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B l i c k p u n k t II/06 - Wunschkind eV

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einen Versuch der künstlichen Befruchtung unternimmt.<br />

Neben der Frage der Erforderlichkeit einer Fertilisationsmaßnahme,<br />

muss der Versicherte auch von<br />

„ungewollter“ Kinderlosigkeit betroffen sein. Dies<br />

erscheint vor dem Hintergrund einer durchgeführten<br />

Sterilisation naturgemäß fraglich. Daher kommt eine<br />

Kostenübernahme nur dann in Frage, wenn die<br />

Zeugungs- oder Empfängnisunfähigkeit entweder<br />

von vorn herein (d.h. vor der Sterilisation) nicht vorhanden<br />

war, oder sie durch Krankheit oder wegen<br />

einer durch Krankheit erforderlichen Sterilisation<br />

verloren gegangen war. Maßnahmen der Heilbehandlung<br />

nach § 27 a SGB V sind aber dann ausgeschlossen,<br />

wenn die Sterilisation andere Gründe<br />

hatte (z. B. Familienplanung). Komme es zu einem<br />

Sinneswandel des Betroffenen hinsichtlich seiner<br />

Familienplanung in einer neuen Partnerschaft,<br />

komme eine „Einstandspflicht der Solidargemeinschaft“<br />

nicht in Betracht. „Ungewollte Kinderlosigkeit“<br />

wäre etwa nur dann anzunehmen, wenn die<br />

Sterilisation aus Gründen, die in der Person des Betroffenen<br />

liegen, medizinisch notwendig war, oder<br />

wenn die Gründe für die Sterilisation bei seinem<br />

damaligen Partner / Partnerin lagen.<br />

Ähnlich argumentiert auch der Bundesfinanzhof (im<br />

weiteren: BFH) in seinem Urteil vom 3.3.2005 (Aktenzeichen:<br />

<strong>II</strong>I R 68/03) zu der Frage, ob die Kosten<br />

für eine In-vitro-Fertilisation (IVF) als außergewöhnliche<br />

Belastung steuerlich abzugsfähig sind,<br />

nachdem vorher eine Sterilisation durchgeführt worden<br />

war.<br />

Grundsätzlich gilt auch im Steuerrecht, dass Kosten,<br />

die für eine IVF oder ICSI aufgewandt werden, als<br />

Heilbehandlungskosten und damit als außergewöhnliche<br />

Belastung im Sinne des § 33 EStG anzuerkennen<br />

sind (Ausnahme: heterologe Insemination,<br />

etc.). Denn es handelt sind dabei um zwangläufige<br />

Aufwendungen, soweit sie entweder der Heilung<br />

dienen, oder den Zweck verfolgen, die Krankheit<br />

erträglich zu machen und ihre Folgen zu lindern.<br />

Diese „Zwangsläufigkeit“ wurde nunmehr vom BFH<br />

für den Fall der vorangegangenen Sterilisation abgelehnt,<br />

da die IVF letztlich dem Ziel diente, die früher<br />

getroffene Entscheidung für die Sterilisation<br />

rückgängig zu machen. Eine freiwillige und bewusst<br />

getroffene Entscheidung, die sich durch die Veränderung<br />

der Lebensverhältnisse überholt habe, sei<br />

jetzt durch eine andere , ebenso freiwillig und bewusst<br />

getroffene Entscheidung ersetzt. Da somit die<br />

wesentliche Ursache für die IVF und die dafür entstandenen<br />

Aufwendungen in der von der Betroffenen<br />

gestaltbaren Lebensführung liege, komme eine<br />

Abzug als außergewöhnliche Belastung nach § 33<br />

EStG nicht in Betracht.<br />

Zusammenfassend bleibt folgendes festzuhalten:<br />

Kommt man / frau nach einer durchgeführten Sterilisation<br />

aufgrund geänderter Lebensplanung zu dem<br />

Ziel, Kinder bekommen zu wollen, kann eine Kostenübernahme<br />

der Krankenkasse nur verlangt werden,<br />

wenn die seinerzeitige Sterilisation medizinisch<br />

notwendig war. Gleiches muss meines Erachtens<br />

auch für den Bereich der außergewöhnlichen Belastung<br />

im Steuerrecht gelten. Wurde die Entscheidung<br />

zur Sterilisation aufgrund eines freiwilligen Entschlusses<br />

getroffen (z. B. mit dem Ziel, jetzt keine<br />

Kinder (mehr) bekommen zu wollen; etc.), entfällt<br />

eine Kostenübernahme durch die Krankenkasse und<br />

auch eine steuerliche Berücksichtigung der Kosten<br />

scheidet aus.<br />

Armin Stähler<br />

Verhandlung des BVG in Sachen "Künstliche Befruchtung" am 21. November 20<strong>06</strong><br />

Pressemitteilung Nr. 76/20<strong>06</strong> vom 29. August<br />

20<strong>06</strong><br />

1 BvL 5/03<br />

http://www.bverfg.de/pressemitteilungen/bvg<strong>06</strong>-<br />

076.html<br />

Tage der offenen Tür am 21. und 22. November<br />

20<strong>06</strong> - Verhandlung des Ersten Senats in Sachen<br />

"Künstliche Befruchtung" -<br />

Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts<br />

verhandelt am<br />

Dienstag, 21. November 20<strong>06</strong>, 14:30 Uhr,<br />

im Sitzungssaal des Bundesverfassungsgerichts,<br />

Schlossbezirk 3, 76131 Karlsruhe<br />

eine Richtervorlage zur Frage, ob es mit dem<br />

Grundgesetz vereinbar ist, dass eine Leistungspflicht<br />

der gesetzlichen Krankenkassen für Maßnahmen<br />

zur Herbeiführung einer Schwangerschaft<br />

(künstliche Befruchtung) auf miteinander verheiratete<br />

Personen beschränkt ist.<br />

Rechtlicher Hintergrund und Sachverhalt:<br />

§ 27 a Fünftes Sozialgesetzbuch (SGB V) gewährt<br />

gesetzlich Versicherten einen Anspruch auf Maßnahmen<br />

zur Herbeiführung einer Schwangerschaft<br />

(künstliche Befruchtung). Voraussetzung des Anspruchs<br />

ist unter anderem, dass die Personen, die<br />

diese Maßnahmen in Anspruch nehmen wollen, miteinander<br />

verheiratet sind, ausschließlich Ei- und<br />

Samenzellen der Ehegatten verwendet werden und<br />

beide Ehepartner ein bestimmtes Alter nicht überschritten<br />

haben (Frauen: 40 Jahre; Männer: 50 Jahre).<br />

Die gesetzliche Krankenkasse trägt 50 % der<br />

entstehenden Kosten.<br />

Die 34-jährige Klägerin des Ausgangsverfahrens ist<br />

ebenso wie ihr 32-jähriger Lebensgefährte, mit dem<br />

sie seit über zehn Jahren in einer nichtehelichen<br />

Lebensgemeinschaft lebt, gesetzlich krankenversichert.<br />

Bei dem Paar besteht aufgrund einer Fertilitätsstörung<br />

des Mannes seit dem Jahr 2000 Sterilität.<br />

Ihr Kinderwunsch lässt sich nur im Wege einer<br />

20 Blickpunkt <strong>II</strong>/<strong>06</strong>

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