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SL_Feb_2015

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Martin / fotolia.com<br />

life & style<br />

Sol Neelman<br />

Bloß nicht fallen lassen: „Frauentragen“<br />

Mit langen Schritten: „Straußenrennen“<br />

terschaft im Frauentragen“ jedes Jahr<br />

Dutzende Athleten ihre Frauen über eine<br />

Kiespiste und durch tiefe Wasserlöcher –<br />

huckepack, über die Schulter geworfen<br />

oder mit dem Kopf nach unten hängend.<br />

Der vermeintliche Frauenraub von einst ist<br />

längst zur beliebten Fun-Sportart geworden,<br />

die auch außerhalb Finnlands, etwa<br />

in Australien und den USA, immer mehr<br />

Anhänger findet.<br />

SPASS STATT LANGWEILIGE PORTRÄTS<br />

So wurde auch der Amerikaner Sol Neelman<br />

auf das Frauentragen aufmerksam.<br />

Neelman ist Fotograf und, wie er sagt,<br />

„besessen“ von schrägen, schrillen und<br />

abseitigen Sportarten. Seit Jahren fährt er<br />

durch die Welt, immer auf der Suche nach<br />

seltsamen Sportvarianten. Dafür kündigte<br />

er sogar seine sichere Festanstellung als<br />

Fotograf bei einer auflagestarken Regionalzeitung.<br />

2011 veröffentlichte Neelman<br />

seinen ersten Bildband, der gleich ein Verkaufsschlager<br />

wurde. Nun ist im Kehrer-<br />

Verlag mit „Weird Sports 2“ sein zweites<br />

Buch zu seinem Lebensthema erschienen.<br />

„Ich liebe es, Menschen dabei zuzuschauen,<br />

wie sie Spaß haben“, sagt Neelman<br />

auf die Frage, was ihn nach all den Jahren<br />

noch antreibt, kein abseitiges Sportevent<br />

auszulassen. „Ich habe früher für ernsthafte<br />

Nachrichtengeschichten fotografiert und<br />

langweilige Porträts von Geschäftsführern<br />

gemacht. Ich habe viel darüber nachgedacht,<br />

was ich machen würde, wenn ich<br />

nicht seltsame Sportarten fotografieren<br />

würde. Am Ende ist mir nichts eingefallen,<br />

was mir so viel Spaß machen und mir so<br />

leicht ein Lächeln entlocken könnte.“<br />

Mit dieser kindlichen Freude porträtiert<br />

Neelman in seinem Bildband genau jene<br />

Menschen, die sich selber nicht ganz ernst<br />

nehmen – ihre Randsportart aber dennoch<br />

mit viel Liebe, Ehrgeiz und Kreativität<br />

betreiben. Da gibt es etwa einen Hindernislauf,<br />

bei dem die Sportler nicht nur<br />

Schlammlöcher oder Zäune überwinden,<br />

sondern auch noch vor mit Kunstblut<br />

vollgespritzten Zombies fliehen müssen.<br />

„Star Wars“-Fans hingegen kreuzen beim<br />

„Lightsaber Fencing“ rote und grüne<br />

Lichtschwerter, Feuerfanatiker dreschen<br />

nachts beim „Flaming Tetherball“ mit<br />

Tennisschlägern auf lichterloh brennende<br />

Klopapierrollen. Kraftprotze messen sich<br />

beim Fahrrad-Weitwurf, Fahrradliebhaber<br />

wiederum treffen sich beim „World Naked<br />

Bike Ride“, während eher traditionsbewusste<br />

Amerikaner zur Erntezeit ihre<br />

größten Kürbisse aushöhlen, liebevoll zu<br />

schwimmfähigen Paddelbooten umbauen<br />

und sich auf dem nächstgelegenen See ein<br />

heißes Wettrennen liefern.<br />

BIER ALS SIEGESPRÄMIE<br />

Viele dieser Sportarten sind nur regional<br />

verankert oder einfach aus einer<br />

Schnapslaune heraus entstanden. Über die<br />

sozialen Netzwerke haben einige jedoch<br />

weltweit Anhänger gefunden. Verbände<br />

wurden gegründet, nationale und internationale<br />

Wettkämpfe organisiert. Doch mit<br />

wachsender Popularität droht den neuen<br />

Sportvarianten, dass Ernst und Kommerz<br />

das überlagern, was Fotograf Neelman an<br />

den Randdisziplinen bisher so faszinierte:<br />

Spaß und Leichtigkeit.<br />

Bei den „Weltmeisterschaften im Frauentragen“<br />

besteht diese Gefahr noch nicht.<br />

Zwar gibt es penible Regeln, über die ein<br />

verwegener Räuberhauptmann wie Rosvo-<br />

Ronkainen wohl nur verwundert den Kopf<br />

schütteln würde: Die offizielle Rennstrecke<br />

ist, warum auch immer, exakt 253,5<br />

Meter lang. Die Frau muss mindestens<br />

49 Kilogramm wiegen (sonst bekommt<br />

sie einen Rucksack mit Gewichten umgeschnallt)<br />

und über 17 Jahre alt sein – und<br />

vor allen Dingen muss sie sich freiwillig<br />

wegschleppen lassen.<br />

Großes Geld ist in dieser Disziplin jedoch<br />

bisher nicht zu machen. Die Siegesprämie<br />

wird nach einer Formel berechnet, die<br />

sich im Profisport nicht durchsetzen dürfte:<br />

Das Gewicht der getragenen Frau wird<br />

in Liter umgerechnet – und der Betrag<br />

den neuen Weltmeistern dann in Bier<br />

ausgezahlt.<br />

Text: SPIEGEL ONLINE, Christoph Gunkel<br />

sportslife 25

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