B l i c k p u n k t II/06 - Wunschkind eV
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Blickpunkt<br />
das Nachrichtenblatt<br />
In eigener Sache<br />
Liebe Leserinnen und Leser,<br />
es gibt nun seit 11 Jahren diesen Blickpunkt. Über<br />
Jahre hinweg war dies eine Form News und Stories,<br />
Wichtiges und Unwichtiges, Lustiges und<br />
Trauriges, Tipps und Anregungen zu unserem<br />
Thema zu verbreiten.<br />
Doch jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, an dem wir<br />
mit großem Bedauern feststellen müssen, dass die<br />
Arbeit, eine solche Vereinszeitung zu erstellen,<br />
durch die extrem weiter sinkende Anzahl an tatkräftigen<br />
Mitarbeitern, nicht mehr zu leisten ist.<br />
Wir – die Redaktion – haben uns in Abstimmung<br />
mit dem Vorstand dazu durchgerungen, den Blickpunkt<br />
auf unsere Homepage zu verlagern.<br />
Sie erhalten daher nach dieser Ausgabe nicht<br />
mehr wie bisher den Blickpunkt zugesandt, sondern<br />
können stattdessen auf die gewohnten Informationen<br />
über unsere Homepage zugreifen.<br />
Das heißt nicht, dass es nie wieder einen Blickpunkt<br />
in der alten Form geben wird. Doch die neue<br />
Form der Informationsverbreitung bietet uns eine<br />
einfachere und weniger arbeitsintensive Aufarbeitung<br />
von allem, was mit dem Thema Kinderwunsch<br />
zu tun hat.<br />
Wir danken an dieser Stelle noch einmal allen<br />
herzlich, die in diesen 11 Jahren an unserem<br />
Blickpunkt mitgearbeitet haben.<br />
Aber nun erwarten Sie wieder die Artikel, die wir für<br />
Sie ausgesucht haben. Die Rubrik Kinderwunsch<br />
und Medizin beginnen wir dieses Mal mit einer Momentaufnahme<br />
der Kinderwunschsituation in<br />
Deutschland. Bei diesem, für den Spiegel verfassten<br />
B l i c k p u n k t <strong>II</strong>/<strong>06</strong><br />
Der Verein der Selbsthilfegruppen für<br />
Fragen ungewollter Kinderlosigkeit<br />
Damit das Mögliche entsteht, muss immer<br />
wieder das Unmögliche versucht werden.<br />
(Hermann Hesse)<br />
Artikel kommt auch WUNSCHKIND - wenn auch nur<br />
kurz - zu Wort. Es schließen sich weiteren Neuigkeiten<br />
aus der Repro-Medizin an, die mit einigen interessanten<br />
andrologischen Themen zum Abschuss<br />
kommen.<br />
Und auch von der rechtlichen Seite gibt es Einiges<br />
zu berichten: Was gibt es Neues von der „Adoptionsfront“?<br />
Öffnet sich etwa doch eine Lücke im<br />
Embryonenschutzgesetz mit ausländischen Embryonen?<br />
Auch das Urteil des 1. Senats des Bundesverfassungsgerichts<br />
in Sachen „künstliche Befruchtung“<br />
dürfte für viele interessant sein, die Entscheidung<br />
lag zum Redaktionsschluss aber leider noch<br />
nicht vor.<br />
Nachdem „Hanni“ über Ihre sehr persönlichen Erfahrungen<br />
beim „letzten Versuch“ berichtet, erfahren<br />
Sie Neues über die Umfrage zum Kinderwunsch<br />
„Perspektive Deutschland“ und die aktuelle Lage der<br />
Kinderwunschklage.<br />
Berichte über Auslandsadoptionen und vom letzten<br />
ESHRE-Kongress in Prag sowie den Terminen der<br />
nächsten Monate runden zusammen mit einer<br />
Buchbesprechung unseren letzten Blickpunkt ab.<br />
Wir wünschen allen Leserinnen und Leser alles Gute<br />
in der kalten Jahreszeit. Ein frohes und gesegnetes<br />
Weihnachtsfest, alles Gute und viel Gesundheit<br />
im neuen Jahr und vor allem die Erfüllung Ihrer Kinderwünsche.<br />
Ihr Redaktionsteam
Inhalt<br />
In eigener Sache<br />
Kinderwunsch und Medizin 2<br />
Fortpflanzung - Die Babygrenze 2<br />
Mit Nadeln eher schwanger? 6<br />
Ungewollt kinderlos – Wege aus der Krise mit dem Paar+Programm 6<br />
Künstliche Befruchtung mit der Nadel ist sicher - Angestochene Eizellen bleiben meist gesund 7<br />
Akupunktur: Stechen allein reicht nicht 8<br />
Bei Kinderwunsch lohnt sich HbA1c unter 6,3 Prozent 8<br />
Ein polyzystisches Ovarsyndrom verursacht nicht nur Schönheitsfehler 8<br />
Infertilität bei Männern - das ist meist ein Fall für Chirurgen 10<br />
Reife Eizellen aus der Petrischale 10<br />
Kein Nachwuchs in Sicht - Was kann der Androloge tun? 12<br />
Ungewollt kinderlos - häufig liegt’s am Mann 12<br />
Progesteron bringt Spermien auf die richtige Spur 14<br />
Neues Einfrier-Verfahren für Eizellen 15<br />
Frauenärzte wollen Gesetzesänderung bei Embryoschutz 15<br />
Kinderwunsch und Recht 16<br />
Adoption in Deutschland 16<br />
Repromediziner gründen eigene Ethikkommission 18<br />
Info Bayrische KK Erfolgsmodell Zahlung für Internet und BP 18<br />
Gesetzeslücke im ESchG? 19<br />
Einmal sterilisiert – für immer kinderlos? – aktuelle Urteile 19<br />
Verhandlung des BVG in Sachen "Künstliche Befruchtung" am 21. November 20<strong>06</strong> 20<br />
Erfahrungsberichte 21<br />
Mein letzter Versuch. 21<br />
Aktuelles und Allgemeines 23<br />
Umfrage zum Kinderwunsch "Perspektive Deutschland" 23<br />
Kinderwunschklagen – Die aktuelle Lage 24<br />
Bevölkerung in Deutschland schrumpft schneller 24<br />
Ein Kind aus der Ferne 27<br />
ICSI und ESHRE 20<strong>06</strong> in Prag 28<br />
Termine 31<br />
Buchbesprechungen 32<br />
Abschied vom Kinderwunsch. 32<br />
Die Geschichte unserer Familie 33<br />
Kinderwunsch und Medizin<br />
Fortpflanzung - Die Babygrenze<br />
DER SPIEGEL 46/2005 - 14. November 2005<br />
Von Marion Kraske und Udo Ludwig<br />
Einst fuhren Frauen bei Nacht und Nebel über<br />
die Grenze, um in Holland abtreiben zu lassen.<br />
Heute reisen sie ins Ausland, um schwanger zu<br />
werden. Ausgerechnet im kinderarmen Deutschland<br />
sind die Gesetze für künstliche Befruchtungen<br />
extrem streng.<br />
Katrin und Daniel A. sind ein Ehepaar, wie es sich<br />
die Methusalem-Gesellschaft nur wünschen kann:<br />
Mit 26 Jahren besitzen die beiden ein technisches<br />
Labor, beschäftigen sieben Angestellte, sind gute<br />
Steuerzahler - und darüber hinaus bereit, Kinder in<br />
die Welt zu setzen.<br />
Das Problem nur: Katrin trägt eine tödliche Erbkrankheit<br />
in sich, Chorea Huntington, auch Veitstanz<br />
genannt. Es ist ein tückisches Vermächtnis. Wird<br />
das Leiden aktiv, verfallen die Gehirnzellen, die<br />
Gliedmaßen beginnen unkontrollierbar zu zucken,<br />
schleichend kommt es zu einer Wesensveränderung,<br />
schließlich zur Demenz. Im vergangenen Jahr,<br />
bevor Katrin ihren Kinderwunsch erfüllen wollte, ließ<br />
sie sich deshalb genetisch durchchecken. Ergebnis:<br />
Bei ihr selbst wird Chorea Huntington frühestens<br />
nach ihrem 60. Lebensjahr ausbrechen, das war die<br />
gute Nachricht. Die schlechte: Der Gendefekt wird<br />
sich mit 50-prozentiger Wahrscheinlichkeit auf ihr<br />
Baby übertragen. In diesem Fall jedoch, so tröstete<br />
2 Blickpunkt <strong>II</strong>/<strong>06</strong>
der Genetiker, könne die Mutter das Kind bis zur 12.<br />
Woche abtreiben lassen. Und dann den nächsten<br />
Versuch starten, so lange, bis einmal ein gesundes<br />
Baby heranreift.<br />
Das Paar war schockiert. "Die Aussicht, regelmäßig<br />
abzutreiben", sagt Daniel A., "das fanden wir pervers."<br />
Andererseits war für seine Frau klar: Ein Kind<br />
mit Chorea Huntington würde sie niemals zur Welt<br />
bringen - "zu grausam" war es gewesen, wie ihre<br />
Mutter und ihre Tante an der Krankheit zugrunde<br />
gegangen waren.<br />
In Deutschland, so lernten die beiden schnell, gab<br />
es keine Lösung für ihr Problem. Dann riet ein Arzt:<br />
Versucht es im Ausland, dort haben die Fortpflanzungsmediziner<br />
ganz andere Möglichkeiten.<br />
Wenige Wochen später saßen sie in einer Praxis im<br />
tschechischen Pilsen - und waren hoffnungsfroh.<br />
Denn die Reproduktionsmediziner praktizieren dort,<br />
was in Deutschland streng verboten ist: Sie untersuchen<br />
die im Labor befruchteten Eizellen auf Anomalien,<br />
bevor sie diese in die Gebärmutter einpflanzen.<br />
So konnte sich Katrin A., als sie sich Anfang Juli in<br />
Tschechien einen Embryo einspülen ließ, absolut<br />
sicher sein: Dieses Kind wird definitiv kein Chorea<br />
Huntington bekommen.<br />
Mutterglück aus dem Ausland? Zu Hunderten pilgern<br />
deutsche Paare über die Grenze, nach Spanien<br />
oder Belgien, Tschechien oder Polen, England<br />
oder in die Slowakei.<br />
Ähnlich wie in den siebziger Jahren, als sich deutsche<br />
Frauen bei Nacht und Nebel heimlich zur Abtreibung<br />
nach Holland aufmachten, zwingen deutsche<br />
Gesetze sie erneut ins Ausland - diesmal reisen<br />
sie, um schwanger zu werden.<br />
Die strengen deutschen Regelungen zur künstlichen<br />
Befruchtung haben einen europaweiten Fruchtbarkeitstourismus<br />
ausgelöst, der sich von dem verzweifelten<br />
Wunsch ungewollt Kinderloser nach Nachwuchs<br />
nährt. Ein Wunsch, den deutsche Ärzte nur<br />
sehr begrenzt erfüllen dürfen. Ihnen sind die Hände<br />
gebunden durch ein antiquiertes Embryonenschutzgesetz:<br />
14 Jahre alt, medizinisch veraltet, moralisch<br />
umstritten.<br />
Längst haben die Betroffenen aufgegeben, die abstruse<br />
deutsche Gesetzeslage zu verstehen, die vor<br />
allem durch Widersprüchlichkeit glänzt. So ist Abtreibung<br />
bis zum dritten Monat erlaubt, aber das<br />
Vernichten eines im Reagenzglas befruchteten Zellklumpens<br />
verboten; Feten dürfen im Mutterleib auf<br />
Anomalien getestet werden, aber befruchtete Eizellen<br />
im Reagenzglas nicht. Die Samenspende ist erlaubt,<br />
die Eizellspende verboten.<br />
In einem überalterten Land, das kaum etwas dringender<br />
braucht als Nachwuchs, behindert ein Gesetz<br />
all jene, die ungewollt kinderlos bleiben. Seit<br />
die künstliche Befruchtung im Rahmen der Gesundheitsreform<br />
eingeschränkt wurde, können sich viele<br />
ihren Kinderwunsch zudem kaum noch leisten. Vor<br />
zwei Jahren kamen noch 1,6 Prozent der Babys<br />
nach künstlicher Befruchtung zur Welt, nach der Re-<br />
form rutschte die Rate 2004 auf rund 0,8 Prozent<br />
ab. Wer zahlen kann, geht lieber ins billige Ausland -<br />
zumal dort liberalere Gesetze Methoden erlauben,<br />
die schneller zum Erfolg führen.<br />
Kein Wunder, dass deutsche Reproduktionsmediziner<br />
nun Sturm laufen. Die gestrenge Haltung<br />
Deutschlands kann "kein ausländischer Kollege<br />
mehr verstehen", berichtet Michael Thaele, Vorsitzender<br />
des Bundesverbands Reproduktionsmedizinischer<br />
Zentren Deutschlands. Die deutsche Bioethik<br />
sei "menschenfeindlich", urteilt Gerhard Leyendecker,<br />
Direktor der Frauenklinik Darmstadt, sie<br />
zwinge Kinderwillige in eine Art "Roulettespiel".<br />
"Deutsche Frauen sind doppelt bestraft", findet Professor<br />
Thomas Katzorke, Leiter des Essener Zentrums<br />
für Reproduktionsmedizin, "bleiben sie hier,<br />
müssen sie mehr bezahlen und bekommen nicht die<br />
modernsten Methoden geboten."<br />
Tatsächlich sind medizinische Hightech-Methoden<br />
wie die In-vitro-Behandlungen, bei denen Eizellen<br />
entnommen, in der Petrischale befruchtet und zurückgesetzt<br />
werden, in der Slowakei schon für 1000<br />
Euro zu haben, in der Ukraine und Bulgarien noch<br />
billiger. Allein in Tschechien gibt es bereits 17 Reproduktionskliniken,<br />
die sich vornehmlich an deutsche<br />
und italienische Patienten wenden, in Polen<br />
sind es sogar 41. Die Niederlande gelten als Eldorado<br />
für Lesben, dort werden anonyme Samenspenden<br />
angeboten. Brüssel ist berühmt für seine<br />
Embryonen-Auswahl. Wer eine Eizelle braucht, bekommt<br />
sie im angesehenen spanischen Instituto<br />
Valenciano de Infertilidad, in den USA oder in Russland<br />
gibt es Spenderinnen und Leihmütter im Katalog.<br />
Sekretärinnen sind dort im Angebot, Buchhalterinnen,<br />
Krankenschwestern; alle Farben, alle Größen,<br />
alle Nationalitäten. Beispiel: Russin, Blutgruppe<br />
A, 24 Jahre alt, 1,68 Meter groß, 50 Kilogramm<br />
schwer. Blond, Stupsnase, graublaue Augen.<br />
Das Geschäft der Babymacher boomt, seit Paare<br />
immer später Eltern werden wollen. "Wir bieten in<br />
der Fortpflanzungsmedizin alles, was möglich ist",<br />
sagt Herbert Zech, Leiter des Bregenzer Instituts für<br />
Reproduktionsmedizin, das 2004 eine Steigerung<br />
deutscher Gebärwilliger um 50 Prozent verzeichnete.<br />
Alles, was möglich ist? In Deutschland wären die<br />
Betroffenen schon zufrieden, wenn praktiziert würde,<br />
was sinnvoll ist. Etwa einen Embryo genetisch<br />
auf Qualität zu untersuchen, bevor er in die Gebärmutter<br />
gesetzt wird. Diese sogenannte Präimplantationsdiagnostik<br />
aber verbietet das Embryonenschutzgesetz.<br />
Der herangezüchtete Embryo wird<br />
hierzulande in die Frau gesetzt, ohne ihn zuvor auf<br />
Risiken überprüft zu haben. Das treibt viele Patientinnen<br />
ins Ausland.<br />
Eine Klinik im tschechischen Pilsen etwa behandelt<br />
jedes Jahr mehrere hundert deutsche Paare - und<br />
das, so behauptet Klinikleiter Petr Uher, mit weitaus<br />
höheren Erfolgsquoten als in deutschen Kliniken.<br />
Über die Hälfte der Kundinnen werden schwanger.<br />
In deutschen Instituten lag die Erfolgsquote 2003 bei<br />
Blickpunkt <strong>II</strong>/<strong>06</strong> 3
und 27 Prozent. Mag sein, dass privatwirtschaftliche<br />
Kliniken ihre Kundinnen nach Erfolgsaussicht<br />
selektieren, hoffnungslose Fälle erst gar nicht aufnehmen<br />
- die Statistiken sind in diesem Punkt umstritten.<br />
Dennoch: Die Gründe für das dramatisch<br />
bessere Ergebnis im Ausland liegen in der erlaubten<br />
Technik.<br />
In Deutschland beispielsweise werden Eizellen bereits<br />
zwei bis drei Tage nach einer künstlichen Befruchtung<br />
im Reagenzglas in den Uterus zurückgesetzt<br />
- sobald mikroskopisch erkennbar ist, dass eine<br />
Zellteilung stattfindet. Die Kliniken in Bregenz,<br />
Pilsen oder Warschau warten dagegen die Entwicklungen<br />
aller befruchteten Eizellen bis zum 5. Tag ab<br />
und setzen nur die geeignetsten ein. Der Rest wird<br />
weggeworfen - in Deutschland ein illegaler Vorgang.<br />
Hierzulande muss jeder lebensfähige Embryo in die<br />
Gebärmutter eingepflanzt werden. Eine Auswahl<br />
findet deshalb nicht statt, und so sinken die Chancen,<br />
den Optimalen zu erwischen.<br />
Nadine S. hat dieses Baby-Glücksspiel mitgemacht,<br />
viel zu lange. Mit 37 entschied sich die Zahnärztin<br />
zum Kind. Doch nichts geschah. Zwei Jahre später<br />
ging sie, immer noch nicht schwanger, in ein anerkanntes<br />
Berliner Institut für Reproduktionsmedizin<br />
und ließ sich künstlich befruchten. Einmal, zweimal,<br />
dreimal, vergebens. "Es war eine grässliche Zeit",<br />
sagt sie. Die körperlichen Strapazen der vorbereitenden<br />
Hormonkuren. Das ständige Hoffen und<br />
Bangen. Und dann immer wieder der Schlag in die<br />
Magengrube.<br />
Vor dem sechsten Versuch - sie war mittlerweile 41<br />
Jahre alt - eröffnete sie dem Klinikprofessor, dass<br />
sie es nun in den USA versuchen wolle. Warum<br />
denn das, habe der geantwortet: "Fahren Sie doch<br />
nach Bregenz." Nadine S. war fassungslos. In all<br />
den fünf erfolglosen Jahren hatte ihr niemand einen<br />
Wink gegeben. "Weil sie an mir verdienen wollten",<br />
glaubt die Frau. Weil die Ärzte das nicht dürfen, sagt<br />
der Gesetzgeber.<br />
Wenig später saß sie in Bregenz am Bodensee.<br />
Professor Herbert Zech entnahm ihr 14 Eizellen und<br />
befruchtete alle im Reagenzglas. Nach zwei Tagen<br />
hatten nur sieben überlebt, nach fünf Tagen waren<br />
nur noch drei übrig, von denen ihr die Mediziner<br />
zwei einpflanzten. Eine überlebte: Nadine gebar einen<br />
Sohn.<br />
Doch diese so erfolgreiche Selektion ist es, an der<br />
sich in Deutschland die Debatte um Fortpflanzungsmedizin<br />
entzündet. Seit den Gräueln des Nationalsozialismus,<br />
den Menschenversuchen des Nazi-Arztes<br />
Josef Mengele im "Dritten Reich", gibt es<br />
große Tabus, was die Einordnung von Leben in lebenswert<br />
und lebensunwert angeht.<br />
Das Embryonenschutzgesetz ist Ausdruck dieser<br />
Haltung. Es will dem menschlichen Leben schon in<br />
der frühesten Phase höchstmöglichen Schutz bieten.<br />
Jede "entwicklungsfähige, befruchtete Eizelle",<br />
heißt es dort, sei zu achten. Das bedeutet in der<br />
Praxis: Alle lebensfähigen Embryos müssen in den<br />
Uterus - auch die kränkelnden Mickerlinge.<br />
Dieses Gesetz zwinge ihn dazu, klagt der Gynäkologieprofessor<br />
Gerhard Leyendecker, Embryonen zu<br />
implantieren, "von denen wir wissen, dass sie nicht<br />
überleben können". Nun schlagen deutsche Fortpflanzungsmediziner<br />
vor, die überschüssigen Embryos<br />
nach der Befruchtung im Labor einzufrieren<br />
und sie für eine spätere Schwangerschaft aufzuheben.<br />
Oder sie gleich für eine vorgeburtliche Adoption<br />
freizugeben - an Frauen, die keine Eizellen (mehr)<br />
produzieren können. Damit wäre der ethische Zielkonflikt,<br />
Embryonen mitsamt ihrer Schutzrechte in<br />
den Müll zu werfen, entscheidend entschärft.<br />
In anderen Ländern ist man noch freizügiger: Dort<br />
werden die Embryonen der Forschung zur Verfügung<br />
gestellt. Schließlich, so die Argumentation,<br />
haben die Embryonen am fünften Tag nicht einmal<br />
das Bläschenstadium erreicht, in dem der Zellhaufen<br />
normalerweise erst den Eileiter verlässt und sich<br />
in die Gebärmutter einnistet. Bei der Empfängnisverhütung<br />
mit Spirale wird die befruchtete Zelle oft<br />
viel später getötet.<br />
Warum also die aufgeregte deutsche Diskussion um<br />
ein paar mikroskopisch kleiner Zellklumpen? Der<br />
Verdacht liegt nahe, dass das Thema künstliche Befruchtung<br />
im Fahrwasser der emotional aufgeladenen<br />
Stammzellen- und Klondiskussion zum Politikum<br />
geworden ist. Es geht um weltanschauliche,<br />
religiöse Konflikte und um die grundsätzliche Frage,<br />
wieweit die moderne Medizin in das Handwerk des<br />
Schöpfers eingreifen darf. Es geht darum, ob sich<br />
Eltern in Zukunft ihr Kind designen lassen wie eine<br />
Sofagarnitur. Und ob beschädigtes, unperfektes Leben<br />
von Anfang an aus der Gesellschaft ausgemerzt<br />
werden kann.<br />
Den vielen Hilfesuchenden, die sich sehnlichst ein<br />
Kind wünschen, hilft diese ethische Debatte nicht<br />
weiter. Viele Befruchtungstouristen fühlen sich dadurch<br />
kriminalisiert, sehen sich mit dem Vorurteil<br />
konfrontiert, sie wollten sich ein "kluges, männliches<br />
Kind mit blauen Augen und der Garantie auf den<br />
Nobelpreis klonen", sagt Gaby Ziegler, zweite Vorsitzende<br />
des Vereins <strong>Wunschkind</strong>er.<br />
"Wir haben nicht einmal das Geschlecht bestimmen<br />
lassen", sagt Daniel A. Die 13 Eizellen, die Katrin in<br />
Pilsen entnommen wurden, sind lediglich auf Veitstanz<br />
untersucht worden - auf nichts anderes, beteuert<br />
der werdende Vater. Nach fünf Tagen stand fest:<br />
Sieben hatten den Gendefekt, fünf waren schlecht<br />
entwickelt, ein Follikel taugte.<br />
Trotz des großen Angebots im Ausland ist es für<br />
potentielle Eltern nicht einfach, an seriöse Gynäkologen<br />
zu gelangen. Heimlich, wie Diebe in der<br />
Nacht, informieren sich die Paare im Internet. Um ihr<br />
Risiko, an Pfuscher zu geraten, zu minimieren, organisieren<br />
sie sich, in Web-Adressen wie<br />
www.wunschkinder.de, kinderwunsch.de oder eizellspende.de.<br />
Die Qualität der Methoden jedoch, die bei den<br />
Schnäppchenangeboten in Südafrika oder Zypern,<br />
in der Ukraine oder Weißrussland praktiziert werden,<br />
ist schwer einzuschätzen. Wie die Geschäfte-<br />
4 Blickpunkt <strong>II</strong>/<strong>06</strong>
macherei europaweit und grenzüberschreitend floriert,<br />
zeigte sich im März im rumänischen Bukarest.<br />
Dort hatten Hunderte Spenderinnen Honorare in<br />
Höhe von 300 Dollar für ihre Eizellen bekommen,<br />
die anschließend nach Großbritannien weiterverkauft<br />
wurden. In Studentenwohnheimen im kroatischen<br />
Zagreb warb eine Firma namens "Platinum"<br />
per Flugblatt um Biospenden: Samen brachten 250<br />
Euro, Eizellen sogar 2500.<br />
Um zu verhindern, dass Frauen als lebendige Eizellenfarmen<br />
missbraucht werden, hat das Europaparlament<br />
im März eine Resolution verabschiedet.<br />
Demnach dürfen menschliche Zellen nur noch freiwillig<br />
und unentgeltlich gespendet werden.<br />
Die Kostenfrage aber bleibt. Die Gesundheitsreform<br />
der rotgrünen Regierung hat den Befruchtungstourismus<br />
noch einmal deutlich angeschoben. Gesetzlich<br />
Versicherte müssen seit dem 1. Januar 2004 die<br />
Hälfte der künstlichen Befruchtung selbst tragen.<br />
Inklusive aller Medikamente kommen die Paare auf<br />
bis zu 4000 Euro pro Versuch. Nach drei Versuchen<br />
zahlt die Kasse gar nicht mehr. Auch Frauen, die<br />
jünger als 25 und älter als 40 Jahre alt sind, bekommen<br />
keinen Cent Zuschuss. Unverheiratete gehen<br />
in jedem Alter leer aus. Die Zahl der künstlichen<br />
Befruchtungen in Deutschland hat sich demzufolge<br />
im vergangenen Jahr halbiert.<br />
Der Selbsthilfeverein "<strong>Wunschkind</strong> e. V." macht nun<br />
mobil gegen die Gesundheitsreform, die den Selbstkostenanteil<br />
bei künstlichen Befruchtungen rapide in<br />
die Höhe getrieben hat. Der Berliner Anwalt Udo von<br />
Langsdorff vertritt über 70 Frauen und Männer, die<br />
gegen das Gesetz klagen. Ihre Argumente: Die hohe<br />
Kostenbeteiligung und die Beschränkung auf drei<br />
Befruchtungsversuche seien ungerechtfertigt, unzumutbar<br />
und verfassungsfeindlich.<br />
Besonders unübersichtlich wird die Situation, wenn<br />
beide Partner in unterschiedlichen Kassen sind.<br />
Dann kann es schnell zu Finanzierungslücken<br />
kommen. Ist etwa die privat versicherte Frau gesund,<br />
der gesetzlich versicherte Mann aber Verursacher<br />
der Kinderlosigkeit, so zahlt nur seine Kasse<br />
die Hälfte seiner Kosten. Das Paar muss für die Behandlung<br />
der Frau allein aufkommen.<br />
Zumindest ist seit September höchstrichterlich geklärt,<br />
