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B l i c k p u n k t II/06 - Wunschkind eV

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Blickpunkt<br />

das Nachrichtenblatt<br />

In eigener Sache<br />

Liebe Leserinnen und Leser,<br />

es gibt nun seit 11 Jahren diesen Blickpunkt. Über<br />

Jahre hinweg war dies eine Form News und Stories,<br />

Wichtiges und Unwichtiges, Lustiges und<br />

Trauriges, Tipps und Anregungen zu unserem<br />

Thema zu verbreiten.<br />

Doch jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, an dem wir<br />

mit großem Bedauern feststellen müssen, dass die<br />

Arbeit, eine solche Vereinszeitung zu erstellen,<br />

durch die extrem weiter sinkende Anzahl an tatkräftigen<br />

Mitarbeitern, nicht mehr zu leisten ist.<br />

Wir – die Redaktion – haben uns in Abstimmung<br />

mit dem Vorstand dazu durchgerungen, den Blickpunkt<br />

auf unsere Homepage zu verlagern.<br />

Sie erhalten daher nach dieser Ausgabe nicht<br />

mehr wie bisher den Blickpunkt zugesandt, sondern<br />

können stattdessen auf die gewohnten Informationen<br />

über unsere Homepage zugreifen.<br />

Das heißt nicht, dass es nie wieder einen Blickpunkt<br />

in der alten Form geben wird. Doch die neue<br />

Form der Informationsverbreitung bietet uns eine<br />

einfachere und weniger arbeitsintensive Aufarbeitung<br />

von allem, was mit dem Thema Kinderwunsch<br />

zu tun hat.<br />

Wir danken an dieser Stelle noch einmal allen<br />

herzlich, die in diesen 11 Jahren an unserem<br />

Blickpunkt mitgearbeitet haben.<br />

Aber nun erwarten Sie wieder die Artikel, die wir für<br />

Sie ausgesucht haben. Die Rubrik Kinderwunsch<br />

und Medizin beginnen wir dieses Mal mit einer Momentaufnahme<br />

der Kinderwunschsituation in<br />

Deutschland. Bei diesem, für den Spiegel verfassten<br />

B l i c k p u n k t <strong>II</strong>/<strong>06</strong><br />

Der Verein der Selbsthilfegruppen für<br />

Fragen ungewollter Kinderlosigkeit<br />

Damit das Mögliche entsteht, muss immer<br />

wieder das Unmögliche versucht werden.<br />

(Hermann Hesse)<br />

Artikel kommt auch WUNSCHKIND - wenn auch nur<br />

kurz - zu Wort. Es schließen sich weiteren Neuigkeiten<br />

aus der Repro-Medizin an, die mit einigen interessanten<br />

andrologischen Themen zum Abschuss<br />

kommen.<br />

Und auch von der rechtlichen Seite gibt es Einiges<br />

zu berichten: Was gibt es Neues von der „Adoptionsfront“?<br />

Öffnet sich etwa doch eine Lücke im<br />

Embryonenschutzgesetz mit ausländischen Embryonen?<br />

Auch das Urteil des 1. Senats des Bundesverfassungsgerichts<br />

in Sachen „künstliche Befruchtung“<br />

dürfte für viele interessant sein, die Entscheidung<br />

lag zum Redaktionsschluss aber leider noch<br />

nicht vor.<br />

Nachdem „Hanni“ über Ihre sehr persönlichen Erfahrungen<br />

beim „letzten Versuch“ berichtet, erfahren<br />

Sie Neues über die Umfrage zum Kinderwunsch<br />

„Perspektive Deutschland“ und die aktuelle Lage der<br />

Kinderwunschklage.<br />

Berichte über Auslandsadoptionen und vom letzten<br />

ESHRE-Kongress in Prag sowie den Terminen der<br />

nächsten Monate runden zusammen mit einer<br />

Buchbesprechung unseren letzten Blickpunkt ab.<br />

Wir wünschen allen Leserinnen und Leser alles Gute<br />

in der kalten Jahreszeit. Ein frohes und gesegnetes<br />

Weihnachtsfest, alles Gute und viel Gesundheit<br />

im neuen Jahr und vor allem die Erfüllung Ihrer Kinderwünsche.<br />

Ihr Redaktionsteam


Inhalt<br />

In eigener Sache<br />

Kinderwunsch und Medizin 2<br />

Fortpflanzung - Die Babygrenze 2<br />

Mit Nadeln eher schwanger? 6<br />

Ungewollt kinderlos – Wege aus der Krise mit dem Paar+Programm 6<br />

Künstliche Befruchtung mit der Nadel ist sicher - Angestochene Eizellen bleiben meist gesund 7<br />

Akupunktur: Stechen allein reicht nicht 8<br />

Bei Kinderwunsch lohnt sich HbA1c unter 6,3 Prozent 8<br />

Ein polyzystisches Ovarsyndrom verursacht nicht nur Schönheitsfehler 8<br />

Infertilität bei Männern - das ist meist ein Fall für Chirurgen 10<br />

Reife Eizellen aus der Petrischale 10<br />

Kein Nachwuchs in Sicht - Was kann der Androloge tun? 12<br />

Ungewollt kinderlos - häufig liegt’s am Mann 12<br />

Progesteron bringt Spermien auf die richtige Spur 14<br />

Neues Einfrier-Verfahren für Eizellen 15<br />

Frauenärzte wollen Gesetzesänderung bei Embryoschutz 15<br />

Kinderwunsch und Recht 16<br />

Adoption in Deutschland 16<br />

Repromediziner gründen eigene Ethikkommission 18<br />

Info Bayrische KK Erfolgsmodell Zahlung für Internet und BP 18<br />

Gesetzeslücke im ESchG? 19<br />

Einmal sterilisiert – für immer kinderlos? – aktuelle Urteile 19<br />

Verhandlung des BVG in Sachen "Künstliche Befruchtung" am 21. November 20<strong>06</strong> 20<br />

