<br />

der Kulturverein Wiener Blut in seinem seit 18. März<br />

2015 bestehenden Museum der Johann Strauss-<br />

Dynastie ein Konzert mit dem Wiener Symphonischen<br />

Schrammel-Quintett. Der „Gründervater“ des<br />

Vereines und des Museums, Herr Prof. Helmut Reichenauer,<br />

konnte bei dieser Veranstaltung namhafte<br />

Persönlichkeiten begrüßen, an der Spitze Herrn Dr.<br />

Eduard Strauss mit seiner Gattin, Frau Mag. Susanne<br />

Strauss. Auch Herr Dir. Kurt Wehlend aus Wien ließ es sich trotz seiner schweren Behinderung nach einem<br />

Unfall und seines hohen Alters nicht nehmen,<br />

mit seiner Familie dieses Konzert zu besuchen.<br />

Die Besucher dieses Konzertes erfuhren des Weiteren,<br />

dass Frau Christine Stemprok, auch der<br />

Deutschen Johann Strauss-Gesellschaft durch ihre<br />

Fachbeiträge (zuletzt über Oskar Nedbal) bekannt<br />

und ebenfalls bei dieser Veranstaltung anwesend,<br />

von Herrn Bundespräsident Dr. Heinz Fischer der<br />

Ehrentitel Professor zuerkannt wurde. Der Geehrten<br />

ist für ihre geleisteten Pionierarbeiten in Sache<br />

Johann Strauss und Wiener Theatergeschichte zu<br />

danken und zu gratulieren!<br />

Auch Herr George Hamilton, der der Johann Strauss-Gesellschaft in Großbritannien von den Johann<br />

Strauss-Veranstaltungen in Wien berichtet, war bei dieser Veranstaltung zugegen, genauso wie die Obfrau<br />

der „Deutschmeister-Schrammeln“, Frau Brigitte Ira-Telberg mit ihrer Mutter dabei war.<br />

77


Geboten wurde ein Konzert mit Werken von Johann Schrammel, der Familie Strauss (alle vier Sträusse<br />

waren vertreten), Camille Saint-Saens und Alois Strohmayer. Das Quintett besteht aus zwei Violinen<br />

(gespielt von den Herren Prof. Helmut Lackinger und Edwin Prochart), einer Alt-Wiener Kontragitarre<br />

mit zwei Hälsen und dreizehn Saiten (gespielt von Prof. Peter Hirschfeld, der auch das Konzert mit seinen<br />

profunden Kenntnissen moderierte), der kleinen G-Klarinette, das sogenannte „Picksüße Hölzel“<br />

(gespielt von Herrn Kurt Franz Schmid) sowie der Alt-Wiener Knopfharmonika (gespielt von Herrn Prof.<br />

Rudolf Malat).<br />

Es begann mit dem Marsch „So wollen wir ˈs haben“ von Johann Schrammel, welcher auch beim Festakt<br />

„40 Jahre Deutsche Johann Strauss-Gesellschaft“ in Coburg gespielt wurde. Dieses Werk bezieht sich<br />

darauf, dass bei diesem Konzert darauf Wert gelegt wurde, alle Mitglieder der Familie Strauss zu berücksichtigen.<br />

Die „Heiligenstädter Rendezvous“-Polka, op. 78, des jungen Johann Strauss-Sohn aus<br />

dem Jahre 1850 eröffnete den „Block“ mit der Familie Strauss. Sein Bruder Josef Strauss war mit dem<br />

Walzer „Delirien“, op. 212, und der heute kaum bekannten – trotzdem wertvollen – Polka mazur „Lieb<br />

und Wein“, op. 122, vertreten. Anzumerken ist, dass Josef Strauss mit einigen Walzern und Mazurkas<br />

den Rechten der Frau den nötigen Respekt zollte! Die Frauenwürde (ein gleichnamiger richtungsweisender<br />

Walzer von Josef Strauss, op. 277 – bei diesem Konzert leider nicht dabei gewesen…) wird in einigen<br />

gewissen Kreisen auch heute noch mit Füßen getreten… Der vielfach schändlich vernachlässigte<br />

jüngste der Brüder Strauss, Eduard, war mit der Schnellpolka „Wien über alles!“, op. 172 (Namensgeber<br />

der neuerschienenen CD – s.u.) und der Polka française „Die Biene“, op. 54, vertreten. Von Eduard<br />

Strauss soll endlich einmal mehr im Rahmen des Neujahrskonzertes der Wiener Philharmoniker gespielt<br />

werden! Ebenso wäre eine Gesamteinspielung der Werke von Eduard Strauss – aus Gründen der Fairness<br />

und der Vollständigkeit – vonnöten. Die „Beliebte Kathinka“-Polka, op. 210, von Johann Strauss<br />

Vater führte in die Pause, wo auch die neu erschienene CD zum Verkauf angeboten wurde.<br />

In der Pause konnten sich die Besucher des Konzertes ein Bild des neuen Museums der Johann Strauss-<br />

Dynastie machen. In 15 Abschnitten werden auf 200 fix aufgehängten Bildern Leben und Werk der Familie<br />

Strauss und Zeitgenossen dem Besucher nähergebracht. Angebracht wurden diese Bilder von Frau<br />

Yvette Reichenauer, der Tochter des „Gründervaters“ dieses Museums. Ihr ist Lob und Anerkennung<br />

dieser Leistung zu zollen. Bei jedem Kapitel ist auch eine Hörstation installiert, in der man die aufgelisteten<br />

Werke zum jeweiligen Kapitel abhören kann.<br />

Nach der Pause begann der zweite Teil dieses Konzertes mit dem Liebesduett aus „Samson und Dalila“<br />

von Camille Saint-Saëns, einem französischen Opernkomponisten. Danach wechselten sich Werke von<br />

Johann Strauss und Johann Schrammel ab, abgerundet wurde der offizielle Teil mit der Schnellpolka<br />

„Hallodrie“ von Alois Strohmayer. Von Johann Strauss Sohn erklangen hier die „Aesculap“-Polka,<br />

op. 130, der Walzer „O schöner Mai“, op. 375, aus der Operette „Prinz Methusalem“, die „Vöslauer<br />

Polka“, op. 100, und als Zugabe die „Annen“-Polka, op. 117. Johann Schrammel war im zweiten Teil mit<br />

seinem Marsch „Wien-Berlin“ und den „Wiener Heurigentänzen II“ bei diesem Konzert vertreten.<br />

Redlich belohnt wurde das Ensemble mit einer Kassette, bestehend aus „Johann Strauss“-Schokolade-<br />

Talern, und einem verdienten Applaus der anwesenden Zuhörer.<br />

Die neu erschienene CD mit dem Titel „Wien über alles“ (nach der Schnellpolka, op. 172, von Eduard<br />

Strauss) wurde in den Räumen des Strauss-Museums im Servitenviertel erstellt.<br />

78


Programm dieser CD:<br />

Johann Schrammel:<br />

Fiaker Hetz-Marsch<br />

Eduard Strauss:<br />

Wien über alles! Polka schnell, op. 172 (Namensgeber dieser CD)<br />

Johann Schrammel:<br />

Wiener Heurigentänze II<br />

Johann Strauss-Sohn: Aesculap-Polka, op. 130<br />

Wiener Blut, Walzer, op. 354<br />

Josef Strauss: Feuerfest! Polka française, op. 269<br />

Peter Hirschfeld:<br />

Setagaya Tanz<br />

Johann Strauss-Vater: Beliebte Kathinka-Polka, op. 210<br />

Eduard Strauss: Mit Dampf! Polka schnell, op. 70<br />

Josef Schrammel:<br />

Dornbacher Vergnügungs-Walzer<br />

Eduard Strauss: Die Biene, Polka française, op. 54<br />

Johann Schrammel:<br />

Echte Drahrer woll’n ma sein, Marsch<br />

Johann Strauss-Sohn: Heiligenstädter Rendezvous-Polka, op. 78<br />

Johann Schrammel:<br />

Wien-Berlin, Marsch<br />

Kurt Schmid:<br />

Frühling im Paradies, Mazurka.<br />

Aufgenommen wurde diese CD im neuen Museum der Johann Strauss-Dynastie. Dieser Tonträger aus<br />

dem Label „GESA“ CD 40319 wird auch in diesem Museum zum Verkauf angeboten.<br />