dass die Privaten für die Kinderwunschbehandlung<br />
auch dann bezahlen müssen, wenn die<br />
Paare bereits Eltern sind. Sofern eine Erfolgsaussicht<br />
von mindestens 15 Prozent gegeben sei, so<br />
urteilte der Bundesgerichtshof, muss die Versicherung<br />
für die IVF-Behandlung aufkommen. Privatversicherer<br />
hatten sich geweigert zu zahlen. Ihr Argument:<br />
Mit dem ersten Kind sei eine "Linderung" der<br />
Krankheit Kinderlosigkeit bereits eingetreten.<br />
Den zunehmenden "Fortpflanzungsmedizintourismus"<br />
empfindet Klaus Diedrich, Vizepräsident der<br />
Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe,<br />
"beschämend für ein hochzivilisiertes<br />
Land". Diedrich kritisiert vor allem, dass "wir in<br />
Deutschland gezwungen sind, uns an das 14 Jahre<br />
alte Embryonenschutzgesetz zu halten, obwohl sich<br />
die Reproduktionsmedizin seither dramatisch fortentwickelt<br />
hat". Von ausländischen Kollegen, so<br />
Diedrich, "werden wir nur mitleidig belächelt".<br />
Der Professor an der Universitätsklinik Lübeck gehört<br />
zu einer Arbeitsgruppe aus Ärzten, Juristen und<br />
Ethikern, die für ein neues, der modernen Medizin<br />
angepasstes Fortpflanzungsgesetz plädieren. Als<br />
ersten Schritt stellten sie im Juli einen Gesetzentwurf<br />
zur Änderung des Embryonenschutzgesetzes<br />
vor, um die Erfolgsaussichten für Schwangerschaften<br />
zu erhöhen und die Rate gefährlicher Mehrlingsgeburten<br />
zu vermindern. Dazu gehört, die befruchteten<br />
Eizellen vor dem Einsetzen eingehender zu untersuchen<br />
- die zweitbeste Lösung nach der Genanalyse.<br />
Doch das Interesse der Politik an diesem Thema ist<br />
quer durch alle Fraktionen gering. Zuletzt hatte Berlin<br />
im Rahmen der Diskussion über die Stammzellenforschung<br />
noch einmal bekräftigt, dass es auf<br />
absehbare Zeit den Schutz des Embryos nicht lockern<br />
will.<br />
Die Enquetekommission des Bundestags zu "Ethik<br />
und Recht der modernen Medizin" berät gegenwärtig<br />
zwar die Perspektiven der Pränataldiagnostik -<br />
aber nur die Frage, welche Vorsorgeuntersuchungen<br />
zukünftig im Mutterleib zulässig sein sollen. Untersuchungen<br />
von Eizellen außerhalb der Frau sind<br />
kein Thema.<br />
Die ethischen Bedenken werden überlagert von der<br />
dramatischen Entwicklung der Bevölkerung. Die<br />
Zahl ungewollt Kinderloser wird immer größer. Derzeit<br />
haben schon über zehn Prozent aller Paare in<br />
Deutschland Probleme, Kinder in die Welt zu setzen.<br />
Das liegt vor allem daran, dass die Gebärwilligen<br />
immer älter werden und damit immer häufiger<br />
unfruchtbar sind. Die Zahl der Frauen, die erst nach<br />
dem 30. Lebensjahr Kinder wollen, hat sich in den<br />
vergangenen zehn Jahren verdoppelt.<br />
Nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums<br />
sind 40 000 Kinder des Jahres 2003 von Paaren zur<br />
Welt gekommen, bei denen der Geburt in irgendeiner<br />
Form die Behandlung einer Unfruchtbarkeit vorausgegangen<br />
war. Das sind mehr als fünf Prozent<br />
aller neugeborenen Deutschen.<br />
Trotz dieser Hilfestellung ist in den vergangenen<br />
Jahren die Geburtenrate auf 1,3 abgerutscht.<br />
Deutschland liegt damit von 191 Staaten, die eine<br />
Statistik führen, an 180. Stelle. Wie lange kann sich<br />
der Staat die restriktive Fruchtbarkeitspolitik noch<br />
leisten?<br />
Vor allem Paare, die nicht mehr der klassischen<br />
Familienplanung mit früher Heirat, Eigenheim und<br />
zwei Kindern entsprechen, fühlen sich in ihrer Lebensplanung<br />
blockiert.<br />
Karin S. aus Heidelberg ist eine jener Frauen, die<br />
die Schranken der Biologie überwinden wollen: Sie<br />
ist bereits Mutter eines 23 Jahre alten Sohnes, geschieden,<br />
beruflich erfolgreich. Vor sechs Jahren<br />
lernte sie ihren neuen Mann kennen.<br />
Blickpunkt <strong>II</strong>/<strong>06</strong> 5
Allmählich reifte der Wunsch, noch mal ein Kind zu<br />
bekommen. Mit 47 Jahren kommt nur eine künstliche<br />
Befruchtung in Frage. In einer Heidelberger Klinik<br />
zahlte Karin S. 4000 Euro. Ohne Ergebnis. Ihre<br />
Eierstöcke produzierten zu wenig Eizellen, aber<br />
Spenderzellen sind ihr schließlich in Deutschland<br />
untersagt.<br />
Im Januar flog sie nach Polen - und ist jetzt in der<br />
19. Woche schwanger. Es werden Zwillinge.<br />
Mit Nadeln eher schwanger?<br />
ULM - Kann Akupunktur die Chancen einer<br />
Schwangerschaft nach einer künstlichen Befruchtung<br />
erhöhen? Laut einer Studie deutscher Forscher<br />
zur In-vitro-Fertilisation (IVF) ist das zumindest<br />
denkbar: 160 Frauen wurden nach einer IVF-<br />
Behandlung in zwei Gruppen unterteilt, von denen<br />
die eine akupunktiert wurde, die andere nicht. Sechs<br />
Wochen später zeigten sich der Ultraschall-<br />
http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,384583,00.html<br />
© DER SPIEGEL 46/2005<br />
Alle Rechte vorbehalten<br />
Vervielfältigung nur mit Genehmigung der SPIE-<br />
GELnet GmbH<br />
Wir danken dem Autor Udo Ludwig für die freundliche<br />
Genehmigung zum Nachdruck dieses Artikels.<br />
Überprüfung deutliche Unterschiede, heißt es in der<br />
Studie: Waren in der Kontrollgruppe nur 26% der<br />
Frauen schwanger geworden, betrug der Anteil bei<br />
den Akupunktur-Patientinnen immerhin 42%. Wie<br />
die Nadeln auf die Gebärmutter und die menschliche<br />
Fortpflanzung Einfluss nehmen, konnten die<br />
Forscher allerdings nicht bestimmten.<br />
Ungewollt kinderlos – Wege aus der Krise mit dem Paar+Programm<br />
Das deutschlandweit einmalige Paar+-Programm<br />
der Burg-Klinik/Stadtlengsfeld startet nach zwei<br />
erfolgreichen Testdurchläufen.<br />
Zwei Paare sind nach den Testwochen bereits<br />
schwanger geworden.<br />
„Eigentlich hatten wir die Hoffnung aufgegeben und<br />
versucht, mit unserer Situation zu leben“, erzählen<br />
Martina und Daniel Meier*. Nach sieben Jahren ungewollter<br />
Kinderlosigkeit und einem scheinbar endlosen<br />
Kampf ist Martina jetzt endlich schwanger geworden.<br />
„Das Paar+-Programm der Burg-Klinik in<br />
Stadtlengsfeld hat einen Wandel unseres Denkens<br />
verursacht und maßgeblich dazu beigetragen, dass<br />
wir bald glückliche Eltern eines Mädchen sind“, so<br />
Martina.<br />
Ungewollte Kinderlosigkeit – für viele Paare ein<br />
Thema. Einige Beziehungen geraten in eine tiefe<br />
Krise, wenn nicht einmal die Reproduktionsmedizin<br />
mehr greift. Genau dort setzt das deutschlandweit<br />
einmalige Paar+-Programm der Burg-Klinik in Stadtlengsfeld<br />
an: Während der einwöchigen Behandlung<br />
in der bekannten thüringischen Klinik arbeiten die<br />
betroffenen Paare gemeinsam mit den Experten ihre<br />
Kinderwunsch-Problematik auf. So finden sie neue<br />
Lösungswege, um mit der hohen körperlichen Belastung<br />
fertig zu werden und neue Hoffnung zu<br />
schöpfen. Paar+ soll dabei die klassische Reproduktionsmedizin<br />
begleiten und unterstützen. Nach zwei<br />
erfolgreichen Testwochen, aus denen bislang zwei<br />
schwangere Paare hervorgingen, startet das final<br />
konzipierte Programm Ende Januar erstmals in seiner<br />
neuen Form. „Wir haben bei dem letztendlichen<br />
Paar+-Konzept die Wünsche und Anregungen der<br />
Paare aus den Testwochen aufgegriffen und konnten<br />
das Konzept so noch weiter optimieren“, erklärt<br />
Dr. Andreas Schmidt, Leitender Psychologe in der<br />
Burg-Klinik.<br />
Wenn Stress und Belastung den Kinderwunsch<br />
behindern<br />
Bleibt einem Paar der eigene Kinderwunsch über<br />
lange Zeit verwährt, fühlen sich die Beteiligten oft<br />
einem Kreislauf aus Leistungsdruck, Schuldzuweisungen<br />
sowie Hoffnung und Verzweiflung ausgesetzt.<br />
Diese Dauerbelastung führt oft dazu, dass der<br />
Kinderwunsch in noch weitere Entfernung rückt. In<br />
der ruhigen und idyllischen Atmosphäre der Burg-<br />
Klinik und ihrer Umgebung lernen die Paare andere<br />
Betroffene kennen, mit denen sie sich austauschen<br />
können, und finden dank professioneller Moderation<br />
wieder neue Impulse für die Partnerschaft. „Gerade<br />
der Austausch mit anderen Paaren, die dasselbe<br />
durchlebt haben und durchleben, war sehr hilfreich<br />
für uns“, so das Paar Meier. Die Teilnehmer gelangen<br />
so wieder zu einer positiven, stressfreien Einstellung<br />
und mehr Gelassenheit, was sich letztendlich<br />
positiv auf die Erfüllung des Kinderwunsches<br />
auswirken kann. „Nicht zuletzt war das abwechslungsreiche<br />
Programm hilfreich, da es uns Alternativen<br />
für die Freizeitgestaltung und Entspannungstechniken<br />
nah gebracht hat“, erklären Martina und<br />
Daniel. Aber wie läuft das Programm ab?<br />
Dank Paar+ zu einer positiven Einstellung finden<br />
In einer ersten Orientierungsphase gehen die Fachleute<br />
der Burg-Klinik individuell auf jeden der Teilnehmer<br />
ein und versuchen, die paarspezifischen<br />
Daten zu erfassen. Hierzu gehören körperliche<br />
Symptome ebenso wie das Aufzeigen von Stressund<br />
Erschöpfungszuständen. Ist dies geschehen,<br />
definieren die Paare zusammen mit dem Klinikpersonal<br />
die eigenen Ziele und Grenzen. Hierbei lernen<br />
sie, den eigenen Partner noch wirksamer zu unter-<br />
6 Blickpunkt <strong>II</strong>/<strong>06</strong>
stützen und sich auf realistische Ziele einzulassen.<br />
Oft fühlen sich die Paare schon dadurch entlastet<br />
und weniger gestresst, sobald sie selbst weniger<br />
von sich fordern. Das Paar+-Team der Burg-Klinik<br />
möchte den Betroffenen dabei aber keinesfalls den<br />
Kinderwunsch ausreden.<br />
Was die Paare gemeinsam haben, ist ein zentral<br />
gewordener Wunsch: Endlich ein eigenes Kind zu<br />
bekommen! Dass sie sich dabei oftmals selbst aus<br />
den Augen verlieren, ist eine Folge des Drucks, der<br />
auf ihnen lastet. Während des siebentägigen Angebots<br />
helfen die Ärzte und Psychologen in Stadtlengsfeld<br />
den Beteiligten, ihre positiven Ressourcen<br />
wieder zu erkennen, zu schonen und auszubauen.<br />
Entspannungstechniken wie Qigong oder Muskelentspannungsübungen<br />
gehören ebenso dazu wie<br />
Nordic-Walking und Aqua-Training. Zusätzlich profitieren<br />
die Paare von zahlreichen weiteren Angeboten<br />
im kreativen, Sport- oder Wellnessbereich. So<br />
schöpfen die Teilnehmer wieder Energie und Mut.<br />
Gespräche, Seminare und Vorträge, in denen die<br />
Problematik intensiv aufbereitet wird, regen zum<br />
Austausch an und sorgen zusätzlich für eine starke<br />
Entlastung. Die Experten in Thüringen zeigen den<br />
Betroffenen während der Woche ebenfalls mit großem<br />
Einfühlungsvermögen auf, welche Formen der<br />
Hilfe – beispielsweise der Besuch von Selbsthilfegruppen<br />
oder Beratungsstellen - sie im täglichen<br />
Leben in Anspruch nehmen können. Sofern gewünscht,<br />
klären sie die Teilnehmer auch über Alternativen<br />
wie z.B. eine mögliche Adoption auf.<br />
Neue Impulse für die Partnerschaft finden<br />
Wie eine interne Evaluationsstudie zu den ersten<br />
beiden Testwochen ergab, fühlten sich die Paare<br />
nachweislich deutlich besser – sowohl, was ihre eigene<br />
Person betrifft, als auch im Erleben der Partnerschaft.<br />
Unabhängig davon, ob der Kinderwunsch<br />
letztendlich erfüllt werden konnte, oder nicht: Die<br />
Teilnehmer blickten deutlich optimistischer in die<br />
Zukunft als vor der Behandlungswoche. Und zwei<br />
Paaren wurde ihr sehnlichster Wunsch erfüllt: In<br />
wenigen Wochen erwarten sie ihr erstes Kind! „Wir<br />
können jedem Paar nur empfehlen, statt einer weiteren<br />
reproduktionsmedizinischen Maßnahme das<br />
Paar+-Programm in Stadtlengsfeld zu besuchen“, so<br />
Daniel.<br />
Die Paar+-Woche ist als Selbstzahler-Programm<br />
konzipiert und kostet 992 Euro pro Teilnehmer. Für<br />
die Paarbeziehung ist es zwar förderlich, aber nicht<br />
zwingend notwendig, dass sich beide Partner in die<br />
professionellen Hände des Burg-Klinik Teams begeben<br />
– einzelne Teilnehmer sind ebenfalls herzlich<br />
Willkommen.<br />
* Namen wurden geändert.<br />
Weitere Informationen erhalten Sie unter<br />
www.paarplus.de, www.burg-klinik.de oder beim<br />
angegebenen Pressekontakt. Anmeldungen zum<br />
Paar+-Programm unter info@burg-klinik.de oder<br />
direkt im Aufnahmesekretariat: 03 69 65 / 68-5 01<br />
Quelle: Pressemitteilung: Hilfe bei ungewollter Kinderlosigkeit<br />
Dr. Becker Klinikgesellschaft mbH & Co. KG<br />
Eva Kindsvater<br />
Pressereferentin<br />
Parkstraße 10<br />
50968 Köln<br />
Tel: (02 21) 93 46 47-48<br />
Fax: (02 21) 93 46 47-40<br />
E-Mail: ekindsvater@dbkg.de<br />
http://www.dbkg.de<br />
Künstliche Befruchtung mit der Nadel ist sicher - Angestochene Eizellen bleiben<br />
meist gesund<br />
GÖTEBORG - Die Debatte ist so alt wie die Methode:<br />
Provoziert die Intrazelluläre Spermieninjektion<br />
(englische Abkürzung: ICSI) Missbildungen bei Kindern?<br />
Nein, sagt eine Studie aus Schweden. Die<br />
beobachteten Fehlbildungen bei dieser Art der<br />
künstlichen Befruchtung sind auf Probleme bei der<br />
Geburt zurückzuführen. Nur die Harnröhre wird gelegentlich<br />
Opfer der spitzen Nadel.<br />
Aus der Swedish Medical Birth Registry und dem<br />
Registry of Congenital Malformations holten sich<br />
Wissenschaftler des Göteborger Sahlgrenska University<br />
Hospitales Daten von mehr als 1.000 schwedischen<br />
Babys, die mit Hilfe der ICSI-Technik gezeugt<br />
worden waren. Die Studie sollte einen Zusammenhang<br />
zwischen dieser Art der künstlichen<br />
Befruchtung und Missbildungen bei den Kindern<br />
nachweisen. Das tat sie aber nicht, auch wenn bei<br />
den ICSI-Kindern tatsächlich mehr schief gegangen<br />
war als bei natürlich Gezeugten. Die Studienleiter<br />
kamen zu dem Urteil, diese Abnormalitäten seien<br />
eher auf die größere Zahl an Früh- und Mehrlingsgeburten<br />
zurückzuführen, die man nach ICSI-<br />
Befruchtung beobachtet. Tatsächlich hatten mehr<br />
als ein Drittel der ICSI-Kinder mindestens ein Zwillings-<br />
oder gar Drillings-Geschwisterchen.<br />
Anders sieht es bei der Hypospadie aus, einer Fehlbildung<br />
der Harnröhre. In Bezug auf die Zahl der<br />
untersuchten Kinder hätten nach statistischer Wahrscheinlichkeit<br />
nur 2 Hypospadien vorliegen dürfen.<br />
Tatsächlich aber waren es 7. "Da wir Hypospadien<br />
mit Fruchtbarkeits-Problemen der Eltern in Verbindung<br />
bringen, ist ein Zusammenhang der Hypospadien<br />
mit der ICSI-Technik wahrscheinlich," wird Dr.<br />
Ulla-Britt Wennerholm, Oberärztin am Sahlgrenska<br />
Universitäts-Krankenhaus, zitiert. Dennoch möchte<br />
die Ärztin Eltern keinesfalls entmutigen, sich dieser<br />
Methode der künstlichen Befruchtung anzuvertrauen:<br />
"Im letzten Jahrzehnt sind weltweit rund 20.000<br />
Blickpunkt <strong>II</strong>/<strong>06</strong> 7
Babys auf die Welt gekommen, die mit ICSI gezeugt<br />
worden waren - und die große Mehrzahl von ihnen<br />
sind normale, gesunde Kinder."<br />
Ob durch ICSI das Risiko für eine Behinderung<br />
steigt, ist seit Einführung dieser Methode umstritten.<br />
Akupunktur: Stechen allein reicht nicht<br />
BETHESDA - Amerikanische Forscher sind dem<br />
Verständnis, wie Akupunktur funktioniert, einen<br />
Schritt näher gekommen. Sie untersuchten dazu in<br />
einer Studie den De-Qi-Effekt, der durch Manipulation<br />
(Drehen oder Auf- und Abbewegen) der Nadel<br />
nach dem Stechen ausgelöst und als essentiell für<br />
die Wirkung der Behandlung angesehen wird. Dabei<br />
scheint es, als ob das Gewebe die Nadel festhält,<br />
was der Akupunkteur als spürbaren Widerstand<br />
beim Herausziehen der Nadel wahrnimmt. Der Patient<br />
spürt das z.B. als Druck, Kribbeln oder Taubheit<br />
an der Einstichstelle. Bei den 30 Studienteilnehmern<br />
wurden von einem computergesteuerten System in<br />
jeweils 8 klassische Akupunkturpunkte und 8 zufällig<br />
Bei Kinderwunsch lohnt sich HbA1c unter 6,3 Prozent<br />
Ärzte Zeitung, 18.01.20<strong>06</strong><br />
JENA (ikr). Eine neue deutsche Studie bestätigt,<br />
wie wichtig es ist, bei jungen Diabetikerinnen<br />
bereits vor der Empfängnis und auch in der<br />
Frühschwangerschaft den Stoffwechsel gut einzustellen.<br />
Gelingt das, ist die Abort- und Fehlbildungsrate<br />
deutlich geringer als bei schlecht eingestellten<br />
Patientinnen.<br />
Die Arbeitsgruppe um die Internistin Dr. Wilgard<br />
Hunger-Dathe aus Jena hat den Verlauf von 85<br />
Schwangerschaften bei 72 Diabetikerinnen - vorwiegend<br />
Typ 1 - analysiert (Geburtsh Frauenheilk<br />
65, 2005, 1147). Außerdem wurden bei den Frauen<br />
zum Beispiel die HbA1c-Werte präkonzeptionell sowie<br />
bei bekannt werden der Schwangerschaft ausgewertet.<br />
Die Rate der Fehlbildungen bei den Kindern betrug<br />
17,6 Prozent. Dabei hatten 9,4 Prozent Minorfehlbildungen,<br />
also etwa Herzfehler, die nicht klinisch ma-<br />
Die zahlreichen Studien, die für, aber auch gegen<br />
eine solche Risikoerhöhung sprachen, fanden ihren<br />
Niederschlag in der Medical Tribune. Anhand der<br />
unten aufgeführten Artikel lässt sich diese Diskussion<br />
nach verfolgen.<br />
bestimmte Körperstellen Nadeln gestochen und gedreht.<br />
Verglichen mit Nadeln, die nach dem Stechen<br />
nicht weiter bewegt wurden, brauchte man für Nadeln,<br />
die in eine Richtung gedreht worden waren,<br />
167% und für Nadeln, die in beide Richtungen gedreht<br />
worden waren, 52% mehr Kraft zum Herausziehen.<br />
Zwischen den klassischen Akupunkturpunkten<br />
und den zufälligen Körperstellen gab es dabei<br />
keine Unterschiede. Diese Studie belegt, dass der<br />
De-Qi-Effekt tatsächlich messbar ist. Die Studienautoren<br />
vermuten, dass das Manipulieren der Nadeln<br />
biomechanische Vorgänge im Gewebe auslöst, die<br />
möglicherweise auch lang anhaltende intra- und extrazelluläre<br />
Wirkungen zufolge haben.<br />
nifest sind. Immerhin 7,1 Prozent hatten Majorfehlbildungen<br />
wie Ventrikelseptumdefekt und persistierender<br />
Ductus arteriosus. Zum Vergleich: Bei Kindern<br />
stoffwechselgesunder Mütter wird derzeit von<br />
einer Rate von Majorfehlbildungen von etwa drei<br />
Prozent ausgegangen.<br />
Diabetikerinnen mit fehlgebildeten Kindern hatten<br />
signifikant höhere HbA1c-Werte als Frauen mit gesunden<br />
Kindern (präkonzeptionell: 9,1 versus 7,5<br />
Prozent, im ersten Trimenon: 8,2 versus 7,2 Prozent).<br />
Ähnlich war es bei den Spontanaborten. Betroffene<br />
Frauen (4,7 Prozent) hatten im ersten Trimenon einen<br />
signifikant höheren HbA1c-Wert als Frauen ohne<br />
Abort (10,5 versus 7,2 Prozent). Eine gute Stoffwechseleinstellung<br />
heißt für Diabetikerinnen, die<br />
schwanger werden wollen, dass der HbA1c unter<br />
6,3 Prozent liegt, schließen Kollegen aus der Studie.<br />
Ein polyzystisches Ovarsyndrom verursacht nicht nur Schönheitsfehler<br />
Ärzte Zeitung, <strong>06</strong>.03.20<strong>06</strong><br />
Von Helga Brettschneider<br />
"Das polyzystische Ovarsyndrom ist die unbekannteste<br />
Volkskrankheit", sagt Dr. Susanne Hahn, Endokrinologin<br />
aus Wattenscheid. Mindestens eine<br />
Million Frauen in Deutschland sind nach ihren Angaben<br />
davon betroffen.<br />
Die Entstehung des polyzystischen Ovarsyndroms,<br />
kurz PCOS, ist wahrscheinlich stark genetisch bedingt,<br />
denn das Syndrom tritt familiär gehäuft auf.<br />
Typisch für das PCOS sind eine zu seltene oder fehlende<br />
Monatsblutung, erhöhte Androgen-Werte und<br />
polyzystische Ovarien. Für die Diagnose PCOS<br />
müssen zwei dieser drei Kriterien erfüllt sein.<br />
Polyzystische Ovarien liegen vor, wenn sich in jedem<br />
Ovar mindestens zwölf kleine Follikel mit einem<br />
Durchmesser von 2 bis 9 mm befinden oder das ovarielle<br />
Volumen erhöht ist, das heißt mehr als 10 ml<br />
beträgt. Die erhöhten Hormonwerte beruhen auf<br />
verstärkter Androgenbildung in Ovarien und Nebennierenrinden.<br />
8 Blickpunkt <strong>II</strong>/<strong>06</strong>
Hyperinsulinämie als Folge von Insulinresistenz<br />
treibt die Produktion weiter an. Optisch auffällig werden<br />
Frauen mit Hyperandrogenämie bei PCOS<br />
durch Akne, Haarausfall oder Hirsutismus. Nicht alle<br />
diese Symptome liegen aber bei allen PCOS-<br />
Patientinnen gleichzeitig vor. Das männliche Behaarungsmuster<br />
etwa kann das Gesicht, den Bereich<br />
um die Brustwarzen oder den Bauchbereich betreffen.<br />
Viele Frauen mit PCOS sind adipös oder insulinresistent<br />
Das Zuviel an männlichen Sexualhormonen führt<br />
nicht nur zu Schönheitsfehlern, viele Frauen mit<br />
PCOS sind zudem adipös oder haben eine Insulinresistenz.<br />
Ihr Risiko für Typ-2-Diabetes ist siebenfach<br />
erhöht, und sie entwickeln meist schon in jungen<br />
Jahren ein metabolisches Syndrom, sagte Hahn<br />
bei der Tagung der rheinlandpfälzischen Diabetologen<br />
und Endokrinologen in Mainz. Außerdem sind<br />
viele Frauen mit PCOS infertil.<br />
Insulinresistenz und metabolisches Syndrom treffen<br />
Frauen mit PCOS besonders früh. Das belegen Daten<br />
einer Studie mit 461 Frauen. Darin hatte jede<br />
zweite Frau mit PCOS einen BMI über 30 kg/m².<br />
Hyperton waren 40 Prozent. Genauso viele hatten<br />
zu niedrige HDL-Werte und 56 Prozent zu hohe<br />
LDL-Werte. Dabei betrug das mittlere Alter der untersuchten<br />
Frauen nur 28 Jahre. Zwei Drittel der<br />
Studienteilnehmerinnen hatten eine Insulinresistenz.<br />
PCOS sollte deshalb Anlass für regelmäßige Diabetes-Tests<br />
sein, sagte Hahn. Drei Prozent der jungen<br />
Frauen hatten bereits Typ-2-Diabetes. Ein Drittel<br />
erfüllte schon das Vollbild des metabolischen Syndroms<br />
- von den über 35jährigen sogar jede zweite.<br />
Vielen Frauen mit PCOS kann daher bereits eine<br />
Gewichtsreduktion helfen.<br />
Kontrazeptiva helfen bei Akne, Alopezie und Hirsutismus<br />
Bei Akne, Alopezie und Hirsutismus kommen<br />