Erfahrungsberichte 21<br />

Mein letzter Versuch. 21<br />

Aktuelles und Allgemeines 23<br />

Umfrage zum Kinderwunsch "Perspektive Deutschland" 23<br />

Kinderwunschklagen – Die aktuelle Lage 24<br />

Bevölkerung in Deutschland schrumpft schneller 24<br />

Ein Kind aus der Ferne 27<br />

ICSI und ESHRE 20<strong>06</strong> in Prag 28<br />

Termine 31<br />

Buchbesprechungen 32<br />

Abschied vom Kinderwunsch. 32<br />

Die Geschichte unserer Familie 33<br />

Kinderwunsch und Medizin<br />

Fortpflanzung - Die Babygrenze<br />

DER SPIEGEL 46/2005 - 14. November 2005<br />

Von Marion Kraske und Udo Ludwig<br />

Einst fuhren Frauen bei Nacht und Nebel über<br />

die Grenze, um in Holland abtreiben zu lassen.<br />

Heute reisen sie ins Ausland, um schwanger zu<br />

werden. Ausgerechnet im kinderarmen Deutschland<br />

sind die Gesetze für künstliche Befruchtungen<br />

extrem streng.<br />

Katrin und Daniel A. sind ein Ehepaar, wie es sich<br />

die Methusalem-Gesellschaft nur wünschen kann:<br />

Mit 26 Jahren besitzen die beiden ein technisches<br />

Labor, beschäftigen sieben Angestellte, sind gute<br />

Steuerzahler - und darüber hinaus bereit, Kinder in<br />

die Welt zu setzen.<br />

Das Problem nur: Katrin trägt eine tödliche Erbkrankheit<br />

in sich, Chorea Huntington, auch Veitstanz<br />

genannt. Es ist ein tückisches Vermächtnis. Wird<br />

das Leiden aktiv, verfallen die Gehirnzellen, die<br />

Gliedmaßen beginnen unkontrollierbar zu zucken,<br />

schleichend kommt es zu einer Wesensveränderung,<br />

schließlich zur Demenz. Im vergangenen Jahr,<br />

bevor Katrin ihren Kinderwunsch erfüllen wollte, ließ<br />

sie sich deshalb genetisch durchchecken. Ergebnis:<br />

Bei ihr selbst wird Chorea Huntington frühestens<br />

nach ihrem 60. Lebensjahr ausbrechen, das war die<br />

gute Nachricht. Die schlechte: Der Gendefekt wird<br />

sich mit 50-prozentiger Wahrscheinlichkeit auf ihr<br />

Baby übertragen. In diesem Fall jedoch, so tröstete<br />

2 Blickpunkt <strong>II</strong>/<strong>06</strong>


der Genetiker, könne die Mutter das Kind bis zur 12.<br />

Woche abtreiben lassen. Und dann den nächsten<br />

Versuch starten, so lange, bis einmal ein gesundes<br />

Baby heranreift.<br />

Das Paar war schockiert. "Die Aussicht, regelmäßig<br />

abzutreiben", sagt Daniel A., "das fanden wir pervers."<br />

Andererseits war für seine Frau klar: Ein Kind<br />

mit Chorea Huntington würde sie niemals zur Welt<br />

bringen - "zu grausam" war es gewesen, wie ihre<br />

Mutter und ihre Tante an der Krankheit zugrunde<br />

gegangen waren.<br />

In Deutschland, so lernten die beiden schnell, gab<br />

es keine Lösung für ihr Problem. Dann riet ein Arzt:<br />

Versucht es im Ausland, dort haben die Fortpflanzungsmediziner<br />

ganz andere Möglichkeiten.<br />

Wenige Wochen später saßen sie in einer Praxis im<br />

tschechischen Pilsen - und waren hoffnungsfroh.<br />

Denn die Reproduktionsmediziner praktizieren dort,<br />

was in Deutschland streng verboten ist: Sie untersuchen<br />

die im Labor befruchteten Eizellen auf Anomalien,<br />

bevor sie diese in die Gebärmutter einpflanzen.<br />

So konnte sich Katrin A., als sie sich Anfang Juli in<br />

Tschechien einen Embryo einspülen ließ, absolut<br />

sicher sein: Dieses Kind wird definitiv kein Chorea<br />

Huntington bekommen.<br />

Mutterglück aus dem Ausland? Zu Hunderten pilgern<br />

deutsche Paare über die Grenze, nach Spanien<br />

oder Belgien, Tschechien oder Polen, England<br />

oder in die Slowakei.<br />

Ähnlich wie in den siebziger Jahren, als sich deutsche<br />

Frauen bei Nacht und Nebel heimlich zur Abtreibung<br />

nach Holland aufmachten, zwingen deutsche<br />

Gesetze sie erneut ins Ausland - diesmal reisen<br />

sie, um schwanger zu werden.<br />

Die strengen deutschen Regelungen zur künstlichen<br />

Befruchtung haben einen europaweiten Fruchtbarkeitstourismus<br />

ausgelöst, der sich von dem verzweifelten<br />

Wunsch ungewollt Kinderloser nach Nachwuchs<br />

nährt. Ein Wunsch, den deutsche Ärzte nur<br />

sehr begrenzt erfüllen dürfen. Ihnen sind die Hände<br />

gebunden durch ein antiquiertes Embryonenschutzgesetz:<br />

14 Jahre alt, medizinisch veraltet, moralisch<br />

umstritten.<br />

Längst haben die Betroffenen aufgegeben, die abstruse<br />

deutsche Gesetzeslage zu verstehen, die vor<br />

allem durch Widersprüchlichkeit glänzt. So ist Abtreibung<br />

bis zum dritten Monat erlaubt, aber das<br />

Vernichten eines im Reagenzglas befruchteten Zellklumpens<br />

verboten; Feten dürfen im Mutterleib auf<br />

Anomalien getestet werden, aber befruchtete Eizellen<br />

im Reagenzglas nicht. Die Samenspende ist erlaubt,<br />

die Eizellspende verboten.<br />

In einem überalterten Land, das kaum etwas dringender<br />

braucht als Nachwuchs, behindert ein Gesetz<br />

all jene, die ungewollt kinderlos bleiben. Seit<br />

die künstliche Befruchtung im Rahmen der Gesundheitsreform<br />

eingeschränkt wurde, können sich viele<br />

ihren Kinderwunsch zudem kaum noch leisten. Vor<br />

zwei Jahren kamen noch 1,6 Prozent der Babys<br />

nach künstlicher Befruchtung zur Welt, nach der Re-<br />

form rutschte die Rate 2004 auf rund 0,8 Prozent<br />

ab. Wer zahlen kann, geht lieber ins billige Ausland -<br />

zumal dort liberalere Gesetze Methoden erlauben,<br />

die schneller zum Erfolg führen.<br />

Kein Wunder, dass deutsche Reproduktionsmediziner<br />

nun Sturm laufen. Die gestrenge Haltung<br />

Deutschlands kann "kein ausländischer Kollege<br />

mehr verstehen", berichtet Michael Thaele, Vorsitzender<br />

des Bundesverbands Reproduktionsmedizinischer<br />

Zentren Deutschlands. Die deutsche Bioethik<br />

sei "menschenfeindlich", urteilt Gerhard Leyendecker,<br />

Direktor der Frauenklinik Darmstadt, sie<br />

zwinge Kinderwillige in eine Art "Roulettespiel".<br />

"Deutsche Frauen sind doppelt bestraft", findet Professor<br />

Thomas Katzorke, Leiter des Essener Zentrums<br />

für Reproduktionsmedizin, "bleiben sie hier,<br />

müssen sie mehr bezahlen und bekommen nicht die<br />

modernsten Methoden geboten."<br />

Tatsächlich sind medizinische Hightech-Methoden<br />

wie die In-vitro-Behandlungen, bei denen Eizellen<br />

entnommen, in der Petrischale befruchtet und zurückgesetzt<br />

werden, in der Slowakei schon für 1000<br />

Euro zu haben, in der Ukraine und Bulgarien noch<br />

billiger. Allein in Tschechien gibt es bereits 17 Reproduktionskliniken,<br />

die sich vornehmlich an deutsche<br />

und italienische Patienten wenden, in Polen<br />

sind es sogar 41. Die Niederlande gelten als Eldorado<br />

für Lesben, dort werden anonyme Samenspenden<br />

angeboten. Brüssel ist berühmt für seine<br />

Embryonen-Auswahl. Wer eine Eizelle braucht, bekommt<br />

sie im angesehenen spanischen Instituto<br />

Valenciano de Infertilidad, in den USA oder in Russland<br />

gibt es Spenderinnen und Leihmütter im Katalog.<br />

Sekretärinnen sind dort im Angebot, Buchhalterinnen,<br />

Krankenschwestern; alle Farben, alle Größen,<br />

alle Nationalitäten. Beispiel: Russin, Blutgruppe<br />

A, 24 Jahre alt, 1,68 Meter groß, 50 Kilogramm<br />

schwer. Blond, Stupsnase, graublaue Augen.<br />

Das Geschäft der Babymacher boomt, seit Paare<br />

immer später Eltern werden wollen. "Wir bieten in<br />

der Fortpflanzungsmedizin alles, was möglich ist",<br />

sagt Herbert Zech, Leiter des Bregenzer Instituts für<br />

Reproduktionsmedizin, das 2004 eine Steigerung<br />

deutscher Gebärwilliger um 50 Prozent verzeichnete.<br />

Alles, was möglich ist? In Deutschland wären die<br />

Betroffenen schon zufrieden, wenn praktiziert würde,<br />

was sinnvoll ist. Etwa einen Embryo genetisch<br />

auf Qualität zu untersuchen, bevor er in die Gebärmutter<br />

gesetzt wird. Diese sogenannte Präimplantationsdiagnostik<br />

aber verbietet das Embryonenschutzgesetz.<br />

Der herangezüchtete Embryo wird<br />

hierzulande in die Frau gesetzt, ohne ihn zuvor auf<br />

Risiken überprüft zu haben. Das treibt viele Patientinnen<br />

ins Ausland.<br />

Eine Klinik im tschechischen Pilsen etwa behandelt<br />

jedes Jahr mehrere hundert deutsche Paare - und<br />

das, so behauptet Klinikleiter Petr Uher, mit weitaus<br />

höheren Erfolgsquoten als in deutschen Kliniken.<br />

Über die Hälfte der Kundinnen werden schwanger.<br />

In deutschen Instituten lag die Erfolgsquote 2003 bei<br />

Blickpunkt <strong>II</strong>/<strong>06</strong> 3


und 27 Prozent. Mag sein, dass privatwirtschaftliche<br />

Kliniken ihre Kundinnen nach Erfolgsaussicht<br />

selektieren, hoffnungslose Fälle erst gar nicht aufnehmen<br />

- die Statistiken sind in diesem Punkt umstritten.<br />

Dennoch: Die Gründe für das dramatisch<br />

bessere Ergebnis im Ausland liegen in der erlaubten<br />

Technik.<br />

In Deutschland beispielsweise werden Eizellen bereits<br />

zwei bis drei Tage nach einer künstlichen Befruchtung<br />

im Reagenzglas in den Uterus zurückgesetzt<br />

- sobald mikroskopisch erkennbar ist, dass eine<br />

Zellteilung stattfindet. Die Kliniken in Bregenz,<br />

Pilsen oder Warschau warten dagegen die Entwicklungen<br />

aller befruchteten Eizellen bis zum 5. Tag ab<br />

und setzen nur die geeignetsten ein. Der Rest wird<br />

weggeworfen - in Deutschland ein illegaler Vorgang.<br />

Hierzulande muss jeder lebensfähige Embryo in die<br />

Gebärmutter eingepflanzt werden. Eine Auswahl<br />

findet deshalb nicht statt, und so sinken die Chancen,<br />

den Optimalen zu erwischen.<br />

Nadine S. hat dieses Baby-Glücksspiel mitgemacht,<br />

viel zu lange. Mit 37 entschied sich die Zahnärztin<br />

zum Kind. Doch nichts geschah. Zwei Jahre später<br />

ging sie, immer noch nicht schwanger, in ein anerkanntes<br />

Berliner Institut für Reproduktionsmedizin<br />

und ließ sich künstlich befruchten. Einmal, zweimal,<br />

dreimal, vergebens. "Es war eine grässliche Zeit",<br />

sagt sie. Die körperlichen Strapazen der vorbereitenden<br />

Hormonkuren. Das ständige Hoffen und<br />

Bangen. Und dann immer wieder der Schlag in die<br />

Magengrube.<br />

Vor dem sechsten Versuch - sie war mittlerweile 41<br />

Jahre alt - eröffnete sie dem Klinikprofessor, dass<br />

sie es nun in den USA versuchen wolle. Warum<br />

denn das, habe der geantwortet: "Fahren Sie doch<br />

nach Bregenz." Nadine S. war fassungslos. In all<br />

den fünf erfolglosen Jahren hatte ihr niemand einen<br />

Wink gegeben. "Weil sie an mir verdienen wollten",<br />

glaubt die Frau. Weil die Ärzte das nicht dürfen, sagt<br />

der Gesetzgeber.<br />

Wenig später saß sie in Bregenz am Bodensee.<br />

Professor Herbert Zech entnahm ihr 14 Eizellen und<br />

befruchtete alle im Reagenzglas. Nach zwei Tagen<br />

hatten nur sieben überlebt, nach fünf Tagen waren<br />

nur noch drei übrig, von denen ihr die Mediziner<br />

zwei einpflanzten. Eine überlebte: Nadine gebar einen<br />

Sohn.<br />

Doch diese so erfolgreiche Selektion ist es, an der<br />

sich in Deutschland die Debatte um Fortpflanzungsmedizin<br />

entzündet. Seit den Gräueln des Nationalsozialismus,<br />

den Menschenversuchen des Nazi-Arztes<br />

Josef Mengele im "Dritten Reich", gibt es<br />

große Tabus, was die Einordnung von Leben in lebenswert<br />

und lebensunwert angeht.<br />

Das Embryonenschutzgesetz ist Ausdruck dieser<br />

Haltung. Es will dem menschlichen Leben schon in<br />

der frühesten Phase höchstmöglichen Schutz bieten.<br />

Jede "entwicklungsfähige, befruchtete Eizelle",<br />

heißt es dort, sei zu achten. Das bedeutet in der<br />

Praxis: Alle lebensfähigen Embryos müssen in den<br />

Uterus - auch die kränkelnden Mickerlinge.<br />

Dieses Gesetz zwinge ihn dazu, klagt der Gynäkologieprofessor<br />

Gerhard Leyendecker, Embryonen zu<br />

implantieren, "von denen wir wissen, dass sie nicht<br />

überleben können". Nun schlagen deutsche Fortpflanzungsmediziner<br />

vor, die überschüssigen Embryos<br />

nach der Befruchtung im Labor einzufrieren<br />

und sie für eine spätere Schwangerschaft aufzuheben.<br />

Oder sie gleich für eine vorgeburtliche Adoption<br />

freizugeben - an Frauen, die keine Eizellen (mehr)<br />

produzieren können. Damit wäre der ethische Zielkonflikt,<br />

Embryonen mitsamt ihrer Schutzrechte in<br />

den Müll zu werfen, entscheidend entschärft.<br />

In anderen Ländern ist man noch freizügiger: Dort<br />

werden die Embryonen der Forschung zur Verfügung<br />

gestellt. Schließlich, so die Argumentation,<br />

haben die Embryonen am fünften Tag nicht einmal<br />

das Bläschenstadium erreicht, in dem der Zellhaufen<br />

normalerweise erst den Eileiter verlässt und sich<br />

in die Gebärmutter einnistet. Bei der Empfängnisverhütung<br />

mit Spirale wird die befruchtete Zelle oft<br />

viel später getötet.<br />

Warum also die aufgeregte deutsche Diskussion um<br />

ein paar mikroskopisch kleiner Zellklumpen? Der<br />

Verdacht liegt nahe, dass das Thema künstliche Befruchtung<br />

im Fahrwasser der emotional aufgeladenen<br />

Stammzellen- und Klondiskussion zum Politikum<br />

geworden ist. Es geht um weltanschauliche,<br />

religiöse Konflikte und um die grundsätzliche Frage,<br />

wieweit die moderne Medizin in das Handwerk des<br />

Schöpfers eingreifen darf. Es geht darum, ob sich<br />

Eltern in Zukunft ihr Kind designen lassen wie eine<br />

Sofagarnitur. Und ob beschädigtes, unperfektes Leben<br />

von Anfang an aus der Gesellschaft ausgemerzt<br />

werden kann.<br />

Den vielen Hilfesuchenden, die sich sehnlichst ein<br />

Kind wünschen, hilft diese ethische Debatte nicht<br />

weiter. Viele Befruchtungstouristen fühlen sich dadurch<br />

kriminalisiert, sehen sich mit dem Vorurteil<br />

konfrontiert, sie wollten sich ein "kluges, männliches<br />

Kind mit blauen Augen und der Garantie auf den<br />

Nobelpreis klonen", sagt Gaby Ziegler, zweite Vorsitzende<br />

des Vereins <strong>Wunschkind</strong>er.<br />

"Wir haben nicht einmal das Geschlecht bestimmen<br />

lassen", sagt Daniel A. Die 13 Eizellen, die Katrin in<br />

Pilsen entnommen wurden, sind lediglich auf Veitstanz<br />

untersucht worden - auf nichts anderes, beteuert<br />

der werdende Vater. Nach fünf Tagen stand fest:<br />

Sieben hatten den Gendefekt, fünf waren schlecht<br />

entwickelt, ein Follikel taugte.<br />

Trotz des großen Angebots im Ausland ist es für<br />

potentielle Eltern nicht einfach, an seriöse Gynäkologen<br />

zu gelangen. Heimlich, wie Diebe in der<br />

Nacht, informieren sich die Paare im Internet. Um ihr<br />

Risiko, an Pfuscher zu geraten, zu minimieren, organisieren<br />

sie sich, in Web-Adressen wie<br />

www.wunschkinder.de, kinderwunsch.de oder eizellspende.de.<br />

Die Qualität der Methoden jedoch, die bei den<br />

Schnäppchenangeboten in Südafrika oder Zypern,<br />

in der Ukraine oder Weißrussland praktiziert werden,<br />

ist schwer einzuschätzen. Wie die Geschäfte-<br />

4 Blickpunkt <strong>II</strong>/<strong>06</strong>


macherei europaweit und grenzüberschreitend floriert,<br />

zeigte sich im März im rumänischen Bukarest.<br />

Dort hatten Hunderte Spenderinnen Honorare in<br />

Höhe von 300 Dollar für ihre Eizellen bekommen,<br />

die anschließend nach Großbritannien weiterverkauft<br />

wurden. In Studentenwohnheimen im kroatischen<br />

Zagreb warb eine Firma namens "Platinum"<br />

per Flugblatt um Biospenden: Samen brachten 250<br />

Euro, Eizellen sogar 2500.<br />

Um zu verhindern, dass Frauen als lebendige Eizellenfarmen<br />

missbraucht werden, hat das Europaparlament<br />

im März eine Resolution verabschiedet.<br />

Demnach dürfen menschliche Zellen nur noch freiwillig<br />

und unentgeltlich gespendet werden.<br />

Die Kostenfrage aber bleibt. Die Gesundheitsreform<br />

der rotgrünen Regierung hat den Befruchtungstourismus<br />

noch einmal deutlich angeschoben. Gesetzlich<br />

Versicherte müssen seit dem 1. Januar 2004 die<br />

Hälfte der künstlichen Befruchtung selbst tragen.<br />

Inklusive aller Medikamente kommen die Paare auf<br />

bis zu 4000 Euro pro Versuch. Nach drei Versuchen<br />

zahlt die Kasse gar nicht mehr. Auch Frauen, die<br />

jünger als 25 und älter als 40 Jahre alt sind, bekommen<br />

keinen Cent Zuschuss. Unverheiratete gehen<br />

in jedem Alter leer aus. Die Zahl der künstlichen<br />

Befruchtungen in Deutschland hat sich demzufolge<br />

im vergangenen Jahr halbiert.<br />

Der Selbsthilfeverein "<strong>Wunschkind</strong> e. V." macht nun<br />

mobil gegen die Gesundheitsreform, die den Selbstkostenanteil<br />

bei künstlichen Befruchtungen rapide in<br />

die Höhe getrieben hat. Der Berliner Anwalt Udo von<br />

Langsdorff vertritt über 70 Frauen und Männer, die<br />

gegen das Gesetz klagen. Ihre Argumente: Die hohe<br />

Kostenbeteiligung und die Beschränkung auf drei<br />

Befruchtungsversuche seien ungerechtfertigt, unzumutbar<br />

und verfassungsfeindlich.<br />

Besonders unübersichtlich wird die Situation, wenn<br />

beide Partner in unterschiedlichen Kassen sind.<br />

Dann kann es schnell zu Finanzierungslücken<br />

kommen. Ist etwa die privat versicherte Frau gesund,<br />

der gesetzlich versicherte Mann aber Verursacher<br />

der Kinderlosigkeit, so zahlt nur seine Kasse<br />

die Hälfte seiner Kosten. Das Paar muss für die Behandlung<br />

der Frau allein aufkommen.<br />

Zumindest ist seit September höchstrichterlich geklärt,<br />

dass die Privaten für die Kinderwunschbehandlung<br />

auch dann bezahlen müssen, wenn die<br />

Paare bereits Eltern sind. Sofern eine Erfolgsaussicht<br />

von mindestens 15 Prozent gegeben sei, so<br />

urteilte der Bundesgerichtshof, muss die Versicherung<br />

für die IVF-Behandlung aufkommen. Privatversicherer<br />

hatten sich geweigert zu zahlen. Ihr Argument:<br />

Mit dem ersten Kind sei eine "Linderung" der<br />

Krankheit Kinderlosigkeit bereits eingetreten.<br />

Den zunehmenden "Fortpflanzungsmedizintourismus"<br />

empfindet Klaus Diedrich, Vizepräsident der<br />

Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe,<br />

"beschämend für ein hochzivilisiertes<br />

Land". Diedrich kritisiert vor allem, dass "wir in<br />

Deutschland gezwungen sind, uns an das 14 Jahre<br />

alte Embryonenschutzgesetz zu halten, obwohl sich<br />

die Reproduktionsmedizin seither dramatisch fortentwickelt<br />

hat". Von ausländischen Kollegen, so<br />

Diedrich, "werden wir nur mitleidig belächelt".<br />

Der Professor an der Universitätsklinik Lübeck gehört<br />

zu einer Arbeitsgruppe aus Ärzten, Juristen und<br />

Ethikern, die für ein neues, der modernen Medizin<br />

angepasstes Fortpflanzungsgesetz plädieren. Als<br />

ersten Schritt stellten sie im Juli einen Gesetzentwurf<br />

zur Änderung des Embryonenschutzgesetzes<br />

vor, um die Erfolgsaussichten für Schwangerschaften<br />

zu erhöhen und die Rate gefährlicher Mehrlingsgeburten<br />

zu vermindern. Dazu gehört, die befruchteten<br />

Eizellen vor dem Einsetzen eingehender zu untersuchen<br />

- die zweitbeste Lösung nach der Genanalyse.<br />

Doch das Interesse der Politik an diesem Thema ist<br />

quer durch alle Fraktionen gering. Zuletzt hatte Berlin<br />

im Rahmen der Diskussion über die Stammzellenforschung<br />

noch einmal bekräftigt, dass es auf<br />

absehbare Zeit den Schutz des Embryos nicht lockern<br />

will.<br />

Die Enquetekommission des Bundestags zu "Ethik<br />

und Recht der modernen Medizin" berät gegenwärtig<br />

zwar die Perspektiven der Pränataldiagnostik -<br />

aber nur die Frage, welche Vorsorgeuntersuchungen<br />

zukünftig im Mutterleib zulässig sein sollen. Untersuchungen<br />

von Eizellen außerhalb der Frau sind<br />

kein Thema.<br />

Die ethischen Bedenken werden überlagert von der<br />

dramatischen Entwicklung der Bevölkerung. Die<br />

Zahl ungewollt Kinderloser wird immer größer. Derzeit<br />

haben schon über zehn Prozent aller Paare in<br />

Deutschland Probleme, Kinder in die Welt zu setzen.<br />

Das liegt vor allem daran, dass die Gebärwilligen<br />

immer älter werden und damit immer häufiger<br />

unfruchtbar sind. Die Zahl der Frauen, die erst nach<br />

dem 30. Lebensjahr Kinder wollen, hat sich in den<br />

vergangenen zehn Jahren verdoppelt.<br />

Nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums<br />

sind 40 000 Kinder des Jahres 2003 von Paaren zur<br />

Welt gekommen, bei denen der Geburt in irgendeiner<br />

Form die Behandlung einer Unfruchtbarkeit vorausgegangen<br />

war. Das sind mehr als fünf Prozent<br />

aller neugeborenen Deutschen.<br />

Trotz dieser Hilfestellung ist in den vergangenen<br />

Jahren die Geburtenrate auf 1,3 abgerutscht.<br />

Deutschland liegt damit von 191 Staaten, die eine<br />

Statistik führen, an 180. Stelle. Wie lange kann sich<br />

der Staat die restriktive Fruchtbarkeitspolitik noch<br />

leisten?<br />

Vor allem Paare, die nicht mehr der klassischen<br />

Familienplanung mit früher Heirat, Eigenheim und<br />

zwei Kindern entsprechen, fühlen sich in ihrer Lebensplanung<br />

blockiert.<br />

Karin S. aus Heidelberg ist eine jener Frauen, die<br />

die Schranken der Biologie überwinden wollen: Sie<br />

ist bereits Mutter eines 23 Jahre alten Sohnes, geschieden,<br />

beruflich erfolgreich. Vor sechs Jahren<br />

lernte sie ihren neuen Mann kennen.<br />

Blickpunkt <strong>II</strong>/<strong>06</strong> 5


Allmählich reifte der Wunsch, noch mal ein Kind zu<br />

bekommen. Mit 47 Jahren kommt nur eine künstliche<br />

Befruchtung in Frage. In einer Heidelberger Klinik<br />

zahlte Karin S. 4000 Euro. Ohne Ergebnis. Ihre<br />

Eierstöcke produzierten zu wenig Eizellen, aber<br />

Spenderzellen sind ihr schließlich in Deutschland<br />

untersagt.<br />

Im Januar flog sie nach Polen - und ist jetzt in der<br />

19. Woche schwanger. Es werden Zwillinge.<br />

Mit Nadeln eher schwanger?<br />

ULM - Kann Akupunktur die Chancen einer<br />

Schwangerschaft nach einer künstlichen Befruchtung<br />

erhöhen? Laut einer Studie deutscher Forscher<br />

zur In-vitro-Fertilisation (IVF) ist das zumindest<br />

denkbar: 160 Frauen wurden nach einer IVF-<br />

Behandlung in zwei Gruppen unterteilt, von denen<br />

die eine akupunktiert wurde, die andere nicht. Sechs<br />

Wochen später zeigten sich der Ultraschall-<br />

http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,384583,00.html<br />

© DER SPIEGEL 46/2005<br />

Alle Rechte vorbehalten<br />

Vervielfältigung nur mit Genehmigung der SPIE-<br />

GELnet GmbH<br />

Wir danken dem Autor Udo Ludwig für die freundliche<br />

Genehmigung zum Nachdruck dieses Artikels.<br />

Überprüfung deutliche Unterschiede, heißt es in der<br />

Studie: Waren in der Kontrollgruppe nur 26% der<br />

Frauen schwanger geworden, betrug der Anteil bei<br />

den Akupunktur-Patientinnen immerhin 42%. Wie<br />

die Nadeln auf die Gebärmutter und die menschliche<br />

Fortpflanzung Einfluss nehmen, konnten die<br />

Forscher allerdings nicht bestimmten.<br />

Ungewollt kinderlos – Wege aus der Krise mit dem Paar+Programm<br />

Das deutschlandweit einmalige Paar+-Programm<br />

der Burg-Klinik/Stadtlengsfeld startet nach zwei<br />

erfolgreichen Testdurchläufen.<br />

Zwei Paare sind nach den Testwochen bereits<br />

schwanger geworden.<br />

„Eigentlich hatten wir die Hoffnung aufgegeben und<br />

versucht, mit unserer Situation zu leben“, erzählen<br />

Martina und Daniel Meier*. Nach sieben Jahren ungewollter<br />

Kinderlosigkeit und einem scheinbar endlosen<br />

Kampf ist Martina jetzt endlich schwanger geworden.<br />

„Das Paar+-Programm der Burg-Klinik in<br />

Stadtlengsfeld hat einen Wandel unseres Denkens<br />

verursacht und maßgeblich dazu beigetragen, dass<br />

wir bald glückliche Eltern eines Mädchen sind“, so<br />

Martina.<br />

Ungewollte Kinderlosigkeit – für viele Paare ein<br />

Thema. Einige Beziehungen geraten in eine tiefe<br />

Krise, wenn nicht einmal die Reproduktionsmedizin<br />

mehr greift. Genau dort setzt das deutschlandweit<br />

einmalige Paar+-Programm der Burg-Klinik in Stadtlengsfeld<br />

an: Während der einwöchigen Behandlung<br />

in der bekannten thüringischen Klinik arbeiten die<br />

betroffenen Paare gemeinsam mit den Experten ihre<br />

Kinderwunsch-Problematik auf. So finden sie neue<br />

Lösungswege, um mit der hohen körperlichen Belastung<br />

fertig zu werden und neue Hoffnung zu<br />

schöpfen. Paar+ soll dabei die klassische Reproduktionsmedizin<br />

begleiten und unterstützen. Nach zwei<br />

erfolgreichen Testwochen, aus denen bislang zwei<br />

schwangere Paare hervorgingen, startet das final<br />

konzipierte Programm Ende Januar erstmals in seiner<br />

neuen Form. „Wir haben bei dem letztendlichen<br />

Paar+-Konzept die Wünsche und Anregungen der<br />

Paare aus den Testwochen aufgegriffen und konnten<br />

das Konzept so noch weiter optimieren“, erklärt<br />

Dr. Andreas Schmidt, Leitender Psychologe in der<br />

Burg-Klinik.<br />

Wenn Stress und Belastung den Kinderwunsch<br />

behindern<br />

Bleibt einem Paar der eigene Kinderwunsch über<br />

lange Zeit verwährt, fühlen sich die Beteiligten oft<br />

einem Kreislauf aus Leistungsdruck, Schuldzuweisungen<br />

sowie Hoffnung und Verzweiflung ausgesetzt.<br />

Diese Dauerbelastung führt oft dazu, dass der<br />

Kinderwunsch in noch weitere Entfernung rückt. In<br />

der ruhigen und idyllischen Atmosphäre der Burg-<br />

Klinik und ihrer Umgebung lernen die Paare andere<br />

Betroffene kennen, mit denen sie sich austauschen<br />

können, und finden dank professioneller Moderation<br />

wieder neue Impulse für die Partnerschaft. „Gerade<br />

der Austausch mit anderen Paaren, die dasselbe<br />

durchlebt haben und durchleben, war sehr hilfreich<br />

für uns“, so das Paar Meier. Die Teilnehmer gelangen<br />

so wieder zu einer positiven, stressfreien Einstellung<br />

und mehr Gelassenheit, was sich letztendlich<br />

positiv auf die Erfüllung des Kinderwunsches<br />

auswirken kann. „Nicht zuletzt war das abwechslungsreiche<br />

Programm hilfreich, da es uns Alternativen<br />

für die Freizeitgestaltung und Entspannungstechniken<br />

nah gebracht hat“, erklären Martina und<br />

Daniel. Aber wie läuft das Programm ab?<br />

Dank Paar+ zu einer positiven Einstellung finden<br />

In einer ersten Orientierungsphase gehen die Fachleute<br />

der Burg-Klinik individuell auf jeden der Teilnehmer<br />

ein und versuchen, die paarspezifischen<br />

Daten zu erfassen. Hierzu gehören körperliche<br />

Symptome ebenso wie das Aufzeigen von Stressund<br />

Erschöpfungszuständen. Ist dies geschehen,<br />

definieren die Paare zusammen mit dem Klinikpersonal<br />

die eigenen Ziele und Grenzen. Hierbei lernen<br />

sie, den eigenen Partner noch wirksamer zu unter-<br />

6 Blickpunkt <strong>II</strong>/<strong>06</strong>


stützen und sich auf realistische Ziele einzulassen.<br />

Oft fühlen sich die Paare schon dadurch entlastet<br />

und weniger gestresst, sobald sie selbst weniger<br />

von sich fordern. Das Paar+-Team der Burg-Klinik<br />

möchte den Betroffenen dabei aber keinesfalls den<br />

Kinderwunsch ausreden.<br />

Was die Paare gemeinsam haben, ist ein zentral<br />

gewordener Wunsch: Endlich ein eigenes Kind zu<br />

bekommen! Dass sie sich dabei oftmals selbst aus<br />

den Augen verlieren, ist eine Folge des Drucks, der<br />

auf ihnen lastet. Während des siebentägigen Angebots<br />

helfen die Ärzte und Psychologen in Stadtlengsfeld<br />

den Beteiligten, ihre positiven Ressourcen<br />

wieder zu erkennen, zu schonen und auszubauen.<br />

Entspannungstechniken wie Qigong oder Muskelentspannungsübungen<br />

gehören ebenso dazu wie<br />

Nordic-Walking und Aqua-Training. Zusätzlich profitieren<br />

die Paare von zahlreichen weiteren Angeboten<br />

im kreativen, Sport- oder Wellnessbereich. So<br />

schöpfen die Teilnehmer wieder Energie und Mut.<br />

Gespräche, Seminare und Vorträge, in denen die<br />

Problematik intensiv aufbereitet wird, regen zum<br />

Austausch an und sorgen zusätzlich für eine starke<br />

Entlastung. Die Experten in Thüringen zeigen den<br />

Betroffenen während der Woche ebenfalls mit großem<br />

Einfühlungsvermögen auf, welche Formen der<br />

Hilfe – beispielsweise der Besuch von Selbsthilfegruppen<br />

oder Beratungsstellen - sie im täglichen<br />

Leben in Anspruch nehmen können. Sofern gewünscht,<br />

klären sie die Teilnehmer auch über Alternativen<br />

wie z.B. eine mögliche Adoption auf.<br />

Neue Impulse für die Partnerschaft finden<br />

Wie eine interne Evaluationsstudie zu den ersten<br />

beiden Testwochen ergab, fühlten sich die Paare<br />

nachweislich deutlich besser – sowohl, was ihre eigene<br />

Person betrifft, als auch im Erleben der Partnerschaft.<br />

Unabhängig davon, ob der Kinderwunsch<br />

letztendlich erfüllt werden konnte, oder nicht: Die<br />

Teilnehmer blickten deutlich optimistischer in die<br />

Zukunft als vor der Behandlungswoche. Und zwei<br />

Paaren wurde ihr sehnlichster Wunsch erfüllt: In<br />

wenigen Wochen erwarten sie ihr erstes Kind! „Wir<br />

können jedem Paar nur empfehlen, statt einer weiteren<br />

reproduktionsmedizinischen Maßnahme das<br />

Paar+-Programm in Stadtlengsfeld zu besuchen“, so<br />

Daniel.<br />

Die Paar+-Woche ist als Selbstzahler-Programm<br />

konzipiert und kostet 992 Euro pro Teilnehmer. Für<br />

die Paarbeziehung ist es zwar förderlich, aber nicht<br />

zwingend notwendig, dass sich beide Partner in die<br />

professionellen Hände des Burg-Klinik Teams begeben<br />

– einzelne Teilnehmer sind ebenfalls herzlich<br />

Willkommen.<br />

* Namen wurden geändert.<br />

Weitere Informationen erhalten Sie unter<br />

www.paarplus.de, www.burg-klinik.de oder beim<br />

angegebenen Pressekontakt. Anmeldungen zum<br />

Paar+-Programm unter info@burg-klinik.de oder<br />

direkt im Aufnahmesekretariat: 03 69 65 / 68-5 01<br />

Quelle: Pressemitteilung: Hilfe bei ungewollter Kinderlosigkeit<br />

Dr. Becker Klinikgesellschaft mbH & Co. KG<br />

Eva Kindsvater<br />

Pressereferentin<br />

Parkstraße 10<br />

50968 Köln<br />

Tel: (02 21) 93 46 47-48<br />

Fax: (02 21) 93 46 47-40<br />

E-Mail: ekindsvater@dbkg.de<br />

http://www.dbkg.de<br />

Künstliche Befruchtung mit der Nadel ist sicher - Angestochene Eizellen bleiben<br />