Bilder: 1: Symphonisches Schrammelquintett (www.wien-music.at), 2: Frau Prof. Stemprok mit Prof. Wolfgang<br />

Dosch bei der Präsentation des Buches über Leo Fall (www.dosch.at), 3: George Hamilton (Ehrenmitglied des Kulturvereins<br />

„Wiener Blut“, rechts im Bild zusammen mit den Herren Peter Kemp und Rafael Brom bei den Tanz-<br />

Signalen 2010, www.johann-strauss.at), 4: Frau Brigitte Ira-Telberg mit den Deutschmeister-Schrammeln<br />

(www.deutschmeister-schrammeln.at), CD-Cover: www.gesamusic.at<br />

79


Neujahrskonzert 2016 der Wiener Philharmoniker – Dirigent: Mariss Jansons<br />

von Johannes Böck<br />

- 75 Jahr Jubiläum<br />

- Mariss Jansons dritter Auftritt nach 2006 und 2012<br />

- Acht Premieren, darunter vier Zeitgenossen mit ihren Werken erstmalig dabei<br />

- Wiener Sängerknaben<br />

- UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon mit seiner Gattin anwesend<br />

- Eduard Strauss zum 100. Todestag beschämend spärlich vertreten, genauso Johann Strauss Vater<br />

- Balletteinlagen in Schloss Schönbrunn und Prater<br />

- Übertragung in mehr als 90 Ländern der Welt<br />

Alle Jahre wieder (so beginnt auch ein bekanntes Weihnachtslied) am 1. Januar in der Mittagszeit überträgt<br />

der ORF das traditionelle Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker aus dem Goldenen Saal des<br />

Wiener Musikvereinsgebäudes. 2016 wurde der Takt vom lettischen Dirigenten Mariss Jansons – zum<br />

dritten Male nach 2006 und 2012 – geführt. Auch mit ihm verbinden die Wiener Philharmoniker enge<br />

Beziehungen. Jansons war Schüler seines Vaters Arwid Jansons, weiter von Herbert von Karajan und<br />

Hans Swarowsky. Er leitet berühmte Orchester, u.a. in St. Petersburg und in München.<br />

Vor 75 Jahren, am 1. Januar 1941 begannen diese Konzerte – damals in einer „Philharmonischen Akademie“<br />

unter dem Namen „Neujahrskonzert“ zu firmieren. Österreich und Deutschland erlebten 1941<br />

ein düsteres Kapitel der Weltgeschichte …<br />

Auf dem Programm standen neben der Familie Strauss auch Werke von Robert Stolz, Carl Michael<br />

Ziehrer, Emil Waldteufel und Josef Hellmesberger sen.<br />

Vor 70 Jahren wurde in New York die erste Vollversammlung der Vereinten Nationen abgehalten. Dies<br />

war der Grund, den UNO-Marsch, op. 1275, von Robert Stolz an den Beginn des ersten Teiles des Neu-<br />

80


jahrskonzertes der Wiener Philharmoniker zu stellen. Am 25. Aug. 1880 in Graz geboren, gehört Robert<br />

Stolz zu den bekanntesten Vertretern der so genannten „Silbernen Operettenära“. Er starb am 27. Juni<br />

1975 in Berlin und wurde auf dem Wiener Zentralfriedhof beerdigt. Auch er nahm eine mehrteilige Johann<br />

Strauss-Edition auf Schallplatte auf, die vom Gründervater der Deutschen Johann Strauss-<br />

Gesellschaft, Herrn Joachim Viedebantt kommentiert wurden.<br />

Die Goldene Operettenära hingegen vertraten im ersten Teil der „Schatz“-Walzer, op. 418, aus „Der<br />

Zigeunerbaron“ und die Polka française „Violetta“, op. 404 aus „Der lustige Krieg“ unseres Meisters Johann<br />

Strauss Sohn.<br />

Die Schnellpolka „Vergnügungszug“, op. 281, führte die Zuseher auf den Fernsehschirmen in den Wiener<br />

Prater, der am 7. April 2016 vor 250 Jahren von Kaiser Joseph II. (als Mitregent von Erzherzogin Maria<br />

Theresia), die ehemaligen kaiserlichen Jagdgründe, im heutigen 2. Wiener Gemeindebezirk den Besuchern<br />

freigegeben wurde. Gezeigt wurde der Wiener Wurstelprater mit der Liliputbahn, der Geisterbahn,<br />

Ringelspielen, der Figur des „Calafati“ und selbstverständlich das Wahrzeichen – das Riesenrad!<br />

Carl Michael Ziehrer, der letzte k. u. k. Hofballmusikdirektor war mit dem Walzer „Weana Madl’n“,<br />

op. 388, vertreten. Dieses Werk erklang erstmalig im Rahmen des Neujahrskonzertes der Wiener Philharmoniker.<br />

In der Einleitung und in der Coda wurden Ländlerweisen von den Mitgliedern des Orchesters<br />

mit Harfenbegleitung gepfiffen. Es wäre zu begrüßen, würden weitere Werke dieses bedeutenden<br />

Komponisten neben der Famlie Strauss im Rahmen des berühmtesten Strauss-Konzertes der Welt erklingen<br />

(Beispiele: „Nachtschwärmer“, Walzer, op. 466, „Schönfeld“-Marsch, op. 422, „Fächer“-<br />

Polonaise, op. 525, „Auf Flügeln der Liebe“, Polka schnell, op. 171 u.v.m.).<br />

Beschämend hingegen war die Darbietung der Werke von Eduard Strauss, dem jüngsten der Brüder<br />

Strauss, zu dessen 100. Todestag im Rahmen des Neujahrskonzertes der Wiener Philharmoniker. Diesen<br />

Johann Strauss Vater und den Brüdern Johann und Josef Strauss ebenbürtigen Sohn und Bruder mit zwei<br />

bekannten Schnellpolkas „abzuspeisen“, wird dem Schaffen Eduard Strauss‘ keineswegs gerecht! Wann<br />

endlich spielen die Wiener Philharmoniker auch ein bis zwei Walzer von Eduard Strauss im Rahmen des<br />

Neujahrskonzertes der Wiener Philharmoniker? Der Walzer „Fesche Geister“, op. 75 – sein bekanntester<br />

Walzer – erklang 1985 (!) unter der Leitung von Lorin Maazel zum letzten Male und wäre wieder<br />

überfällig! Ebenso die Walzer „Doctrinen“, op. 79, „Myrthensträußchen“, op. 87, „Das Leben ist doch<br />

schön!“, op. 150, „Lustfahrten“, op. 177, „Grüße an die Aula“, op. 233 u. v. a. m. sollten genauso im<br />

Rahmen des berühmtesten Strauss-Konzertes der Welt erklingen! Gleiches gilt für seine Polkas,<br />

Mazurken, Quadrillen und Märsche. Ein Blick in das Werksverzeichnis verrät dies… Was erklang hingegen<br />

im Jahre 2016 im Rahmen dieses Konzertes? Die Schnellpolkas „Mit Extrapost“, op. 259, (wo ein<br />

Briefträger dem Dirigenten den Original-Taktstock von Johann Strauss brachte) und „Außer Rand und<br />

Band“, op. 168 (getanzt in der Kaiserloge der Trabrennbahn in der Freudenau). Zwischen diesen beiden<br />

erklang die Ouvertüre zur Operette „Eine Nacht in Venedig“ in der bekannten Wiener Fassung unseres<br />

Meisters Johann Strauss, mit der die Wiener Philharmoniker unter der Leitung von Mariss Jansons den<br />

zweiten Teil des Konzertes begannen.<br />

Nach der zweiten Schnellpolka von Eduard Strauss im Rahmen des Neujahrskonzertes erklang von Josef<br />

Strauss einer seiner bekanntesten Walzer – „Sphärenklänge“, op. 235. Dieses Werk wird immer wieder<br />

(durchschnittlich alle drei bis vier Jahre!) gespielt. Auch hier besteht ein enormer Nachholbedarf. Die<br />

Walzer „Aquarellen“, op. 258, und „Transaktionen“, op. 184, wurden schon lange nicht mehr gespielt.<br />