Kontrazeptiva mit antiandrogener Wirkung in Betracht.<br />
"Sie können antiandrogene Pillen auf Kassenrezept<br />
verschreiben, wenn Sie die Diagnose dazuschreiben",<br />
so Hahn.<br />
Standard sei derzeit Cyproteronacetat, das zur Behandlung<br />
bei ausgeprägten Androgenisierungs-<br />
Erscheinungen wie Akne, Hirsutismus und Alopezie<br />
STICHWORT<br />
OAT-Syndrom<br />
zugelassen ist. Auch niedrig dosiertes Dexamethason,<br />
das unter anderem bei schweren Hauterkrankungen<br />
indiziert ist, könne bei Frauen mit polyzystischem<br />
Ovarsyndrom nützlich sein.<br />
Andere Therapien seien in Deutschland nicht zugelassen<br />
und nur als Off-label-Heilversuch möglich,<br />
sagte Hahn. Die Kosten müssten daher die Frauen<br />
tragen.<br />
Empfohlen werden etwa 100 mg Spironolacton täglich<br />
bei Hirsutismus. Bei Alopezie kommen Flutamid<br />
(62,5 mg/Tag) und Finasterid (2,5 mg/Tag) in Frage.<br />
Derartige Therapien müssten mit einer sicheren Verhütung<br />
kombiniert werden, so Hahn.<br />
Um Übergewicht, Insulinresistenz und metabolischem<br />
Syndrom zu Leibe zu rücken, sind Gewichtsreduktion<br />
und regelmäßiger Sport nötig. Geht die<br />
Insulinresistenz zurück, lindert dies auch die Hyperinsulinämie<br />
und senkt als Folge auch die Androgenspiegel.<br />
Der Zyklus bessert sich. Das genügt bei<br />
einigen Frauen, um eine Schwangerschaft zu ermöglichen.<br />
Frauen mit unerfülltem Kinderwunsch<br />
sind deshalb fürs Abnehmen und für sportliche Aktivitäten<br />
gut motivierbar.<br />
Diskutiert wird derzeit auch über eine Therapie mit<br />
Metformin bei PCOS. Metformin mindert die Insulinresistenz.<br />
Hahn dosiert einschleichend und nach<br />
Gewicht: zweimal 850 mg täglich für Frauen über 60<br />
kg, zweimal 1000 mg ab 100 kg oder einem BMI<br />
über 30. Mit einer solchen Behandlung gehen Androgenspiegel<br />
und Akne zurück, und der Zyklus<br />
normalisiert sich.<br />
Von Metformin scheinen besonders Frauen mit Kinderwunsch<br />
zu profitieren. Denn mit Metformin ist die<br />
Ovulationsrate so gut wie bei dem oft genutzten<br />
Clomiphen, aber die Rate der Frauen, die schwanger<br />
werden, ist höher. Metformin muss bei PCOS<br />
jedoch off-label verwendet werden - eine Einverständniserklärung<br />
der Frauen ist daher ratsam.<br />
Bislang gebe es keine Hinweise auf eine erhöhte<br />
Fehlbildungsrate bei Kindern von Frauen, die Metformin<br />
erhalten hatten. Dennoch rät Hahn aufgrund<br />
bislang fehlender Daten dazu, das Präparat während<br />
der Schwangerschaft abzusetzen.<br />
Das Oligo-Astheno-Terato-Zoospermie (OAT)-Syndrom ist die häufigste Fertilitätsstörung des Mannes.<br />
Dabei ist die Spermiendichte im Ejakulat vermindert (Oligozoospermie), die Beweglichkeit der Spermien<br />
beeinträchtigt (Asthenoospermie) und die Fehlbildungsrate der Spermien (Teratozoospermie) erhöht.<br />
(ner)<br />
Blickpunkt <strong>II</strong>/<strong>06</strong> 9
Infertilität bei Männern - das ist meist ein Fall für Chirurgen<br />
Ärzte Zeitung, 30.05.20<strong>06</strong><br />
Auch 15 Jahre nach einer Vasektomie werden<br />
Männer durch eine OP wieder zeugungsfähig /<br />
Kryokonservierung vor Chemotherapie empfohlen<br />
ESSEN (ner). Die Therapie von Männern mit Infertilität<br />
ist heute vor allem eine Job für Chirurgen: Sie<br />
können verschlossene Samenwege wieder öffnen<br />
oder Spermien zur künstlichen Befruchtung aus den<br />
Hoden entnehmen.<br />
Medikamentöse Therapien sind dagegen seit vielen<br />
Jahren beim Oligo-Astheno-Terato-Zoospermie<br />
(OAT)-Syndrom umstritten. In kontrollierten Studien<br />
seien weder für das nicht mehr erhältliche Kallekrein<br />
noch für Antiöstrogene positive Effekte nachgewiesen<br />
worden, so Privatdozent Herbert Sperling und<br />
seine Kollegen von der Urologischen Universitätsklinik<br />
in Essen.<br />
Auch rekombinantes FSH (Follikel stimulierendes<br />
Hormon), Androgene, Antioxidantien sowie Mastzellund<br />
Alpha-Blocker hätten nur vereinzelt zu Erfolgen<br />
geführt (Urologe 44, 2005, 1147).<br />
Dagegen hätten sich die Erfolgsraten mikrochirurgischer<br />
Eingriffe in den vergangenen 15 bis 20 Jahren<br />
wesentlich verbessert, berichtet Sperling. So liege<br />
die Schwangerschaftsrate nach Vasovasostomie,<br />
also der Vernähung der Stümpfe des Ductus deferens,<br />
um die 50 Prozent.<br />
Bei den Patienten handelt es sich heute nicht mehr<br />
so oft um Männer mit angeborenen oder erworbenen<br />
Fertilitätsstörungen wie früher, sondern bei bis<br />
zu 50 Prozent um Männer, die nach erfolgter Vasektomie<br />
wegen eines erneuten Kinderwunsches den<br />
Reife Eizellen aus der Petrischale<br />
Ein Beitrag von Ines Trams und Timm Kröger<br />
Sendedatum: ML Mona Lisa, 2. Juli 20<strong>06</strong>, 18.00<br />
Uhr; Wiederholung bei 3sat, 5. Juli 20<strong>06</strong>, 12.15 Uhr<br />
Neue Methode der künstlichen Befruchtung<br />
Kinder kriegen ist manchmal schwer. Für immer<br />
mehr Paare ist die einzige Chance auf Nachwuchs<br />
Arzt aufsuchen. Der kann ihnen auch helfen, wenn<br />
die Vasektomie mehr als zehn Jahre her ist. Die Erfolgsrate<br />
nach einem chirurgischen Eingriff ist dabei<br />
ähnlich hoch wie bei einer Vasektomie, die erst vor<br />
kurzem gemacht wurde.<br />
Erst nach 25 Jahren sinken die Chancen auf eine<br />
Schwangerschaft. Allerdings müsse auch das Alter<br />
der Partnerin beachtet werden. So wurden in einer<br />
Studie mit Männern, die sich 15 Jahre nach Vasektomie<br />
operieren ließen, 64 Prozent der Partnerinnen<br />
schwanger, wenn die Partnerin unter 30 Jahre alt<br />
war. Waren die Partnerinnen älter als 40, sank die<br />
Schwangerschaftsrate auf 28 Prozent.<br />
Erfolgsraten von 20 Prozent bei künstlicher Befruchtung<br />
Unabdingbar für den Erfolg der OP bei verschlossenen<br />
oder durchtrennten Samenwegen sei ein intensives<br />
mikrochirurgisches Training der Operateure,<br />
berichten die Essener Urologen. Dies gelte um so<br />
mehr, als bei Refertilisationen häufig ein Anschluss<br />
des Samenleiters an den samentragenden Nebenhoden-Tubulus<br />
erforderlich ist. Bei nicht obstruktiver<br />
Azoospermie ist die künstliche Befruchtung Mittel<br />
der Wahl.<br />
Dazu sollten Spermien aus verschiedenen Bereichen<br />
des Hodens entnommen werden, denn die<br />
Spermien sind in verschiedenen Bereichen unterschiedlich<br />
gereift. Die Schwangerschaftsraten liegen<br />
mit der künstlichen Befruchtung bei 20 Prozent.<br />
Junge Männer mit Tumorerkrankungen sollten vor<br />
einer Krebstherapie Samenzellen einfrieren lassen,<br />
da Chemotherapeutika und Bestrahlung zur Infertilität<br />
führen können. Die Kryokonservierung sei auch<br />
bei Heranwachsenden in der Pubertät möglich und<br />
sinnvoll, so Sperling.<br />
Patienten mit kongenitaler, bilateraler Aplasie des<br />
Vas deferens (CBAVD) sollten vor einer Fertilisationstherapie<br />
eine humangenetische Beratung in Anspruch<br />
nehmen. Denn bei CBAVD handelt es sich<br />
um eine milde Form der zystischen Fibrose. Liegt<br />
auch bei der Partnerin eine entsprechende genetische<br />
Mutation vor, ist das Mukoviszidose-Risiko für<br />
die Nachkommen erheblich.<br />
eine Befruchtung im Reagenzglas. Sie ist teuer,<br />
staatliche Hilfe begrenzt und eigene Ersparnisse<br />
sind schnell aufgebraucht. Auch ist die Hormonbehandlung<br />
extrem belastend für die Frauen. Doch<br />
jetzt gibt es eine neue Variante: die In-Vitro-<br />
Maturation.<br />
10 Blickpunkt <strong>II</strong>/<strong>06</strong>
Endlich eine Familie<br />
4300 Gramm schwer und 55 Zentimeter groß ist<br />
Denise Strauch, der lang ersehnte Nachwuchs von<br />
Sandra und Gerald Strauch. Vier Jahre lang klappte<br />
es nicht mit dem Schwangerwerden auf natürlichem<br />
Weg. Sandras Eizellen reiften nicht ausreichend. Es<br />
folgten dreieinhalb Jahre lang künstliche Versuche,<br />
Kampf und Krampf: Hormonspritzen, Kalender, Klinikaufenthalte.<br />
Gerald Strauch denkt nicht mehr<br />
gerne über diese beschwerliche Zeit nach, jetzt wo<br />
sie Tochter Denise in den Armen halten können.<br />
Eizellen reifen in der Petrischale.<br />
Ein langer Weg zum Kind<br />
Unzählige Hormonsprechstunden hatten die<br />
Strauchs in den vergangenen Jahren besucht. Da<br />
wurde Sandras Hormonspiegel bestimmt, wurden<br />
Geralds Spermien untersucht. Dann zwei künstliche<br />
Befruchtungen, bei denen sein Samen aufbereitet in<br />
ihre Gebärmutter eingesetzt wurde. Eine Odyssee<br />
ohne Erfolg. Die Alternative, eine Adoption, stand für<br />
sie jedoch nie zur Debatte. Sandra Strauch wollte<br />
ein eigenes Baby spüren, es stillen: "Ich möchte<br />
wissen, was aus uns beiden entsteht. Ein fremdes<br />
Kind könnte man auch lieb haben und aufziehen.<br />
Aber es fehlt eben ein Stück Bindung."<br />
Für wen eignet sich die Methode?<br />
Bei normaler In-vitro-Fertilisation kann es bei<br />
bis zu zehn Prozent der Frauen zu einem so<br />
genannten Überstimulationssyndrom kommen,<br />
gekennzeichnet durch eine Ansammlung von<br />
Flüssigkeit in verschiedenen Körperhöhlen.<br />
Besonders ausgeprägt ist dieses Risiko bei<br />
Patientinnen mit so genannten polyzystischen<br />
Ovarien, also bei Frauen, deren Eierstöcke<br />
viele kleine Eibläschen haben, die sich aber<br />
nicht zu einer ausreichenden Größe entwi-<br />
ckeln. Bei der In-vitro-Maturation wird die große<br />
Anzahl kleiner Eizellen dafür genutzt, auch<br />
ohne eine hormonelle Stimulation der Frau<br />
viele Eizellen für eine anschließende Befruchtung<br />
zu gewinnen. Die Chance auf eine<br />
Schwangerschaft ist somit für diese Patientengruppe<br />
recht hoch. Durch den Wegfall der<br />
hochdosierten Hormonstimulation sind die<br />
Kosten für eine solche Behandlung deutlich<br />
niedriger als bei einer normalen In-vitro-<br />
Fertilisations-Behandlung. Die In-vitro-Maturation<br />
eignet sich auch für Frauen nach einer<br />
Krebserkrankung, da sich unreife Eizellen vor<br />
der Chemotherapie entnehmen und gut konservieren<br />
lassen. Bei Patientinnen ohne polyzystische<br />
Ovarien sind die Erfolgsaussichten<br />
jedoch geringer, deshalb wird die Therapie bei<br />
ihnen mit Zurückhaltung angewandt.<br />
Im Labor der Lübecker Universitätsfrauenklinik entstand<br />
letztlich das Baby der Strauchs, mit einer<br />
neuen Methode, der In-vitro-Maturation. In einer<br />
Petrischale ließ man unreife Eizellen von Sandra<br />
Strauch rund 30 Stunden lang in einer hormonhaltigen<br />
Nährlösung heran reifen. Das Neue: Nicht die<br />
Patientin bekommt die Hormone, nur das Ei. Der<br />
Brutschrank fungiert als Eileiter. Nachteil: Nur etwa<br />
zwei Drittel der Eizellen reiften ausreichend in der<br />
Hormonlösung, so Dr. Sören von Otte von der Universitätsfrauenklinik<br />
Lübeck. Doch die Strauchs hatten<br />
Glück. Beim ersten Versuch wurde Sandra<br />
schwanger.<br />
Ultraschall im 7. Monat<br />
Genau dokumentiert<br />
Und sie erlebte eine ganz normale Schwangerschaft,<br />
die sehr aufmerksam von den Ärzten begleitet<br />
wurde. Denn noch haben sie vergleichsweise<br />
wenig Erfahrung mit der neuen In-vitro-Maturation.<br />
500 Kinder wurden bisher weltweit dokumentiert,<br />
alle entwickeln sich bislang normal. Keine erhöhte<br />
Fehlbildungsrate. Um die Methode weiter abzusichern,<br />
werden alle Schwangerschaften engmaschig<br />
kontrolliert.<br />
Risiken der In-vitro-Maturation<br />
Problematisch bei der Methode ist die Reifung<br />
der Eizellen im Reagenzglas. Nur zwei Drittel<br />
der entnommenen Eizellen reifen genügend<br />
Blickpunkt <strong>II</strong>/<strong>06</strong> 11
heran und teilen sich nach der Befruchtung.<br />
Vergleichsbeobachtungen an Tieren haben<br />
zudem ergeben, dass nach der künstlichen<br />
Eizellreifung schwerere Tiere heranreifen.<br />
Auch haben Untersuchungen an menschlichen<br />
Embryonen ergeben, dass diejenigen, die aus<br />
einer im Labor gereiften Eizelle entstanden<br />
sind, nahezu in 80 Prozent der Fälle Chromosomenschäden<br />
aufwiesen. Über dieses erhöhte<br />
Risiko sollten Eltern aufgeklärt werden. In<br />
Deutschland bieten nach Angaben der Fachgesellschaft<br />
für Gynäkologie und Geburtshilfe<br />
nur die Universitätskliniken Lübeck und Heidelberg<br />
diese neue Behandlung an.<br />
Rund 3.000 Euro haben sich die Strauchs die Versuche,<br />
schwanger zu werden, kosten lassen. Viel<br />
Kein Nachwuchs in Sicht - Was kann der Androloge tun?<br />
Medical Tribune Kongressbericht<br />
LÜBECK - Wie können auch Männer mit schwersten<br />
Störungen der Spermatogenese doch noch Vater<br />
werden? Lesen Sie, was Urologen und Reproduktionsmediziner<br />
bei männlichen Fertilitätsstörungen<br />
auf Lager haben.<br />
"In der Bundesrepublik suchen jährlich 100.000 infertile<br />
Männer ärztliche Hilfe", betonte Professor Dr.<br />
Wolfgang Weidner, Urologische Universitätsklinik<br />
Gießen. Bevor der Reproduktionsmediziner zum<br />
Zuge kommt, "sollte nach einem entsprechenden<br />
wait and see immer ein andrologisch versierter Arzt<br />
in die Diagnostik des Paares eingeschaltet werden",<br />
forderte der Androloge auf der 39. Tagung der Vereinigung<br />
Norddeutscher Urologen.<br />
An erster Stelle der andrologischen Diagnostik steht<br />
die Suche nach Störungen, bei denen eine kausale<br />
Behandlung möglich ist. Zunächst zur Varikozele<br />
testis: Durch die operative Behandlung der venösen<br />
Abflussstörung lässt sich - unabhängig vom Verfahren<br />
- die Spermaqualität verbessern, betonte der<br />
Androloge. Nach wie vor ist aber umstritten, ob eine<br />
Varikozelen-Op. tatsächlich die Schwangerschaftsrate<br />
der betreffenden Paare erhöht. Denn sowohl<br />
Alter der Partnerin als auch Zeitpunkt der Varikozelenkorrektur<br />
spielen für den "Schwangerschaftser-<br />
Ungewollt kinderlos - häufig liegt’s am Mann<br />
Ärzte Zeitung, 30.<strong>06</strong>.20<strong>06</strong><br />
Unfruchtbarkeit meist durch Störung der Spermatogenese<br />
oder Obstruktion der Samenwege /<br />
Urologische Anamnese ist wegweisend<br />
Von Thomas Meißner<br />
Jedes fünfte bis siebte Paar in den Industriestaaten<br />
ist ungewollt kinderlos, berichten Reproduktionsmediziner.<br />
Die Ursache dafür liegt jeweils zu 20 Pro-<br />
Geld für die Kindergärtnerin und den Wachmann.<br />
Fast unerträglich war die Achterbahn der Gefühle.<br />
Immer wieder Hoffnung, dann der tiefe Fall. Da hieß<br />
es immer wieder, sich gegenseitig aufbauen, sich<br />
wieder aufraffen, ablenken. Die Kraft durchzuhalten<br />
hatten am Ende nicht mehr beide. Sie wollte weiterkämpfen.<br />
Er hätte aufgegeben, wenn es mit der Invitro-Maturation<br />
nicht geklappt hätte. Nun also haben<br />
sie Denise. Anderen Paaren in ähnlicher Situation<br />
raten sie: Durchhalten! Denn auch wenn ein<br />
langer Weg hinter ihnen liegt, jetzt sind sie eine Familie.<br />
Endlich angekommen in dem normalen Leben,<br />
das sie sich so lange gewünscht haben.<br />
http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/5/0,1872,3951301,0<br />
0.html<br />
folg" möglicherweise eine Rolle, gab Prof. Weidner<br />
zu bedenken.<br />
Liegt ein Verschluss der ableitenden Samenwege<br />
vor, steht die chirurgische Therapie immer an erster<br />
Stelle, fuhr der Androloge fort. Die Chancen auf<br />
Nachwuchs auf diesem Wege sind um ein Mehrfaches<br />
besser als bei der assistierten Reproduktion.<br />
Diese kommt erst dann zum Zuge, wenn die chirurgische<br />
Korrektur nicht klappt. Dabei entnehmen die<br />
Reproduktionsmediziner Samenfäden aus dem Nebenhoden<br />
und injizieren sie anschließend mittels<br />
intrazytoplasmatischer Spermieninjektion (ICSI) in<br />
die Eizelle.<br />
Bei rund der Hälfte der sterilen Männer lässt sich<br />
kein Grund für die schlechte Spermaqualität ausmachen.<br />
Bei ihnen spricht man dann von "idiopathischer<br />
Oligo-Astheno-Teratozoospermie". Auch hier<br />
kann die Reproduktionsmedizin, in der Regel per<br />
ICSI zum Erfolg verhelfen - immerhin klappt´s so bei<br />
20 bis 30% der Paare mit dem Schwangerwerden.<br />
Die Baby-take-home-Rate, d.h., die Zahl der glücklich<br />
ausgetragenen Schwangerschaften, liegt allerdings<br />
deutlich niedriger - und jede vierte der hormonell<br />
vorbehandelten Frauen bekommt Zwillinge.<br />
zent beim Mann allein, bei weiteren 26 Prozent sowohl<br />
beim Mann als auch der Frau. Mit einer ausführlichen<br />
Anamnese kann ein Großteil der Ursachen<br />
bereits eingegrenzt werden.<br />
Bei einer solchen Befragung müssen in erster Linie<br />
erworbene Störungen der Hodenfunktion (primärer<br />
Hypogonadismus), zentral bedingte Störungen (sekundärer<br />
und tertiärer Hypogonadismus) sowie<br />
12 Blickpunkt <strong>II</strong>/<strong>06</strong>
Spermientransport-Störungen ausgeschlossen werden.<br />
Spermien versuchen in eine Eizelle einzudringen - bei<br />
manchen Paaren erfolglos. Foto: Schering AG<br />
Im Erstgespräch ist es jedoch wichtig, zunächst über<br />
den optimalen Zeitpunkt des Geschlechtsverkehrs<br />
zu sprechen sowie über die negativen Einflüsse auf<br />
die Zeugungsfähigkeit etwa von Adipositas, Nikotin,<br />
Alkohol und Koffein, empfiehlt der Urologe Privatdozent<br />
Dirk Schultheiss aus Gießen (Urologe 44,<br />
2005, 1139). Dann sollten folgende Punkte gezielt<br />
abgefragt werden, gegebenenfalls mit Hilfe eines<br />
vorgefertigten Fragebogens:<br />
• Ist ein Hodenhochstand bekannt oder ist wegen<br />
eines Maldeszensus testis früher eine Behandlung<br />
erfolgt? Die verspätete Wanderung des Hodens<br />
ins Skrotum kann nämlich zum Schwund<br />
der Ursamenzellen (Spermatogonien) führen.<br />
Ursachen männlicher Infertilität<br />
• Gab es Voroperationen am Hoden oder in der<br />
Leiste, etwa aufgrund von Hodentorsion, Hydrozele<br />
oder Leistenhernie? Nach operativen Eingriffen<br />
sind ungewollte Verletzungen oder Obstruktionen<br />
der Samenwege möglich.<br />
• Wann begann die Pubertät und wie ist sie verlaufen?<br />
Ein ungewöhnlicher Verlauf kann auf Störungen<br />
der hormonellen Regulation deuten.<br />
• Sind Geschlechtskrankheiten wie Gonorrhoe und<br />
Syphilis aufgetreten? Auch Infektionen wie eine<br />
virale Orchitis (Mumpsorchitis), eine Urotuberkulose<br />
beeinträchtigen im Nachhinein die Spermatogenese.<br />
Das gilt auch für manche Chemotherapien,<br />
etwa mit Cyclophosphamid, sowie nach<br />
Bestrahlungen. Eine erhöhte Hodentemperatur<br />
kann ebenfalls der Grund für die verminderte<br />
Spermienbildung sein, etwa bei immer wieder<br />
auftretenden fieberhaften Infekten. Daher sollte<br />
auch nach rezidivierende Bronchitiden und Sinusitiden<br />
gefragt werden.<br />
• Liegen Stoffwechselstörungen vor? Ein Diabetes<br />
mellitus kann zu Hypogonadismus, erektiler Dysfunktion<br />
und Ejakulationsstörungen führen. Niereninsuffizienz<br />
und Lebererkrankungen können<br />
ebenfalls einen Hypogonadismus auslösen.<br />
Berichten Patienten über Störungen des Seh- und<br />
Riechvermögens können dies indirekte Hinweise auf<br />
einen Hypophysentumor, ein Prolaktinom oder ein<br />
olfaktogenitales Syndrom mit Hypogonadismus sein.<br />
Bei Männern mit betont androgenem Habitus müsse<br />
auch an einen Anabolikamißbrauch gedacht wer-<br />
Die häufigste anatomische Veränderung bei infertilen Männern sind eine Varikozele oder eine abnorme<br />
Zusammensetzung der Samenflüssigkeit. Differentialdiagnostisch kommen in Betracht:<br />
1. primärer Hypogonadismus<br />
Erworbene Störung der Hodenfunktion, etwa wegen Infektionen oder nach Chemotherapie, Umweltnoxen<br />
sind nicht belegt.<br />
2. sekundärer Hypogonadismus<br />
Niedrige Gonadotropinspiegel, etwa wegen Hypophysenadenom oder wegen eines hypothalamischen<br />
Tumors.<br />
3. genetische Ursachen<br />
Mikrodeletionen am Y-Chromosom mit folgender Azoospermie oder Oligospermie, etwa Klinefelter-<br />
Syndrom.<br />
4. Störung des Spermientransports<br />
Obstruktionen oder Verschlüsse der ableitenden Samenwege, etwa nach Operation einer Leistenhernie<br />
oder durch eine angeborene beidseitige Aplasie des Ductus deferens.<br />
STICHWORT<br />
Infertilität<br />
Von Infertilität wird gesprochen, wenn eine Schwangerschaft bei regelmäßigem, ungeschützten Geschlechtsverkehr<br />
über zwölf Monate ausbleibt. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO)<br />
liegen die Ursachen für die ungewollte Kinderlosigkeit zu jeweils 20 Prozent beim Mann, zu 39 Prozent<br />
bei der Frau, zu 26 Prozent bei beiden.<br />
Bei 15 Prozent der Paare bleibt die Ursache für die Kinderlosigkeit ungeklärt. (ner)<br />
den, so Schultheiss.<br />
Dieser könne mit reduzierten Gonadotropin- und<br />
Testosteronwerten sowie einer reduzierten Spermiendichte<br />
einhergehen. Auch bestimmte Antihypertensiva<br />
und Antibiotika oder Chemikalien führen zu<br />
Fertilitätsstörungen.<br />
Blickpunkt <strong>II</strong>/<strong>06</strong> 13
Von besonderer Bedeutung sei die Sexual-<br />
Anamnese, betont der Urologe. So könne ein Libidomangel<br />
auf Störungen des Androgen- oder Prolaktinhaushalts<br />
hinweisen. Gefragt werden muss<br />
außerdem nach Ejakulations- und Erektionsstörungen,<br />
Koitusfrequenz, Schmerzen während des Koitus<br />
(Dyspareunie) sowie beruflichen und privaten<br />
Belastungen. Die Familienanamnese kann Hinweise<br />
auf genetische Belastungen geben.<br />
Urologische Untersuchung und Hormontests<br />
helfen weiter<br />
Zur weiteren Diagnostik beim Urologen gehören die<br />
genaue Untersuchung der äußeren und inneren Geschlechtsorgane<br />
und endokrinologische Untersuchungen,<br />
etwa auf LH, FSH und Testosteron, bei<br />
Gynäkomastie auch auf Prolaktin und Estradiol. Hilfreich<br />
sind auch Ejakulatuntersuchungen nach den<br />
Standards der WHO.<br />
Mit der Skrotalsonographie werden die Hodenvolumina<br />
bestimmt, Veränderungen des Hodenparenchyms<br />