meist gesund<br />

GÖTEBORG - Die Debatte ist so alt wie die Methode:<br />

Provoziert die Intrazelluläre Spermieninjektion<br />

(englische Abkürzung: ICSI) Missbildungen bei Kindern?<br />

Nein, sagt eine Studie aus Schweden. Die<br />

beobachteten Fehlbildungen bei dieser Art der<br />

künstlichen Befruchtung sind auf Probleme bei der<br />

Geburt zurückzuführen. Nur die Harnröhre wird gelegentlich<br />

Opfer der spitzen Nadel.<br />

Aus der Swedish Medical Birth Registry und dem<br />

Registry of Congenital Malformations holten sich<br />

Wissenschaftler des Göteborger Sahlgrenska University<br />

Hospitales Daten von mehr als 1.000 schwedischen<br />

Babys, die mit Hilfe der ICSI-Technik gezeugt<br />

worden waren. Die Studie sollte einen Zusammenhang<br />

zwischen dieser Art der künstlichen<br />

Befruchtung und Missbildungen bei den Kindern<br />

nachweisen. Das tat sie aber nicht, auch wenn bei<br />

den ICSI-Kindern tatsächlich mehr schief gegangen<br />

war als bei natürlich Gezeugten. Die Studienleiter<br />

kamen zu dem Urteil, diese Abnormalitäten seien<br />

eher auf die größere Zahl an Früh- und Mehrlingsgeburten<br />

zurückzuführen, die man nach ICSI-<br />

Befruchtung beobachtet. Tatsächlich hatten mehr<br />

als ein Drittel der ICSI-Kinder mindestens ein Zwillings-<br />

oder gar Drillings-Geschwisterchen.<br />

Anders sieht es bei der Hypospadie aus, einer Fehlbildung<br />

der Harnröhre. In Bezug auf die Zahl der<br />

untersuchten Kinder hätten nach statistischer Wahrscheinlichkeit<br />

nur 2 Hypospadien vorliegen dürfen.<br />

Tatsächlich aber waren es 7. "Da wir Hypospadien<br />

mit Fruchtbarkeits-Problemen der Eltern in Verbindung<br />

bringen, ist ein Zusammenhang der Hypospadien<br />

mit der ICSI-Technik wahrscheinlich," wird Dr.<br />

Ulla-Britt Wennerholm, Oberärztin am Sahlgrenska<br />

Universitäts-Krankenhaus, zitiert. Dennoch möchte<br />

die Ärztin Eltern keinesfalls entmutigen, sich dieser<br />

Methode der künstlichen Befruchtung anzuvertrauen:<br />

"Im letzten Jahrzehnt sind weltweit rund 20.000<br />

Blickpunkt <strong>II</strong>/<strong>06</strong> 7


Babys auf die Welt gekommen, die mit ICSI gezeugt<br />

worden waren - und die große Mehrzahl von ihnen<br />

sind normale, gesunde Kinder."<br />

Ob durch ICSI das Risiko für eine Behinderung<br />

steigt, ist seit Einführung dieser Methode umstritten.<br />

Akupunktur: Stechen allein reicht nicht<br />

BETHESDA - Amerikanische Forscher sind dem<br />

Verständnis, wie Akupunktur funktioniert, einen<br />

Schritt näher gekommen. Sie untersuchten dazu in<br />

einer Studie den De-Qi-Effekt, der durch Manipulation<br />

(Drehen oder Auf- und Abbewegen) der Nadel<br />

nach dem Stechen ausgelöst und als essentiell für<br />

die Wirkung der Behandlung angesehen wird. Dabei<br />

scheint es, als ob das Gewebe die Nadel festhält,<br />

was der Akupunkteur als spürbaren Widerstand<br />

beim Herausziehen der Nadel wahrnimmt. Der Patient<br />

spürt das z.B. als Druck, Kribbeln oder Taubheit<br />

an der Einstichstelle. Bei den 30 Studienteilnehmern<br />

wurden von einem computergesteuerten System in<br />

jeweils 8 klassische Akupunkturpunkte und 8 zufällig<br />

Bei Kinderwunsch lohnt sich HbA1c unter 6,3 Prozent<br />

Ärzte Zeitung, 18.01.20<strong>06</strong><br />

JENA (ikr). Eine neue deutsche Studie bestätigt,<br />

wie wichtig es ist, bei jungen Diabetikerinnen<br />

bereits vor der Empfängnis und auch in der<br />

Frühschwangerschaft den Stoffwechsel gut einzustellen.<br />

Gelingt das, ist die Abort- und Fehlbildungsrate<br />

deutlich geringer als bei schlecht eingestellten<br />

Patientinnen.<br />

Die Arbeitsgruppe um die Internistin Dr. Wilgard<br />

Hunger-Dathe aus Jena hat den Verlauf von 85<br />

Schwangerschaften bei 72 Diabetikerinnen - vorwiegend<br />

Typ 1 - analysiert (Geburtsh Frauenheilk<br />

65, 2005, 1147). Außerdem wurden bei den Frauen<br />

zum Beispiel die HbA1c-Werte präkonzeptionell sowie<br />

bei bekannt werden der Schwangerschaft ausgewertet.<br />

Die Rate der Fehlbildungen bei den Kindern betrug<br />

17,6 Prozent. Dabei hatten 9,4 Prozent Minorfehlbildungen,<br />

also etwa Herzfehler, die nicht klinisch ma-<br />

Die zahlreichen Studien, die für, aber auch gegen<br />

eine solche Risikoerhöhung sprachen, fanden ihren<br />

Niederschlag in der Medical Tribune. Anhand der<br />

unten aufgeführten Artikel lässt sich diese Diskussion<br />

nach verfolgen.<br />

bestimmte Körperstellen Nadeln gestochen und gedreht.<br />

Verglichen mit Nadeln, die nach dem Stechen<br />

nicht weiter bewegt wurden, brauchte man für Nadeln,<br />

die in eine Richtung gedreht worden waren,<br />

167% und für Nadeln, die in beide Richtungen gedreht<br />

worden waren, 52% mehr Kraft zum Herausziehen.<br />

Zwischen den klassischen Akupunkturpunkten<br />

und den zufälligen Körperstellen gab es dabei<br />

keine Unterschiede. Diese Studie belegt, dass der<br />

De-Qi-Effekt tatsächlich messbar ist. Die Studienautoren<br />

vermuten, dass das Manipulieren der Nadeln<br />

biomechanische Vorgänge im Gewebe auslöst, die<br />

möglicherweise auch lang anhaltende intra- und extrazelluläre<br />

Wirkungen zufolge haben.<br />

nifest sind. Immerhin 7,1 Prozent hatten Majorfehlbildungen<br />

wie Ventrikelseptumdefekt und persistierender<br />

Ductus arteriosus. Zum Vergleich: Bei Kindern<br />

stoffwechselgesunder Mütter wird derzeit von<br />

einer Rate von Majorfehlbildungen von etwa drei<br />

Prozent ausgegangen.<br />

Diabetikerinnen mit fehlgebildeten Kindern hatten<br />

signifikant höhere HbA1c-Werte als Frauen mit gesunden<br />

Kindern (präkonzeptionell: 9,1 versus 7,5<br />

Prozent, im ersten Trimenon: 8,2 versus 7,2 Prozent).<br />

Ähnlich war es bei den Spontanaborten. Betroffene<br />

Frauen (4,7 Prozent) hatten im ersten Trimenon einen<br />

signifikant höheren HbA1c-Wert als Frauen ohne<br />

Abort (10,5 versus 7,2 Prozent). Eine gute Stoffwechseleinstellung<br />

heißt für Diabetikerinnen, die<br />

schwanger werden wollen, dass der HbA1c unter<br />

6,3 Prozent liegt, schließen Kollegen aus der Studie.<br />

Ein polyzystisches Ovarsyndrom verursacht nicht nur Schönheitsfehler<br />

Ärzte Zeitung, <strong>06</strong>.03.20<strong>06</strong><br />

Von Helga Brettschneider<br />

"Das polyzystische Ovarsyndrom ist die unbekannteste<br />

Volkskrankheit", sagt Dr. Susanne Hahn, Endokrinologin<br />

aus Wattenscheid. Mindestens eine<br />

Million Frauen in Deutschland sind nach ihren Angaben<br />

davon betroffen.<br />

Die Entstehung des polyzystischen Ovarsyndroms,<br />

kurz PCOS, ist wahrscheinlich stark genetisch bedingt,<br />

denn das Syndrom tritt familiär gehäuft auf.<br />

Typisch für das PCOS sind eine zu seltene oder fehlende<br />

Monatsblutung, erhöhte Androgen-Werte und<br />

polyzystische Ovarien. Für die Diagnose PCOS<br />

müssen zwei dieser drei Kriterien erfüllt sein.<br />

Polyzystische Ovarien liegen vor, wenn sich in jedem<br />

Ovar mindestens zwölf kleine Follikel mit einem<br />

Durchmesser von 2 bis 9 mm befinden oder das ovarielle<br />

Volumen erhöht ist, das heißt mehr als 10 ml<br />

beträgt. Die erhöhten Hormonwerte beruhen auf<br />

verstärkter Androgenbildung in Ovarien und Nebennierenrinden.<br />

8 Blickpunkt <strong>II</strong>/<strong>06</strong>


Hyperinsulinämie als Folge von Insulinresistenz<br />

treibt die Produktion weiter an. Optisch auffällig werden<br />

Frauen mit Hyperandrogenämie bei PCOS<br />

durch Akne, Haarausfall oder Hirsutismus. Nicht alle<br />

diese Symptome liegen aber bei allen PCOS-<br />

Patientinnen gleichzeitig vor. Das männliche Behaarungsmuster<br />

etwa kann das Gesicht, den Bereich<br />

um die Brustwarzen oder den Bauchbereich betreffen.<br />

Viele Frauen mit PCOS sind adipös oder insulinresistent<br />

Das Zuviel an männlichen Sexualhormonen führt<br />

nicht nur zu Schönheitsfehlern, viele Frauen mit<br />

PCOS sind zudem adipös oder haben eine Insulinresistenz.<br />

Ihr Risiko für Typ-2-Diabetes ist siebenfach<br />

erhöht, und sie entwickeln meist schon in jungen<br />

Jahren ein metabolisches Syndrom, sagte Hahn<br />

bei der Tagung der rheinlandpfälzischen Diabetologen<br />

und Endokrinologen in Mainz. Außerdem sind<br />

viele Frauen mit PCOS infertil.<br />

Insulinresistenz und metabolisches Syndrom treffen<br />

Frauen mit PCOS besonders früh. Das belegen Daten<br />

einer Studie mit 461 Frauen. Darin hatte jede<br />

zweite Frau mit PCOS einen BMI über 30 kg/m².<br />

Hyperton waren 40 Prozent. Genauso viele hatten<br />

zu niedrige HDL-Werte und 56 Prozent zu hohe<br />

LDL-Werte. Dabei betrug das mittlere Alter der untersuchten<br />

Frauen nur 28 Jahre. Zwei Drittel der<br />

Studienteilnehmerinnen hatten eine Insulinresistenz.<br />

PCOS sollte deshalb Anlass für regelmäßige Diabetes-Tests<br />

sein, sagte Hahn. Drei Prozent der jungen<br />

Frauen hatten bereits Typ-2-Diabetes. Ein Drittel<br />

erfüllte schon das Vollbild des metabolischen Syndroms<br />

- von den über 35jährigen sogar jede zweite.<br />

Vielen Frauen mit PCOS kann daher bereits eine<br />

Gewichtsreduktion helfen.<br />

Kontrazeptiva helfen bei Akne, Alopezie und Hirsutismus<br />

Bei Akne, Alopezie und Hirsutismus kommen<br />

Kontrazeptiva mit antiandrogener Wirkung in Betracht.<br />

"Sie können antiandrogene Pillen auf Kassenrezept<br />

verschreiben, wenn Sie die Diagnose dazuschreiben",<br />

so Hahn.<br />

Standard sei derzeit Cyproteronacetat, das zur Behandlung<br />

bei ausgeprägten Androgenisierungs-<br />

Erscheinungen wie Akne, Hirsutismus und Alopezie<br />

STICHWORT<br />

OAT-Syndrom<br />

zugelassen ist. Auch niedrig dosiertes Dexamethason,<br />

das unter anderem bei schweren Hauterkrankungen<br />

indiziert ist, könne bei Frauen mit polyzystischem<br />

Ovarsyndrom nützlich sein.<br />

Andere Therapien seien in Deutschland nicht zugelassen<br />

und nur als Off-label-Heilversuch möglich,<br />

sagte Hahn. Die Kosten müssten daher die Frauen<br />

tragen.<br />

Empfohlen werden etwa 100 mg Spironolacton täglich<br />

bei Hirsutismus. Bei Alopezie kommen Flutamid<br />

(62,5 mg/Tag) und Finasterid (2,5 mg/Tag) in Frage.<br />

Derartige Therapien müssten mit einer sicheren Verhütung<br />

kombiniert werden, so Hahn.<br />

Um Übergewicht, Insulinresistenz und metabolischem<br />

Syndrom zu Leibe zu rücken, sind Gewichtsreduktion<br />

und regelmäßiger Sport nötig. Geht die<br />

Insulinresistenz zurück, lindert dies auch die Hyperinsulinämie<br />

und senkt als Folge auch die Androgenspiegel.<br />

Der Zyklus bessert sich. Das genügt bei<br />

einigen Frauen, um eine Schwangerschaft zu ermöglichen.<br />

Frauen mit unerfülltem Kinderwunsch<br />

sind deshalb fürs Abnehmen und für sportliche Aktivitäten<br />

gut motivierbar.<br />

Diskutiert wird derzeit auch über eine Therapie mit<br />

Metformin bei PCOS. Metformin mindert die Insulinresistenz.<br />

Hahn dosiert einschleichend und nach<br />

Gewicht: zweimal 850 mg täglich für Frauen über 60<br />

kg, zweimal 1000 mg ab 100 kg oder einem BMI<br />

über 30. Mit einer solchen Behandlung gehen Androgenspiegel<br />

und Akne zurück, und der Zyklus<br />

normalisiert sich.<br />

Von Metformin scheinen besonders Frauen mit Kinderwunsch<br />

zu profitieren. Denn mit Metformin ist die<br />

Ovulationsrate so gut wie bei dem oft genutzten<br />

Clomiphen, aber die Rate der Frauen, die schwanger<br />

werden, ist höher. Metformin muss bei PCOS<br />

jedoch off-label verwendet werden - eine Einverständniserklärung<br />

der Frauen ist daher ratsam.<br />

Bislang gebe es keine Hinweise auf eine erhöhte<br />

Fehlbildungsrate bei Kindern von Frauen, die Metformin<br />

erhalten hatten. Dennoch rät Hahn aufgrund<br />

bislang fehlender Daten dazu, das Präparat während<br />

der Schwangerschaft abzusetzen.<br />

Das Oligo-Astheno-Terato-Zoospermie (OAT)-Syndrom ist die häufigste Fertilitätsstörung des Mannes.<br />

Dabei ist die Spermiendichte im Ejakulat vermindert (Oligozoospermie), die Beweglichkeit der Spermien<br />

beeinträchtigt (Asthenoospermie) und die Fehlbildungsrate der Spermien (Teratozoospermie) erhöht.<br />

(ner)<br />

Blickpunkt <strong>II</strong>/<strong>06</strong> 9


Infertilität bei Männern - das ist meist ein Fall für Chirurgen<br />

Ärzte Zeitung, 30.05.20<strong>06</strong><br />

Auch 15 Jahre nach einer Vasektomie werden<br />

Männer durch eine OP wieder zeugungsfähig /<br />

Kryokonservierung vor Chemotherapie empfohlen<br />

ESSEN (ner). Die Therapie von Männern mit Infertilität<br />

ist heute vor allem eine Job für Chirurgen: Sie<br />

können verschlossene Samenwege wieder öffnen<br />

oder Spermien zur künstlichen Befruchtung aus den<br />

Hoden entnehmen.<br />

Medikamentöse Therapien sind dagegen seit vielen<br />

Jahren beim Oligo-Astheno-Terato-Zoospermie<br />

(OAT)-Syndrom umstritten. In kontrollierten Studien<br />

seien weder für das nicht mehr erhältliche Kallekrein<br />

noch für Antiöstrogene positive Effekte nachgewiesen<br />

worden, so Privatdozent Herbert Sperling und<br />

seine Kollegen von der Urologischen Universitätsklinik<br />

in Essen.<br />

Auch rekombinantes FSH (Follikel stimulierendes<br />

Hormon), Androgene, Antioxidantien sowie Mastzellund<br />

Alpha-Blocker hätten nur vereinzelt zu Erfolgen<br />

geführt (Urologe 44, 2005, 1147).<br />

Dagegen hätten sich die Erfolgsraten mikrochirurgischer<br />

Eingriffe in den vergangenen 15 bis 20 Jahren<br />

wesentlich verbessert, berichtet Sperling. So liege<br />

die Schwangerschaftsrate nach Vasovasostomie,<br />

also der Vernähung der Stümpfe des Ductus deferens,<br />

um die 50 Prozent.<br />

Bei den Patienten handelt es sich heute nicht mehr<br />

so oft um Männer mit angeborenen oder erworbenen<br />

Fertilitätsstörungen wie früher, sondern bei bis<br />

zu 50 Prozent um Männer, die nach erfolgter Vasektomie<br />

wegen eines erneuten Kinderwunsches den<br />

Reife Eizellen aus der Petrischale<br />

Ein Beitrag von Ines Trams und Timm Kröger<br />

Sendedatum: ML Mona Lisa, 2. Juli 20<strong>06</strong>, 18.00<br />

Uhr; Wiederholung bei 3sat, 5. Juli 20<strong>06</strong>, 12.15 Uhr<br />

Neue Methode der künstlichen Befruchtung<br />

Kinder kriegen ist manchmal schwer. Für immer<br />

mehr Paare ist die einzige Chance auf Nachwuchs<br />

Arzt aufsuchen. Der kann ihnen auch helfen, wenn<br />

die Vasektomie mehr als zehn Jahre her ist. Die Erfolgsrate<br />

nach einem chirurgischen Eingriff ist dabei<br />

ähnlich hoch wie bei einer Vasektomie, die erst vor<br />

kurzem gemacht wurde.<br />

Erst nach 25 Jahren sinken die Chancen auf eine<br />

Schwangerschaft. Allerdings müsse auch das Alter<br />

der Partnerin beachtet werden. So wurden in einer<br />

Studie mit Männern, die sich 15 Jahre nach Vasektomie<br />

operieren ließen, 64 Prozent der Partnerinnen<br />

schwanger, wenn die Partnerin unter 30 Jahre alt<br />

war. Waren die Partnerinnen älter als 40, sank die<br />

Schwangerschaftsrate auf 28 Prozent.<br />

Erfolgsraten von 20 Prozent bei künstlicher Befruchtung<br />

Unabdingbar für den Erfolg der OP bei verschlossenen<br />

oder durchtrennten Samenwegen sei ein intensives<br />

mikrochirurgisches Training der Operateure,<br />

berichten die Essener Urologen. Dies gelte um so<br />

mehr, als bei Refertilisationen häufig ein Anschluss<br />

des Samenleiters an den samentragenden Nebenhoden-Tubulus<br />

erforderlich ist. Bei nicht obstruktiver<br />

Azoospermie ist die künstliche Befruchtung Mittel<br />

der Wahl.<br />

Dazu sollten Spermien aus verschiedenen Bereichen<br />

des Hodens entnommen werden, denn die<br />

Spermien sind in verschiedenen Bereichen unterschiedlich<br />

gereift. Die Schwangerschaftsraten liegen<br />

mit der künstlichen Befruchtung bei 20 Prozent.<br />

Junge Männer mit Tumorerkrankungen sollten vor<br />

einer Krebstherapie Samenzellen einfrieren lassen,<br />

da Chemotherapeutika und Bestrahlung zur Infertilität<br />

führen können. Die Kryokonservierung sei auch<br />

bei Heranwachsenden in der Pubertät möglich und<br />

sinnvoll, so Sperling.<br />

Patienten mit kongenitaler, bilateraler Aplasie des<br />

Vas deferens (CBAVD) sollten vor einer Fertilisationstherapie<br />

eine humangenetische Beratung in Anspruch<br />

nehmen. Denn bei CBAVD handelt es sich<br />

um eine milde Form der zystischen Fibrose. Liegt<br />

auch bei der Partnerin eine entsprechende genetische<br />

Mutation vor, ist das Mukoviszidose-Risiko für<br />

die Nachkommen erheblich.<br />

eine Befruchtung im Reagenzglas. Sie ist teuer,<br />

staatliche Hilfe begrenzt und eigene Ersparnisse<br />

sind schnell aufgebraucht. Auch ist die Hormonbehandlung<br />

extrem belastend für die Frauen. Doch<br />

jetzt gibt es eine neue Variante: die In-Vitro-<br />

Maturation.<br />

10 Blickpunkt <strong>II</strong>/<strong>06</strong>


Endlich eine Familie<br />

4300 Gramm schwer und 55 Zentimeter groß ist<br />

Denise Strauch, der lang ersehnte Nachwuchs von<br />

Sandra und Gerald Strauch. Vier Jahre lang klappte<br />

es nicht mit dem Schwangerwerden auf natürlichem<br />

Weg. Sandras Eizellen reiften nicht ausreichend. Es<br />

folgten dreieinhalb Jahre lang künstliche Versuche,<br />

Kampf und Krampf: Hormonspritzen, Kalender, Klinikaufenthalte.<br />

Gerald Strauch denkt nicht mehr<br />

gerne über diese beschwerliche Zeit nach, jetzt wo<br />

sie Tochter Denise in den Armen halten können.<br />

Eizellen reifen in der Petrischale.<br />

Ein langer Weg zum Kind<br />

Unzählige Hormonsprechstunden hatten die<br />

Strauchs in den vergangenen Jahren besucht. Da<br />

wurde Sandras Hormonspiegel bestimmt, wurden<br />

Geralds Spermien untersucht. Dann zwei künstliche<br />

Befruchtungen, bei denen sein Samen aufbereitet in<br />

ihre Gebärmutter eingesetzt wurde. Eine Odyssee<br />

ohne Erfolg. Die Alternative, eine Adoption, stand für<br />

sie jedoch nie zur Debatte. Sandra Strauch wollte<br />

ein eigenes Baby spüren, es stillen: "Ich möchte<br />

wissen, was aus uns beiden entsteht. Ein fremdes<br />

Kind könnte man auch lieb haben und aufziehen.<br />

Aber es fehlt eben ein Stück Bindung."<br />

Für wen eignet sich die Methode?<br />

Bei normaler In-vitro-Fertilisation kann es bei<br />

bis zu zehn Prozent der Frauen zu einem so<br />

genannten Überstimulationssyndrom kommen,<br />

gekennzeichnet durch eine Ansammlung von<br />

Flüssigkeit in verschiedenen Körperhöhlen.<br />

Besonders ausgeprägt ist dieses Risiko bei<br />

Patientinnen mit so genannten polyzystischen<br />

Ovarien, also bei Frauen, deren Eierstöcke<br />

viele kleine Eibläschen haben, die sich aber<br />

nicht zu einer ausreichenden Größe entwi-<br />

ckeln. Bei der In-vitro-Maturation wird die große<br />

Anzahl kleiner Eizellen dafür genutzt, auch<br />

ohne eine hormonelle Stimulation der Frau<br />

viele Eizellen für eine anschließende Befruchtung<br />

zu gewinnen. Die Chance auf eine<br />

Schwangerschaft ist somit für diese Patientengruppe<br />

recht hoch. Durch den Wegfall der<br />

hochdosierten Hormonstimulation sind die<br />

Kosten für eine solche Behandlung deutlich<br />

niedriger als bei einer normalen In-vitro-<br />

Fertilisations-Behandlung. Die In-vitro-Maturation<br />

eignet sich auch für Frauen nach einer<br />

Krebserkrankung, da sich unreife Eizellen vor<br />

der Chemotherapie entnehmen und gut konservieren<br />

lassen. Bei Patientinnen ohne polyzystische<br />

Ovarien sind die Erfolgsaussichten<br />

jedoch geringer, deshalb wird die Therapie bei<br />

ihnen mit Zurückhaltung angewandt.<br />

Im Labor der Lübecker Universitätsfrauenklinik entstand<br />

letztlich das Baby der Strauchs, mit einer<br />

neuen Methode, der In-vitro-Maturation. In einer<br />

Petrischale ließ man unreife Eizellen von Sandra<br />

Strauch rund 30 Stunden lang in einer hormonhaltigen<br />

Nährlösung heran reifen. Das Neue: Nicht die<br />

Patientin bekommt die Hormone, nur das Ei. Der<br />

Brutschrank fungiert als Eileiter. Nachteil: Nur etwa<br />

zwei Drittel der Eizellen reiften ausreichend in der<br />

Hormonlösung, so Dr. Sören von Otte von der Universitätsfrauenklinik<br />

Lübeck. Doch die Strauchs hatten<br />

Glück. Beim ersten Versuch wurde Sandra<br />

schwanger.<br />

Ultraschall im 7. Monat<br />

Genau dokumentiert<br />

Und sie erlebte eine ganz normale Schwangerschaft,<br />

die sehr aufmerksam von den Ärzten begleitet<br />

wurde. Denn noch haben sie vergleichsweise<br />

wenig Erfahrung mit der neuen In-vitro-Maturation.<br />

500 Kinder wurden bisher weltweit dokumentiert,<br />

alle entwickeln sich bislang normal. Keine erhöhte<br />

Fehlbildungsrate. Um die Methode weiter abzusichern,<br />

werden alle Schwangerschaften engmaschig<br />

kontrolliert.<br />

Risiken der In-vitro-Maturation<br />

Problematisch bei der Methode ist die Reifung<br />

der Eizellen im Reagenzglas. Nur zwei Drittel<br />

der entnommenen Eizellen reifen genügend<br />

Blickpunkt <strong>II</strong>/<strong>06</strong> 11


heran und teilen sich nach der Befruchtung.<br />

Vergleichsbeobachtungen an Tieren haben<br />

zudem ergeben, dass nach der künstlichen<br />

Eizellreifung schwerere Tiere heranreifen.<br />

Auch haben Untersuchungen an menschlichen<br />

Embryonen ergeben, dass diejenigen, die aus<br />

einer im Labor gereiften Eizelle entstanden<br />

sind, nahezu in 80 Prozent der Fälle Chromosomenschäden<br />

aufwiesen. Über dieses erhöhte<br />

Risiko sollten Eltern aufgeklärt werden. In<br />

Deutschland bieten nach Angaben der Fachgesellschaft<br />

für Gynäkologie und Geburtshilfe<br />

nur die Universitätskliniken Lübeck und Heidelberg<br />

diese neue Behandlung an.<br />

Rund 3.000 Euro haben sich die Strauchs die Versuche,<br />

schwanger zu werden, kosten lassen. Viel<br />

Kein Nachwuchs in Sicht - Was kann der Androloge tun?<br />

Medical Tribune Kongressbericht<br />

LÜBECK - Wie können auch Männer mit schwersten<br />

Störungen der Spermatogenese doch noch Vater<br />

werden? Lesen Sie, was Urologen und Reproduktionsmediziner<br />

bei männlichen Fertilitätsstörungen<br />

auf Lager haben.<br />

"In der Bundesrepublik suchen jährlich 100.000 infertile<br />

Männer ärztliche Hilfe", betonte Professor Dr.<br />

Wolfgang Weidner, Urologische Universitätsklinik<br />

Gießen. Bevor der Reproduktionsmediziner zum<br />

Zuge kommt, "sollte nach einem entsprechenden<br />

wait and see immer ein andrologisch versierter Arzt<br />

in die Diagnostik des Paares eingeschaltet werden",<br />

forderte der Androloge auf der 39. Tagung der Vereinigung<br />

Norddeutscher Urologen.<br />

An erster Stelle der andrologischen Diagnostik steht<br />

die Suche nach Störungen, bei denen eine kausale<br />

Behandlung möglich ist. Zunächst zur Varikozele<br />

testis: Durch die operative Behandlung der venösen<br />

Abflussstörung lässt sich - unabhängig vom Verfahren<br />

- die Spermaqualität verbessern, betonte der<br />

Androloge. Nach wie vor ist aber umstritten, ob eine<br />

Varikozelen-Op. tatsächlich die Schwangerschaftsrate<br />

der betreffenden Paare erhöht. Denn sowohl<br />

Alter der Partnerin als auch Zeitpunkt der Varikozelenkorrektur<br />

spielen für den "Schwangerschaftser-<br />

Ungewollt kinderlos - häufig liegt’s am Mann<br />

Ärzte Zeitung, 30.<strong>06</strong>.20<strong>06</strong><br />

Unfruchtbarkeit meist durch Störung der Spermatogenese<br />

oder Obstruktion der Samenwege /<br />

Urologische Anamnese ist wegweisend<br />

Von Thomas Meißner<br />

Jedes fünfte bis siebte Paar in den Industriestaaten<br />

ist ungewollt kinderlos, berichten Reproduktionsmediziner.<br />

Die Ursache dafür liegt jeweils zu 20 Pro-<br />

Geld für die Kindergärtnerin und den Wachmann.<br />

Fast unerträglich war die Achterbahn der Gefühle.<br />

Immer wieder Hoffnung, dann der tiefe Fall. Da hieß<br />

es immer wieder, sich gegenseitig aufbauen, sich<br />

wieder aufraffen, ablenken. Die Kraft durchzuhalten<br />

hatten am Ende nicht mehr beide. Sie wollte weiterkämpfen.<br />

Er hätte aufgegeben, wenn es mit der Invitro-Maturation<br />

nicht geklappt hätte. Nun also haben<br />

sie Denise. Anderen Paaren in ähnlicher Situation<br />

raten sie: Durchhalten! Denn auch wenn ein<br />

langer Weg hinter ihnen liegt, jetzt sind sie eine Familie.<br />

Endlich angekommen in dem normalen Leben,<br />

das sie sich so lange gewünscht haben.<br />

http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/5/0,1872,3951301,0<br />

0.html<br />

folg" möglicherweise eine Rolle, gab Prof. Weidner<br />

zu bedenken.<br />

Liegt ein Verschluss der ableitenden Samenwege<br />

vor, steht die chirurgische Therapie immer an erster<br />

Stelle, fuhr der Androloge fort. Die Chancen auf<br />

Nachwuchs auf diesem Wege sind um ein Mehrfaches<br />

besser als bei der assistierten Reproduktion.<br />

Diese kommt erst dann zum Zuge, wenn die chirurgische<br />

Korrektur nicht klappt. Dabei entnehmen die<br />

Reproduktionsmediziner Samenfäden aus dem Nebenhoden<br />

und injizieren sie anschließend mittels<br />

intrazytoplasmatischer Spermieninjektion (ICSI) in<br />

die Eizelle.<br />

Bei rund der Hälfte der sterilen Männer lässt sich<br />

kein Grund für die schlechte Spermaqualität ausmachen.<br />

Bei ihnen spricht man dann von "idiopathischer<br />

Oligo-Astheno-Teratozoospermie". Auch hier<br />

kann die Reproduktionsmedizin, in der Regel per<br />

ICSI zum Erfolg verhelfen - immerhin klappt´s so bei<br />

20 bis 30% der Paare mit dem Schwangerwerden.<br />

Die Baby-take-home-Rate, d.h., die Zahl der glücklich<br />

ausgetragenen Schwangerschaften, liegt allerdings<br />

deutlich niedriger - und jede vierte der hormonell<br />

vorbehandelten Frauen bekommt Zwillinge.<br />

zent beim Mann allein, bei weiteren 26 Prozent sowohl<br />

beim Mann als auch der Frau. Mit einer ausführlichen<br />

Anamnese kann ein Großteil der Ursachen<br />

bereits eingegrenzt werden.<br />

Bei einer solchen Befragung müssen in erster Linie<br />

erworbene Störungen der Hodenfunktion (primärer<br />

Hypogonadismus), zentral bedingte Störungen (sekundärer<br />

und tertiärer Hypogonadismus) sowie<br />

12 Blickpunkt <strong>II</strong>/<strong>06</strong>


Spermientransport-Störungen ausgeschlossen werden.<br />

Spermien versuchen in eine Eizelle einzudringen - bei<br />

manchen Paaren erfolglos. Foto: Schering AG<br />

Im Erstgespräch ist es jedoch wichtig, zunächst über<br />

den optimalen Zeitpunkt des Geschlechtsverkehrs<br />

zu sprechen sowie über die negativen Einflüsse auf<br />

die Zeugungsfähigkeit etwa von Adipositas, Nikotin,<br />

Alkohol und Koffein, empfiehlt der Urologe Privatdozent<br />

Dirk Schultheiss aus Gießen (Urologe 44,<br />

2005, 1139). Dann sollten folgende Punkte gezielt<br />

abgefragt werden, gegebenenfalls mit Hilfe eines<br />

vorgefertigten Fragebogens:<br />

• Ist ein Hodenhochstand bekannt oder ist wegen<br />

eines Maldeszensus testis früher eine Behandlung<br />

erfolgt? Die verspätete Wanderung des Hodens<br />

ins Skrotum kann nämlich zum Schwund<br />

der Ursamenzellen (Spermatogonien) führen.<br />

Ursachen männlicher Infertilität<br />

• Gab es Voroperationen am Hoden oder in der<br />

Leiste, etwa aufgrund von Hodentorsion, Hydrozele<br />

oder Leistenhernie? Nach operativen Eingriffen<br />

sind ungewollte Verletzungen oder Obstruktionen<br />

der Samenwege möglich.<br />

• Wann begann die Pubertät und wie ist sie verlaufen?<br />

Ein ungewöhnlicher Verlauf kann auf Störungen<br />

der hormonellen Regulation deuten.<br />

• Sind Geschlechtskrankheiten wie Gonorrhoe und<br />

Syphilis aufgetreten? Auch Infektionen wie eine<br />

virale Orchitis (Mumpsorchitis), eine Urotuberkulose<br />

beeinträchtigen im Nachhinein die Spermatogenese.<br />

Das gilt auch für manche Chemotherapien,<br />

etwa mit Cyclophosphamid, sowie nach<br />

Bestrahlungen. Eine erhöhte Hodentemperatur<br />

kann ebenfalls der Grund für die verminderte<br />

Spermienbildung sein, etwa bei immer wieder<br />

auftretenden fieberhaften Infekten. Daher sollte<br />

auch nach rezidivierende Bronchitiden und Sinusitiden<br />

gefragt werden.<br />

• Liegen Stoffwechselstörungen vor? Ein Diabetes<br />

mellitus kann zu Hypogonadismus, erektiler Dysfunktion<br />

und Ejakulationsstörungen führen. Niereninsuffizienz<br />

und Lebererkrankungen können<br />

ebenfalls einen Hypogonadismus auslösen.<br />

Berichten Patienten über Störungen des Seh- und<br />

Riechvermögens können dies indirekte Hinweise auf<br />

einen Hypophysentumor, ein Prolaktinom oder ein<br />

olfaktogenitales Syndrom mit Hypogonadismus sein.<br />

Bei Männern mit betont androgenem Habitus müsse<br />

auch an einen Anabolikamißbrauch gedacht wer-<br />

Die häufigste anatomische Veränderung bei infertilen Männern sind eine Varikozele oder eine abnorme<br />

Zusammensetzung der Samenflüssigkeit. Differentialdiagnostisch kommen in Betracht:<br />

1. primärer Hypogonadismus<br />

Erworbene Störung der Hodenfunktion, etwa wegen Infektionen oder nach Chemotherapie, Umweltnoxen<br />

sind nicht belegt.<br />

2. sekundärer Hypogonadismus<br />

Niedrige Gonadotropinspiegel, etwa wegen Hypophysenadenom oder wegen eines hypothalamischen<br />

Tumors.<br />

3. genetische Ursachen<br />

Mikrodeletionen am Y-Chromosom mit folgender Azoospermie oder Oligospermie, etwa Klinefelter-<br />

Syndrom.<br />

4. Störung des Spermientransports<br />

Obstruktionen oder Verschlüsse der ableitenden Samenwege, etwa nach Operation einer Leistenhernie<br />

oder durch eine angeborene beidseitige Aplasie des Ductus deferens.<br />

STICHWORT<br />

Infertilität<br />

Von Infertilität wird gesprochen, wenn eine Schwangerschaft bei regelmäßigem, ungeschützten Geschlechtsverkehr<br />

