III/02 B l i c k p u n k t - Wunschkind eV
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Damit will ich meinen Bericht schließen und ich wünsche uns<br />
allen, die kinderlos bleiben, viel Kraft und Zuversicht, um nach<br />
vorne zu schauen.<br />
Einen ganz herzlichen Dank will ich an dieser Stelle Ingrid<br />
Messing aussprechen, mit der ich über die Redaktion in Briefkontakt<br />
treten konnte. Liebe Ingrid, du konntest und kannst mir<br />
Trauer-Park<br />
4<br />
meinen Schmerz nicht abnehmen, aber das Wissen nicht allein<br />
damit zu sein, hilft damit klar zu kommen. Ich habe mich sehr<br />
über jeden deiner Antwortbriefe gefreut!<br />
Ein Ort der Begleitung für Frauen und Männer, deren Kinderwunsch unerfüllt blieb<br />
Frauen und Männer, Paare, deren Kinderwunsch unerfüllt blieb,<br />
erfahren oft für lange Zeit, sogar lebenslang eine Bindung an<br />
diese große Lücke. Die Breite angrenzender Konflikte wie Ausgrenzung<br />
aus "normalen Lebensmustern", Ausbleiben von<br />
Gemeinschaftserfahrungen, Missachtung der Gefühle durch das<br />
Umfeld, der Verletztheit, der großen Belastung für die Ehe und<br />
die eigene Person, Wertlosigkeit, Sinnlosigkeit bleiben oft von<br />
der Umwelt nicht beachtet. Doch all diese Erfahrungen nehmen<br />
den normalen Boden, das innere Gleichgewicht, die Sicherheit<br />
und Geborgenheit im Leben. Nur eine halbe Frau, ein halber<br />
Mann, eine "leere Schale" zu sein, die nicht gefüllt wird, bleibt<br />
oft trotz anderer Erfolge im Leben wie eine wunde Stelle.<br />
Da Trauer für ein Kind, das nie existiert hat, bisher wenig<br />
beachtet und vorgestellt wurde, haben sich die betroffenen<br />
Eltern auch schwer zu dieser Trauer bekennen können. Rationale<br />
Befriedungen und Begründungen auch vor sich selbst,<br />
dass man doch auch ohne Kind gut leben kann, können die<br />
Seele nicht täuschen. Das Ungelöste schleicht sich manchmal<br />
durch Blockaden wie durch eine Hintertür wieder ein. Und die<br />
Bindung an den Wunsch nach einem leiblichen Kind kann wie<br />
ein Stachel neues lebenswertes Leben verhindern.<br />
Trauer bedeutet Bejahung des Verlustes. All die nicht erfahrenen<br />
körperlichen und seelischen Begegnungen mit sich selbst in<br />
Schwangerschaft und Geburt, mit dem Kind und der Welt<br />
bedeuten Verluste, die genauso schmerzhaft sind wie das<br />
Verlieren von bereits Gehabtem, Gelebtem. Diesem Schmerz<br />
ans Licht zu helfen und durch ihn hindurch zu wandern, erfordert<br />
Mut und Schutz, Annahme und Erkennen, Auflösen und Freiwerden<br />
unter der Begleitung von Menschen, hier Fachleuten<br />
verschiedener Disziplinen, die achtsam wahrnehmen und verschiedene<br />
Wege der Veränderung anbieten.<br />
Das Projekt "Trauer-Park" wird im Frühjahr 2003 im Odenwald<br />
mit Seminaren beginnen, die auf einander aufgebaut sind, aber<br />
auch einzeln besucht werden können. Das Ziel soll sein, ganz<br />
persönliche Wege durch die eigene Trauer um den unerfüllten<br />
Kinderwunsch zu finden und nach Möglichkeiten der Annahme<br />
unseres jeweils besonderen Schicksals zu suchen.<br />
Fachkräfte aus aus den Bereichen Medizin, Theologie, Therapie<br />
und Kunst (wie Schreib-, Musik- und Kunsttherapie) werden<br />
Anita Rau<br />
helfen, eine Wandlung durch Handlung zu erfahren. Neben<br />
eigenem praktischen Tun können Vorträge, Andachten,<br />
Gespräche, Rollenspiele und Zeremonien zu Abschied und<br />
Neubeginn als Hilfe des Bejahens und Loslassens genutzt<br />
werden.<br />
Der Bau einer Parkanlage mit Pavillon und Seminargebäude ist<br />
ein angestrebtes Fernziel. Der Park bedeutet, dass hier in<br />
wohltuender Natur unter Bäumen und am Wasser an verschiedenen<br />
Plätzen Ruhe und Heimat für den Schmerz gefunden<br />
werden können. Vorerst werden bereits vorhandene Seminarräume<br />
im Odenwald in angenehmer Landschaft genutzt.<br />
Der "Trauer-Park" ist die Bezeichnung für<br />
einen Ort und gleichzeitig für ein Angebot der<br />
Begleitung, der inneren Heilung und des<br />
Abschieds. Im behüteten Durchleben der<br />
Gefühle soll die offene Wunde in uns geschlossen<br />
werden. Eine neue Wertschätzung<br />
des Lebens, der eigenen Person und der<br />
Familie, auch wenn sie nur aus dem Paar<br />
bestehen wird, bedeutet den ersten Schritt in<br />
eine Zukunft, die neue Sinnfindung, Liebe und<br />
Freude bereit hält.<br />
Das Projekt entstand durch meine eigenen Erfahrungen. Ich bin<br />
selbst eine Betroffene. Mein Leben wurde durch die Last der<br />
Kinderlosigkeit stark beeinflusst. Obwohl ich nun als 50jährige<br />
aus der "akuten Phase" heraus gewachsen bin, kenne ich das<br />
Problem der Bindung an den Wunsch gut. Aus meinen eigenen<br />
Bedürfnissen und denen anderer ungewollt Kinderloser entstand<br />
der Plan für einen Trauer-Park.<br />
Als Diplom-Diakoniewissenschaftlerin, Hospizbegleiterin und<br />
Kunstpädagogin habe ich mich intensiv mit Trauerarbeit, Begleitung<br />
und künstlerischen Möglichkeiten der Verarbeitung von<br />
Krisen befasst. Gemeinsam mit meinem Mann, Prof. Robert<br />
Jewett, der Theologe ist, habe ich soeben ein Buch mit meinen<br />
Collagen und biblischen Meditationen fertig gestellt. Im wissenschaftlichen<br />
Shaker Verlag ist meine Diplomarbeit als Handbuch<br />
für Hospizarbeit unter dem Titel: "Begleitung lindert<br />
Leiden" erschienen. Ich hoffe, dass mein Buch "Sarahs Schwestern"<br />
über die biblische kinderlose Sarah bald erscheinen wird.<br />
Blickpunkt <strong>III</strong>/<strong>02</strong>