und, etwa mit einem Valsalva-Manöver, eine<br />
Varikozele festgestellt. Ergänzt wird diese bildgebende<br />
Untersuchung gegebenenfalls durch eine<br />
Doppler-Sonographie zum Nachweis eines venösen<br />
Progesteron bringt Spermien auf die richtige Spur<br />
Ärzte Zeitung, 12.07.20<strong>06</strong><br />
Die Konzentration des Hormons bestimmt, welche<br />
Reaktionen der Keimzellen angekurbelt werden<br />
TITISEE (kat). Je genauer man hinschaut, desto<br />
komplexer erscheinen oftmals physiologische Vorgänge.<br />
So auch bei der Befruchtung. Heute sind<br />
Chemotaxis-Forscher überzeugt, dass physiologisch<br />
wichtige Lockstoffe wie Progesteron nicht nur darüber<br />
entscheiden, dass das Spermium sein Ziel, die<br />
Eizelle, erreicht, sondern in sequentieller Weise verschiedene<br />
Ereignisse modulieren, die der Befruchtung<br />
vorangehen.<br />
Im Laufe der vergangenen Jahre sind Wissenschaftler<br />
zu der Überzeugung gelangt, dass die Chancen<br />
eines Spermiums, die Eizelle zu erreichen, sehr gering<br />
sind, wenn sie nicht gezielt zu den Eizellen gelockt<br />
werden. An solchen Vorgängen sind meist<br />
chemische Stoffe beteiligt.<br />
Die Eizelle oder die sie umgebenden Cumuluszellen,<br />
die sie mit Nährstoffen versorgen, produzieren<br />
nicht nur bei wirbellosen Meeresbewohner, Fischen<br />
und Amphibien, sondern auch bei einigen Wirbeltieren<br />
Botenstoffe, die Spermien anlocken. Die Spermien<br />
wiederum sind in der Lage, das Konzentrationsgefälle<br />
des chemischen Lockstoffes wahrzunehmen<br />
und ihre Schwimmbewegung entsprechend<br />
anzupassen.<br />
Als vor ungefähr zehn Jahren die Suche nach den<br />
chemischen Lockstoffen für Spermien bei Menschen<br />
begann, hatte Professor Michael Eisenmann vom<br />
Weizmann Institute of Science in Rehovot in Israel<br />
Refluxes (Varikozele) oder die transrektale Sonographie,<br />
mit der Veränderungen der Prostata, der<br />
Samenblasen und der zentralen Samenwege dargestellt<br />
werden können.<br />
Dennoch kann trotz des Umfangs der Diagnostik die<br />
Ursache der Unfruchtbarkeit bei jedem zweiten infertilen<br />
Mann nicht ermittelt werden.<br />
FAZIT<br />
Die Klärung der Ursachen bei männlicher Sterilität<br />
ist aufwendig. Entscheidende Weichen bei der Suche<br />
nach Ursachen werden bereits durch die Anamnese<br />
gestellt.<br />
Im Wesentlichen muss zwischen der Störung der<br />
Spermatogenese und der Obstruktion von Samenwegen<br />
differenziert werden. Lediglich bei etwa 50<br />
Prozent der betroffenen Männer wird eine eindeutige<br />
Ursache für die Sterilität gefunden.<br />
Webhinweis: Die aktuellen europäischen Leitlinien<br />
zur Diagnostik und Therapie bei männlicher Infertilität<br />
gibt es im Internet unter www.uroweb.org (Link:<br />
Publications/Guidelines)<br />
schon einmal Progesteron als möglichen Kandidaten<br />
untersucht. Damals mit negativem Ergebnis. Wie<br />
sich jetzt herausstelle, war damals im falschen Konzentrationsbereich<br />
geforscht worden. Denn wie man<br />
heute weiß, wirkt Progesteron im mikromolaren Bereich<br />
anders als in eine Million Mal geringerer Konzentration,<br />
also im picomolaren Bereich.<br />
Wettlauf der Spermien ist nur im Uterus von Bedeutung<br />
Bei der diesjährigen Titisee-Konferenz "Mechanisms<br />
of Chemotaxis" des Boehringer Ingelheim Fonds<br />
(BIF) stellte Professor Laura Giojalas de Carranza<br />
aus Cordoba in Argentinien ihre aktuellen Forschungsdaten<br />
dazu vor. Der BIF ist eine Stiftung zur<br />
Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses.<br />
De Carranzas Daten zufolge scheint der Wettlauf<br />
der Spermien nur im Uterus von Bedeutung zu sein.<br />
Nur etwa ein Spermium von einer Million Spermien<br />
erreicht den Ovidukt.<br />
Und auch von diesen, durch eigenen Antrieb und<br />
Muskelkontraktionen an den Beginn des Tubus gelangten<br />
Spermien können nur etwa zehn Prozent die<br />
Cumulusschicht durchdringen, an den Rezeptor der<br />
Eihülle binden, die Eihülle durchdringen und mit<br />
dem Zellkern verschmelzen. Die Reifung im unteren<br />
Isthmusabschnitt ist dafür entscheidend.<br />
Nur Spermien, die die Fähigkeit zur Thermo- und<br />
Chemotaxis erwerben, meistern den entscheidenden<br />
Teil der Reise erfolgreich. Thermotaxis, also die<br />
Wahrnehmung von Temperatur-Unterschieden, ist<br />
für den ersten Teil des Weges den Isthmus hinauf<br />
wichtig, Chemotaxis für die letzte Wegstrecke (Nat<br />
Rev 7 / 4, 20<strong>06</strong>, 276).<br />
14 Blickpunkt <strong>II</strong>/<strong>06</strong>
Es ist inzwischen belegt, dass Cumuluszellen Progesteron<br />
synthetisieren und sezernieren. Auf die<br />
größte Distanz - also in picomolarer Konzentration -<br />
dient Progesteron der Chemotaxis. In nanomolarer<br />
Konzentration leitet es molekulare Vorgänge im<br />
Spermienkopf ein, mit denen das Eindringen des<br />
Spermiums in das Ei vorbereitet wird. In mikromolarer<br />
- größter - Konzentration schließlich beschleunigt<br />
es die Rotation der Spermium-Geißel. Damit verbessern<br />
sich die Chancen des Spermiums, die stark<br />
visköse Cumulusschicht zu durchdringen.<br />
STICHWORT<br />
Chemotaxis<br />
Neues Einfrier-Verfahren für Eizellen<br />
WZ 21.<strong>06</strong>.20<strong>06</strong><br />
Prag (dpa). Japanische Forscher haben ein neues<br />
Verfahren zum Einfrieren unbefruchteter Eizellen<br />
entwickelt. Die "Kryotop"-Methode friert Eizellen in-<br />
Frauenärzte wollen Gesetzesänderung bei Embryoschutz<br />
Ärzte Zeitung, 21.09.20<strong>06</strong><br />
"Mütter nach IVF gefährdet"<br />
BERLIN (ner). Frauenärzte und Reproduktionsmediziner<br />
haben die Justizminister der Länder zu einer<br />
liberalen Auslegung oder einer Änderung des Embryonenschutzgesetzes<br />
(ESchG) aufgefordert. Die<br />
derzeitige Rechtspraxis gefährde die Gesundheit<br />
vieler Mütter und Neugeborenen nach künstlicher<br />
Befruchtung. Fortschritte der Reproduktionsmedizin,<br />
wie sie im Ausland bereits angewendet werden,<br />
würden hierzulande durch das ESchG verhindert.<br />
In einem Brief an die Länder-Justizminister fordern<br />
die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe<br />
(DGGG) sowie der Dachverband für Reproduktionsbiologie<br />
und -medizin (DVR) eine "angepasste<br />
Auslegung" des ESchG. Dieses verbietet bei<br />
der In-vitro-Fertilisation (IVF) bislang die Erzeugung<br />
von mehr als drei Embryonen und die gezielte Auswahl<br />
eines oder zweier dieser Embryonen zur Übertragung<br />
in die Gebärmutter.<br />
Im Ausland wird oft nur noch ein Embryo übertragen<br />
International setze sich der Einzeltransfer jener<br />
Embryonen mit dem besten Entwicklungspotential<br />
durch, sagte Professor Klaus Diedrich aus Lübeck<br />
beim DGGG-Jahreskongress in Berlin. Dadurch<br />
Spermien, die erfolgreich den Reifungsvorgang<br />
durchlaufen haben, können mit Hilfe der Thermooder<br />
Chemotaxis von anderen Spermien unterschieden<br />
werden. Das könnte künftig helfen, vor<br />
einer In-vitro-Fertilisation eine bessere Selektion der<br />
fitten Spermien zu erzielen und damit die Erfolgsrate<br />
zu erhöhen.<br />
Als Chemotaxis wird die Eigenschaft freibeweglicher Organismen - Bakterien, aber auch verschiedene<br />
Körperzellen wie Leukozyten - definiert, auf chemische Stoffe oder deren Konzentrationsunterschiede<br />
durch eine gerichtete Bewegung darauf zu oder davon weg zu reagieren. Bakterien zum Beispiel werden<br />
dadurch angelockt oder abgestoßen. Sie reagieren auf Aminosäuren und schwimmen darauf zu, aber<br />
auch auf Zucker wie Glukose oder auf Sauerstoff. Leukozyten reagieren auf Bakteriengifte und werden<br />
durch sie bei der Eiterbildung angelockt. Und Spermien von Menschen werden von Progesteron und vom<br />
Duftstoff Bourgeonal (Maiglöckchen-Duft) angelockt. Auch atriales natriuretisches Peptid ist als Auslöser<br />
einer Chemotaxis bei Spermien bekannt. Vermutlich gilt dies auch für Heparin und Hyaluronsäure.<br />
nerhalb einer Sekunde von einer Plustemperatur auf<br />
minus 180 Grad Celsius ein und beugt damit der<br />
Bildung von Eiskristallen vor, die bisher die Eizelle<br />
oft zerstört hatten.<br />
würden Mehrlingsschwangerschaften vermieden. In<br />
Deutschland liegt deren Rate nach IVF aktuell bei<br />
25 Prozent.<br />
Mehrlingsschwangerschaften führen vermehrt zu<br />
Gestosen, Frühgeburten sowie Entwicklungsstörungen<br />
bei den Kindern und gefährden zudem die Mütter.<br />
Mit der Übertragung von nur einem Embryo<br />
können mindestens ebenso gute Schwangerschaftsraten<br />
erreicht werden wie mit der Implantation mehrerer<br />
Embryonen. Bis zu 40 Prozent der Schwangerschaften<br />
werden erfolgreich ausgetragen.<br />
Präimplantationsdiagnostik ist für Auswahl nicht<br />
erforderlich<br />
Die Reproduktionsmediziner haben juristische Gutachten<br />
eingeholt, wonach das ESchG so interpretiert<br />
werden könne, dass zunächst nur ein oder zwei<br />
Embryonen übertragen werden. Überzählige Embryonen<br />
könnten kryokonserviert und gegebenenfalls<br />
bei weiteren Reproduktionsversuchen verwendet<br />
werden. Eine Präimplantationsdiagnostik zur Embryo-Auswahl,<br />
die in Deutschland verboten ist, sei<br />
nicht nötig, hieß es. Die morphologische Beurteilung<br />
unterm Mikroskop reiche aus.<br />
Das ESchG steht unter<br />
http://bundesrecht.juris.de/eschg/index.html<br />
Blickpunkt <strong>II</strong>/<strong>06</strong> 15
Kinderwunsch und Recht<br />
Adoption in Deutschland<br />
Professur für Soziologie, Prof. Dr. Christiane Bender<br />
http://www.hsuhh.de/bender/index_yXN0zFbu55H5ZBl6.html#_top<br />
Stand dieser Seite: 23.10.20<strong>06</strong> - 11:01:46 (Anne<br />
Tessier)<br />
„Deutschland soll ein Land werden, das Kinder<br />
stärker annimmt.“(Familienministerin U. v. d.<br />
Leyen) Bezieht sich dieser Wunsch auch auf die<br />
Adoption von Kindern aus dem Ausland?<br />
Einer in Hamburg ansässigen Adoptionsvermittlung,<br />
die in den letzten Jahren über 1000 Kinder, vorwiegend<br />
aus Vietnam, an Eltern in Deutschland vermittelte,<br />
wurde im Sommer 20<strong>06</strong> die Erlaubnis entzogen.<br />
Die Staatsanwaltschaft ermittelte wegen Kinderhandel<br />
und Untreue. Der Fall gibt Anlass, über<br />
die hierzulande üblichen Procedere der Adoption<br />
von Kindern aus dem Ausland nachzudenken.<br />
Wer ein Kind adoptieren will, wendet sich zunächst<br />
an das örtliche Jugendamt. Dort erfahren die Interessenten,<br />
dass nur wenige Kinder aus Deutschland<br />
zur Vermittlung freigegeben werden. Die Gründe<br />
sind vielfältig: Die Geburtenrate sinkt. Angebote zur<br />
Unterstützung von Familien<br />
mit Schwierigkeiten,<br />
sich um ihre Kinder zu<br />
kümmern, wurden erweitert.<br />
Für Kinder, die nicht<br />
von ihren leiblichen, noch lebenden Eltern erzogen<br />
werden können, bevorzugen die Behörden Heimerziehung<br />
oder Pflegeelternschaft. Beides sind Konzepte,<br />
die, im Unterschied zur Adoption, „einen Weg<br />
zurück“ ermöglichen. Regelmäßige Zusammenkünfte<br />
zwischen dem Jugendamt, den Kindern,<br />
den leiblichen und den sozialen Eltern halten in der<br />
Tat den Rückweg offen.<br />
Obwohl die Zahl der Adoptionsbewerber steigt, ist<br />
die Adoptionsrate in Deutschland rückläufig. Daher<br />
nimmt das Interesse an Auslandsadoptionen deutlich<br />
und ungebrochen zu. Bis zur Revision des Adoptionsrechts<br />
im Jahre 2002 wurden zunehmend<br />
Kinder aus dem Ausland adoptiert. Die Behörden<br />
entmutigen jedoch die meisten Adoptionswilligen,<br />
sie ermutigen sie nicht.<br />
Für viele Interessenten wird der Kontakt mit den Behörden<br />
zur Hürde, an der sie rasch scheitern. Die<br />
Sozialarbeiter, die die Eignungsgespräche durchführen<br />
und den für das Adoptionsverfahren erforderlichen<br />
Sozialbericht anfertigen, legen die gesetzlichen<br />
Bestimmungen des Adoptionsrechts (Alter,<br />
Familienstatus, Einkommensverhältnisse) oftmals<br />
sehr eng aus. Lange Verfahren schrecken zudem<br />
die Bewerber ab.<br />
Kein Sonnenstrahl kann herrlicher leuchten,<br />
kein Wunder vollkommener sein - als ein Kind.<br />
Wo liegen die Gründe für die Zurückhaltung der Behörden,<br />
die letztlich zum Zustrom der Interessenten<br />
zu den privaten Vermittlern führt? In der Vergangenheit<br />
waren die Adoptionsverfahren durch die Arbeitsteilung<br />
zwischen dem Staat, der kontrolliert, und den<br />
Verbänden, die organisieren, gekennzeichnet. Inzwischen<br />
erfordern die nationalen und internationalen<br />
Übereinkünfte (u.a. die UN-Konvention über die<br />
Rechte des Kindes, die Haager Konvention zur Auslandsadoption)<br />
ein stärkeres staatliches Engagement<br />
und eine intensivierte Zusammenarbeit zwischen<br />
den Behörden des Herkunftslandes des Kindes<br />
und dem Aufnahmeland. Bislang mangelte es<br />
bei vielen mit Adoptionen befassten Sozialarbeitern<br />
an professionellen Kompetenzen und an Erfahrungen.<br />
Seit der Umsetzung des Adoptionsvermittlungsgesetzes<br />
von 2002 hat sich die Lage verbessert,<br />
neue, fachlich qualifizierte, Zuständigkeiten<br />
sind geschaffen worden. Dennoch fehlen bei Auslandsadoptionen<br />
häufig Informationen über die Lebensverhältnisse<br />
der Kinder in den Herkunftsländern,<br />
über die dort geltenden Gesetze und über die<br />
internationalen Richtlinien.<br />
Familienpolitisch wird zumeist<br />
eisern am Bild der<br />
klassischen, materiell abgesicherten<br />
„Hausfrauen-<br />
Familienernährer-Ehe“ als<br />
maßgebende Norm für geeignete Elternschaft festgehalten,<br />
obwohl die Formen des Zusammenlebens<br />
von Familien vielfältiger geworden sind. Bewerber<br />
spüren, dass sie an überkommenen Idealvorstellungen<br />
gemessen werden, die ihren Lebensverhältnissen<br />
nicht mehr angemessen sind. Vorbehalte<br />
bleiben oft latent und werden selten so offen<br />
ausgesprochen wie ich sie zu hören bekam: „Es ist<br />
besser, wenn ein Kind in seinem Herkunftsland<br />
stirbt, als dass es einen Kulturschock im Aufnahmeland<br />
erleidet“. „Kinder mit „gelber“ Farbe kann man<br />
noch akzeptieren, aber auf keinen Fall „schwarze“<br />
Kinder.“ „Wer bis 40 Jahre nicht an Kinder gewöhnt<br />
ist, kann nicht gute Eltern werden.“<br />
In der Ablehnung von Auslandsadoptionen mischen<br />
sich linke wie rechte Ideologien: Die Kinder in der<br />
„dritten“ Welt sollen – so die linke Position – in ihrer<br />
eigenen Kultur bleiben, ihnen sollen keine westlichen<br />
Werte und Erziehungsstile anerzogen werden.<br />
In dieser Argumentation wird die grundlegende Bedeutung<br />
des Zugangs zu gesunder Ernährung, zu<br />
medizinischer Versorgung und zu Bildung für die<br />
menschliche Existenz ausgeblendet. Das können<br />
aber viele arme Länder, auch wenn ihre Prognosen<br />
für die Zukunft gut sind, den derzeit lebenden Gene-<br />
16 Blickpunkt <strong>II</strong>/<strong>06</strong>
ationen von Kindern nicht bieten! Oftmals wird von<br />
Kritikern der Auslandsadoptionen auf die Familienbindungen<br />
der Kinder vor Ort verwiesen. Bestehen<br />
solche Bindungen, dürften sie nicht zerstört werden,<br />
aber häufig sind es Armut und Unterversorgung, die<br />
die Familien und die Bedingungen für eine günstige<br />
kindliche Entwicklung behindern. Die Bekämpfung<br />
der Armut, die Verhinderung von Bürgerkriegen, die<br />
Förderung der Bildung der Frauen und der Akzeptanz<br />
von Mädchen sind unverzichtbare langfristig<br />
angelegte politische Programme, die von kollektiven<br />
nationalen und internationalen Akteuren betrieben<br />
werden; Adoption dagegen ist eine individuelle biographische<br />
Lösung. Beides sind verschiedene Ebenen,<br />
die nicht miteinander zu vermischen, aber auch<br />
nicht gegeneinander auszuspielen sind. Die meisten<br />
Adoptionseltern bleiben jedoch den Herkunftsländern<br />
ihrer Kinder verbunden.<br />
Die eher rechts angesiedelte Position rekurriert zwar<br />
nicht mehr auf rassische Unterschiede und Unverträglichkeiten,<br />
sondern auf die Unterschiede der<br />
Gene, die ein Zusammenleben mit ausländischen<br />
und ausländisch aussehenden Kindern, ihrem Temperament<br />
und ihren charakterlichen Dispositionen<br />
erschwere. Eine „private Einbürgerung“ soll verhindert<br />
werden. Dagegen lässt sich nur darauf verweisen,<br />
dass auch deutsche Kinder unterschiedlichen<br />
Temperaments sind, dass Unterschiede eine Chance<br />
der sozialen Bereicherung bieten und dass Verhaltensnormen<br />
nicht vererbt, sondern erlernt werden.<br />
Hinzu kommt, dass jede Abweichung von der<br />
Norm der biologischen Elternschaft und das Konzept<br />
der sozialen Elternschaft auch aufgrund des<br />
Primats des Elternrechts gegenüber dem Kindesrecht<br />
mit größter Skepsis betrachtet werden. Viele,<br />
nicht alle Adoptivkinder sind krank. Ihnen könnte bei<br />
uns geholfen werden. Später werden sie die Renten<br />
ihrer Eltern erwirtschaften!<br />
Die meisten Menschen, die sich für Adoption entscheiden,<br />
fühlen, was neuerdings wieder in Sonntagsreden<br />
zu hören ist, dass Sinnerfüllung und Lebensglück<br />
aus einem gemeinsamen Leben mit Kindern<br />
erwachsen. In großer Zahl sind es Menschen,<br />
die gemäß eines hohen Verantwortungsbewusstseins<br />
einen materiellen, risikominimierten Rahmen<br />
geschaffen haben, ehe sie versuchen, ihren Kinderwunsch<br />
zu realisieren. Das kostet in Deutschland<br />
sehr viel Zeit, bei langen Ausbildungszeiten, bei unsicheren<br />
Einstiegspositionen in die Arbeitswelt und<br />
bei steigenden beruflichen Mobilitätsanforderungen,<br />
aber auch bei längeren Suchphasen, den richtigen<br />
Partner zu finden. Der Kinderwunsch lässt sich dann<br />
oftmals nur noch auf dem Weg der Adoption realisieren.<br />
Warum sollten sich diese Menschen von<br />
zweifelhaften Ideologien „bremsen“ lassen?<br />
Die Zurückhaltung der Behörden, effiziente Strukturen<br />
zur Adoption von Kindern aus dem Ausland zu<br />
schaffen, treibt die Interessenten in die Arme von<br />
offiziell anerkannten oder informell tätigen Adoptionsvermittlungen,<br />
Vereinen oder privaten Agenturen,<br />
die oftmals weder professionell noch uneigennützig<br />
tätig werden. In der Vergangenheit haben die<br />
Verbände der Kirchen dieses Feld dominiert und<br />
konnten ihre familienpolitischen Ideen durchsetzen.<br />
Nun sind hier unterschiedliche Organisationen tätig,<br />
die zwar, sofern sie offiziell arbeiten, den rechtlichen<br />
Auflagen entsprechen, aber dennoch über genug<br />
Spielräume für eigene Interpretationen und Strategien<br />
verfügen. Untereinander stehen sie in Konkurrenz.<br />
Die Alteingesessenen mögen die Newcomer<br />
nicht und umgekehrt. Im Unterschied zu den Behörden<br />
haben viele dieser Organisationen ein monetäres<br />
Interesse an der Adoptionsvermittlung, denn sie<br />
finanzieren über ihre Einkünfte teilweise oder ausschließlich<br />
ihre Einrichtung, ihr Personal, ihre Honorare.<br />
Damit kommen Marktelemente ins Spiel. Zumeist<br />
haben nur zahlungskräftige Nachfrager eine<br />
Chance, ein Kind vermittelt zu bekommen. Die Bewerber<br />
zahlen, um dem Verein beizutreten, sie zahlen<br />
für die Akte, die über sie angelegt wird, sie zahlen<br />
für Gutachten, die von der Organisation über sie<br />
angefertigt werden, von den Kosten für die Durchführung<br />
der Adoption noch gar nicht zu reden. Am<br />
Ende heißt es in vielen Fällen, die Betreffenden seien<br />
noch nicht reif genug oder ein passendes Kind<br />
sei nicht vorhanden. Transparenz des Verfahrens ist<br />
selten gegeben. Enttäuschte wenden sich dann an<br />
die nächste Organisation und versuchen es aufs<br />
Neue.<br />
Einige Adoptionsvermittlungen haben gute Beziehungen<br />
zu Abgeberstaaten, oftmals aber sind diese<br />
Kontakte äußerst labil und von bestimmten Personen<br />
auf beiden Seiten abhängig, beispielsweise von<br />
engagierten ehrenamtlichen Mitgliedern in den Vereinen,<br />
von Direktoren der Kinderheime und Beschäftigten<br />
in den Konsulaten der jeweiligen Länder. Bei<br />
den Ansprechpartnern in den Organisationen handelt<br />
es sich häufig um Personen, die selbst Kinder<br />
adoptiert und auf diesem mühsamen Weg eigene<br />
Netzwerke gesponnen haben. Erfahrungen werden<br />
zusammengetragen und weitergegeben. Frauen,<br />
engagierte Adoptionsmütter und Missionarinnen in<br />
Sachen Auslandsadoption bekommen plötzlich<br />
„Goldgräberfieber“: Warum nicht aus dem informellen<br />
Dasein heraustreten, offiziell einen Verein gründen,<br />
staatliche Fördergelder beantragen, die eigenen<br />
Erfahrungen nutzen, andere Interessenten beraten<br />
und davon den eigenen Lebensunterhalt<br />
bestreiten? Räume werden angemietet, Rechtsanwälte,<br />
Sozialarbeiter und Psychologen eingestellt,<br />
laufende Kosten, Gehälter, Honorare und Spesen<br />
fallen an. Erfolge in der Vermittlung sprechen sich<br />
herum. Die Nachfrage nimmt zu, der Organisationsgrad<br />
wächst, die Kosten steigen, das Produkt, die<br />
Vermittlung eines Kindes, wird teurer. Zusätzliche<br />
Projekte werden initiiert, um die Nachfrage zu decken,<br />
nicht alle gelingen, Kontakte reißen wieder ab.<br />
Neue Partner vor Ort müssen gefunden werden, die<br />
den Kontakt zu den Behörden herstellen, die Übersetzungsdienste<br />
leisten, die die Wunscheltern begleiten,<br />
die für die Unterbringung der Kinder während<br />
der vorgeschriebenen Bedenkzeit sorgen –<br />
leicht kann hier der Überblick verloren gehen, mit<br />
wem man eigentlich zusammenarbeitet. Die Risiken<br />
und die tendenzielle Überforderung des Personals<br />
Blickpunkt <strong>II</strong>/<strong>06</strong> 17
nehmen zu, ohne dass das Management dadurch<br />
professioneller wird. Kommt es nicht zur Vermittlung,<br />
versuchen es die Bewerber erneut, diesmal<br />