Weitere Empfehlungen wären zum Beispiel: „Perlen der Liebe“, op. 39, „Zeitbilder“, op. 51, und „Wiener<br />

Fresken“, op. 249 sowie seine heute weniger bekannten Mazurken, wie „Herzbleamerl“, op. 31,<br />

„Lieb und Wein“, op. 122, etc.<br />

81


Auf Wunsch des Maestros traten wieder die Wiener Sängerknaben auf und der berühmte Knabenchor<br />

sang die Polka française „Sängerlust“, op.328 (erstmals dabei, Bilder vom Wiener Augarten-Palais, wo<br />

die Wiener Sängerknaben beheimatet sind, wurden gezeigt) von Johann Strauss Sohn und die Schnellpolka<br />

„Auf Ferienreisen“, op. 133, seines Bruders Josef mit einem neu unterlegten Text.<br />

Nach dem Zwischenspiel zwischen dem 2. und 3. Akt der Operette „Fürstin Ninetta“ kam ein bedeutender<br />

internationaler Zeitgenosse der Familie Strauss erstmalig im Rahmen des Neujahrskonzertes zu<br />

Ehren – Emil Waldteufel! Es war eine Freude, diesen Vertreter der französischen „Belle Epoque“ in den<br />

Mittagsstunden des 1. Januar im Musikverein zu hören! Der Walzer „Espana“, op. 236 (gestaltet nach<br />

der gleichnamigen Rhapsodie von Emmanuel Chabrier), mit dem Einsatz von Kastagnetten, war der erste<br />

Walzer von Waldteufel im Rahmen des Neujahrskonzertes der Wiener Philharmoniker. Der Musikwissenschaftler<br />

aus Großbritannien, Herr Andrew Lamb, schrieb Mitte der 1990er Jahre eine Biographie<br />

über Emil Waldteufel. Es wäre zu wünschen, weitere Walzer Waldteufel’s im Rahmen des Neujahrskonzertes<br />

der Wiener Philharmoniker zu spielen. Beispiele: „Die Schlittschuhläufer“, op. 183, „Sirenenzauber“,<br />

op. 154, „Mein Traum“, op. 151, „Immer oder nimmer“, op. 156, „Dolores“, op. 170, „Goldregen“,<br />

op. 160, „Ganz allerliebst“, op. 159, „Ich liebe Dich“, op. 177, etc.<br />

Fast immer dabei ist auch ein Werk von Joseph Hellmesberger junior. Diesmal war sein Vater Joseph<br />

Hellmesberger senior mit der „Ballszene“ vertreten. Dieses Werk ist auch auf der bei Marco Polo erschienenen<br />

CD mit dem Göttinger Symphonieorchester unter der Leitung von Christian Simonis abzuhören.<br />

Herr Prof. Wolfgang Dörner, Autor des legendären Buches über Joseph Lanner und Vorsitzender der<br />

Joseph-Lanner-Gesellschaft, erstellte die Partituren. Hoffentlich werden von den Hellmesbergers auch<br />

weitere Werke geboten, wie die Polka „Die Traumtänzerin“, der „Deutschmeister“-Marsch, Ouvertüre<br />

und Walzer aus „Das Veilchenmädel“ usw.<br />

Beschämend ist auch, dass von Johann Strauss Vater – genauso wie Eduard Strauss – neben dem<br />

Radetzky-Marsch am Ende meistens nur ein Galopp geboten wird, was dem kompositorischen Schaffen<br />

des Begründers der bedeutendsten Musikerfamilie des 19. Jahrhunderts keineswegs gerecht ist. Diesmal<br />

war es der frühe „Seufzer“-Galopp, op. 9, wo die Orchestermitglieder bei den entsprechenden Passagen<br />

des Werkes „seufzten“. Wann hören Musikfreunde aus aller Welt im Rahmen des Neujahrskonzertes die<br />

Walzer „Huldigung der Königin Victoria von Großbritannien“, op. 103, „Musikvereins-Tänze“, op. 140,<br />

„Loreley-Rhein-Klänge“, op. 154, „Die Friedensboten“, op. 241 (1. Jänner ist Weltfriedenstag! Als Beitrag<br />

für den Frieden in der Welt!) u. v. a?<br />

Berechtigt hingegen ist die Darbietung der Josef-Strauss-Mazurka „Die Libelle“, op. 204. Dieses Werk<br />

wird im Jahre 2016 150 Jahre alt. An dieser Stelle gilt es des Weiteren zu beklagen, dass keine Widmung<br />

an Fürstin Pauline Metternich (ihre sozialen Engagements wurden vor 150 Jahren bekannt, Organisatorin<br />

der Blumenkorsos auf der Wiener Prater Hauptallee) erklang (z. B. Johann Strauss Sohn „Wiener<br />

Bonbons“, op. 307, Josef Strauss „Deutsche Grüße“, Walzer, op. 191, „Pauline I und II“, Polka mazur,<br />

op. 190, Carl Michael Ziehrer „Metternich-Gavotte“, op. 378, Johann Schrammel „Frühlingsgruß an<br />

Pauline“, Polka mazur, op. 84).<br />

Schloss und Gartenanlage von Schönbrunn im 13. Wiener Gemeindebezirk Hietzing waren Schauplatz<br />

einer Balletteinlage zum „Kaiser-Walzer“, op. 437, von Johann Strauss Sohn. Das Schloss Schönbrunn<br />

war Geburts- und Sterbeort von Kaiser Franz Joseph, in dessen Ära die Hochblütezeit dieser Musikrichtung<br />

war; der Bau der Wiener Ringstraße und die Wiener Weltausstellung auf dem heutigen Messegelände<br />

hinter dem Prater fallen ebenfalls in dieses Zeitalter und gehören zu den größten Leistungen der<br />

franzisko-josephinischen Zeit. Das Schloss Schönbrunn steht seit 1996 in der Welterbeliste der Vereinten<br />

Nationen.<br />

82


Die Schnellpolka „Auf der Jagd“, op. 373, aus der Operette „Cagliostro in Wien“ rundet den offiziellen<br />

Teil des Neujahrskonzertes ab. Statt Schreckschusspistolen wurden „Klappen“ wie bei Josef Strauss‘ „Jockey“-Polka<br />

schnell, op. 278, verwendet. Als erste Zugabe erklang die Schnellpolka „Im Sturmschritt“,<br />

op. 348, aus Johann Strauss Sohns erster Operette „Indigo und die 40 Räuber“.<br />

Beim Walzer „An der schönen blauen Donau“, op. 314, unseres Meisters wurden Bilder der Wachau<br />

und dem Strudengau gezeigt. Das berühmteste Werk von Johann Strauss-Sohn – die heimliche Hymne<br />

Österreichs – wird 2017 150 Jahre alt. Johann Strauss Vaters „Radetzky“-Marsch, op. 228, dem berühmten<br />

Feldmarschall Joseph Wenzel Graf Radetzky von Radetz gewidmet, setzte den endgültigen Schlusspunkt<br />

im Konzert.<br />

Der Pausenfilm zeigt das österreichische Bundesland Salzburg, welches vor 200 Jahren nach dem Wiener<br />

Kongress von Bayern abgetrennt und wieder an Österreich angeschlossen wurde. Die Altstadt von Salzburg<br />

mit dem Festspielzentrum, dem Dom (Kulisse für „Jedermann“) und den vielen Barocken Kirchen<br />

und Häuserzeilen steht – wie das Schloss Schönbrunn – seit 1996 im Weltkulturerbekatalog der<br />

UNESCO. Ebenso auch die Wachau. Wann werden die Werke der Familie Strauss in diese Liste aufgenommen?<br />

Die Prominenz wurde im Rahmen des Neujahrskonzertes angeführt vom Generalsekretär der Vereinten<br />

Nationen, Herr Ban Ki-Moon und seiner Gattin, welche Gast waren vom Herrn Bundespräsidenten Dr.<br />

Heinz Fischer und seiner Gattin Margit. Auch der Generalintendant des ORF, Herr Mag. Alexander<br />

Wrabetz war bei diesem Konzert anwesend.<br />

Moderiert wurde das Konzert von Frau Barbara Rett im Fernsehen und Herrn Christoph Wagner-<br />

