AUGUST/SEPTEMBER
BerlinValley-August-September-2016
BerlinValley-August-September-2016
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TREFFPUNKT<br />
TREFFPUNKT<br />
SCALE YOUR BUSINESS<br />
Welchen Maßstab legt Ihr bei Euren<br />
Startups an das Thema Skalierung?<br />
Alle Startups denken international und wissen, dass<br />
sie ein Geschäftsmodell entwickeln müssen, das<br />
mehr oder weniger global ausrollbar ist. Entsprechend<br />
würden wir in kein Startup investieren, dass<br />
nur in Deutschland oder den Niederlanden funktioniert.<br />
Das ist einfach die Marktlogik und würde<br />
einem auf Wachstum ausgelegten Venture-Modell<br />
wie dem unseren auch nicht entsprechen.<br />
Lorem Die Dmexco Ipsum2015 hat’s vorgemacht: Ein bisschen Show muss sein, um Aufmerksamkeit zu bekommen.<br />
BITTE NAHMACHEN<br />
Mehr Live-Gefühl, engerer Kundenkontakt lauten die Gebote der Stunde. Wie das geht und was<br />
die digitalen Strategien für Konsumenten und die werbetreibende Industrie bedeuten, zeigt die Dmexco in Köln<br />
„Faszinierender Spirit“: Peter Borchers, Leiter des Telekom-Inkubators Hubraum, pflegt die Kontakte zum Silicon Valley.<br />
„WIR MÜSSEN IN DIE<br />
Du hast gesagt, dass Ihr Euch die Teams<br />
genau anschaut. Greift Ihr in die Personalstruktur<br />
ein, wenn Ihr merkt, das läuft nicht?<br />
Wir prüfen die Teams sehr genau und schauen<br />
unter anderem, dass alle Kernkompetenzen im<br />
Gründerteam vorhanden sind. Dann verlassen wir<br />
uns darauf, dass die Gründer im Wesentlichen die<br />
richtigen Entscheidungen treffen. Sie kennen ihr<br />
Modell viel besser als wir und fordern Input von<br />
uns. Insofern verstehen wir uns eher als Servicedienstleister,<br />
der den Teams mit Rat und Tat zur<br />
Seite steht. Dass wir eingreifen und gegensteuern<br />
müssen, kommt eigentlich kaum vor.<br />
BE INTERNATIONAL<br />
„In unserer Wirtschaft sind die digitalen Technologien<br />
der Schlüssel, um Prozesse zu optimieren,<br />
eigene Stärken und Wissensressourcen besser zu<br />
nutzen sowie Geschäfte weiter auszubauen“, heißt<br />
es auf der Website der Dmexco, die am 14. und<br />
15. September erneut die wichtigen Player der Digitalwirtschaft<br />
in Köln zusammenbringt.<br />
Ein Beispiel erleben wir gerade hautnah. Weltweit<br />
sind die Menschen im Monsterrausch und fangen mit<br />
der App Pokémon Go kleine süße Wesen. Niantic<br />
und Nintendo, die Macher der App, haben dabei<br />
geschickt den seit 20 Jahren andauernden Kult in die<br />
digitale Welt übertragen, indem sie die kleinen Taschenmonster<br />
in die Augmented Reality von Google<br />
Maps platzieren. Lokale Händler können den Hype<br />
und den Spieltrieb für sich nutzen und sogenannte<br />
Lockmodule platzieren, die Monster und somit Kunden<br />
auf der Jagd anziehen. „Hier sehe ich ein richtig<br />
krasses Potenzial für lokale Unternehmen. Sprich:<br />
All die Burgerläden oder Cafés. Nutzt den Effekt“,<br />
schreibt der Social-Media-Experte Philipp Steuer auf<br />
seinem Blog (philippsteuer.de).<br />
SNAPSHAT IST SPÜRBAR ENGER<br />
Der andere Hype ist Snapshat. Während die älteren<br />
Digital Natives bereits an dem Bling-Bling des<br />
sozialen Netzwerks verzweifeln, steht die App bei<br />
Jugendlichen hoch im Kurs. In der Umfrage im Youth<br />
Insight Panel (YIP) der Bravo hängt Snapchat bei<br />
den unter Zehn- bis 19-Jährigen (35 Prozent; 2015:<br />
Ob im Bad in der Menge oder in den Bällen: Netzwerken hat auf der Dmexco oberste Priorität.<br />
58 / berlinvalley.com<br />
17 Prozent) das in die Jahre gekommene Facebook<br />
(32 Prozent; 2015: 40 Prozent) ab. Auch das Berliner<br />
Startup Einhorn, das mit nachhaltig produzierten<br />
Kondomen und einer schillernden Content-<br />
Marketing- Strategie, auf sich aufmerksam macht, hat<br />
Snapshat für sich entdeckt. „Inzwischen erreichen<br />
unsere Snaps gute vierstellige View-Zahlen und unsere<br />
Storys werden von mehr als 80 Prozent der Nutzer<br />