über zwölf Monate ausbleibt. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO)<br />

liegen die Ursachen für die ungewollte Kinderlosigkeit zu jeweils 20 Prozent beim Mann, zu 39 Prozent<br />

bei der Frau, zu 26 Prozent bei beiden.<br />

Bei 15 Prozent der Paare bleibt die Ursache für die Kinderlosigkeit ungeklärt. (ner)<br />

den, so Schultheiss.<br />

Dieser könne mit reduzierten Gonadotropin- und<br />

Testosteronwerten sowie einer reduzierten Spermiendichte<br />

einhergehen. Auch bestimmte Antihypertensiva<br />

und Antibiotika oder Chemikalien führen zu<br />

Fertilitätsstörungen.<br />

Blickpunkt <strong>II</strong>/<strong>06</strong> 13


Von besonderer Bedeutung sei die Sexual-<br />

Anamnese, betont der Urologe. So könne ein Libidomangel<br />

auf Störungen des Androgen- oder Prolaktinhaushalts<br />

hinweisen. Gefragt werden muss<br />

außerdem nach Ejakulations- und Erektionsstörungen,<br />

Koitusfrequenz, Schmerzen während des Koitus<br />

(Dyspareunie) sowie beruflichen und privaten<br />

Belastungen. Die Familienanamnese kann Hinweise<br />

auf genetische Belastungen geben.<br />

Urologische Untersuchung und Hormontests<br />

helfen weiter<br />

Zur weiteren Diagnostik beim Urologen gehören die<br />

genaue Untersuchung der äußeren und inneren Geschlechtsorgane<br />

und endokrinologische Untersuchungen,<br />

etwa auf LH, FSH und Testosteron, bei<br />

Gynäkomastie auch auf Prolaktin und Estradiol. Hilfreich<br />

sind auch Ejakulatuntersuchungen nach den<br />

Standards der WHO.<br />

Mit der Skrotalsonographie werden die Hodenvolumina<br />

bestimmt, Veränderungen des Hodenparenchyms<br />

und, etwa mit einem Valsalva-Manöver, eine<br />

Varikozele festgestellt. Ergänzt wird diese bildgebende<br />

Untersuchung gegebenenfalls durch eine<br />

Doppler-Sonographie zum Nachweis eines venösen<br />

Progesteron bringt Spermien auf die richtige Spur<br />

Ärzte Zeitung, 12.07.20<strong>06</strong><br />

Die Konzentration des Hormons bestimmt, welche<br />

Reaktionen der Keimzellen angekurbelt werden<br />

TITISEE (kat). Je genauer man hinschaut, desto<br />

komplexer erscheinen oftmals physiologische Vorgänge.<br />

So auch bei der Befruchtung. Heute sind<br />

Chemotaxis-Forscher überzeugt, dass physiologisch<br />

wichtige Lockstoffe wie Progesteron nicht nur darüber<br />

entscheiden, dass das Spermium sein Ziel, die<br />

Eizelle, erreicht, sondern in sequentieller Weise verschiedene<br />

Ereignisse modulieren, die der Befruchtung<br />

vorangehen.<br />

Im Laufe der vergangenen Jahre sind Wissenschaftler<br />

zu der Überzeugung gelangt, dass die Chancen<br />

eines Spermiums, die Eizelle zu erreichen, sehr gering<br />

sind, wenn sie nicht gezielt zu den Eizellen gelockt<br />

werden. An solchen Vorgängen sind meist<br />

chemische Stoffe beteiligt.<br />

Die Eizelle oder die sie umgebenden Cumuluszellen,<br />

die sie mit Nährstoffen versorgen, produzieren<br />

nicht nur bei wirbellosen Meeresbewohner, Fischen<br />

und Amphibien, sondern auch bei einigen Wirbeltieren<br />

Botenstoffe, die Spermien anlocken. Die Spermien<br />

wiederum sind in der Lage, das Konzentrationsgefälle<br />

des chemischen Lockstoffes wahrzunehmen<br />

und ihre Schwimmbewegung entsprechend<br />

anzupassen.<br />

Als vor ungefähr zehn Jahren die Suche nach den<br />

chemischen Lockstoffen für Spermien bei Menschen<br />

begann, hatte Professor Michael Eisenmann vom<br />

Weizmann Institute of Science in Rehovot in Israel<br />

Refluxes (Varikozele) oder die transrektale Sonographie,<br />

mit der Veränderungen der Prostata, der<br />

Samenblasen und der zentralen Samenwege dargestellt<br />

werden können.<br />

Dennoch kann trotz des Umfangs der Diagnostik die<br />

Ursache der Unfruchtbarkeit bei jedem zweiten infertilen<br />

Mann nicht ermittelt werden.<br />

FAZIT<br />

Die Klärung der Ursachen bei männlicher Sterilität<br />

ist aufwendig. Entscheidende Weichen bei der Suche<br />

nach Ursachen werden bereits durch die Anamnese<br />

gestellt.<br />

Im Wesentlichen muss zwischen der Störung der<br />

Spermatogenese und der Obstruktion von Samenwegen<br />

differenziert werden. Lediglich bei etwa 50<br />

Prozent der betroffenen Männer wird eine eindeutige<br />

Ursache für die Sterilität gefunden.<br />

Webhinweis: Die aktuellen europäischen Leitlinien<br />

zur Diagnostik und Therapie bei männlicher Infertilität<br />

gibt es im Internet unter www.uroweb.org (Link:<br />

Publications/Guidelines)<br />

schon einmal Progesteron als möglichen Kandidaten<br />

untersucht. Damals mit negativem Ergebnis. Wie<br />

sich jetzt herausstelle, war damals im falschen Konzentrationsbereich<br />

geforscht worden. Denn wie man<br />

heute weiß, wirkt Progesteron im mikromolaren Bereich<br />

anders als in eine Million Mal geringerer Konzentration,<br />

also im picomolaren Bereich.<br />

Wettlauf der Spermien ist nur im Uterus von Bedeutung<br />

Bei der diesjährigen Titisee-Konferenz "Mechanisms<br />

of Chemotaxis" des Boehringer Ingelheim Fonds<br />

(BIF) stellte Professor Laura Giojalas de Carranza<br />

aus Cordoba in Argentinien ihre aktuellen Forschungsdaten<br />

dazu vor. Der BIF ist eine Stiftung zur<br />

Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses.<br />

De Carranzas Daten zufolge scheint der Wettlauf<br />

der Spermien nur im Uterus von Bedeutung zu sein.<br />

Nur etwa ein Spermium von einer Million Spermien<br />

erreicht den Ovidukt.<br />

Und auch von diesen, durch eigenen Antrieb und<br />

Muskelkontraktionen an den Beginn des Tubus gelangten<br />

Spermien können nur etwa zehn Prozent die<br />

Cumulusschicht durchdringen, an den Rezeptor der<br />

Eihülle binden, die Eihülle durchdringen und mit<br />

dem Zellkern verschmelzen. Die Reifung im unteren<br />

Isthmusabschnitt ist dafür entscheidend.<br />

Nur Spermien, die die Fähigkeit zur Thermo- und<br />

Chemotaxis erwerben, meistern den entscheidenden<br />

Teil der Reise erfolgreich. Thermotaxis, also die<br />

Wahrnehmung von Temperatur-Unterschieden, ist<br />

für den ersten Teil des Weges den Isthmus hinauf<br />

wichtig, Chemotaxis für die letzte Wegstrecke (Nat<br />

Rev 7 / 4, 20<strong>06</strong>, 276).<br />

14 Blickpunkt <strong>II</strong>/<strong>06</strong>


Es ist inzwischen belegt, dass Cumuluszellen Progesteron<br />

synthetisieren und sezernieren. Auf die<br />

größte Distanz - also in picomolarer Konzentration -<br />

dient Progesteron der Chemotaxis. In nanomolarer<br />

Konzentration leitet es molekulare Vorgänge im<br />

Spermienkopf ein, mit denen das Eindringen des<br />

Spermiums in das Ei vorbereitet wird. In mikromolarer<br />

- größter - Konzentration schließlich beschleunigt<br />

es die Rotation der Spermium-Geißel. Damit verbessern<br />

sich die Chancen des Spermiums, die stark<br />

visköse Cumulusschicht zu durchdringen.<br />

STICHWORT<br />

Chemotaxis<br />

Neues Einfrier-Verfahren für Eizellen<br />

WZ 21.<strong>06</strong>.20<strong>06</strong><br />

Prag (dpa). Japanische Forscher haben ein neues<br />

Verfahren zum Einfrieren unbefruchteter Eizellen<br />

entwickelt. Die "Kryotop"-Methode friert Eizellen in-<br />

Frauenärzte wollen Gesetzesänderung bei Embryoschutz<br />

Ärzte Zeitung, 21.09.20<strong>06</strong><br />

"Mütter nach IVF gefährdet"<br />

BERLIN (ner). Frauenärzte und Reproduktionsmediziner<br />

haben die Justizminister der Länder zu einer<br />

liberalen Auslegung oder einer Änderung des Embryonenschutzgesetzes<br />

(ESchG) aufgefordert. Die<br />

derzeitige Rechtspraxis gefährde die Gesundheit<br />

vieler Mütter und Neugeborenen nach künstlicher<br />

Befruchtung. Fortschritte der Reproduktionsmedizin,<br />

wie sie im Ausland bereits angewendet werden,<br />

würden hierzulande durch das ESchG verhindert.<br />

In einem Brief an die Länder-Justizminister fordern<br />

die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe<br />

(DGGG) sowie der Dachverband für Reproduktionsbiologie<br />

und -medizin (DVR) eine "angepasste<br />

Auslegung" des ESchG. Dieses verbietet bei<br />

der In-vitro-Fertilisation (IVF) bislang die Erzeugung<br />

von mehr als drei Embryonen und die gezielte Auswahl<br />

eines oder zweier dieser Embryonen zur Übertragung<br />

in die Gebärmutter.<br />

Im Ausland wird oft nur noch ein Embryo übertragen<br />

International setze sich der Einzeltransfer jener<br />

Embryonen mit dem besten Entwicklungspotential<br />

durch, sagte Professor Klaus Diedrich aus Lübeck<br />

beim DGGG-Jahreskongress in Berlin. Dadurch<br />

Spermien, die erfolgreich den Reifungsvorgang<br />

durchlaufen haben, können mit Hilfe der Thermooder<br />

Chemotaxis von anderen Spermien unterschieden<br />

werden. Das könnte künftig helfen, vor<br />

einer In-vitro-Fertilisation eine bessere Selektion der<br />

fitten Spermien zu erzielen und damit die Erfolgsrate<br />

zu erhöhen.<br />

Als Chemotaxis wird die Eigenschaft freibeweglicher Organismen - Bakterien, aber auch verschiedene<br />

Körperzellen wie Leukozyten - definiert, auf chemische Stoffe oder deren Konzentrationsunterschiede<br />

durch eine gerichtete Bewegung darauf zu oder davon weg zu reagieren. Bakterien zum Beispiel werden<br />

dadurch angelockt oder abgestoßen. Sie reagieren auf Aminosäuren und schwimmen darauf zu, aber<br />

auch auf Zucker wie Glukose oder auf Sauerstoff. Leukozyten reagieren auf Bakteriengifte und werden<br />

durch sie bei der Eiterbildung angelockt. Und Spermien von Menschen werden von Progesteron und vom<br />

Duftstoff Bourgeonal (Maiglöckchen-Duft) angelockt. Auch atriales natriuretisches Peptid ist als Auslöser<br />

einer Chemotaxis bei Spermien bekannt. Vermutlich gilt dies auch für Heparin und Hyaluronsäure.<br />