Trenkwitz im Radio Österreich 1. Den Blumenschmuck in gelb-rötlichen Farbtönen besorgte das Wiener<br />

Stadtgartenamt gemeinsam mit der Innung der Gärtner und Floristen.<br />

Die CD erschien bereits am 8. Jänner 2016, die DVD war drei Wochen später im Handel.<br />

Im Jahr 2017 wird Gustavo Dudamel – der jüngste der Dirigenten eines Neujahrskonzerts der Wiener<br />

Philharmoniker (geb. 1981) – aus Venezuela (Lateinamerika) den Takt führen.<br />

Fotos: www.vienna.at und www.amazon.de<br />

83


Temperamentvolle und farbenprächtige Aufführung einer selten gespielten Operette<br />

Das Operettentheater Salzburg lässt die selten aufgeführte Operette „Ball im Savoy“ des ungarischdeutschen<br />

Komponisten Paul Abraham im neuen Glanz und prächtiger Ausstattung erstrahlen<br />

von Manfred Drescher<br />

Neben der Operettenbühne Wien ist auch die Operettenbühne Salzburg ein gern gesehener Gast in<br />

Schweinfurt. Ist doch bekannt, dass sie farbenprächtige Ausstattungsoperetten mitbringt, die viel dem<br />

Auge aber auch dem Ohr bieten. Der Komponist Paul Abraham (1892 - 1960) hat etliche heute vergessene<br />

Operetten „Viktoria und ihr Husar“, „Blume von Hawaii“ und eben „Ball im Savoy“ komponiert und<br />

alle drei waren zur damaligen Zeit riesige Erfolge und erleben zur Zeit auf den europäischen Bühnen<br />

eine kleine Renaissance. Abraham verstand es das bewährte Gestrige mit dem neuen Zukünftigen zu<br />

verbinden, anders ausgedrückt gelang es ihm, traditionelle Elemente der Musik mit jazzigen Rhythmen<br />

zu kombinieren und damit sein Publikum zu begeistern.<br />

Lucia Meschwitz führt Regie und sie tut etwas, was leider heutzutage nicht mehr selbstverständlich ist,<br />

sie verkitscht die Operette nicht sondern nimmt sie in allen Phasen ernst und sie schafft dadurch auch<br />

den Spagat zwischen dem althergebrachtem und der Moderne. Sie inszeniert „Ball im Savoy“ als farbenprächtiges<br />

Spektakel und das Publikum geht begeistert mit. Einen großen Anteil am Erfolg hat auch Gerlinde<br />

Höglhammer, die für die Kostüme verantwortlich ist. Einfach nur toll, wie bunt, farbenprächtig, ja<br />

fast fließen die Augen vor dieser Farbenpracht dahin, die Kostüme und die Ausstattung sind. Dem steht<br />

auch das ebenfalls bunte und einprägsame Bühnenbild von Christine Sadjina-Höfer in nichts nach. Man<br />

muss ja immer bei allem berücksichtigen, dass es sich hier um ein Tourneetheater handelt, welches es<br />

wesentlich schwerer hat, dies alles auf die Beine zu stellen, als ein fest bespieltes Haus. In diesem Zusammenhang<br />

muss man auch lobend die Choreografie von Monica Fotescu-Uta erwähnen, die das Ballett<br />

zu einem herausragenden Punkt dieser Aufführung führt. Auch dies ist seit vielen Jahren ein Markenzeichen<br />

des Operettentheaters Salzburg. Die Mitglieder des Ballettensembles Illo Tempore aus<br />

Dortmund wirbeln über die Bühne, dass es eine wahre Freude ist. Die musikalische Leitung hat an diesem<br />

Nachmittag im ausverkauften Theater in Schweinfurt Dimitar Panov und er hat sein Orchester gut<br />

im Griff. In allen Facetten weiß das Orchester zu überzeugen und lässt es zum Teil auch ordentlich swingen,<br />

den Foxtrott, den Stepp und den Blues erklingen. Leider ist das Orchester ab und zu etwas zu euphorisch<br />

dabei und überdeckt die ein oder andere etwas schwächere Gesangsstimme. Die Geschichte<br />

um das Paar Marquis Aristide und seiner Frau Madeleine, die nach einer einjährigen Hochzeitreise zurückkehren,<br />

ein bisschen flirten, was der jeweilige Partner total missversteht und dem eheerprobten<br />

Mustafa Bey, der in der Jazzkomponistin Daisy Parker sein endgültiges Glück findet, ist überzeugend auf<br />

die Bühne gebracht.<br />

84<br />

Die Spieldauer ist mit knapp drei<br />

Stunden (inklusive einer Pause)<br />

jedoch schon recht lange und es<br />

hätte der Geschichte sicher gut<br />

getan, etwas zu kürzen, vor allem<br />

in den teilweise doch sehr langen<br />

Dialogen. Etliche Ohrwürmer wie<br />

„Toujour lámour“, „Es ist so schön<br />

am Abend bummeln zu gehen“,<br />

„Was hat eine Frau von der<br />

Treue“, „Ich hab einen Mann der<br />

mich liebt“ oder „Wenn wir Türken<br />

küssen“ reißen das Publikum<br />

richtig mit, es ist halt eine Revueoperette,<br />

die richtig Spaß macht.


In der Rolle des Marquise Aristide de Faublas ist Michael Kurz zu hören. Er, den ich in der Vergangenheit<br />

immer mit überdurchschnittlichen Leistungen im Ohr habe, ist an diesem Nachmittag für mich etwas<br />

gebremst, es fehlt der Glanz in der Stimme, er agiert sehr zurückhaltend, auch die strahlenden Höhen<br />

kommen nicht so, wie ich es von ihm gewöhnt bin. Darstellerisch wie immer ausgezeichnet, bietet er<br />

eine grundsolide Leistung, das Tüpfelchen auf dem I fehlt für mich jedoch. Doris Langara gibt seine getreue<br />

Gemahlin Madeleine und kann mit ihrem sicheren leichten Spiel, aber auch mit ihrem klaren, frischen<br />

und sauberen Sopran voll überzeugen. Als Mustafa Bey, dem türkischen Attaché in Paris hat Stefan<br />

Fleischhacker eine Paraderolle gefunden. Mit einer tollen Spiellaune verkörpert er den vielvermählten<br />

Türken und reißt das Publikum mehr als einmal zu Lachstürmen hin. Gesanglich kann man von ihm<br />

nicht so viel vernehmen, zum einen hat er keine so durchschlagende Stimme und zum anderen übertönt<br />

ihn das Orchester teilweise gnadenlos.<br />

Als Jazzkomponistin Daisy Parker legt Jasmin Bilek einen überzeugenden Auftritt auf die Bühnenbretter.<br />

In blendender Spiellaune und sauber geführtem hohem Sopran kann sie nicht nur Mustafa Bey von sich<br />

überzeugen sondern auch das Publikum – und den Rezensenten. Da hat es Mariana Lazar als argentinische<br />

Tänzerin Tangolita ein bisschen schwerer. Sie, die ja den armen Aristide als Femme fatale verführen<br />

soll, hat für mich persönlich nicht diese Ausstrahlung einer männermordenden Verführerin. Die sinnliche<br />

Ausstrahlung, die diese Rolle eigentlich erfordert, ist an diesem Nachmittag für mich nicht so zu spüren.<br />

Gesanglich ist sie ohne Fehl und Tadel, kann hier wieder entsprechend punkten. Als verliebter, schüchterner,<br />

draufgängerisch sein wollender aber hoffnungslos scheitender Anwalt Celestin Formant liefert<br />

Dieter Hörmann ein Kabinettstückchen ab. Ein mit viel Beifall – und dies völlig zu Recht – bedachter Auftritt.<br />