komplett angesehen“, sagen die Gründer Philip<br />
Siefer und Waldemar Zeiler im Interview mit Online<br />
Marketing Rockstars. „Das sind jetzt zwar noch keine<br />
Mega-Reichweiten, der Kontakt zu unseren Followern<br />
ist auf Snapchat aber spürbar viel enger als<br />
auf anderen Plattformen.“<br />
Der Trend geht ganz klar zu mehr Live-Gefühl und<br />
Produktpräsentation in Echtzeit. In diesem Jahr wird<br />
es daher erstmals auf der Dmexco eine Motion Hall<br />
geben, die Video und Bewegtbild ein spezielles Forum<br />
bietet. Facebook, Twitter, Maker Studios, aber<br />
auch etablierte Player wie AOL, Bloomberg Media,<br />
NBCUniversal, RTL und ZDF zeigen dort die aktuellen<br />
Trends und Themen sowie neue Inhalte und Plattformen,<br />
die für die Marketing-, Media- und Kommunikationsindustrie<br />
von Bedeutung sind. „Digital is everything<br />
– not every thing is digital“ lautet das Motto der<br />
Messe und soll zeigen, warum digital alles ist und<br />
alles von der Digitalisierung profitiert.<br />
Entsprechend vollgepackt ist die Dmexco, die in den<br />
Bereichen Expo und Conference den Bogen vom Internet<br />
of Things über Wearables und künstliche Intelligenz<br />
bis zur virtuellen und erweiterten Realität<br />
spannen will. Die großen Fragen: Wie erreiche ich<br />
die Konsumenten? Welche Rolle spielen Chatbots<br />
in der Kundenbeziehung? Worauf kommt es beim<br />
360-Grad-Storytelling an? Wie können Unternehmen<br />
sinnvoll die Off- und Onlinewelt verknüpfen?<br />
EIN STÜCK VOM KUCHEN<br />
Faszinierende Beispiele gibt es bereits, etwa die<br />
Out-of-home-Kampagne, die der Außenwerber Ströer<br />
für die Daimler-Tochter Moovel zusammen mit der<br />
Agentur Vivaki umgesetzt hat: Auf mehr als 100<br />
Werbevideo-Screens waren bis Ende Juni in Hamburg<br />
abhängig von Zeit und Wetter unterschiedliche<br />
humorvolle Werbebotschaften zu sehen. Das Stichwort<br />
für die Messe: Programmatic Advertising.<br />
Vor allem aber ist Kreativität und Inspiration gefragt,<br />
wenn es darum geht, die begrenzte Zeit der Konsumenten<br />
auf sich zu lenken. Jeder will ein Stück vom<br />
Kuchen haben, der Aufmerksamkeit heißt. Startups<br />
können wichtige Impulse geben. Sie erhalten im von<br />
der Gründerinitiative des Bundesverbands Digitale<br />
Wirtschaft organisierten Start-up Village ein Forum,<br />
auf dem sie Ideen, disruptive Methoden und Modelle<br />
sowie Know-how präsentieren. Wer die Aufmerksamkeit<br />
bündeln will, bucht einen Speaker-Slot. Für<br />
Richard Michel, CEO vom Bildverwaltungs-Startup<br />
Pixxio, hat sich der Besuch gelohnt: „Viele der damaligen<br />
Besucher setzen unsere DAM-Software mittlerweile<br />
erfolgreich in Unternehmen ein.“<br />
cs<br />
Fotos: Dmexco<br />
Fotos: Deutsche Telekom<br />
Am 3. September findet in Berlin<br />
die Startup Night statt. Wir haben<br />
das Motto „Meet Investors. Meet<br />
Corporates. Scale your Business.<br />
Be International.“ zum Anlass für<br />
ein Gespräch mit Peter Borchers,<br />
Leiter des Hubraum, genommen<br />
MEET INVESTORS<br />
ZUKUNFT SCHAUEN“<br />
Peter, worauf achtet Ihr, wenn sich<br />
Startups bei Euch bewerben?<br />
Auf der einen Seite sind für uns die klassischen<br />
VC-Kriterien wichtig: Glauben wir an das Produkt<br />
oder den Service? Ist der Markt groß genug? Wie<br />
ist das Team aufgestellt? Das Team ist besonders<br />
wichtig, weil die Gründer in der Frühphase ja<br />
meist nur mit Prototypen zu uns kommen. Zum anderen<br />
prüfen wir, ob mittelfristig die Aussicht auf<br />
Synergieeffekte mit den Produkten oder Services<br />
der Telekom besteht. Wenn sich die beiden Kreise<br />
überschneiden, dann investieren wir.<br />
Haben sich die Kriterien in den<br />
vergangenen Jahren verändert?<br />
Die Themen entwickeln sich. Wir kümmern uns insbesondere<br />
um Themen, die heute nur am Rande<br />
oder noch nicht im Tagesgeschäft der Telekom relevant<br />