über rein kommerzielle Agenturen oder über Anwälte<br />
in entsprechenden Ländern, deren Adressen sie<br />
inzwischen erhalten haben.<br />
Was ist zu tun? Kinder dürfen auf keinen Fall zur<br />
Ware und gehandelt werden. Die Kontrollen auf nationaler<br />
und internationaler Ebene, vor allem für<br />
Länder, in denen die Behörden nicht zuverlässig<br />
arbeiten, können nicht scharf genug sein. Organisationen<br />
wie der Internationale Sozialdienst müssten<br />
sehr viel unterstützender und effizienter tätig werden<br />
und eine klare Alternative für Adoptionswillige zu<br />
intransparent agierenden Vereinen und Agenturen<br />
darstellen. Die Jugendämter sollten Adoptionswillige<br />
Repromediziner gründen eigene Ethikkommission<br />
Ärzte Zeitung, 28.09.20<strong>06</strong><br />
BERLIN (eb). Die Deutsche Gesellschaft für Reproduktionsmedizin<br />
(DGRM) hat eine eigene Ethikkommission<br />
gegründet. Das zwölfköpfige, interdisziplinär<br />
besetzte Gremium will in regelmäßigen Abständen<br />
in Positionspapieren Stellung zu kontrovers<br />
diskutierten reproduktionsmedizinischen Verfahren<br />
nehmen.<br />
Info Bayrische KK Erfolgsmodell Zahlung für Internet und BP<br />
Betriebskrankenkassen und Reproduktionsmediziner<br />
in Bayern verbessern die Behandlung<br />
von Paaren mit unerfülltem Kinderwunsch<br />
Die Zahl der künstlichen Befruchtungen hat sich von<br />
2003 auf 2004 mehr als halbiert. Pro Jahr werden<br />
deshalb allein in Bayern mehrere hundert Kinder<br />
weniger geboren. Und immer mehr Paare mit Kinderwunsch<br />
werden mit vermeintlich hohen Erfolgsraten<br />
unter fragwürdigen Konditionen ins benachbarte<br />
Ausland gelockt. Ursächlich für diese Entwicklung ist<br />
auch der enger gewordene Spielraum für gesetzliche<br />
Krankenkassen, eine künstliche Befruchtung<br />
finanziell zu unterstützten. Seit 2004 können gesetzliche<br />
Krankenkassen noch bei maximal drei Befruchtungsversuchen<br />
höchstens die Hälfte der anfallenden<br />
Kosten übernehmen. Bis dato konnten die<br />
Krankenkassen bis zu vier Befruchtungsversuche<br />
voll finanzieren.<br />
Um mehr Paaren, die ohne künstliche Befruchtung<br />
keine eigenen Kinder bekommen können, ihren Kinderwunsch<br />
zu erfüllen, haben die bayrischen Reproduktionsmediziner<br />
jetzt einen Vertrag zur integrierten<br />
Versorgung mit dem Landesverband der Betriebskrankenkassen<br />
in Bayern geschlossen. Dieser<br />
sieht vor, dass auf Basis einer geringeren Grundvergütung<br />
die Leistung der Reproduktionsmediziner<br />
erfolgsabhängig, im Fall einer tatsächlich eingetretenen<br />
Schwangerschaft von den Betriebskrankenkassen<br />
vergütet wird. Die Selbstverpflichtung der<br />
Ärzte, den Erfolg ihrer Behandlung messen und zum<br />
ermutigen und nicht entmutigen. Wenn sie selbst<br />
nicht daran glauben, dass Deutschland mit Kindern,<br />
die im Ausland geboren wurden, zu einem reicheren<br />
Land wird, können sie eine solche Haltung auch<br />
schwer vermitteln. Optimismus benötigen die Eltern<br />
jedoch für das Auffangen der Probleme, mit denen<br />
Kinder anderer Hautfarbe noch immer in Deutschland<br />
konfrontiert werden, auch der Identitätskrisen,<br />
die Adoptivkinder, wie alle Jugendliche, möglicherweise<br />
aber komplizierter, durchleben. So sollten<br />
Gespräche mit potenziellen Eltern auch zur Sensibilisierung<br />
für die Belange älterer und kranker Kinder<br />
geführt und dabei klargestellt werden, dass Adoption<br />
nicht der Weg zum Erwerb eines Bilderbuchkinds<br />
ist.<br />
Bislang habe es kein angemessenes Forum gegeben,<br />
in dem die moralischen, rechtlichen und sozialen<br />
Implikationen moderner Reproduktionsmedizin<br />
erörtert worden sind, sagte DGRM-Präsident Professor<br />
Hans-Rudolf Tinneberg gestern.<br />
Weitere Informationen unter: www.repromedizin.de<br />
Maßstab für das eigene Einkommen werden zu lassen,<br />
ist in der deutschen Medizin unüblich, aber vor<br />
allem für die Patienten ein Gewinn: Einerseits ist die<br />
finanzielle Belastung für die Patientin durch die abgesenkte<br />
Grundvergütung deutlich niedriger als bei<br />
der herkömmlichen Behandlung, die Patientin spart<br />
pro Zyklus ca. 150 Euro. Andererseits hat der Arzt<br />
einen höheren Anreiz, qualitativ hochwertige Arbeit<br />
zu leisten, da er die Erfolgsprämie von der Krankenkasse<br />
nur erhält, wenn die Patientin tatsächlich<br />
schwanger wird.<br />
Neben diesen finanziellen Anreizen sind weitere<br />
Maßnahmen zur Qualitätssteigerung vereinbart<br />
worden, so wird dem Risiko einer Drillingsschwangerschaft,<br />
die mit einem hohen Risiko für Mutter und<br />
Kinder einhergeht und häufig zu Komplikationen bis<br />
hin zu Fehlgeburten führt dadurch begegnet, dass<br />
pro Zyklus maximal zwei, und nicht wie sonst üblich<br />
bis zu drei Embryonen in die Gebärmutter eingepflanzt<br />
werden.<br />
Um die Wahrscheinlichkeit der Geburt eines gesunden<br />
Kindes weiter zu steigern, wird die Zusammenarbeit<br />
des Reproduktionsmediziners mit den betreuenden<br />
niedergelassenen Gynäkologen intensiviert<br />
und erstmals auch die kinderärztliche Erstbetreuung<br />
der Neugeborenen nach künstlicher Befruchtung<br />
einbezogen. Frauen, die nach einer künstlichen Befruchtung<br />
schwanger geworden sind, haben eine<br />
erhöhtes Risiko eine Fehlgeburt zu erleiden und benötigen<br />
eine besondere Behandlung. Diese wird<br />
18 Blickpunkt <strong>II</strong>/<strong>06</strong>
durch die Zusammenarbeit der Reproduktionsmediziner<br />
mit den behandelnden Gynäkologen sichergestellt.<br />
Dank der im Rahmen des Projektes ausgearbeiteten<br />
Therapierichtlinien, welche auf die speziellen<br />
Bedürfnis dieser Schwangeren ausgerichtet<br />
sind, können die werdenden Mütter nach der künstlichen<br />
Befruchtung von ihren Frauenärzten weiterbehandelt<br />
werden; ein Wechsel des Gynäkologen ist<br />
nicht erforderlich.<br />
Eine weitere Besonderheit der integrierten Versorgung<br />
besteht in der lückenlosen Therapie-<br />
Dokumentation, die der Patientin nach Abschluss<br />
der Behandlung ausgehändigt wird. Diese gibt nicht<br />
nur der Patientin eine übersichtliche Darstellung aller<br />
erbrachten Leistungen, sie ermöglicht darüber<br />
Gesetzeslücke im ESchG?<br />
Focus Nr. 2 (09.01.20<strong>06</strong>), Seite 15:<br />
Zitat: Gesetzeslücken-Kinder<br />
Dank einer Lücke im ESchGesetz können sich unfruchtbare<br />
Frauen den Kinderwunsch durch gespendete<br />
Eizellen erfüllen - obwohl hierzulande sowohl<br />
Eizellspenden als auch die Einfuhr im Ausland<br />
gespendeter Eizellen verboten sind. Zu einem Embryo<br />
entwickelt, darf eine befruchtete Eizelle impor-<br />
hinaus eine kontinuierliche Qualitätsverbesserung<br />
der ärztlichen Behandlung.<br />
Weitere Informationen zu dem hier beschriebenen<br />
Vertrag sowie zu den Teilnahmevoraussetzungen<br />
erhalten Sie bei der<br />
ReproMed Service GmbH<br />
Nürnberger Str. 39<br />
95448 Bayreuth<br />
Einmal sterilisiert – für immer kinderlos? – aktuelle Urteile<br />
Der nachfolgende Artikel beschäftigt sich mit dem<br />
Problem, ob nach einer durchgeführten Sterilisation<br />
eine Maßnahme der künstlichen Befruchtung auf<br />
Kosten der gesetzlichen Krankenkassen durchgeführt<br />
werden kann, bzw. ob die Kosten als sog. außergewöhnliche<br />
Belastung steuerlich geltend gemacht<br />
werden können. Kurz hintereinander habe<br />
zwei unterschiedliche Bundesgerichte (Bundessozialgericht<br />
und Bundesfinanzhof) beide Fragen mit<br />
ähnlich lautender Begründung verneint.<br />
Der den Gerichtsentscheidungen zugrunde liegende<br />
Sachverhalt war in beiden zu entscheidenden Fällen<br />
im wesentlichen gleich: Die jeweils Betroffenen waren<br />
mit anderen Ehepartnern verheiratet und wurden<br />
später geschieden. Im Laufe der Ehe entschlossen<br />
sie sich, eine Sterilisation vorzunehmen. Die Gründe<br />
für die Durchführung dieser medizinischen Maßnahme<br />
waren in beiden Fällen nicht bekannt. Nach<br />
der Scheidung entschlossen sich beide Betroffenen,<br />
wieder zu heiraten und mit dem neuen Partner Kinder<br />
zu bekommen. Da dies aufgrund der durchführten<br />
Sterilisation nur im Rahmen einer künstlichen<br />
Befruchtung möglich war, beantragten sie die Kostenübernahme<br />
durch die Krankenkasse, bzw. die<br />
Anerkennung als außergewöhnliche Belastung im<br />
Sinne des Einkommensteuerrechts.<br />
Das Bundessozialgericht (im weiteren: BSG) hat in<br />
seiner Entscheidung vom 22.3.2005 (Aktenzeichen:<br />
B 1 KR 11/03 R) die Kostenübernahme durch die<br />
gesetzlichen Krankenkassen abgelehnt. Grundsätz-<br />
Tel.: 0921 – 745443-0<br />
Fax: 0921 – 745443-29<br />
E-Mail: gabriela.wierer@oberender-online.de<br />
oder im Internet auf den Patientenseiten des Berufsverbands<br />
der Reproduktionsmediziner in Bayern<br />
unter www.br-bayern.de .<br />
tiert werden, erklärt der Düsseldorfer Medizinrechtler<br />
Karl-Heinz Möller in einem aktuellen Memorandum.<br />
"Im Ausland befruchtete und tiefgefrorene Embryonen<br />
dürfen in Deutschland implantiert werden."<br />
"Die ersten Frauen nutzen die Lücke bereits", bestätigt<br />
der Essener Reproduktionsmediziner Thomas<br />
Katzorke.<br />
lich fällt die Kostenerstattung für künstliche Befruchtungen<br />
mittels ICSI unter die Leistungen im Sinne<br />
von § 27 a Abs.1 SGB V. Dabei spielt es auch keine<br />
Rolle, bei wem welche medizinische Maßnahme<br />
durchzuführen ist, soweit beide Ehegatten gesetzlich<br />
versichert sind. Insgesamt können beide Ehegatten<br />
von der gesetzlichen Krankenversicherung<br />
die Übernahme aller (die ICSI fand im Oktober 2001<br />
statt) zur Herbeiführung der Schwangerschaft notwendigen<br />
medizinischen Leistungen beanspruchen,<br />
ohne dass es darauf ankommt, bei wem die Ursache<br />
für die Kinderlosigkeit liegt.<br />
Jedoch muss die Maßnahme zur Herbeiführung der<br />
Schwangerschaft mittels künstlicher Befruchtung<br />
„erforderlich“ sein. An dieser „Erforderlichkeit“ fehlt<br />
es dann, wenn die Unfruchtbarkeit des Ehepaares<br />
auf die Zeugungsunfähigkeit / Empfängnisunfähigkeit<br />
eines oder beider Ehepartner beruht und insoweit<br />
die Möglichkeit einer Behandlung zur Herstellung<br />
der Zeugungs- oder Empfängnisfähigkeit besteht.<br />
Danach kommt es auf die Frage an, ob die<br />
Sterilisation rückgängig gemacht werden kann (sog.<br />
Refertilisation). Hierzu stellte das BSG fest, dass in<br />
ca. 90 % aller Fälle ein operationstechnischer Erfolg<br />
festgestellt wird.<br />
Jedenfalls habe die Refertilisation – soweit möglich<br />
und zumutbar – Vorrang vor einer künstlichen Befruchtung.<br />
Dies bedeutet, dass sich der Versicherte<br />
erst um eine Refertilisation bemühen muss, bevor er<br />
Blickpunkt <strong>II</strong>/<strong>06</strong> 19
einen Versuch der künstlichen Befruchtung unternimmt.<br />
Neben der Frage der Erforderlichkeit einer Fertilisationsmaßnahme,<br />
muss der Versicherte auch von<br />
„ungewollter“ Kinderlosigkeit betroffen sein. Dies<br />
erscheint vor dem Hintergrund einer durchgeführten<br />
Sterilisation naturgemäß fraglich. Daher kommt eine<br />
Kostenübernahme nur dann in Frage, wenn die<br />
Zeugungs- oder Empfängnisunfähigkeit entweder<br />
von vorn herein (d.h. vor der Sterilisation) nicht vorhanden<br />
war, oder sie durch Krankheit oder wegen<br />
einer durch Krankheit erforderlichen Sterilisation<br />
verloren gegangen war. Maßnahmen der Heilbehandlung<br />
nach § 27 a SGB V sind aber dann ausgeschlossen,<br />
wenn die Sterilisation andere Gründe<br />
hatte (z. B. Familienplanung). Komme es zu einem<br />
Sinneswandel des Betroffenen hinsichtlich seiner<br />
Familienplanung in einer neuen Partnerschaft,<br />
komme eine „Einstandspflicht der Solidargemeinschaft“<br />
nicht in Betracht. „Ungewollte Kinderlosigkeit“<br />
wäre etwa nur dann anzunehmen, wenn die<br />
Sterilisation aus Gründen, die in der Person des Betroffenen<br />
liegen, medizinisch notwendig war, oder<br />
wenn die Gründe für die Sterilisation bei seinem<br />
damaligen Partner / Partnerin lagen.<br />
Ähnlich argumentiert auch der Bundesfinanzhof (im<br />
weiteren: BFH) in seinem Urteil vom 3.3.2005 (Aktenzeichen:<br />
<strong>II</strong>I R 68/03) zu der Frage, ob die Kosten<br />
für eine In-vitro-Fertilisation (IVF) als außergewöhnliche<br />
Belastung steuerlich abzugsfähig sind,<br />
nachdem vorher eine Sterilisation durchgeführt worden<br />
war.<br />
Grundsätzlich gilt auch im Steuerrecht, dass Kosten,<br />
die für eine IVF oder ICSI aufgewandt werden, als<br />
Heilbehandlungskosten und damit als außergewöhnliche<br />
Belastung im Sinne des § 33 EStG anzuerkennen<br />
sind (Ausnahme: heterologe Insemination,<br />
etc.). Denn es handelt sind dabei um zwangläufige<br />
Aufwendungen, soweit sie entweder der Heilung<br />
dienen, oder den Zweck verfolgen, die Krankheit<br />
erträglich zu machen und ihre Folgen zu lindern.<br />
Diese „Zwangsläufigkeit“ wurde nunmehr vom BFH<br />
für den Fall der vorangegangenen Sterilisation abgelehnt,<br />
da die IVF letztlich dem Ziel diente, die früher<br />
getroffene Entscheidung für die Sterilisation<br />
rückgängig zu machen. Eine freiwillige und bewusst<br />
getroffene Entscheidung, die sich durch die Veränderung<br />
der Lebensverhältnisse überholt habe, sei<br />
jetzt durch eine andere , ebenso freiwillig und bewusst<br />
getroffene Entscheidung ersetzt. Da somit die<br />
wesentliche Ursache für die IVF und die dafür entstandenen<br />
Aufwendungen in der von der Betroffenen<br />
gestaltbaren Lebensführung liege, komme eine<br />
Abzug als außergewöhnliche Belastung nach § 33<br />
EStG nicht in Betracht.<br />
Zusammenfassend bleibt folgendes festzuhalten:<br />
Kommt man / frau nach einer durchgeführten Sterilisation<br />
aufgrund geänderter Lebensplanung zu dem<br />
Ziel, Kinder bekommen zu wollen, kann eine Kostenübernahme<br />
der Krankenkasse nur verlangt werden,<br />
wenn die seinerzeitige Sterilisation medizinisch<br />
notwendig war. Gleiches muss meines Erachtens<br />
auch für den Bereich der außergewöhnlichen Belastung<br />
im Steuerrecht gelten. Wurde die Entscheidung<br />
zur Sterilisation aufgrund eines freiwilligen Entschlusses<br />
getroffen (z. B. mit dem Ziel, jetzt keine<br />
Kinder (mehr) bekommen zu wollen; etc.), entfällt<br />
eine Kostenübernahme durch die Krankenkasse und<br />
auch eine steuerliche Berücksichtigung der Kosten<br />
scheidet aus.<br />
Armin Stähler<br />
Verhandlung des BVG in Sachen "Künstliche Befruchtung" am 21. November 20<strong>06</strong><br />
Pressemitteilung Nr. 76/20<strong>06</strong> vom 29. August<br />
20<strong>06</strong><br />
1 BvL 5/03<br />
http://www.bverfg.de/pressemitteilungen/bvg<strong>06</strong>-<br />
076.html<br />
Tage der offenen Tür am 21. und 22. November<br />
20<strong>06</strong> - Verhandlung des Ersten Senats in Sachen<br />
"Künstliche Befruchtung" -<br />
Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts<br />
verhandelt am<br />
Dienstag, 21. November 20<strong>06</strong>, 14:30 Uhr,<br />
im Sitzungssaal des Bundesverfassungsgerichts,<br />
Schlossbezirk 3, 76131 Karlsruhe<br />
eine Richtervorlage zur Frage, ob es mit dem<br />
Grundgesetz vereinbar ist, dass eine Leistungspflicht<br />
der gesetzlichen Krankenkassen für Maßnahmen<br />
zur Herbeiführung einer Schwangerschaft<br />
(künstliche Befruchtung) auf miteinander verheiratete<br />
Personen beschränkt ist.<br />
Rechtlicher Hintergrund und Sachverhalt:<br />
§ 27 a Fünftes Sozialgesetzbuch (SGB V) gewährt<br />
gesetzlich Versicherten einen Anspruch auf Maßnahmen<br />
zur Herbeiführung einer Schwangerschaft<br />
(künstliche Befruchtung). Voraussetzung des Anspruchs<br />
ist unter anderem, dass die Personen, die<br />
diese Maßnahmen in Anspruch nehmen wollen, miteinander<br />
verheiratet sind, ausschließlich Ei- und<br />
Samenzellen der Ehegatten verwendet werden und<br />
beide Ehepartner ein bestimmtes Alter nicht überschritten<br />
haben (Frauen: 40 Jahre; Männer: 50 Jahre).<br />
Die gesetzliche Krankenkasse trägt 50 % der<br />
entstehenden Kosten.<br />
Die 34-jährige Klägerin des Ausgangsverfahrens ist<br />
ebenso wie ihr 32-jähriger Lebensgefährte, mit dem<br />
sie seit über zehn Jahren in einer nichtehelichen<br />
Lebensgemeinschaft lebt, gesetzlich krankenversichert.<br />
Bei dem Paar besteht aufgrund einer Fertilitätsstörung<br />
des Mannes seit dem Jahr 2000 Sterilität.<br />
Ihr Kinderwunsch lässt sich nur im Wege einer<br />
20 Blickpunkt <strong>II</strong>/<strong>06</strong>
künstlichen Befruchtung in Form der In-vitro-<br />
Fertilisation (IVF), d.h. der Befruchtung der Eizelle<br />
außerhalb des weiblichen Körpers und der intrazytoplasmatischen<br />
Spermieninjektion (ICSI) verwirklichen.<br />
Bei letzterer Methode wird ein ausgewähltes<br />
Spermium unmittelbar in die Eizelle injiziert. Nachdem<br />
der Lebensgefährte der Klägerin „vorab“ ein<br />
notarielles Vaterschaftsanerkenntnis abgegeben<br />
hatte, beantragte die Klägerin im November 2001<br />
bei ihrer Krankenkasse die Übernahme der sich<br />
nach einem ärztlichen Kostenvoranschlag auf rund<br />
2.700 DM belaufenden Kosten für eine IVF/ICSI Behandlung.<br />
Die Krankenkasse lehnte den Antrag unter<br />
Hinweis auf das Fehlen einer Ehe zwischen der<br />
Klägerin und ihrem Lebenspartner ab. Hiergegen<br />
erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht. Das<br />
Sozialgericht setzte das Verfahren aus und legte<br />
dem Bundesverfassungsgericht die Frage vor, ob §<br />
27 a Abs. 1 Nr. 3 und 4 SGB V insoweit verfassungswidrig<br />
ist, als die Finanzierung medizinischer<br />
Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft<br />
nach dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung<br />
ausschließlich auf Personen beschränkt<br />
ist, die miteinander verheiratet sind und<br />
Erfahrungsberichte<br />
Mein letzter Versuch.<br />
Eigentlich wollte ich wegen meines Widerwillens und<br />
meiner ganzen Abschiedsgedanken noch lange warten,<br />
bis ich es noch einmal wage - oder ich spielte<br />
auch ernsthaft mit den Gedanken, die letzten „Eskimos“<br />
zu verwerfen, weil es sich eh’ nicht lohnt und<br />
noch einmal diese ganze Enttäuschung und Behandlung<br />
mitzumachen, ich einfach keine Lust mehr<br />
hatte. Aber andererseits, die letzte klitzekleine Hoffnung<br />
und auch die Angst, es wahrscheinlich eine<br />
lange Zeit, vielleicht ein Leben lang, zu bereuen,<br />
diese Chance nicht doch genutzt zu haben.<br />
Es war der 1. April, als ich bei meinem Hausgyn zur<br />
Krebsvorsorge war und er mir aufgrund meines Alters<br />
und der Anzahl meiner Versuche keine Chancen<br />
mehr eingeräumt hatte, was mich ziemlich an<br />
den Boden gebracht hatte, auch wenn man es vom<br />
Kopf her weiß. Am darauffolgenden Wochenende<br />
hatte ich viel mit meinem Mann geredet, der aber<br />
wie immer ja nie viel dazu sagt, weil er es irgendwie<br />
nicht kann - aber er meinte nur: "Zieh den Versuch<br />
doch jetzt durch!" Am Jahresanfang hatten wir eh’<br />
geplant, es auf den April zu legen. Aber ich sagte:<br />
"Nee, bist Du verrückt?", und mir kam wieder der<br />
ganze Widerwille hoch.<br />
Aber dann fing ich doch an zu überlegen und ich<br />
fragte mich, warum nicht doch jetzt - warum es nicht<br />
durchziehen - dann habe ich "es hinter mir". Augenzu-und-durch<br />
und dann wieder dieser Widerwille<br />
dagegen. Ich war kurz vor meiner Mens und kämpfte<br />
in diesen Tagen mit dem Für und Wider.<br />
Am 5.4. kam ganz pünktlich meine Mens und ich<br />
schaffte es, in der Praxis anzurufen. Und was hatte<br />
ausschließlich von Ehegatten Ei- und Samenzellen<br />
verwendet werden dürfen. Nach Auffassung des<br />
Sozialgerichts verletze die Regelung unter anderem<br />
den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG),<br />
das Gebot aus Art. 6 Abs. 5 GG, nichtehelichen<br />
Kindern die gleichen Bedingungen für ihre Entwicklung<br />
und ihre gesellschaftliche Stellung zu schaffen<br />
wie ehelichen Kindern, sowie das Recht auf Leben<br />
(Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG).<br />
Interessierte Bürgerinnen und Bürger, die an der<br />
Verhandlung teilnehmen wollen, melden sich bitte<br />
schriftlich an (Postfach 1771, 760<strong>06</strong> Karlsruhe, z.<br />
Hd. v. Herrn Kambeitz; Fax: 0721/9101461). Bei der<br />
Anmeldung sind Name, Vorname, Geburtsdatum<br />
und eine Telefon- oder Faxnummer anzugeben.<br />
Leider lag die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts<br />
zum Redaktionsschluss noch nicht<br />
vor. Sobald die Pressemitteilung herausgegeben ist,<br />
kann sie unter folgendem Link nach gelesen werden:<br />
http://www.bverfg.de/entscheidungen/20<strong>06</strong>/11<br />
ich nun groß zu "befürchten" - es war nach dem letzten<br />
Versuch abgemacht worden, dass ich den Versuch<br />
im natürlichen Zyklus mache, da ich auf die<br />
Östrogen-Tabletten eh’ nie sonderlich gut reagierte<br />
und vielmehr empfänglich für die Nebenwirkungen<br />
bin. Und somit brauchte ich nur auf den ersten US-<br />
Termin zu warten. Ich hatte nur im tiefen Inneren<br />
meine Ängste und war immer nahe daran, den Termin<br />
wieder abzublasen. Aber meistens war ich<br />
durch andere Dinge, die um mich herum waren, gut<br />
abgelenkt.<br />
Am 15.04., das war mein 11. ZT hatte ich dann den<br />
Termin. Mit schweren Beinen ging ich zur Praxis,<br />
wie der Gang nach Canossa, meine Füße wollten<br />
immer wieder umkehren - ich weiß auch nicht, warum<br />
das so ist. Mir war nur wieder einmal klar, somit<br />
wusste ich nur eines - weitere Versuche kommen<br />
einfach nicht mehr in Frage.<br />
Es sah nicht sonderlich gut aus, die GBS war nur 3<br />
mm und die EZ sehr klein. Toll, ohne Hormone geht<br />