Insgesamt ein Nachmittag, der ins Blut gegangen ist, der mit seinen schmissigen Melodien, seiner<br />

farbenprächtigen Ausstattung voll überzeugen konnte. Die kleinen Anmerkungen, die ich hier etwas<br />

beckmesserisch angebracht habe, fallen kaum ins Gewicht.<br />

Lediglich der zu<br />

viele Text war<br />

nicht unbedingt<br />

nötig. Hätte man<br />

hier etwas gestrafft,<br />

wäre die<br />

Aufführung noch<br />

schmissiger geworden.<br />

Unter<br />

dem Strich kann<br />

man festhalten,<br />

dass man hochzufrieden<br />

nach Hause gegangen ist. Und das ist in der heutigen Zeit schon sehr viel.<br />

Besuchte Aufführung: 5. Jan. 2016 Tourneebeginn Ende Dez. 2015<br />

Bilder: eigene Aufnahmen<br />

85


Jubiläumsoperette bringt Stimmung nach Schweinfurt<br />

Die „Operettenbühne Wien“ unter Heinz Hellberg feiert 20-jähriges Jubiläum mit der Erfolgsoperette<br />

„Der Bettelstudent“ in Schweinfurt<br />

von Manfred Drescher<br />

Ein gerngesehener Gast in Schweinfurt ist seit vielen Jahren Heinz Hellberg mit der Operettenbühne<br />

Wien. Diesmal ist es etwas Besonderes, feiert die Bühne doch ihr 20-jähriges Jubiläum. Zwanzig Erfolgsjahre<br />

liegen hinter der Wiener Bühne und die treuen Besucher hoffen, dass noch ein paar Jubiläen<br />

draufgepackt werden können. Der große Erfolg von Prof. Heinz<br />

Hellberg, der auch heute wieder für die Regie verantwortlich<br />

zeichnet, liegt vor allem darin, dass er die Operette authentisch<br />

inszeniert, dass er sie nicht zum Kasperltheater macht, sondern<br />

dass er sie ernsthaft und mit Respekt behandelt. In dieser Art<br />

wird die schon so oft totgesagte Operette noch ein langes Leben<br />

führen, auch wenn sie vom Fernsehen und teilweise auch vom<br />

Rundfunk gnadenlos verbannt wird. Wo bleibt der Auftrag der<br />

öffentlichen Anstalten auch die Operette einem jungen Publikum<br />

näher zu bringen. Wo bleiben die Leserbriefe, die Schreiben<br />

an die Rundfunkhäuser, endlich auch hier der Öffentlichkeit<br />

etwas zu bieten und damit auch den Ruf nach der Operette wieder<br />

hörbar zu machen. Wie sollen unsere Kinder denn mit dieser<br />

Musikgattung Kontakte aufnehmen können, wenn sie gnadenlos<br />

von unseren öffentlich-rechtlichen Anstalten davon ferngehalten<br />

werden. Für mich ist dieses einfach nicht nachvollziehbar<br />

und durch die vielen zigtausend Operettenliebhaber in unserem<br />

Land sicherlich auch nicht.<br />

Die Geschichte des tief gekränkten Oberst Ollendorf, der mit einer Ohrfeige durch die schöne Laura,<br />

einer Tochter der verarmten Gräfin Nowalska, für seine Zudringlichkeit „belohnt“ wird, daraufhin zwei<br />

Bettelstudenten als Fürst und Adjutant auftreten lässt, um nach geschlossener Ehe der schönen Laura<br />

den Bettelstudenten zu präsentieren, um sie damit vorzuführen, ist wohlbekannt. Durch seine Überheblichkeit<br />

wird er durch einen der Bettelstudenten, der eigentlich ein Herzog ist, abgesetzt und der andere<br />

Bettelstudent geadelt. Beide finden in den Töchtern der Gräfin ihr Glück und bei Hellberg bekommt der<br />

Oberst Ollendorf zum Schluss noch die Gräfin Nowalska, in sehr gewagter Auslegung des Librettos.<br />

Das Orchester der Operettenbühne Wien wird von Lazlo Gyüker mit straffer und gleichzeitig leichter<br />

Hand geleitet. Er atmet mit dem Orchester mit,<br />

nimmt es auch behutsam zurück, um die ein<br />

oder andere Singstimme besser zur Geltung<br />

kommen zu lassen und ist insgesamt feurig und<br />

ohne Fehl und Tadel bei der Sache. Ein stimmiges<br />

Bühnenbild, einprägsam und immer darauf<br />

bedacht, dass es ja bei einem Tourneetheater<br />

nur begrenzte Möglichkeiten gibt, wird hier von<br />

Adrian Boboc auf die Bretter der Bühne gestellt.<br />

Ebenso gute Arbeit geleistet hat auch<br />

Lucya Kerschbauer, die für die Kostüme die<br />

Verantwortung trägt und diese recht farbenprächtig<br />

und stimmig darbietet. Das gefällt auch<br />

den Augen des Publikums, welches mit Beifall<br />

nicht geizt. Auch der Chor und das Ballett der Operettenbühne können voll überzeugen. Gerade im Bettelstudenten,<br />

bei dem die Dialoge wesentlich kürzer geraten sind, als bei anderen Operetten, kommt<br />

dies ganz besonders zur Geltung.<br />

86


Den Studenten Symon Rymanowicz, den Bettelstudenten, gibt Stefan Reichmann mit weichem klarem<br />

Tenor. Ein bisschen fehlt für mich am heutigen Nachmittag das Feuer, das Strahlen der Spitzentöne, alles<br />

wirkt etwas wie gebremster Schaum. Bei einem seiner Soli, dem „Ich hab kein Geld bin vogelfrei“ merkt<br />

man, was eigentlich an stimmlichen Qualitäten in ihm steckt. Hier leuchtet es plötzlich, die Spitzentöne<br />

strahlen, hier macht das Zuhören Spaß. Vielleicht war er an diesem Nachmittag auch nicht gesundheitlich<br />

in Höchstform. Mit klarem, kernigem Tenor ist Anton Graner sein studentischer Freund Jan Janicki<br />

und kann voll überzeugen. Er macht seine Sache gut, vor allem auch in den Duetten. Hier ist ihm Verena<br />

te Best als Bronislawa, einer der Töchter der Gräfin Nowalska eine exzellente Partnerin. Mit reiner, glasklarer,<br />

äußerst warmer, ausdruckstarker und hübscher Stimme weiß sie zu beeindrucken. Dass sie auch<br />

reizend anzusehen ist, kommt noch dazu und dann besitzt sie etwas, was leider heutzutage selten geworden<br />

ist, eine übersprühende Spiellaune. Bei jeder Geste jedem Ton von ihr merkt man die Leidenschaft,<br />

mit welcher sie sich bedingungslos in die Rolle wirft, eine exzellente Leistung. Ella Tyran setzt als<br />

zweite Tochter Laura einen schönen klaren, vollmundigen und sicheren Sopran ein. Leider ist sie von<br />

Spiel her etwas zu sehr zurückhaltend, zu eisig, zu unnahbar. Natürlich sind die beiden Töchter etwas<br />

eingebildet und arrogant, aber für mich ist das eine kleine Spur zu viel. Sonst aber auch bei ihr eine untadelige<br />

Leistung. Alexandra Scholik bringt eine resolute, immer noch stimmschöne Palmartica Gräfin<br />

Nowalska auf die Bühne, der es Spaß macht zuzuhören aber auch zuzusehen. Eine weitere Bravourrolle<br />

hat Viktor Schilowsky dazubekommen. Er bringt einen mehr als rollendeckenden Oberst Ollendorf auf<br />

die Bühne. Verschlagen, intrigant, spielerisch ein Erzkomödiant, gesanglich eine gepflegte, durchsetzungsfähige<br />

doch auch warme und einfühlsame, kräftige und vollmundige Baritonröhre. Jeder Zoll ein<br />

nur an sich Denkender, der als Gouverneur von Krakau glaubt, sich alles herausnehmen zu können. Viel<br />

Zwischenapplaus auch für ihn. Und schließlich Susanne Hellberg in der kleinen Rolle des Offiziers<br />

Richthofen. Eine Vollblutkomödiantin, die alles aus dieser Rolle herausholt und bei der man sich mehr<br />

als nur ein Couplet gewünscht hätte. Sie ist und bleibt halt, auch in kleinen Rollen, die Stütze des Ensembles.<br />

Urs Mühlenthaler als Enterich, der sächsische Gefängniswärter, überzeugt in erster Linie in<br />

87


schauspielerischer Hinsicht und auch ihm merkt man an, dass er sich vollkommen mit seiner Rolle identifiziert.<br />