nerhalb einer Sekunde von einer Plustemperatur auf<br />

minus 180 Grad Celsius ein und beugt damit der<br />

Bildung von Eiskristallen vor, die bisher die Eizelle<br />

oft zerstört hatten.<br />

würden Mehrlingsschwangerschaften vermieden. In<br />

Deutschland liegt deren Rate nach IVF aktuell bei<br />

25 Prozent.<br />

Mehrlingsschwangerschaften führen vermehrt zu<br />

Gestosen, Frühgeburten sowie Entwicklungsstörungen<br />

bei den Kindern und gefährden zudem die Mütter.<br />

Mit der Übertragung von nur einem Embryo<br />

können mindestens ebenso gute Schwangerschaftsraten<br />

erreicht werden wie mit der Implantation mehrerer<br />

Embryonen. Bis zu 40 Prozent der Schwangerschaften<br />

werden erfolgreich ausgetragen.<br />

Präimplantationsdiagnostik ist für Auswahl nicht<br />

erforderlich<br />

Die Reproduktionsmediziner haben juristische Gutachten<br />

eingeholt, wonach das ESchG so interpretiert<br />

werden könne, dass zunächst nur ein oder zwei<br />

Embryonen übertragen werden. Überzählige Embryonen<br />

könnten kryokonserviert und gegebenenfalls<br />

bei weiteren Reproduktionsversuchen verwendet<br />

werden. Eine Präimplantationsdiagnostik zur Embryo-Auswahl,<br />

die in Deutschland verboten ist, sei<br />

nicht nötig, hieß es. Die morphologische Beurteilung<br />

unterm Mikroskop reiche aus.<br />

Das ESchG steht unter<br />

http://bundesrecht.juris.de/eschg/index.html<br />

Blickpunkt <strong>II</strong>/<strong>06</strong> 15


Kinderwunsch und Recht<br />

Adoption in Deutschland<br />

Professur für Soziologie, Prof. Dr. Christiane Bender<br />

http://www.hsuhh.de/bender/index_yXN0zFbu55H5ZBl6.html#_top<br />

Stand dieser Seite: 23.10.20<strong>06</strong> - 11:01:46 (Anne<br />

Tessier)<br />

„Deutschland soll ein Land werden, das Kinder<br />

stärker annimmt.“(Familienministerin U. v. d.<br />

Leyen) Bezieht sich dieser Wunsch auch auf die<br />

Adoption von Kindern aus dem Ausland?<br />

Einer in Hamburg ansässigen Adoptionsvermittlung,<br />

die in den letzten Jahren über 1000 Kinder, vorwiegend<br />

aus Vietnam, an Eltern in Deutschland vermittelte,<br />

wurde im Sommer 20<strong>06</strong> die Erlaubnis entzogen.<br />

Die Staatsanwaltschaft ermittelte wegen Kinderhandel<br />

und Untreue. Der Fall gibt Anlass, über<br />

die hierzulande üblichen Procedere der Adoption<br />

von Kindern aus dem Ausland nachzudenken.<br />

Wer ein Kind adoptieren will, wendet sich zunächst<br />

an das örtliche Jugendamt. Dort erfahren die Interessenten,<br />

dass nur wenige Kinder aus Deutschland<br />

zur Vermittlung freigegeben werden. Die Gründe<br />

sind vielfältig: Die Geburtenrate sinkt. Angebote zur<br />

Unterstützung von Familien<br />

mit Schwierigkeiten,<br />

sich um ihre Kinder zu<br />

kümmern, wurden erweitert.<br />

Für Kinder, die nicht<br />

von ihren leiblichen, noch lebenden Eltern erzogen<br />

werden können, bevorzugen die Behörden Heimerziehung<br />

oder Pflegeelternschaft. Beides sind Konzepte,<br />

die, im Unterschied zur Adoption, „einen Weg<br />

zurück“ ermöglichen. Regelmäßige Zusammenkünfte<br />

zwischen dem Jugendamt, den Kindern,<br />

den leiblichen und den sozialen Eltern halten in der<br />

Tat den Rückweg offen.<br />

Obwohl die Zahl der Adoptionsbewerber steigt, ist<br />

die Adoptionsrate in Deutschland rückläufig. Daher<br />

nimmt das Interesse an Auslandsadoptionen deutlich<br />

und ungebrochen zu. Bis zur Revision des Adoptionsrechts<br />

im Jahre 2002 wurden zunehmend<br />

Kinder aus dem Ausland adoptiert. Die Behörden<br />

entmutigen jedoch die meisten Adoptionswilligen,<br />

sie ermutigen sie nicht.<br />

Für viele Interessenten wird der Kontakt mit den Behörden<br />

zur Hürde, an der sie rasch scheitern. Die<br />

Sozialarbeiter, die die Eignungsgespräche durchführen<br />

und den für das Adoptionsverfahren erforderlichen<br />

Sozialbericht anfertigen, legen die gesetzlichen<br />

Bestimmungen des Adoptionsrechts (Alter,<br />

Familienstatus, Einkommensverhältnisse) oftmals<br />

sehr eng aus. Lange Verfahren schrecken zudem<br />

die Bewerber ab.<br />

Kein Sonnenstrahl kann herrlicher leuchten,<br />

kein Wunder vollkommener sein - als ein Kind.<br />

Wo liegen die Gründe für die Zurückhaltung der Behörden,<br />

die letztlich zum Zustrom der Interessenten<br />

zu den privaten Vermittlern führt? In der Vergangenheit<br />

waren die Adoptionsverfahren durch die Arbeitsteilung<br />

zwischen dem Staat, der kontrolliert, und den<br />

Verbänden, die organisieren, gekennzeichnet. Inzwischen<br />

erfordern die nationalen und internationalen<br />

Übereinkünfte (u.a. die UN-Konvention über die<br />

Rechte des Kindes, die Haager Konvention zur Auslandsadoption)<br />

ein stärkeres staatliches Engagement<br />

und eine intensivierte Zusammenarbeit zwischen<br />

den Behörden des Herkunftslandes des Kindes<br />

und dem Aufnahmeland. Bislang mangelte es<br />

bei vielen mit Adoptionen befassten Sozialarbeitern<br />

an professionellen Kompetenzen und an Erfahrungen.<br />

Seit der Umsetzung des Adoptionsvermittlungsgesetzes<br />

von 2002 hat sich die Lage verbessert,<br />

neue, fachlich qualifizierte, Zuständigkeiten<br />

sind geschaffen worden. Dennoch fehlen bei Auslandsadoptionen<br />

häufig Informationen über die Lebensverhältnisse<br />

der Kinder in den Herkunftsländern,<br />

über die dort geltenden Gesetze und über die<br />

internationalen Richtlinien.<br />

Familienpolitisch wird zumeist<br />

eisern am Bild der<br />

klassischen, materiell abgesicherten<br />

„Hausfrauen-<br />

Familienernährer-Ehe“ als<br />

maßgebende Norm für geeignete Elternschaft festgehalten,<br />

obwohl die Formen des Zusammenlebens<br />

von Familien vielfältiger geworden sind. Bewerber<br />

spüren, dass sie an überkommenen Idealvorstellungen<br />

gemessen werden, die ihren Lebensverhältnissen<br />

nicht mehr angemessen sind. Vorbehalte<br />

bleiben oft latent und werden selten so offen<br />

ausgesprochen wie ich sie zu hören bekam: „Es ist<br />

besser, wenn ein Kind in seinem Herkunftsland<br />

stirbt, als dass es einen Kulturschock im Aufnahmeland<br />

erleidet“. „Kinder mit „gelber“ Farbe kann man<br />

noch akzeptieren, aber auf keinen Fall „schwarze“<br />

Kinder.“ „Wer bis 40 Jahre nicht an Kinder gewöhnt<br />

ist, kann nicht gute Eltern werden.“<br />

In der Ablehnung von Auslandsadoptionen mischen<br />

sich linke wie rechte Ideologien: Die Kinder in der<br />

„dritten“ Welt sollen – so die linke Position – in ihrer<br />

eigenen Kultur bleiben, ihnen sollen keine westlichen<br />

Werte und Erziehungsstile anerzogen werden.<br />

In dieser Argumentation wird die grundlegende Bedeutung<br />

des Zugangs zu gesunder Ernährung, zu<br />

medizinischer Versorgung und zu Bildung für die<br />

menschliche Existenz ausgeblendet. Das können<br />

aber viele arme Länder, auch wenn ihre Prognosen<br />

für die Zukunft gut sind, den derzeit lebenden Gene-<br />

16 Blickpunkt <strong>II</strong>/<strong>06</strong>


ationen von Kindern nicht bieten! Oftmals wird von<br />

Kritikern der Auslandsadoptionen auf die Familienbindungen<br />

der Kinder vor Ort verwiesen. Bestehen<br />

solche Bindungen, dürften sie nicht zerstört werden,<br />

aber häufig sind es Armut und Unterversorgung, die<br />

die Familien und die Bedingungen für eine günstige<br />

kindliche Entwicklung behindern. Die Bekämpfung<br />

der Armut, die Verhinderung von Bürgerkriegen, die<br />

Förderung der Bildung der Frauen und der Akzeptanz<br />

von Mädchen sind unverzichtbare langfristig<br />

angelegte politische Programme, die von kollektiven<br />

nationalen und internationalen Akteuren betrieben<br />

werden; Adoption dagegen ist eine individuelle biographische<br />

Lösung. Beides sind verschiedene Ebenen,<br />

die nicht miteinander zu vermischen, aber auch<br />

nicht gegeneinander auszuspielen sind. Die meisten<br />

Adoptionseltern bleiben jedoch den Herkunftsländern<br />

ihrer Kinder verbunden.<br />

Die eher rechts angesiedelte Position rekurriert zwar<br />

nicht mehr auf rassische Unterschiede und Unverträglichkeiten,<br />

sondern auf die Unterschiede der<br />

Gene, die ein Zusammenleben mit ausländischen<br />

und ausländisch aussehenden Kindern, ihrem Temperament<br />

und ihren charakterlichen Dispositionen<br />

erschwere. Eine „private Einbürgerung“ soll verhindert<br />

werden. Dagegen lässt sich nur darauf verweisen,<br />

dass auch deutsche Kinder unterschiedlichen<br />

Temperaments sind, dass Unterschiede eine Chance<br />

der sozialen Bereicherung bieten und dass Verhaltensnormen<br />

nicht vererbt, sondern erlernt werden.<br />

Hinzu kommt, dass jede Abweichung von der<br />

Norm der biologischen Elternschaft und das Konzept<br />

der sozialen Elternschaft auch aufgrund des<br />

Primats des Elternrechts gegenüber dem Kindesrecht<br />

mit größter Skepsis betrachtet werden. Viele,<br />

nicht alle Adoptivkinder sind krank. Ihnen könnte bei<br />

uns geholfen werden. Später werden sie die Renten<br />

ihrer Eltern erwirtschaften!<br />

Die meisten Menschen, die sich für Adoption entscheiden,<br />

fühlen, was neuerdings wieder in Sonntagsreden<br />

zu hören ist, dass Sinnerfüllung und Lebensglück<br />

aus einem gemeinsamen Leben mit Kindern<br />

erwachsen. In großer Zahl sind es Menschen,<br />

die gemäß eines hohen Verantwortungsbewusstseins<br />

einen materiellen, risikominimierten Rahmen<br />

geschaffen haben, ehe sie versuchen, ihren Kinderwunsch<br />

zu realisieren. Das kostet in Deutschland<br />

sehr viel Zeit, bei langen Ausbildungszeiten, bei unsicheren<br />

Einstiegspositionen in die Arbeitswelt und<br />

bei steigenden beruflichen Mobilitätsanforderungen,<br />

aber auch bei längeren Suchphasen, den richtigen<br />

Partner zu finden. Der Kinderwunsch lässt sich dann<br />

oftmals nur noch auf dem Weg der Adoption realisieren.<br />

Warum sollten sich diese Menschen von<br />

zweifelhaften Ideologien „bremsen“ lassen?<br />

Die Zurückhaltung der Behörden, effiziente Strukturen<br />

zur Adoption von Kindern aus dem Ausland zu<br />

schaffen, treibt die Interessenten in die Arme von<br />

offiziell anerkannten oder informell tätigen Adoptionsvermittlungen,<br />

Vereinen oder privaten Agenturen,<br />

die oftmals weder professionell noch uneigennützig<br />

tätig werden. In der Vergangenheit haben die<br />

Verbände der Kirchen dieses Feld dominiert und<br />

konnten ihre familienpolitischen Ideen durchsetzen.<br />

Nun sind hier unterschiedliche Organisationen tätig,<br />

die zwar, sofern sie offiziell arbeiten, den rechtlichen<br />

Auflagen entsprechen, aber dennoch über genug<br />

Spielräume für eigene Interpretationen und Strategien<br />

verfügen. Untereinander stehen sie in Konkurrenz.<br />

Die Alteingesessenen mögen die Newcomer<br />

nicht und umgekehrt. Im Unterschied zu den Behörden<br />

haben viele dieser Organisationen ein monetäres<br />

Interesse an der Adoptionsvermittlung, denn sie<br />

finanzieren über ihre Einkünfte teilweise oder ausschließlich<br />

ihre Einrichtung, ihr Personal, ihre Honorare.<br />

Damit kommen Marktelemente ins Spiel. Zumeist<br />

haben nur zahlungskräftige Nachfrager eine<br />

Chance, ein Kind vermittelt zu bekommen. Die Bewerber<br />

zahlen, um dem Verein beizutreten, sie zahlen<br />

für die Akte, die über sie angelegt wird, sie zahlen<br />

für Gutachten, die von der Organisation über sie<br />

angefertigt werden, von den Kosten für die Durchführung<br />

der Adoption noch gar nicht zu reden. Am<br />

Ende heißt es in vielen Fällen, die Betreffenden seien<br />

noch nicht reif genug oder ein passendes Kind<br />

sei nicht vorhanden. Transparenz des Verfahrens ist<br />

selten gegeben. Enttäuschte wenden sich dann an<br />

die nächste Organisation und versuchen es aufs<br />

Neue.<br />

Einige Adoptionsvermittlungen haben gute Beziehungen<br />

zu Abgeberstaaten, oftmals aber sind diese<br />

Kontakte äußerst labil und von bestimmten Personen<br />

auf beiden Seiten abhängig, beispielsweise von<br />

engagierten ehrenamtlichen Mitgliedern in den Vereinen,<br />

von Direktoren der Kinderheime und Beschäftigten<br />

in den Konsulaten der jeweiligen Länder. Bei<br />

den Ansprechpartnern in den Organisationen handelt<br />

es sich häufig um Personen, die selbst Kinder<br />

adoptiert und auf diesem mühsamen Weg eigene<br />

Netzwerke gesponnen haben. Erfahrungen werden<br />

zusammengetragen und weitergegeben. Frauen,<br />

engagierte Adoptionsmütter und Missionarinnen in<br />

Sachen Auslandsadoption bekommen plötzlich<br />

„Goldgräberfieber“: Warum nicht aus dem informellen<br />

Dasein heraustreten, offiziell einen Verein gründen,<br />

staatliche Fördergelder beantragen, die eigenen<br />

Erfahrungen nutzen, andere Interessenten beraten<br />

und davon den eigenen Lebensunterhalt<br />

bestreiten? Räume werden angemietet, Rechtsanwälte,<br />

Sozialarbeiter und Psychologen eingestellt,<br />

laufende Kosten, Gehälter, Honorare und Spesen<br />

fallen an. Erfolge in der Vermittlung sprechen sich<br />

herum. Die Nachfrage nimmt zu, der Organisationsgrad<br />

wächst, die Kosten steigen, das Produkt, die<br />

Vermittlung eines Kindes, wird teurer. Zusätzliche<br />

Projekte werden initiiert, um die Nachfrage zu decken,<br />

nicht alle gelingen, Kontakte reißen wieder ab.<br />

Neue Partner vor Ort müssen gefunden werden, die<br />

den Kontakt zu den Behörden herstellen, die Übersetzungsdienste<br />

leisten, die die Wunscheltern begleiten,<br />

die für die Unterbringung der Kinder während<br />

der vorgeschriebenen Bedenkzeit sorgen –<br />

leicht kann hier der Überblick verloren gehen, mit<br />

wem man eigentlich zusammenarbeitet. Die Risiken<br />

und die tendenzielle Überforderung des Personals<br />

Blickpunkt <strong>II</strong>/<strong>06</strong> 17


nehmen zu, ohne dass das Management dadurch<br />

professioneller wird. Kommt es nicht zur Vermittlung,<br />

versuchen es die Bewerber erneut, diesmal<br />

über rein kommerzielle Agenturen oder über Anwälte<br />

in entsprechenden Ländern, deren Adressen sie<br />

inzwischen erhalten haben.<br />

Was ist zu tun? Kinder dürfen auf keinen Fall zur<br />

Ware und gehandelt werden. Die Kontrollen auf nationaler<br />

und internationaler Ebene, vor allem für<br />

Länder, in denen die Behörden nicht zuverlässig<br />

arbeiten, können nicht scharf genug sein. Organisationen<br />

wie der Internationale Sozialdienst müssten<br />

sehr viel unterstützender und effizienter tätig werden<br />

und eine klare Alternative für Adoptionswillige zu<br />

intransparent agierenden Vereinen und Agenturen<br />

darstellen. Die Jugendämter sollten Adoptionswillige<br />

Repromediziner gründen eigene Ethikkommission<br />

Ärzte Zeitung, 28.09.20<strong>06</strong><br />

BERLIN (eb). Die Deutsche Gesellschaft für Reproduktionsmedizin<br />

(DGRM) hat eine eigene Ethikkommission<br />

gegründet. Das zwölfköpfige, interdisziplinär<br />

besetzte Gremium will in regelmäßigen Abständen<br />

in Positionspapieren Stellung zu kontrovers<br />

diskutierten reproduktionsmedizinischen Verfahren<br />

nehmen.<br />

Info Bayrische KK Erfolgsmodell Zahlung für Internet und BP<br />

Betriebskrankenkassen und Reproduktionsmediziner<br />

in Bayern verbessern die Behandlung<br />

von Paaren mit unerfülltem Kinderwunsch<br />

Die Zahl der künstlichen Befruchtungen hat sich von<br />

2003 auf 2004 mehr als halbiert. Pro Jahr werden<br />

deshalb allein in Bayern mehrere hundert Kinder<br />

weniger geboren. Und immer mehr Paare mit Kinderwunsch<br />

werden mit vermeintlich hohen Erfolgsraten<br />

unter fragwürdigen Konditionen ins benachbarte<br />

Ausland gelockt. Ursächlich für diese Entwicklung ist<br />

auch der enger gewordene Spielraum für gesetzliche<br />

Krankenkassen, eine künstliche Befruchtung<br />

finanziell zu unterstützten. Seit 2004 können gesetzliche<br />

Krankenkassen noch bei maximal drei Befruchtungsversuchen<br />

höchstens die Hälfte der anfallenden<br />

Kosten übernehmen. Bis dato konnten die<br />

Krankenkassen bis zu vier Befruchtungsversuche<br />

voll finanzieren.<br />

Um mehr Paaren, die ohne künstliche Befruchtung<br />

keine eigenen Kinder bekommen können, ihren Kinderwunsch<br />

zu erfüllen, haben die bayrischen Reproduktionsmediziner<br />

jetzt einen Vertrag zur integrierten<br />

Versorgung mit dem Landesverband der Betriebskrankenkassen<br />

in Bayern geschlossen. Dieser<br />

sieht vor, dass auf Basis einer geringeren Grundvergütung<br />

die Leistung der Reproduktionsmediziner<br />

erfolgsabhängig, im Fall einer tatsächlich eingetretenen<br />

Schwangerschaft von den Betriebskrankenkassen<br />

vergütet wird. Die Selbstverpflichtung der<br />

Ärzte, den Erfolg ihrer Behandlung messen und zum<br />

ermutigen und nicht entmutigen. Wenn sie selbst<br />

nicht daran glauben, dass Deutschland mit Kindern,<br />

die im Ausland geboren wurden, zu einem reicheren<br />

Land wird, können sie eine solche Haltung auch<br />

schwer vermitteln. Optimismus benötigen die Eltern<br />

jedoch für das Auffangen der Probleme, mit denen<br />

Kinder anderer Hautfarbe noch immer in Deutschland<br />

konfrontiert werden, auch der Identitätskrisen,<br />

die Adoptivkinder, wie alle Jugendliche, möglicherweise<br />

aber komplizierter, durchleben. So sollten<br />

Gespräche mit potenziellen Eltern auch zur Sensibilisierung<br />

für die Belange älterer und kranker Kinder<br />

geführt und dabei klargestellt werden, dass Adoption<br />

nicht der Weg zum Erwerb eines Bilderbuchkinds<br />

ist.<br />

Bislang habe es kein angemessenes Forum gegeben,<br />

in dem die moralischen, rechtlichen und sozialen<br />

Implikationen moderner Reproduktionsmedizin<br />

erörtert worden sind, sagte DGRM-Präsident Professor<br />

Hans-Rudolf Tinneberg gestern.<br />

Weitere Informationen unter: www.repromedizin.de<br />

Maßstab für das eigene Einkommen werden zu lassen,<br />

ist in der deutschen Medizin unüblich, aber vor<br />

allem für die Patienten ein Gewinn: Einerseits ist die<br />

finanzielle Belastung für die Patientin durch die abgesenkte<br />

Grundvergütung deutlich niedriger als bei<br />

der herkömmlichen Behandlung, die Patientin spart<br />

pro Zyklus ca. 150 Euro. Andererseits hat der Arzt<br />

einen höheren Anreiz, qualitativ hochwertige Arbeit<br />

zu leisten, da er die Erfolgsprämie von der Krankenkasse<br />

nur erhält, wenn die Patientin tatsächlich<br />

schwanger wird.<br />

Neben diesen finanziellen Anreizen sind weitere<br />

Maßnahmen zur Qualitätssteigerung vereinbart<br />

worden, so wird dem Risiko einer Drillingsschwangerschaft,<br />

die mit einem hohen Risiko für Mutter und<br />

Kinder einhergeht und häufig zu Komplikationen bis<br />

hin zu Fehlgeburten führt dadurch begegnet, dass<br />

pro Zyklus maximal zwei, und nicht wie sonst üblich<br />

bis zu drei Embryonen in die Gebärmutter eingepflanzt<br />

werden.<br />

Um die Wahrscheinlichkeit der Geburt eines gesunden<br />

Kindes weiter zu steigern, wird die Zusammenarbeit<br />

des Reproduktionsmediziners mit den betreuenden<br />

niedergelassenen Gynäkologen intensiviert<br />

und erstmals auch die kinderärztliche Erstbetreuung<br />

der Neugeborenen nach künstlicher Befruchtung<br />

einbezogen. Frauen, die nach einer künstlichen Befruchtung<br />

schwanger geworden sind, haben eine<br />

erhöhtes Risiko eine Fehlgeburt zu erleiden und benötigen<br />

eine besondere Behandlung. Diese wird<br />

18 Blickpunkt <strong>II</strong>/<strong>06</strong>


durch die Zusammenarbeit der Reproduktionsmediziner<br />

mit den behandelnden Gynäkologen sichergestellt.<br />

Dank der im Rahmen des Projektes ausgearbeiteten<br />

Therapierichtlinien, welche auf die speziellen<br />

Bedürfnis dieser Schwangeren ausgerichtet<br />

sind, können die werdenden Mütter nach der künstlichen<br />

Befruchtung von ihren Frauenärzten weiterbehandelt<br />

werden; ein Wechsel des Gynäkologen ist<br />

nicht erforderlich.<br />

Eine weitere Besonderheit der integrierten Versorgung<br />

besteht in der lückenlosen Therapie-<br />

Dokumentation, die der Patientin nach Abschluss<br />

der Behandlung ausgehändigt wird. Diese gibt nicht<br />

nur der Patientin eine übersichtliche Darstellung aller<br />

erbrachten Leistungen, sie ermöglicht darüber<br />

Gesetzeslücke im ESchG?<br />

Focus Nr. 2 (09.01.20<strong>06</strong>), Seite 15:<br />

Zitat: Gesetzeslücken-Kinder<br />

Dank einer Lücke im ESchGesetz können sich unfruchtbare<br />

Frauen den Kinderwunsch durch gespendete<br />

Eizellen erfüllen - obwohl hierzulande sowohl<br />

Eizellspenden als auch die Einfuhr im Ausland<br />

gespendeter Eizellen verboten sind. Zu einem Embryo<br />

entwickelt, darf eine befruchtete Eizelle impor-<br />

hinaus eine kontinuierliche Qualitätsverbesserung<br />

der ärztlichen Behandlung.<br />

Weitere Informationen zu dem hier beschriebenen<br />

Vertrag sowie zu den Teilnahmevoraussetzungen<br />

erhalten Sie bei der<br />

ReproMed Service GmbH<br />

Nürnberger Str. 39<br />

95448 Bayreuth<br />

Einmal sterilisiert – für immer kinderlos? – aktuelle Urteile<br />

Der nachfolgende Artikel beschäftigt sich mit dem<br />

Problem, ob nach einer durchgeführten Sterilisation<br />

eine Maßnahme der künstlichen Befruchtung auf<br />

Kosten der gesetzlichen Krankenkassen durchgeführt<br />

werden kann, bzw. ob die Kosten als sog. außergewöhnliche<br />

Belastung steuerlich geltend gemacht<br />

werden können. Kurz hintereinander habe<br />

zwei unterschiedliche Bundesgerichte (Bundessozialgericht<br />

und Bundesfinanzhof) beide Fragen mit<br />

ähnlich lautender Begründung verneint.<br />

Der den Gerichtsentscheidungen zugrunde liegende<br />

Sachverhalt war in beiden zu entscheidenden Fällen<br />

im wesentlichen gleich: Die jeweils Betroffenen waren<br />

mit anderen Ehepartnern verheiratet und wurden<br />

später geschieden. Im Laufe der Ehe entschlossen<br />

sie sich, eine Sterilisation vorzunehmen. Die Gründe<br />

für die Durchführung dieser medizinischen Maßnahme<br />

waren in beiden Fällen nicht bekannt. Nach<br />

der Scheidung entschlossen sich beide Betroffenen,<br />

wieder zu heiraten und mit dem neuen Partner Kinder<br />

zu bekommen. Da dies aufgrund der durchführten<br />

Sterilisation nur im Rahmen einer künstlichen<br />

Befruchtung möglich war, beantragten sie die Kostenübernahme<br />

durch die Krankenkasse, bzw. die<br />

Anerkennung als außergewöhnliche Belastung im<br />

Sinne des Einkommensteuerrechts.<br />

Das Bundessozialgericht (im weiteren: BSG) hat in<br />

seiner Entscheidung vom 22.3.2005 (Aktenzeichen:<br />

B 1 KR 11/03 R) die Kostenübernahme durch die<br />

gesetzlichen Krankenkassen abgelehnt. Grundsätz-<br />

Tel.: 0921 – 745443-0<br />

Fax: 0921 – 745443-29<br />

E-Mail: gabriela.wierer@oberender-online.de<br />

oder im Internet auf den Patientenseiten des Berufsverbands<br />

der Reproduktionsmediziner in Bayern<br />

unter www.br-bayern.de .<br />

tiert werden, erklärt der Düsseldorfer Medizinrechtler<br />

Karl-Heinz Möller in einem aktuellen Memorandum.<br />

"Im Ausland befruchtete und tiefgefrorene Embryonen<br />

dürfen in Deutschland implantiert werden."<br />

"Die ersten Frauen nutzen die Lücke bereits", bestätigt<br />

der Essener Reproduktionsmediziner Thomas<br />

Katzorke.<br />

lich fällt die Kostenerstattung für künstliche Befruchtungen<br />

mittels ICSI unter die Leistungen im Sinne<br />

von § 27 a Abs.1 SGB V. Dabei spielt es auch keine<br />

Rolle, bei wem welche medizinische Maßnahme<br />

durchzuführen ist, soweit beide Ehegatten gesetzlich<br />

versichert sind. Insgesamt können beide Ehegatten<br />

von der gesetzlichen Krankenversicherung<br />

die Übernahme aller (die ICSI fand im Oktober 2001<br />

statt) zur Herbeiführung der Schwangerschaft notwendigen<br />

medizinischen Leistungen beanspruchen,<br />

ohne dass es darauf ankommt, bei wem die Ursache<br />

für die Kinderlosigkeit liegt.<br />

Jedoch muss die Maßnahme zur Herbeiführung der<br />

Schwangerschaft mittels künstlicher Befruchtung<br />

„erforderlich“ sein. An dieser „Erforderlichkeit“ fehlt<br />

es dann, wenn die Unfruchtbarkeit des Ehepaares<br />

auf die Zeugungsunfähigkeit / Empfängnisunfähigkeit<br />

eines oder beider Ehepartner beruht und insoweit<br />

die Möglichkeit einer Behandlung zur Herstellung<br />

der Zeugungs- oder Empfängnisfähigkeit besteht.<br />

Danach kommt es auf die Frage an, ob die<br />

Sterilisation rückgängig gemacht werden kann (sog.<br />

Refertilisation). Hierzu stellte das BSG fest, dass in<br />

ca. 90 % aller Fälle ein operationstechnischer Erfolg<br />

festgestellt wird.<br />

Jedenfalls habe die Refertilisation – soweit möglich<br />

und zumutbar – Vorrang vor einer künstlichen Befruchtung.<br />

Dies bedeutet, dass sich der Versicherte<br />

erst um eine Refertilisation bemühen muss, bevor er<br />

Blickpunkt <strong>II</strong>/<strong>06</strong> 19


einen Versuch der künstlichen Befruchtung unternimmt.<br />

Neben der Frage der Erforderlichkeit einer Fertilisationsmaßnahme,<br />

muss der Versicherte auch von<br />

„ungewollter“ Kinderlosigkeit betroffen sein. Dies<br />

erscheint vor dem Hintergrund einer durchgeführten<br />

Sterilisation naturgemäß fraglich. Daher kommt eine<br />

Kostenübernahme nur dann in Frage, wenn die<br />

Zeugungs- oder Empfängnisunfähigkeit entweder<br />

von vorn herein (d.h. vor der Sterilisation) nicht vorhanden<br />

war, oder sie durch Krankheit oder wegen<br />

einer durch Krankheit erforderlichen Sterilisation<br />

verloren gegangen war. Maßnahmen der Heilbehandlung<br />

nach § 27 a SGB V sind aber dann ausgeschlossen,<br />

wenn die Sterilisation andere Gründe<br />

hatte (z. B. Familienplanung). Komme es zu einem<br />

Sinneswandel des Betroffenen hinsichtlich seiner<br />

Familienplanung in einer neuen Partnerschaft,<br />

komme eine „Einstandspflicht der Solidargemeinschaft“<br />

nicht in Betracht. „Ungewollte Kinderlosigkeit“<br />

wäre etwa nur dann anzunehmen, wenn die<br />

Sterilisation aus Gründen, die in der Person des Betroffenen<br />

liegen, medizinisch notwendig war, oder<br />

wenn die Gründe für die Sterilisation bei seinem<br />

damaligen Partner / Partnerin lagen.<br />

Ähnlich argumentiert auch der Bundesfinanzhof (im<br />

weiteren: BFH) in seinem Urteil vom 3.3.2005 (Aktenzeichen:<br />

<strong>II</strong>I R 68/03) zu der Frage, ob die Kosten<br />

für eine In-vitro-Fertilisation (IVF) als außergewöhnliche<br />

Belastung steuerlich abzugsfähig sind,<br />

nachdem vorher eine Sterilisation durchgeführt worden<br />

war.<br />

Grundsätzlich gilt auch im Steuerrecht, dass Kosten,<br />

die für eine IVF oder ICSI aufgewandt werden, als<br />

Heilbehandlungskosten und damit als außergewöhnliche<br />

Belastung im Sinne des § 33 EStG anzuerkennen<br />

sind (Ausnahme: heterologe Insemination,<br />

etc.). Denn es handelt sind dabei um zwangläufige<br />

Aufwendungen, soweit sie entweder der Heilung<br />

dienen, oder den Zweck verfolgen, die Krankheit<br />

erträglich zu machen und ihre Folgen zu lindern.<br />

Diese „Zwangsläufigkeit“ wurde nunmehr vom BFH<br />

für den Fall der vorangegangenen Sterilisation abgelehnt,<br />

da die IVF letztlich dem Ziel diente, die früher<br />

getroffene Entscheidung für die Sterilisation<br />

rückgängig zu machen. Eine freiwillige und bewusst<br />

getroffene Entscheidung, die sich durch die Veränderung<br />

der Lebensverhältnisse überholt habe, sei<br />

jetzt durch eine andere , ebenso freiwillig und bewusst<br />

getroffene Entscheidung ersetzt. Da somit die<br />

wesentliche Ursache für die IVF und die dafür entstandenen<br />

Aufwendungen in der von der Betroffenen<br />

gestaltbaren Lebensführung liege, komme eine<br />

Abzug als außergewöhnliche Belastung nach § 33<br />

EStG nicht in Betracht.<br />

Zusammenfassend bleibt folgendes festzuhalten:<br />

Kommt man / frau nach einer durchgeführten Sterilisation<br />

aufgrund geänderter Lebensplanung zu dem<br />

Ziel, Kinder bekommen zu wollen, kann eine Kostenübernahme<br />

der Krankenkasse nur verlangt werden,<br />

wenn die seinerzeitige Sterilisation medizinisch<br />

notwendig war. Gleiches muss meines Erachtens<br />

auch für den Bereich der außergewöhnlichen Belastung<br />

im Steuerrecht gelten. Wurde die Entscheidung<br />

zur Sterilisation aufgrund eines freiwilligen Entschlusses<br />

getroffen (z. B. mit dem Ziel, jetzt keine<br />

Kinder (mehr) bekommen zu wollen; etc.), entfällt<br />

eine Kostenübernahme durch die Krankenkasse und<br />

auch eine steuerliche Berücksichtigung der Kosten<br />

scheidet aus.<br />

Armin Stähler<br />

Verhandlung des BVG in Sachen "Künstliche Befruchtung" am 21. November 20<strong>06</strong><br />