wohl gar nichts mehr bei mir. Ich hakte das schon<br />
wieder alles ab. Mir wurde Blut abgenommen, und<br />
ich bekam einen weiteren Termin.<br />
Mein Körper hat eben seinen eigenen Rhythmus.<br />
Am 16. ZT, also am 20.04. hatte ich den nächsten<br />
Termin - zwei Tage vorher hatte es wie verrückt im<br />
rechten ES gezogen. Meine Hormonwerte waren in<br />
Ordnung. Im US war keine EZ mehr zu sehen, aber<br />
auch noch kein Gelbkörper, aber die Schleimhaut<br />
wandelte sich um und war auf 11, 3 mm gewachsen!<br />
Ich konnte es kaum glauben! (Sonst hatte ich mit<br />
den Östrogen-Tabletten nach 2 Wochen Einnahme<br />
Blickpunkt <strong>II</strong>/<strong>06</strong> 21
gerade mal 6 - 7 mm und brauchte dann immer<br />
noch diese fiesen Östrogen-Spritzen, von denen<br />
mein Kopf vor Schmerzen dann immer fast zerplatzte.)<br />
Die Blutwerte sagten aus, das der ES gerade gewesen<br />
war und somit bekam ich das okay für den<br />
Transfer. Ich war an diesem Tag einmal so richtig<br />
high und euphorisch und größere Hoffnung stellte<br />
sich ein.<br />
Somit fand am 22.04. der Transfer statt, alle vier<br />
Eskimos wurden aufgetaut, und drei bekam ich zurück,<br />
jeweils einen zwei-, vier- und einen fünf-Zeller,<br />
die ganz gut ausgesehen hatten. Die Schleimhaut<br />
war in der Zwischenzeit noch mehr gewachsen. Mit<br />
Tränen in den Augen war ich die ganze Zeit da,<br />
auch den ganzen Tag war mir eher zum Weinen<br />
zumute, es war halt das letzte Mal.<br />
In der Warteschleife war ich zuerst recht cool, erst<br />
so die letzten Tage wurde ich sehr empfindlich. Obwohl<br />
ich keine Medikamente nahm, war ich todmüde,<br />
dann spielte mein Kreislauf verrückt und Übelkeit<br />
stellte sich vermehrt ein, aber sonst kein PMS.<br />
Außerdem träumte ich mehrfach, ich sei schwanger.<br />
Und somit wurde die Hoffnung immer größer. Alle<br />
"Anzeichen" sind wohl einfach nur Einbildung, weil<br />
man sich zu sehr mit sich selbst beschäftigt.<br />
Am 04.05. war ich gut drauf, war bei der Arbeit,<br />
dann ging ich auf’s Klo - Aus! Meine Mens stellte<br />
sich so mir nichts, dir nichts ein, na ja, sie kam ganz<br />
pünktlich, als wenn nichts gewesen wäre. Wums! -<br />
von 100 ging es runter auf Null! Und nun hieß es,<br />
sich zusammenreißen, damit die Kollegen nichts<br />
merken. Gehen konnte ich auch nicht, weil ich gerade<br />
Urlaubsvertretung mache. Irgendwie bekam ich<br />
den Tag auch noch herum, bis ich mich zu Hause<br />
endlich gehen lassen konnte, sowie auch die nächsten<br />
Tage.<br />
Der Test war zwei Tage später. Am liebsten hätte<br />
ich mir das erspart, aber für mich war das auch etwas,<br />
um den letzten Schlussstrich zu ziehen. Mein<br />
letztes Negativ.<br />
So, das war es, und nun ist es vorbei. 16 Krümel<br />
hatten die Chance, einer davon war eine kurze Zeit<br />
Kinder sind Augen,<br />
die sehen, wofür wir längst<br />
schon blind sind.<br />
Kinder sind Ohren,<br />
die hören, wofür wir längst<br />
schon taub sind.<br />
Kinder sind Seelen,<br />
die spüren, wofür wir längst<br />
schon stumpf sind.<br />
Kinder sind Spiegel,<br />
die zeigen, was wir gern verbergen.<br />
etwas länger da, aber nicht richtig und/oder an der<br />
falschen Stelle. 4 Jahre ärztliche Behandlungen,<br />
viele Jahre fleißiges Üben, davor das Warten, bis,<br />
der Partner bereit war für Kinder, 8 Jahre intensiver<br />
Kiwu - nun ja auch vorher, aber da stimmten die äußeren<br />
Gegebenheiten noch nicht. Aber es sollte<br />
nicht sein, man kann nichts erzwingen. Ich habe es<br />
einige Male versucht mit der KB, damit ich es mir<br />
nicht vorwerfen kann, nicht alle meine Möglichkeiten<br />
ausgeschöpft zu haben. Gewiss, es gibt noch einige<br />
Möglichkeiten (wie Ausland o.ä.), aber das tue ich<br />
mir nicht mehr an. Ich habe es soweit getan, wie ich<br />
es konnte - zu mehr bin ich körperlich und seelisch<br />
nicht in der Lage. Und Adoption oder ähnliches kam<br />
für uns sowieso nie in Frage.<br />
Die Hoffnung auf ein spontanes Wunder möchte ich<br />
mir lieber abgewöhnen, sonst macht man sich ja<br />
immer wieder fertig.<br />
Man kann eben nicht alles haben - dabei habe ich ja<br />
soviel - einen lieben Mann, ein schönes Haus, einen<br />
schönen Job (den ich hoffentlich behalte), viel Zeit<br />
für mich, einige gute Freunde und vor allem Gesundheit!<br />
Das ist ja sowieso das Wichtigste.<br />
Und nun ist die Zeit des Trauerns, des Loslassens,<br />
es kommen immer wieder Heulattacken - einerseits<br />
bin ich erleichtert, dass es vorbei ist und ich weiß,<br />
woran ich bin, aber ich bin auch so schrecklich traurig,<br />
aber irgendwann wird es besser und besser<br />
werden. Die Abstände werden größer, aber Rückfälle<br />
wird es natürlich immer wieder geben. Das kann<br />
ich nur aus Erfahrung schreiben, von anderen Situationen,<br />
von denen ich mich im Leben verabschiedet<br />
habe.<br />
Irgendwann fängt für einen selber ein Neues Leben<br />
an - ich kann es nur so theoretisch schreiben, wie<br />
lange das alles dauert und so weiter, weiß ich ja<br />
auch nicht.<br />
Hanni<br />
Anmerkungen: EZ: Eizelle, ES: Eisprung, GBS: Gebärmutterschleimhaut,<br />
KB: KiWu-Behandlung,<br />
Mens: Menstruation, US: Ultraschall, ZT: Zyklustag<br />
22 Blickpunkt <strong>II</strong>/<strong>06</strong>
Aktuelles und Allgemeines<br />
Umfrage zum Kinderwunsch "Perspektive Deutschland"<br />
Überwältigende Mehrheit der Deutschen will<br />
Kinder<br />
Pressemitteilung – 26. April 20<strong>06</strong><br />
McKinsey-Umfrage Perspektive-Deutschland:<br />
Wunsch nach Kindern vorhanden – Geburtenrate<br />
bleibt jedoch dahinter zurück – Akademikerinnen<br />
wünschen sich genauso viele Kinder wie<br />
andere Frauen – Trotzdem verzichtet fast ein<br />
Drittel der Uni-Absolventinnen auf Nachwuchs<br />
Berlin. Der Kinderwunsch der Deutschen ist größer<br />
als angenommen. Sieben von acht jungen Deutschen<br />
zwischen 20 und 39 Jahren haben oder wünschen<br />
sich Kinder. Nur 12 Prozent sprechen sich<br />
gegen Nachwuchs aus. Um die derzeitige Bevölkerung<br />
ohne Zuwanderung konstant zu halten, müsste<br />
jede Frau – rein statistisch – im Schnitt 2,1 Kinder<br />
bekommen. Auch wenn die Deutschen davon noch<br />
weit entfernt sind, liegt zumindest der durchschnittliche<br />
Kinderwunsch pro Frau mit 1,9 nah an diesem<br />
Ziel. Das sind Ergebnisse von Perspektive-<br />
Deutschland, der weltweit größten gesellschaftspolitischen<br />
Online-Umfrage. Initiatoren sind neben der<br />
Unternehmensberatung McKinsey das Magazin<br />
stern, das ZDF sowie das Internetportal WEB.DE.<br />
An der fünften Auflage der Umfrage haben sich von<br />
Oktober 2005 bis Januar 20<strong>06</strong> mehr als 620.000<br />
Menschen beteiligt.<br />
In der Altersgruppe der 20- bis 39-Jährigen planen<br />
nur 12 Prozent ein Leben ohne Kinder. 43 Prozent<br />
sind zwar derzeit kinderlos, wünschen sich aber<br />
prinzipiell Nachwuchs.<br />
Hohe Kosten sind Hauptargument gegen Kinder<br />
Die Gründe, warum sich 12 Prozent in dieser Altersgruppe<br />
gegen Nachwuchs aussprechen, sind vielfältig.<br />
Gut die Hälfte lehnt eigene Kinder grundsätzlich<br />
ab. Für 50 Prozent der Befragten in diesem Segment<br />
sind die "hohen Kosten" das größte Hemmnis.<br />
Jedem Dritten fehlt der geeignete Partner, 29 Prozent<br />
befürchten berufliche Nachteile. Der Anteil der<br />
Frauen, die als künftige Mütter Sorgen vor dem Karriereknick<br />
haben, ist doppelt so hoch wie bei Männern.<br />
Fragt man Eltern, warum sie keine weiteren Kinder<br />
bekommen wollen, dann geben sogar zwei Drittel<br />
die hohen Kosten als Hauptgrund an. Jede zweite<br />
Mutter befürchtet zudem berufliche Nachteile. In<br />
Westdeutschland nennen 45 Prozent der Mütter<br />
auch fehlende Betreuungsmöglichkeiten als Hinder-<br />
nis für weitere Kinder. In Ostdeutschland geben das<br />
nur 31 Prozent an.<br />
Besonders Akademikerinnen haben Angst vor<br />
Nachteilen im Beruf und schrecken vor dem Mangel<br />
an Krippen- und Kindergartenplätzen zurück. Der<br />
Anteil der Kinderlosen bei Akademikerinnen liegt<br />
zwischen 40 und 45 Jahren bei 30 Prozent. Bei<br />
Frauen ohne Uni-Abschluss sind es nur 20 Prozent.<br />
Drei Viertel der Eltern mit Kindern zwischen 6 und<br />
14 Jahren fordern daher, das Freizeitangebot für<br />
Jugendliche zu erweitern, 57 Prozent wollen mehr<br />
Ganztagsschulen, knapp die Hälfte spricht sich für<br />
zusätzliche Ganztagskindergärten und Krippen aus.<br />
Auch in der Gesamtbevölkerung sind zwei Drittel der<br />
Befragten für mehr Jugendtreffs und Vereinsangebote,<br />
50 Prozent halten neue Ganztagsschulen für<br />
notwendig, ebenfalls die knappe Hälfte plädiert für<br />
zusätzliche Krippen und Kindergärten.<br />
Knapp zwei Drittel der Deutschen fordern mehr<br />
staatliche Finanzhilfen für Familien, jeder Zweite hält<br />
einen Ausbau des kostenfreien öffentlichen Betreuungsangebots<br />
für erforderlich. Das viel diskutierte<br />
Elterngeld, das einem Elternteil während einer einjährigen<br />
beruflichen Pause bis zu 1.800 Euro im<br />
Monat Unterstützung garantiert, sehen die Befragten<br />
nicht als Allheilmittel. Die größte Attraktivität hat dieses<br />
Modell noch bei weiblichen Akademikerinnen,<br />
die sich "eher" Kinder wünschen (49 Prozent).<br />
Das Projekt Perspektive-Deutschland<br />
Perspektive-Deutschland ging 2001 zum ersten Mal<br />
online. Seitdem findet die Umfrage jährlich statt.<br />
Durch eine innovative Methodik, an deren Entwicklung<br />
der amerikanische Nobelpreisträger Daniel<br />
McFadden maßgeblich beteiligt war, können repräsentative<br />
Ergebnisse gewonnen werden. Die für Online-Befragungen<br />
typischen Verzerrungen werden<br />
erkannt und weitgehend bereinigt.<br />
http://www.perspektivedeutschland.de/files/presse_20<strong>06</strong>/pd5-<br />
PM_Familie_Kinder.pdf<br />
Blickpunkt <strong>II</strong>/<strong>06</strong> 23
Kinderwunschklagen – Die aktuelle Lage<br />
In den letzten Monaten haben viele Patienten den<br />
Kampf gegen ihre gesetzlichen und privaten Krankenkassen<br />
bezüglich der Kostenerstattung für die<br />
Maßnahmen der künstlichen Befruchtung aufgenommen<br />
und – wie die Erfahrung der letzten Monate<br />
zeigt – teilweise mit sehr beträchtlichem Erfolg.<br />
Inzwischen vertritt die Kanzlei von Langsdorff,<br />
Schlegel, Weidenbach 140 Paare gegen ihre gesetzlichen<br />
und privaten Krankenversicherungen. Die<br />
ersten Verfahren gegen die gesetzlichen Krankenversicherungen<br />
sind bereits in der Berufungsinstanz<br />
anhängig und es wird mit einem ersten Berufungsurteil<br />
bzw. der Vorlage an das Bundesverfassungsgericht<br />
innerhalb der nächsten Wochen gerechnet.<br />
Anders als man glauben sollte, sind es nicht mehr<br />
nur die gesetzlich versicherten Paare, die Probleme<br />
bei der Kostenübernahme der Kinderwunschbehandlung<br />
haben, sondern vermehrt auch privatversicherte<br />
Paare und insbesondere mischversicherte<br />
Paare.<br />
Gerade die mischversicherten Paare sind besonders<br />
schwer betroffen, wenn der Verursacher der gesetzlich<br />
versicherte Ehepartner ist. In diesen Fällen zahlt<br />
die gesetzliche Krankenversicherung 50 Prozent der<br />
Behandlungskosten des bei ihr Versicherten und der<br />
extrakorporalen Maßnahmen. Dies hatte bisher zur<br />
Folge, dass in den Konstellationen, wo der Ehemann<br />
Verursacher und gesetzlich versichert war,<br />
das Paar auf den kompletten Kosten der Hormonbehandlung<br />
sitzen geblieben ist.<br />
Dieser Zustand soll demnächst Änderung erfahren.<br />
Der Kanzlei ist es gelungen, in einem diesbezüglichen<br />
Rechtsstreit in erster Instanz zu erwirken, dass<br />
der Richter einen rechtlichen Hinweis an die gesetzliche<br />
Krankenversicherung erlassen hat, dass<br />
Bevölkerung in Deutschland schrumpft schneller<br />
Frankfurter Rundschau, 16.3.<strong>06</strong><br />
Niedrigste Geburtenrate seit 1945 / Statistiker erwarten<br />
Exodus aus dem Osten und dringen auf bessere<br />
Familienförderung<br />
Der Rückgang der Bevölkerung in Deutschland<br />
beschleunigt sich. Trotz aller Bemühungen von<br />
Politik und Gesellschaft um mehr Familienfreundlichkeit<br />
hat die Bundesrepublik weiterhin<br />
die weltweit niedrigste Geburtenrate und Kinderzahl<br />
je 1000 Einwohner.<br />
Berlin - Nach einer am Mittwoch veröffentlichten<br />
Studie des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung<br />
bringt statistisch gesehen jede Frau in der<br />
Bundesrepublik 1,36 Babys zur Welt - der niedrigste<br />
Wert seit 1945. Ein Ende des Trends ist der Erhe-<br />
diese auch von der Hormonbehandlung zumindest<br />
50 Prozent der Kosten übernehmen müsse.<br />
Das entsprechende Anerkenntnisurteil wird jeden<br />
Tag hier erwartet.<br />
Diese neue Rechtssprechung würde zu einer deutlichen<br />
finanziellen Entlastung bei mischversicherten<br />
Paaren mit dieser Konstellation führen.<br />
Auch bei den privatversicherten Paaren gibt es Anlass<br />
zu neuer Hoffnung. Die bisherige Praxis stellt<br />
sich dergestalt dar, dass die privaten Krankenversicherungen<br />
in der Regel die Kostenzusage für drei,<br />
maximal vier, Behandlungsversuche erteilen und<br />
eine weitere Kostenübernahme mit der Begründung<br />
ablehnen, dass die notwendige Erfolgsaussicht nicht<br />
mehr gegeben sei und das Budget der privaten<br />
Krankenkassen entlastet werden müsse.<br />
Diese Ansicht ist nach Auffassung der Kanzlei von<br />
Langsdorff, Schlegel, Weidenbach völlig haltlos.<br />
Denn gemäß den Versicherungsbedingungen der<br />
privaten Krankenversicherungen sind diese zur Kostenübernahme<br />
verpflichtet, sofern eine medizinische<br />
Notwendigkeit gegeben ist.<br />
Von einer Begrenzung der Behandlungsversuche ist<br />
aber an keiner Stelle der Versicherungsverträge die<br />
Rede. So lange die Erfolgswahrscheinlichkeit für die<br />
künstliche Befruchtung mindestens 15 Prozent beträgt,<br />
sind die privaten Krankenversicherungen auch<br />
für weitere Behandlungsversuche kostentragungspflichtig.<br />
So ist es der Kanzlei erst kürzlich gelungen, die<br />
Kostenübernahme für den 5. bis 7. Versuch für ihre<br />
Mandanten zu erzielen.<br />
Fazit bleibt: Nur wer sich wehrt, hat eine Chance auf<br />
Veränderung und Verbesserung.<br />
bung zufolge nicht in Sicht; er werde sich verstärken,<br />
mit schlimmen Folgen für das Rentensystem<br />
und die Wirtschaft Ostdeutschlands.<br />
Die Zahl der geborenen Kinder wird nach den Erwartungen<br />
des privaten Instituts bis 2050 immer<br />
weiter abnehmen. Dann würden in Deutschland etwa<br />
halb so viele Kinder geboren wie heute, also<br />
rund 340 000. Der Statistik zufolge kamen voriges<br />
Jahr etwa 676 000 Jungen und Mädchen zur Welt.<br />
Als Folge sinkender Geburtenraten und der alternden<br />
Gesellschaft erwarten die Experten eine verstärkte<br />
Abwanderung junger, qualifizierter Fachkräfte<br />
aus strukturschwachen Regionen. Die Entwicklung<br />
lasse sich allenfalls dämpfen, sagte der Vorsitzende<br />
des Instituts, Hans Fleisch. Die neuen Länder<br />
werden nach seinen Erwartungen vom Bevölke-<br />
24 Blickpunkt <strong>II</strong>/<strong>06</strong>
ungsrückgang besonders betroffen sein. Hier gebe<br />
es die starke Tendenz junger und gut ausgebildeter<br />
Frauen, in den Westen abzuwandern, sagte Institutsdirektor<br />
Reiner Klingholz. Zurück blieben arbeitslose<br />
und schlecht qualifizierte Männer, die als Familiengründer<br />
weitgehend ausfielen. Spätestens 2015<br />
werde der Osten den "zweiten demografischen<br />
Wendeschock" erleben, weil dann wegen des Geburtenrückgangs<br />
nach 1990 eine halbe Generation<br />
als Eltern fehlen werde. Nach der Wiedervereinigung<br />
war die Geburtenrate in den neuen Ländern<br />
auf durchschnittlich 0,77 Kinder pro Frau gesunken -<br />
"die weltweit niedrigste mit Ausnahme des Vatikan",<br />
betonte Klingholz. Familienministerin Ursula von der<br />
Leyen (CDU) sagte: "Die hohe Kinderlosigkeit ist<br />
alarmierend. Wir müssen alle umdenken." Sie for-<br />
Graphik 1: Altersverteilung der in Hessen 2000- 2005 behandelten Frauen<br />
(in kum. Prozent und Gesamtzahl)<br />
100<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
k u m. A n t e i l d e r A l t e r s s t u f e n i n %<br />
2000<br />
2002<br />
2003<br />
2004<br />
2005<br />
18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49<br />
A L T E R<br />
derte mehr öffentliche Anerkennung für Mütter und<br />
Väter.<br />
Die Autoren der Studie schlagen unter anderem vor,<br />
die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern.<br />
Erforderlich sei außerdem eine stärkere Förderung<br />
von Jungen, da sie weit hinter die Mädchen<br />
zurückgefallen seien. "Wir erlauben uns, ein junges<br />
Männerproletariat sich entfalten zu lassen, das sozialen<br />
Zündstoff darstellt", sagte Klingholz. Zudem<br />
plädieren die Forscher für eine Zusammenlegung<br />
von Bundesländern. Die Wohnungswirtschaft forderte<br />
als Konsequenz aus der Studie, das Programm<br />
zum Stadtumbau über das vorgesehene Jahr 2009<br />
hinaus fortzusetzen. rtr/dpa<br />
Blickpunkt <strong>II</strong>/<strong>06</strong> 25<br />
3367<br />
4117<br />
5048<br />
3367<br />
3078<br />
A n z a h l d e r p r o J a h r b e h a n d e l t e n F r a u e n<br />
5000<br />
4000<br />
3000<br />
2000<br />
1000<br />
0
Statistik des Deutschen IVF-Registers (DIR)<br />
Die deutschen Reproduktionsmediziner haben sich schon früh und freiwillig einem transparenten System<br />
zur Qualitätssicherung unterworfen. Auf freiwilliger Basis und ohne Unterstützung von Kassen und Verbänden<br />
werden seit Jahren alle Behandlungen in einem zentralen Register, dem Deutschen IVF-Register<br />
(DIR), erfasst. Die Teilnahme ist als Bestandteil der Berufsordnung verpflichtend, das Register ist bei der<br />
Bundesgeschäftsstelle der Ärztekammer Schleswig-Holstein angesiedelt.<br />
Das Register verzeichnet einen deutlichen Rückgang der Behandlungen nach Einführung des GMG: So ist<br />
die Anzahl der Stimulationen um 52,1% gegenüber 2003 und um 36,4% gegenüber 2002 zurückgegangen<br />
(Tabelle 1). Zwar ist die Datensammlung für das Jahr 2005 noch nicht abgeschlossen, dennoch lässt<br />
sich bereits jetzt sagen, dass kein Wiederanstieg zu verzeichnen ist. Daher kann nicht von einer besonders<br />
ausgeprägten Senkung in 2004 aufgrund des "Vorzieh-Effektes" in 2003 gesprochen werden. Offensichtlich<br />
können sich viele Betroffenen den Eigenanteil von durchschnittlich € 1.600,-- pro Behandlungszyklus nicht<br />
leisten.<br />
Bei den Angaben zu geborenen Kindern ist zu berücksichtigen, dass aus formalen Gründen die Geburten<br />
jeweils dem Jahr, in dem die Behandlungen statt gefunden haben, zugeordnet werden (auch wenn das<br />
Kind aus naheliegenden Gründen erst im Folgejahr geboren wird). Daher macht sich der größte Teil des<br />
Rückgangs von 10.770 Kinder in den offiziellen Statistiken erst im Jahr 2005 bemerkbar. Hierbei ist zu berücksichtigen,<br />
dass dem Deutschen IVF-Register nur die Befruchtungen außerhalb des Körpers gemeldet<br />
werden. Aus der aktuellen KBV Statistik ist zu entnehmen, dass auch die Zahl der Inseminationen drastisch<br />
zurückgegangen ist (von rund 48.000 Behandlungen auf etwa 12.000 Behandlungen jährlich). Daraus leitet<br />
sich ein weiterer Rückgang um etwa 3.600 Kinder ab.<br />
Wie aus einer von DIR für die LÄK Hessen erstellte Statistik (Graphik 1) hervorgeht, ist das Durchschnittsalter<br />
der Frauen mit reproduktionsmedizinischer Behandlung in den Jahren 2004/2005 um fast 1,5 Jahre<br />
angestiegen. War in den Jahren 2000 – 2003 die Hälfte der Patientinnen bis 32,5 Jahre jung, so waren<br />
2004/2005 mehr als 50% der Patientinnen 34 Jahre und älter. Offensichtlich verschieben viele Paare aus<br />
Kostengründen eine notwendige Behandlung nach hinten. Mit zunehmendem Alter sinken aber die Erfolgsraten.<br />
Junge Paare haben wegen der finanziellen Belastung immer weniger die Chance, schon früh die<br />
Familiengründung zu realisieren.<br />
Zusammenfassung: Die Einführung des 50%igen Eigenanteils hat zu einem dramatischen Rückgang reproduktionsmedizinischer<br />
Behandlungen geführt. In Folge dessen sind im Jahr 2004 rund 14.400 Kinder<br />
weniger gezeugt worden, als im Jahr 2003 und etwa 8.400 weniger als im Jahr 2002. Da sich dies in der<br />
Regel erst im darauf folgenden Jahr als Geburtenrückgang manifestiert, muss man davon ausgehen, dass<br />
rund 55% des Geburtenrückganges des Jahres 2005 in Höhe von 19.827 Kinder* Folge des GMG sind.<br />
Selbst wenn man berücksichtigt, dass für 2005 noch nicht alle Meldungen eingegangen sind, so lässt sich<br />
aber schon heute sagen, dass der Rückgang der Behandlungen und damit einhergehend der Geburten<br />
weiter anhalten werden. Laut Mitteilung von Frau Caspers-Merk** stehen dem jährliche Einsparungen von<br />
rund 100 Mio. Euro gegenüber.<br />
*Statistisches Bundesamt Wiesbaden, 20<strong>06</strong>)<br />
**BT-Drs. 15/525, S.171<br />
Tabelle 1: Behandlungen und Geburten zwischen 2002 und 2005 (**Stand: 13.09.20<strong>06</strong>)<br />
Anzahl der Geburten für die Jahre 2002 - 2005 gemäß den Daten des DIR<br />
2002 2003 2004 2005 **<br />
Anzahl der Stimulationen<br />
Anzahl Schwangerschaften mit Information zum<br />
66.573 88.469 42.353 39.6489<br />
Ausgang der Schwangerschaft (Kinder, Fehlgeburt,<br />
Eileiterschwangerschaft)<br />
13.337 18.741 8.697 6.<strong>06</strong>1<br />
Anzahl der Kinder (dokumentiert) 12.269 17.616 7.764 4.898<br />
Anzahl Schwangerschaften ohne Information zum<br />
1.767 2.378 1.476 3.529<br />
Ausgang der Schwangerschaft<br />
Anzahl der zu erwartenden Kinder bei den Fällen<br />
ohne Informationen zum Ausgang der Schwangerschaft*<br />
1.621 2.235 1.317 2.852<br />
Summe aus Anzahl dokumentierten und zu erwartenden<br />