Erneut hat die Wiener Operettenbühne ihr Publikum überzeugt, begeistert und mitgerissen. Auch im<br />

zwanzigsten Bühnenjahr präsentiert sie sich frisch und jung wie eh und je. So wollen wir Operette auch<br />

weiterhin noch viele Jahre erleben.<br />

Besuchte Aufführung: 11. Jan. 2016 Tourneebeginn Herbst 2015<br />

Fotos Eigenaufnahmen<br />

Neues über die Operette<br />

von Rudolf Maeder<br />

Volker Klotz, geboren 1930, Professor für Literaturwissenschaft, verdanken wir ein Standardwerk über<br />

die Operette: „Operette – Porträt und Handbuch einer unerhörten Kunst“. Darin werden 106 Werke<br />

ausführlich vorgestellt (Piper, München/Zürich, 1. Auflage 1991, 3. und erweiterte Auflage 2004), das<br />

der Operette wieder ein weites Feld erschlossen hat und das Publikum umfassend über diese Bühnengattung<br />

informiert.<br />

Dem theoretischen Buch zum Thema Operette ließ Volker Klotz nun ein praktisches folgen, in dem er<br />

von seiner Mitarbeit am Theater erzählt, in der er Werke betreut, bei diversen Inszenierungen mitgeholfen<br />

hat und hier nun in Form von Vorträgen, Programmbeiträgen, Werkstattberichten, Arbeitsgesprächen<br />

und wo nötig in neu geschriebenen Dialogszenen und Liedstrophen Zeugnis ablegt. Ein Buch also<br />

für alle, die Operetten lieben, gerne mehr über sie wissen möchten und spontan neue Wege gehen<br />

möchten:<br />

Es lebe: Die Operette – Anläufe, sie neuerlich zu erwecken<br />

Bei Königshausen & Neumann, Würzburg 2014, ISBN 978-3-8260-5087-9<br />

Maria Fjodorowna und Pawlowsk<br />

von Rudolf Maeder<br />

Wieder einmal ist eine historische Biografie erschienen, allerdings von einer ausgewiesenen Historikerin,<br />

Journalistin und Russlandkennerin: Marianne Butenschön. Maria, Kaiserin von Russland. Die Württembergerin<br />

auf dem Zarenthron. Konrad Theiss/Wissenschaftliche Buchgesellschaft. Darmstadt 2015.<br />

422 S. Es handelt sich um die Herzogin von Württemberg, Sophie Dorothee (1759 - 1828), die zweite<br />

Ehefrau des russischen Thronfolgers Paul I. Die Großnichte Friedrichs II. und Schwiegertochter Katharinas<br />

der Großen und wurde in der Folge zur Zarin aller Reußen. Sie war die Mutter von Alexander I., der<br />

seine liebenswürdige, aber dominante Mutter „indiskret“ fand, und von dessen Bruder Nikolaus I., der<br />

ihr einen „gusseisernen“ Charakter attestierte. Von ihren insgesamt 10 Kindern überlebten nur fünf.<br />

Sophie Dorothee („Dortel“) kam aus Mömpelgard (Montbéliard) an einen der glänzendsten Höfe Europas,<br />

blieb dort aber nicht lange, sondern lebte mit ihrem Mann 20 Jahre in Pawlowsk und Gatschina (Zarenresidenz<br />

45 Kilometer südlich von St. Petersburg). Sie war eine der interessantesten Zarinnen Russlands,<br />

auch wenn sie nach dem Tod ihres Mannes 1801 nur noch „l’impératrice-mère“ sein durfte (als<br />

solche trat sie in Leo Tolstois „Krieg und Frieden“ kurz in Erscheinung). Während ihrer Ehejahre und ihres<br />

Witwenstandes in Pawlowsk – und deshalb erscheint sie hier im „Neuen Leben“ – hat sie die Residenz<br />

und den dazugehörigen Park (in dem die Strauss-Brüder ihre Konzerte gaben) zu einem bis heute<br />

vielbesuchten, bedeutenden Bau- und Kulturdenkmal (der größte Schlossgarten Europas) umgestalten<br />

lassen. (Informationen aus Neue Zürcher Zeitung, Feuilleton, 15. Juli 2015, S. 42).<br />

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Informationen, Termine, CDs, Nachrichten, letzte Meldungen...<br />

Kálmán rund um die Welt<br />

Yvonne Kálmán, die Tochter und Erbin des Csárdásfürsten Emmerich Kálmán und Schwester des kürzlich<br />

verstorbenen Komponisten Charles Kálmán, lebt in Mexiko, in den USA und in München. Sie reist von<br />

dort rund um die Welt, um das Werk ihres Vaters zu fördern. Sie sagte, dass sie nach dem Tod ihres Vaters<br />

„verloren“ gewesen sei und sie sich in eine psychiatrische Klinik habe begeben müssen, wogegen<br />

das Verhältnis zu ihrer Mutter nie besonders eng gewesen sei. Das Mutter-Tochter-Konzept habe man<br />

irgendwann aufgegeben, was für beide gut gewesen sei…<br />

Klaus Florian Vogt und seines „Favorites“<br />

Der deutsche Tenor Klaus Florian Vogt (geb. 1970 in Heide, Holstein), sonst eigentlich bei Wagner, Beethoven,<br />

Smetana oder Mozart zu Hause, hat sich an seine Anfänge erinnert (während seines Studiums<br />

zog er durch Altenstifte und Seniorenresidenzen an der Ostsee: Travemünde, Timmendorfer Strand,<br />

Eutin, um sich als zukünftigen „Dramatischen“ zuerst bei Millöcker, Strauss, Léhar und Kálmán zu schulen.<br />

Seine neue CD (bei Sony) heißt „Favorites“ und enthält Arien und Lieder aus Operetten und Musicals<br />

von Kálmán, Stolz, Lehár, Bernstein, Lloyd Webber und Claude-Michel Schönberg.<br />

Wiener Leb’n und Wiener Leut‘<br />

Neue Ziehrer-CD erschienen<br />

von Johannes Böck<br />

Mitte Oktober 2015 gab die Plattenfirma Preiser Records in Zusammenarbeit mit der Carl Michael<br />

Ziehrer-Stiftung und der Johann-Strauss-Gesellschaft von Großbritannien die Folge 22 der Ziehrer-<br />

Edition heraus. Wie jedes Jahr erfolgte der Mitschnitt im Rahmen eines Frühjahrskonzertes in Wien<br />

Landstraße, vorgestellt wird die CD in einem weiteren Konzert in Wien-Währing um den Sterbetag des<br />

letzten k. u. k. Hofballmusikdirektors herum.<br />

Namensgeber ist Ziehrers Chorwalzer „Wiener Leb’n und Wiener Leut“, op. 549, der hier in der reinen<br />

Orchesterfassung zu hören ist. Am 24. Juni 1983 erklang dieser Walzer mit der Gardemusik Wien und<br />

dem Wiener Männergesangverein unter der Leitung des damaligen Chorleiters, Herrn Prof. Franz Xaver<br />

Meyer, im Arkadenhof des Wiener Rathauses anläßlich des 140. Geburtstages des Komponisten. Der<br />

89


Autor dieses Berichtes, der damals bei diesem Konzert selbst dabei war, hofft auf eine CD-Aufnahme<br />

dieses legendären Ziehrer-Konzertes. Es wurden wieder Werke eingespielt, welche bisher noch nie zu<br />

hören waren, wie beispielsweise die Walzer „Mein ist die Welt!“, op. 180, und „Pesther Kinder“, op. 42,<br />

oder der „Technische Militär-Akademiker“-Marsch, op. 456. Im Rahmen des Neujahrskonzertes der<br />

Wiener Philharmoniker wäre die Darbietung solcher Werke eine Bereicherung… Die Gesangseinlagen<br />

bestritten Ekaterina Michailova (Sopran) und Christian Drescher (Tenor).<br />

Des Weiteren würdigte das Carl-Michael-Ziehrer-Orchester unter der Leitung von Herrn Obstltnt. Prof.<br />

Mag. Johann Schadenbauer den ehemaligen Präsidenten der Carl-Michael-Ziehrer-Stiftung, Herrn<br />