Pressemitteilung Nr. 76/20<strong>06</strong> vom 29. August<br />

20<strong>06</strong><br />

1 BvL 5/03<br />

http://www.bverfg.de/pressemitteilungen/bvg<strong>06</strong>-<br />

076.html<br />

Tage der offenen Tür am 21. und 22. November<br />

20<strong>06</strong> - Verhandlung des Ersten Senats in Sachen<br />

"Künstliche Befruchtung" -<br />

Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts<br />

verhandelt am<br />

Dienstag, 21. November 20<strong>06</strong>, 14:30 Uhr,<br />

im Sitzungssaal des Bundesverfassungsgerichts,<br />

Schlossbezirk 3, 76131 Karlsruhe<br />

eine Richtervorlage zur Frage, ob es mit dem<br />

Grundgesetz vereinbar ist, dass eine Leistungspflicht<br />

der gesetzlichen Krankenkassen für Maßnahmen<br />

zur Herbeiführung einer Schwangerschaft<br />

(künstliche Befruchtung) auf miteinander verheiratete<br />

Personen beschränkt ist.<br />

Rechtlicher Hintergrund und Sachverhalt:<br />

§ 27 a Fünftes Sozialgesetzbuch (SGB V) gewährt<br />

gesetzlich Versicherten einen Anspruch auf Maßnahmen<br />

zur Herbeiführung einer Schwangerschaft<br />

(künstliche Befruchtung). Voraussetzung des Anspruchs<br />

ist unter anderem, dass die Personen, die<br />

diese Maßnahmen in Anspruch nehmen wollen, miteinander<br />

verheiratet sind, ausschließlich Ei- und<br />

Samenzellen der Ehegatten verwendet werden und<br />

beide Ehepartner ein bestimmtes Alter nicht überschritten<br />

haben (Frauen: 40 Jahre; Männer: 50 Jahre).<br />

Die gesetzliche Krankenkasse trägt 50 % der<br />

entstehenden Kosten.<br />

Die 34-jährige Klägerin des Ausgangsverfahrens ist<br />

ebenso wie ihr 32-jähriger Lebensgefährte, mit dem<br />

sie seit über zehn Jahren in einer nichtehelichen<br />

Lebensgemeinschaft lebt, gesetzlich krankenversichert.<br />

Bei dem Paar besteht aufgrund einer Fertilitätsstörung<br />

des Mannes seit dem Jahr 2000 Sterilität.<br />

Ihr Kinderwunsch lässt sich nur im Wege einer<br />

20 Blickpunkt <strong>II</strong>/<strong>06</strong>


künstlichen Befruchtung in Form der In-vitro-<br />

Fertilisation (IVF), d.h. der Befruchtung der Eizelle<br />

außerhalb des weiblichen Körpers und der intrazytoplasmatischen<br />

Spermieninjektion (ICSI) verwirklichen.<br />

Bei letzterer Methode wird ein ausgewähltes<br />

Spermium unmittelbar in die Eizelle injiziert. Nachdem<br />

der Lebensgefährte der Klägerin „vorab“ ein<br />

notarielles Vaterschaftsanerkenntnis abgegeben<br />

hatte, beantragte die Klägerin im November 2001<br />

bei ihrer Krankenkasse die Übernahme der sich<br />

nach einem ärztlichen Kostenvoranschlag auf rund<br />

2.700 DM belaufenden Kosten für eine IVF/ICSI Behandlung.<br />

Die Krankenkasse lehnte den Antrag unter<br />

Hinweis auf das Fehlen einer Ehe zwischen der<br />

Klägerin und ihrem Lebenspartner ab. Hiergegen<br />

erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht. Das<br />

Sozialgericht setzte das Verfahren aus und legte<br />

dem Bundesverfassungsgericht die Frage vor, ob §<br />

27 a Abs. 1 Nr. 3 und 4 SGB V insoweit verfassungswidrig<br />

ist, als die Finanzierung medizinischer<br />

Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft<br />

nach dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung<br />

ausschließlich auf Personen beschränkt<br />

ist, die miteinander verheiratet sind und<br />

Erfahrungsberichte<br />

Mein letzter Versuch.<br />

Eigentlich wollte ich wegen meines Widerwillens und<br />

meiner ganzen Abschiedsgedanken noch lange warten,<br />

bis ich es noch einmal wage - oder ich spielte<br />

auch ernsthaft mit den Gedanken, die letzten „Eskimos“<br />

zu verwerfen, weil es sich eh’ nicht lohnt und<br />

noch einmal diese ganze Enttäuschung und Behandlung<br />

mitzumachen, ich einfach keine Lust mehr<br />

hatte. Aber andererseits, die letzte klitzekleine Hoffnung<br />

und auch die Angst, es wahrscheinlich eine<br />

lange Zeit, vielleicht ein Leben lang, zu bereuen,<br />

diese Chance nicht doch genutzt zu haben.<br />

Es war der 1. April, als ich bei meinem Hausgyn zur<br />

Krebsvorsorge war und er mir aufgrund meines Alters<br />

und der Anzahl meiner Versuche keine Chancen<br />

mehr eingeräumt hatte, was mich ziemlich an<br />

den Boden gebracht hatte, auch wenn man es vom<br />

Kopf her weiß. Am darauffolgenden Wochenende<br />

hatte ich viel mit meinem Mann geredet, der aber<br />

wie immer ja nie viel dazu sagt, weil er es irgendwie<br />

nicht kann - aber er meinte nur: "Zieh den Versuch<br />

doch jetzt durch!" Am Jahresanfang hatten wir eh’<br />

geplant, es auf den April zu legen. Aber ich sagte:<br />

"Nee, bist Du verrückt?", und mir kam wieder der<br />

ganze Widerwille hoch.<br />

Aber dann fing ich doch an zu überlegen und ich<br />

fragte mich, warum nicht doch jetzt - warum es nicht<br />

durchziehen - dann habe ich "es hinter mir". Augenzu-und-durch<br />

und dann wieder dieser Widerwille<br />

dagegen. Ich war kurz vor meiner Mens und kämpfte<br />

in diesen Tagen mit dem Für und Wider.<br />

Am 5.4. kam ganz pünktlich meine Mens und ich<br />

schaffte es, in der Praxis anzurufen. Und was hatte<br />

ausschließlich von Ehegatten Ei- und Samenzellen<br />

verwendet werden dürfen. Nach Auffassung des<br />

Sozialgerichts verletze die Regelung unter anderem<br />

den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG),<br />

das Gebot aus Art. 6 Abs. 5 GG, nichtehelichen<br />

Kindern die gleichen Bedingungen für ihre Entwicklung<br />

und ihre gesellschaftliche Stellung zu schaffen<br />

wie ehelichen Kindern, sowie das Recht auf Leben<br />

(Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG).<br />

Interessierte Bürgerinnen und Bürger, die an der<br />

Verhandlung teilnehmen wollen, melden sich bitte<br />

schriftlich an (Postfach 1771, 760<strong>06</strong> Karlsruhe, z.<br />

Hd. v. Herrn Kambeitz; Fax: 0721/9101461). Bei der<br />

Anmeldung sind Name, Vorname, Geburtsdatum<br />

und eine Telefon- oder Faxnummer anzugeben.<br />

Leider lag die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts<br />

zum Redaktionsschluss noch nicht<br />

vor. Sobald die Pressemitteilung herausgegeben ist,<br />

kann sie unter folgendem Link nach gelesen werden:<br />

http://www.bverfg.de/entscheidungen/20<strong>06</strong>/11<br />

ich nun groß zu "befürchten" - es war nach dem letzten<br />

Versuch abgemacht worden, dass ich den Versuch<br />

im natürlichen Zyklus mache, da ich auf die<br />

Östrogen-Tabletten eh’ nie sonderlich gut reagierte<br />

und vielmehr empfänglich für die Nebenwirkungen<br />

bin. Und somit brauchte ich nur auf den ersten US-<br />

Termin zu warten. Ich hatte nur im tiefen Inneren<br />

meine Ängste und war immer nahe daran, den Termin<br />

wieder abzublasen. Aber meistens war ich<br />

durch andere Dinge, die um mich herum waren, gut<br />

abgelenkt.<br />

Am 15.04., das war mein 11. ZT hatte ich dann den<br />

Termin. Mit schweren Beinen ging ich zur Praxis,<br />

wie der Gang nach Canossa, meine Füße wollten<br />

immer wieder umkehren - ich weiß auch nicht, warum<br />

das so ist. Mir war nur wieder einmal klar, somit<br />

wusste ich nur eines - weitere Versuche kommen<br />

einfach nicht mehr in Frage.<br />

Es sah nicht sonderlich gut aus, die GBS war nur 3<br />

mm und die EZ sehr klein. Toll, ohne Hormone geht<br />

wohl gar nichts mehr bei mir. Ich hakte das schon<br />

wieder alles ab. Mir wurde Blut abgenommen, und<br />

ich bekam einen weiteren Termin.<br />

Mein Körper hat eben seinen eigenen Rhythmus.<br />

Am 16. ZT, also am 20.04. hatte ich den nächsten<br />

Termin - zwei Tage vorher hatte es wie verrückt im<br />

rechten ES gezogen. Meine Hormonwerte waren in<br />

Ordnung. Im US war keine EZ mehr zu sehen, aber<br />

auch noch kein Gelbkörper, aber die Schleimhaut<br />

wandelte sich um und war auf 11, 3 mm gewachsen!<br />

Ich konnte es kaum glauben! (Sonst hatte ich mit<br />

den Östrogen-Tabletten nach 2 Wochen Einnahme<br />

Blickpunkt <strong>II</strong>/<strong>06</strong> 21


gerade mal 6 - 7 mm und brauchte dann immer<br />

noch diese fiesen Östrogen-Spritzen, von denen<br />

mein Kopf vor Schmerzen dann immer fast zerplatzte.)<br />

Die Blutwerte sagten aus, das der ES gerade gewesen<br />

war und somit bekam ich das okay für den<br />

Transfer. Ich war an diesem Tag einmal so richtig<br />

high und euphorisch und größere Hoffnung stellte<br />

sich ein.<br />

Somit fand am 22.04. der Transfer statt, alle vier<br />

Eskimos wurden aufgetaut, und drei bekam ich zurück,<br />

jeweils einen zwei-, vier- und einen fünf-Zeller,<br />

die ganz gut ausgesehen hatten. Die Schleimhaut<br />

war in der Zwischenzeit noch mehr gewachsen. Mit<br />

Tränen in den Augen war ich die ganze Zeit da,<br />

auch den ganzen Tag war mir eher zum Weinen<br />

zumute, es war halt das letzte Mal.<br />

In der Warteschleife war ich zuerst recht cool, erst<br />

so die letzten Tage wurde ich sehr empfindlich. Obwohl<br />

ich keine Medikamente nahm, war ich todmüde,<br />

dann spielte mein Kreislauf verrückt und Übelkeit<br />

stellte sich vermehrt ein, aber sonst kein PMS.<br />

Außerdem träumte ich mehrfach, ich sei schwanger.<br />

Und somit wurde die Hoffnung immer größer. Alle<br />

"Anzeichen" sind wohl einfach nur Einbildung, weil<br />

man sich zu sehr mit sich selbst beschäftigt.<br />

Am 04.05. war ich gut drauf, war bei der Arbeit,<br />

dann ging ich auf’s Klo - Aus! Meine Mens stellte<br />

sich so mir nichts, dir nichts ein, na ja, sie kam ganz<br />

pünktlich, als wenn nichts gewesen wäre. Wums! -<br />

von 100 ging es runter auf Null! Und nun hieß es,<br />

sich zusammenreißen, damit die Kollegen nichts<br />

merken. Gehen konnte ich auch nicht, weil ich gerade<br />

Urlaubsvertretung mache. Irgendwie bekam ich<br />

den Tag auch noch herum, bis ich mich zu Hause<br />

endlich gehen lassen konnte, sowie auch die nächsten<br />

Tage.<br />

Der Test war zwei Tage später. Am liebsten hätte<br />

ich mir das erspart, aber für mich war das auch etwas,<br />

um den letzten Schlussstrich zu ziehen. Mein<br />

letztes Negativ.<br />

So, das war es, und nun ist es vorbei. 16 Krümel<br />

hatten die Chance, einer davon war eine kurze Zeit<br />

Kinder sind Augen,<br />

die sehen, wofür wir längst<br />

schon blind sind.<br />

Kinder sind Ohren,<br />

die hören, wofür wir längst<br />

schon taub sind.<br />

Kinder sind Seelen,<br />

die spüren, wofür wir längst<br />

schon stumpf sind.<br />

Kinder sind Spiegel,<br />

die zeigen, was wir gern verbergen.<br />

etwas länger da, aber nicht richtig und/oder an der<br />

falschen Stelle. 4 Jahre ärztliche Behandlungen,<br />

viele Jahre fleißiges Üben, davor das Warten, bis,<br />

der Partner bereit war für Kinder, 8 Jahre intensiver<br />

Kiwu - nun ja auch vorher, aber da stimmten die äußeren<br />

Gegebenheiten noch nicht. Aber es sollte<br />

nicht sein, man kann nichts erzwingen. Ich habe es<br />

einige Male versucht mit der KB, damit ich es mir<br />

nicht vorwerfen kann, nicht alle meine Möglichkeiten<br />

ausgeschöpft zu haben. Gewiss, es gibt noch einige<br />

Möglichkeiten (wie Ausland o.ä.), aber das tue ich<br />

mir nicht mehr an. Ich habe es soweit getan, wie ich<br />

es konnte - zu mehr bin ich körperlich und seelisch<br />

nicht in der Lage. Und Adoption oder ähnliches kam<br />

für uns sowieso nie in Frage.<br />

Die Hoffnung auf ein spontanes Wunder möchte ich<br />

mir lieber abgewöhnen, sonst macht man sich ja<br />

immer wieder fertig.<br />

Man kann eben nicht alles haben - dabei habe ich ja<br />

soviel - einen lieben Mann, ein schönes Haus, einen<br />

schönen Job (den ich hoffentlich behalte), viel Zeit<br />

für mich, einige gute Freunde und vor allem Gesundheit!<br />

Das ist ja sowieso das Wichtigste.<br />

Und nun ist die Zeit des Trauerns, des Loslassens,<br />

es kommen immer wieder Heulattacken - einerseits<br />

bin ich erleichtert, dass es vorbei ist und ich weiß,<br />

woran ich bin, aber ich bin auch so schrecklich traurig,<br />

aber irgendwann wird es besser und besser<br />

werden. Die Abstände werden größer, aber Rückfälle<br />

wird es natürlich immer wieder geben. Das kann<br />

ich nur aus Erfahrung schreiben, von anderen Situationen,<br />

von denen ich mich im Leben verabschiedet<br />

habe.<br />

Irgendwann fängt für einen selber ein Neues Leben<br />

an - ich kann es nur so theoretisch schreiben, wie<br />

lange das alles dauert und so weiter, weiß ich ja<br />

auch nicht.<br />

Hanni<br />

Anmerkungen: EZ: Eizelle, ES: Eisprung, GBS: Gebärmutterschleimhaut,<br />

KB: KiWu-Behandlung,<br />

Mens: Menstruation, US: Ultraschall, ZT: Zyklustag<br />

22 Blickpunkt <strong>II</strong>/<strong>06</strong>


Aktuelles und Allgemeines<br />

Umfrage zum Kinderwunsch "Perspektive Deutschland"<br />

Überwältigende Mehrheit der Deutschen will<br />

Kinder<br />

Pressemitteilung – 26. April 20<strong>06</strong><br />

McKinsey-Umfrage Perspektive-Deutschland:<br />

Wunsch nach Kindern vorhanden – Geburtenrate<br />

bleibt jedoch dahinter zurück – Akademikerinnen<br />

wünschen sich genauso viele Kinder wie<br />

andere Frauen – Trotzdem verzichtet fast ein<br />

Drittel der Uni-Absolventinnen auf Nachwuchs<br />

Berlin. Der Kinderwunsch der Deutschen ist größer<br />

als angenommen. Sieben von acht jungen Deutschen<br />

zwischen 20 und 39 Jahren haben oder wünschen<br />

sich Kinder. Nur 12 Prozent sprechen sich<br />

gegen Nachwuchs aus. Um die derzeitige Bevölkerung<br />

ohne Zuwanderung konstant zu halten, müsste<br />

jede Frau – rein statistisch – im Schnitt 2,1 Kinder<br />

bekommen. Auch wenn die Deutschen davon noch<br />

weit entfernt sind, liegt zumindest der durchschnittliche<br />

Kinderwunsch pro Frau mit 1,9 nah an diesem<br />

Ziel. Das sind Ergebnisse von Perspektive-<br />

Deutschland, der weltweit größten gesellschaftspolitischen<br />

Online-Umfrage. Initiatoren sind neben der<br />

Unternehmensberatung McKinsey das Magazin<br />

stern, das ZDF sowie das Internetportal WEB.DE.<br />

An der fünften Auflage der Umfrage haben sich von<br />

Oktober 2005 bis Januar 20<strong>06</strong> mehr als 620.000<br />

Menschen beteiligt.<br />

In der Altersgruppe der 20- bis 39-Jährigen planen<br />

nur 12 Prozent ein Leben ohne Kinder. 43 Prozent<br />

sind zwar derzeit kinderlos, wünschen sich aber<br />

prinzipiell Nachwuchs.<br />

Hohe Kosten sind Hauptargument gegen Kinder<br />

Die Gründe, warum sich 12 Prozent in dieser Altersgruppe<br />

gegen Nachwuchs aussprechen, sind vielfältig.<br />

Gut die Hälfte lehnt eigene Kinder grundsätzlich<br />

ab. Für 50 Prozent der Befragten in diesem Segment<br />

sind die "hohen Kosten" das größte Hemmnis.<br />

Jedem Dritten fehlt der geeignete Partner, 29 Prozent<br />

befürchten berufliche Nachteile. Der Anteil der<br />

Frauen, die als künftige Mütter Sorgen vor dem Karriereknick<br />

haben, ist doppelt so hoch wie bei Männern.<br />

Fragt man Eltern, warum sie keine weiteren Kinder<br />

bekommen wollen, dann geben sogar zwei Drittel<br />

die hohen Kosten als Hauptgrund an. Jede zweite<br />

Mutter befürchtet zudem berufliche Nachteile. In<br />

Westdeutschland nennen 45 Prozent der Mütter<br />

auch fehlende Betreuungsmöglichkeiten als Hinder-<br />

nis für weitere Kinder. In Ostdeutschland geben das<br />

nur 31 Prozent an.<br />

Besonders Akademikerinnen haben Angst vor<br />

Nachteilen im Beruf und schrecken vor dem Mangel<br />

an Krippen- und Kindergartenplätzen zurück. Der<br />

Anteil der Kinderlosen bei Akademikerinnen liegt<br />

zwischen 40 und 45 Jahren bei 30 Prozent. Bei<br />

Frauen ohne Uni-Abschluss sind es nur 20 Prozent.<br />

Drei Viertel der Eltern mit Kindern zwischen 6 und<br />

14 Jahren fordern daher, das Freizeitangebot für<br />

Jugendliche zu erweitern, 57 Prozent wollen mehr<br />

Ganztagsschulen, knapp die Hälfte spricht sich für<br />

zusätzliche Ganztagskindergärten und Krippen aus.<br />

Auch in der Gesamtbevölkerung sind zwei Drittel der<br />

Befragten für mehr Jugendtreffs und Vereinsangebote,<br />

50 Prozent halten neue Ganztagsschulen für<br />

notwendig, ebenfalls die knappe Hälfte plädiert für<br />

zusätzliche Krippen und Kindergärten.<br />

Knapp zwei Drittel der Deutschen fordern mehr<br />

staatliche Finanzhilfen für Familien, jeder Zweite hält<br />

einen Ausbau des kostenfreien öffentlichen Betreuungsangebots<br />

für erforderlich. Das viel diskutierte<br />

Elterngeld, das einem Elternteil während einer einjährigen<br />

beruflichen Pause bis zu 1.800 Euro im<br />

Monat Unterstützung garantiert, sehen die Befragten<br />

nicht als Allheilmittel. Die größte Attraktivität hat dieses<br />

Modell noch bei weiblichen Akademikerinnen,<br />

die sich "eher" Kinder wünschen (49 Prozent).<br />

Das Projekt Perspektive-Deutschland<br />

Perspektive-Deutschland ging 2001 zum ersten Mal<br />

online. Seitdem findet die Umfrage jährlich statt.<br />

Durch eine innovative Methodik, an deren Entwicklung<br />

der amerikanische Nobelpreisträger Daniel<br />

McFadden maßgeblich beteiligt war, können repräsentative<br />

Ergebnisse gewonnen werden. Die für Online-Befragungen<br />

typischen Verzerrungen werden<br />

erkannt und weitgehend bereinigt.<br />

http://www.perspektivedeutschland.de/files/presse_20<strong>06</strong>/pd5-<br />

PM_Familie_Kinder.pdf<br />

Blickpunkt <strong>II</strong>/<strong>06</strong> 23


Kinderwunschklagen – Die aktuelle Lage<br />

In den letzten Monaten haben viele Patienten den<br />

Kampf gegen ihre gesetzlichen und privaten Krankenkassen<br />

bezüglich der Kostenerstattung für die<br />

Maßnahmen der künstlichen Befruchtung aufgenommen<br />

und – wie die Erfahrung der letzten Monate<br />

zeigt – teilweise mit sehr beträchtlichem Erfolg.<br />

Inzwischen vertritt die Kanzlei von Langsdorff,<br />

Schlegel, Weidenbach 140 Paare gegen ihre gesetzlichen<br />

und privaten Krankenversicherungen. Die<br />

ersten Verfahren gegen die gesetzlichen Krankenversicherungen<br />

sind bereits in der Berufungsinstanz<br />

anhängig und es wird mit einem ersten Berufungsurteil<br />

bzw. der Vorlage an das Bundesverfassungsgericht<br />

innerhalb der nächsten Wochen gerechnet.<br />

Anders als man glauben sollte, sind es nicht mehr<br />

nur die gesetzlich versicherten Paare, die Probleme<br />

bei der Kostenübernahme der Kinderwunschbehandlung<br />

haben, sondern vermehrt auch privatversicherte<br />

Paare und insbesondere mischversicherte<br />

Paare.<br />

Gerade die mischversicherten Paare sind besonders<br />

schwer betroffen, wenn der Verursacher der gesetzlich<br />

versicherte Ehepartner ist. In diesen Fällen zahlt<br />

die gesetzliche Krankenversicherung 50 Prozent der<br />

Behandlungskosten des bei ihr Versicherten und der<br />

extrakorporalen Maßnahmen. Dies hatte bisher zur<br />

Folge, dass in den Konstellationen, wo der Ehemann<br />

Verursacher und gesetzlich versichert war,<br />

das Paar auf den kompletten Kosten der Hormonbehandlung<br />

sitzen geblieben ist.<br />

Dieser Zustand soll demnächst Änderung erfahren.<br />

Der Kanzlei ist es gelungen, in einem diesbezüglichen<br />

Rechtsstreit in erster Instanz zu erwirken, dass<br />

der Richter einen rechtlichen Hinweis an die gesetzliche<br />

Krankenversicherung erlassen hat, dass<br />

Bevölkerung in Deutschland schrumpft schneller<br />

Frankfurter Rundschau, 16.3.<strong>06</strong><br />

Niedrigste Geburtenrate seit 1945 / Statistiker erwarten<br />

Exodus aus dem Osten und dringen auf bessere<br />

Familienförderung<br />

Der Rückgang der Bevölkerung in Deutschland<br />

beschleunigt sich. Trotz aller Bemühungen von<br />

Politik und Gesellschaft um mehr Familienfreundlichkeit<br />

hat die Bundesrepublik weiterhin<br />

die weltweit niedrigste Geburtenrate und Kinderzahl<br />

je 1000 Einwohner.<br />

Berlin - Nach einer am Mittwoch veröffentlichten<br />

Studie des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung<br />

bringt statistisch gesehen jede Frau in der<br />

Bundesrepublik 1,36 Babys zur Welt - der niedrigste<br />

Wert seit 1945. Ein Ende des Trends ist der Erhe-<br />

diese auch von der Hormonbehandlung zumindest<br />

50 Prozent der Kosten übernehmen müsse.<br />

Das entsprechende Anerkenntnisurteil wird jeden<br />

Tag hier erwartet.<br />

Diese neue Rechtssprechung würde zu einer deutlichen<br />

finanziellen Entlastung bei mischversicherten<br />

Paaren mit dieser Konstellation führen.<br />

Auch bei den privatversicherten Paaren gibt es Anlass<br />

zu neuer Hoffnung. Die bisherige Praxis stellt<br />

sich dergestalt dar, dass die privaten Krankenversicherungen<br />

in der Regel die Kostenzusage für drei,<br />

maximal vier, Behandlungsversuche erteilen und<br />

eine weitere Kostenübernahme mit der Begründung<br />

ablehnen, dass die notwendige Erfolgsaussicht nicht<br />

mehr gegeben sei und das Budget der privaten<br />

Krankenkassen entlastet werden müsse.<br />

Diese Ansicht ist nach Auffassung der Kanzlei von<br />

Langsdorff, Schlegel, Weidenbach völlig haltlos.<br />

Denn gemäß den Versicherungsbedingungen der<br />

privaten Krankenversicherungen sind diese zur Kostenübernahme<br />

verpflichtet, sofern eine medizinische<br />

Notwendigkeit gegeben ist.<br />

Von einer Begrenzung der Behandlungsversuche ist<br />

aber an keiner Stelle der Versicherungsverträge die<br />

Rede. So lange die Erfolgswahrscheinlichkeit für die<br />

künstliche Befruchtung mindestens 15 Prozent beträgt,<br />

sind die privaten Krankenversicherungen auch<br />

für weitere Behandlungsversuche kostentragungspflichtig.<br />

So ist es der Kanzlei erst kürzlich gelungen, die<br />

Kostenübernahme für den 5. bis 7. Versuch für ihre<br />

Mandanten zu erzielen.<br />

Fazit bleibt: Nur wer sich wehrt, hat eine Chance auf<br />

Veränderung und Verbesserung.<br />

bung zufolge nicht in Sicht; er werde sich verstärken,<br />

mit schlimmen Folgen für das Rentensystem<br />

und die Wirtschaft Ostdeutschlands.<br />

Die Zahl der geborenen Kinder wird nach den Erwartungen<br />

des privaten Instituts bis 2050 immer<br />

weiter abnehmen. Dann würden in Deutschland etwa<br />

halb so viele Kinder geboren wie heute, also<br />

rund 340 000. Der Statistik zufolge kamen voriges<br />

Jahr etwa 676 000 Jungen und Mädchen zur Welt.<br />

Als Folge sinkender Geburtenraten und der alternden<br />

Gesellschaft erwarten die Experten eine verstärkte<br />

Abwanderung junger, qualifizierter Fachkräfte<br />

aus strukturschwachen Regionen. Die Entwicklung<br />

lasse sich allenfalls dämpfen, sagte der Vorsitzende<br />

des Instituts, Hans Fleisch. Die neuen Länder<br />

werden nach seinen Erwartungen vom Bevölke-<br />

24 Blickpunkt <strong>II</strong>/<strong>06</strong>


ungsrückgang besonders betroffen sein. Hier gebe<br />

es die starke Tendenz junger und gut ausgebildeter<br />

Frauen, in den Westen abzuwandern, sagte Institutsdirektor<br />

Reiner Klingholz. Zurück blieben arbeitslose<br />

und schlecht qualifizierte Männer, die als Familiengründer<br />

weitgehend ausfielen. Spätestens 2015<br />

werde der Osten den "zweiten demografischen<br />

Wendeschock" erleben, weil dann wegen des Geburtenrückgangs<br />

nach 1990 eine halbe Generation<br />

als Eltern fehlen werde. Nach der Wiedervereinigung<br />

war die Geburtenrate in den neuen Ländern<br />

auf durchschnittlich 0,77 Kinder pro Frau gesunken -<br />

"die weltweit niedrigste mit Ausnahme des Vatikan",<br />

betonte Klingholz. Familienministerin Ursula von der<br />

Leyen (CDU) sagte: "Die hohe Kinderlosigkeit ist<br />

alarmierend. Wir müssen alle umdenken." Sie for-<br />

Graphik 1: Altersverteilung der in Hessen 2000- 2005 behandelten Frauen<br />

(in kum. Prozent und Gesamtzahl)<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

k u m. A n t e i l d e r A l t e r s s t u f e n i n %<br />

2000<br />

2002<br />

2003<br />

2004<br />

2005<br />

18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49<br />

A L T E R<br />

derte mehr öffentliche Anerkennung für Mütter und<br />

Väter.<br />

Die Autoren der Studie schlagen unter anderem vor,<br />

die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern.<br />

Erforderlich sei außerdem eine stärkere Förderung<br />

von Jungen, da sie weit hinter die Mädchen<br />

zurückgefallen seien. "Wir erlauben uns, ein junges<br />

Männerproletariat sich entfalten zu lassen, das sozialen<br />

Zündstoff darstellt", sagte Klingholz. Zudem<br />

plädieren die Forscher für eine Zusammenlegung<br />

von Bundesländern. Die Wohnungswirtschaft forderte<br />

als Konsequenz aus der Studie, das Programm<br />

zum Stadtumbau über das vorgesehene Jahr 2009<br />

hinaus fortzusetzen. rtr/dpa<br />

Blickpunkt <strong>II</strong>/<strong>06</strong> 25<br />

3367<br />

4117<br />

5048<br />

3367<br />

3078<br />

A n z a h l d e r p r o J a h r b e h a n d e l t e n F r a u e n<br />

5000<br />

4000<br />

3000<br />

2000<br />

1000<br />

0


Statistik des Deutschen IVF-Registers (DIR)<br />

Die deutschen Reproduktionsmediziner haben sich schon früh und freiwillig einem transparenten System<br />

zur Qualitätssicherung unterworfen. Auf freiwilliger Basis und ohne Unterstützung von Kassen und Verbänden<br />

werden seit Jahren alle Behandlungen in einem zentralen Register, dem Deutschen IVF-Register<br />

(DIR), erfasst. Die Teilnahme ist als Bestandteil der Berufsordnung verpflichtend, das Register ist bei der<br />

Bundesgeschäftsstelle der Ärztekammer Schleswig-Holstein angesiedelt.<br />

Das Register verzeichnet einen deutlichen Rückgang der Behandlungen nach Einführung des GMG: So ist<br />

die Anzahl der Stimulationen um 52,1% gegenüber 2003 und um 36,4% gegenüber 2002 zurückgegangen<br />

(Tabelle 1). Zwar ist die Datensammlung für das Jahr 2005 noch nicht abgeschlossen, dennoch lässt<br />

sich bereits jetzt sagen, dass kein Wiederanstieg zu verzeichnen ist. Daher kann nicht von einer besonders<br />

ausgeprägten Senkung in 2004 aufgrund des "Vorzieh-Effektes" in 2003 gesprochen werden. Offensichtlich<br />

können sich viele Betroffenen den Eigenanteil von durchschnittlich € 1.600,-- pro Behandlungszyklus nicht<br />

leisten.<br />

Bei den Angaben zu geborenen Kindern ist zu berücksichtigen, dass aus formalen Gründen die Geburten<br />

jeweils dem Jahr, in dem die Behandlungen statt gefunden haben, zugeordnet werden (auch wenn das<br />

Kind aus naheliegenden Gründen erst im Folgejahr geboren wird). Daher macht sich der größte Teil des<br />

Rückgangs von 10.770 Kinder in den offiziellen Statistiken erst im Jahr 2005 bemerkbar. Hierbei ist zu berücksichtigen,<br />

dass dem Deutschen IVF-Register nur die Befruchtungen außerhalb des Körpers gemeldet<br />

werden. Aus der aktuellen KBV Statistik ist zu entnehmen, dass auch die Zahl der Inseminationen drastisch<br />

zurückgegangen ist (von rund 48.000 Behandlungen auf etwa 12.000 Behandlungen jährlich). Daraus leitet<br />

sich ein weiterer Rückgang um etwa 3.600 Kinder ab.<br />

Wie aus einer von DIR für die LÄK Hessen erstellte Statistik (Graphik 1) hervorgeht, ist das Durchschnittsalter<br />

der Frauen mit reproduktionsmedizinischer Behandlung in den Jahren 2004/2005 um fast 1,5 Jahre<br />

angestiegen. War in den Jahren 2000 – 2003 die Hälfte der Patientinnen bis 32,5 Jahre jung, so waren<br />

2004/2005 mehr als 50% der Patientinnen 34 Jahre und älter. Offensichtlich verschieben viele Paare aus<br />

Kostengründen eine notwendige Behandlung nach hinten. Mit zunehmendem Alter sinken aber die Erfolgsraten.<br />

Junge Paare haben wegen der finanziellen Belastung immer weniger die Chance, schon früh die<br />

Familiengründung zu realisieren.<br />

Zusammenfassung: Die Einführung des 50%igen Eigenanteils hat zu einem dramatischen Rückgang reproduktionsmedizinischer<br />

Behandlungen geführt. In Folge dessen sind im Jahr 2004 rund 14.400 Kinder<br />

weniger gezeugt worden, als im Jahr 2003 und etwa 8.400 weniger als im Jahr 2002. Da sich dies in der<br />

Regel erst im darauf folgenden Jahr als Geburtenrückgang manifestiert, muss man davon ausgehen, dass<br />

rund 55% des Geburtenrückganges des Jahres 2005 in Höhe von 19.827 Kinder* Folge des GMG sind.<br />

Selbst wenn man berücksichtigt, dass für 2005 noch nicht alle Meldungen eingegangen sind, so lässt sich<br />

aber schon heute sagen, dass der Rückgang der Behandlungen und damit einhergehend der Geburten<br />

weiter anhalten werden. Laut Mitteilung von Frau Caspers-Merk** stehen dem jährliche Einsparungen von<br />

rund 100 Mio. Euro gegenüber.<br />

*Statistisches Bundesamt Wiesbaden, 20<strong>06</strong>)<br />

**BT-Drs. 15/525, S.171<br />

Tabelle 1: Behandlungen und Geburten zwischen 2002 und 2005 (**Stand: 13.09.20<strong>06</strong>)<br />

Anzahl der Geburten für die Jahre 2002 - 2005 gemäß den Daten des DIR<br />

2002 2003 2004 2005 **<br />

Anzahl der Stimulationen<br />

Anzahl Schwangerschaften mit Information zum<br />

66.573 88.469 42.353 39.6489<br />

Ausgang der Schwangerschaft (Kinder, Fehlgeburt,<br />

Eileiterschwangerschaft)<br />

13.337 18.741 8.697 6.<strong>06</strong>1<br />

Anzahl der Kinder (dokumentiert) 12.269 17.616 7.764 4.898<br />

Anzahl Schwangerschaften ohne Information zum<br />

1.767 2.378 1.476 3.529<br />

Ausgang der Schwangerschaft<br />

Anzahl der zu erwartenden Kinder bei den Fällen<br />

ohne Informationen zum Ausgang der Schwangerschaft*<br />

1.621 2.235 1.317 2.852<br />

Summe aus Anzahl dokumentierten und zu erwartenden<br />

Kindern<br />

13.890 19.851 9.081 7.750<br />

*) Trotz intensiver Bemühungen erfolgt für einen kleinen Teil der dokumentierten Schwangerschaften<br />

keine Information zum Ausgang der Schwangerschaft. Für diese Behandlungen wurden die aus den<br />