sind und vermarktet werden. Wir müssen in<br />
die Zukunft schauen. Dementsprechend interessieren<br />
uns neben den klassischen Feldern wie Internet<br />
of Things, Cyber Security oder Connected Devices<br />
auch Themen wie Robotics, künstliche Intelligenz<br />
oder Blockchain.<br />
Stimmt Ihr Euch bei Euren Investitionen<br />
mit anderen Telekom-Abteilungen, zum<br />
Beispiel DT Capital Partners, ab, die als<br />
Nachfolgeinvestoren in Frage kommen<br />
könnten?<br />
Der Hubraum ist grundsätzlich unabhängig bei<br />
seinen Entscheidungen. Das heißt aber nicht, dass<br />
wir uns nicht austauschen. Wenn zum Beispiel DT<br />
Capital Partners Dealflow bekommt, der für sie zu<br />
früh ist, leiten sie ihn an uns weiter und umgekehrt.<br />
MEET CORPORATES<br />
Neben der Telekom sind bei der Startup<br />
Night auch Microsoft, VW, Eon und die<br />
Deutsche Bank an Bord. Wie sieht für dich<br />
idealerweise ein Match zwischen Startup<br />
und Corporate aus?<br />
Ein super Case aus unserem Portfolio ist Teraki.<br />
Das Startup beschäftigt sich mit der Datenoptimierung<br />
im Internet of Things und kürzt – ähnlich wie<br />
bei der MP3-Komprimierung – große Mengen an<br />
Daten um irrelevante Informationen. Dadurch lässt<br />
sich die Netzlast um den Faktor 1:10 bis 1:20 reduzieren.<br />
Eine zukünftige Implementierung könnte<br />
uns beispielsweise wahnsinnig helfen, etwa die<br />
Auslastung der Backbones und Datenleitungen zu<br />
verbessern.<br />
Machen solche Startups die konzerneigenen<br />
Innovationsabteilungen auf Dauer<br />
überflüssig?<br />
Ganz im Gegenteil. Inkubatoren sehe ich als weiteres<br />
Instrument im Werkzeugkasten der Innovation. Startup-Units<br />
ersetzen nicht die konzerneigene Produktinnovation,<br />
sondern wir ergänzen sie. Apple und Google<br />
erfinden ja auch nicht alles selbst. Es gibt immer<br />
ungleich mehr Leute außerhalb des Unternehmens,<br />
die auch gute Ideen haben, als in den Unternehmen.<br />
Ihr seid mit dem Inkubator-Modell nach<br />
Krakau und Tel Aviv expandiert. Was sind<br />
die Gründe für die Standortwahl?<br />
Der Grund findet sich in den Suchfeldern, die wir zu<br />
Beginn besprochen haben. Im Bereich Cyber Security<br />
kommen zwar auch immer wieder Ideen aus Deutschland<br />
oder Osteuropa, aber viel weniger im Vergleich<br />
zu Israel. Von hier erhalten wir irrsinnig gute Bewerbungen<br />
in diesem Bereich. Deswegen haben wir uns<br />
für Tel Aviv entschieden, um von diesem Standort aus<br />
neue und andere Märkte zu erschließen.<br />
Ist die Brücke ins Silicon Valley noch wichtig?<br />
Die Brücke ist nach wie vor sehr wichtig. Viele unserer<br />
Teams haben US-Investoren und gehen früher oder<br />
später in die USA. Auch wenn wir dort noch keinen<br />
Hubraum haben, pflegen wir unsere persönlichen<br />
Netzwerke. So gewährleisten wir, dass die Teams mit<br />
den richtigen Leuten zusammenkommen und sich in<br />
dem Ökosystem vor Ort bewegen können, um Kunden<br />
oder andere Startups zu treffen. Das funktioniert<br />
in den USA nach wie vor sehr gut. Ein Anruf und daraus<br />
ergeben sich gleich drei neue tolle Sachen. Das<br />
ist ein ganz spezieller, faszinierender Spirit.<br />
Welcher Standort in Europa hat am ehesten<br />
das Potenzial eines Silicon Valley?<br />
Ich glaube, dass die Großräume München und<br />
Berlin sich noch wahnsinnig weiterentwickeln werden.<br />
Beide haben eine starke Gründerszene und<br />
gute Corporate-Anbindungen. Aufgrund des technischen<br />
Schwerpunkts hat aber aus meiner Sicht<br />
München eher das Potenzial, eine Art Silicon Valley<br />
von Deutschland oder Europa zu werden. Die<br />
Szene in Berlin ist wie in New York eher inhaltlich<br />
von den Geschäftsmodellen getrieben.<br />
Das Gespräch führte Christoph Strobel.<br />
Fünf Standorte öffnen am 3. September<br />
zur Startup Night. Infos und Tickets unter:<br />
STARTUPNIGHT.DE<br />
berlinvalley.com / 59