Rechtsanwalt Dr. Werner Mäntler, der in Sachen Ziehrer wahre Pionierarbeit leistete. Herr Dr. Mäntler<br />

verstarb im Sommer 2014. Ihm widmete Herr Obstltnt. Prof. Mag. Johann Schadenbauer einen Marsch,<br />

den „Dr.-Werner-Mäntler“-Marsch. Auch die geleistete Arbeit der Sekretärin der Carl-Michael-Ziehrer-<br />

Stiftung, Frau Christine Lepedat ist zu würdigen. Selbstverständlich hebt der Autor dieses Beitrages die<br />

Verdienste der Johann-Strauss-Gesellschaft von Großbritannien an diesem Projekt hervor. Ihr verdanken<br />

Liebhaber und Freunde dieser Musikrichtung zahlreiche Aufnahmen unbekannter Werke der Familie<br />

Strauss und Zeitgenossen!<br />

Abgerundet wird diese Platte mit dem „Deutschmeister-Regiments“-Marsch, op. 6, von Wilhelm August<br />

Jurek.<br />

Es spielt das Original Ziehrer-Orchester unter der Leitung von Hans Schadenbauer und folgende Werke<br />

enthält die CD:<br />

- Vorwärts, ganze Companie! – Marsch, op. 524<br />

- Wiener Leb’n und Wiener Leut’! – Walzer, op. 549<br />

- Hochzeitsglocken – Lied aus der Operette „Fürst Casimir“<br />

- Reisefieber – Polka schnell, op. 530<br />

- Klingt durch die Seele ein süßes Lied – Duett aus der Operette „Fürst Casimir“<br />

- Alarmsignal – Galopp (Polka schnell), op. 453<br />

- Der schlimme Bub in der Klasse – Lied aus der Operette „Das dumme Herz“<br />

- Mein ist die Welt! – Walzer, op. 180<br />

- Glück in der Liebe – Lied aus der Operette „Fürst Casimir“<br />

- Technische Militär-Akademiker-Marsch, op. 456<br />

- Pesther Kinder – Walzer op. 42<br />

- Dr. Werner Mäntler Marsch – Hans Schadenbauer, o. op.<br />

- Küss’ mich noch einmal – Duett aus der Operette „Der Fremdenführer“<br />

- Was wir lieben – Polka franҫaise op. 223<br />

- Der Leutnant u. d. schönen Frauen – Duett aus der Operette „Ein tolles Mädel“<br />

- Deutschmeister-Regimentsmarsch von Wilhelm August Jurek<br />

Dem neuerschienenen Tondokument ist eine weite Verbreitung, den darin enthaltenen Werken sind<br />

viele neue Freunde zu wünschen. Erhältlich ist die Platte unter der Artikelnummer PR 91288.<br />

Die wunderbare Adele wurde 90 Jahre alt: Wilma Lipp<br />

von Rudolf Maeder<br />

Die achtzehnjährige Gesangstudentin erhielt kurz nach Beginn ihres Studiums die Chance ihres Lebens:<br />

Sie sprang 1943 in letzter Minute bei einer Wiener Freiluftaufführung des „Barbiers von Sevilla“ ein. Im<br />

darauf folgenden Jahr wurden alle Theater geschlossen. Nach Abschluss ihres Studiums bei Toti dal<br />

90


Monte in Mailand wurde sie ins Ensemble der Wiener Staatsoper aufgenommen – und war in glänzender<br />

Gesellschaft: berühmte Sopranistinnen wie Ljuba Welitsch, Elisabeth Schwarzkopf, Irmgard Seefried,<br />

Sena Jurinac und Hilde Güden! Aus deren Schatten trat sie 1948, als sie als Königin der Nacht in Mozarts<br />

„Zauberflöte“ einsprang. Die Premierenbesetzung Maria Stader war nach einem Patzer beim hohen F<br />

abgereist… Wilma Lipp sang diesen stratosphärischen Ton gebunden oder mehrmals angeschlagen nicht<br />

zart, sondern mit Feueratem. Sie nahm die Rolle auch in Gesamtaufnahmen mit Herbert von Karajan,<br />

Karl Böhm und Wilhelm Furtwängler auf. Da sie aber ein Sopran war, der über tiefere Töne verfügte,<br />

sang sie 1950 unter Josef Krips in der ersten Studioaufnahme der „Entführung aus dem Serail“ auch die<br />

dramatischen Koloraturen der Konstanze. Ein Kabinettstück der besonderen Art gelang ihr dann in Gesang<br />

und Darstellung neben Hilde Güden und Julius Patzak als Adele in Strauss‘ Meisterwerk „Die Fledermaus“<br />

(unter Clemens Krauss).<br />

Nach der Neueröffnung der Wiener Staatsoper sang Wilma Lipp auch die Pamina („Die Zauberflöte“), die<br />

Nedda („Pagliacci“), Donna Elvira („Don Giovanni“), Margarethe („Faust“), und Eva („Die Meistersinger<br />

von Nürnberg“). Herbert von Karajan, darauf bedacht, schlanke, attraktive Sängerinnen im dramatischen<br />

Fach einzusetzen, bot ihr die Rolle der Kaiserin in Richard Strauss‘ Oper „Die Frau ohne Schatten“ an.<br />

Wilma Lipp sagte ab, denn damals gehörte Leonie Rysanek zum Ensemble der Wiener Staatsoper! Die<br />

Wiener Philharmoniker zeichneten sie mit der Silbernen Rose aus, die Wiener Staatsoper, der sie trotz<br />

vielen Auslandsgastspielen während mehr als vier Jahrzehnten verbunden blieb und das Ensembletheater<br />

verteidigte, ernannte sie zur Wiener Kammersängerin. Am 26. April 2016 wird diese wunderbare<br />

Sängerin nunmehr 91 Jahre alt…<br />

Interessante CD-Neuerscheinungen im Herbst 2015<br />

von Johannes Böck<br />

Im Herbst 2015 fand der Autor im Internet und im Plattenhandel interessante neu erschienene Tonträger<br />

der Werke von Julius Fucik und der Familie Strauss.<br />

I.<br />

Anfang September 2015 gab die in Großbritannien beheimatete Plattenfirma CHANDOS eine CD mit<br />

Werken des aus dem heutigen Tschechien stammenden k. u. k. Militärkapellmeisters Julius Fučik heraus.<br />

Dieses Programm beinhaltet vorwiegend bekannte Werke dieses in Prag gebürtigen exzellenten Tonkünstlers:<br />

91


- Marinarella-Ouvertüre, op. 215<br />

- Uncle Teddy, Marsch, op. 239<br />

- Donausagen, Walzer, op. 233<br />

- Die lustigen Dorfschmiede, Marsch, op. 218 (hier kommen wie bei Josef Strauss‘ „Gnomen“-<br />

Polka, op. 217, und der „Feuerfest“-Polka, op. 269, die Schmiedehämmer zum Einsatz)<br />

- Der alte Brummbär, Polka comique, op. 210, in dem das Fagott das Brummen des Bären imitiert<br />

- Einzug der Gladiatoren, Marsch, op. 68 (Kennmelodie bei Zirkusveranstaltungen)<br />

- Miramare, Ouvertüre, op. 247<br />

- Florentiner-Marsch, op. 214 (sein bekanntester Marsch)<br />

- Winterstürme, Walzer, op. 184<br />

- Herzegovac-Marsch, op. 235<br />

- Regimentskinder, Marsch, op. 169 (auch bei „Contemporaries of the Strauss-Family“, Folge 2 der<br />

Tschechischen Kammerphilharmonie Pardubice unter John Georgiadis dabei, siehe Heft 48<br />

„Neues Leben“)<br />

- Ballettratten, Walzer, op. 226<br />

- Mississippi River, Marsch, op. 160<br />

- Unter der Admiralsflagge, Marsch, op. 82.<br />

2016 jährt sich Fučiks Todestag zum 100. Male. Es spielte das Königlich-Schottische Nationalorchester<br />

unter der Leitung des aus Estland stammenden Dirigenten Neeme Järvi. Aufgenommen wurde in der<br />

Royal Concert Hall in Glasgow (Schottland). Ein Beiheft mit ausführlichen Werksbeschreibungen in Englisch,<br />