Behandlungen mit Dokumentation des Ausgangs bekannten Erfolgsraten zu Grunde gelegt.<br />

**) Die Werte für das Jahr 2005 sind nur unter Vorbehalt zu betrachten, da die Datensammlung noch<br />

nicht abgeschlossen ist und gerade im Bereich der Geburten noch einige Informationen fehlen.<br />

26 Blickpunkt <strong>II</strong>/<strong>06</strong>


Ein Kind aus der Ferne<br />

Frankfurter Rundschau, 15.3.<strong>06</strong><br />

Auslandsadoptionen machen Schlagzeilen -<br />

nicht immer sind sie die beste Hilfe für Jungen<br />

und Mädchen in Not<br />

VON BIRGIT LOFF<br />

An bestimmten Tagen steht das Telefon auf Marita<br />

Oeming-Schills Schreibtisch gar nicht mehr still. Das<br />

war so nach Beckmanns Talkshow, als Bundeskanzler<br />

Gerhard Schröder alle ermuntert hatte, "die<br />

Platz im Herzen und Platz zu Hause haben", ein<br />

Kind in ihre Familie aufzunehmen. Das war wieder<br />

so, als die Tsunami-Berichte und Meldungen über<br />

elternlos gewordene Kinder in Asien um die Welt<br />

gingen. Auch die Bilder der Adoptivkinder von Hollywoodstars<br />

wie Angelina Jolie und Brad Pitt und<br />

rührende Geschichten vom Familienglück in der<br />

Boulevardpresse bringen Menschen dazu, bei der<br />

Adoptionsvermittlerin anzurufen. "Ganz unbürokratisch",<br />

jedenfalls aber möglichst rasch wollen viele<br />

ein Waisenkind zu sich holen. Die meisten erwarten,<br />

"dass ich ihnen gleich für den nächsten Tag einen<br />

Termin gebe, damit sie sich vorstellen können",<br />

weiß Marita Oeming-Schill.<br />

Sprung über die Kontinente<br />

Kaum einer der spontanen Bewerber vermag sich<br />

vorzustellen, was ein gerade erst durch ein Unglück<br />

traumatisiertes oder ein seit Jahren schon in einem<br />

russischen Heim untergebrachtes Kind wirklich<br />

braucht. Die Wenigsten wollen hören, dass es mehr<br />

ist als ein Platz im Herzen und ein Platz zu Hause.<br />

Warum sollte es Waisenkindern nach einer Katastrophe<br />

nicht helfen, das Land zu verlassen und eine<br />

neue Familie zu bekommen? Die Sozialarbeiterin<br />

versucht, ihren Anrufern begreiflich machen, dass<br />

der Wechsel für ein Kind nicht allein einen Sprung<br />

über Kontinente hinweg bedeutet, sondern auch einen<br />

Wirbel widerstreitender Gefühle. Die neue Familie<br />

in Deutschland wird glücklich sein über den<br />

Zuwachs, "aber wo bleibt das Kind mit seinen<br />

furchtbaren Erlebnissen und seiner Trauer?"<br />

Eine Weltkarte im Großformat hat Marita Oeming-<br />

Schill mit blauen Fähnchen gespickt. Überall dort<br />

steckt ein Fähnchen, von wo sie bislang Kinder nach<br />

Deutschland vermittelt hat. Freiberuflich berät sie<br />

Eltern und bereitet sie auf eine Auslandsadoption<br />

vor, oder sie macht in Seminaren Mitarbeiter von<br />

Jugendämtern mit den besonderen Hürden vertraut.<br />

Marita Oeming-Schill bemüht sich mit den Behörden<br />

im Ausland, für ein bestimmtes Kind die Familie zu<br />

finden, die gut zu ihm passen könnte. Fachleute<br />

nennen es "matching". Ein hörbehindertes Kind,<br />

zum Beispiel, wird sie bei einer Familie unterzubringen<br />

versuchen, die in der Nähe einer Sprachheilschule<br />

wohnt.<br />

Die meisten Herkunftsländer legen inzwischen Wert<br />

auf sorgfältige Vermittlung. Ghana etwa besteht<br />

darauf, dass Adoptiveltern drei Monate im Land mit<br />

dem Kind leben. Dann erst lassen sie es ausreisen,<br />

falls alles klappt. Brasilien pocht auf fünf Wochen<br />

Aufenthalt der Eltern. Thailändische und peruanische<br />

Aufsichtsbehörden machen laufende Berichte<br />

der deutschen Jugendämter zur Bedingung. Zusätzlich<br />

erwarten sie, dass ihre Vertreter in regelmäßigen<br />

Abständen die Reise nach Deutschland bezahlt<br />

bekommen, damit sie die Familien besuchen und<br />

sich vom Wohl der Adoptivkinder überzeugen können.<br />

Solche Fürsorge schätzt Marita Oeming-Schill<br />

auch für die Zukunft eines Kindes als großes Plus.<br />

Meistens im Alter zwischen 16 und 25 Jahren forschen<br />

die Heranwachsenden in ihren Heimatländern<br />

nach Geschwistern und Angehörigen. "Es tut ihnen<br />

dann gut, zu wissen: Beiden Ländern bin ich wichtig."<br />

Wird sie ungeduldig, wenn sich Anrufer allzu forsch<br />

nach einer Adoption erkundigen? Die Adoptionsvermittlerin<br />

schüttelt den Kopf. Unrealistischen Erwartungen<br />

begegnet sie, indem sie beispielsweise<br />

hinweist auf Erfahrungen von Unicef, von Terre des<br />

Hommes und der Kindernothilfe. Alle drei Hilfsorganisationen<br />

haben lernen müssen: Überstürzte Adoptionen<br />

nach einer Katastrophe sind der falsche Weg.<br />

Vielmehr hilft es den verwaisten Kindern, zunächst<br />

in vertrauter Umgebung zu bleiben und mit Gleichaltrigen<br />

zusammen zu sein, die Ähnliches durchzumachen<br />

hatten.<br />

Genauer Blick auf die Kosten<br />

Marita Oeming-Schill sieht einen großen Fortschritt<br />

darin, dass die Haager Konvention erstmals auch im<br />

internationalen Rahmen das Wohl der Kinder ausdrücklich<br />

über alle anderen Interessen stellt. Als eine<br />

der Folgen müssen die privaten Elternvereine,<br />

die sich in Deutschland für Auslandsadoptionen einsetzen,<br />

den Landesjugendämtern jetzt in jedem einzelnen<br />

Fall die entstandenen Kosten offen legen.<br />

Die Landesjugendämter wiederum sind verpflichtet,<br />

den Generalbundesanwalt als oberste Aufsichtsbehörde<br />

für Auslandsadoptionen in Deutschland zu<br />

informieren. So hofft man, dem Handel mit Kindern<br />

entgegenwirken zu können<br />

Über Flüge und Unterkünfte hinaus sind die Kosten<br />

für eine Auslandsadoption oft erheblich. Häufig kann<br />

die Adoptionsvermittlerin die Summen nachvollziehen,<br />

etwa wenn in Indien 6000 US-Dollar Heimkosten<br />

berechnet werden, weil Waisenhäuser keinerlei<br />

staatliche Unterstützung erhalten. Auch wird niemand<br />

die erforderlichen Dokumente zum Nulltarif<br />

übersetzen.<br />

Mitunter hat sie es allerdings mit seltsamen Bräuchen<br />

zu tun, wie in Russland, das die Haager Kon-<br />

Blickpunkt <strong>II</strong>/<strong>06</strong> 27


vention bislang nicht beachtet. Dort sind die Oblaste<br />

zuständig, die einzelnen Verwaltungsbezirke. Als<br />

Partner für die Vermittlung von Kindern aus ihren<br />

Heimen akzeptieren sie allein private Vereine, nicht<br />

aber die in Deutschland zentral zuständigen Landesjugendämter.<br />

Zusätzlich zu den üblichen Verwaltungskosten<br />

können in der Russischen Föderation<br />

glatt noch einmal 5000, 6000 US-Dollar Anwaltskosten<br />

anfallen. Das Gerücht, eine Auslandsadoption<br />

sei erheblich einfacher als die für ein in Deutschland<br />

geborenes Kind, ist nicht aus der Welt zu schaffen.<br />

Darüber ärgert sich Marita Oeming-Schill, denn "das<br />

Gegenteil ist richtig, wenn es ohne krumme Touren<br />

geschehen soll". Es bleibt dabei, Adoptionswünsche<br />

lassen sich in den seltensten Fällen erfüllen. 487<br />

ausländische Kinder, die nicht mit einem oder auch<br />

beiden künftigen, in Deutschland lebenden Eltern<br />

verwandt waren, sind im Jahr 2003 anlässlich einer<br />

Adoption eingereist. Auf jedes zu vermittelnde Kind<br />

kommen etwa 13 Bewerber.<br />

Statistiken ändern wenig daran, dass Adoptionswillige<br />

oft nur schwer akzeptieren können, etwa wegen<br />

ihres Alters keine Aussicht zu haben auf ein Kind<br />

oder jahrelang vergeblich zu warten. Ungeduldige<br />

verweisen gern auf den Bundeskanzler und seine<br />

Familie. Das Gesetz schreibt keine feste Altersgrenze<br />

vor. In den Empfehlungen der Bundesarbeitsgemeinschaft<br />

der Landesjugendämter heißt es, dem<br />

Wohl des Kindes diene es in der Regel nicht, wenn<br />

ICSI und ESHRE 20<strong>06</strong> in Prag<br />

In diesem Jahr fanden das jährliche internationale<br />

Patientensymposium und der Kongress der European<br />

Society for Human Reproduction and Embryology<br />

im Juni in Prag statt. Hier eine Zusammenfassung<br />

der wichtigsten Entwicklungen in Europa und<br />

der Tagung des Patientensymposiums.<br />

Seit den Anfängen der IVF im Jahr 1978 wurden<br />

weltweit mittlerweile über 3 Millionen Kinder mit Hilfe<br />

von IVF und ICSI gezeugt. Im Jahr 1989 wurden<br />

erstmals Zahlen gesammelt, in diesem Jahr wurden<br />

30.000 Kinder nach reproduktionsmedizinischen<br />

Eingriffen gezeugt. Zwei Jahre später waren es bereits<br />

200.000 Kinder jährlich. Dieses Jahr wurde der<br />

Versuch unternommen, internationale Zahlen zusammenzustellen.<br />

Das International Committee for<br />

Monitoring Assisted Reproduktion (Internationales<br />

Komitee für die Überwachung assistierter Reproduktion)<br />

konnte Zahlen aus 52 Ländern koordinieren. In<br />

diesen Ländern wurden insgesamt über 600.000 IVF<br />

Zyklen durchgeführt und 122.000 Kinder geboren.<br />

Allerdings wurden viele afrikanische und asiatische<br />

Länder nicht erfasst, so dass die eigentlich Zahl der<br />

durchgeführten Zyklen auf über 1 Million und die der<br />

Geburten auf deutlich über 200.000 geschätzt wird.<br />

Die Daten weisen eine große Bandbreite in der Verfügbarkeit<br />

der Behandlung auf. In Israel werden,<br />

gemessen an der Bevölkerungsgröße, die meisten<br />

Behandlungszyklen durchgeführt (3,2 Zyklen pro 1<br />

Million Einwohner), danach folgt Dänemark mit 2<br />

der Altersabstand des älteren Elternteils zum Kind<br />

größer als 40 Jahre ist. In der Praxis sind Ausnahmen<br />

gar nicht so selten. Einmal angenommen, sagt<br />

Marita Oeming-Schill, ein Paar hat zwei leibliche<br />

Kinder von 14 und 19 Jahren und bewirbt sich um<br />

ein ausländisches Kind, sie ist 45, er 52 Jahre alt.<br />

Die Eheleute sind gesund, erweisen sich auch seelisch<br />

als belastbar und verfügen über ein ausreichendes<br />

Einkommen. Sie sind bereit, sich beraten<br />

zu lassen, die Ungewissheit über die Vorgeschichte<br />

des Kindes zu tragen und dessen kulturelle Herkunft<br />

zu respektieren: Das könnte durchaus eine Familie<br />

sein, die in Frage kommt für ein Kind zwischen 3<br />

und 7 Jahren.<br />

Hat die Adoptionsvermittlerin ein Kind in einem<br />

Heim kennen gelernt und trifft es später in der neuen<br />

Familie wieder, aufgeweckt und wie verwandelt,<br />

sind das für Marita Oeming-Schill Momente des<br />

Glücks.<br />

Adoptionen:<br />

Kontakte: Jugendämter der jeweiligen Kommunen.<br />

Die Haager Konvention lässt Auslandsadoptionen<br />

nur zu, wenn sich in den Länder selbst keine geeigneten<br />

Adoptionsbewerber oder Pflegeeltern finden.<br />

In Deutschland ist das Abkommen seit 2002 in Kraft.<br />

28 Blickpunkt <strong>II</strong>/<strong>06</strong><br />

Bl<br />

Zyklen pro 1 Million Einwohner. In lateinamerikanischen<br />

Ländern werden teilweise unter 100 Zyklen<br />

pro 1 Million Einwohner durchgeführt. Deutlich über<br />

50% aller Behandlungszyklen werden in Europa<br />

durchgeführt und rund die Hälfte aller Behandlungen<br />

werden in nur vier Länder durchgeführt: in den USA,<br />

in Deutschland, Frankreich und in England. Darüber<br />

hinaus weisen die internationalen Zahlen einen<br />

deutlichen Trend zum sog. „Single Embryo Transfer<br />

– SET“ auf. Bei diesem Verfahren wird lediglich ein<br />

befruchteter Embryo zurückgesetzt, um eine Mehrlingsschwangerschaft<br />

zu verhindern. Dies hat bereits<br />

im letzten Jahr zu einem deutlichen Rückgang<br />

von Zwillings- und Drillingsschwangerschaften geführt.<br />

Immer häufiger wird die reproduktionsmedizinische<br />

Behandlung in Zusammenhang mit der demographischen<br />

Entwicklung diskutiert. In fast allen europäischen<br />

Ländern ist die Geburtenrate rückläufig. Die<br />

höchste Geburtenrate hat zurzeit Irland mit 1,9 Kindern,<br />

die niedrigste Spanien und Italien mit je 1,3<br />

Kindern. Zur Erhalten der Population sind allerdings<br />

2,1 Kinder pro Frau erforderlich. Zwar macht der<br />

Anteil der Kinder, die nach medizinischer Behandlung<br />

geboren werden, nur einen kleinen Teil aus,<br />

aber dennoch wird er inzwischen als bedeutender<br />

Beitrag für die Fertilitätsrate eines Landes erachtet.<br />

Clare Brown von der englischen Patientenorganisation<br />

sprach sich in einem Interview dafür aus, dass


eproduktionsmedizinische Behandlung sehr wohl<br />

dafür benutzt werden sollte, um fallende Geburtsraten<br />

abzufedern. Sie unterstützte deshalb eine wesentlich<br />

umfassendere Kostenübernahme für die<br />

Behandlungen.<br />

Das 2-tägige Patientensymposium ICSI (International<br />

Consumer Support for Infertility – internationale<br />

Unterstützung für Patientenorganisationen) fand,<br />

wie seit vielen Jahren, im Vorfeld des Kongresses<br />

statt. Es dient der Fortbildung und dem internationalen<br />

Austausch von Patientenorganisationen und wird<br />

von Sandra Dill (Australien), Yukari Semba (Japan/USA)<br />

und Petra Thorn (Deutschland) organisiert.<br />

In diesem Jahr nahmen 54 PatientenvertreterInnen<br />

aus 22 Ländern teil.<br />

Am ersten Tag berichtete Niels Skakkeback (Dänemark)<br />

über fallende Fruchtbarkeitsraten in vielen<br />

industrialisierten Ländern. Auch wenn soziales Verhalten<br />

(bspw. später Kinderwunsch) wichtige Faktoren<br />

sind, geht er davon aus, dass Umweltfaktoren<br />

(bspw. endokrine Störstoffe, die das Hormongefüge<br />

negativ beeinflussen) männliche Fruchtbarkeit beeinträchtigen<br />

können. Diese komplexen Zusammenhänge<br />

können jedoch nur untersucht werden,<br />

wenn mehrere Disziplinen (Epidemiologen, Biologen,<br />

Genetiker etc.) zusammenarbeiten und solche<br />

Forschungsarbeiten auch von Regierungen oder<br />

anderen öffentlichen Institutionen unterstützt werden.<br />

Denisa Priodkova, die Vertreterin der slowakischen<br />

Patientenorganisation, berichtete im Anschluss daran<br />

über die recht desolate Situation in ihrem Land.<br />

Unfruchtbarkeit ist in der Slowakei hochtabuisiert,<br />

zudem ist die medizinische Behandlung für die betroffenen<br />

Paare sehr teuer. Eine Gesetzgebung<br />

fehlt, was u. a. dazu führt, dass viele Paare aus<br />

Ländern mit einem höheren Lebensstandard in der<br />

Slowakei die Behandlungen durchführen, die in ihren<br />

Heimatländern verboten sind. Typisch hierfür ist<br />

beispielsweise die Eizellspende einer slowakischen<br />

Frau an englische oder deutsche Paare. Denisa erläuterte,<br />

dass diese „Spenden“ kaum als solches<br />

bezeichnet werden können, da sich slowakische<br />

Frauen häufig aufgrund ihrer Armut zu solchen<br />

Spenden genötigt fühlen und auch die medizinische<br />

Behandlung für die Spenderin nicht immer ausreichend<br />

ist.<br />

Als nächstes erläuterte Charles Lister von der englischen<br />

Human Fertilisation and Embryology Authority<br />

(Behörde, die reproduktionsmedizinische Behandlungen<br />

überwacht) die Europäische Richtlinie zu<br />

menschlichem Gewebe und Zellen (Richtlinie<br />

2004/23/EC des Europäischen Parlaments). Diese<br />

Richtlinie soll zu Qualitätsverbesserungen auch im<br />

Bereich reproduktionsmedizinischer Behandlungen<br />

führen, beispielsweise indem Labors sich an bestimmte<br />

Standards halten müssen, um Infektionen<br />

zu vermeiden. Des Weiteren sieht die Richtlinie vor,<br />

dass die Identität von Organspendern (hierzu zählen<br />

auch Ei- und Samenspender) dokumentiert und<br />

mindestens 30 Jahre lang aufbewahrt werden müs-<br />

sen. Ein weiterer Vortrag wurde der kanadischen<br />

Krankenschwester Jocelyn Smith über Akkreditierungsverfahren<br />

gehalten. Weltweit entscheiden sich<br />

immer mehr Länder, reproduktionsmedizinische<br />

Zentren durch Behörden oder behördenähnliche<br />

Institutionen akkreditieren zu lassen, um für die Behandlungsqualität<br />

ein möglichst hohes Niveau zu<br />

erreichen. Hierzu gehören u. a. England, Kanada,<br />

Australien und Indien. Auch in Deutschland wird in<br />

Fachzeitschriften immer wieder angeregt, über eine<br />

solche Möglichkeit nachzudenken, doch scheint die<br />

Meinungen auseinander zu gehen.<br />

ICSI ist seit zwei Jahren in vier regionale Untergruppen<br />

aufgeteilt. Diese sind die amerikanische, die<br />

europäische, die afrikanische und die australischasiatische<br />

Gruppe. Diese Gruppen diskutierten um<br />

die Mittagszeit des ersten Tages untereinander und<br />

definierten Arbeitsinhalte. Die europäische (European<br />

Infertility Alliance - EIA) plant u. a. eine umfassendere<br />

Lobbyarbeit bei der EU durchzuführen, sich<br />

für eine umfassende Kostenübernahme der Behandlung<br />

einzusetzen und ein größeres Bewusstsein für<br />

die Gefahren von Mehrlingsschwangerschaften zu<br />

schaffen. Zwei Vertreterinnen der EIA (Geetrui de<br />

Cock und Petra Thorn) hatten bereits im letzten Jahr<br />

die Möglichkeit mit EU-Politikern zu diskutieren und<br />

diese Diskussionen sollen intensiviert werden.<br />

Am Nachmittag berichteten drei Organisationen<br />

(Resolve/USA, fertilityNZ/Neuseeland, European<br />

Patient Leader Forum (eine weitere Untergruppe<br />

von ICSI, die Mitglied von ESHRE ist)) von Umfragen<br />

unter Betroffenen. Resolve führte eine Umfrage<br />

unter 1000 Amerikanern durch, die aufzeigte, dass<br />

es nach wie vor viele Mythen und viel Unwissenheit<br />

im Bereich von Unfruchtbarkeit gibt. Beispielsweise<br />

glaubten die meisten, dass eine Verhütung durch<br />

die Pille zu Unfruchtbarkeit führen kann, nur rund<br />

die Hälfte wusste um die Abnahme der Fruchtbarkeit<br />

mit steigendem Alter und viele gingen davon aus,<br />

dass die Fruchtbarkeit erst jenseits der 40 abnimmt.<br />

Die Mehrheit sprach sich dafür aus, dass medizinische<br />

Kosten von den Kassen übernommen werden,<br />

und fast die Hälfte der Befragten führte aus Kostengründen<br />

keine (bzw. keine weitere) medizinische<br />

Behandlung durch. Auch die neuseeländische Untersuchung<br />

verdeutlichte, dass sich viele eine Kostenübernahme<br />

wünschen. Sie zeigte demographische<br />

Entwicklungen auf, die unseren sehr ähnlich<br />

sind: Das Alter der Erstgebärenden wird immer höher,<br />

da ein fester Arbeitsplatz, eine stabile Beziehung<br />

und ausreichend finanzielle Mittel zukünftigen<br />

Eltern wichtig sind. Rund 40% der weiblichen Teilnehmerinnen<br />

berichtete von Störungen, die auf Unfruchtbarkeit<br />

hinwiesen, aber nur die Hälfte dieser<br />

Gruppe suchte tatsächlich medizinische Hilfe auf.<br />

Die Studie des EPLF zeigte auf, dass Behandlungen<br />

vor allem aufgrund der anstrengenden emotionalen<br />

Auswirkungen und der finanziellen Belastung abgebrochen<br />

wird. Auch hier wurde deutlich, dass das<br />

Wissen über Unfruchtbarkeit im Allgemeinen und<br />

über den Zusammenhang von Alter und Fruchtbarkeit<br />

gering war. So waren 46% der Befragen älter<br />

Blickpunkt <strong>II</strong>/<strong>06</strong> 29


als 35, und fast 40% vertraten die Meinung, dass<br />

man mindestens ein Jahr ungeschützten Verkehr<br />

haben sollte, bevor man einen Arzt konsultiert. Daher<br />

ist es weiterhin wichtig, der Allgemeinbevölkerung<br />

allgemeinverständliche Information über<br />

Fruchtbarkeit und Unfruchtbarkeit zur Verfügung zu<br />

stellen, Betroffene zu unterstützen und sich für eine<br />

bessere Kostenübernahme einzusetzen. Um dies<br />

auf einer internationalen Ebene voranzutreiben, gibt<br />

es seit über einem Jahr die Initiative ACT (Assisted<br />

Conception Taskforce, in der deutschen Übersetzung:<br />

Initiative Kinderwunsch, www.initiativekinderwunsch.net),<br />

in der sich Patientenvertreter<br />

und Gesundheitsexperten zusammengeschlossen<br />

haben. Ziel der Initiative ist es, allen Menschen mit<br />

Kinderwunsch in ihrem Behandlungsprozess beizustehen<br />

und reproduktionsmedizinischen Zentren zur<br />

Unterzeichnung einer Charta zu motivieren, in der<br />

die weltweiten Betreuungsprinzipien festgeschrieben<br />

sind.<br />

Am zweiten Tag berichtete Yukari Kawada, eine japanische<br />

Ärztin, die eine Klinik in den USA leitet,<br />

über das Thema „Reproduktionstourismus“ und den<br />

Trend, dass japanischer Paare verbotene Behandlungen<br />

in den USA durchzuführen. Sie sprach die<br />

Hoffnung aus, dass Japan in Zukunft den Paaren<br />

mehr Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung<br />

stellt, so dass dieser Tourismus nicht mehr erforderlich<br />

sein wird.<br />

Karl Nygren, ein sehr bekannter schwedischer Wissenschaftler<br />

und Arzt, berichtete über eine schwedische<br />

Studie, die alle 16.280 Kinder, die zwischen<br />

1982 und 2000 nach IVF geboren wurden, untersuchte.<br />

Interessant war, dass in diesen Jahren der<br />

Mehrlingsanteil von 29% auf 18,5% gesenkt wurde<br />

und damit auch die Frühgeburtsrate von 25% auf<br />

10% sank. Seit 2000 werden in Finnland, und kurz<br />

darauf auch in Schweden, nicht mehr zwei, sondern<br />

nur noch ein Embryo zurückgesetzt. Dies führte in<br />

Schweden zu einer sehr niedrigen Mehrlingsrate<br />

von nunmehr 5% bei gleich bleibenden Erfolgsquoten.<br />

Er sprach sich sehr dafür aus, dass dieses Modell<br />

von anderen Ländern übernommen wird.<br />

Nachmittags berichtete Stefan Siegel von dem Klinikum<br />

Bamberg über seine qualitative Studie über die<br />

Erfahrungen und Wahrnehmungen junger Erwachsenen,<br />

die mit IVF gezeugt wurden. Er zeigte mit<br />

zum Teil sehr erfrischenden und amüsanten Beispielen<br />

auf, wie souverän die Teenager mit ihrer IVF<br />

Zeugung umgehen („Nur weil ich im Reagenzglas<br />

gezeugt bin bedeutet dies noch lange nicht, dass ich<br />

ein eiskalt berechnende Person geworden bin oder<br />

mich irgendwie als künstlich empfinde!“, „Ich finde<br />

es toll, dass meine Eltern so viel auf sich genommen<br />

haben.“) und wie wenig sie die moralischen Bedenken<br />

teilen, die gerade in den Anfangsjahren gegenüber<br />

der IVF geäußert wurden.<br />

Der emotional anspruchvollste Vortrag wurde von<br />