Kindern<br />
13.890 19.851 9.081 7.750<br />
*) Trotz intensiver Bemühungen erfolgt für einen kleinen Teil der dokumentierten Schwangerschaften<br />
keine Information zum Ausgang der Schwangerschaft. Für diese Behandlungen wurden die aus den<br />
Behandlungen mit Dokumentation des Ausgangs bekannten Erfolgsraten zu Grunde gelegt.<br />
**) Die Werte für das Jahr 2005 sind nur unter Vorbehalt zu betrachten, da die Datensammlung noch<br />
nicht abgeschlossen ist und gerade im Bereich der Geburten noch einige Informationen fehlen.<br />
26 Blickpunkt <strong>II</strong>/<strong>06</strong>
Ein Kind aus der Ferne<br />
Frankfurter Rundschau, 15.3.<strong>06</strong><br />
Auslandsadoptionen machen Schlagzeilen -<br />
nicht immer sind sie die beste Hilfe für Jungen<br />
und Mädchen in Not<br />
VON BIRGIT LOFF<br />
An bestimmten Tagen steht das Telefon auf Marita<br />
Oeming-Schills Schreibtisch gar nicht mehr still. Das<br />
war so nach Beckmanns Talkshow, als Bundeskanzler<br />
Gerhard Schröder alle ermuntert hatte, "die<br />
Platz im Herzen und Platz zu Hause haben", ein<br />
Kind in ihre Familie aufzunehmen. Das war wieder<br />
so, als die Tsunami-Berichte und Meldungen über<br />
elternlos gewordene Kinder in Asien um die Welt<br />
gingen. Auch die Bilder der Adoptivkinder von Hollywoodstars<br />
wie Angelina Jolie und Brad Pitt und<br />
rührende Geschichten vom Familienglück in der<br />
Boulevardpresse bringen Menschen dazu, bei der<br />
Adoptionsvermittlerin anzurufen. "Ganz unbürokratisch",<br />
jedenfalls aber möglichst rasch wollen viele<br />
ein Waisenkind zu sich holen. Die meisten erwarten,<br />
"dass ich ihnen gleich für den nächsten Tag einen<br />
Termin gebe, damit sie sich vorstellen können",<br />
weiß Marita Oeming-Schill.<br />
Sprung über die Kontinente<br />
Kaum einer der spontanen Bewerber vermag sich<br />
vorzustellen, was ein gerade erst durch ein Unglück<br />
traumatisiertes oder ein seit Jahren schon in einem<br />
russischen Heim untergebrachtes Kind wirklich<br />
braucht. Die Wenigsten wollen hören, dass es mehr<br />
ist als ein Platz im Herzen und ein Platz zu Hause.<br />
Warum sollte es Waisenkindern nach einer Katastrophe<br />
nicht helfen, das Land zu verlassen und eine<br />
neue Familie zu bekommen? Die Sozialarbeiterin<br />
versucht, ihren Anrufern begreiflich machen, dass<br />
der Wechsel für ein Kind nicht allein einen Sprung<br />
über Kontinente hinweg bedeutet, sondern auch einen<br />
Wirbel widerstreitender Gefühle. Die neue Familie<br />
in Deutschland wird glücklich sein über den<br />
Zuwachs, "aber wo bleibt das Kind mit seinen<br />
furchtbaren Erlebnissen und seiner Trauer?"<br />
Eine Weltkarte im Großformat hat Marita Oeming-<br />
Schill mit blauen Fähnchen gespickt. Überall dort<br />
steckt ein Fähnchen, von wo sie bislang Kinder nach<br />
Deutschland vermittelt hat. Freiberuflich berät sie<br />
Eltern und bereitet sie auf eine Auslandsadoption<br />
vor, oder sie macht in Seminaren Mitarbeiter von<br />
Jugendämtern mit den besonderen Hürden vertraut.<br />
Marita Oeming-Schill bemüht sich mit den Behörden<br />
im Ausland, für ein bestimmtes Kind die Familie zu<br />
finden, die gut zu ihm passen könnte. Fachleute<br />
nennen es "matching". Ein hörbehindertes Kind,<br />
zum Beispiel, wird sie bei einer Familie unterzubringen<br />
versuchen, die in der Nähe einer Sprachheilschule<br />
wohnt.<br />
Die meisten Herkunftsländer legen inzwischen Wert<br />
auf sorgfältige Vermittlung. Ghana etwa besteht<br />
darauf, dass Adoptiveltern drei Monate im Land mit<br />
dem Kind leben. Dann erst lassen sie es ausreisen,<br />
falls alles klappt. Brasilien pocht auf fünf Wochen<br />
Aufenthalt der Eltern. Thailändische und peruanische<br />
Aufsichtsbehörden machen laufende Berichte<br />
der deutschen Jugendämter zur Bedingung. Zusätzlich<br />
erwarten sie, dass ihre Vertreter in regelmäßigen<br />
Abständen die Reise nach Deutschland bezahlt<br />
bekommen, damit sie die Familien besuchen und<br />
sich vom Wohl der Adoptivkinder überzeugen können.<br />
Solche Fürsorge schätzt Marita Oeming-Schill<br />
auch für die Zukunft eines Kindes als großes Plus.<br />
Meistens im Alter zwischen 16 und 25 Jahren forschen<br />
die Heranwachsenden in ihren Heimatländern<br />
nach Geschwistern und Angehörigen. "Es tut ihnen<br />
dann gut, zu wissen: Beiden Ländern bin ich wichtig."<br />
Wird sie ungeduldig, wenn sich Anrufer allzu forsch<br />
nach einer Adoption erkundigen? Die Adoptionsvermittlerin<br />
schüttelt den Kopf. Unrealistischen Erwartungen<br />
begegnet sie, indem sie beispielsweise<br />
hinweist auf Erfahrungen von Unicef, von Terre des<br />
Hommes und der Kindernothilfe. Alle drei Hilfsorganisationen<br />
haben lernen müssen: Überstürzte Adoptionen<br />
nach einer Katastrophe sind der falsche Weg.<br />
Vielmehr hilft es den verwaisten Kindern, zunächst<br />
in vertrauter Umgebung zu bleiben und mit Gleichaltrigen<br />
zusammen zu sein, die Ähnliches durchzumachen<br />
hatten.<br />
Genauer Blick auf die Kosten<br />
Marita Oeming-Schill sieht einen großen Fortschritt<br />
darin, dass die Haager Konvention erstmals auch im<br />
internationalen Rahmen das Wohl der Kinder ausdrücklich<br />
über alle anderen Interessen stellt. Als eine<br />
der Folgen müssen die privaten Elternvereine,<br />
die sich in Deutschland für Auslandsadoptionen einsetzen,<br />
den Landesjugendämtern jetzt in jedem einzelnen<br />
Fall die entstandenen Kosten offen legen.<br />
Die Landesjugendämter wiederum sind verpflichtet,<br />
den Generalbundesanwalt als oberste Aufsichtsbehörde<br />
für Auslandsadoptionen in Deutschland zu<br />
informieren. So hofft man, dem Handel mit Kindern<br />
entgegenwirken zu können<br />
Über Flüge und Unterkünfte hinaus sind die Kosten<br />
für eine Auslandsadoption oft erheblich. Häufig kann<br />
die Adoptionsvermittlerin die Summen nachvollziehen,<br />
etwa wenn in Indien 6000 US-Dollar Heimkosten<br />
berechnet werden, weil Waisenhäuser keinerlei<br />
staatliche Unterstützung erhalten. Auch wird niemand<br />
die erforderlichen Dokumente zum Nulltarif<br />
übersetzen.<br />
Mitunter hat sie es allerdings mit seltsamen Bräuchen<br />
zu tun, wie in Russland, das die Haager Kon-<br />
Blickpunkt <strong>II</strong>/<strong>06</strong> 27
vention bislang nicht beachtet. Dort sind die Oblaste<br />
zuständig, die einzelnen Verwaltungsbezirke. Als<br />
Partner für die Vermittlung von Kindern aus ihren<br />
Heimen akzeptieren sie allein private Vereine, nicht<br />
aber die in Deutschland zentral zuständigen Landesjugendämter.<br />
Zusätzlich zu den üblichen Verwaltungskosten<br />
können in der Russischen Föderation<br />
glatt noch einmal 5000, 6000 US-Dollar Anwaltskosten<br />
anfallen. Das Gerücht, eine Auslandsadoption<br />
sei erheblich einfacher als die für ein in Deutschland<br />
geborenes Kind, ist nicht aus der Welt zu schaffen.<br />
Darüber ärgert sich Marita Oeming-Schill, denn "das<br />
Gegenteil ist richtig, wenn es ohne krumme Touren<br />
geschehen soll". Es bleibt dabei, Adoptionswünsche<br />
lassen sich in den seltensten Fällen erfüllen. 487<br />
ausländische Kinder, die nicht mit einem oder auch<br />
beiden künftigen, in Deutschland lebenden Eltern<br />
verwandt waren, sind im Jahr 2003 anlässlich einer<br />
Adoption eingereist. Auf jedes zu vermittelnde Kind<br />
kommen etwa 13 Bewerber.<br />
Statistiken ändern wenig daran, dass Adoptionswillige<br />
oft nur schwer akzeptieren können, etwa wegen<br />
ihres Alters keine Aussicht zu haben auf ein Kind<br />
oder jahrelang vergeblich zu warten. Ungeduldige<br />
verweisen gern auf den Bundeskanzler und seine<br />
Familie. Das Gesetz schreibt keine feste Altersgrenze<br />
vor. In den Empfehlungen der Bundesarbeitsgemeinschaft<br />
der Landesjugendämter heißt es, dem<br />
Wohl des Kindes diene es in der Regel nicht, wenn<br />
ICSI und ESHRE 20<strong>06</strong> in Prag<br />
In diesem Jahr fanden das jährliche internationale<br />
Patientensymposium und der Kongress der European<br />
Society for Human Reproduction and Embryology<br />
im Juni in Prag statt. Hier eine Zusammenfassung<br />
der wichtigsten Entwicklungen in Europa und<br />
der Tagung des Patientensymposiums.<br />
Seit den Anfängen der IVF im Jahr 1978 wurden<br />
weltweit mittlerweile über 3 Millionen Kinder mit Hilfe<br />
von IVF und ICSI gezeugt. Im Jahr 1989 wurden<br />
erstmals Zahlen gesammelt, in diesem Jahr wurden<br />
30.000 Kinder nach reproduktionsmedizinischen<br />
Eingriffen gezeugt. Zwei Jahre später waren es bereits<br />
200.000 Kinder jährlich. Dieses Jahr wurde der<br />
Versuch unternommen, internationale Zahlen zusammenzustellen.<br />
Das International Committee for<br />
Monitoring Assisted Reproduktion (Internationales<br />
Komitee für die Überwachung assistierter Reproduktion)<br />
konnte Zahlen aus 52 Ländern koordinieren. In<br />
diesen Ländern wurden insgesamt über 600.000 IVF<br />
Zyklen durchgeführt und 122.000 Kinder geboren.<br />
Allerdings wurden viele afrikanische und asiatische<br />
Länder nicht erfasst, so dass die eigentlich Zahl der<br />
durchgeführten Zyklen auf über 1 Million und die der<br />
Geburten auf deutlich über 200.000 geschätzt wird.<br />
Die Daten weisen eine große Bandbreite in der Verfügbarkeit<br />
der Behandlung auf. In Israel werden,<br />
gemessen an der Bevölkerungsgröße, die meisten<br />
Behandlungszyklen durchgeführt (3,2 Zyklen pro 1<br />
Million Einwohner), danach folgt Dänemark mit 2<br />
der Altersabstand des älteren Elternteils zum Kind<br />
größer als 40 Jahre ist. In der Praxis sind Ausnahmen<br />
gar nicht so selten. Einmal angenommen, sagt<br />
Marita Oeming-Schill, ein Paar hat zwei leibliche<br />
Kinder von 14 und 19 Jahren und bewirbt sich um<br />
ein ausländisches Kind, sie ist 45, er 52 Jahre alt.<br />
Die Eheleute sind gesund, erweisen sich auch seelisch<br />
als belastbar und verfügen über ein ausreichendes<br />
Einkommen. Sie sind bereit, sich beraten<br />
zu lassen, die Ungewissheit über die Vorgeschichte<br />
des Kindes zu tragen und dessen kulturelle Herkunft<br />
zu respektieren: Das könnte durchaus eine Familie<br />
sein, die in Frage kommt für ein Kind zwischen 3<br />
und 7 Jahren.<br />
Hat die Adoptionsvermittlerin ein Kind in einem<br />
Heim kennen gelernt und trifft es später in der neuen<br />
Familie wieder, aufgeweckt und wie verwandelt,<br />
sind das für Marita Oeming-Schill Momente des<br />
Glücks.<br />
Adoptionen:<br />
Kontakte: Jugendämter der jeweiligen Kommunen.<br />
Die Haager Konvention lässt Auslandsadoptionen<br />
nur zu, wenn sich in den Länder selbst keine geeigneten<br />
Adoptionsbewerber oder Pflegeeltern finden.<br />
In Deutschland ist das Abkommen seit 2002 in Kraft.<br />
28 Blickpunkt <strong>II</strong>/<strong>06</strong><br />
Bl<br />
Zyklen pro 1 Million Einwohner. In lateinamerikanischen<br />
Ländern werden teilweise unter 100 Zyklen<br />
pro 1 Million Einwohner durchgeführt. Deutlich über<br />
50% aller Behandlungszyklen werden in Europa<br />
durchgeführt und rund die Hälfte aller Behandlungen<br />
werden in nur vier Länder durchgeführt: in den USA,<br />
in Deutschland, Frankreich und in England. Darüber<br />
hinaus weisen die internationalen Zahlen einen<br />
deutlichen Trend zum sog. „Single Embryo Transfer<br />
– SET“ auf. Bei diesem Verfahren wird lediglich ein<br />
befruchteter Embryo zurückgesetzt, um eine Mehrlingsschwangerschaft<br />
zu verhindern. Dies hat bereits<br />
im letzten Jahr zu einem deutlichen Rückgang<br />
von Zwillings- und Drillingsschwangerschaften geführt.<br />
Immer häufiger wird die reproduktionsmedizinische<br />
Behandlung in Zusammenhang mit der demographischen<br />
Entwicklung diskutiert. In fast allen europäischen<br />
Ländern ist die Geburtenrate rückläufig. Die<br />
höchste Geburtenrate hat zurzeit Irland mit 1,9 Kindern,<br />
die niedrigste Spanien und Italien mit je 1,3<br />
Kindern. Zur Erhalten der Population sind allerdings<br />
2,1 Kinder pro Frau erforderlich. Zwar macht der<br />
Anteil der Kinder, die nach medizinischer Behandlung<br />
geboren werden, nur einen kleinen Teil aus,<br />
aber dennoch wird er inzwischen als bedeutender<br />
Beitrag für die Fertilitätsrate eines Landes erachtet.<br />
Clare Brown von der englischen Patientenorganisation<br />
sprach sich in einem Interview dafür aus, dass
eproduktionsmedizinische Behandlung sehr wohl<br />
dafür benutzt werden sollte, um fallende Geburtsraten<br />
abzufedern. Sie unterstützte deshalb eine wesentlich<br />
umfassendere Kostenübernahme für die<br />
Behandlungen.<br />
Das 2-tägige Patientensymposium ICSI (International<br />
Consumer Support for Infertility – internationale<br />
Unterstützung für Patientenorganisationen) fand,<br />
wie seit vielen Jahren, im Vorfeld des Kongresses<br />
statt. Es dient der Fortbildung und dem internationalen<br />
Austausch von Patientenorganisationen und wird<br />
von Sandra Dill (Australien), Yukari Semba (Japan/USA)<br />
und Petra Thorn (Deutschland) organisiert.<br />
In diesem Jahr nahmen 54 PatientenvertreterInnen<br />
aus 22 Ländern teil.<br />
Am ersten Tag berichtete Niels Skakkeback (Dänemark)<br />
über fallende Fruchtbarkeitsraten in vielen<br />
industrialisierten Ländern. Auch wenn soziales Verhalten<br />
(bspw. später Kinderwunsch) wichtige Faktoren<br />
sind, geht er davon aus, dass Umweltfaktoren<br />
(bspw. endokrine Störstoffe, die das Hormongefüge<br />
negativ beeinflussen) männliche Fruchtbarkeit beeinträchtigen<br />
können. Diese komplexen Zusammenhänge<br />
können jedoch nur untersucht werden,<br />
wenn mehrere Disziplinen (Epidemiologen, Biologen,<br />
Genetiker etc.) zusammenarbeiten und solche<br />
Forschungsarbeiten auch von Regierungen oder<br />
anderen öffentlichen Institutionen unterstützt werden.<br />
Denisa Priodkova, die Vertreterin der slowakischen<br />
Patientenorganisation, berichtete im Anschluss daran<br />
über die recht desolate Situation in ihrem Land.<br />
Unfruchtbarkeit ist in der Slowakei hochtabuisiert,<br />
zudem ist die medizinische Behandlung für die betroffenen<br />
Paare sehr teuer. Eine Gesetzgebung<br />
fehlt, was u. a. dazu führt, dass viele Paare aus<br />
Ländern mit einem höheren Lebensstandard in der<br />
Slowakei die Behandlungen durchführen, die in ihren<br />
Heimatländern verboten sind. Typisch hierfür ist<br />
beispielsweise die Eizellspende einer slowakischen<br />
Frau an englische oder deutsche Paare. Denisa erläuterte,<br />
dass diese „Spenden“ kaum als solches<br />
bezeichnet werden können, da sich slowakische<br />
Frauen häufig aufgrund ihrer Armut zu solchen<br />
Spenden genötigt fühlen und auch die medizinische<br />
Behandlung für die Spenderin nicht immer ausreichend<br />
ist.<br />
Als nächstes erläuterte Charles Lister von der englischen<br />
Human Fertilisation and Embryology Authority<br />
(Behörde, die reproduktionsmedizinische Behandlungen<br />
überwacht) die Europäische Richtlinie zu<br />
menschlichem Gewebe und Zellen (Richtlinie<br />
2004/23/EC des Europäischen Parlaments). Diese<br />
Richtlinie soll zu Qualitätsverbesserungen auch im<br />
Bereich reproduktionsmedizinischer Behandlungen<br />
führen, beispielsweise indem Labors sich an bestimmte<br />
Standards halten müssen, um Infektionen<br />
zu vermeiden. Des Weiteren sieht die Richtlinie vor,<br />
dass die Identität von Organspendern (hierzu zählen<br />
auch Ei- und Samenspender) dokumentiert und<br />
mindestens 30 Jahre lang aufbewahrt werden müs-<br />
sen. Ein weiterer Vortrag wurde der kanadischen<br />
Krankenschwester Jocelyn Smith über Akkreditierungsverfahren<br />
gehalten. Weltweit entscheiden sich<br />
immer mehr Länder, reproduktionsmedizinische<br />
Zentren durch Behörden oder behördenähnliche<br />
Institutionen akkreditieren zu lassen, um für die Behandlungsqualität<br />
ein möglichst hohes Niveau zu<br />
erreichen. Hierzu gehören u. a. England, Kanada,<br />
Australien und Indien. Auch in Deutschland wird in<br />
Fachzeitschriften immer wieder angeregt, über eine<br />
solche Möglichkeit nachzudenken, doch scheint die<br />
Meinungen auseinander zu gehen.<br />
ICSI ist seit zwei Jahren in vier regionale Untergruppen<br />
aufgeteilt. Diese sind die amerikanische, die<br />
europäische, die afrikanische und die australischasiatische<br />
Gruppe. Diese Gruppen diskutierten um<br />
die Mittagszeit des ersten Tages untereinander und<br />
definierten Arbeitsinhalte. Die europäische (European<br />
Infertility Alliance - EIA) plant u. a. eine umfassendere<br />
Lobbyarbeit bei der EU durchzuführen, sich<br />
für eine umfassende Kostenübernahme der Behandlung<br />
einzusetzen und ein größeres Bewusstsein für<br />
die Gefahren von Mehrlingsschwangerschaften zu<br />
schaffen. Zwei Vertreterinnen der EIA (Geetrui de<br />
Cock und Petra Thorn) hatten bereits im letzten Jahr<br />
die Möglichkeit mit EU-Politikern zu diskutieren und<br />
diese Diskussionen sollen intensiviert werden.<br />
Am Nachmittag berichteten drei Organisationen<br />
(Resolve/USA, fertilityNZ/Neuseeland, European<br />
Patient Leader Forum (eine weitere Untergruppe<br />
von ICSI, die Mitglied von ESHRE ist)) von Umfragen<br />
unter Betroffenen. Resolve führte eine Umfrage<br />
unter 1000 Amerikanern durch, die aufzeigte, dass<br />
es nach wie vor viele Mythen und viel Unwissenheit<br />
im Bereich von Unfruchtbarkeit gibt. Beispielsweise<br />
glaubten die meisten, dass eine Verhütung durch<br />
die Pille zu Unfruchtbarkeit führen kann, nur rund<br />
die Hälfte wusste um die Abnahme der Fruchtbarkeit<br />
mit steigendem Alter und viele gingen davon aus,<br />
dass die Fruchtbarkeit erst jenseits der 40 abnimmt.<br />
Die Mehrheit sprach sich dafür aus, dass medizinische<br />
Kosten von den Kassen übernommen werden,<br />
und fast die Hälfte der Befragten führte aus Kostengründen<br />
keine (bzw. keine weitere) medizinische<br />
Behandlung durch. Auch die neuseeländische Untersuchung<br />
verdeutlichte, dass sich viele eine Kostenübernahme<br />
wünschen. Sie zeigte demographische<br />
Entwicklungen auf, die unseren sehr ähnlich<br />
sind: Das Alter der Erstgebärenden wird immer höher,<br />
da ein fester Arbeitsplatz, eine stabile Beziehung<br />
und ausreichend finanzielle Mittel zukünftigen<br />
Eltern wichtig sind. Rund 40% der weiblichen Teilnehmerinnen<br />
berichtete von Störungen, die auf Unfruchtbarkeit<br />
hinwiesen, aber nur die Hälfte dieser<br />
Gruppe suchte tatsächlich medizinische Hilfe auf.<br />
Die Studie des EPLF zeigte auf, dass Behandlungen<br />
vor allem aufgrund der anstrengenden emotionalen<br />
Auswirkungen und der finanziellen Belastung abgebrochen<br />
wird. Auch hier wurde deutlich, dass das<br />
Wissen über Unfruchtbarkeit im Allgemeinen und<br />
über den Zusammenhang von Alter und Fruchtbarkeit<br />
gering war. So waren 46% der Befragen älter<br />
Blickpunkt <strong>II</strong>/<strong>06</strong> 29
als 35, und fast 40% vertraten die Meinung, dass<br />
man mindestens ein Jahr ungeschützten Verkehr<br />
haben sollte, bevor man einen Arzt konsultiert. Daher<br />
ist es weiterhin wichtig, der Allgemeinbevölkerung<br />
allgemeinverständliche Information über<br />
Fruchtbarkeit und Unfruchtbarkeit zur Verfügung zu<br />
stellen, Betroffene zu unterstützen und sich für eine<br />
bessere Kostenübernahme einzusetzen. Um dies<br />
auf einer internationalen Ebene voranzutreiben, gibt<br />
es seit über einem Jahr die Initiative ACT (Assisted<br />
Conception Taskforce, in der deutschen Übersetzung:<br />
Initiative Kinderwunsch, www.initiativekinderwunsch.net),<br />
in der sich Patientenvertreter<br />
und Gesundheitsexperten zusammengeschlossen<br />
haben. Ziel der Initiative ist es, allen Menschen mit<br />
Kinderwunsch in ihrem Behandlungsprozess beizustehen<br />
und reproduktionsmedizinischen Zentren zur<br />
Unterzeichnung einer Charta zu motivieren, in der<br />
die weltweiten Betreuungsprinzipien festgeschrieben<br />
sind.<br />
Am zweiten Tag berichtete Yukari Kawada, eine japanische<br />
Ärztin, die eine Klinik in den USA leitet,<br />
über das Thema „Reproduktionstourismus“ und den<br />
Trend, dass japanischer Paare verbotene Behandlungen<br />
in den USA durchzuführen. Sie sprach die<br />
Hoffnung aus, dass Japan in Zukunft den Paaren<br />
mehr Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung<br />
stellt, so dass dieser Tourismus nicht mehr erforderlich<br />
sein wird.<br />
Karl Nygren, ein sehr bekannter schwedischer Wissenschaftler<br />
und Arzt, berichtete über eine schwedische<br />
Studie, die alle 16.280 Kinder, die zwischen<br />
1982 und 2000 nach IVF geboren wurden, untersuchte.<br />
Interessant war, dass in diesen Jahren der<br />
Mehrlingsanteil von 29% auf 18,5% gesenkt wurde<br />
und damit auch die Frühgeburtsrate von 25% auf<br />
10% sank. Seit 2000 werden in Finnland, und kurz<br />
darauf auch in Schweden, nicht mehr zwei, sondern<br />
nur noch ein Embryo zurückgesetzt. Dies führte in<br />
Schweden zu einer sehr niedrigen Mehrlingsrate<br />
von nunmehr 5% bei gleich bleibenden Erfolgsquoten.<br />
Er sprach sich sehr dafür aus, dass dieses Modell<br />
von anderen Ländern übernommen wird.<br />
Nachmittags berichtete Stefan Siegel von dem Klinikum<br />
Bamberg über seine qualitative Studie über die<br />
Erfahrungen und Wahrnehmungen junger Erwachsenen,<br />
die mit IVF gezeugt wurden. Er zeigte mit<br />
zum Teil sehr erfrischenden und amüsanten Beispielen<br />
auf, wie souverän die Teenager mit ihrer IVF<br />
Zeugung umgehen („Nur weil ich im Reagenzglas<br />
gezeugt bin bedeutet dies noch lange nicht, dass ich<br />
ein eiskalt berechnende Person geworden bin oder<br />
mich irgendwie als künstlich empfinde!“, „Ich finde<br />
es toll, dass meine Eltern so viel auf sich genommen<br />
haben.“) und wie wenig sie die moralischen Bedenken<br />