Deutsch und Französisch liegt bei.<br />

Nach den legendären historischen Einspielungen der Tschechischen Philharmonie Prag unter der Leitung<br />

von Vaclav Neumann (1920 - 1995) wurden diese Werke wieder neu eingespielt und einer breiten Öffentlichkeit<br />

in Erinnerung gerufen. Es ist zu hoffen, dass der Musikfreund auch diese genialen Schöpfungen<br />

von Julius Fucik im Rahmen des Neujahrskonzertes der Wiener Philharmoniker hören kann (siehe<br />

unter Punkt III.).<br />

II.<br />

92


Mitte November 2015 brachte der in Kalifornien/USA lebende japanische Elektronikingenieur und Pianist,<br />

Herr Dr. Taka „Strauss“ Otagawa (ausführliche Würdigungen siehe Hefte 44 und 48 „Neues Leben“)<br />

bereits die 8. Folge seiner auf 20 (oder mehr!) Folgen ausgelegten Klavieredition heraus. Diese CD-<br />

Produktion der Werke der Brüder Strauss – vor allem Eduard – ist eine ehrgeizige, ambitionierte und<br />

beispiellose Pionierleistung in Zusammenarbeit der Johann Strauss-Gesellschaften von Großbritannien<br />

und Japan. Dies verdient den Dank der Liebhaber und Freunde dieser Musikrichtung! Der Walzer<br />

„Cycloiden“, op. 207, unseres Meisters Johann Strauss entstand im Jahre 1858 und wurde beim Ball der<br />

Techniker in den Wiener Sofiensälen uraufgeführt. Die Aufnahme dieses Werkes im Rahmen der Klavieredition<br />

widmete der Pianist dem in Miami (Florida, USA) lebenden Übersetzer, Strauss-Liebhaber<br />

und Mitglied unserer Gesellschaft, Herrn Dr. Louis A. de la Vega, welcher die von Herrn Prof. Franz Mailer<br />

verfassten Begleittexte zur Josef Strauss-Gesamtaufnahme in internationale Fremdsprachen (Englisch,<br />

Französisch, Spanisch) übersetzte.<br />

Der Autor dieses Beitrages hofft auch hier, dass der „Cycloiden“-Walzer und andere weniger bekannte<br />

Werke der Familie Strauss verstärkt im Rahmen des Neujahrskonzertes der Wiener Philharmoniker gebracht<br />

wird. Dies gilt vor allem den ungerecht und schändlich vernachlässigten Werken von Eduard<br />

Strauss. Dessen Polka „Märzveilchen“, op. 129, und der Walzer „Traumgebilde“, op. 170, widmete er<br />

dem Fürsten Konstantin Hohenlohe-Schillingsfürst und seiner Gattin. Die Aufnahme des Walzers<br />

„Traumgebilde“ widmete Herr Dr. Taka Otagawa Herrn Jonny Lau, Mitglied der Johann-Strauss-<br />

Gesellschaften in Wien und Großbritannien, der bei der Erstellung dieser CD-Edition hilfreich zur Seite<br />

stand. Der Fairness und der Vollständigkeit halber ist auf eine Gesamteinspielung der Werke von Eduard<br />

Strauss in Orchesterfassung ebenfalls zu hoffen.<br />

III.<br />

Ebenso gaben Ende Oktober die Wiener Philharmoniker in Zusammenarbeit mit der Plattenfirma SONY<br />

aus Anlass des 75-jährigen Jubiläums des Neujahrskonzertes der Wiener Philharmoniker eine komplette<br />

Edition auf 23 CDs all jener Werke heraus, welche bereits im Rahmen des berühmtesten Strauss-<br />

Konzertes der Welt gebracht wurden.<br />

319 Werke der Familie Strauss und Zeitgenossen wurden bisher im Rahmen des berühmtesten Strauss-<br />

Konzertes der Welt im Zeitraum von 1941 - 2015 gespielt. Darunter befinden sich 25 Werke, welche bei<br />

früheren Tonträger-Einspielungen nicht berücksichtigt wurden und diese der Liebhaber und Freund<br />

dieser Musikrichtung nach 14 und mehr Jahren wieder hören kann. 13 Werke, welche im Rahmen des<br />

Neujahrskonzertes der Wiener Philharmoniker wohl gespielt, aber nie aufgenommen wurden: Hier holte<br />

dies ein Ensemble der Wiener Philharmoniker nach. Diese sind auf der Folge 23 dieser Edition<br />

nachzuhören.<br />

Ein Booklet mit Erläuterungen des ehemaligen Vorstandes der Wiener Philharmoniker, Herrn Prof.<br />

Clemens Hellsberg, in drei Sprachen und der Auflistung der Werke liegt bei.<br />

Es ist lobenswert, dass die Wiener Philharmoniker eine CD-Gesamtedition der im Rahmen ihrer<br />

Neujahrskonzerte gespielten Werke bringen. Aber es gilt doch, Einiges zu ergänzen:<br />

1946 und 1947 wurde das Neujahrskonzert von Josef Krips dirigiert; die Verdienste von Herrn Prof. Franz<br />

Mailer, welcher 28 Jahre lang (!) das Orchester bei der Programmerstellung beriet; da immer wieder<br />

dieselben Werke gespielt wurden und erst in den letzten 25 Jahren auch weniger bekannte Werke<br />

vermehrt zum Einsatz kamen, ist die Ausbeute in puncto Gesamtwerk – ausgelegt auf 70 Jahre –<br />

trotzdem sehr gering. Ein Blick in die Werksverzeichnisse der Familie Strauss, Joseph Lanners, Carl<br />

Michael Ziehrers und anderer Zeitgenossen verrät, dass ein enormer Nachholbedarf besteht:<br />

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Carl Millöcker, Carl Zeller, Emil Waldteufel, Joseph Labitzky, Karél Komzák, Julius Fučik, Joseph Gung’l,<br />

die Gebrüder Schrammel u. v. m wurden bisher noch nie im Rahmen des Neujahrskonzertes der Wiener<br />

Philharmoniker gespielt!<br />

Johann Strauss Vaters und Eduard Strauss‘ Werke mußten bis jetzt als „Lückenbüßer“ herhalten, was<br />

dem kompositorischen Schaffen dieser beiden nicht gerecht wird. Auch Carl Michael Ziehrer wurde in<br />

den bisherigen Neujahrskonzerten viel zu wenig berücksichtigt (laut Beiheft gerade einmal vier von ca.<br />

600 Einzelwerken), genauso wie Joseph Lanner (mehrmals „Die Schönbrunner“, Walzer, op. 200,<br />

„Hofball-Tänze“, Walzer, op. 161, und „Steyrische Tänze“, op. 165).<br />

Fotos: www.chandos.net, www.strausspianoedition.com und www.amazon.de<br />

Den neuerschienenen Tondokumenten ist eine weite Verbreitung, den darin enthaltenen Werken sind<br />

viele neue Freunde zu wünschen.<br />

Guido Masanetz ist tot<br />

Anfang Nov. 2015 verstarb in Berlin in seinem 101. Lebensjahr der berühmte DDR-Komponist Guido<br />

Masanetz. Der in Österreichisch-Schlesien Geborene durchlief eine große Karriere als Komponist, Dirigent<br />

und Militärkapellmeister in der DDR. Vom ihm stammen zahlreiche Schlager, Operetten und Musicals<br />

und auch Musik zu Märchenfilmen.<br />

Ein 1956 uraufgeführtes Musical wurde von ihm 1962 umgearbeitet und entpuppte sich als einen der<br />

größten Erfolge der DDR-Theatergeschichte: „In Frisco ist der Teufel los“! Die „Musikalische Komödie“<br />

Leipzig ließ das Musical zu Masanetz‘ 100. Geburtstag wieder aufleben…<br />

In eigener Sache…<br />

…bleibt uns nunmehr nur als letzter Satz in diesem Heft:<br />

Ihnen und Ihren Angehörigen eine gute Zeit, vielleicht mit Eduard Strauss:<br />

„Das Leben ist schön“ (Walzer, op. 150) zum Nachhören?<br />

das wünscht Ihnen Ihre Redaktion:<br />

Manfred Drescher, Jonas Geelhaar, Rudolf Maeder und Dr. Ingolf Roßberg.<br />

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ISSN der Druckfassung:<br />

1438 – 065X<br />

ISSN der Internetfassung: 2194 – 5527

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