der kanadischen Biologin Sharon Mortimer gehalten.<br />

Sie berichtete über ihre eigenen Erfahrungen mit<br />

ihrer Drillingsschwangerschaft. Die Schwangerschaft<br />

wurde, wie viele Mehrlingsschwangerschaften,<br />

nicht bis in die 40. Woche ausgetragen und ein<br />

Drilling verstarb kurz nach der Geburt. Die zweite<br />

Tochter entwickelte sich trotz der Frühgeburt recht<br />

gut, aber Sharon und ihrem Ehemann wurde geraten,<br />

für die dritte Tochter keine lebenserhaltenden<br />

Maßnahmen weiterzuführen, da ihr Zustand extrem<br />

kritisch war. Das Ehepaar richtete sich allerdings<br />

nicht nach dem ärztlichen Rat. Sharon erzählte sehr<br />

anschaulich, wie schwierig nicht nur die ersten Monate,<br />

sondern die ersten sechs, sieben Jahre waren.<br />

Die dritte Tochter überlebte, doch benötigte sie bis<br />

zu ihrem 10. Lebensjahr intensive medizinische Unterstützung<br />

und ihre Versorgung war sowohl medizinisch<br />

anspruchsvoll als auch körperlich und emotional<br />

für die Eltern anstrengend. Sie zeigte uns auf<br />

zahlreichen Bildern die einzelnen Entwicklungsschritte,<br />

auch Bilder der beiden Mädchen kurz nach<br />

der Geburt, als beide kaum größer als eine Hand<br />

waren. Der Vortrag hat uns alle sehr bewegt und<br />

vieles, was Karl Nygren über die Mehrlingsproblematik<br />

und Frühgeburtlichkeit ansprach, an einem<br />

ganz persönlichen Beispiel verdeutlicht.<br />

Der letzte Vortrag wurde von Liz Grill, einer amerikanischen<br />

Psychologin, gehalten. Sie berichtete über<br />

psychosoziale Aspekte eines selektiven Aborts,<br />

eine Möglichkeit, eine Mehrlingsschwangerschaft zu<br />

reduzieren, damit die überlebenden Kinder eine gute<br />

Chance erhalten, gesund geboren zu werden. Sie<br />

betonte, wie schwierig die Entscheidung zur Reduktion<br />

sei, nachdem ein Paar endlich unter Mühen mit<br />

medizinischer Hilfe eine Schwangerschaft erreicht<br />

hat und das emotionale Spagat der Gefühlen der<br />

Freude über die Schwangerschaft und der Trauer ob<br />

des Aborts leisten müssen. Häufig kommt hinzu,<br />

dass sich Paare wegen Angst vor Ablehnung kaum<br />

getrauen, offen darüber zu sprechen und somit niemanden<br />

haben, der sie in ihrer Trauer auffängt. Sie<br />

sprach sich deshalb dafür aus, all diesen Paaren<br />

eine Beratung zu empfehlen.<br />

Am Nachmittag des zweiten Tages wurden mehrere<br />

Workshops zu den Themen Fundraising, Arbeit mit<br />

Medien und Rekrutierung von Freiwilligen für Patientenorganisation<br />

angeboten sowie Kurzvorträge über<br />

Kooperationsmöglichkeiten mit Pharmafirmen, Lobbyarbeit,<br />

Webseitenauftritt und Kooperation mit Ärzten<br />

gehalten.<br />

Die englischen Zusammenfassungen aller Vorträge<br />

können auf der Homepage www.icsi.ws herunter<br />

geladen werden. Das Symposium ist offen für alle,<br />

die sich in der Selbsthilfearbeit im Bereich von Unfruchtbarkeit<br />

fortbilden möchten; die Symposiumssprache<br />

ist englisch und wir freuen uns, auch im<br />

nächsten Jahr wieder neue Teilnehmer begrüßen zu<br />

können.<br />

Juni 20<strong>06</strong>, Dr. Petra Thorn<br />

30 Blickpunkt <strong>II</strong>/<strong>06</strong>


Termine<br />

Änderungen vorbehalten, siehe www.wunschkind.de<br />

Seminar „Abschied vom Kinderwunsch“<br />

Ein neues Lebenshaus bauen<br />

Dozenten: Dipl. Soz.päd. Traudel Frick-Nissler<br />

Dipl. Soz.päd. Iris Enchelmaier<br />

3. März 2007 in Frankfurt a. M.<br />

Zeit: 10:00 Uhr – 18:00 Uhr<br />

Max. Teilnehmer: 24 Personen<br />

<strong>Wunschkind</strong> Workshop<br />

3. März 2007 in Frankfurt<br />

Mitgliederversammlung <strong>Wunschkind</strong> e.V.<br />

4. März 2007 im Frankfurt<br />

Vortrag unerfüllter Kinderwunsch im MAZ<br />

Donnerstag, den 01. März 07 19:30 Uhr<br />

Unerfüllter Kinderwunsch - Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten<br />

In westlichen Industrienationen ist jedes 7. Paar ungewollt kinderlos. Bei 5 % der heute in Deutschland geborenen<br />

Kinder war eine Behandlung der Eltern wegen unerfülltem Kinderwunsch vorausgegangen. Der Vortrag<br />

soll Interessierten und Betroffenen einen Überblick geben über Ursachen sowie diagnostische und therapeutische<br />

Möglichkeiten (und Grenzen !) bei ungewollter Kinderlosigkeit.<br />

Die Referentin ist Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe mit Schwerpunkt "Gynäkologische Endokrinologie<br />

und Fortpflanzungsmedizin". Seit 14 Jahren betreut sie überwiegend ungewollte kinderlose Paare.<br />

Sie war von 1992 - 2003 tätig an den Frauenklinik der Universitäten München und Heidelberg und arbeitet<br />

seit 2004 als eine von 3 Ärztinnen im Kinderwunschzentrum Heidelberg.<br />

Der Vortrag findet statt in den Räumen des:<br />

Mütter-Aktions-Zentrum e.V.<br />

Odenwaldring 33<br />

64589 Stockstadt<br />

Anmeldung bitte:<br />

<strong>06</strong>158/878680<br />

From: info@muetter-aktions-zentrum.de<br />

Seminar „Ist reden wirklich Silber und Schweigen tatsächlich Gold?“<br />

Ungewollte Kinderlosigkeit - mit dem Umfeld darüber reden oder besser nicht?“<br />

Dozentin: Dr. Petra Thorn<br />

19. Mai 2007 in Düsseldorf<br />

<strong>Wunschkind</strong> Workshop<br />

20. Mai 2007 in Düsseldorf<br />

ESHRE 2007<br />

Jährliches Treffen der “European Society of Human Reproduction and Embryology”<br />

1. – 4. Juli 2007 in Lyon, Frankreich<br />

DVR Kongress<br />

28. November – 1. Dezember 2007 im Bonn.<br />

Blickpunkt <strong>II</strong>/<strong>06</strong> 31


Buchbesprechungen<br />

Abschied vom Kinderwunsch.<br />

Iris Enchelmaier: Abschied vom Kinderwunsch.<br />

Ein Ratgeber für Frauen, die ungewollt kinderlos<br />

geblieben sind. Kreuz Verlag (Stuttgart) 2004.<br />

159 Seiten. ISBN 3-7831-2375-5. D: 14,90 EUR, A:<br />

15,40 EUR, CH: 26,90 SFr.<br />

Einführung<br />

Mitte der 90er Jahre erschien in Deutschland erstmalig<br />

ein Buch zum Thema "Abschied vom Kinderwunsch".<br />

Das gleichnamige Buch der amerikanischen<br />

Sozialarbeiterin Linda Hunt Anton wurde allerdings<br />

nur einmalig aufgelegt und ist bereits seit einigen<br />

Jahren nicht mehr erhältlich. Offensichtlich ist<br />

die Auseinandersetzung mit einem solchen "Nicht-<br />

Ereignis" nicht sonderlich populär. Umso erfreulicher<br />

ist es, dass sich nun eine deutsche Autorin diesem<br />

Thema gewidmet hat.<br />

Die Autorin<br />

Iris Enchelmaier studierte nach einer Ausbildung als<br />

Krankenschwester Sozialpädagogik und Journalistik.<br />

Sie arbeitet als freie Journalistin und Bildungsreferentin.<br />

Thema des Buches<br />

Der Ratgeber von Enchelmaier richtet sich an ungewollt<br />

kinderlose Frauen, die sich mit der Möglichkeit<br />

eines Lebens ohne Kinder auseinandersetzen müssen.<br />

Das Buch ist einfühlsam und dabei erfrischend<br />

konkret geschrieben. Durchgängig werden theoretische<br />

Hinweise der Autorin untermauert mit Zitaten<br />

betroffener Frauen. Diese direkten Bezüge auf das<br />

Erleben und die Erfahrungen Be-<br />

troffener regen nicht nur zum Weiterlesen<br />

an, sondern machen das<br />

Buch zudem leicht lesbar. Obwohl<br />

das Buch vor allem für Frauen<br />

geschrieben ist, wird in einigen Abschnitten auch auf<br />

die Dynamik von Paaren eingegangen.<br />

Der Ratgeber ist in vier Abschnitte gegliedert.<br />

Im ersten Teil werden Anregungen gegeben, wie<br />

man einen stimmigen Schlusspunkt für das Hoffen<br />

auf ein Kind erkennen kann. Hierzu zählen u.a.<br />

Hinweise auf körperliche und seelische Signale, die<br />

eine Fixierung auf ein nicht in Erfüllung gehendes<br />

Lebensziel aufzeigen können, die Empfehlung, ambivalente<br />

Gefühle zuzulassen und darüber mit dem<br />

Partner ins Gespräch zu kommen, die eigene Wertehierarchie<br />

zu überprüfen und, ein Aspekt der meiner<br />

Erfahrung nach zu Recht in diesem Buch immer wieder<br />

angeregt wird, Kontakt und Austausch mit Betroffenen<br />

zu suchen.<br />

Im zweiten Teil werden anhand vieler Beispiele<br />

Trauererfahrungen von Frauen dargestellt und<br />

kommentiert. Die Autorin beschreibt auch, wie<br />

schwierig das Ausleben von Trauer in unserer Ge-<br />

sellschaft im Allgemeinen ist und zeigt deutlich auf,<br />

dass die Trauer um ein nicht geborenes Kind weder<br />

für Betroffene noch für Außenstehende leicht fassbar<br />

und daher noch diffiziler ist. Anders als bei anderen<br />

Verlusterfahrungen gibt es, so die Autorin, für "...<br />

Kinder, die nur im Herzen gelebt haben, ... keinen<br />

Ort des Gedenkens, kein Abschiedsritual". Betroffene<br />

stehen daher vor der Aufgabe, eigene Umgangsweisen<br />

für die Bewältigung dieser Trauererfahrung<br />

zu entwickeln, wovon die Autorin mehrere aufzählt:<br />

• Rituale,<br />

• eine Anerkennung der Mühen und Leistungen,<br />

die man für den Kinderwunsch auf sich genommen<br />

hat,<br />

• eine erneute Bestätigung der Paarbeziehung, die<br />

nun ohne Kinder bestehen bleibt<br />

• und eine Aussprache über Verletzungen mit dem<br />

Partner.<br />

• Auch konkrete Veränderungen wie beispielsweise<br />

die Neugestaltung des Zimmers, welches als Kinderzimmer<br />

gedacht war oder das Verschenken<br />

von Kinderkleidern, die vielleicht schon gekauft<br />

waren, und ein Blick auf Frauen, die ebenfalls<br />

ungewollt kinderlos blieben, werden als Tipps<br />

aufgeführt.<br />

Des weiteren wird auf die Bedeutung psychosozialer<br />

Hilfen eingegangen. Hier wird nicht nur ausführlich<br />

auf Hilfestellung im Rahmen von Selbsthilfegruppen<br />

und therapeutischer Einzel- und Paarbegleitung hin-<br />

gewiesen, die Autorin gibt auch<br />

Wenn die Hoffnung erwacht, legt Hinweise zum eigenen "Auspro-<br />

sich die Verzweiflung schlafen.<br />

bieren und Experimentieren" und<br />

beschreibt Einstellungen und Motive,<br />

die die Abschiedsarbeit erleichtern<br />

oder erschweren können.<br />

Der dritte Abschnitt ist dem Leben ohne Kind gewidmet.<br />

Hier geht die Autorin zunächst auf geschlechtsspezifische<br />

Unterschiede der individuellen<br />

und gesellschaftlichen Bedeutung von Kindern aus.<br />

Sie verdeutlicht, dass Männer sich auch weiterhin<br />

vor allem über ihr Erwerbsleben und ihren Beruf,<br />

Frauen über Kinder definieren: "Vater wird man, Mutter<br />

ist man". Diese Unterschiede zeigen sich auch in<br />

der Verarbeitung der Kinderlosigkeit, hinzukommen<br />

geschlechtsspezifische Krisenbewältigungsmuster.<br />

Enchelmaier räumt hier mit dem Vorurteil auf, dass<br />

Männer kaum oder gar nicht um die bleibende Kinderlosigkeit<br />

trauern und beschreibt, dass ihre Trauer<br />

andere Formen hat als die von Frauen. Sie spricht<br />

sich dafür aus, die Unterschiedlichkeit als Chance<br />

wahrzunehmen und sowohl männliche Umgangsweisen,<br />

die eher pragmatisch und rational geprägt sind,<br />

als auch weibliche Bewältigungsmuster, also die Su-<br />

32 Blickpunkt <strong>II</strong>/<strong>06</strong>


che nach Austausch und Empathie, zuzulassen. Zudem<br />

erklärt sie, dass der Partner nicht immer in der<br />

gleichen Phase der Trauerverarbeitung ist, so dass<br />

auch hier unterschiedliche Bedürfnisse entstehen.<br />

Eine Reihe von Hinweisen für Paare zielt darauf,<br />

diese Unterschiedlichkeit wahrzunehmen und damit<br />

konstruktiv umzugehen. Auch wird der Umgang mit<br />

den Schuldgefühlen des Diagnoseträgers, als desjenigen<br />

Partners, bei dem die Unfruchtbarkeit diagnostiziert<br />

wurde, und mit dem sozialen Umfeld angesprochen.<br />

Ein spannender Teil dieses Kapitel ist der<br />

"Entmystifizierung der Mutterrolle" gewidmet. Hier<br />

ist es der Autorin gelungen, auch die negativen Seiten<br />

der Mutterrolle, beispielsweise die anstrengende<br />

Zeit nach der Geburt, die Isolierung von "Nur-<br />

Müttern", die nicht immer einfache Umstellung von<br />

der Dyade der Partnerschaft zur Triade mit Kind, das<br />

nach wie vor herrschende Ungleichgewicht zwischen<br />

Männern und Frauen bei Haus- und Familienarbeit<br />

und auch gesellschaftspolitische Benachteiligung wie<br />

beispielsweise schlechtere Bezahlungen von Frauen<br />

so anzusprechen, dass sie von kinderlosen Frauen<br />

leicht angenommen werden können. Als letztes wird<br />

in diesem Teil das heikle Thema der Sexualität angesprochen.<br />

Ungewollte Kinderlosigkeit bedeutet für<br />

die meisten Paare früher oder später auch Schwierigkeiten<br />

im sexuellen Bereich, denn der Geschlechtsverkehr<br />

wird nur noch als Mittel zum Zweck<br />

eingesetzt. Lustvolle und spielerische Elemente von<br />

Sexualität treten in den Hintergrund und der Liebesakt<br />

wird zur monatlichen Pflicht. Am Ende der medizinischen<br />

Behandlung sind viele Paare daher mit<br />

einem desolaten Liebesleben konfrontiert. Die Autorin<br />

gibt hier Empfehlungen, die teilweise angelehnt<br />

sind an sexualtherapeutische Interventionen (z.B.<br />

gegenseitiges Streicheln ohne Geschlechtsverkehr),<br />

aber auch die spezifische Erfahrung der ungewollten<br />

Kinderlosigkeit mit einbeziehen (z.B. der Verzicht<br />

zum Verkehr an den früheren „Pflicht-Tagen“ um den<br />

Eisprung).<br />

Die Geschichte unserer Familie<br />

Petra Thorn: Die Geschichte unserer Familie. Ein<br />

Buch für Familien, die sich mit Hilfe der Spendersamenbehandlung<br />

gebildet haben. FamART<br />

Verlag (Mörfelden). ISBN-13: 978-3-9811-4100-9,<br />

ISBN-10: 3-9811-4100-8. D: 22,00 EUR, CH: 36,00<br />

SFr. Mit Illustrationen von Tiziana Rinaldi<br />

Viele hundert Kinder werden jährlich mit Hilfe einer<br />

Samenspende gezeugt. Für die Eltern bedeutet die<br />

Geburt ihres Kindes, dass ein lang gehegter Wunsch<br />

in Erfüllung gegangen ist. Irgendwann stellt sich bei<br />

dieser Familienbildung für alle Eltern die Frage, wie<br />

sie damit umgehen, dass ihr Kind mit Hilfe des Samens<br />

eines anderen Mannes gezeugt wurde.<br />

Dieses Buch unterstützt Eltern, die mit ihrem Kind<br />

über die Samenspende sprechen möchten. Es ist für<br />

Kinder im Alter zwischen 3 und 6 Jahren gedacht.<br />

Im letzten Teil zeigt Enchelmaier Anregungen für<br />

ein Leben ohne Kinder auf. Dabei geht sie auf die<br />

in diesem Zusammenhang typischen und wichtigen<br />

Bereiche ein. Sie gibt Beispiele dafür, wie man in<br />

sein Leben ohne eigene Kinder dennoch für Kinder<br />

da sein kann, wie man eine Portion gesunden Egoismus<br />

entwickeln und eigene Bedürfnisse verfolgen<br />

kann, wie ein Leben im Alter ohne Kinder gestaltet<br />

werden kann oder man einem adoptierten Kind<br />

ein Zuhause geben kann. Besonders lesenswert ist<br />

in diesem Teil der Bericht einer 81-jährigen Frau, die<br />

kinderlos geblieben ist.<br />

Im Anhang ist ein kurzes Glossar mit den wichtigsten<br />

reproduktionsmedizinischen Fachbegriffen sowie<br />

eine Auflistung zahlreicher Anlaufstellen in Deutschland,<br />

Österreich und der Schweiz.<br />

Zielgruppen<br />

Der Ratgeber ist vor allem für Frauen geschrieben,<br />

die kinderlos geblieben sind. Ebenso lesenswert ist<br />

er für ihre Partner, denn in vielen Kapiteln wird auch<br />

auf die Bedeutung der Kinderlosigkeit für die Partnerschaft<br />

hingewiesen. Auch für Fachkräfte, die sich<br />

in dieses Thema einlesen möchten, ist das Buch geeignet.<br />

Fazit<br />

Obwohl zum Thema ungewollte Kinderlosigkeit in<br />

den letzten Jahren viele Ratgeber erschienen sind,<br />

ist es zurzeit das einzige Buch, welches sich dem<br />

Thema Abschied vom Kinderwunsch widmet. Viele<br />

Paare bleiben auch nach medizinischer Unterstützung<br />

kinderlos. Dieses Buch schließt für Betroffene<br />

eine wichtige Lücke in der vorhandenen Literatur.<br />

Rezensentin<br />

Dr. phil. Petra Thorn<br />

Dipl. Sozialarbeiterin, Dipl. Sozialtherapeutin,<br />

Familientherapeutin DGSF<br />

Homepage www.pthorn.de<br />

Quelle: www.socialnet.de/rezensionen/1639.php<br />

Mit einfachen Worten wird erklärt, dass manche Eltern<br />

medizinische Unterstützung und den Samen<br />

eines anderen Mannes benötigen, um ein Kind zu<br />

bekommen. Es ist so gestaltet, dass auf mehreren<br />

Seiten Bilder der Familie und des Kindes eingeklebt<br />

werden können; damit entsteht für jede Familie ein<br />

ganz persönliches Buch.<br />

Den Abschluss des Buches bildet der Bericht einer<br />

Familie, die zum Zeitpunkt des Erfahrungsberichts<br />

drei Kinder im Kindergartenalter haben. Die Eltern<br />

berichten, wie sie die Aufklärung umgesetzt haben<br />

und wie ihre Kinder mit dieser Art der Familienbildung<br />

umgehen.<br />

www.famart.de info@famart.de<br />

Blickpunkt <strong>II</strong>/<strong>06</strong> 33


... leistet Wichtige Öffentlichkeitsarbeit<br />

... bringt Unsere Mitgliederzeitschrift „BLICKPUNKT“ heraus<br />

... hat seit November 1999 eine Neue Hotline geschaltet: 0180 / 500 21 66<br />

... gibt ge Sammelte Informationen an Betroffene weiter<br />

... arbeitet Contra Zweiklassenmedizin<br />

... leistet direkte Hilfe vor Ort, vertreten durch zahlreiche SHGs<br />

... arbeitet in Kooperation mit Politik und Medizin<br />

... pflegt Internationale Zusammenarbeit<br />

... hilft bei Neugründungen von Selbsthilfegruppen<br />

... ist immer für Sie Da, schon seit 1995<br />

... hat eine Eigene Homepage: www.wunschkind.de<br />

... stellt eine Vertretung von ca. 600.000 betroffenen Paaren dar.<br />

34 Blickpunkt <strong>II</strong>/<strong>06</strong>


WUNSCHKIND e.V.<br />

c/o Gerhard Wysocki<br />

Rehhofstr. 112<br />

90482 Nürnberg<br />

Eintrittserklärung – Mitgliedschaft in WUNSCHKIND e.V.<br />

Name ______________________________ Vorname _______________________________<br />

Name Eheg./Partner __________________ Vorname Eheg./Partner ___________________<br />

Firma ______________________________ Rechtsform _____________________________<br />

Geschäftsführer / Ansprechpartner _______________________________________________<br />

Straße _____________________________________________________________________<br />

PLZ ________________ Wohnort / Sitz der Geschäftsleitung _________________________<br />

Telefon _____________________________ Fax ___________________________________<br />

Eintritt zum __________________________<br />

Jährlicher ¡ Einzelperson € 30,-- zzgl. € 10,-- einmalige Aufnahmegebühr<br />

Vereinsbeitrag ¡ Paare € 45,-- zzgl. € 20,-- einmalige Aufnahmegebühr<br />

¡ Juristische Personen € 75,-- zzgl. € 30,-- einmalige Aufnahmegebühr<br />

Abbuchung des Vereinsbeitrages<br />

Kontoinhaber ________________________________________________________________<br />

Der Verein der Selbsthilfegruppen<br />

für Fragen ungewollter Kinderlosigkeit<br />

WUNSCHKIND e.V.<br />

c/o SEIN e.V.<br />

Fehrbellinerstraße 92<br />

10119 Berlin<br />

Hotline 0180 / 500 21 66<br />

Fax 0180 / 500 21 66<br />

www.wunschkind.de<br />

kontakt@wunschkind.de<br />

Bank ______________________________ BLZ ___________ Konto-Nr. ______________<br />

Datum ___/ ___/ ______ Unterschrift ____________________________________________<br />

Von WUNSCHKIND e.V. auszufüllen:<br />

Eintrittserklärung am ___/ ___/ _____ eingegangen. Beitrag / Spende ________________ €<br />

Per EDV am ___/ ___/ _____ erfasst. Erteilte Mitgliedsnummer ___________<br />

Spenden<br />

Wir sind auf finanzielle Unterstützung angewiesen und freuen uns deshalb auch über Zuwendungen in Form einer Spende für<br />

WUNSCHKIND e.V. Ihre Spende können Sie an die Kreissparkasse Heilbronn, Kontonummer 636 90, BLZ 620 500 00 überweisen.<br />

WUNSCHKIND e.V. ist wegen Förderung der öffentlichen Gesundheitspflege gemeinnützig und steuerbefreit (Bescheid<br />

vom 21.6.20<strong>06</strong>, Az 1<strong>06</strong>/5760/0549, Finanzamt Düsseldorf-Süd). Bitte vermerken Sie auf Ihrer Überweisung deutlich Ihren Namen<br />

und Ihre Anschrift, damit wir Ihnen für Spenden größer als € 50,-- am Ende des Kalenderjahres eine absetzungsfähige<br />

Spendenquittung zusenden können.<br />

Blickpunkt <strong>II</strong>/<strong>06</strong> 35


Bestellung von Informationsmaterial<br />

Bitte schicken Sie mir das Informationsmaterial<br />

an folgende Anschrift:<br />

<strong>Wunschkind</strong> e. V.<br />

c/o SEIN e. V. Name:<br />

Fehrbelliner Straße 92<br />

Straße:<br />

10119 Berlin<br />

PLZ/Ort:<br />

Hiermit bestelle ich folgendes Informationsmaterial (bitte ankreuzen)<br />

WUNSCHKIND e. V. – Broschüre (bitte Briefmarken im Wert von<br />

€ 1,44 für Rückporto beilegen).<br />

Informationsblatt „Adoption“<br />

Informationsblatt „Gründung einer Selbsthilfegruppe“<br />

Informationsblatt „IVF und ICSI“<br />

aktuelle Liste der Selbsthilfegruppen<br />

angeleitete Gesprächsgruppen und Anlaufstellen für psychologische Beratung<br />

Blickpunkt, Schwerpunkt „Spendersamen“<br />

Liste der reproduktionsmedizinischen Zentren (BRD)<br />

Blickpunkt, Schwerpunkt „Adoption“<br />

Blickpunkt, Schwerpunkt „Abschied vom Kinderwunsch“<br />

Blickpunkt, Schwerpunkt „Pflegekind“<br />

Blickpunkt, Schwerpunkt „Präimplantationsdiagnosik“<br />

Liste der Praxen, die heterologe (donogene) Insemination durchführen<br />

Buchbesprechungen / Inhaltsangaben zur aktuellen Literaturliste<br />

Das „kleine <strong>Wunschkind</strong> – Lexikon“ (Glossar)<br />

Blickpunkt Impressum<br />

Nachrichtenblatt für Mitglieder von WUNSCHKIND e.V. Ausgabe: <strong>II</strong>/<strong>06</strong><br />

Herausgeber: WUNSCHKIND e.V.<br />

Verein der Selbsthilfegruppen für Fragen ungewollter Kinderlosigkeit,<br />

c/o SEIN e.V., Fehrbellinerstraße 92, 10119 Berlin,<br />

Telefon: 01 80 / 5 00 21 66, Telefax: 01 80 / 5 00 21 66<br />

Bankverbindung: Gerhard Wysocki, Kreissparkasse Heilbronn,<br />

Konto-Nr. 636 90, BLZ 620 500 00<br />

Vorstand: Frank Veenstra, Gaby Ziegler, Gerhard Wysocki<br />

Redaktion: Das Redaktionsteam; v.i.S.d.P.: WUNSCHKIND e.V. Berlin<br />

Grafik und Layout: Gerhard Wysocki<br />

Druck: TOP OFFSET GmbH, Frankfurt<br />

36 Blickpunkt <strong>II</strong>/<strong>06</strong>

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