teilen, die gerade in den Anfangsjahren gegenüber<br />
der IVF geäußert wurden.<br />
Der emotional anspruchvollste Vortrag wurde von<br />
der kanadischen Biologin Sharon Mortimer gehalten.<br />
Sie berichtete über ihre eigenen Erfahrungen mit<br />
ihrer Drillingsschwangerschaft. Die Schwangerschaft<br />
wurde, wie viele Mehrlingsschwangerschaften,<br />
nicht bis in die 40. Woche ausgetragen und ein<br />
Drilling verstarb kurz nach der Geburt. Die zweite<br />
Tochter entwickelte sich trotz der Frühgeburt recht<br />
gut, aber Sharon und ihrem Ehemann wurde geraten,<br />
für die dritte Tochter keine lebenserhaltenden<br />
Maßnahmen weiterzuführen, da ihr Zustand extrem<br />
kritisch war. Das Ehepaar richtete sich allerdings<br />
nicht nach dem ärztlichen Rat. Sharon erzählte sehr<br />
anschaulich, wie schwierig nicht nur die ersten Monate,<br />
sondern die ersten sechs, sieben Jahre waren.<br />
Die dritte Tochter überlebte, doch benötigte sie bis<br />
zu ihrem 10. Lebensjahr intensive medizinische Unterstützung<br />
und ihre Versorgung war sowohl medizinisch<br />
anspruchsvoll als auch körperlich und emotional<br />
für die Eltern anstrengend. Sie zeigte uns auf<br />
zahlreichen Bildern die einzelnen Entwicklungsschritte,<br />
auch Bilder der beiden Mädchen kurz nach<br />
der Geburt, als beide kaum größer als eine Hand<br />
waren. Der Vortrag hat uns alle sehr bewegt und<br />
vieles, was Karl Nygren über die Mehrlingsproblematik<br />
und Frühgeburtlichkeit ansprach, an einem<br />
ganz persönlichen Beispiel verdeutlicht.<br />
Der letzte Vortrag wurde von Liz Grill, einer amerikanischen<br />
Psychologin, gehalten. Sie berichtete über<br />
psychosoziale Aspekte eines selektiven Aborts,<br />
eine Möglichkeit, eine Mehrlingsschwangerschaft zu<br />
reduzieren, damit die überlebenden Kinder eine gute<br />
Chance erhalten, gesund geboren zu werden. Sie<br />
betonte, wie schwierig die Entscheidung zur Reduktion<br />
sei, nachdem ein Paar endlich unter Mühen mit<br />
medizinischer Hilfe eine Schwangerschaft erreicht<br />
hat und das emotionale Spagat der Gefühlen der<br />
Freude über die Schwangerschaft und der Trauer ob<br />
des Aborts leisten müssen. Häufig kommt hinzu,<br />
dass sich Paare wegen Angst vor Ablehnung kaum<br />
getrauen, offen darüber zu sprechen und somit niemanden<br />
haben, der sie in ihrer Trauer auffängt. Sie<br />
sprach sich deshalb dafür aus, all diesen Paaren<br />
eine Beratung zu empfehlen.<br />
Am Nachmittag des zweiten Tages wurden mehrere<br />
Workshops zu den Themen Fundraising, Arbeit mit<br />
Medien und Rekrutierung von Freiwilligen für Patientenorganisation<br />
angeboten sowie Kurzvorträge über<br />
Kooperationsmöglichkeiten mit Pharmafirmen, Lobbyarbeit,<br />
Webseitenauftritt und Kooperation mit Ärzten<br />
gehalten.<br />
Die englischen Zusammenfassungen aller Vorträge<br />
können auf der Homepage www.icsi.ws herunter<br />
geladen werden. Das Symposium ist offen für alle,<br />
die sich in der Selbsthilfearbeit im Bereich von Unfruchtbarkeit<br />
fortbilden möchten; die Symposiumssprache<br />
ist englisch und wir freuen uns, auch im<br />
nächsten Jahr wieder neue Teilnehmer begrüßen zu<br />
können.<br />
Juni 20<strong>06</strong>, Dr. Petra Thorn<br />
30 Blickpunkt <strong>II</strong>/<strong>06</strong>
Termine<br />
Änderungen vorbehalten, siehe www.wunschkind.de<br />
Seminar „Abschied vom Kinderwunsch“<br />
Ein neues Lebenshaus bauen<br />
Dozenten: Dipl. Soz.päd. Traudel Frick-Nissler<br />
Dipl. Soz.päd. Iris Enchelmaier<br />
3. März 2007 in Frankfurt a. M.<br />
Zeit: 10:00 Uhr – 18:00 Uhr<br />
Max. Teilnehmer: 24 Personen<br />
<strong>Wunschkind</strong> Workshop<br />
3. März 2007 in Frankfurt<br />
Mitgliederversammlung <strong>Wunschkind</strong> e.V.<br />
4. März 2007 im Frankfurt<br />
Vortrag unerfüllter Kinderwunsch im MAZ<br />
Donnerstag, den 01. März 07 19:30 Uhr<br />
Unerfüllter Kinderwunsch - Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten<br />
In westlichen Industrienationen ist jedes 7. Paar ungewollt kinderlos. Bei 5 % der heute in Deutschland geborenen<br />
Kinder war eine Behandlung der Eltern wegen unerfülltem Kinderwunsch vorausgegangen. Der Vortrag<br />
soll Interessierten und Betroffenen einen Überblick geben über Ursachen sowie diagnostische und therapeutische<br />
Möglichkeiten (und Grenzen !) bei ungewollter Kinderlosigkeit.<br />
Die Referentin ist Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe mit Schwerpunkt "Gynäkologische Endokrinologie<br />
und Fortpflanzungsmedizin". Seit 14 Jahren betreut sie überwiegend ungewollte kinderlose Paare.<br />
Sie war von 1992 - 2003 tätig an den Frauenklinik der Universitäten München und Heidelberg und arbeitet<br />
seit 2004 als eine von 3 Ärztinnen im Kinderwunschzentrum Heidelberg.<br />
Der Vortrag findet statt in den Räumen des:<br />
Mütter-Aktions-Zentrum e.V.<br />
Odenwaldring 33<br />
64589 Stockstadt<br />
Anmeldung bitte:<br />
<strong>06</strong>158/878680<br />
From: info@muetter-aktions-zentrum.de<br />
Seminar „Ist reden wirklich Silber und Schweigen tatsächlich Gold?“<br />
Ungewollte Kinderlosigkeit - mit dem Umfeld darüber reden oder besser nicht?“<br />
Dozentin: Dr. Petra Thorn<br />
19. Mai 2007 in Düsseldorf<br />
<strong>Wunschkind</strong> Workshop<br />
20. Mai 2007 in Düsseldorf<br />
ESHRE 2007<br />
Jährliches Treffen der “European Society of Human Reproduction and Embryology”<br />
1. – 4. Juli 2007 in Lyon, Frankreich<br />
DVR Kongress<br />
28. November – 1. Dezember 2007 im Bonn.<br />
Blickpunkt <strong>II</strong>/<strong>06</strong> 31
Buchbesprechungen<br />
Abschied vom Kinderwunsch.<br />
Iris Enchelmaier: Abschied vom Kinderwunsch.<br />
Ein Ratgeber für Frauen, die ungewollt kinderlos<br />
geblieben sind. Kreuz Verlag (Stuttgart) 2004.<br />
159 Seiten. ISBN 3-7831-2375-5. D: 14,90 EUR, A:<br />
15,40 EUR, CH: 26,90 SFr.<br />
Einführung<br />
Mitte der 90er Jahre erschien in Deutschland erstmalig<br />
ein Buch zum Thema "Abschied vom Kinderwunsch".<br />
Das gleichnamige Buch der amerikanischen<br />
Sozialarbeiterin Linda Hunt Anton wurde allerdings<br />
nur einmalig aufgelegt und ist bereits seit einigen<br />
Jahren nicht mehr erhältlich. Offensichtlich ist<br />
die Auseinandersetzung mit einem solchen "Nicht-<br />
Ereignis" nicht sonderlich populär. Umso erfreulicher<br />
ist es, dass sich nun eine deutsche Autorin diesem<br />
Thema gewidmet hat.<br />
Die Autorin<br />
Iris Enchelmaier studierte nach einer Ausbildung als<br />
Krankenschwester Sozialpädagogik und Journalistik.<br />
Sie arbeitet als freie Journalistin und Bildungsreferentin.<br />
Thema des Buches<br />
Der Ratgeber von Enchelmaier richtet sich an ungewollt<br />
kinderlose Frauen, die sich mit der Möglichkeit<br />
eines Lebens ohne Kinder auseinandersetzen müssen.<br />
Das Buch ist einfühlsam und dabei erfrischend<br />
konkret geschrieben. Durchgängig werden theoretische<br />
Hinweise der Autorin untermauert mit Zitaten<br />
betroffener Frauen. Diese direkten Bezüge auf das<br />
Erleben und die Erfahrungen Be-<br />
troffener regen nicht nur zum Weiterlesen<br />
an, sondern machen das<br />
Buch zudem leicht lesbar. Obwohl<br />
das Buch vor allem für Frauen<br />
geschrieben ist, wird in einigen Abschnitten auch auf<br />
die Dynamik von Paaren eingegangen.<br />
Der Ratgeber ist in vier Abschnitte gegliedert.<br />
Im ersten Teil werden Anregungen gegeben, wie<br />
man einen stimmigen Schlusspunkt für das Hoffen<br />
auf ein Kind erkennen kann. Hierzu zählen u.a.<br />
Hinweise auf körperliche und seelische Signale, die<br />
eine Fixierung auf ein nicht in Erfüllung gehendes<br />
Lebensziel aufzeigen können, die Empfehlung, ambivalente<br />
Gefühle zuzulassen und darüber mit dem<br />
Partner ins Gespräch zu kommen, die eigene Wertehierarchie<br />
zu überprüfen und, ein Aspekt der meiner<br />
Erfahrung nach zu Recht in diesem Buch immer wieder<br />
angeregt wird, Kontakt und Austausch mit Betroffenen<br />
zu suchen.<br />
Im zweiten Teil werden anhand vieler Beispiele<br />
Trauererfahrungen von Frauen dargestellt und<br />
kommentiert. Die Autorin beschreibt auch, wie<br />
schwierig das Ausleben von Trauer in unserer Ge-<br />
sellschaft im Allgemeinen ist und zeigt deutlich auf,<br />
dass die Trauer um ein nicht geborenes Kind weder<br />
für Betroffene noch für Außenstehende leicht fassbar<br />
und daher noch diffiziler ist. Anders als bei anderen<br />
Verlusterfahrungen gibt es, so die Autorin, für "...<br />
Kinder, die nur im Herzen gelebt haben, ... keinen<br />
Ort des Gedenkens, kein Abschiedsritual". Betroffene<br />
stehen daher vor der Aufgabe, eigene Umgangsweisen<br />
für die Bewältigung dieser Trauererfahrung<br />
zu entwickeln, wovon die Autorin mehrere aufzählt:<br />
• Rituale,<br />
• eine Anerkennung der Mühen und Leistungen,<br />
die man für den Kinderwunsch auf sich genommen<br />
hat,<br />
• eine erneute Bestätigung der Paarbeziehung, die<br />
nun ohne Kinder bestehen bleibt<br />
• und eine Aussprache über Verletzungen mit dem<br />
Partner.<br />
• Auch konkrete Veränderungen wie beispielsweise<br />
die Neugestaltung des Zimmers, welches als Kinderzimmer<br />
gedacht war oder das Verschenken<br />
von Kinderkleidern, die vielleicht schon gekauft<br />
waren, und ein Blick auf Frauen, die ebenfalls<br />
ungewollt kinderlos blieben, werden als Tipps<br />
aufgeführt.<br />
Des weiteren wird auf die Bedeutung psychosozialer<br />
Hilfen eingegangen. Hier wird nicht nur ausführlich<br />
auf Hilfestellung im Rahmen von Selbsthilfegruppen<br />
und therapeutischer Einzel- und Paarbegleitung hin-<br />
gewiesen, die Autorin gibt auch<br />
Wenn die Hoffnung erwacht, legt Hinweise zum eigenen "Auspro-<br />
sich die Verzweiflung schlafen.<br />
bieren und Experimentieren" und<br />
beschreibt Einstellungen und Motive,<br />
die die Abschiedsarbeit erleichtern<br />
oder erschweren können.<br />
Der dritte Abschnitt ist dem Leben ohne Kind gewidmet.<br />
Hier geht die Autorin zunächst auf geschlechtsspezifische<br />
Unterschiede der individuellen<br />
und gesellschaftlichen Bedeutung von Kindern aus.<br />
Sie verdeutlicht, dass Männer sich auch weiterhin<br />
vor allem über ihr Erwerbsleben und ihren Beruf,<br />
Frauen über Kinder definieren: "Vater wird man, Mutter<br />
ist man". Diese Unterschiede zeigen sich auch in<br />
der Verarbeitung der Kinderlosigkeit, hinzukommen<br />
geschlechtsspezifische Krisenbewältigungsmuster.<br />
Enchelmaier räumt hier mit dem Vorurteil auf, dass<br />
Männer kaum oder gar nicht um die bleibende Kinderlosigkeit<br />
trauern und beschreibt, dass ihre Trauer<br />
andere Formen hat als die von Frauen. Sie spricht<br />
sich dafür aus, die Unterschiedlichkeit als Chance<br />
wahrzunehmen und sowohl männliche Umgangsweisen,<br />
die eher pragmatisch und rational geprägt sind,<br />
als auch weibliche Bewältigungsmuster, also die Su-<br />
32 Blickpunkt <strong>II</strong>/<strong>06</strong>
che nach Austausch und Empathie, zuzulassen. Zudem<br />
erklärt sie, dass der Partner nicht immer in der<br />
gleichen Phase der Trauerverarbeitung ist, so dass<br />
auch hier unterschiedliche Bedürfnisse entstehen.<br />
Eine Reihe von Hinweisen für Paare zielt darauf,<br />
diese Unterschiedlichkeit wahrzunehmen und damit<br />
konstruktiv umzugehen. Auch wird der Umgang mit<br />
den Schuldgefühlen des Diagnoseträgers, als desjenigen<br />
Partners, bei dem die Unfruchtbarkeit diagnostiziert<br />
wurde, und mit dem sozialen Umfeld angesprochen.<br />
Ein spannender Teil dieses Kapitel ist der<br />
"Entmystifizierung der Mutterrolle" gewidmet. Hier<br />
ist es der Autorin gelungen, auch die negativen Seiten<br />
der Mutterrolle, beispielsweise die anstrengende<br />
Zeit nach der Geburt, die Isolierung von "Nur-<br />
Müttern", die nicht immer einfache Umstellung von<br />
der Dyade der Partnerschaft zur Triade mit Kind, das<br />
nach wie vor herrschende Ungleichgewicht zwischen<br />
Männern und Frauen bei Haus- und Familienarbeit<br />
und auch gesellschaftspolitische Benachteiligung wie<br />
beispielsweise schlechtere Bezahlungen von Frauen<br />
so anzusprechen, dass sie von kinderlosen Frauen<br />
leicht angenommen werden können. Als letztes wird<br />
in diesem Teil das heikle Thema der Sexualität angesprochen.<br />
Ungewollte Kinderlosigkeit bedeutet für<br />
die meisten Paare früher oder später auch Schwierigkeiten<br />
im sexuellen Bereich, denn der Geschlechtsverkehr<br />
wird nur noch als Mittel zum Zweck<br />
eingesetzt. Lustvolle und spielerische Elemente von<br />
Sexualität treten in den Hintergrund und der Liebesakt<br />
wird zur monatlichen Pflicht. Am Ende der medizinischen<br />
Behandlung sind viele Paare daher mit<br />
einem desolaten Liebesleben konfrontiert. Die Autorin<br />
gibt hier Empfehlungen, die teilweise angelehnt<br />
sind an sexualtherapeutische Interventionen (z.B.<br />
gegenseitiges Streicheln ohne Geschlechtsverkehr),<br />
aber auch die spezifische Erfahrung der ungewollten<br />
Kinderlosigkeit mit einbeziehen (z.B. der Verzicht<br />
zum Verkehr an den früheren „Pflicht-Tagen“ um den<br />
Eisprung).<br />
Die Geschichte unserer Familie<br />
Petra Thorn: Die Geschichte unserer Familie. Ein<br />
Buch für Familien, die sich mit Hilfe der Spendersamenbehandlung<br />
gebildet haben. FamART<br />
Verlag (Mörfelden). ISBN-13: 978-3-9811-4100-9,<br />
ISBN-10: 3-9811-4100-8. D: 22,00 EUR, CH: 36,00<br />
SFr. Mit Illustrationen von Tiziana Rinaldi<br />
Viele hundert Kinder werden jährlich mit Hilfe einer<br />
Samenspende gezeugt. Für die Eltern bedeutet die<br />
Geburt ihres Kindes, dass ein lang gehegter Wunsch<br />
in Erfüllung gegangen ist. Irgendwann stellt sich bei<br />
dieser Familienbildung für alle Eltern die Frage, wie<br />
sie damit umgehen, dass ihr Kind mit Hilfe des Samens<br />
eines anderen Mannes gezeugt wurde.<br />
Dieses Buch unterstützt Eltern, die mit ihrem Kind<br />
über die Samenspende sprechen möchten. Es ist für<br />
Kinder im Alter zwischen 3 und 6 Jahren gedacht.<br />
Im letzten Teil zeigt Enchelmaier Anregungen für<br />
ein Leben ohne Kinder auf. Dabei geht sie auf die<br />
in diesem Zusammenhang typischen und wichtigen<br />
Bereiche ein. Sie gibt Beispiele dafür, wie man in<br />
sein Leben ohne eigene Kinder dennoch für Kinder<br />
da sein kann, wie man eine Portion gesunden Egoismus<br />
entwickeln und eigene Bedürfnisse verfolgen<br />
kann, wie ein Leben im Alter ohne Kinder gestaltet<br />
werden kann oder man einem adoptierten Kind<br />
ein Zuhause geben kann. Besonders lesenswert ist<br />
in diesem Teil der Bericht einer 81-jährigen Frau, die<br />
kinderlos geblieben ist.<br />
Im Anhang ist ein kurzes Glossar mit den wichtigsten<br />
reproduktionsmedizinischen Fachbegriffen sowie<br />
eine Auflistung zahlreicher Anlaufstellen in Deutschland,<br />
Österreich und der Schweiz.<br />
Zielgruppen<br />
Der Ratgeber ist vor allem für Frauen geschrieben,<br />
die kinderlos geblieben sind. Ebenso lesenswert ist<br />
er für ihre Partner, denn in vielen Kapiteln wird auch<br />
auf die Bedeutung der Kinderlosigkeit für die Partnerschaft<br />
hingewiesen. Auch für Fachkräfte, die sich<br />
in dieses Thema einlesen möchten, ist das Buch geeignet.<br />
Fazit<br />
Obwohl zum Thema ungewollte Kinderlosigkeit in<br />
den letzten Jahren viele Ratgeber erschienen sind,<br />
ist es zurzeit das einzige Buch, welches sich dem<br />
Thema Abschied vom Kinderwunsch widmet. Viele<br />
Paare bleiben auch nach medizinischer Unterstützung<br />
kinderlos. Dieses Buch schließt für Betroffene<br />
eine wichtige Lücke in der vorhandenen Literatur.<br />
Rezensentin<br />
Dr. phil. Petra Thorn<br />
Dipl. Sozialarbeiterin, Dipl. Sozialtherapeutin,<br />
Familientherapeutin DGSF<br />
Homepage www.pthorn.de<br />
Quelle: www.socialnet.de/rezensionen/1639.php<br />
Mit einfachen Worten wird erklärt, dass manche Eltern<br />
medizinische Unterstützung und den Samen<br />
eines anderen Mannes benötigen, um ein Kind zu<br />
bekommen. Es ist so gestaltet, dass auf mehreren<br />
Seiten Bilder der Familie und des Kindes eingeklebt<br />
werden können; damit entsteht für jede Familie ein<br />
ganz persönliches Buch.<br />
Den Abschluss des Buches bildet der Bericht einer<br />
Familie, die zum Zeitpunkt des Erfahrungsberichts<br />
drei Kinder im Kindergartenalter haben. Die Eltern<br />
berichten, wie sie die Aufklärung umgesetzt haben<br />
und wie ihre Kinder mit dieser Art der Familienbildung<br />
umgehen.<br />
www.famart.de info@famart.de<br />
Blickpunkt <strong>II</strong>/<strong>06</strong> 33
... leistet Wichtige Öffentlichkeitsarbeit<br />
... bringt Unsere Mitgliederzeitschrift „BLICKPUNKT“ heraus<br />
... hat seit November 1999 eine Neue Hotline geschaltet: 0180 / 500 21 66<br />
... gibt ge Sammelte Informationen an Betroffene weiter<br />
... arbeitet Contra Zweiklassenmedizin<br />
... leistet direkte Hilfe vor Ort, vertreten durch zahlreiche SHGs<br />
... arbeitet in Kooperation mit Politik und Medizin<br />
... pflegt Internationale Zusammenarbeit<br />
... hilft bei Neugründungen von Selbsthilfegruppen<br />
... ist immer für Sie Da, schon seit 1995<br />
... hat eine Eigene Homepage: www.wunschkind.de<br />
... stellt eine Vertretung von ca. 600.000 betroffenen Paaren dar.<br />
34 Blickpunkt <strong>II</strong>/<strong>06</strong>
WUNSCHKIND e.V.<br />
c/o Gerhard Wysocki<br />
Rehhofstr. 112<br />
90482 Nürnberg<br />
Eintrittserklärung – Mitgliedschaft in WUNSCHKIND e.V.<br />
Name ______________________________ Vorname _______________________________<br />
Name Eheg./Partner __________________ Vorname Eheg./Partner ___________________<br />
Firma ______________________________ Rechtsform _____________________________<br />
Geschäftsführer / Ansprechpartner _______________________________________________<br />
Straße _____________________________________________________________________<br />
PLZ ________________ Wohnort / Sitz der Geschäftsleitung _________________________<br />
Telefon _____________________________ Fax ___________________________________<br />
Eintritt zum __________________________<br />
Jährlicher ¡ Einzelperson € 30,-- zzgl. € 10,-- einmalige Aufnahmegebühr<br />
Vereinsbeitrag ¡ Paare € 45,-- zzgl. € 20,-- einmalige Aufnahmegebühr<br />
¡ Juristische Personen € 75,-- zzgl. € 30,-- einmalige Aufnahmegebühr<br />
Abbuchung des Vereinsbeitrages<br />
Kontoinhaber ________________________________________________________________<br />
Der Verein der Selbsthilfegruppen<br />
für Fragen ungewollter Kinderlosigkeit<br />
WUNSCHKIND e.V.<br />
c/o SEIN e.V.<br />
Fehrbellinerstraße 92<br />
10119 Berlin<br />
Hotline 0180 / 500 21 66<br />
Fax 0180 / 500 21 66<br />
www.wunschkind.de<br />
kontakt@wunschkind.de<br />
Bank ______________________________ BLZ ___________ Konto-Nr. ______________<br />
Datum ___/ ___/ ______ Unterschrift ____________________________________________<br />
Von WUNSCHKIND e.V. auszufüllen:<br />
Eintrittserklärung am ___/ ___/ _____ eingegangen. Beitrag / Spende ________________ €<br />
Per EDV am ___/ ___/ _____ erfasst. Erteilte Mitgliedsnummer ___________<br />
Spenden<br />
Wir sind auf finanzielle Unterstützung angewiesen und freuen uns deshalb auch über Zuwendungen in Form einer Spende für<br />
WUNSCHKIND e.V. Ihre Spende können Sie an die Kreissparkasse Heilbronn, Kontonummer 636 90, BLZ 620 500 00 überweisen.<br />
WUNSCHKIND e.V. ist wegen Förderung der öffentlichen Gesundheitspflege gemeinnützig und steuerbefreit (Bescheid<br />
vom 21.6.20<strong>06</strong>, Az 1<strong>06</strong>/5760/0549, Finanzamt Düsseldorf-Süd). Bitte vermerken Sie auf Ihrer Überweisung deutlich Ihren Namen<br />
und Ihre Anschrift, damit wir Ihnen für Spenden größer als € 50,-- am Ende des Kalenderjahres eine absetzungsfähige<br />
Spendenquittung zusenden können.<br />
Blickpunkt <strong>II</strong>/<strong>06</strong> 35
Bestellung von Informationsmaterial<br />
Bitte schicken Sie mir das Informationsmaterial<br />
an folgende Anschrift:<br />
<strong>Wunschkind</strong> e. V.<br />
c/o SEIN e. V. Name:<br />
Fehrbelliner Straße 92<br />
Straße:<br />
10119 Berlin<br />
PLZ/Ort:<br />
Hiermit bestelle ich folgendes Informationsmaterial (bitte ankreuzen)<br />
WUNSCHKIND e. V. – Broschüre (bitte Briefmarken im Wert von<br />
€ 1,44 für Rückporto beilegen).<br />
Informationsblatt „Adoption“<br />
Informationsblatt „Gründung einer Selbsthilfegruppe“<br />
Informationsblatt „IVF und ICSI“<br />
aktuelle Liste der Selbsthilfegruppen<br />
angeleitete Gesprächsgruppen und Anlaufstellen für psychologische Beratung<br />
Blickpunkt, Schwerpunkt „Spendersamen“<br />
Liste der reproduktionsmedizinischen Zentren (BRD)<br />
Blickpunkt, Schwerpunkt „Adoption“<br />
Blickpunkt, Schwerpunkt „Abschied vom Kinderwunsch“<br />
Blickpunkt, Schwerpunkt „Pflegekind“<br />
Blickpunkt, Schwerpunkt „Präimplantationsdiagnosik“<br />
Liste der Praxen, die heterologe (donogene) Insemination durchführen<br />
Buchbesprechungen / Inhaltsangaben zur aktuellen Literaturliste<br />
Das „kleine <strong>Wunschkind</strong> – Lexikon“ (Glossar)<br />
Blickpunkt Impressum<br />
Nachrichtenblatt für Mitglieder von WUNSCHKIND e.V. Ausgabe: <strong>II</strong>/<strong>06</strong><br />
Herausgeber: WUNSCHKIND e.V.<br />
Verein der Selbsthilfegruppen für Fragen ungewollter Kinderlosigkeit,<br />
c/o SEIN e.V., Fehrbellinerstraße 92, 10119 Berlin,<br />
Telefon: 01 80 / 5 00 21 66, Telefax: 01 80 / 5 00 21 66<br />
Bankverbindung: Gerhard Wysocki, Kreissparkasse Heilbronn,<br />
Konto-Nr. 636 90, BLZ 620 500 00<br />
Vorstand: Frank Veenstra, Gaby Ziegler, Gerhard Wysocki<br />
Redaktion: Das Redaktionsteam; v.i.S.d.P.: WUNSCHKIND e.V. Berlin<br />
Grafik und Layout: Gerhard Wysocki<br />
Druck: TOP OFFSET GmbH, Frankfurt<br />
36 Blickpunkt <strong>II</strong>/<strong>06</strong>